Ich möchte alle herzlich begrüßen, die heute Nachmittag neu dazugekommen sind. Wir wollen diesen Nachmittag mit Gebet beginnen.
Herr Jesus, wir danken dir, dass du da bist und uns dein Wort gegeben hast. Dieses Wort hast du so wunderbar durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg bewahrt. Danke, dass wir es in unseren Händen halten dürfen, diesen unermesslichen Schatz.
Du sprichst durch dieses Wort auch heute zu uns. Wir bitten dich, dass du uns leitest, während wir heute den Titusbrief gemeinsam betrachten. Lass uns wirklich deine Stimme hören, deine Herrlichkeit darin sehen und durch dein Wort umgewandelt werden. Möge es Frucht bringen in unserem Leben als dieses gute, eingepflanzte Wort. Amen.
Heute Nachmittag steht der Titusbrief vor uns. In der Ankündigung hieß es, dass auch der Philemonbrief noch dazukommen würde. Doch damit wir nicht unter Zeitdruck geraten, wollen wir uns den ganzen Nachmittag auf den Titusbrief konzentrieren.
Ich habe als Einführung in den Titusbrief auf dem Skript zunächst Folgendes vermerkt:
Einführung in den Titusbrief und seine Bedeutung
Im Titusbrief gibt der Apostel Paulus Anweisungen an seinen Mitarbeiter Titus bezüglich seines Dienstes unter den Gemeinden auf der Insel Kreta. Er betont die Wichtigkeit gesunder Leiterschaft, das heißt der Ältestenschaft, unter dem Volk Gottes. Dies ist notwendig, um Lehren und krankhaften Entwicklungen wirksam begegnen zu können.
Paulus spricht konkret über den christlichen Lebenswandel und berücksichtigt dabei besonders die Alten und Jungen, die Frauen und Männer sowie die Sklaven. Außerdem behandelt er die richtige Haltung gegenüber dem Staat und den ungläubigen Mitmenschen.
All diese praktischen Unterweisungen sind eingebettet in erhabene lehrmäßige Ausführungen über den Heilsplan Gottes von Ewigkeit her und dessen Umsetzung in Raum und Zeit.
Wir lesen zusammen den Beginn des Titusbriefes:
Titus 1,1
Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, vor den Zeiten der Zeitalter verheißen hat, und das zu seiner Zeit offenbart hat durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist nach dem Befehl unseres Heilandgottes.
Titus, meinem echten Kind nach unserem gemeinschaftlichen Glauben, Gnade und Friede von Gott dem Vater und Christus Jesus, unserem Heiland.
Deswegen ließ ich dich in Kreta, dass du, was noch mangelte, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste anstellst, wie ich dir geboten hatte. Wenn jemand untadelig ist, eines Weibes Mann, der gläubige Kinder hat, die nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt oder zügellos sind.
Denn der Aufseher muss untadelig sein als Gottesverwalter, nicht eigenmächtig, nicht zornmütig, nicht dem Wein ergeben, nicht ein Schläger, nicht schändlichem Gewinn nachgehend. Er soll gastfrei sein, das Gute liebend, besonnen, gerecht, fromm und enthaltsam.
Er soll anhangend dem zuverlässigen Wort nach der Lehre sein, auf das er fähig ist, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen.
Denn es gibt viele zügellose Schwätzer und Betrüger, besonders die aus der Beschneidung, denen man den Mund stopfen muss. Diese lehren um schändlichen Gewinns willen, was sich nicht geziemt, und kehren ganze Häuser um.
Einer von ihnen, ihr eigener Prophet, hat gesagt: „Kreter sind immer Lügner, böse, wilde Tiere, faule Bäuche.“ Dieses Zeugnis ist wahr.
Um dieser Ursache willen weise sie streng zurecht, damit sie gesund seien im Glauben und nicht auf jüdische Fabeln und Gebote von Menschen achten, die sich von der Wahrheit abwenden.
Den Reinen ist alles rein, den Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt sind sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen.
Sie geben vor, Gott zu kennen, verleugnen ihn aber in ihren Werken und sind gräulich, ungehorsam und für jedes gute Werk ungeeignet.
Grundlegende Fragen zum Titusbrief
Zunächst einmal ist es sehr wichtig, dass man sich bei Bibelbüchern immer die Frage stellt: Wer ist der Autor? Wer sind die Adressaten, das heißt, an wen wurde ein bestimmtes Bibelbuch zuerst einmal geschickt?
Danach sind Fragen nach Zeit und Ort der Abfassung wichtig. Es geht auch darum, wie ein Buch aufgebaut ist, also die Frage nach der Struktur. Das ist sehr wichtig, um dann das Einzelne, auch den einzelnen Vers, richtig verstehen zu können.
Wie wir das immer machen, geht es dann auch um charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten. Bei jedem Bibelbuch, das durch eine besondere Eigenart gekennzeichnet ist, sollte man das Besondere auch erkennen. Das hilft, das Einzelne besser verstehen zu können.
Nun, wer ist der Autor? Das wird gleich am Anfang beantwortet: Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi. An wen wurde der Brief geschrieben? Wer ist der Adressat? Auch das haben wir gleich am Anfang gefunden, wenn es heißt: „Titus, meinem echten Kind nach unserem gemeinschaftlichen Glauben“ in Vers 4. Es geht also um Titus.
Wann wurde der Brief abgefasst? Wir können ihn auf circa 65 nach Christus ansetzen. Dieser Brief wurde verfasst, bevor Paulus nach Nikopolis kam. Das erkennen wir an Kapitel 3, Vers 12. Dort heißt es: „Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir senden werde, so befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern.“
Paulus will also offensichtlich nach Nikopolis gehen. Er sagt: „Ich habe beschlossen, dort zu überwintern“, nicht hier. Das griechische Wort „ekei“ bedeutet „dort“. Das heißt, er war auf dem Weg dorthin und wollte in Nikopolis, einer der vielen griechischen Inseln, mit Titus zusammentreffen.
Nun ist diese Angabe zu Nikopolis sehr interessant, denn Paulus kam auf den vier Missionsreisen, wie sie in der Apostelgeschichte beschrieben sind (Apostelgeschichte 13–28), nie nach Nikopolis. Außerdem finden wir nichts darüber, dass er mit Titus zusammen auf Kreta gewesen wäre.
Denn er sagt ja an seinen Adressaten in Vers 5: „Deswegen ließ ich dich in Kreta, dass du, was noch mangelte, in Ordnung bringen und in jeder Stadt Älteste anstellen möchtest, wie ich dir geboten hatte.“ Offensichtlich war Paulus mit Titus zusammen auf der Insel Kreta. Er ließ ihn dort zurück, ging selbst weiter, schrieb diesen Brief und wollte sich dann in Nikopolis mit ihm treffen.
Davon findet man jedoch nichts in der Apostelgeschichte. Wie erklärt sich das?
Hintergrund und historische Einordnung des Titusbriefes
Der Apostel Paulus kam auf seiner vierten Missionsreise als Gefangener nach Rom. Dort war er zwei Jahre in Haft. Auf dem Blatt habe ich den Hintergrund so geschildert: etwa von 60 bis 62 nach Christus, erste Gefangenschaft in Rom, beschrieben in Apostelgeschichte 28,16-31.
Während dieser Gefangenschaft schrieb Paulus verschiedene Briefe, zum Beispiel den Epheserbrief. Darin bezeichnet er sich selbst als Gefangener (Epheser 3,1; 4,1; 6,20). Von dort aus verfasste er auch den Philipperbrief, den Kolosserbrief, den Philemonbrief und vermutlich auch den Hebräerbrief.
Schließlich wurde Paulus wieder freigelassen. Über diese Freilassung haben wir bereits im Zusammenhang mit einem der Gefangenschaftsbriefe gesprochen. Gerade im Philipperbrief schreibt Paulus, dass er damit rechnet, bald freigelassen zu werden. Im Philemonbrief bittet er Philemon sogar, ihm eine Herberge bereitzustellen, da er hofft, bald zu ihm zu kommen. Diese Hinweise deuten also auf eine Freilassung aus dieser ersten Gefangenschaft hin.
Nach seiner Freilassung konnte Paulus wieder reisen. In dieser Zeit kam er unter anderem bis nach Spanien. Dieses Missionsprojekt wurde bereits im Römerbrief angedeutet (Römer 15,24). Zudem gibt es eine außerbiblische Überlieferung aus der frühesten Christenheit, die berichtet, dass Paulus das Evangelium bis in den äußersten Westen verkündete – nämlich bis nach Spanien.
Übrigens ist Spanien auch der Ort, zu dem Jona einst gehen wollte, weil er keine Weltmission betreiben wollte. Er nahm ein Schiff, um nach Tarsis zu fliehen. Tarsis war eine phönizische Kolonie. Die Phönizier waren das Urvolk des Libanon, ein kanaanitisches Volk, das den Schifffahrtsverkehr im Mittelmeer im ersten Jahrtausend vor Christus beherrschte. Sie hatten eine Kolonie in Spanien. Dorthin wollte Jona, um nicht im Osten, im Irak, in Ninive die Botschaft Gottes zu verkünden.
Paulus hingegen ging bis nach Spanien, um dort das Evangelium zu predigen. Nebenbei bemerkt: Im gesamten Mittelmeerraum konnte man damals mit Griechisch gut durchkommen. Griechisch war die erste Weltsprache, noch vor Latein. Das geht auf die Eroberungszüge Alexanders des Großen zurück. In Spanien allerdings kam man mit Griechisch nicht mehr weiter; dort musste man Lateinisch predigen.
Man bedenke zum Beispiel den Römerbrief. Paulus schrieb ihn auf Griechisch, obwohl er an die Hauptstadt des Weltreiches gesandt wurde. Er konnte davon ausgehen, dass die Römer in Rom, obwohl Lateinisch die erste Sprache war, auch Griechisch verstanden.
Paulus kam also bis nach Spanien. In dieser Zeit fällt auch sein Dienst zusammen mit Titus auf Kreta, der in Titus 1,5 erwähnt wird. Zudem wird seine Reise nach Nikopolis in Titus 3,12 genannt. Auch der Aufenthalt in Mazedonien, den Paulus im ersten Timotheusbrief 1,3 erwähnt, kann in diese Zeit eingeordnet werden.
Doch Paulus wurde erneut verhaftet und kam wieder ins Gefängnis. Diese Verhaftung muss in Troas stattgefunden haben. Denn in 2. Timotheus 4,13, dem letzten Brief des Apostels aus der Todeszelle in Rom während seiner zweiten Gefangenschaft, schreibt er an Timotheus: „Den Mantel, den ich in Troas bei Karpus zurückließ, bringe mit, wenn du kommst, ebenso die Bücher, besonders die Pergamente.“
Bei dieser Verhaftung in Troas blieb also sein Mantel zurück, ebenso wichtige Bücher – besonders die Pergamente. Damit sind vermutlich die biblischen Handschriften gemeint, die er auch noch in der Todeszelle haben wollte.
Um das Jahr 66 nach Christus, am Ende der zweiten Gefangenschaft in Rom, fand sein Leben ein Ende durch Märtyrertod – er wurde durch Kaiser Nero enthauptet. Dieses Ende deutet Paulus im Zweiten Timotheusbrief an, wenn er schreibt (2. Timotheus 4,7-8): „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt. Fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem Tag geben wird – nicht nur mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung liebhaben.“
Hier spricht Paulus nicht mehr von einer baldigen Freilassung, wie im Philipper- oder Philemonbrief, sondern vom erwarteten Ende, um zu seinem Herrn zu gehen, weil sein Dienst vollendet war.
Paulus wurde enthauptet, weil er römisches Bürgerrecht besaß, wie er in der Apostelgeschichte ausführlich erläutert. Der Apostel Petrus hingegen, der kein römisches Bürgerrecht hatte, wurde in etwa derselben Zeit von Kaiser Nero gekreuzigt. Ein römischer Bürger durfte niemals gekreuzigt werden, Petrus hingegen konnte das erleiden. Paulus wurde aus römischer Sicht gnädigerweise „nur“ enthauptet.
Der Titusbrief ist ein beredtes Zeugnis über den Dienst, der nach den vier Missionsreisen, die in der Apostelgeschichte beschrieben werden, weiterging. Das erklärt, warum man den Dienst in Nikopolis und auf Kreta nirgends in der Apostelgeschichte findet.
Die Person Titus und seine Rolle im Dienst
Nun müssen wir uns einige Gedanken über die Person des Titus machen. Titus wird an mehreren Stellen im Neuen Testament erwähnt. Er erscheint zwar nicht in der Apostelgeschichte, aber er wird im Galaterbrief, im Zweiten Korintherbrief, im Titusbrief und schließlich im Zweiten Timotheusbrief genannt.
Titus war ein Mitarbeiter und Gefährte des Apostels Paulus. Paulus nennt ihn ausdrücklich so in 2. Korinther 8,23: „Sei es, was Titus betrifft, er ist mein Genosse und in Bezug auf euch mein Mitarbeiter.“ Der Titel „Mitarbeiter“ ist klar: jemand, der im Dienst des Herrn gemeinsam arbeitet. Doch „Genosse“ drückt noch mehr aus. Es bedeutet eine gedankliche Übereinstimmung und tiefe Gemeinschaft in allen Bereichen des Dienstes und des Glaubens. Das griechische Wort dafür bezeichnet jemanden, der eine enge Gemeinschaft hat.
Im Neuen Testament gibt es zwei Wörter, die mit „Genosse“ übersetzt werden können. Das eine, metochos, beschreibt eher eine äußere Teilhaberschaft und Gemeinschaft. Das andere, das in 2. Korinther 8 verwendet wird, drückt die innere Gemeinschaft, die koinonia, also die tiefe Gemeinschaft aus.
Offensichtlich kam Titus durch Paulus zum Glauben. Deshalb nennt Paulus ihn in Titus 1,4 „mein echtes Kind“. Ähnlich wird Timotheus in 1. Timotheus 1 als „Kind“ von Paulus bezeichnet, weil er auf der ersten Missionsreise durch Paulus zum Glauben kam. Timotheus reiste dann auf der zweiten Missionsreise als Mitarbeiter mit Paulus. Auch Petrus nennt Markus in 1. Petrus 5 „sein Kind“, was eine besondere Beziehung zwischen Petrus und Markus, dem späteren Evangelisten des zweiten Evangeliums, zeigt.
Titus war ein Grieche. Dabei bedeutet der Ausdruck „Grieche“ hier jemanden, der das römische Bürgerrecht besitzt. Die völkische Herkunft ist damit nicht genau festgelegt. Wenn Paulus sagt, das Evangelium sei Gottes Kraft „dem Juden zuerst und auch dem Griechen“, meint „Grieche“ einen Nichtjuden mit römischem Bürgerrecht. Es gibt auch andere Stellen, die nicht nur von Juden und Griechen sprechen, sondern auch von Barbaren. Barbaren sind Nichtjuden, die nicht die Zivilisation des Römischen Reiches besitzen. Das griechische Wort „Barbaros“ kommt von einer Lautmalerei, weil die alten Griechen die fremden Sprachen als „barbarbarbar“ empfanden.
Titus war kein Barbar, sondern ein zivilisierter Bürger des Römischen Reiches. Er war unbeschnitten, was in Galater 2,1-3 ausdrücklich betont wird. Paulus zeigt damit, dass niemand in Jerusalem damals forderte, dass Nichtjuden beschnitten werden müssten, um Christen zu sein. Titus wurde also nicht beschnitten.
Im Gegensatz dazu wird in Apostelgeschichte 16 berichtet, dass Paulus Timotheus beschnitt – aber ausdrücklich um der Juden willen. Paulus hielt das Prinzip fest, das er in 1. Korinther 9 beschreibt: „Dem Juden will ich wie ein Jude sein, um Juden zu gewinnen.“ Timotheus’ Mutter war eine Jüdin, weshalb seine Beschneidung gerechtfertigt war. Titus hingegen wurde nicht beschnitten, was als Besonderheit von diesem treuen Bruder hervorgehoben wird.
Titus zeigte großen Eifer im Dienst. In 2. Korinther 7,16 heißt es: „Gott sei Dank, der denselben Eifer für euch in das Herz des Titus gegeben hat; denn er nahm zwar das Zureden an, aber weil er sehr eifrig war, ist er aus eigenem Antrieb zu euch gegangen.“ Er wird als sehr eifrig im Dienst beschrieben.
Beim Jerusalembesuch vor Paulus’ erster Missionsreise, der in Apostelgeschichte 11,27-30 beschrieben wird, war Titus mit dabei. Im Zusammenhang mit dem Galaterbrief, den wir vor einiger Zeit behandelt haben, habe ich gezeigt, dass dieser Besuch in Galater 2,1-3 nicht mit dem Apostelkonzil in Apostelgeschichte 15 verwechselt werden darf. Dieses Konzil fand später statt. Der Galaterbrief wurde nämlich vor Apostelgeschichte 15 geschrieben. Deshalb wird das Konzil im Galaterbrief nicht erwähnt. Es wäre ein starkes Argument gewesen, aber damals gab es das Konzil noch nicht.
In der Apostelgeschichte wird Titus nicht erwähnt, aber im Galaterbrief wird berichtet, dass er mit Paulus in Jerusalem war.
Später gründete Paulus die Gemeinde in Korinth. Diese Gemeinde war sehr schwierig. Korinth war eine berüchtigte Stadt, bekannt als Hochburg der Unmoral im Umfeld des damaligen Heidentums, das ohnehin von Unmoral geprägt war. Viele Menschen aus der Unterschicht kamen zum Glauben und brachten auch viele Probleme in die Gemeinde hinein.
In 2. Korinther 12,18 lesen wir, wie Paulus Titus von Ephesus aus nach Korinth sandte, als dort große Unordnung herrschte. Das zeigt uns etwas über die Zuverlässigkeit von Titus. Paulus konnte ihm voll vertrauen und ihn mit einer Aufgabe betrauen, die mit großen Risiken und Schwierigkeiten verbunden war. In Korinth gab es Leute, die sehr vehement sein konnten.
Timotheus war sehr sensibel und feinfühlig. Paulus musste ihn daher in 1. Korinther 16,10 den Korinthern besonders empfehlen und ihnen sagen, dass Timotheus ohne Furcht zu ihnen kommen solle. Eine solche Empfehlung ist für Titus nicht nötig, was darauf hindeutet, dass Titus ein Mann mit stärkerem Durchsetzungsvermögen war – aber eben zuverlässig.
Paulus schrieb den ersten Korintherbrief, in dem er viele Missstände in der Gemeinde aufdeckte. Es war schwer für ihn abzuwarten, wie die Gemeinde darauf reagieren würde: Würden sie zur Einsicht kommen oder sich verhärten? Schließlich sandte Paulus Titus nach Korinth, der mit einer guten Botschaft zurückkehrte.
In 2. Korinther 2,13 und 7,5-13 wird berichtet, wie Paulus durch Titus ermutigt wurde, weil dieser ihm mitteilte, dass die Korinther wirklich Buße getan hätten. Sie hatten sich über Fehler gebeugt und Eifer gezeigt, um die Dinge in Ordnung zu bringen.
Die Stelle in 2. Korinther 7,5-13 gibt einen tiefen Einblick in das Herz des Apostels Paulus. Man hat oft den Eindruck, dass solche Menschen an der Front unerschütterlich und gefühlsmäßig über allem stehen. Doch hier sieht man, dass Paulus innerlich sehr unruhig war und sich fragte, wie es mit Korinth weitergehen würde. Titus war für ihn eine große Ermutigung, die ihn wieder aufleben ließ.
Titus überbrachte offenbar auch den Zweiten Korintherbrief und bereitete in Korinth die Sammlung für die armen Gläubigen in Jerusalem vor. Diese Sammlung wird ausführlich in 2. Korinther 8,1-24 beschrieben. Dort wird Titus erneut erwähnt, da er eine besondere Rolle bei der Geldsammlung für die Armen spielte.
Solche Aufgaben erforderten Menschen, die über jeden Zweifel erhaben waren. Das gilt nicht nur heute, sondern auch damals. Wenn es um Geld und Glauben geht, ist es eine sehr kritische Angelegenheit. Alles muss sauber ablaufen, um den Namen Gottes nicht zu entehren. Deshalb war ein zuverlässiger Mann wie Titus hier unverzichtbar.
Eine weitere Station bringt uns zurück zum Titusbrief. Paulus arbeitete mit Titus auf Kreta (Titus 1,5). Nach einiger Zeit ging Paulus weg, und Titus sollte das Werk auf der Insel Kreta unter den Gemeinden dort weiterführen. Paulus wollte Titus später in Nikopolis wieder treffen (Titus 3,12).
Als Paulus zum zweiten Mal in Rom im Gefängnis war, war auch Titus bei ihm (2. Timotheus 4,10), aber nur für eine begrenzte Zeit. In 2. Timotheus 4,9-10 liest man, dass Paulus Timotheus bat, bald zu ihm zu kommen. Timotheus war damals in Ephesus, der heutigen Westtürkei, und sollte nach Rom reisen, um Paulus zu besuchen.
Demas, ein früherer Mitarbeiter Paulus’, hatte ihn verlassen, weil er „den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen“ hatte und nach Thessalonich gegangen war. Demas war also ein Missionar, der wieder in die Welt zurückgefallen war.
In 2. Timotheus 4,10 heißt es weiter: „Creszenz nach Galatien, Titus nach Dalmatien.“ Die dalmatische Küste liegt im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Dort hatte Titus einen besonderen Dienst. Auch Paulus spricht in Römer 15 über seinen Dienst in Illyrien, einem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien.
Es ist wichtig, diesen biblischen Bezug zur Ursprungsgegend zu kennen, besonders wenn man mit Menschen aus dieser Region Bibelstudium macht. Dort war Titus weiterhin tätig. Danach wissen wir nichts mehr über ihn.
Aufbau und Struktur des Titusbriefes
Nun noch ein paar Bemerkungen zur Struktur des Titusbriefes. Die Grobstruktur ist ganz einfach, denn sie richtet sich nach den Kapiteln. Genauer gesagt richten sich die Kapitel nach der Struktur.
Römisch I behandelt die Lehre über den Ältestendienst. Römisch II beschäftigt sich mit dem Verhalten in verschiedenen Positionen. Hier geht es um alte Männer, junge Männer, alte Frauen, junge Frauen, Sklaven und so weiter. Drittens folgt die Lehre über das Verhalten gegenüber Staat und Gesellschaft.
Kapitel zwei zeigt mehr das Verhalten der Gläubigen untereinander, während Kapitel drei das Verhalten gegenüber der Gesellschaft und dem Staat nach außen beschreibt.
Wir können diese drei Kapitel noch mit Untertiteln versehen: Kapitel eins behandelt speziell die Ordnung in der Gemeinde. Paulus sagt ja: „Ich ließ dich dort in Kreta zurück, damit du in Ordnung bringst, was noch mangelt.“ Dabei geht es besonders um die Ordnung in der Gemeinde.
Im zweiten Teil geht es besonders um die Gesundheit in der Gemeinde. Es geht darum, gesund zu sein in der Lehre, gesund im Reden, gesund in der Liebe. Das werden wir noch genauer sehen. Es handelt sich also um die geistliche Gesundheit in der Gemeinde.
Im dritten Teil geht es um die Praxis in der Gemeinde. Hier wird besonders betont, wie wichtig es ist, dass die Gläubigen gute Werke vollbringen. Es geht um die konkrete Praxis der Gemeinde.
Wir können nun der Reihe nach durch den Brief hindurchgehen. Ich habe bereits unter den charakteristischen Ausdrücken und Besonderheiten bemerkt, dass es in diesem Brief erstens drei kurze, aber äußerst konzentrierte lehrhafte Darstellungen des Heilsplanes gibt. Diese finden sich in Titus 1,1-3, dann in 2,11-14 und schließlich in 3,4-7.
Die Offenbarung des Heilsplans Gottes im Titusbrief
Ich lese nochmals die ersten drei Verse: Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist. In der Hoffnung des ewigen Lebens, welches Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor den Zeiten der Zeitalter, aber zu seiner Zeit sein Wort geoffenbart hat durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist nach Befehl unseres Heilandgottes.
Da ist so viel drin. Es geht hier um den Glauben der Auserwählten Gottes. Paulus sagt: Ich bin also ein Apostel, entsprechend eben diesem Glaubensinhalt des Neuen Testaments. Und da geht es um den Glaubensinhalt der Auserwählten Gottes. Es geht also nicht irgendwie um einen Klub oder einen Verein. Viele sehen die örtliche Gemeinde am Ort so als einen Zusammenschluss, ähnlich wie ein Fußballclub oder irgendein Verein von Gesinnungsgenossen. Aber die Bibel zeigt uns, es geht um etwas ganz anderes. Es geht um den Glauben der Auserwählten Gottes.
Wir haben uns über diese Auserwählung an einem früheren Bibelstudientag detaillierte Gedanken gemacht. Es geht darum, dass Gott bestimmte Menschen vor Erschaffung der Welt auserwählt hat, damit sie seine Kinder, seine Söhne und Töchter werden sollen. Diese Auserwählung umfasst also alle Gläubigen, die zur Gemeinde gehören.
Die Gemeinde hat begonnen an Pfingsten (Apostelgeschichte 2) und sie ist hier auf der Erde Gottes Zeugnis bis zur Wiederkunft Jesu, zur Entrückung der Gemeinde. Alle, die in dieser Zeit zum Glauben gekommen sind und das Evangelium der Gnade angenommen haben, gehören zu diesen Auserwählten Gottes. Sie sind also durch die Bekehrung eingegangen. Dann wurde ihnen erklärt: Übrigens, ihr seid alle Auserwählte. Ja, Gott hat an euch gedacht, schon vor Erschaffung der Welt, und hat euch auserwählt und zuvorbestimmt.
Was ist denn mit den anderen? Haben die keine Chance? Natürlich haben alle eine Chance, denn Gott ist ein Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Timotheus 2,4). Das Heil Gottes steht jedem Menschen offen. Die Lehre von Calvin ist nicht biblisch, wenn er gelehrt hat, Gott habe eine bestimmte Anzahl Menschen aus der Welt, die gerettet werden, und die übrigen könnten nicht gerettet werden, weil sie auch nicht wollten. Der Mensch ist von Natur aus böse, flieht vor Gott, lehnt Gott und sein Wort ab, und sie gehen verloren, weil sie nicht errettet werden wollen. Aber sie könnten es auch nicht.
1. Timotheus 2,4 sagt klar, dass Gott will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. In 2. Petrus 3,9 wird die Formulierung umgedreht: Gott will nicht, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.
Wir wissen das mit der Auserwählung ganz einfach. In Römer 8 steht, dass Gott die Menschen, die er zuvor erkannt hat, auserwählt hat, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein. Das heißt, die Vorkenntnis Gottes geht der Auserwählung voraus. Das ist auch in 1. Petrus 1,2 so. Dort heißt es: auserwählt nach Vorkenntnis Gottes. Dieses Wort Vorkenntnis ist auf Griechisch Prognosis, was wir von der Wetterprognose kennen. Die Leute von der Wetterprognose bestimmen nicht, ob es morgen wieder schneit, sondern sie erkennen das im Voraus. Aber ihre Erkenntnis hat keinen Einfluss auf die Abläufe der Natur.
So wusste Gott, weil er der allwissende Gott ist, genau, wie alles kommen wird, ob wir dem Ruf der Gnade letztendlich nachgeben oder bis zum Ende widerstehen würden. Der Herr Jesus sagt ja zu Jerusalem in Matthäus 23 am Schluss: „Wie oft habe ich euch versammeln wollen, und ihr habt nicht gewollt.“ Es geht also nicht darum, dass jemand verloren geht, weil er nicht auserwählt war, sondern jeder, der verloren geht und ewig verloren bleiben wird, geht verloren, weil er nicht wollte, obwohl Gott die Gnade angeboten hat.
Gott wusste also von all denen, die letztlich der Gnade Gottes nachgeben würden, und die hat er nun auserwählt und zuvorbestimmt, um Kinder Gottes zu werden. Aber auch da sind nicht alle Erlösten gemeint, denn die Bibel macht ganz klar einen Unterschied zwischen den Erlösten, die zur Gemeinde gehören, und den Erlösten in der Zeit des Alten Testaments. Auch die Erlösten später, nach der Entrückung der Gemeinde und im künftigen tausendjährigen Reich, werden durch Glauben errettet werden. Aber die Auserwählten der Gemeinde, das kann man sagen, sind die höchste Gruppe, die es überhaupt gibt im Heilsplan Gottes.
Da kann man sich nur wundern, warum gerade ich? Das hängt auch damit zusammen, dass Gott uns genau in dieser Zeit der Gnade hat geboren lassen. Er hat uns auf die Welt kommen lassen. Es hätte ja sein können, dass wir im Jahr 986 vor Christus irgendwo in Westchina geboren worden wären oder im Jahr 14 nach Christus in Südindien. Aber das sind alles Dinge, die wir nicht festlegen konnten – wann und wo wir geboren wurden. Das Wo hängt auch damit zusammen, dass wir das Evangelium der Gnade hören konnten.
Da sind schon Missionare zu eingeborenen Stämmen in Australien oder Papua-Neuguinea gekommen, und einer sagte: „Warum seid ihr nicht früher gekommen? Das hätte mein Großvater hören sollen, was ihr da erzählt.“ Er hat es nie gehört. Das sind alles Dinge, die wir für uns selbst nicht in der Hand hatten. Das ist Gottes Souveränität darüber. Aber es zeigt eben, was die Gemeinde Gottes ist: nicht irgendein Interessenklub, sondern die Gemeinschaft der Auserwählten.
Darum wird hier gesprochen von dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach Erkenntnis der Wahrheit. Die Wahrheit ist also die Enthüllung der ganzen Pläne Gottes, wie wir sie jetzt im Neuen Testament vollständig vor uns haben.
Der Apostel Paulus war also Apostel Jesu Christi, entsprechend dem Glauben der Auserwählten Gottes und entsprechend der Erkenntnis der Wahrheit. Sein Apostelamt hatte damit zu tun, den Gläubigen zu verhelfen, diese ganze offenbarte Wahrheit kennenzulernen.
Dann heißt es, diese Wahrheit ist nach der Gottseligkeit oder nach der Frömmigkeit. Das griechische Wort bezeichnet Ehrfurcht vor Gott. Das ungewöhnliche Wort „Gottseligkeit“ heißt eigentlich „ein Leben, das erfüllt ist von Gott“. Wir wissen, was „redselig“ ist – jemand, der voll von Geschwätz ist. „Leutselig“ ist jemand, der ständig soziale Kontakte braucht und gar nicht anders leben kann. Und dann gibt es eben die Gottseligkeit – ein Leben voll von Gott.
Das umschreibt sehr schön, was gemeint ist mit dieser Frömmigkeit, mit dieser Ehrfurcht vor Gott. Das ist ein Leben, in dem alles, auch die alltäglichen Dinge, in Bezug zum Herrn gebracht werden. Es ist nicht so, dass es ein Privatleben und ein Glaubensleben gibt, die getrennt sind. Das Glaubensleben umfasst das gesamte Leben, sieben Tage in der Woche.
Nun wird hier erklärt, diese Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist – das heißt, wenn wir diese Dinge erkennen und verstehen, was den Heilsplan Gottes betrifft, was die Auserwählung betrifft usw. – so ist es nicht einfach Theorie, um den Kopf zu füllen, sondern etwas, das Einfluss hat auf die Nachfolge, die Treue im Glauben und auch im Alltag.
Wir sehen also die oft verbreitete Meinung: Da gibt es Lehre, und dann gibt es das praktische Christenleben. Irgendwie passt das gar nicht so richtig zusammen, und wichtig sei mehr die Praxis und weniger die Lehre. Das ist völliger Unsinn, diese Trennung zu machen. Die Lehre, die Erkenntnis der Wahrheit, ist gerade dazu da, damit wir besser verstehen, was es heißt, ein Christ zu sein, auch am Montag, am Dienstag und so weiter.
Dann wird weiter gesagt: „In der Hoffnung des ewigen Lebens, welches Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor den Zeiten der Zeitalter.“ Also in der Ewigkeit hat Gott das ewige Leben verheißen. Wem hat er es verheißen? Vor ewigen Zeiten, also vor Erschaffung der Welt, bevor es das Universum gab.
Es gibt in der Evolutionslehre seit den 1950er Jahren die Überzeugung, dass die Welt einen Anfang hat, den Urknall. Das ist eigentlich schon mal etwas Positives, denn seither glauben sogar die Gottlosen, dass die Welt einen Anfang hat. Früher haben die Kommunisten der Sowjetunion ständig verkündet, die Materie sei ewig. Physikalisch ist das Unsinn, denn die Materie muss einen Anfang haben.
Man kam zur Idee des Urknalls und sagte, alles war am Anfang zusammenkonzentriert, dann hat sich der Raum aufgespannt, und so entstand das Weltall. Wenn jemand fragte, was vor dem Urknall war, antwortete ein Dozent an einer holländischen Ingenieurschule: „Ein Tor kann mehr Fragen stellen, als ein Weiser beantworten kann.“ Damit wollte er sagen, es ist völlig unsinnig, darüber zu sprechen. Vor dem Urknall gab es keine Materie, keinen Raum und keine Zeit. Man kann nicht von „wann“ oder „wo“ sprechen, weil es das alles nicht gab.
Die Bibel sagt, es gab einmal nichts, keine Welt, kein Weltall, aber Gott ist ewig. Wenn Kommunisten und Atheisten sagen, das geht nicht, woher kommt dann Gott? Gott ist eben ewig. Das ist logisch. Die thermodynamischen Hauptsätze verlangen, dass alles, was zerfällt, einen Anfang haben muss. Gott zerfällt nicht, und darum ist er wirklich ewig.
Hier wird also gesagt, dass Gott vor ewigen Zeiten das ewige Leben verheißen hat. Da gab es auch keine Engel, denn die wurden ja erschaffen. Nach Kolosser 1,16 hatte der Herr Jesus auch die Engel, das Unsichtbare und das Sichtbare, alles hat er erschaffen.
Vor Ewigkeit gab es keine Geschöpfe, aber es gab den ewigen Gott, den Vater, in Gemeinschaft mit dem Sohn und dem Heiligen Geist. Dort hat der Vater dem Sohn verheißen, dass er einmal den Auserwählten das ewige Leben schenken würde. Wir bekommen einen Blick in die Ewigkeit hinein.
Augustinus, ein Bibellehrer um 400 nach Christus, hat viel Gutes gelehrt, wenn auch nicht alles, aber er hat viel Gutes gelehrt. Einmal antwortete er auf die Frage, was Gott vor der Welt gemacht hat, mit der berühmten Bemerkung, Gott hätte Routen geschnitzt für die, die solche neugierigen Fragen stellen. Ich finde diese Antwort nicht gut.
Es ist keine Neugierde, wenn wir annehmen, was Gott uns sagt. Es gibt mehrere Stellen, die darüber sprechen, was von Ewigkeit her war. In Johannes 17 spricht der Herr Jesus in seinem Gebet zum ewigen Vater. Er sagt: „Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn“ (Johannes 17,1). Wir sehen hier den Herrn Jesus als Sohn vor dem Vater.
In Vers 5 sagt Jesus: „Nun verherrliche du mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ In Philipper 2,5 lesen wir, dass Jesus, als er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, gottgleich zu sein. Er hat sich freiwillig entäußert und sich erniedrigt, indem er Knechtsgestalt annahm, ein wirklicher Mensch war und gehorsam bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm als Mensch den Namen Kyrios gegeben, den Namen, der über alle Namen ist. Jesus sagt: „Nun verherrliche du mich als Mensch bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir als der ewige Sohn hatte, bevor die Welt war.“ Dieser Vers lässt uns in die Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn in der Ewigkeit hineinschauen.
Das ist nicht vor dem Urknall, sondern vor 1. Mose 1,1: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Dort begann das Weltall zu existieren. Vorher gab es Raum und Zeit nicht. Der Herr Jesus spricht hier über die Gemeinschaft und die Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ehe die Welt war.
Im gleichen Kapitel, Vers 24, betet Jesus: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir sind, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt, gerechter Vater.“ Die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen, den Vaternamen, kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.
Hier sehen wir wieder die Liebe des Vaters zum Sohn vor Grundlegung der Welt. Der Herr Jesus hat den Wunsch, dass wir Gott, den Vater, ebenso kennenlernen, wie er als ewiger Sohn den Vater kannte. Darum ist er in die Welt gekommen, um uns diesen Namen des Vaters zu offenbaren.
Die Auserwählten, die zur Gemeinde gehören und zur Sohnschaft auserwählt sind, damit sie Kinder Gottes, Söhne und Töchter Gottes werden, sollen Gott ebenso als Vater kennen, wie der Herr Jesus den Vater von Ewigkeit her kannte.
Titus 1 deutet das nur so an: Das ewige Leben, das Gott vor ewigen Zeiten verheißen hat, hat der Vater dem Sohn gegeben. Er hat damals über uns gesprochen. Man stelle sich das vor, wenn in der Welt gesagt wird: „Ein Tor kann mehr Fragen stellen, als ein Weiser beantworten kann“, wenn man wissen will, was vor der Welt war. Wir können dahinter schauen.
Das ist kein schwarzes Loch oder Ähnliches. Dort ist der ewige Vater, der Sohn, und die Pläne sind da. Der ewige Vater spricht mit seinem Sohn über uns ganz persönlich und konkret – über das ewige Leben.
Was ist dieses ewige Leben? Das wird uns in Johannes 17 erklärt. Das Wort „Leben“ ist vielschichtig. Einerseits können wir sagen, der Herr Jesus selbst ist das ewige Leben, denn er sagt in Johannes 14: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Er ist das Leben, und jeder, der an Jesus glaubt und ewiges Leben hat, hat den Herrn Jesus als sein Leben bekommen.
Wir können aber auch darüber sprechen, was das Leben auf dem Land ist. Das Leben auf dem Land ist etwas ganz anderes als das Leben in der Stadt. Leben beinhaltet Inhalt, Lebensformen und Lebensumgang.
In Johannes 17, Vers 3 heißt es: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den alleinwahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Gott kennen heißt leben. Das ist der Inhalt des ewigen Lebens: zu wissen, wer Gott, der Vater, ist, wer Jesus Christus, der ewige Sohn, ist, und Gemeinschaft mit Vater und Sohn zu haben.
In 1. Johannes 1 steht: Wenn wir Gemeinschaft mit Vater und Sohn haben, dann haben wir volle Freude. Das sind die Tiefen des christlichen Glaubens.
Der Apostel Paulus erklärt weiter: „In der Hoffnung des ewigen Lebens, welches Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor den Zeiten der Zeitalter, zu seiner Zeit aber sein Wort geoffenbart hat durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist.“
Jetzt kommen wir konkret in die Zeit, in der die Weltmission begann. Paulus sagt, all das war vor Grundlegung der Welt beschlossen, aber Gott hat einen bestimmten Zeitpunkt in Raum und Zeit festgelegt, an dem diese Botschaft verbreitet werden sollte. Paulus war einer der ersten Zeugen.
Darum sagt er: „Zu seiner Zeit aber hat er sein Wort geoffenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist.“ Paulus musste auf seinen Missionsreisen unterwegs Briefe schreiben, die die Wahrheit der Bibel in ihrem vollen Umfang darlegten. Er sagte im Kolosserbrief am Schluss, dass er berufen wurde, das Wort Gottes zu vollenden oder auf sein Vollmaß zu bringen, die letzten und tiefsten Wahrheiten zu enthüllen. Diese haben wir jetzt vollständig in der Bibel.
Dann sagt er, dieses Wort, diese Predigt, sei ihm anvertraut worden nach Befehl unseres Heilandgottes. Diesen Namen „Heilandgott“ werden wir noch mehrere Male im Titusbrief antreffen. Das zeigt, dass Gott nicht nur einfach Gott ist, sondern ein Gott, der das Heil, die Errettung der Menschen mitteilen will. Dieser Gott, der uns retten wollte, hat uns all diese geheimnisvollen Pläne, die im Herzen Gottes von Ewigkeit her waren, mitgeteilt.
In 1. Korinther 2 sehen wir etwas Interessantes dazu. Dort wird über das Wirken des Geistes Gottes Wichtiges mitgeteilt. Es geht um die Wahrheiten, die Paulus offenbaren und mitteilen musste. In 1. Korinther 2,9-11 lesen wir: „Was kein Auge gesehen hat, kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben. Uns aber hat Gott es geoffenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes. Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes.“
Hier wird die Parallele gezogen: Wer weiß, was wirklich in einem Menschen vorgeht? Jeder hat schon erlebt, dass jemand sagt: „Das hast du nicht so gemeint.“ Nein, ich habe es so gemeint. Wer kann es besser wissen als der, dessen Geist in den Tiefen seines Wesens forschen kann? So erforscht der Geist Gottes die Tiefen Gottes.
Dieser Geist Gottes ist es, der durch Inspiration des Apostels Paulus und der anderen Bibelschreiber uns all diese geheimnisvollen Dinge über Gott mitgeteilt hat.
Noch eine Stelle: Hiob 11,7, da spricht Zophar, ein Freund Hiobs: „Kannst du die Tiefe Gottes erreichen oder das Wesen des Allmächtigen ergründen? Himmel hoch sind sie, was kannst du tun? Tiefer als der Scheol, was kannst du wissen?“ Das ist eine interessante Stelle, die über die unerforschlichen Tiefen Gottes spricht.
Himmel hoch sind sie – wie hoch ist der Himmel? Die entferntesten Objekte, die man kürzlich mit dem Hubble-Teleskop fotografieren konnte, sind etwa 13 Milliarden Lichtjahre entfernt. Das Licht würde 13 Milliarden Jahre benötigen, um dorthin zu gelangen. In die andere Richtung ist es ähnlich, also ein Durchmesser von etwa 26 Milliarden Lichtjahren. Das sind Distanzangaben, nicht die wirkliche Zeit. Doch dahinter sieht man keine Mauer. Das Weltall ist unerforschlich.
In Jeremia steht, wenn der Mensch die Ausmaße des Himmels oben messen könnte, würde Gott Israel aufgeben. Israel wird nie aufgegeben werden, und darum wird der Mensch das Weltall nie ausmessen können. Das ist uns heute klar.
Der Vergleich ist eindrücklich: Himmel hoch sind sie. Das Wesen Gottes ist unerforschlich, und trotzdem hat Gott uns solche Dinge offenbart, die in den Tiefen Gottes verborgen waren.
Noch eine Stelle: Hiob 15,7-8. Dort spricht Eliphas, der Älteste der Hiobfreunde: „Bist du als erster zum Menschen gezeugt und vor den Hügeln geboren? Hast du im Rat oder im geheimen Rat Gottes zugehört und die Weisheit an dich gerissen?“ Hier wird vom geheimen Rat Gottes gesprochen. Wir dürfen jetzt etwas davon vernehmen, und das haben wir gerade getan in Titus 1, dieser Verheißung des ewigen Lebens.
Wir haben gesehen, wer diese Verheißung gegeben hat: Gott, der nicht lügen kann. Das ist ein wunderbarer Ausdruck. Im Koran steht nicht von Gott, dem Gott der Bibel, sondern von Allah, dass er der größte Ränkeschmied ist, der auch nicht an nichts gebunden ist. Muslime würden sagen, Allah wäre eingeschränkt, wenn man ihn festlegen könnte. Auf sein Wort wäre er ja nicht unumschränkt.
Die Bibel sagt: Gott kann nicht lügen. Wie ist das mit der Allmacht Gottes? Natürlich sagt die Bibel, Gott ist allmächtig, aber das bedeutet nicht, dass Gott lügen kann.
Ein Atheist wollte mir mal ein Bein stellen und fragte: „Könnte Gott einen Stein machen, den er selbst nicht heben könnte?“ Wenn Gott allmächtig ist, sollte er doch so einen Stein machen. Wenn er ihn nicht heben kann, ist er nicht mehr allmächtig.
Das ist ein Trick. Die Frage enthält Voraussetzungen, die unlogisch sind. Ähnlich wie wenn ein Richter einem Angeklagten fragt: „Würden Sie Ihre Frau noch einmal schlagen?“ und er nur mit Ja oder Nein antworten darf. Egal, was er sagt, es ist eine Falle.
Solche Fragen versuchen die Existenz Gottes lächerlich zu machen durch Unlogik. Aber woher kommt die Logik? Die Logik kommt nicht aus einem Urknall. Es gibt keine Grundlage, warum wir logisch denken sollten, wenn alles durch Zufall entstanden ist.
Der Herr Jesus wird in Johannes 1 als das Wort genannt: „Im Anfang war das Wort.“ Das heißt, im Anfang war der Logos. Logos bedeutet nicht nur ein Wort, sondern Wörter in geordneter, logischer Abfolge. Die Logik ist in Gott begründet.
Wir versuchen logisch zu denken, weil Gott logisch denkt. Wenn wir das Weltall untersuchen, erwarten wir keine chaotischen Abläufe, sondern finden überall gesetzmäßige Ordnung. Die Logik kommt von Gott.
Atheisten, die logisch argumentieren wollen, benutzen etwas, das gar nicht zu ihnen gehört. Sie haben keine Grundlage, logisch zu denken, wenn es Gott nicht gibt.
Es ist wie jemand, der einen Vortrag hält, um zu beweisen, dass es keine Luft gibt. Man merkt aber, ohne Luft geht gar nichts. Sie benutzen die Logik, um zu beweisen, dass es Gott nicht gibt.
Ich habe dem Atheisten geantwortet: Ja, das kann Gott. Der Herr Jesus, der ewige Sohn Gottes, wurde Mensch und nahm eine Stellung der Abhängigkeit ein. Er wurde müde von der Reise (Johannes 4), hatte Durst, wuchs als kleines Kind auf (Lukas 2) und nahm zu an Weisheit.
Als Mensch konnte er nicht alle Steine heben, als Gott natürlich schon. Darum konnte er alle Wunder vollbringen. Er konnte Mensch werden, der beschränkt ist, und gleichzeitig jedes Wunder tun.
Das hat manchen wütend gemacht: „Nein, das geht nicht.“ Doch es geht.
Allmacht Gottes bedeutet nicht, dass Gott alles kann, auch Lügen. Die Bibel sagt: Gott, der nicht lügen kann. In 2. Timotheus 2,13 heißt es: „Wenn wir untreu sind, bleibt er treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ Gott kann seinem Wesen nicht untreu werden. Gott ist Licht, Gott ist gerecht, er kann nicht ungerecht handeln.
Gott kann nicht sündigen, nicht nur nicht lügen, sondern nichts tun, das seinem Wesen widerspricht. Wir müssen das Zeugnis Gottes annehmen, wie es da steht.
Die alte Frage nach der Allmacht Gottes aus dem Mittelalter enthält einen falschen Begriff von Allmacht. Allmacht bedeutet wirklich alles, aber nicht Lügen.
Wir lernen kennen, wer Gott ist: ein Gott, der seinem Wort treu bleibt. Das ist wunderbar. Alle Verheißungen in der Bibel stimmen und werden nicht nach Belieben ungültig oder abgeändert.
Der Moslem hat nie Gewissheit, ob er ins Paradies kommt. Er stirbt in völliger Ungewissheit. Der Erlöste, der an Jesus Christus glaubt, darf sich auf Gottes Wort verlassen. Er weiß, Gott ist treu und ändert sich nicht.
Wenn hier steht „Gott, der nicht lügen kann“, denken wir an den weiteren Auftrag, den Paulus dem Titus gibt: Er soll in allen Gemeinden Älteste einsetzen, die für Ordnung sorgen.
Paulus sagt, es ist ein Problem: Die Leute auf Kreta sind schwierige Menschen. Einer von ihnen wird zitiert: „Kreter sind immer Lügner, wilde Tiere, faule Bäuche.“ Merken wir den Gegensatz: Kreter sind immer Lügner, Gott aber kann nicht lügen.
Das ist der große Kontrast. Es wird von Gott und seinem Wesen ausgegangen, und das ist der Maßstab für die Gemeinde. Wir gehen nicht davon aus, wie der Mensch ist. Unser Rechtsstaat heute geht davon aus, wie der Mensch ist, und wenn sich die Meinung ändert, wird das Gesetz angepasst. Das führt nur zu Chaos.
Die Bibel aber geht für die Gemeinde von Gott und seiner Natur aus. Das ist der Maßstab.
Paulus sagt, in jeder Stadt sollen Älteste eingesetzt werden. Er gibt eine Liste von Anforderungen an sie: Sie müssen untadelig sein, Mann einer Frau, gläubige Kinder haben. Das heißt nicht, dass die Kinder gläubig sein müssen, sondern dass der Älteste gläubige Kinder hat.
Die Bekehrung muss jeder selbst machen, nicht die Eltern für die Kinder. Darum wird das eingeschränkt: gläubige Kinder.
Weiter heißt es, die Ältesten dürfen nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt werden oder zügellos sein. Der Aufseher muss untadelig sein, nicht eigenmächtig, nicht zornmütig, nicht dem Wein ergeben, kein Schläger und so weiter.
Wir haben eine Parallelstelle in 1. Timotheus 3, wo ebenfalls die Voraussetzungen für Älteste genannt werden. Es gibt viele Übereinstimmungen.
Man könnte erschrecken, wer das alles erfüllen kann. Es ist aber nicht gemeint, dass Älteste sündlos sind, sondern dass diese Qualitäten ihr Leben prägen. Das heißt, sie können versagen, aber sie bringen das in Ordnung, und ihr Leben ist geprägt von diesen Eigenschaften.
Diese Liste hat auch Bedeutung für alle Gläubigen. Älteste sind besonders exponiert in der Gemeinde und im Zeugnis nach außen, aber das ist der Maßstab, nach dem sich jeder Gläubige richten sollte.
Wir sollen diese Stellen nicht lesen und denken: „Das ist für die Ältesten, ich warte auf Verse für mich.“ Gottes Standard gilt für alle Gläubigen.
Es geht hier um das Anstellen von Ältesten. Im Skript habe ich charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten unter Punkt zwei geschrieben: Kennzeichen eines Ältesten (Titus 1,6-9) und die Parallelstelle 1. Timotheus 3,1-7.
Diese Ältesten werden auch Aufseher genannt. Griechisch: Episkopoi. „Epi“ heißt „darauf“, „Skopoi“ heißt „Blicker“ oder „Aufseher“. Es sind gläubige Männer, die eine Übersicht haben.
Wenn neue Leute in die Gemeinde kommen, fragt jemand: „Wer ist das?“ Ein Neuling hat oft keine Übersicht, aber ein Ältester hat sie, weiß, wer da ist und welche Bedürfnisse vorhanden sind.
Wie weiß man, ob Aufseher und Älteste dasselbe sind? In Titus heißt es, in jeder Stadt Älteste anstellen. In 1. Timotheus 3,1 heißt es: „Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, begehrt er ein schönes Werk.“ Dort folgt die Liste.
Man könnte sagen, das sind zwei verschiedene Dinge. Aber in Apostelgeschichte 20 ruft Paulus die Ältesten von Ephesus nach Milet und sagt, der Heilige Geist hat sie als Aufseher gesetzt.
Das zeigt: Älteste sind Aufseher.
Das Wort Episkopoi hat im Deutschen später das Wort „Bischof“ gegeben. Wenn man das „E“ abstreicht, und die griechische Mehrzahlendung „-oi“ wegnimmt, kommt man auf „Biskop“. Aus „Sk“ wird „Sch“, und so entsteht „Bischof“.
Älteste sind also die Bischöfe der Gemeinde. Bischöfe sind biblisch. Im ersten Jahrhundert gab es Älteste in den Gemeinden, die gleichzeitig Aufseher waren.
Im zweiten Jahrhundert machte man aus den Ältesten einen Oberältesten, der dann Bischof genannt wurde. Man spaltete die Bezeichnungen Ältester und Aufseher auf, als wären das zwei verschiedene Ämter.
Mit der Zeit wurden Bischöfe Oberaufseher über mehrere Gemeinden. Besonders wichtige Städte hatten solche Oberbischöfe, z. B. Alexandria, Jerusalem, Antiochia oder Rom.
Um 440 erklärte der Oberbischof von Rom, er sei Oberoberoberaufseher über alle anderen Oberbischöfe. So entstand das Papsttum.
Diese Entwicklung geschah schrittweise. Im zweiten Jahrhundert wollte man falsche Lehren abwehren und gab bestimmten Personen mehr Macht, um die wahre Lehre zu schützen.
Oft führte dieses gut gemeinte Bemühen zum Gegenteil. Aus dem Versuch, falsche Lehre abzuwehren, entstand das Papsttum von Rom mit seinen Gräueln.
Es ist wichtig, die biblische Grundlage zu haben: Im Neuen Testament gibt es Älteste immer in der Mehrzahl, nie nur einen Ältesten der Gemeinde. Sie werden auch Bischöfe genannt.
Im Skript habe ich unter Punkt vier erklärt: Griechisch „presbyteros“ heißt „Ältester“, eigentlich „Älterer“. Es bedeutet nicht „der älteste Mann“, sondern „ein Älterer“, also keine Neulinge oder Frischbekehrte, sondern solche mit Reife und Erfahrung, die eine Aufsichtsfunktion übernehmen können.
Jetzt ist Zeit für eine Pause von einer halben Stunde. Wir fahren dann mit dem Titusbrief weiter.
Übrigens: Die Gleichsetzung von Ältesten und Aufsehern wird auch im Titusbrief selbst deutlich. In Vers 5 sagt Paulus, in jeder Stadt Älteste anstellen, und kurz danach wird über diesen Ältesten als Aufseher gesprochen (Vers 7).
Wir haben gesehen, was Älteste sind, was sie nicht sind und welche Maßstäbe sie erfüllen müssen.
Nun geht es um die Frage der Einsetzung der Ältesten. Paulus gab Titus den Auftrag, Älteste einzusetzen. Er sagt nicht, die Gemeinden sollen Älteste einsetzen, sondern der Apostel, der seinen Auftrag von Jesus Christus selbst erhalten hatte, gab einem Abgesandten den Auftrag.
Wo wird weiter von der Einsetzung von Ältesten gesprochen? In Apostelgeschichte 14,23 lesen wir, wie Paulus nach der ersten Missionsreise in die entstandenen Gemeinden zurückkehrte und zusammen mit Barnabas Älteste einsetzte. Die Gemeinden wählten sie nicht, sondern sie wurden von Paulus und Barnabas eingesetzt.
Eine dritte Stelle ist Apostelgeschichte 20, wo Paulus zu den Ältesten von Ephesus in Milet spricht: Apostelgeschichte 20,7. Paulus sagt: „Der Heilige Geist hat euch als Aufseher gesetzt, die Gemeinde Gottes zu hüten, welche er sich erworben hat durch sein eigenes Blut.“
Hier wird gesagt, der Heilige Geist hat sie eingesetzt.
Nun haben wir ein Problem: Wer soll heute Älteste einsetzen, da wir keine Apostel mehr haben? Die zwölf Apostel für Israel und Paulus für die Heidenvölker hatten keine Nachfolger, die sie mit apostolischer Autorität hätten aussenden können.
Wir können heute nicht mehr Älteste mit apostolischer Beglaubigung einsetzen, weil die Apostel nicht mehr da sind.
Aber in Apostelgeschichte 20 lesen wir, dass der Heilige Geist Männer einsetzt, nie Frauen. Das beendet viele langjährige Diskussionen. Es sind immer Männer in der Bibel, die der Heilige Geist einsetzt.
Wie soll das praktisch gehen? Wenn jemand sagt, er habe durch den Geist Gottes den Auftrag, Ältester zu sein, muss die Gemeinde das prüfen. Wenn der Mann die Früchte und Kennzeichen eines Ältesten nach Titus 1,5ff. und 1. Timotheus 3,1 zeigt, kann man ihn anerkennen.
Man kann nicht sagen: „Ich habe einen Auftrag vom Heiligen Geist“, wenn die Kennzeichen nicht da sind.
Es fällt auf, dass Älteste durch Ausgeglichenheit charakterisiert sind. Sie sind keine extremen, einseitigen Leute, sondern ausgeglichen, stabil und reif.
Es ist wichtig, dass sie ihrer Familie wohl vorstehen. Das sind nicht Leute, die wissen, wie man erziehen muss, weil sie es nie getan haben. Wer nie Kinder erzogen hat, weiß oft nicht, wie es geht.
Darum heißt es, Männer, die ihren Häusern wohl vorstehen, die sich bewährt haben im Umgang mit jungen Menschen, die manchmal schwierig sein können.
Wenn eine Gemeinde sieht, dass ein Bruder diese Kennzeichen zeigt und den Wunsch hat, Menschen zu helfen, zu ermutigen, dann kann sie ihn anerkennen. So steht es in 1. Thessalonicher 5,12: „Wir bitten euch, Brüder, dass ihr die erkennt und anerkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen, und dass ihr sie über die Maßen in Liebe achtet um ihres Werkes willen.“
Das sind Leute, die bereits als Seelsorger in der Gemeinde arbeiten und das Vertrauen der Allgemeinheit gewinnen.
Die Gemeinde hat die Funktion, Älteste zu erkennen und anzuerkennen. Die Einsetzung kommt aber immer von oben. Die zwölf Apostel wurden nicht von den Leuten gewählt, sondern von Jesus eingesetzt. Die Apostel sandten Titus aus, der Älteste einsetzte.
In 1. Petrus 5 heißt es, Älteste seien keine kleinen Könige oder Despoten, sondern Vorbilder der Herde. Sie herrschen nicht über ihre Besitztümer, sondern gehen voran.
Sie sind Vorbilder in allen Bereichen: Seelsorge, Evangelisation, Zeugnis. So motivieren sie andere und gewinnen sie durch ihr Vorbild.
Es ist eine moralische Autorität, die in Titus 1 eine große Rolle spielt, besonders bei der Abwehr falscher Einflüsse.
Paulus sagt, Älteste müssen fähig sein, mit der gesunden Lehre zu ermahnen und die Widersprechenden zu überführen (Vers 9).
Es wird nie gesagt, ein Ältester müsse die Lehrer-Gabe haben, aber er muss lehrfähig sein. Er muss die gesunde biblische Lehre kennen und in der Lage sein, Widersprechende anhand der Schrift zu widerlegen.
Das heißt: „Das sind falsche Ideen, die wollen wir nicht in unserer Gemeinde.“ „Unsere Gemeinde“ meint die örtliche Gemeinde, der der Gläubige angehört, aber es ist die Gemeinde des Herrn.
Das können wir nicht akzeptieren.
Weiter heißt es, es gibt viele zügellose Schwätzer und Betrüger, besonders diejenigen aus der Beschneidung, denen man den Mund stopfen muss. Sie kehren ganze Häuser um, indem sie aus schändlichem Gewinnswillen lehren, was sich nicht geziemt.
Paulus erklärt, die Kreter haben einen schlechten Volkscharakter. Es gibt so etwas wie einen Volkscharakter, der ein Volk mehr prägt als ein anderes.
Manche Volksgruppen sind nüchterner und trockener, andere herzlicher und gastfreundlicher. Araber sind von Natur aus sehr gastfreundlich. Andere sind individualistischer und haben Mühe, Geschwister einzuladen.
Das hängt mit dem Volkscharakter zusammen, und wir müssen unserem eigenen kritisch gegenüberstehen.
Jeder kann einen Kreter anführen, der dasselbe gesagt hat. Ein Kreter, der einmal sagte: „Kreter sind immer Lügner, böse, wilde Tiere, faule Bäuche.“ Dieses Zeug ist wahr.
Im Skript habe ich unter Punkt sechs charakteristische Ausdrücke notiert. Das ist ein Hexameter-Zitat von Epimenides, einem griechischen Schriftsteller aus dem 6. Jahrhundert vor Christus. Er lebte auf Kreta, darum „ihr eigener Prophet“.
Epimenides wurde vom Areopag in Athen gerufen, als eine Pest herrschte. Er sagte, die Menschen hätten allen Göttern geopfert, aber das half nicht. Sie müssten einem fremden, unbekannten Gott opfern.
Die Athener bauten Altäre für den unbekannten Gott („Agnosto Theo“), und die Pest ging zurück.
Paulus kannte diese Hintergründe und benutzte sie in der Evangelisation. In seiner Rede vor dem Areopag sagte er: „Gott ist uns allen nah, in ihm leben, weben und sind wir.“ Das ist ebenfalls ein Zitat von Epimenides aus demselben Gedicht, in dem „Kreter sind immer Lügner“ steht.
Weiter sagt Paulus: „Es haben etliche eurer Dichter gesagt: Wir sind sein Geschlecht.“ Dieses Zitat stammt von Aratus, einem stoischen Philosophen um 270 v. Chr.
Paulus zitierte auch Menander, einen Schriftsteller (341–292 v. Chr.), der sagte: „Böser Verkehr verdirbt gute Sitten“ (1. Korinther 15,33b). Das ist eine einfache Weisheit, die schon Heiden kannten.
Das zeigt, wie Paulus außerbiblische Zitate nahm, um die Botschaft Gottes zu verdeutlichen.
In Vers 13 heißt es: „Dieses Zeugnis ist wahr. Um dieser Ursache willen weise sie streng zurecht, auf dass sie gesund seien im Glauben.“
Das Wort „gesund“ ist wichtig. Es kommt mehrfach im Titusbrief vor (1,9; 2,1; 2,2; 2,8) und auch in 1. Timotheus 1,10 und 2. Timotheus 4,3.
Paulus liebte dieses Wort „hygies“ (gesund). Sein Mitarbeiter Lukas war Arzt, vielleicht hängt das damit zusammen.
Gesundheit im Geistlichen bedeutet, dass gesunde Lehre vorherrscht. Es gibt auch kranke Lehre, die nicht vollständig falsch sein muss, aber Elemente enthält, die den Glauben krank machen.
Manche Lehren sind dem Evangelium entsprechend, führen aber zu Depressionen, weil sie Gottes Gnade und Kraft in der Nachfolge vernachlässigen.
Andere betonen zu sehr die Seite Gottes oder die Verantwortung des Menschen.
Ein gesundes Verhältnis zwischen Gnade und Verantwortung ist nötig, sonst wird die Lehre krank und wirkt sich negativ auf das Leben der Gläubigen aus.
In Titus 2,2 heißt es: „Rede, was der gesunden Lehre geziemt, dass die alten Männer nüchtern, würdig, besonnen, gesund im Glauben und in der Liebe seien.“
Man kann gesund oder krank im Glauben sein.
Zum Beispiel wird man krank im Glauben, wenn man glaubt, ein Gläubiger müsse immer gesund sein. Das ist krankhafte Lehre, denn die Bibel lehrt, dass die Erlösung des Leibes erst bei der Wiederkunft des Herrn Jesus kommt (Römer 8).
Heute können wir im Leib leiden, krank werden und sterben. Gott kann Krankheit auch nutzen, um uns zu erziehen und zu formen.
Wenn jemand sagt: „Ich bin in Christus gesund“, obwohl er krank ist, und das leugnet, ist das krankhaftes Denken.
Solche Denkweisen sind aktuell, und wir müssen ihnen widerstehen.
Im Licht von Titus 1 spielt der Dienst der Ältesten eine große Rolle, die solche Dinge nicht stehen lassen, sondern klar sagen: „Kranke Lehre können wir nicht akzeptieren.“
Vers 13: „Um dieser Ursache willen weise sie streng zurecht, auf dass sie gesund seien im Glauben.“
Sie sollen nicht achten auf jüdische Mythen und Gebote von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden.
„Den Reinen ist alles rein, den Befleckten und Ungläubigen ist nichts rein, sondern befleckt ist sowohl ihre Gesinnung als auch ihr Gewissen. Sie geben vor, Gott zu kennen, aber in den Werken verleugnen sie ihn und sind gräulich und ungehorsam und zu jedem guten Werk unbewehrt.“
Es gibt falsche Lehrer in der Christenheit und in den Gemeinden, die diese Gesinnung zeigen, sich aber als Werkzeuge Gottes ausgeben und die Gemeinde verderben.
Die Ältesten haben die Aufgabe, solche Dinge nicht zu akzeptieren, sondern als Männer hinzustehen.
Wir gehen weiter mit Titus 2,2: „Gesund im Glauben, in der Liebe.“
Man kann auch krank in der Liebe sein. Zum Beispiel kann das Verhältnis von Mann und Frau in der Gemeinde ungesund werden.
Vor kurzem habe ich von einer Gemeinderichtung gehört, die sich in Deutschland ausgebreitet hat. Der Prediger sagt, die Gemeinde sei in Stimmung gebracht, aber man solle nicht dem Nachbarn auf dem Sitz zu nahekommen. Das führte zu vielen Fällen von Ehebruch, alles unter dem Deckmantel christlicher Liebe. Das geht nicht.
Die Bibel gibt klare Anweisungen zum Verhältnis der Geschlechter. Paulus sagt Timotheus, er solle ältere Frauen wie eine Mutter ermahnen.
In 1. Timotheus 5,1 steht: „Einen Älteren fahre nicht hart an, sondern ermahne ihn als einen Vater, die Jüngeren als Brüder, die älteren Frauen als Mütter, die jüngeren als Schwestern in aller Keuschheit.“
Es ist wichtig, dass in der Gemeinde ein gesunder, respektvoller Abstand zwischen den Geschlechtern gewahrt wird. Sonst ist es krank in der Liebe und macht auch krank im Glauben.
Gesund im Ausharren – auch hier kann man krank sein.
Ich habe erlebt, wie ein Freund krebskrank wurde und kleine Kinder hatte. Angehörige sagten, der Herr werde ihn nicht heimnehmen. Sie wollten den Herrn zwingen einzugreifen. Er wurde heimgenommen.
Das war ein schwerer Schlag für die Familie. Es war krankhaftes Ausharren, eine Überzeugung ohne biblische Grundlage. Die Frau wandte sich vom Glauben ab und lebt heute mit einem Freund zusammen. Das ist Schiffbruch im Glauben.
Diese Anweisungen sind von großer Bedeutung für ein gesundes Glaubensleben.
Vers 3: „Die alten Frauen desgleichen in ihrem Betragen, wie es dem Heiligen stand, nicht verleumderisch, nicht Sklaven von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten.“
Der Ausdruck „die alten Frauen“ zeigt, dass die Gemeinde als Priesterfamilie gesehen wird.
Wie im Alten Testament gehörten die Töchter Aarons zum heiligen Stand. Elisabeth war eine Tochter Aarons (Lukas 1).
Diese Würde verpflichtet zu entsprechendem Verhalten: nicht verleumderisch, also kein Tratschen und Verleumden.
Heute gibt es kein Telefon, aber was über das Telefon läuft, ist oft genauso schlimm.
Auch der Umgang mit Alkohol ist ein Thema. Vielerorts wird kaum darüber gesprochen, obwohl es ein Problem sein kann.
„Nicht nüchtern von vielem Wein“ heißt, verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol.
Lehrerinnen des Guten sollen die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer und Kinder zu lieben, besonnen, keusch und mit häuslichen Arbeiten beschäftigt zu sein, gütig und den eigenen Männern unterwürfig, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde.
Das ist eine große Aufgabe der älteren Frauen gegenüber den jüngeren.
Es ist einfacher für eine ältere Schwester, einer Jüngeren zu sagen, dass ein zu großer Ausschnitt nicht geht, als wenn ein Bruder das sagt.
Eine ältere Frau muss das Vertrauen gewinnen, sonst zerbricht das Porzellan.
Sie sollen den jungen Frauen besonnenes Verhalten lehren, auch in Bezug auf das Verhältnis zum anderen Geschlecht.
Das ist ein wichtiger Dienst in der Gemeinde.
Kapitel 1 sprach über die Ältesten, jetzt geht es um die älteren Frauen und die jungen Frauen. Eine wichtige Aufgabe.
Auch die Bedeutung der Arbeit zu Hause wird betont. Heute ist es normal, dass Paare Jobsharing machen, aber dabei geht oft verloren, wie Gott die Aufgabenverteilung sieht.
Wer hat die Hauptverantwortung zu Hause und für die Kinder? Was ist die Aufgabe des Mannes? Sie sollen sich ergänzen.
Das ist genau das, was Neomarxisten seit Jahrzehnten zerstören wollen. Ihr Programm ist die Familie und Ehe zu zerstören, sogar den Unterschied zwischen Mann und Frau.
Gender-Mainstreaming ist ein Teil davon. Schon im Kindergarten sollen Kinder beeinflusst werden, sich ihr Geschlecht auszusuchen oder alternative Lebensformen zu wählen.
Das Ziel des Neomarxismus ist eine Gesellschaft, in der alle gleich sind. Das führt zu Chaos.
Diese Texte helfen uns, diesen endzeitlichen Strömungen entgegenzuhalten und Gottes Willen zu zeigen, wie er über Ehe und Familie denkt.
Vers 6: „Die Jünglinge oder jungen Männer ermahne desgleichen, besonnen zu sein.“ Wieder das Stichwort „besonnen“, also gesunder Menschenverstand.
Titus soll sich selbst als Vorbild guter Werke darstellen, in Lehre, Unverderbtheit, würdigem Ernst, gesunder, nicht zu verurteilender Rede, damit sich die Gegenpartei schämt und nichts Schlechtes über uns sagen kann.
Gesunde Rede ist das Gegenteil von kranker Rede.
Man kann sein eigenes Vokabular prüfen und erkennen, welche Ausdrücke krankhaft sind.
Manche Prediger sprechen unflätig, um modern zu wirken, machen sich aber lächerlich und unglaubwürdig.
Klare biblische Lehre gilt auch für den Gebrauch der Worte.
Dann heißt es: „Die Knechte ermahne, ihren eigenen Herren unterwürfig zu sein, in allem sich wohlgefällig zu machen, nicht widersprechend, nichts unterschlagend, sondern alle gute Treue erweisend, damit sie die Lehre unseres Heilandgottes zieren.“
Knechte oder Sklaven sind hier Arbeitnehmer. Auch heute gilt diese Anweisung für Arbeitnehmer.
Ihr Verhalten soll die christliche Lehre schmücken.
Dann folgt ein Konzentrat der Lehre:
„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, dass wir die Gottlosigkeit und weltlichen Lüste verleugnen, besonnen, gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich selbst ein Eigentumsvolk, eifrig in guten Werken.“
Das ist eine Zusammenfassung des Heilswerks.
Vers 11: Die Gnade Gottes ist vor zweitausend Jahren erschienen, heilbringend für alle Menschen. Gott belehrt uns, damit wir Gottlosigkeit und weltliche Lüste verleugnen.
Weltliche Lüste umfassen alles, worüber sich Gottlose freuen, auch am Wochenende und zwischendurch.
Wir leben in der Zwischenzeit, in der Christen durch Gottes Gnade unterwiesen werden, so zu leben, dass sie der Gnade würdig sind.
Vers 13: „Erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus.“ Das ist die Zukunft, die Wiederkunft Jesu.
Zuerst das Kommen, dann die Zwischenzeit, dann die Aussicht auf das zweite Kommen in Herrlichkeit.
Die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit sind ein und dasselbe, gemäß der grammatischen Regel im Griechischen (Sharps Regel).
Es ist das Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit.
Vorher wird die Entrückung stattfinden, dann die himmlische Herrlichkeit, die Hochzeit des Lammes, und dann kommt Jesus in Macht und Herrlichkeit zurück.
Wir freuen uns auf diesen Tag, denn jetzt ist Jesus noch verworfen, und wir sind auf seiner Seite.
Darum ist nicht nur die Entrückung eine wunderbare Hoffnung, sondern auch das kommende Kommen Jesu in Herrlichkeit.
In Vers 13 haben wir zwei Namen: „Unser großer Gott und Heiland Jesus Christus.“ Sharps Regel besagt, dass es sich um dieselbe Person handelt.
Dieser Text nennt Jesus Christus „unser großen Gott und Heiland“.
Manche behaupten, Jesus werde in der Bibel nicht als Gott bezeichnet. Diese Irrlehre verbreitet sich, besonders unter judaisierenden Gruppen, die zu den jüdischen Wurzeln zurückkehren wollen.
Im jüdischen Denken ist die Dreieinheit undenkbar. Das stimmt aber nicht, das Gegenteil wird in der rabbinischen Literatur bewiesen.
Das Dreieinigkeitsdogma wurde nicht im 4. Jahrhundert erfunden, sondern ist biblisch belegt.
Die Bibel lehrt die Gottheit Jesu an vielen Stellen, z. B. Johannes 1,2; Johannes 20,28; Apostelgeschichte 20; Römer 9,5.
Hier wird Jesus als „unser großer Gott und Heiland“ genannt.
Weiter wird erklärt, wie Jesus sich am Kreuz für uns hingegeben hat, um uns loszukaufen von aller Gesetzlosigkeit und uns zu reinigen, damit wir ein Eigentumsvolk sind.
Beim Bibellesen markiere ich konsequent alle Namen Gottes. Man findet hunderte Namen, die Gottes Wesen umschreiben.
Ich markiere auch die Namen der Erlösten, z. B. „die Auserwählten Gottes“ und „ein Eigentumsvolk“, ein Volk, das ganz Gott gehört und sich durch Eifer in guten Werken auszeichnet.
Titus war ein eifriger Mann, und er sollte lehren, dass alle Gläubigen wie Titus eifrig in guten Werken sein sollen.
Paulus sagt Titus, er soll diese Dinge reden, ermahnen und überführen, also auch Widersprechende widerlegen.
Die Autorität des Titus beruhte nicht auf seiner Person, sondern auf dem Wort Gottes, das er weitergab.
Autorität ist nicht in uns selbst begründet, sondern in der Autorität des Wortes Gottes.
Kapitel 3: Wir leben in einer Zeit, in der viele Verkündiger des Wortes Gottes kaum noch mit Überzeugung für etwas einstehen können.
Das Wort Gottes sagt klar, wie es ist. Erkenntnis ist Stückwerk, aber wir sollen Fortschritte machen und das Wort Gottes prüfen.
Wenn wir erkennen, dass die Bibel etwas so sagt, sollen wir dazu stehen, nicht nur sagen: „Vielleicht“ oder „Möglicherweise.“
Biblische Erkenntnis ist nicht eine demokratische Übereinkunft im Hauskreis.
Es gibt verschiedene Standpunkte in der evangelikalen Welt, aber Gewissheiten sind oft verloren gegangen.
Kapitel 3, Vers 1: „Erinnere sie, Obrigkeiten und Gewalten unterworfen zu sein, gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein, niemanden zu lästern, nicht streitsüchtig zu sein, alle Sanftmut erweisend gegen alle Menschen.“
Die Kreter waren ein aufrührisches Volk. Um 67 vor Christus eroberten die Römer Kreta und setzten eine neue Regierung ein, was nicht einfach war.
Trotzdem lehrt diese Stelle, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, auch unter schwierigen Regimen.
Die Regierung darf aber nie etwas fordern, was gegen Glaubensgrundlagen verstößt. Dann gilt, wie Petrus in Apostelgeschichte 5 sagt: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.
Das sind Ausnahmen, die meisten können wir ohne Problem gehorchen.
Vers 3 erklärt, warum wir so gegenüber anderen Menschen sein sollen: „Einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Lüsten und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.“
Es ist wichtig, die Vergangenheit nicht zu vergessen. Das macht uns gnädiger gegenüber anderen.
Ungläubige, die dem Wort Gottes widerstehen, waren früher oft genauso.
Vers 4: „Aber als die Güte und Menschenliebe unseres Heilandgottes erschien, errettete er uns.“
Dieses „Aber“ bringt die große Wende im Leben eines Gläubigen.
Als junger Mensch hatte ich eine Auseinandersetzung mit einem Pfarrer, der sagte, die Bibel sei nicht wörtlich inspiriert. Sein Bruder, ein Theologieprofessor, meinte auch, man könne nicht jedes kleine Wort als inspiriert ansehen.
Ich sagte: Nimmt man alle kleinen Wörter weg, bleibt nichts übrig. Gerade Strukturwörter wie „als“ und „aber“ sind entscheidend.
„Aber die Güte und Menschenliebe“ – auf Griechisch „Philanthropia“ – ist die Menschenliebe Gottes. Es berührt uns, dass Gott Menschen liebt, weil sie Menschen sind.
Vers 5: „Errettete er uns nicht aus Werken der Gerechtigkeit, die wir getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes.“
Gott hat reichlich den Heiligen Geist über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Heiland, damit wir gerechtfertigt durch seine Gnade erben nach der Hoffnung des ewigen Lebens.
Das ist die Rechtfertigungslehre aus dem Römerbrief kurz zusammengefasst: Gott spricht den Sünder gerecht, weil Jesus am Kreuz seine Schuld weggetan hat, ohne unsere Leistung.
Vers 8: „Das Wort ist gewiss, und ich will, dass du auf diesen Dingen festbestehst, auf dass die, welche Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben.“
Auch hier ist „Das Wort ist gewiss“ ein Kontrast zu vielen heutigen Unsicherheiten.
Diese Verse sind wichtig. Ob wir das richtig verstehen, ist eine große Frage. 1. Korinther 3 erklärt, dass fleischliches Leben Gottes Wort nicht richtig verstehen kann.
Es hängt davon ab, ob wir entschieden mit dem Herrn leben. Gott gibt Licht, wenn wir ihm folgen.
Wer sagt, die Bibel weiß nicht, was sie bedeutet, sagt, Gott könne uns nicht erklären, was das Wort bedeutet.
Vers 14: „Dies ist gut und nützlich für die Menschen.“
Törichte Streitfragen, Geschlechtsregister, Stammbäume und Streitigkeiten über das Gesetz soll man vermeiden, denn sie sind unnütz und eitel.
Einen sektiererischen Menschen soll man nach ein- und zweimaliger Zurechtweisung weisen, weil man weiß, dass er verkehrt und sündigt und sich selbst verurteilt.
Ein sektiererischer Mensch ist nicht unbedingt ein Irrlehrer, sondern jemand, der durch Sonderlehre Spaltung unter Gläubigen herbeiführt.
Wie beim Fußball gibt es gelbe Karte, dann rote Karte, dann ist er weg.
Das schützt die Gemeinde vor Unruhe und Spaltung.
Vers 12: „Wenn ich Artemas oder Tychikus zu dir sende, sollen sie Titus auf der Insel ersetzen. Befleißige dich, zu mir nach Nikopolis zu kommen, denn ich habe beschlossen, dort zu überwintern.“
Zenas, dem Gesetzgelehrten, und Apollos soll Titus mit Sorgfalt das Geleit geben, damit ihnen nichts fehle.
Die Gemeinde soll Missionare unterstützen, damit sie ihre Missionsreisen durchführen können.
Schließlich: „Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüßet die Lieben im Glauben. Die Gnade sei mit euch allen. Amen.“
Zum Schluss: Herr Jesus, wir danken dir für diese Perle, den Titusbrief, der so praktisch und konkret ist, gerade auch für unsere Zeit.
Er war immer aktuell, aber du siehst, in welcher Zeit wir leben, wie viele Dinge infrage gestellt werden und Fundamente umgerissen werden.
Wir sind froh, dass wir durch diesen Brief ermutigt werden, mutig mit dir voranzugehen.
Wir haben von deiner Gnade gelesen, die uns errettet hat, und von deiner Gnade, die uns hilft, treu bis zum Schluss zu gehen.
Danke, dass wir uns auf dein Kommen freuen dürfen und auf deine Erscheinung, wenn du das letzte Wort auf dieser Erde sprechen wirst.
Wir empfehlen uns dir und deiner Gnade an, dass du uns bewahrst, wenn wir weitergehen, nach Hause gehen, und hilfst, in dieser letzten Zeit bis zu deinem Kommen zu bestehen.
Amen.
