Fortsetzung der Bergpredigt: Fasten und Sorgenfreiheit
Wir befinden uns weiterhin in der Bergpredigt, genauer gesagt in Matthäus Kapitel 6. Beim letzten Mal haben wir einiges im Zusammenhang mit dem "Unser Vater" betrachtet. Nun setzen wir unsere Betrachtung ab Vers 16 fort.
Ich werde allerdings nochmals auf das gesamte "Unser Vater" zurückkommen und einige wichtige Ergänzungen zu den sieben Bitten hinzufügen.
Hier nun der Text ab Vers 16 bis Vers 34:
„Wenn ihr aber fastet, so seht nicht düster aus wie die Heuchler, denn sie verstellen ihr Gesicht, damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen.
Du aber, wenn du fastest, so salbe dein Haupt und wasche dir das Gesicht, damit du nicht den Menschen als Fastender erscheinst, sondern deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten.
Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Rost zerstören und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost zerstören und wo Diebe nicht einbrechen und nicht stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.
Die Lampe des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib Licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist – wie groß wird dann die Finsternis sein!
Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Deshalb sage ich euch: Seid nicht besorgt um euer Leben, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht hin auf die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln nicht in Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr nicht viel vorzüglicher als sie?
Wer von euch vermag mit Sorgen seiner Größe eine Elle hinzuzufügen?
Und warum seid ihr um Kleidung besorgt? Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen: Sie mühen sich nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch aber, dass selbst Salomo in all seiner Herrlichkeit nicht bekleidet war wie eine von diesen.
Wenn Gott aber das Gras des Feldes, das heute da ist und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wird er euch nicht viel mehr kleiden, ihr Kleingläubigen?
So seid nun nicht besorgt und sagt nicht: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach all dem trachten die Nationen, und euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dies nötig habt.
Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles hinzugefügt werden.
Seid nun nicht besorgt für den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug.“
(Matthäus 6,16-34)Die Bergpredigt als Lehre für die Jünger Jesu
Wir haben gesehen, dass die Bergpredigt kein Staatsprogramm ist, das zeigen soll, wie ein säkularer Staat funktionieren sollte. Manche meinen, die Bergpredigt sei dafür da, doch dem ist nicht so.
Außerdem haben wir festgestellt, dass die Bergpredigt nicht allgemein der Welt zeigen will, wie man leben soll. Sie richtet sich vielmehr an die Jünger Jesu. Zwar hörte eine sehr große Volksmenge zu, doch bereits zu Beginn, in Kapitel 5, Vers 1, heißt es: „Als er aber die Volksmenge sah, stieg er auf den Berg, und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm, und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach.“
Der Herr lehrt also die Jünger vor der Volksmenge.
Ein wichtiger Schlüsselvers zum Verständnis der Bergpredigt ist Kapitel 5, Vers 20: „Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht bei weitem übersteigt, werdet ihr nicht in das Reich der Himmel eingehen.“
Das Leben der Jünger des Messias muss also ganz anders sein als das pharisäische Judentum, das versucht, aus eigener Kraft gerecht zu leben. Hier geht es um die Nachfolge des Messias – und zwar so, dass der Messias selbst die Kraft gibt, gottgemäß zu leben.
Überblick über die Kapitel 5 und 6: Gebote, Gebet und Fasten
Und dann haben wir gesehen, wie in Kapitel 5 der Herr Jesus grundsätzlich zeigt, wie die Gebote Gottes in der Tora richtig zu verstehen sind.
In Kapitel 6 haben wir dann betrachtet, was er ganz konkret zum Geldgeben sagt, und zwar in den Versen 1 bis 4. Ab Vers 5 steht das Gebet im Mittelpunkt, mit dem Thema „Wenn ihr betet“. Dieses Thema zieht sich bis Vers 15 hin.
Dann folgt Vers 16, den wir gerade gelesen haben. Hier geht es um das Thema Fasten. Fasten und Beten hängen in der Bibel eng zusammen.
Ab Vers 19 wird das Thema Geld erneut aufgegriffen. Es heißt, man soll sich nicht Schätze auf der Erde sammeln. Dieses Thema, der Umgang mit Geld und Besitz, erstreckt sich bis Vers 34.
Ab Kapitel 7, Vers 1, beginnt ein neues Thema: das Richten und Urteilen.
Rückblick auf das Unser Vater und Gebetspraxis
Bevor wir nun zum Fasten übergehen, möchte ich noch kurz auf das „Vaterunser“ zurückkommen. Wir haben gesehen, dass der Herr Jesus seinen Jüngern, die damals den Heiligen Geist noch nicht hatten – Pfingsten stand ja noch bevor –, gelehrt hat, wie sie beten sollen. Es ist ein großer Unterschied, ob man den Heiligen Geist hat oder nicht. Das zeigt sich auch im Judentum sehr deutlich. Dort ist das Beten ohne Sidur, das Gebetsbuch, praktisch kaum möglich. Im Sidur sind Gebete für verschiedene Festtage und für jeden einzelnen Tag enthalten. Diese Gebete sind wunderschön, aber im Judentum ist man sehr abhängig vom Sidur.
Der freie Zugang, den wir seit Pfingsten durch den Heiligen Geist zum Vater und zum Sohn haben, ist etwas ganz anderes. Das erklärt auch, warum der Herr hier eine Vorlage fürs Beten gibt. Diese Vorlage zeigt grundlegend, welche Dinge beim Beten wichtig sind.
Zuerst, in Vers 9, wird Gott angesprochen: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln.“ Hier haben wir ein Gebet an den Vater. Gibt es auch Gebete zum Sohn? Und gibt es Gebete zum Heiligen Geist? Die Antwort kommt schnell: Ja, es gibt Gebete zum Sohn – bitte biblisch belegen. Wir glauben nur, was schriftlich in der Bibel steht.
In Apostelgeschichte 7 betet Stephanus zum Sohn. Er wird gesteinigt und betet zum Sohn. Schlagen wir Apostelgeschichte 7 auf, Vers 54: „Als sie aber dies hörten, wurden ihre Herzen durchbohrt, und sie knirschten mit den Zähnen gegen ihn. Da er aber voll heiligen Geistes war und fest zum Himmel schaute, sah er die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen, und er sprach: Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen.“ Sie schrien mit lauter Stimme, hielten ihre Ohren zu und stürzten einmütig auf ihn los. Als sie ihn aus der Stadt hinausgestoßen hatten, steinigten sie ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes namens Saulus ab. Stephanus betete und sprach: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Niederkniend rief er mit lauter Stimme: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ Und als er dies gesagt hatte, entschlief er.
Hier haben wir ein klares Gebet: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ Der Herr Jesus selbst hat am Kreuz zum Vater gebetet: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Er hat als Sohn zum Vater gebetet, und hier betet ein Jünger Jesu zum Herrn Jesus. Er bittet dasselbe, was der Herr dem Vater gebetet hat, und zweitens: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu.“ Auch das hat der Herr Jesus am Kreuz zum Vater gebetet: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Hier sehen wir also eine Bitte an den Sohn, die auch an den Vater gerichtet werden könnte.
Eine weitere wichtige Stelle ist 1. Korinther 1, Vers 2. Paulus erklärt, dass dieser Brief an die Gemeinde Gottes in Korinth gerichtet ist. Darf ich bitten, dass jemand vorliest? „An die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, an die berufenen Heiligen, samt allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, an jedem Ort, sowohl bei euch als auch bei uns. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ Hier wird klargemacht, dass der Korintherbrief nicht nur der Gemeinde Korinth gilt, sondern eigentlich allen Gemeinden weltweit. Es heißt: „Samt allen, die an jedem Ort, also überall auf der Welt, den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen.“ Das zeigt, dass das Typische einer Ortsgemeinde Gottes das Anrufen des Namens des Herrn Jesus ist.
Es erstaunt, dass in der englischsprachigen Welt oft nur das Beten zum Vater zu hören ist. Wenn dann ein Europäer zum Sohn betet, sind manche ziemlich überrascht. Das ist aber nicht überall so. In den Brüdergemeinden in den USA und Kanada ist das anders, und es ist wirklich biblisch. Das Kennzeichen ist das Anrufen des Herrn Jesus Christus.
Zum Bitten, den Sohn um Hilfe anzurufen, gibt es noch eine überraschende Stelle in Johannes 14. Das ist die Abschiedsrede des Herrn am Vorabend der Kreuzigung. Dort spricht Jesus darüber, wie die Jünger zum Vater in seinem Namen beten sollen. Zusätzlich heißt es in Johannes 14,14: „Wenn ihr um etwas bitten werdet in meinem Namen, werde ich es tun.“ Es gibt einen Unterschied zwischen Mehrheitstext und Minderheitstext. Der Mehrheitstext umfasst die Masse der griechischen Handschriften – heute etwa 5860 – und bildet eine verblüffende Einheit. Im Gegensatz dazu gibt es eine Minderheit, die manchmal abweicht, bekannt als der Nestle-Aland-Text. Dieser stützt sich besonders auf zwei Manuskripte, den Codex Vaticanus und den Codex Sinaiticus aus dem vierten Jahrhundert. Diese gelten als Kronzeugen, dazu kommen zahlreiche Papyri, sehr alte Handschriften aus Ägypten, die teilweise ins erste Jahrhundert datiert werden.
Das Problem ist, dass nach Ägypten keine Originale gesandt wurden, im Gegensatz zu Italien (Römerbrief) oder Griechenland (Korintherbriefe) und der heutigen Türkei (Epheserbrief, Kolosserbrief usw.). Der Mehrheitstext stammt aus diesen Gebieten, wo Originale vorhanden waren. Der Minderheitstext stammt aus Ägypten, wo die Handschriften untereinander große Abweichungen aufweisen, was man als „fließend“ bezeichnet.
Früher wurde behauptet, Westcott und Hort hätten im 19. Jahrhundert eine Revision der Bibel vorgenommen, die den Mehrheitstext einheitlich machte. Heute weiß man, dass es diese Revision kirchengeschichtlich nie gab. Die einheitliche Form des Mehrheitstextes erklärt sich vielmehr dadurch, dass in Italien, Griechenland und der Türkei Originalhandschriften zur Verfügung standen, die als Referenz für Korrekturen dienten. Ohne diese Referenz hätte sich eine solche Einheit nicht entwickelt.
Im Alten Testament wurden die besten Manuskripte im Tempel zu Jerusalem aufbewahrt, bis zum Jahr 70 nach Christus. Wer unsicher war, konnte dort die Torarollen anhand der besten Manuskripte eichen. Das führte dazu, dass im Judentum eine starke Einheit der Manuskripte entstand, den sogenannten masoretischen Text, der auf den Tempeltext zurückgeht. Dieser Text ist besser als der Text der Samariter oder die griechische Übersetzung in Ägypten, die Septuaginta.
Zurück zu Johannes 14,14: Im Mehrheitstext steht „Wenn ihr mich etwas bitten werdet in meinem Namen, werde ich es tun.“ Der Nestle-Aland-Text lässt das „mich“ weg. Ein Kopist könnte gedacht haben, es sei eigenartig, den Sohn in seinem eigenen Namen zu bitten, da an anderer Stelle gesagt wird, man solle zum Vater in Jesu Namen beten. „Im Namen Jesu“ bedeutet nicht nur, die Formulierung am Ende des Gebets hinzuzufügen, sondern in Übereinstimmung mit seiner Person, seinem Willen und Wesen zu beten – so, wie Jesus selbst beten würde.
Diese Abweichung in manchen Handschriften erklärt sich also durch eine Korrektur, die ein Kopist vorgenommen hat, weil ihm die ursprüngliche Formulierung seltsam erschien. Solche Änderungen finden sich meist im Minderheitstext. Mathematisch betrachtet ist es logisch: Originaltexte werden abgeschrieben, Fehler entstehen, und ohne Korrektur durch Originale verbreiten sich diese Fehler, was zu Minderheitstexten führt. Der Mehrheitstext bleibt durch ständige Korrektur einheitlich.
Nun noch eine interessante Stelle aus Apostelgeschichte 1, Vers 24, verbunden mit Johannes 16,14: Es geht um die Wahl des Nachfolgers von Judas. Dort heißt es: „Sie beteten und sprachen: Du, Herr, Herzenskämmer aller, sei dir von diesen beiden der eine an, den du auserwählt hast.“ Aus Lukas 5,22 wissen wir, dass der Herr Jesus der Herzenskämmer ist, der alles weiß. Man könnte also annehmen, dass hier zum Herrn Jesus Christus gebetet wird. Allerdings wird „Herr“ sowohl für den Vater als auch für den Sohn verwendet. So heißt es im Psalm 110: „Der Herr sprach zu meinem Herrn.“ Der erste „Herr“ bezieht sich auf den Vater, der zweite auf den Messias, den Sohn Gottes. Herzenskämmer ist sowohl auf den Vater als auch auf den Sohn anwendbar, da beide allwissend sind. Deshalb ist diese Stelle kein eindeutiger Beweis für ein Gebet zum Sohn. Apostelgeschichte 7 bleibt hier das klarste Beispiel.
Manche argumentieren, dass Stephanus Jesus gesehen hat und es deshalb kein Gebet gewesen sei. Doch auch Engel, die Gott sehen, beten ihn an. Es hängt nicht davon ab, ob man Gott sieht, sondern ob es ein Gebet ist.
Das führt uns zu Offenbarung 5. Dort wird die Anbetung des Sohnes beschrieben. Johannes sieht inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und der Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet, mit sieben Hörnern und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, ausgesandt über die ganze Erde. Das Lamm nimmt ein Buch aus der Hand des auf dem Thron Sitzenden. Die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten fallen nieder vor dem Lamm, halten Harfen und goldene Schalen voller Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen. Sie singen ein neues Lied und sagen: „Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut für Gott erkauft aus jedem Stamm, jeder Sprache, jedem Volk und jeder Nation. Du hast sie unserem Gott zu einem Königtum und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen.“
Eine Stimme vieler Engel ringsum und um die Lebendigen Wesen und Ältesten spricht mit lauter Stimme: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, Macht, Reichtum, Weisheit, Stärke, Ehre, Herrlichkeit und Lobpreis zu empfangen.“ Jedes Geschöpf im Himmel, auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer spricht dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm Lobpreis, Ehre, Herrlichkeit und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die vier lebendigen Wesen sprechen „Amen“ und die Ältesten fallen nieder und beten an.
Die 24 Ältesten repräsentieren die Erlösten, die Könige und Priester im Himmel sind. Sie beten Jesus Christus an, indem sie sagen, er sei würdig und habe uns durch sein Blut erkauft. Offenbarung 1, Vers 5b spricht ebenfalls von der Gemeinde: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater, ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit.“ Hier sehen wir ein weiteres Beispiel für Anbetung dessen, der uns liebt.
Diese Anbetung richtet sich ausdrücklich an das Lamm, den Herrn Jesus. Es kommt nicht darauf an, ob man ihn sieht oder nicht. Nur Gott kann angebetet werden, und hier wird ausdrücklich das Lamm angebetet. In Hebräer 1,6 fordert der Vater die Engel auf, den Sohn anzubeten. Das macht deutlich, dass Bitten und Anbetung in der Bibel sowohl an den Vater als auch an den Sohn gerichtet werden, wobei die Anbetung besonders dem Sohn zukommt, da er Mensch geworden ist.
Zur dritten Frage: Beten zum Heiligen Geist. Es wird oft gesagt, das komme in der Schrift nicht vor. Die Bibel ist voll von Gebeten, aber nie findet man ein Gebet, in dem der Heilige Geist angerufen wird. Gerade in der charismatischen Bewegung ist das Anrufen des Geistes sehr verbreitet – etwa die Bitte, dass der Geist kommen und sich entfalten soll. Das kann problematisch sein, denn wenn dann Manifestationen auftreten, die eindeutig dämonisch sind – etwa Menschen, die rückwärts zu Boden fallen –, handelt es sich um dämonische Erscheinungen. Ich habe das selbst erlebt, etwa in Indien, wo eine Frau von einem Geist erfasst wurde und sich furchtbar wand. Das ist nicht natürlich.
Die Bibel zeigt nirgends ein Gebet zum Heiligen Geist. Wie lernt man zu beten? Indem man die Bibel liest und alle Gebete darin studiert. Das „Vaterunser“ zeigt Prinzipien, wie Gebet nach Gottes Gedanken aussehen soll.
Epheser 6 spricht von der Waffenrüstung Gottes und sagt in Vers 18: „Indem ihr zu jeder Zeit betet mit allem Gebet und Flehen im Geist und wacht zu diesem Zweck in aller Ausdauer und Fürbitte für alle Heiligen.“ Hier bedeutet „im Geist“ wörtlich „in der Kraft des Heiligen Geistes“. Beten muss in der Kraft des Heiligen Geistes geschehen.
Das ist der Wechsel, den es ab Pfingsten gab: Die Jünger waren nicht mehr abhängig von Gebetsvorlagen, sondern der Heilige Geist drängt uns zum Beten und hilft uns, gottgemäß zu beten.
Im Judasbrief Vers 20 heißt es: „Ihr aber, Geliebte, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geist, erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes.“ Auch hier bedeutet „im Geist“ die Kraft des Heiligen Geistes.
Es gibt Stellen in der Apostelgeschichte, wo der Geist spricht, z. B. Apostelgeschichte 13: „Der Heilige Geist sprach in der Gemeinde von Antiochien: Sondert mir Barnabas und Saulus aus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe.“ Der Heilige Geist kann also sprechen und beruft. Später sieht man, dass er aussendet.
Die Frage war, wie die Gläubigen darauf reagieren sollen: Sie antworten nicht dem Geist, sondern dem Vater und dem Sohn. Der Heilige Geist hat die Bibel inspiriert und spricht durch sie zu uns. Antworten auf Gottes Wort geschehen im Gebet zum Vater und zum Sohn. Das müssen wir biblisch so akzeptieren.
Johannes 16, Vers 13-14 sagt: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht von sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen.“ Der Heilige Geist verherrlicht also den Sohn.
Das bedeutet, dass der Heilige Geist, obwohl er Gott ist, die Herrlichkeit des Herrn Jesus ins Zentrum stellt. Deshalb ist es seltsam, wenn Menschen ständig vom Heiligen Geist sprechen, aber kaum vom Sohn und seiner Herrlichkeit. Der Heilige Geist wirkt so, dass der Sohn verherrlicht wird.
Nun zu einigen Fragen: Eine bezog sich auf Jesaja 28, wo von Rückwärtsstürzen die Rede ist, im Zusammenhang mit dem Rückwärtsfallen. Jesaja 28, Vers 13 sagt: „Auf dass sie hingehen und rückwärts fallen und zerschmettert werden und verstrickt und gefangen werden.“ Das beschreibt ein Gericht Gottes über diejenigen, die sein Wort ablehnen. Rückwärtsfallen ist negativ, ein Ausdruck von Gericht, Gefangenschaft und Niederlage.
In Johannes 18, als Jesus im Garten Gethsemane verhaftet wird, sagt er: „Ich bin’s“ (Ego eimi), und die Männer fallen rückwärts zu Boden, ganz in Übereinstimmung mit Psalm 27, wo die Feinde fallen, wenn Gott nahe ist. Auch hier ist Rückwärtsfallen ein Zeichen von Gottes Gericht.
Der Heilige Geist kann als Scheinwerfer verstanden werden, der Christus groß macht. Im Heiligtum war der siebenarmige Leuchter die einzige Lichtquelle, das Öl darin symbolisiert den Heiligen Geist. Dieses Licht beleuchtet die Geräte im Heiligtum, die alle auf den Herrn Jesus hinweisen.
Zur Frage, ob Lieder, die an den Heiligen Geist gerichtet sind, biblisch sind: Nein, denn Lieder sind oft gesungene Gebete. Es ist nicht biblisch, den Heiligen Geist direkt anzurufen, ebenso wenig wie in Gebeten.
In Apostelgeschichte 13 spricht der Heilige Geist durch Propheten, als das Neue Testament noch nicht abgeschlossen war. Heute bilden Apostel und Propheten die Grundlage der Gemeinde, auf der wir bauen, aber die Zeit der Propheten ist abgeschlossen.
Wir sind bei Matthäus 6, Vers 9 stehen geblieben: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln.“ Warum sagt man „Vater unser“? Auf Lateinisch heißt das Gebet „Pater Noster“, was „Vater unser“ bedeutet. Die Wortstellung ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich, im Griechischen heißt es „Pater hēmōn“, also „Vater von uns“. Die Reihenfolge hat keine tiefere Bedeutung.
Das „Vaterunser“ enthält sieben Bitten. Die erste lautet: „Dein Name werde geheiligt.“ Das ist die Bitte der Erlösten, dass Gott dafür sorgt, dass klar wird, dass er mit dem Bösen in der Welt nichts zu tun hat. Gott wird oft fälschlich für Kriege oder das Böse verantwortlich gemacht, doch Johannes 1, Vers 5 sagt, dass Gott Licht ist und keine Finsternis in ihm ist. Diese erste Bitte drückt aus: Geheiligt werde dein Name!
Bevor persönliche Bitten folgen, sollen wir für das beten, was Gott besonders wichtig ist. Die zweite Bitte lautet: „Dein Reich komme!“ Das ist die Bitte, dass das messianische Königreich, in dem Gott Gerechtigkeit und Frieden bringt, kommen möge. Es ist eigenartig, wenn Christen sagen, das tausendjährige Reich sei schon heute, und dann beten sie noch „Dein Reich komme!“ Diese Bitte drückt aus, dass das Reich der Gerechtigkeit heute noch nicht auf Erden besteht, sondern erst in der Zukunft, wenn Jesus in Macht und Herrlichkeit erscheint.
Die Erlösten wünschen sich, dass diese Zeit bald kommt, in der Gott der Ungerechtigkeit ein Ende setzt. Die Bitten „Geheiligt werde dein Name“ und „Dein Reich komme“ hängen eng zusammen.
Natürlich gibt es auch heute das Reich Gottes, wie Paulus in Römer 14 sagt: „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Aber das tausendjährige Reich ist noch nicht da.
Das Reich Gottes hat drei Phasen: Erstens, in den Evangelien, als Jesus als König erschien und das Reich Gottes nahegebracht hat. Zweitens, die Zeit, in der Jesus im Himmel König ist, aber seine Nachfolger auf Erden leben und viele Schwierigkeiten erleben – das Gleichnis vom Weizen und Unkraut in Matthäus 13 beschreibt das. Drittens, die zukünftige Zeit, wenn Jesus als König wiederkommt und das tausendjährige Friedensreich aufrichtet, wie in Daniel 7, Vers 13 angekündigt.
Eine Bibelschülerin fragte, ob das tausendjährige Reich schon heute sei. Ich antwortete ihr: „Geh in den Zoo, nimm Fleisch und Stroh, und halte es dem Löwen hin. Wenn er das Stroh nimmt, dann sind wir im tausendjährigen Reich – sonst nicht.“ Darum gilt die Bitte „Dein Reich komme“ auch heute.
Die Erlösten warten auf die Entrückung der Gemeinde, die jederzeit geschehen kann. Ihnen ist es auch ein Anliegen, dass Jesus als König anerkannt wird und sein Reich aufrichtet, das die Gemeinde mit ihm teilt.
Die nächste Bitte lautet: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ Das bedeutet, dass Gottes Plan und Wille auch auf dieser Erde durchgesetzt werden sollen. Heute gibt es viel Widerstand gegen Gottes Pläne, etwa durch die UNO, die oft gegen Gottes Willen handelt, wenn sie Israel zur Räumung von Siedlungen auffordert. Das Gebet bittet darum, dass Gottes Wille auf Erden geschehe, so wie im Himmel.
Diese drei Bitten betreffen besonders Gott selbst und seine Herrlichkeit. Das bedeutet nicht, dass wir keine persönlichen Bitten vorbringen dürfen, aber das Gebet zeigt uns, wie wir gewichten sollen: Es geht nicht in erster Linie um uns, sondern um die Ehre Gottes.
Die nächste Bitte lautet: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Ab Vers 19 wird das Thema Essen, Trinken, Kleidung und alles, was wir brauchen, wichtig. Diese Bitte wird in der Zukunft eine besondere Bedeutung bekommen, wenn der Überrest Israels durch die große Drangsal geht und nicht mehr kaufen und verkaufen kann, weil man dem Tier aus Offenbarung 13 unterworfen ist.
Für uns heute ist das oft weniger brisant, da wir Vorräte haben. Aber in der Zukunft wird „Unser tägliches Brot gib uns heute“ eine existenzielle Bitte sein. Gott hat uns nicht Überfluss, sondern das Notwendige versprochen, kein Wohlstandsevangelium.
Die nächste Bitte lautet: „Und vergib uns unsere Schuld.“ Hier geht es darum, dass der Gläubige ständig seine Schuld bekennt und Vergebung erfährt. Bei der Bekehrung ist das klar, aber auch danach müssen wir immer wieder bekennen, wenn wir schuldig geworden sind. Das entspricht 1. Johannes 1, Vers 9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“
Im Griechischen gibt es verschiedene Verbformen, darunter durativ (andauernd) und punktual (einmalig). „Wenn wir unsere Sünden bekennen“ ist durativ gemeint, also immer wieder bekennen. Dann vergibt Gott auch immer wieder und reinigt uns fortwährend.
Die Bitte „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ bedeutet, dass wenn wir von Gott Vergebung erbitten, wir auch bereit sein müssen, anderen zu vergeben. Wenn wir nicht vergeben, blockieren wir uns selbst vor Gott.
Es gibt zwei Arten von Vergebung: Die Vergebung im Herzen sofort, wenn jemand an uns schuldig wird, und die Vergebung, wenn der Schuldige kommt und um Verzeihung bittet. Die erste ist innerlich, die zweite stellt die Gemeinschaft wieder her. Jesus sagt in Lukas 17, wenn jemand siebenmal am Tag umkehrt und bereut, soll man ihm vergeben.
Wenn jemand nicht kommt, soll man ihm innerlich vergeben, aber die Gemeinschaft ist erst wiederhergestellt, wenn die Vergebung ausgesprochen wird. Beide Arten sind wichtig und ergänzen sich.
Die nächste Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Hier geht es darum, dass Gott uns bewahrt in einer gefährlichen Welt, uns führt, damit wir nicht straucheln, und uns vor dem Bösen schützt.
Am Ende folgt eine Anbetung: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Diese Bitte gehört zum „Vaterunser“, wie der zweite Timotheusbrief zeigt. Der Mehrheitstext bestätigt das.
Das Amen am Ende bedeutet „So sei es!“ In 1. Korinther 14 sagt Paulus, wenn jemand in einer fremden Sprache betet, wie kann der andere Amen sagen? Das zeigt, dass Gebete so sein sollen, dass die Zuhörer am Ende mit Amen zustimmen können. Es ist nicht biblisch, Gebetsketten zu machen, bei denen niemand Amen sagt. Am Ende steht Amen, und die Zuhörer bestätigen, wenn sie einverstanden sind.
Das Amen ist wichtig, damit das Gebet nicht nur das eines Einzelnen, sondern das Gebet aller Anwesenden wird. Apostelgeschichte 4 zeigt, wie die Gemeinde gemeinsam betet.
Dort heißt es in Apostelgeschichte 4, Vers 23-31: Petrus und Johannes kehren zurück und berichten, was die Hohenpriester gesagt haben. Die Gemeinde erhebt einmütig ihre Stimme zu Gott und betet. Sie bitten um Freimütigkeit beim Reden und Heilung und Wunder durch den Namen Jesu. Als sie gebetet hatten, bewegte sich der Ort, und sie wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt.
Es steht, dass sie einmütig ihre Stimme zu Gott erhoben. Es war kein vorgefertigtes Gebet, sondern eine spontane Bitte in einer konkreten Situation. Gott betrachtet alle, die Amen sagen und innerlich mitbeten, als Betende.
Christoph fragte, wie Gott das Gebet in der Gemeinde bewertet, wenn nicht alle einig sind. Matthäus 18, Vers 15-20 spricht darüber, wie die Gemeinde mit Uneinigkeit umgeht und dass, wenn zwei oder drei übereinstimmen, Gott ihr Gebet erhört. Die Einheit der Gemeinde ist entscheidend. Wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind, ist er mitten unter ihnen.
Wenn die Gemeinde nicht einig ist, muss daran gearbeitet werden. Für die Einheit gibt es eine besondere Verheißung.
Matthäus 6, Vers 14-15 erklärt, dass wenn wir den Menschen nicht vergeben, auch Gott uns nicht vergibt. Das blockiert die Gemeinschaft mit Gott. Die grundsätzliche Vergebung durch das Kreuz ist immer gegeben, aber die praktische Gemeinschaft wird durch unerwiderte Vergebung gestört.
Karlo fragte zu Vers 9: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name.“ Zur Zeit Jesu sprach man den Namen Yahweh nicht mehr aus. Heißt das, dass dieser Name zukünftig wieder ausgesprochen wird? Nein, es ist viel einfacher. „Name“ bedeutet in der Bibel das, was eine Person ist. Gott hat viele Namen.
Jesaja 9, Vers 6 spricht vom Messias mit vier Doppelnamen: „Wunderbarer Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.“ Diese Namen zusammen bilden seinen Namen, das, was er ist. Der Messias wird auch Yahweh genannt, z. B. Yahweh Zedek (Herr unsere Gerechtigkeit) in Jeremia 23.
In der Bibel steht oft einfach „Dein Name“, ohne den speziellen Eigennamen zu meinen. Es geht um die Gesamtheit seiner Eigenschaften. „Geheiligt werde dein Name“ bedeutet, dass Gott als der, der er ist, geheiligt wird und nicht mit Bösem in Verbindung gebracht wird.
Zur Vergebung: Lukas 17, Vers 3 sagt: Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht, und wenn er bereut, vergib ihm. Wenn jemand bereut, wird die Beziehung wiederhergestellt. Es gibt aber auch die grundsätzliche Vergebung im Herzen, auch wenn der andere nicht bereut. Das ist gemeint in Matthäus 6.
Vers 16 spricht über das Fasten. Im Alten Testament gibt es wenige Fastengebote. Jom Kippur ist ein ausgesprochener Fastentag, beschrieben in 3. Mose 16, wo die Seele „gedemütigt“ oder „gefastet“ werden soll. Im Judentum ist Jom Kippur ein absoluter Fastentag, verbunden mit intensivem Beten, Sündenbekenntnis und Buße.
Im Neuen Testament gibt es keinen Jom-Kippur-Tag, aber man kann jederzeit eine solche Buße tun. Fasten wird erwähnt, etwa hier. Jesus sagt: „Wenn ihr fastet, so seht nicht düster aus wie die Heuchler, die sich verstellen, um Eindruck zu machen.“ Fasten soll aus echter innerer Gesinnung kommen, nicht als äußeres Ritual.
Matthäus 5, Vers 20 sagt, dass unsere Gerechtigkeit die der Pharisäer weit übersteigen soll, also dass alles echt und innerlich sein muss.
Vers 19 warnt: „Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Rost sie zerstören, sondern im Himmel.“ Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Eine Frage zum Jom-Kippur-Krieg: Er fand im Oktober 1973 an diesem heiligsten jüdischen Festtag statt, an dem in Israel kein Fernsehen oder Radio lief. Selbst Agnostiker und Atheisten gehen an diesem Tag in die Synagoge. Die Araber nutzten das aus und griffen Israel überraschend an. Die israelische Armee war nicht voll mobilisiert, viele waren in der Synagoge. Es war eine Katastrophe, aber später konnten die Reserven mobilisiert werden, und Israel siegte.
Auch in der Geschichte gab es schon Jom-Kippur-Kriege, etwa 63 v. Chr., als Pompeius Jerusalem an Jom Kippur eroberte.
Zum Zungengebet: Das heutige Zungengebet ist ein Lautgebet, dessen Bedeutung der Sprecher nicht kennt. In der Bibel war Zungenreden das Beherrschen von echten Fremdsprachen, die man nicht gelernt hatte. Das heutige Phänomen entspricht nicht dem biblischen. Wir sollen uns von nicht-biblischen Praktiken fernhalten.
Zum Schluss beten wir.
Gebete an Vater und Sohn in der Gemeinde
Eine weitere wichtige Stelle ist 1. Korinther 1,2. Paulus erklärt, dass dieser Brief an die Gemeinde Gottes in Korinth gerichtet ist.
Darf ich bitten, Roland zu lesen? Die Gemeinde in Korinth sind die Geheiligten. Es heißt: „An die Gemeinde Gottes, die in Korinth ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, an die berufenen Heiligen, samt allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, an jedem Ort, sowohl bei Ihnen als auch bei uns. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“
Hier wird klargemacht, dass der Korintherbrief nicht nur der Gemeinde in Korinth gilt, sondern eigentlich allen Gemeinden weltweit. Es wird gesagt: „Samt allen, die an jedem Ort, also an allen Orten sonstwo in der Welt, wo sie zusammenkommen, den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen.“
Das bedeutet, das Typische einer Ortsgemeinde Gottes ist das Anrufen des Namens des Herrn Jesus.
Es erstaunt schon, dass in der englischsprachigen Welt sehr verbreitet ist, dass in den Gemeinden eigentlich nur zum Vater gebetet wird. Wenn dann ein Europäer kommt und zum Sohn betet, sind die Menschen dort je nach Situation ziemlich überrascht.
Das ist aber nicht überall so. In den USA und Kanada, insbesondere in den Brüdergemeinden, ist es anders. Und es ist wirklich biblisch. Es steht sogar, dass das Kennzeichen das Anrufen des Herrn Jesus Christus ist.
Gut, damit hätten wir das Thema „bitten“ angesprochen, nämlich den Sohn um Hilfe bitten, ihn anrufen, und da...
Johannes 14,14: Bitten im Namen Jesu
Noch eine ganz überraschende Stelle aus Johannes 14. Das ist die Abschiedsrede des Herrn am Vorabend der Kreuzigung. Dort spricht der Herr Jesus darüber, wie die Jünger zum Vater beten sollen – in seinem Namen. Zusätzlich wird aber auch gesagt, und kann da jemand vorlesen, Johannes 14,14: „Wenn ihr um etwas bitten werdet in meinem Namen, werde ich es tun.“
Es gibt einen Unterschied zwischen Mehrheitstext und Minderheitstext. Der Mehrheitstext ist einfach die Masse der griechischen Handschriften. Heute haben wir ungefähr 5.860 Handschriften, und die große Mehrheit, die eine sehr verblüffende Einheit bildet, nennt man den Mehrheitstext. Im Kontrast dazu gibt es eine Minderheit, die manchmal davon abweicht. Dieser Text ist auch bekannt als der Nestle-Aland-Text. Man beruft sich dabei besonders auf zwei Manuskripte, den Codex Vaticanus und den Codex Sinaiticus aus dem vierten Jahrhundert. Diese werden quasi als Kronzeugen angerufen. Dazu kommen eine ganze Reihe von Papyri, also Handschriften aus Papyrus, die sehr, sehr alt sind – manche werden sogar auf das erste Jahrhundert datiert, je nach Wissenschaftler auch auf das zweite oder dritte Jahrhundert.
Diese Papyri stammen aus Ägypten. Das Problem ist, dass nach Ägypten keine Originale gesandt wurden. Nach Italien zum Beispiel der Römerbrief, nach Griechenland die Korintherbriefe, in die heutige Türkei zum Beispiel der Epheserbrief, der Kolosserbrief und so weiter. Interessanterweise stammt der Mehrheitstext gerade aus diesen Gebieten, wohin die Originale geschickt wurden. Der Minderheitstext, also der Aland-Text, wird in dem Buch „Einführung in die Textkritik“, das Aland zusammen mit seiner Frau Barbara verfasst hat, so beschrieben: Der Text in Ägypten ist „fließend“. Das heißt, diese Papyri weisen untereinander erstaunliche Fluktuationen, also Abweichungen, auf und sind nicht so einheitlich wie der Mehrheitstext.
Woher kommt das? Das Problem ist, dass man ohne Originale die Abschriften nicht am Original prüfen kann. In Rom und Italien konnte man hingegen immer wieder in die Gemeinde gehen und dort die Handschriften eichen. Das galt auch für Griechenland. Die Originale waren natürlich nur eine gewisse Zeit verfügbar, heute gibt es sie nicht mehr. Aber in den ersten Jahrhunderten wurden diese Handschriften noch genutzt und konnten so immer wieder geprüft werden. Das erklärt, warum der Mehrheitstext so einheitlich ist.
Früher wurde behauptet – das war noch bei Westcott und Hort, und viele haben es später übernommen –, dass der Mehrheitstext nur deshalb so einheitlich ist, weil im vierten Jahrhundert eine Revision der Bibel stattgefunden habe. Die Kirche habe quasi festgelegt: „Das ist der Text, und jetzt darf man nur noch nach diesem Text kopieren.“ Heute, mehr als hundert Jahre nach Westcott und Hort, kann man entspannt zurückblicken und sagen: Kirchengeschichtlich hat es diese Revision nie gegeben. Es gibt keine Belege für eine solche Revision.
Jetzt dreht sich natürlich der Spieß um: Wenn es keine solche Revision gab, muss jemand erklären, warum der Mehrheitstext dennoch so einheitlich ist. Das ist problematisch. Woher kommt diese Übereinstimmung? Die vernünftige Erklärung ist: In Italien, Griechenland und der Türkei – also in den Gebieten der Originale – waren diese Originalhandschriften verfügbar und konnten zur Korrektur genutzt werden. Das gab dem Text seine Festigkeit. Im Gegensatz dazu weist der ägyptische Text von Anfang an ein „Fließen“ auf, weil dort nie eine originale Handschrift an die Christen geschickt wurde.
Übrigens gibt es eine Parallele dazu beim Alten Testament. Dort wurden im Tempel zu Jerusalem die allerbesten Manuskripte aufbewahrt. Diese waren dort bis zum Jahr 70 nach Christus. Wenn jemand in Israel in einer Synagoge unsicher war, konnte er die Torarolle beim nächsten Tempelbesuch nach Jerusalem mitnehmen und sie anhand der besten Manuskripte eichen. Das bewirkte, dass im Judentum eine starke Einheit der Manuskripte entstand, die man heute den masoretischen Text nennt. Dieser masoretische Text war also schon im Tempel vorhanden.
Heute haben wir ungefähr 6.000 Handschriften aus dem Mittelalter, die man als masoretischen Text bezeichnet. Das ist keine Erfindung aus dem Mittelalter, sondern dieser Text geht zurück auf den Tempeltext. Er ist natürlich besser als der Text der Samaritaner oder zum Beispiel der griechischen Übersetzung in Ägypten, die Septuaginta, oder andere alte Übersetzungen ins Lateinische oder Syrische.
Der masoretische Text ist also dieser feste Text, diese feste Textform aus dem Tempel. Im Christentum gibt es etwas Ähnliches im Neuen Testament: In den Gebieten Italien, Griechenland und Türkei gab es diese Referenztexte.
Jetzt zum langen Rede kurzer Sinn: Johannes 14,14 steht im Mehrheitstext: „Wenn ihr mich etwas bitten werdet in meinem Namen, werde ich es tun.“ Man versteht sofort, warum der Nestle-Aland-Text, also der Minderheitstext, das „mich“ weglässt. Ein Kopist denkt: „Das ist doch eigenartig. Wenn ihr mich um etwas bitten werdet in meinem Namen – das geht doch gar nicht. Wie soll man den Sohn in seinem Namen bitten?“
An anderen Stellen, zum Beispiel Johannes 14,15-16, sagt der Herr Jesus, dass wir zum Vater in seinem Namen beten sollen. Was bedeutet das? Im Namen Jesu beten heißt nicht einfach, am Schluss des Gebets diese Formulierung hinzuzufügen. Das kann man zwar tun, aber das ist nicht gemeint. Gemeint ist, im Namen Jesu zu beten, also in Übereinstimmung mit seiner Person, seinem Willen und seinem Wesen. Seine Gerechtigkeit und Liebe. Wenn man etwas im Namen des Chefs tut, handelt man genau so, wie er es vorschreibt. Und wenn man im Namen Jesu betet, dann betet man so zum Vater, wie der Herr Jesus es tun würde.
Hier steht also: „Wenn ihr mich etwas bitten werdet in meinem Namen.“ Das heißt nicht, dass wir beten: „Herr Jesus, ich bete dies in deinem Namen.“ Nein, es bedeutet, dass wir zum Sohn beten genau so, dass es seinem Wesen entspricht und mit seinen Gedanken und Plänen übereinstimmt.
Es ist also klar, warum es diese Abweichung in einigen Handschriften gibt: Ein Kopist dachte, das passt nicht so gut, also hat er das „mich“ weggelassen. Darum gibt es oft gerade an Stellen, die jemanden verwundern, in manchen Handschriften eine Änderung. Diese späteren Änderungen schlagen sich immer in einem Minderheitstext nieder.
Das ist eigentlich eine mathematische Sache, wenn man darüber nachdenkt. Da war das Original, sagen wir, das Johannesevangelium. Dann wurden zwanzig Abschriften vom Original erstellt. Bereits in der ersten Generation hat einer irgendwo ein Wort weggelassen – sagen wir hier das „mich“. Nun gibt es ein Manuskript, das abweicht, also eine Minderheit von zwanzig Handschriften.
Jetzt gibt es Leute, die von diesen zwanzig Handschriften abschreiben. Einer wird garantiert das Manuskript mit der Abweichung kopieren. Dann gibt es schon zwei Manuskripte, die das so haben. In der nächsten Generation vermehrt sich diese Abweichung. Statistisch wird die richtige Lesung den Mehrheitstext bilden, die Abweichung den Minderheitstext.
Manchmal ist es nützlich, daran zu denken. Es ist schade, wenn jemand Spezialist für griechische Handschriften ist, aber mit Mathematik nichts zu tun haben möchte. Das ist nicht jedermanns Sache, aber es wird problematisch, wenn gesagt wird: „Wisst ihr, die Einheit des Mehrheitstextes sagt nichts aus.“ Wie erklärt ihr dann die Einheit?
Heute kann man nicht mehr behaupten, es habe eine Revision gegeben. Weltweit wird das nicht mehr akzeptiert. Stattdessen sagt man, es sei ein Abschreibeprozess gewesen, bei dem sich die Manuskripte mit der Zeit angeglichen haben und so der Mehrheitstext entstanden sei.
Das ist mathematisch Unsinn. Wenn Handschriften schon eine gewisse Abweichung untereinander haben, wird sich durch Abschreiben niemals eine größere Ähnlichkeit entwickeln. Es wird immer vielfältiger und abweichender. Es bräuchte einen korrigierenden Faktor, der sagt: „Nein, nicht so, sondern nur so.“ Wenn es im Johannesevangelium ein Problem mit der Handschrift gab – „mich“ oder ohne „mich“ –, hätte man das Original aufsuchen müssen, zum Beispiel in Ephesus (heutige Türkei) und dort korrigieren.
Erst dann hätte man einen Faktor gehabt, der die Manuskripte wieder korrigiert und zur Einheit verhilft. Ohne das geht es nicht. Die Theorie, dass sich die Manuskripte durch Abschreiben immer mehr angleichen, ist also mathematisch nicht haltbar.
Die Tatsache ist: Den Mehrheitstext gibt es durch die Jahrhunderte hindurch bis ins 15. Jahrhundert. Er bezeugt: „Wenn ihr mich etwas bitten werdet.“ Das ist eine ganz wichtige Stelle, die zeigt, dass das Beten zum Sohn auch durch den Sohn selbst im Johannesevangelium klar gelehrt wird.
Weitere Beispiele für Gebete zum Herrn Jesus
Ja, jetzt gab es da noch einige Fragen, zuerst von Carlo. Interessant ist auch, was Apostelgeschichte 1,24 sagt. Das ist sehr eindrücklich, wenn man es mit Johannes 16,14 verbindet. Dort ging es um den Nachfolger von Judas. Zwar wird nicht der Name Jesu erwähnt, aber in Vers 24 steht doch:
„Und sie beteten und sprachen: Du, Herr, Herzenskämmer aller, sei dir von diesen beiden den einen an, den du auserwählt hast.“
Wir wissen aus Lukas 5,22, dass der Herr Jesus wirklich der Herzenskämmer ist, er wusste ja alles. Man könnte also davon ausgehen, dass sie hier wirklich zum Herrn Jesus Christus gebetet haben, oder?
Ich muss das aber noch einmal wiederholen für den Livestream, weil die Zuschauer das nicht gehört haben. Sonst kommen nachher Reklamationen, dass man nichts verstanden hat. Also, damit keine Reklamation kommt: Apostelgeschichte 1,24 hast du als weiteres Beispiel für das Beten zum Herrn Jesus angeführt. Und zwar wurde dort gebetet im Blick auf die Wahl eines zwölften Apostels:
„Du, Herr, Herzenskündiger aller.“
Weil hier „Herr“ steht, ist da wohl der Sohn gemeint. Aufgrund von Lukas 5 würdest du sagen, der Herr Jesus ist der Herzenskenner, darum ist das auch ein Gebet zu ihm. Du hast Lukas 5 gemeint.
Jetzt ist es aber so, dass „Herr“ sowohl für den Vater als auch für den Sohn verwendet wird. So ist in der griechischen Übersetzung von Psalm 110,1 der Ausdruck: „Der Herr sprach zu meinem Herrn.“ Natürlich können wir erkennen, dass das erste „Herr“ im Zusammenhang mit dem Vater steht und „mein Herr“ der Messias, der Sohn Gottes, ist.
Herzenskenner ist natürlich auch der Vater. Der Vater ist allwissend, so wie der Sohn allwissend ist. Also wäre das noch kein Beweis. Man könnte sagen: Ja, fragen wir uns, ob der Vater oder der Sohn gemeint ist. Darum würde ich diese Stelle nicht unbedingt als Beweis anführen. Wenn man Beweise bringt, wäre es wichtig, dass der Gegner keine andere Möglichkeit mehr hat. Bei Apostelgeschichte 1,24 hat er noch eine andere Möglichkeit.
Was ich allerdings auch schon als Argument gehört habe, sogar zu dieser Stelle: „Ja, aber dort hat Stephanus Jesus Christus gesehen. Wenn er ihn sieht, dann ist das nicht Beten.“ Aber wie ist das denn mit den Engeln Gottes im Himmel? Wenn sie Gott sehen und ihn anbeten, ist das dann keine Anbetung? Es kommt nicht darauf an, ob er gesehen wird oder nicht, sondern ob es ein Gebet ist oder nicht.
Das führt uns vielleicht gerade zu Offenbarung 5. Bis jetzt haben wir nämlich nur Beten und Bitten in Bezug auf den Sohn gesehen, aber hier haben wir die Anbetung des Sohnes.
Darf ich bitten, dass jemand Offenbarung 5,6 vorliest?
„Und ich sah inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet, das sieben Hörner und sieben Augen hatte, die sind die sieben Geister Gottes, ausgesandt über die ganze Erde. Und es kam und nahm das Buch aus der Hand aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß.
Und als es das Buch nahm, fielen die vier lebendigen Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und sie hatten an jeder eine Harfe und goldene Schalen voller Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen. Und sie singen ein neues Lied und sagen: ‚Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation und hast sie unserem Gott zu einem Königtum und zu Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen.‘
Und ich sah und hörte eine Stimme vieler Engel rings um den Thron her und um die lebendigen Wesen und um die Ältesten, und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende, die mit lauter Stimme sprachen: ‚Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lobpreis.‘
Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: ‚Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebührt Lobpreis und Ehre und Herrlichkeit und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!‘ Und die vier lebendigen Wesen sprachen: ‚Amen!‘ und die Ältesten fielen nieder und beteten an.“
Also die 24 Ältesten beten das Lamm Gottes, Jesus Christus, an, indem sie sagen: „Würdig ist das Lamm, und du bist geschlachtet worden und hast uns für Gott erkauft durch dein Blut.“ Diese Ältesten tragen weiße Priestergewänder und goldene Kronen auf dem Kopf. Sie sind Priester und Könige gleichzeitig.
Das wird von der Gemeinde gesagt in Offenbarung 1,5b:
„Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater. Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit!“
Da haben wir übrigens nochmals ein Beispiel von Anbetung: „Dem, der uns liebt.“ Es wird gesagt: „Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!“
Diese 24 Ältesten stellen also die Erlösten dar, die Könige und Priester im Himmel sind. Sie beten Jesus Christus an. Dann haben wir gesehen, dass diese unzählbare Schar von Engeln ab Vers 11 ebenfalls das Lamm anbetet:
„Würdig ist das Lamm!“
Das ist Anbetung. Und auch hier nochmals: Es kommt nicht darauf an, ob man sieht oder nicht sieht. Wenn man sagen würde: „Maria, würdig ist Maria, zu empfangen Macht, Reichtum und Weisheit und Stärke“, dann würde jemand sagen: „Das ist keine Anbetung, das ist nur Menschenlob.“ Das geht gar nicht! Das ist Anbetung, und das ist nur Gott erlaubt.
Da wird ausdrücklich das Lamm angebetet, das ist der Herr Jesus.
Übrigens, im Zusammenhang mit der Anbetung durch die Engel: Diese Engel werden das Lamm im Himmel sehen, ja, und sie beten es an. Das stimmt überein mit Hebräer 1,6, wo Gott der Vater sagt:
„Und alle Engel Gottes sollen ihn anbeten.“
Der Vater verlangt also von den Engeln ganz allgemein in Hebräer 1,6, dass sie den Sohn anbeten. So steht es dort, und in Psalm 97,7 wird auf den Herrn Jesus direkt Bezug genommen, und zwar vom Vater auf ihn bezogen.
Damit ist also völlig klar: Bitten und Anbeten sind verschieden. Ich habe gesagt, der Herr Jesus hat gebetet: „Vater, vergib ihnen.“ Stephanus betet: „Herr, rechne ihm die Sünde nicht zu.“ Die gleiche Bitte kann an den Vater oder an den Sohn gerichtet werden.
Aber bei der Anbetung ist es nicht so, dass alles dem Vater und dem Sohn gesagt werden könnte. Wenn gesagt wird: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist“, dann kann das nicht zum Vater gesagt werden, denn der Vater ist nicht Mensch geworden, sondern der Sohn ist Mensch geworden.
In der Anbetung kann man nicht sagen: „Danke, Vater, dass du für mich gestorben bist“, aber wohl: „Danke, Vater, dass du die unaussprechliche Gabe deines Sohnes gegeben hast.“ Und dem Herrn Jesus danken wir, dass er, der Sohn Gottes, uns geliebt hat und sich selbst für uns hingegeben hat.
Also gibt es da Unterschiede. Es muss stimmig sein mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift.
Zwischenfragen und weitere Erklärungen
Und jetzt zur dritten Frage, aber vorher hat Philipp noch eine Zwischenfrage gestellt: Stimmt der griechische Text, oder gibt es noch eine andere griechische Übersetzung?
Ich wiederhole für den Livestream deine Frage: Es wird gesagt, die Apostel hätten die Septuaginta-Übersetzung benutzt. Das ist eine Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische, die im dritten Jahrhundert vor Christus in Ägypten entstanden ist. Also, es wird gesagt, die Apostel hätten diese Übersetzung im Neuen Testament verwendet. Stimmt das?
Ja, das stimmt. Es gibt hunderte von Zitaten im Neuen Testament aus dem Alten Testament. An vielen Stellen kann man zeigen, dass im Neuen Testament wörtlich nach der Septuaginta übersetzt wird – aber nicht immer. Die Apostel haben im ersten Jahrhundert beim Predigen auf Griechisch diese bestehende Übersetzung benutzt.
Offensichtlich gibt es aber auch Zitate im Neuen Testament, die einfach nach dem hebräischen Text wiedergegeben sind, jedoch nicht in der Formulierung der Septuaginta. Das zeigt, dass sie auch selbst direkt aus dem hebräischen Text übersetzt haben. Es gibt also beides.
Noch etwas Wichtiges: Die Septuaginta ist keine vollkommene Übersetzung. Sie enthält Fehler. Im Neuen Testament wird jedoch nur das Richtige daraus zitiert. Das ist der Unterschied. Die Tatsache, dass im Neuen Testament die Septuaginta zitiert wird, bedeutet nicht, dass diese Übersetzung vollkommen ist. Aber es bedeutet, dass der Heilige Geist dort, wo er es für richtig befand, die Septuaginta benutzt hat. Und dort, wo er sie nicht wollte, hat er die Jünger inspiriert, selbst zu übersetzen.
Jetzt zur dritten Frage: Betet man zum Heiligen Geist? Da wurde gesagt: Nein.
Man kann das einfach behaupten, aber wie begründet man das Nein? Es kommt nicht in der Schrift vor.
Die Bibel ist im Alten und Neuen Testament voll von Gebeten. Aber nie findet man ein Gebet, in dem der Heilige Geist angerufen wird – weder im Alten noch im Neuen Testament. Das muss zumindest all jene stutzig machen, die gerade in der charismatischen Bewegung das Anrufen des Geistes sehr verbreitet sehen, das Bitten, dass der Geist kommen und sich entfalten soll.
Mir wird es manchmal unangenehm, weil die Frage dann ist: Welcher Geist wird da angerufen? Und welcher Geist kommt? Gerade wenn Manifestationen auftreten, die eindeutig dämonisch sind – wenn Leute rückwärts zu Boden fallen, sind das eindeutig dämonische Erscheinungen. Das kennt man aus Afrika, aus dämonischen Kulten. Ich habe das auch selbst erlebt. Ich war in einem Stamm in Indien, sollte predigen, und plötzlich kam ein Geist über eine Frau. Wie sie sich gewunden hat, war furchtbar! Und nachher, als es vorbei war, war die Stimmung sehr bedrückend.
Man merkt, dass das nicht mehr natürlich ist. Ein Geist, der so wirkt, dass jemand die Selbstkontrolle verliert – das ist eine ganz furchtbare Situation. Genau dieses Phänomen trifft man oft dort an, wo der Geist gerufen wird, um sich zu manifestieren. Wenn das passiert, kann man sicher sein, dass es ein dämonischer Geist ist, der da wirkt.
Da müsste man grundsätzlich stutzig werden: Die Bibel zeigt nirgends ein Gebet zum Heiligen Geist.
Wie kann man lernen zu beten? Indem man die Bibel liest und alle Gebete darin studiert. Auch das Vaterunser zeigt uns Prinzipien, wie Gebet nach Gottes Gedanken aussehen soll. Das wollen wir gleich noch anschauen.
Jetzt aber etwas ganz Wichtiges: Wir müssen Epheser 6 aufschlagen. Dort spricht der Apostel Paulus über die Waffenrüstung Gottes und sagt schließlich in Vers 18:
"Indem ihr zu jeder Zeit betet, mit allem Gebet und Flehen im Geist und wacht zu diesem Zweck in aller Ausdauer und Fürbitte für alle Heiligen."
Hier wird gesagt: Betet "im Geist". Dieser Ausdruck bedeutet wörtlich aus dem Griechischen übersetzt "in der Kraft des Heiligen Geistes". Auf Griechisch sagt man "im Geist", das heißt: Beten muss geschehen, indem der Heilige Geist uns die Kraft gibt.
Da sind wir wieder beim Thema vom Anfang: Die Jünger hatten Matthäus 6 noch nicht den Heiligen Geist, ab Pfingsten aber schon. Da gab es einen besonderen Wechsel. Sie waren nicht mehr abhängig von Gebetsvorlagen, sondern der Heilige Geist drängt uns zu beten und hilft uns, gottgemäß zu beten.
Gleich nach Judas 20, um das noch zu unterstreichen, lesen wir im Judasbrief Vers 20:
"Ihr aber, Geliebte, baut euch selbst auf euren allerheiligsten Glauben, betet im Heiligen Geist und erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes."
Auch hier heißt es wieder "beten im Geist" – im Heiligen Geist, also in der Kraft des Heiligen Geistes.
Es kam noch eine Frage: Es gibt ja Stellen in der Apostelgeschichte, wo der Geist spricht.
Ja, genau. Das heißt, der Geist tritt in Dialog mit den Menschen. Wir sagen einfach: Wir können dem Geist nicht antworten, indem wir ihm antworten wie dem Sohn oder dem Vater.
In der Apostelgeschichte findet man, wie der Geist spricht. Zum Beispiel in Kapitel 13 sagt der Heilige Geist in der Gemeinde von Antiochien: "Sondert mir nun Barnabas und Paulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe."
Das macht klar: Der Heilige Geist kann sprechen und beruft Menschen. Später sieht man in Apostelgeschichte 13 sogar, dass der Heilige Geist aussendet.
Die Frage war also: Der Heilige Geist spricht – wie sollen die Gläubigen reagieren? Sie antworten ihm nicht, sondern dem Vater und dem Sohn.
Das Sprechen des Heiligen Geistes wird in der ganzen Bibel gebraucht, denn er hat die Bibel inspiriert. Darum steht zum Beispiel in Hebräer 10 ein Zitat aus Jeremia, wo Gott die Verheißung des neuen Bundes und der völligen Vergebung gibt. Dort heißt es in Hebräer 10, Vers 15:
"Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist, denn nachdem er gesagt hat, dies ist der Bund, den ich ihnen errichten werde, nach jenen Tagen spricht der Herr usw."
Hier wird gesagt, in Jeremia 31 spricht der Heilige Geist. Der Heilige Geist hat die Schreiber inspiriert. In Apostelgeschichte 13 hat er einem Propheten eingegeben. So spricht der Heilige Geist ständig durch die ganze Heilige Schrift zu uns.
Er ist eine Einheit mit dem Vater und dem Sohn. Die Bibel lehrt uns, dass das Antworten auf Gottes Wort im Gebet zum Vater und zum Sohn geschieht.
Wir müssen einfach die biblischen Fakten so stehen lassen, wie sie sind – nichts drehen, nichts verändern.
Der Herr sagt ja, dass er ihn verherrlichen wird (Johannes 16).
Danke, genau das habe ich vorhin noch gedacht und dann wieder vergessen. Jetzt sagst du es mir.
Sehr wichtig: Johannes 16. Der Herr Jesus kündigt das Kommen seines Geistes am Vorabend der Kreuzigung an und sagt, wie der Heilige Geist handelt. Andreas liest gerade Johannes 16, Vers 13 vor:
"Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen."
Der Heilige Geist wird den Sohn verherrlichen.
Das bedeutet, dass der Heilige Geist, obwohl er Gott ist von Ewigkeit an – wie der Vater und der Sohn – allmächtig und allwissend, diese Aufgabe wahrnimmt und will, dass der Sohn verherrlicht wird.
Wenn der Heilige Geist wirkt, wird die Herrlichkeit des Herrn Jesus ins Zentrum gestellt.
Darum lesen wir auch in Offenbarung 5: In der Mitte des Thrones sieht Johannes das Lamm.
Das ist Gottes Plan, dass der Sohn verherrlicht wird. Das ist kein Ausspielen des Sohnes gegen den Heiligen Geist. Wir müssen das einfach so stehen lassen.
Der Heilige Geist wirkt auf diese Art und Weise.
Darum ist es auch seltsam, wenn Menschen denken, der Heilige Geist sei ganz besonders am Wirken, und sie sprechen ständig vom Heiligen Geist, aber kaum vom Sohn und seiner Herrlichkeit.
Der Heilige Geist verherrlicht den Sohn – so ist er.
Verschiedene Fragen und Antworten aus der Gemeinde
Ja, es gibt ganz verschiedene Punkte, wo soll ich anfangen? Mal da hinten, da war bisher noch nichts. Wir haben ja eben über Rückwärtsstürzen-Daten gehört. Da gibt es auch die Vorrede, also für mich, über Samaria, Jerusalem usw. in Jesaja 28. Dort wird ja auch schon über Rückwärtsstürzen gesprochen.
Die Frage stellt einen Bezug auf Jesaja 28 her, wo von Rückwärtsstürzen die Rede ist. Sie stellt die Frage im Zusammenhang mit dem, was eben zum Rückwärtsfallen gesagt wurde. Genau, Vers 13. Und was ist die Frage dort im Zusammenhang? Hat das auch etwas damit zu tun? Da steht ja auch das Rückwärtsstürzen drin. Es geht noch um etwas Vorausgehendes, das man auch sehen muss, zum Beispiel durchstammende Lücken und mit fremden Spaten wieder zu diesem Volk gehen und so weiter, das auf dem Weg dort ist.
Das ist genau der Schlüssel. Das Stichwort: Es geht dort um ein Gericht Gottes, in dem gesagt wird, dass solche, die Gottes Wort ablehnen, rückwärts fallen werden. Ich lese Jesaja 28,13 am Schluss: „auf dass sie hingehen und rücklinks fallen und zerschmettert werden und verstrickt und gefangen werden.“ Also, da geht es um solche, die unter das Gericht Gottes kommen und schließlich auch im Krieg zu Fall kommen.
Dort gibt es auch diese Situation, wenn die Stadtmauer zum Einstürzen kommt, dass Menschen rücklinks fallen. Dieses Rücklinksfallen ist wirklich nichts Positives in der Bibel, sondern genau das, was eben das Gericht Gottes ausdrückt. Und da geht es jetzt um Krieg: Rückwärts fallen, zerschmettert werden, verstrickt werden, gefangen genommen werden und in Kriegsgefangenschaft abgeführt werden.
Aber in Johannes 18, im Garten Gethsemane, als der Herr Jesus verhaftet werden soll, kommt eine riesige Schar, um ihn zu verhaften. Der Herr Jesus fragt: „Wen sucht ihr?“ Sie antworten: „Jesus von Nazaret.“ Er sagt: „Ich bin’s“, wörtlich „Ego eimi“, „Ich bin“. Das ist der Name Gottes auf Hebräisch, übersetzt etwa „Ech je“. Und dann fallen sie rückwärts zurück, ganz in Übereinstimmung mit Psalm 27: „Als meine Feinde mir nahten, um mein Fleisch zu fressen, da sind sie gefallen.“ Dort war das auch ein Gericht Gottes, dieses Zurückweichen vor dem „Ich bin“.
Den Heiligen Geist kann man sich auch so vorstellen wie einen Scheinwerfer, der Christus groß macht. Ich stelle mir das immer bildlich ein bisschen so vor: Der Scheinwerfer steht immer hinten und projiziert das Licht auf Christus. Es ist genau das Prinzip, das du meinst, mit der Menora im Heiligtum. Der siebenarmige Leuchter war die einzige Lichtquelle im Heiligtum. Es gab keine Fenster.
Das Öl, das im Leuchter siebenmal brennt, ist ein Bild des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist bringt Licht, und dieses Licht des Leuchters beleuchtet die verschiedenen Geräte im Heiligtum. Diese sprechen alle von dem Herrn Jesus, genau.
Jetzt haben wir es ja gehabt, das Gebet zum Heiligen Geist – erlaubt oder nicht? Ähnliches muss ja auch für den Gesang gelten. Gesänge, das heißt Lieder, sind ja oftmals gesungene Gebete. Gerade im Finstern: „Komm, Heiliger Geist“ usw. Das trifft ja eh zu, oder?
Die Frage, ob Lieder, die an den Heiligen Geist gerichtet sind, erlaubt sind, wird beantwortet mit Nein. Ob Lieder oder einfach gesprochen, beides sind Gebete. Viele Lieder sind Gebete, können Bitten oder Anbetung sein, oder aber auch Ermutigung. Zum Beispiel: „Befiehl du deine Wege und was dein Herz erkränkt“ – das ist keine Anbetung, keine Bitte, sondern eine Ermutigung für den, der nebenan sitzt oder für sich selbst, um die Anliegen dem Herrn zu bringen.
So können Lieder Gebete sein, Anbetung oder Belehrung und Ermutigung. Das gilt genauso für Gebete. Daher ist es nicht biblisch, wenn gesungen wird: „Komm, Heiliger Geist.“
In Apostelgeschichte 13 hatten wir vorher den Fall, dass Barnabas und Saulus ausgesandt wurden und der Heilige Geist sprach. Er sprach durch Propheten. Genau, zur Zeit, als das Neue Testament noch nicht abgeschlossen war, offenbarte sich der Geist so, ohne die Schrift direkt, durch damalige Propheten.
Nochmal zu Apostelgeschichte 13: Dort spricht der Heilige Geist durch Propheten, die damals, als die Heilige Schrift noch nicht vollständig war, durch den Heiligen Geist das Wort weitergaben. Im Gegensatz zu heute, denn die Apostel und Propheten bilden nach Epheser 2, Vers 20 die Grundlage der Gemeinde. Auf dieser Grundlage bauen wir nun zweitausend Jahre weiter, aber die Grundlage ist unten. Die Propheten kommen nicht nochmals.
Jetzt sollten wir eine Pause machen, und dann kommen wir endlich zu den sieben Bitten im Vaterunser. Das war jetzt ein kleiner Punkt. Wir fahren weiter. Wir sind bei Matthäus 6, Vers 9 stehen geblieben, bei der Anrede im Gebet: „Unser Vater, der du bist in den Himmeln.“
Wir haben uns eben Gedanken darüber gemacht, dass die Bibel das Beten zum Vater und auch zum Sohn lehrt. Aber hier geht es um ein Gebet, das an den Vater gerichtet ist.
Warum sagt man „Vater unser“, wenn man von diesem Gebet spricht? Die Antwort ist ganz einfach: Auf Lateinisch heißt das Gebet „Pater Noster“, „Vater unser“. Aber auf Deutsch sagt man „Unser Vater“, so einfach. Die Wortreihenfolge ist eben von Sprache zu Sprache verschieden. Übrigens ist es im Griechischen genauso. Dort steht nicht „Unser Vater“, sondern „Pater hēmōn“, also auch „Vater von uns“, „unser“.
Auf Deutsch ist einfach die Wortstellung anders, und das ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich. Es ist also nichts Besonderes dahinter, wenn man sagt „Vater unser“. Man spricht eben Deutsch oder Lateinisch.
Es ist ja auch zum Beispiel so, dass man auf Hebräisch nicht „guter Tag“ sagt, sondern „Tag guter“, „Yom Tov“. Wir sagen halt „guter Tag“. Man kann scherzhaft sagen, es ist eben so: Im Hebräischen schreibt man nicht nur rückwärts, sondern man spricht auch rückwärts.
Zur Kenntnis zu nehmen: Das hat nichts Tieferes zu bedeuten.
Die sieben Bitten des Unser Vater: Gottes Name und Reich
Insgesamt sehen wir sieben Bitten, und die erste lautet: Dein Name werde geheiligt. Das bedeutet, es ist die Bitte der Erlösten, dass Gott dafür sorgt, dass bei all dem üblen, rebellischen Gegengottreden in dieser Welt klar wird, dass Gott mit dem Bösen nichts zu tun hat.
Gott wird oft für allerlei Dinge angeschuldigt, und dadurch wird sein Name unheilig gemacht. Die Bitte „Geheiligt werde dein Name“ drückt aus, dass deutlich werden soll, dass Gott mit dem Bösen nichts zu tun hat. Er ist nicht der Urheber der Kriege in dieser Welt, wie ihm manchmal angelastet wird. Johannes 1,5 sagt, dass Gott Licht ist und keine Finsternis in ihm ist. Auch hat er nichts mit dem Sündenfall zu tun – es gibt zwar solche falschen Lehren, aber sie entweihen den Namen Gottes.
Diese erste Bitte bringt genau das zum Ausdruck: Geheiligt werde dein Name! Bevor persönliche Bitten kommen, die unser Leben betreffen, sagt der Herr Jesus, wir sollen für das beten, was Gott ganz besonders wichtig ist. Das zeigt sich auch in der nächsten Bitte: Dein Reich komme!
Diese Bitte richtet sich darauf, dass das messianische Königreich, in dem Gott Gerechtigkeit und Frieden in der Welt einführt, kommen möge. Es klingt eigenartig, wenn viele Christen sagen, das tausendjährige Reich sei schon heute. Wenn sie dann noch beten „Dein Reich komme“, passt das nicht zusammen. Die Bitte drückt aus, dass dieses Reich der Gerechtigkeit heute noch nicht auf der Erde besteht. Es wird erst in der Zukunft kommen, wenn der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit erscheint.
Die Erlösten haben heute schon das Anliegen, dass diese Zeit kommen möge, in der Gott der Ungerechtigkeit dieser Welt ein Ende setzt. Dabei hängt die erste Bitte eng mit der zweiten zusammen: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme.
Natürlich könnte jemand sagen, dass an verschiedenen Stellen klarsteht, dass das Reich Gottes schon heute ist. Zum Beispiel sagt Paulus in Römer 14, das Reich Gottes sei nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Ich habe nicht gesagt, das Reich Gottes sei nicht heute, sondern dass das tausendjährige Reich nicht heute ist.
Das Reich Gottes oder Königreich Gottes hat drei Phasen. Die erste Phase war damals in den Evangelien, als der Herr Jesus als König auf die Erde kam und sagte: „Tut Buße, das Reich Gottes ist nahegekommen.“ Doch der König wurde von der Mehrheit seines eigenen Volkes verworfen. Deshalb spricht er in Matthäus 13, wo wir später ausführlich über die Geheimnisse des Reiches Gottes sprechen werden.
Diese Geheimnisse sind Dinge über das Reich Gottes, die im Alten Testament nicht vorausgesagt waren. Nämlich, dass das Reich, angekündigt durch den König, der kommen würde, eine andere Form annimmt, wenn er von seinem Volk verworfen wird. Der Herr Jesus beschreibt in Matthäus 13, dass das Reich Gottes heute so ist, dass er der König im Himmel ist, aber seine Nachfolger auf der Erde leben. Dort gehen viele Dinge schief. Es gibt eine Vermischung von echten Gläubigen und unechten, dargestellt im Gleichnis vom Weizen und Unkraut in Matthäus 13.
Dann sagt der Herr Jesus in Matthäus 13, dass er schließlich kommen wird und Gericht halten wird. Das ist die dritte Phase, wenn er das tausendjährige Friedensreich aufrichtet. Das heißt, das Reich Gottes wird so aufgerichtet, wie es im Alten Testament angekündigt wurde. Daniel 7,13 beschreibt, dass der Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommt und die Weltherrschaft übernimmt. Das ist noch zukünftig.
Eine Bibelschülerin fragte mich einmal, weil ihr Dozent erklärt hatte, das tausendjährige Reich sei schon heute. Ich sagte ihr: „Geh in den Zoo, nimm hier Fleisch und da Stroh, halt es einem Löwen hin, und wenn er das Stroh nimmt, dann sind wir im tausendjährigen Reich – sonst nicht.“ Sie war elf Jahre alt.
Darum gilt auch heute noch die Bitte: Dein Reich komme! Die Erlösten der Gemeinde warten auf die Entrückung, die jederzeit stattfinden kann. Aber es ist uns auch ein Anliegen, dass der Herr als König kommen wird, um hier anerkannt zu werden – er, der heute verworfen ist – und dass er dann dieses Reich aufrichtet. Die Gemeinde wird ihn begleiten und seine ganze Herrlichkeit teilen.
Deshalb ist es auch in unserem Interesse: Dein Reich komme, obwohl wir wissen, dass zuerst die Entrückung kommen wird. Die Entrückung wird hier gar nicht erwähnt.
Dann folgt die nächste Bitte: Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden. Das hängt damit zusammen, dass Gott seinen Plan und Willen auch auf der Erde durchsetzt. Heute ist die Welt voll Widerstand gegen Gottes Pläne. Auch die UNO ist ein Bollwerk gegen Gottes Pläne. Wenn Gott sagt: „Ich gebe Israel dieses Land“, und die UNO sagt: „Die Juden sollen ihre Siedlungen räumen“, dann sind sie gegen den Willen Gottes.
Das Gebet sagt: Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf Erden. Dieses Beten ist politisch nicht korrekt. Was heißt politisch korrekt? Das kann das Gegenteil von gerecht bedeuten. Gerechtigkeit ist, dass der Wille Gottes geschehen soll, so wie im Himmel, eben auch auf Erden.
Diese drei Bitten haben besonders mit Gott selbst und seiner Herrlichkeit zu tun. Das bedeutet nicht, dass wir nicht auch Gebete für unsere Nöte und Bedürfnisse sprechen dürfen. Aber dieses Gebet zeigt uns immer wieder, wie wir gewichten sollen. Es erinnert uns daran, dass es nicht in erster Linie um uns geht, sondern um die Ehre und Herrlichkeit Gottes. Das lernen wir ganz praktisch daraus.
Die weiteren Bitten: Tägliches Brot und Vergebung
Und jetzt kommt die Bitte: unser tägliches Brot „Gib uns heute“. Dieses Thema wird ab Vers 19 wichtig, denn dort geht es genau um die Frage von Essen, Trinken, Kleidung – eben alles, was wir nötig haben. Aber das dürfen wir so von Gott bitten.
Natürlich ist das bei uns im Moment ein bisschen schwierig. Ach so, ob das tägliche Brot das Wort Gottes ist? Es ist so: In Matthäus steht im 5. Buch Mose, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes hervorgeht. Aber hier geht es eigentlich nicht um das Wort Gottes, sondern wirklich um die nötige Ration, die man im Alltag braucht.
Diese Bitte wird in der Zukunft noch eine ganz besondere Bedeutung bekommen, wenn der Überrest Israels durch die große Drangsal hindurchgehen muss. Denn das wird die Zeit sein, in der sie nicht mehr zahlen, also kaufen und verkaufen können, weil sie dem kommenden Diktator unterwürfig sein müssen – dem Tier aus Offenbarung 13 –, und seinen Code, seine Zahl auf die rechte Hand oder auf die Stirn annehmen müssen. Wer das nicht tut und damit das Tier nicht göttlich verehrt, der ist ruiniert.
Wenn sie dann beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute“, hat das natürlich eine ganz besondere Bedeutung, mehr als bei uns. Wenn wir den Tiefkühler in der Garage und dann den im Keller haben – wie viele Wochen könnten wir leben? Einfach so, man muss nur auftauen. Dann ist es natürlich schon weniger brisant, „unser tägliches Brot gib uns heute“. Aber sie werden das so wirklich in voller Brisanz beten müssen.
Der Herr zeigt ab Vers 19 bis 34, dass Gott sorgt. Es gibt Verheißungen, dass Gott eben das Nötige gibt. Er hat nicht Überfluss versprochen – das ist ein falsches Evangelium, das Wohlstandsevangelium –, aber er hat das versprochen, was wir brauchen.
Dann kommt die Bitte: „Und vergib uns unsere Schuld“. Hier geht es darum, dass der Gläubige auch ständig Dinge in seinem Leben in Ordnung bringt. Bei der Bekehrung ist es klar: Da müssen wir als Menschen unsere Schuld im vergangenen Leben vor Gott bringen, bekennen und Vergebung annehmen. Aber als Gläubige müssen wir immer wieder neu, wo wir schuldig geworden sind, bekennen.
Das ist der Grundsatz von 1. Johannes 1, Vers 9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ Dieser Vers gilt für Gläubige und Ungläubige ganz grundsätzlich.
Manchem ist bekannt, dass das griechische Verbalsystem sehr reich ist und sich deutlich vom Deutschen unterscheidet. Es gibt drei grundsätzlich verschiedene Aktionsformen: durativ, punktual und resultativ. Wenn man sich nur auf durativ und punktual konzentriert: Der punktual beschreibt eine Handlung einfach als einen Akt, wie einen Punkt. Der durativ ist wie eine Wellenlinie, also eine Handlung, die sich immer wiederholt oder fortdauert. Das ist das continuous time im Englischen: „I'm going“ – ich bin eben am Gehen. Im Gegensatz zu „I go“ (punktuell) und „I went“ (ich bin gegangen, wie ein Punkt). „I was going“ beschreibt das Gehen im Verlauf, das ist durativ.
Bezogen auf 1. Johannes 1: „Wenn wir unsere Sünden bekennen“ ist eigentlich „if we are confessing our sins“. Das würde man nicht so übersetzen, aber so würde es genau ausdrücken, was gemeint ist: also „wenn wir unsere Sünden immer wieder bekennen“. So ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt – als Kurativ, also immer wieder vergibt – und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit, auch hier wieder durativ: er reinigt uns immer wieder.
Das ist die Bitte um Vergebung: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigen vergeben.“ Wenn wir von Gott immer wieder Zurechtbringung erbitten, müssen wir auch bereit sein, Zurechtbringung zu ermöglichen gegenüber denen, die an uns schuldig geworden sind. Wenn wir das nicht tun, haben wir ein großes Problem.
Es gibt zwei Arten von Vergebung: Die Vergebung im Herzen sofort, wenn jemand an uns schuldig geworden ist, und die Vergebung, wenn der Schuldige zu uns kommt und sagt: „Es tut mir leid.“ Was sagt man dann? „Nein“? „Ja, es ist wirklich gut, und wir wollen jetzt nicht ständig wieder darüber sprechen.“ Der Unterschied ist: Wenn ich sofort im Herzen vergebe, habe ich vergeben, aber die Sache mit der anderen Person ist noch nicht in Ordnung. Wenn er kommt und der Herr Jesus im Lukas-Evangelium sagt, wenn er siebenmal am Tag umkehrt und sagt, „ich bereue es“, dann sollst du ihm vergeben.
Manche sagen: „Wenn er nicht kommt, vergebe ich nicht.“ Nein, das ist nicht so gemeint. Das Vergeben ist grundsätzlich: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigen.“ Das ist normal im Herzen. Wenn er kommt und man ihm dann vergibt, ist das eine Wiederherstellung der Gemeinschaft, und man hat wieder Freude zusammen.
Ein Kind, das nicht recht tut, hat man immer noch lieb. Wenn es sich entschuldigt, kann man wieder entspannt und glücklich sein. Solange die Sache nicht geklärt ist, ist diese Entspannung nicht da, und die Gemeinschaft ist nicht vollständig.
So ist es auch beim Vergeben im Herzen: Das muss sofort sein, wie hier „wie auch wir vergeben“. Wenn jemand kommt und sich entschuldigt, wird die Gemeinschaft wiederhergestellt. Diese zwei Vergebungen sind wichtig, auch vor Gott.
Wenn ein Mensch sich bekehrt, darf er wissen, dass Gott nach Kolosser 2 uns alle Vergehungen vergeben hat. Gott hat das ganze Leben ausgelöscht. Grundsätzlich ist alles gut durch das Opfer des Herrn Jesus, wenn wir das für uns persönlich angenommen haben.
Wenn man als Gläubiger wieder gesündigt hat, wird die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist getrübt. Der Heilige Geist wird betrübt, heißt es in Epheser 4, Vers 30. Wenn wir zur Einsicht kommen und bekennen, wird die Gemeinschaft wieder glücklich gemacht.
Diese zwei Arten von Vergebung – die grundsätzliche und die, die Wiederherstellung bewirkt – müssen wir unterscheiden, aber nicht gegeneinander ausspielen. Es braucht beides. Hier finden wir das grundsätzliche Vergeben unserer Schuld, „wie auch wir unseren Schuldigen vergeben.“
Und dann: „Führe uns nicht in Versuchung, sondern errette uns von dem Bösen.“ Das haben wir letztes Mal behandelt, daher muss ich es nicht wiederholen. Es geht darum, dass Gott uns bewahrt in einer gefährlichen Welt für Gläubige. Er führt uns so, dass wir nicht durch Klippen fallen. Und schließlich: Errette uns von dem Bösen. Das heißt, Gott gibt uns immer wieder Schutz und Bewahrung in gefährlichen Situationen.
Dann kommt nochmals eine Anbetung, die wir auch schon behandelt haben: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Wir haben letztes Mal den Beweis geliefert, dass diese Bitte dazugehört, aufgrund des Zweiten Timotheusbriefs. Der Mehrheitstext, der diesen Vers enthält, ist klar bestätigt durch die schönen Anspielungen von Paulus in 2. Timotheus 4 auf das „Unser Vater“ und gerade auch auf den Schluss.
Dort wird das Reich nochmals erwähnt: „Dein Reich komme“, und dann wird nochmals betont: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Das Amen am Schluss ist die Betonung: So sei es.
Das ist sehr wichtig. Es ist natürlich zu einer Gewohnheit geworden, aber man sollte sich das immer wieder in Erinnerung rufen.
In 1. Korinther 14 sagt Paulus: „Wenn jemand in einer fremden Sprache betet, wie kann der andere Amen dazu sagen?“ Das macht klar, dass es so sein sollte, dass wenn jemand betet, der Zuhörer am Schluss das Gebet bestätigen kann mit Amen: So sei es.
Es gibt die Unsitte, Gebetsketten zu machen, bei denen einer beginnt zu beten ohne Amen, dann der nächste, und so weiter. Das ist nicht biblisch. Am Schluss eines Gebetes sagt man Amen, und die Zuhörer sagen Amen, falls sie einverstanden sind.
Es kann auch sein, dass jemand etwas ganz Verkehrtes bittet, und dann sind wir nicht verpflichtet, Amen zu sagen und das zu bestätigen. Das soll uns wachhalten. Gebet sollte keine Gewohnheit sein, sondern wir sollten, wenn jemand betet, wirklich mitbeten, innerlich mitgehen und am Schluss durch Amen bezeugen: Das Gebet ist auch mein Gebet.
Wenn mehrere miteinander beten – wir können auch allein beten –, dann ist das Amen sehr wichtig. Dann ist es nicht nur das Gebet eines Einzelnen, sondern das Gebet aller, die da sind.
Das sehen wir eindrücklich in Apostelgeschichte 4. Dort waren Petrus und Johannes vor Gericht geladen, es war hart, und sie kehrten zurück zu den Gläubigen, erzählten, was geschehen war, und dann wurde spontan in dieser Sache gebetet.
Es heißt in Apostelgeschichte 4, Vers 23-31: „Als sie aber entlassen waren, kamen sie zu den Ihren und verkündigten alles, was die Hohenpriester und Ältesten zu ihnen gesagt hatten. Sie aber, als sie es hörten, erhoben einmütig ihre Stimme zu Gott und sprachen: Herrscher, du, der du den Himmel und die Erde und das Meer gemacht hast und alles, was darin ist, der du durch den Heiligen Geist durch den Mund unseres Vaters, deines Knechtes David, gesagt hast: Warum toben die Nationen und die Völker schmieden vergebliche Pläne? Die Könige der Erde stehen auf und die Fürsten versammeln sich gegen den Herrn und seinen Gesalbten. Denn in dieser Stadt versammelten sich in Wahrheit gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, sowohl Herodes als auch Pontius Pilatus mit den Nationen und Völkern Israels, alles zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss vorherbestimmt hat, dass es geschehen sollte. Und nun, Herr, sieh an ihre Drohungen und gib deinen Knechten dein Wort mit aller Freimütigkeit zu reden, indem du deine Hand ausstreckst zur Heilung, und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus.“ Und als sie gebetet hatten, bewegte sich der Ort, wo sie versammelt waren, und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit.
Die Rückkehr zur Gemeinde und das gemeinsame Gebet werden deutlich. In Vers 24 heißt es: „Sie aber, als sie es hörten, erhoben einmütig ihre Stimme zu Gott und sprachen.“ Wie ist das gegangen? Haben sie alle miteinander gesprochen, wie es an manchen Orten üblich ist, dass das „Unser Vater“ gemeinsam als Sprechchor gebetet wird? Nein, das ist nicht möglich.
Denn es war kein Gebet, das bereits bestanden hat, sondern es wird ganz konkret auf die Situation angespielt. Es heißt: „In dieser Stadt traten die Obersten zusammen und versammelten sich gegen den Herrn und seinen Christus“ – ein Zitat aus Psalm 2. Dann wird konkret auf die Situation eingegangen: „Denn in dieser Stadt versammeln sich in Wahrheit gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, sowohl Herodes als auch Pontius Pilatus mit den Nationen.“ Und weiter: „Nun, Herr, sieh an ihre Drohungen“ – die Drohungen des Sanhedrins, die in Kapitel 4 beschrieben sind.
Das ist also ein Gebet in einer ganz bestimmten Situation, nicht einfach ein Mustergebet. Es heißt „sie“ – weil, wenn einer betet und alle danach Amen sagen, betrachtet Gott alle als Betende. Es ist also nicht so, dass nur die Betenden beten, und wenn man nichts sagt, dann nicht. Jeder, der Amen sagt und innerlich mitbetet, wird von Gott so betrachtet, als hätte er das Gebet selbst gesprochen. Dadurch bekommt das Amen eine neue Bedeutung.
Christoph fragt: Beim Gemeindegebet betrachtet Gott die Gemeinde als Ganzes. Wenn innerhalb der Gemeinde bei einem Anliegen keine Einigkeit besteht, wie bewertet Gott dann das Gebet? Ist eine Gemeinde insgesamt aufrichtig, oder wird nur der Einzelne bewertet, der das Gebet vorbringt?
Das kann man so zusammenfassen: Das Gebet in der Gemeinde sollte Ausdruck der ganzen Gemeinde sein. Aber was, wenn die Gemeinde nicht eins ist? Wie betrachtet Gott dann das Gebet eines Einzelnen in der Gemeinde, das nicht von allen getragen wird?
Matthäus 18 nimmt genau darauf Bezug. Dort spricht der Herr Jesus zum zweiten Mal im Matthäusevangelium über die Gemeinde, die Ekklesia, ab Vers 15. In Vers 17 wird die Ekklesia genannt: „Wenn er aber nicht auf sie hört, so sage es der Gemeinde.“ Wenn er auch auf die Gemeinde nicht hört, so sei er wie der Heide und der Zöllner.
Dann wird erklärt, dass die Gemeinde von Gott die Autorität hat, zu binden und zu lösen, also auszuschließen und wieder aufzunehmen. Gleich anschließend kommt das Gebet: „Wahrlich, ich sage euch, wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen über irgendeine Sache, die sie erbitten, wird sie ihnen zuteilwerden von meinem Vater im Himmel.“
Und Vers 20: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das meint nicht irgendein Gebet von zwei Menschen. Es ist gut, wenn zwei, drei oder vier miteinander beten, aber das Gebet der Gemeinde ist etwas Spezielles.
In Matthäus 18, Vers 15 geht es ganz speziell um die Gemeinde. Darum wird auch in Vers 17 die Ekklesia genannt. Die Gemeinde hat eine besondere Autorität. Und dann kommt die Verheißung, dass, wenn zwei übereinkommen, Gott ihre Bitte erfüllt.
Der Herr macht klar: In der Gemeinde ist es nicht so wie in der Synagoge, wo man mindestens zehn Männer braucht, um einen Minjan zu bilden. Hier genügt schon, dass zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, da ist er mitten unter ihnen.
Das Gebet, bei dem zwei übereinkommen, ist das Entscheidende. Eine Gemeinde, die einmütig betet – wie in Apostelgeschichte 4 –, hat eine besondere Verheißung.
Wenn diese Einheit nicht da ist, ist das traurig, und man muss daran arbeiten. Für die Einheit gibt es eine besondere Verheißung.
Matthäus 6, Verse 14 und 15 erklären deutlich, was ich schon gesagt habe: Wenn man nicht bereit ist, innerlich zu vergeben, wenn jemand schuldig geworden ist, blockiert man sich selbst Gott gegenüber.
Lest nochmals Verse 14 und 15: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Vergehungen nicht vergebt, wird euer Vater auch eure Vergehungen nicht vergeben.“
Ein echter Gläubiger ist in der Gemeinschaft mit Gott blockiert, wenn er nicht vergibt. Es ist nicht die grundsätzliche Vergebung gemeint, wie in Kolosser 2, wo durch das Kreuz von Golgatha alle Vergehungen vergeben sind.
Wenn jemand echt bekehrt ist, kann er sagen, mit Paulus in Römer 5, Vers 1: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott.“ Aber wie sieht es in unserer praktischen Gemeinschaft mit dem Vater, Sohn und Heiligen Geist aus? Diese Gemeinschaft wird durch Sünde getrübt. Wenn wir nicht vergeben, wird diese Beziehung blockiert.
Man darf sich keine Illusionen machen.
Karlo, kannst du noch kurz zu Vers 9 sagen? Dort heißt es: „Betet so: Unser Vater, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name.“ Wie soll man das verstehen?
Zur Zeit Jesu wurde der Name Yahweh nicht mehr ausgesprochen. Bedeutet das, dass dieser Name zukünftig wieder ausgesprochen werden muss oder wird? Denn in Jesaja 29, Vers 23 haben wir auch eine Anspielung.
Die Frage zusammengefasst: Unser Vater, der du bist in den Himmeln, Vers 9: „Geheiligt werde dein Name.“ Wie ist das gemeint mit „dein Name“? Ist das der Eigenname Gottes, Yahweh? Oder was ist gemeint? Darf der Name ausgesprochen werden?
Nein, es ist viel einfacher. „Name“ bedeutet in der Bibel das, was eine Person ist. Gott hat viele Namen. Wenn wir an Jesaja 9, Vers 6 denken, dort wird vom Messias gesprochen: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter, und man nennt seinen Namen.“ Nun folgen vier Doppelnamen: „Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.“
Im Hebräischen sind das immer Doppelnamen, und das wird genannt: „Man nennt seinen Namen.“ Es geht nicht um den Namen Yahweh. Der Messias wird auch Yahweh genannt, zum Beispiel „Yahweh Tsidkenu“, der Herr unserer Gerechtigkeit (Jeremia 23). Es gibt in der Bibel Hunderte von Namen Gottes für Vater, Sohn und Heiligen Geist.
Diese Vielfalt von Namen kann in der Bibel auch einfach „dein Name“ genannt werden. Es wäre auch richtig, wenn man „Jesus“ sagt. Dieser Name für den Messias wird im Alten Testament noch nicht offenbart. Nach Jesaja 49 sollte er erst im Zusammenhang mit der Empfängnis von seiner menschlichen Mutter genannt werden.
Trotzdem heißt es hier „man nennt seinen Namen“. Der Messias hat viele Namen, und diese Namen zusammen sind sein Name. Das bedeutet, was er ist.
„Geheiligt werde dein Name“ bedeutet, dass Gott als der, der er ist, geheiligt wird und nicht mit irgendetwas Bösem oder Ungerechtem in Verbindung gebracht wird.
Dann noch eine Frage: Vergeben sollen wir doch generell. Wie ist das zu verstehen? Gott vergibt uns nicht, Matthäus 6, Verse 14 und 15, wenn wir nicht vergeben. Und Lukas 17, Vers 3: „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und wenn er es bereut, so vergib ihm.“ Hier heißt es: Wenn jemand, der schuldig geworden ist, kommt und sagt „Es tut mir leid“, vergibt man ihm so, dass die Beziehung wiederhergestellt ist.
Es gibt nicht nur diese Vergebung, die die Beziehung wiederherstellt, sondern auch die grundsätzliche Vergebung im Herzen, auch wenn der andere das gar nicht einsieht.
Das ist gemeint in Matthäus 6: Wenn wir nicht bereit sind, innerlich zu vergeben – und noch schlimmer, wenn jemand kommt, bekennt und wir trotzdem nicht vergeben –, dann sind wir geistlich blockiert, und die Beziehung mit dem Vater ist gehemmt, im schlimmsten Fall unterbrochen.
Nun noch Vers 16, damit wir etwas weiterkommen: Dort spricht der Herr Jesus über das Fasten.
Im Alten Testament gibt es nicht viele Gebote zum Fasten. Jom Kippur ist ein ausgesprochener Fastentag. In 3. Mose 16 wird gesagt, dass man die Seele kasteien oder demütigen müsse – ein Ausdruck, der im Hebräischen bedeuten kann: nicht essen, fasten.
Darum ist es seit Alters her im Judentum so verstanden worden, dass Jom Kippur ein absoluter Fastentag ist, verbunden mit Beten. Den ganzen Tag ist man in der Synagoge, bekennt seine Sünden, bereut sie, und es kann sehr dramatisch klingen. Man hört Leute schreien, sich auf die Brust schlagen – wirklich.
Wenn das nicht nur Theater ist, dann ist das eine gute Sache. Man kann es als Ritual machen, aber wirklich traurig sein – das ist verbunden mit dem Fasten.
Fasten ist ein Ausdruck dieser Traurigkeit. Es geht darum, dass unsere Beziehung als Volk Gottes und als Einzelne mit Gott in Ordnung kommt.
Im Neuen Testament gibt es keinen Jom Kippur. Einer hat mal gesagt: In einer Gemeinde mit großen Problemen bräuchten wir wenigstens einen Jom Kippur, wenn alle mal wirklich ihre Schuld bekennen würden.
Aber wir können im Neuen Testament jederzeit Jom Kippur machen. Das ist der Punkt. Wir haben die Möglichkeit, jederzeit unser Leben zu ordnen, wie wir das heute schon nach 1. Johannes 1, Vers 9 gesehen haben.
Es gibt kein Gebot zum Fasten im Neuen Testament, aber Fasten wird erwähnt, zum Beispiel hier. Wenn es das Beten unterstreicht und die Gesinnung beim Beten, dann ist es gut.
Der Herr sagt zuerst über das Beten, dann über das Fasten: „Wenn ihr aber fastet, so seht nicht düster aus wie die Heuchler, die sich verstellen, um von Menschen gesehen zu werden.“ Man darf nicht fasten, um besser dazustehen oder Eindruck zu machen, als könne man bei Gott etwas erkaufen. Das geht nicht.
Fasten soll aus der inneren Gesinnung kommen. Der Herr sagt: „Eure Gerechtigkeit soll bei weitem übersteigen, was die Gerechtigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer ist“ (Matthäus 5, Vers 20).
Es darf nichts Äußerliches sein, um zu demonstrieren. Alles muss die echte innere Haltung ausdrücken.
Dann kommt ab Vers 19: „Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Rost zerstören und Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost zerstören und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“
Fragen zum Jom Kippur Krieg und Zungengebet
Ich habe noch einmal eine Frage: Warum ist der Begriff Jom Kippur mit einem Krieg gegen Israel verbunden? War das genau an diesem Tag?
Also, noch einmal eine Frage zum Jom Kippur, und zwar zum Jom-Kippur-Krieg. Dieser Krieg fand im Oktober 1973 statt und war eng mit diesem Festtag verbunden.
Jom Kippur gilt in Israel als der heiligste Festtag im Jahr. Bis 1973 war es so, dass an diesem Tag kein Fernsehprogramm ausgestrahlt wurde, also weder Fernsehen noch Radio. Selbst Agnostiker und Atheisten gingen an diesem Tag üblicherweise in die Synagoge. Das war also wirklich ein Tag, an dem fast alle Menschen in Israel in die Synagoge gingen.
Die Katastrophe war, dass die Araber beschlossen hatten, Israel zum dritten Mal zu vernichten – und zwar so, dass Israel nichts davon wusste. 1948 wussten die Israelis, dass ein Angriff bevorstand, denn sie standen bereits an der Front, an der Grenze. 1967, vor dem Sechstagekrieg, hatte Nasser noch im Mai 1967 gesagt, dass ihr Hauptziel die Vernichtung Israels sei. Im Juni kam dann der Sechstagekrieg, und nach sechs Tagen waren die Araber besiegt.
Daraufhin sagten sich die Araber: Wir müssen angreifen, wenn die Israelis es nicht erwarten. Deshalb griffen sie genau am Jom Kippur an, einem Tag, an dem es unmöglich war, die Reserve über Radio oder Fernsehen zu mobilisieren. Viele Israelis waren in der Synagoge und wussten nicht einmal, was Krieg bedeutet. Das stehende Heer auf dem Golan war nur sehr klein, und es wurde von den Panzereinheiten der Syrer angegriffen. Es war schlicht eine absolute Katastrophe.
Nach einiger Zeit gingen die Israelis dann in die Synagogen, um die Reserve zu mobilisieren. Die Straßen waren an Jom Kippur normalerweise frei, weil es in Israel ein absolutes No-Go ist, an diesem Tag mit einem Mietwagen herumzufahren. Das ist sogar ein öffentliches Ärgernis. Am Sabbat sieht man noch viele Autos, auch von Agnostikern und anderen, aber an Jom Kippur nicht. Die leeren Straßen ermöglichten es, dass die Reservisten schnell zum Einsatzort kamen.
Kein Krieg hat so viele Opfer gefordert wie der Jom-Kippur-Krieg. Nach der anfänglichen Katastrophe besiegte Israel die Araber schließlich erneut. Der Angriff war gut vorbereitet. Die arabische Armee wurde vorher an die Grenze gebracht, und die israelische Armee zog sich zurück. Die Israelis dachten zunächst, die Araber kämen nur zum Provozieren und würden wieder abziehen. Doch diesmal blieben sie und griffen an. Das war Jom Kippur.
Dieser Tag wurde also genutzt, um Israel zu vernichten. Ein ähnliches Ereignis gab es bereits im Jahr 63 v. Chr., als die römische Armee unter Pompeius an Jom Kippur Jerusalem eroberte und eine Massenabschlachtung veranstaltete. Auch das war ein „Jom-Kippur-Krieg“.
Gut, das verschieben wir auf das nächste Mal. Jetzt zum Thema Geldliebe, ab Matthäus 6, Vers 19.
Alles klar, die Geschichte ist wieder in Ordnung. Das war die letzte Frage. Nun kommt die allerletzte: Wie ist das mit dem Zungengebet?
Es gibt ja charismatische Gebete in Zungen. Ist das okay? Das war mal üblich, aber heute macht man das nicht mehr.
Wie ist das mit dem Zungengebet? Das heutige Zungengebet ist oft ein Reden mit Lauten, bei dem der Sprecher selbst nicht weiß, was es bedeutet. In der Bibel jedoch ist das Zungenreden ein Beherrschen von Fremdsprachen, die man selbst nicht gelernt hatte.
Man kann also zeigen, dass das heutige Phänomen des Zungengebets nicht dasselbe ist wie das Phänomen in der Bibel. Das ist ein Problem, und wir sollten solche Praktiken meiden, die nicht biblisch sind.
Zum Schluss noch ein Gebet.