Einladung zum Glaubenslauf
Komm, wir laufen einen Marathon. Was würdest du sagen, wenn dich jemand dazu einlädt? Ich sehe in gequälte Gesichter. Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Aber ich bin mir sicher, dass die meisten von uns das nicht auf ihrer To-do-Liste haben. Auch nicht auf der Liste mit guten Vorsätzen für das neue Jahr, einen Marathon zu laufen.
Ein bisschen mehr Bewegung wäre schon gut, besonders nach dem vielen guten Essen und der wenigen Bewegung in der Weihnachtszeit. Aber Marathon? Ist das nicht schrecklich ungesund für die Gelenke und den Kreislauf? Sport ist Mord, und Marathon sowieso.
Diese Frage will ich nicht beantworten. Dazu habe ich keine Kompetenzen. Das müssen andere klären, ob das wirklich gut und gesund ist.
Aber ich möchte mit euch über einen anderen Lauf nachdenken: den Lauf des Glaubens. Den Lauf, den jeder Christ laufen muss, zu dem wir bestimmt sind. Die Bibel vergleicht diesen Lauf auch mit einem Langstreckenlauf, man kann sagen mit einem Marathon. Ein Lauf, für den es Ausdauer braucht. Ein Lauf, bei dem uns Schwierigkeiten und auch Widerstände erwarten. Das geht in der Regel nicht so einfach durch.
Aber es ist ein Lauf, der sich lohnt. Ein Lauf, der mit großer Freude belohnt wird – am Ziel, am Ende, wenn wir dort angekommen sind.
Wie laufen wir diesen Lauf erfolgreich? Wie kommen wir gut an? Darum geht es in Hebräer 12, den Versen 1 und 2. Diese Verse können uns die Richtung geben und zeigen, wie wir diesen Lauf gut laufen.
Ich möchte uns diese zwei Verse aus der Schlachter-Übersetzung vorlesen: Hebräer 12,1-2
„Da wir nun eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, so lasst uns jede Last ablegen und die Sünde, die uns so leicht umstrickt, und lasst uns mit Ausdauer laufen in dem Kampf, der vor uns liegt, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete und dabei die Schande für nichts achtete und der sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.“
Lass uns noch einmal beten:
Vater, wir wollen dir so sehr danken, dass du uns alles gibst und alles sagst, was es braucht für diesen Lauf des Glaubens. Wir beten jetzt, dass dieses Wort uns hilft, nicht müde zu werden, sondern ausdauernd weiterzulaufen – mit dem Blick auf Jesus, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens. Herr, rüste du uns zu, das beten wir in Jesu Namen. Amen.
Der Kontext der Herausforderung
Lasst uns kurz über den Kontext dieser Verse nachdenken. Wir haben bereits ein wenig aus Kapitel 11 gehört und erfahren, worum es dabei geht.
Die Christen, an die dieser Brief zuerst geschrieben wurde, standen unter großem Druck. Sie wurden wegen ihres Glaubens angefeindet und verfolgt. Manche von ihnen mussten schlimmes Leid erfahren. Die Leute verspotteten sie, einige wurden ins Gefängnis geworfen, anderen nahm man Haus und Hof weg. Das kann man in Kapitel 10, Vers 32 nachlesen, falls ihr das später noch einmal nachschlagen möchtet. Dort steht, was sie teilweise durchgemacht und erlitten haben.
Wenn man so etwas erlebt, ist die Versuchung groß, aufzugeben und sich zu fragen: Bringt es überhaupt etwas, mit Jesus zu leben, wenn am Ende so viel Leid und Verlust auf einen zukommt? Wenn mir alles genommen wird und es immer schwieriger wird, lohnt sich das dann wirklich?
Es muss Menschen in dieser Gemeinde gegeben haben, die genau das gesagt haben: Das bringt nichts. Sie kehrten Gott und der Gemeinde den Rücken zu, gingen fort und sagten: Den Preis wollen wir nicht bezahlen, es ist uns nicht wert, mit Jesus zu leben.
In dieser Situation erinnert der Autor des Hebräerbriefs die Christen an zahlreiche Gläubige, die vor ihnen gelebt haben. Manche von ihnen sind schon sehr lange vor ihnen den Weg mit Gott gegangen.
Er zeigt ihnen: Schaut mal, da waren viele dabei, die ebenfalls durch Schwierigkeiten und große Bedrängnisse gegangen sind. In der Lesung haben wir gehört, dass er sie an viele Glaubensväter und Glaubensmütter erinnert: an Abel, Noah, Abraham und Sarah, an Joseph, Mose, Rahab und viele andere mehr. Diese Menschen sind im Glauben gelaufen und haben teilweise große Bedrängnis und Schwierigkeiten erlebt.
Doch sie sind durch alle Nöte und Herausforderungen hindurchgekommen. Gott hat sie durchgebracht. Sie sind im Glauben geblieben und haben dem Herrn vertraut.
Wenn man ihre Geschichten betrachtet und die Liste der Glaubensväter und -mütter liest, erkennt man, dass Gott oft gerade die Schwierigkeiten in ihrem Leben gebraucht hat, um großen Segen zu wirken. Er hat Wunder getan und etwas Gutes daraus gemacht – etwas Schönes, nicht nur für sie selbst, sondern auch für andere Menschen.
Diese Menschen sind den Lauf des Glaubens bereits gegangen. Genau darauf greift der Autor in Kapitel 12 auf, wenn er sagt: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns laufen.
Das bedeutet, das Vorbild dieser Männer und Frauen soll uns als Christen motivieren und anspornen, selbst den Lauf des Glaubens zu laufen. Es ist möglich, diesen Marathon zu bewältigen. Auch wir können das Ziel erreichen.
Wesentliche Voraussetzungen für den Glaubenslauf
Wie laufen wir den Lauf so, dass auch wir gut ankommen? Der Text nennt uns zwei sehr wesentliche Dinge.
Das Erste ist, Lasten und Sünde abzulegen, um laufen zu können. Das Zweite ist, den Blick auf Jesus zu richten.
Tatsächlich gibt es sogar eine Verbindung zwischen diesen beiden Punkten. Das eine, also das Ablegen von Lasten und Sünde, geschieht, indem du auf Jesus schaust.
Lasten und Sünde ablegen
Lassen Sie uns über den ersten Punkt nachdenken, der in Vers 1 genannt wird: Leg Lasten und Sünde ab. Wer erfolgreich laufen will, belädt sich nicht mit unnötigem Gewicht. In diesem Jahr hatten wir die Olympiade in Paris, wo man das wieder bewundern konnte. Manche waren fast empört darüber, wie leicht manche Läuferinnen und Läufer an den Start gingen. Aber das ist eine Wissenschaft für sich.
Die Kleidung wird immer dünner und enger gemacht, damit möglichst wenig Luftwiderstand entsteht, wenn man die Strecke läuft. Der Lauf muss gut gelingen, die Luft soll nicht hindern. Auch die Laufschuhe werden immer leichter gemacht – kein Gramm zu viel, gerade so, dass man gut laufen kann, aber nicht belastet wird.
Noch wichtiger ist, dass beim Laufen nichts zwischen die Füße gerät. Ein offener Schnürsenkel kann fatal sein: Man stolpert, verfängt sich darin und fällt – der Sieg ist dann nicht mehr möglich. Genau dieses Bild verwendet der Verfasser des Hebräerbriefs, wenn er vom Lauf des Glaubens spricht. Er sagt, dass Sünde uns so leicht umstricken kann, dass sie uns zu Fall bringt – wie ein Schnürsenkel, über den man stolpert und fällt. Darum heißt es: Leg das ab!
In der Bibel gibt es mahnende Beispiele, wie Sünde Menschen zu Fall bringen kann, selbst solche, die gut angefangen haben. Ich denke immer wieder an Salomo. Er startete hervorragend, begann den Lauf gut. Gott fragte ihn: „Was wünschst du dir von mir?“ Er hätte alles wünschen können und sagte: „Gib mir ein weises und verständiges Herz.“ Gott freute sich über diesen Wunsch, erfüllte ihn gerne und gab ihm dieses Herz.
Salomo lebte für den Herrn, baute einen Tempel und tat viele gute, weise Dinge. Doch im Alter machte er etwas völlig Unweises: Er heiratete Frauen aus anderen Völkern. Gott hatte doch gesagt, das solle niemand aus seinem Volk tun – keine Vermischung mit ihnen, weil sie andere Götter hatten. Die Gefahr bestand, dass diese Frauen sein Herz von Gott wegführen würden.
Das war eine Sünde. Sünde bedeutet, nicht das zu tun, was Gott gefällt, seine Gebote zu übertreten, nicht „Dein Wille geschehe“ zu sagen, sondern „Mein Wille geschehe“. Salomo tat genau das: Er heiratete fremde Frauen. Und zu dieser einen Sünde kam die nächste, vor der Gott gewarnt hatte: Diese Frauen kehrten sein Herz tatsächlich vom lebendigen Gott weg.
Wir lesen davon – es ist kaum vorstellbar –, dass Salomo, der so gut angefangen hatte, dann fremden Göttern diente und sie anbetete. Das ist ein eindrücklicher und schlimmer Bericht, den uns die Bibel gibt. Wahrscheinlich dachte Salomo, er habe alles im Griff und könne das kontrollieren, aber das konnte er nicht.
Wie es mit Salomo weiterging, wissen wir nicht genau. Wo stehst du in der Versuchung, Gottes Gebote zu übertreten? Hast du dich vielleicht schon mit Kompromissen angefreundet? Diese Worte in Hebräer 12 fordern uns heraus: Keine Kompromisse mit der Sünde! Sie hindert dich am Laufen, umstrickt dich, bringt dich aus dem Tritt und kann dich schwer zu Fall bringen.
Darum lasst uns nicht müde werden – werde du nicht müde, Sünde Sünde zu nennen. Nimm dich vor ihr in Acht! Wo immer du sie in deinem Leben erkennst, keine Freundschaft mit der Sünde! Kehre um, leg sie ab, heißt es hier.
Doch es geht noch um mehr als nur darum, die Sünde loszulassen. Das wird hier auch deutlich: Der Briefschreiber sagt, Christen sollen jede Last ablegen. Es gibt Dinge, die zunächst keine Sünde sind, die uns aber trotzdem behindern und im Weg stehen auf dem Lauf des Glaubens.
Ich möchte einige Beispiele geben: Es kann der Wunsch nach einem Ehepartner sein oder, wenn du verheiratet bist, der Wunsch nach einer besseren Ehe. Vielleicht wünscht ihr euch als Paar Kinder und habt bisher keine bekommen. Oder ihr habt Kinder und wünscht euch, dass sie ganz anders leben. Ihr habt eine viel bessere Vision für ihr Leben, aber sie leben nicht so, wie ihr es euch wünscht und wie es in euren Augen gut wäre.
Es kann der Traum von einer Arbeitsstelle, einem besseren Job, einem neuen Zuhause, Gesundheit, mehr Freizeit oder Ruhe sein. Nichts von all dem ist grundsätzlich verkehrt, nichts davon würde man als Sünde bezeichnen. Es ist keine Sünde, sich einen Partner zu wünschen. Es ist keine Sünde, sich eine bessere Ehe zu wünschen. Im Gegenteil: Es ist gut, daran zu arbeiten und sich dafür einzusetzen.
Doch manche Sehnsüchte erfüllen sich nicht in dieser Welt. Große Träume bleiben oft Träume. Wenn du nicht aufpasst, wird so ein Traum so groß, dass er dich komplett vereinnahmt. Er wird zu einem richtigen Ballast in deinem Leben, macht dein Leben schwer und auch deinen Lauf im Glauben. Er raubt dir den Fokus und verstellt dir den Blick auf Gott.
Dann gehst du durchs Leben niedergeschlagen, vielleicht auch zornig und mürrisch, weil du denkst: „Ich brauche das, um glücklich und erfüllt zu sein.“ Die Gedanken kreisen nur um diese eine Sache, und du bist blockiert für deinen Lauf des Glaubens, blockiert für das Wesentliche, das Gott von dir möchte und wohin er mit dir gehen will.
Gibt es solche Dinge in deinem Leben? Sehnsüchte, die sich bisher nicht erfüllt haben und die von dir viel Emotionen, Zeit und Kraft in Anspruch nehmen? Zu viel Emotionen, zu viel Zeit, zu viel Kraft? Oder Dinge, die du hast, die dir aber den Fokus auf das Wesentliche rauben?
Das kann zum Beispiel ein sehr gut bezahlter Job sein, der dich aber daran hindert, genug Zeit für die Beziehung zu Gott, für deine Ehefrau, deine Kinder oder den Dienst in der Gemeinde zu haben. Es können viele Dinge sein, die wir besitzen, die uns aber behindern und eine Last im Lauf des Glaubens sind.
Manches müssen wir ablegen, auch wenn wir keinen konkreten Bibelvers finden, der uns dazu auffordert. Wenn du als Christ nur darauf achtest, die verbotenen Dinge zu meiden, ist das ein viel zu kleiner Standard.
Ich werde nie vergessen, wie ich vor einigen Jahren mit einem Fußballer aus der Gemeinde zum Mittagessen war. Es gab wunderbare Burger und leckere Pommes, doch der Mann bestellte sich einen Salat. Ich dachte: „Mann, die Pommes müsstest du probieren.“ Aber er wusste: Wenn ich einmal anfange, regelmäßig Pommes zu essen, ist das schlecht für meine Fitness und meine Leistung. Deshalb verzichtete er auf die leckeren Pommes – für ein größeres Ziel, um erfolgreich in seinem Verein zu sein und seine beste Leistung zu bringen.
Gottes Wort fordert uns hier auf, mit dem Mindset eines Sportlers zu leben. Wir sollen sehr genau darüber nachdenken: Was hindert mich daran, mit voller Kraft, Eifer und Leidenschaft den Lauf des Glaubens zu laufen? Was beschwert mich, blockiert mich?
Dann sollen wir, wenn nötig, auch radikale Entscheidungen treffen – manchmal gegen an sich wirklich gute Dinge. Es kann sein, dass du einen Traum, den du hast, ganz bewusst vor Gott loslassen musst und sagen musst: „Gott, ich lege dir das hin.“ Manche haben das erlebt. Ich habe von jemandem gehört, der sagte: „Ich habe diesen Traum, eine Ehefrau zu finden, bei Gott wirklich losgelassen, ich habe es abgegeben.“ An diesem Punkt wurde es für ihn leichter, mit Gott und für Gott zu leben. Vielleicht schenkt Gott ihm noch eine Frau, vielleicht auch nicht, aber er hat es abgegeben.
Es kann auch bedeuten, eine liebgewonnene Gewohnheit aufzugeben, weil du merkst, dass sie dir im Weg steht und dich im Lauf behindert. Das ist nicht dienlich für das größere Ziel.
Was ist unser großes Ziel als Christen? Beim Sportler ist es klar: Er will Erfolg haben, mit dem Klub Meister werden. Was ist unser Ziel als Christen? Wofür laufen wir? Wir laufen für Jesus. Wir wollen ihm ähnlicher werden und wollen, dass andere Jesus begegnen, ihre Freude in ihm finden und in der Beziehung zu ihm wachsen.
Darum geht es: Auch der Auftrag, den Jesus seinen Jüngern gegeben hat, gilt uns. Er sagt: „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker. Bringt ihnen das Evangelium. Menschen sollen die gute Botschaft hören und hoffentlich glauben.“ Dann sagt Jesus: „Lehret sie halten alles, was ich euch geboten habe.“
Darum geht es bei unserem Lauf.
Der Kampf und die Hilfe zum Ausdauerlauf
Aber ist das nicht ganz schön schwer? Die meisten von uns – mich eingeschlossen – müssen doch sagen, dass es ein Kampf ist.
Es ist ein Kampf, den Fokus zu behalten, Sünde abzulegen und das, was uns belastet, in diesem Lauf loszulassen. Wie gelingt uns das? Wie gelingt uns das besser?
Das ist ja ein Prozess, ein Lauf, eine Entwicklung, die auch Gott mit uns macht. Wie gelingt uns das besser?
Dazu hilft uns der zweite Punkt: Wir können Lasten loslassen, wir können Sünde ablegen, indem wir auf Jesus schauen.
Den Blick auf Jesus richten
Der zweite Punkt: Schau auf Jesus. Der Weg, wie du Lasten ablegst, Sünde überwindest und mit Ausdauer läufst, ist voller Fokus auf Jesus. Wir sollen laufen, heißt es hier, in Vers 2, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Alles hängt an ihm – vom Anfang bis zum Ende.
Wie hilft uns der Blick auf Jesus, mit Ausdauer bis ans Ziel zu laufen? In dem Vers finden wir mindestens drei Antworten, drei Lektionen, die uns zeigen, wie uns das hilft, wenn wir auf Jesus schauen, gut zu laufen und das Ziel zu erreichen.
Die erste Lektion ist: Schau auf das, was Jesus getan hat. „Er erduldete das Kreuz“, heißt es in diesem Vers. Er hat das Kreuz erduldet. Nur weil er das gemacht hat, weil er sein Leben am Kreuz von Golgatha gegeben hat, können wir überhaupt mit Gott leben und diesen Lauf des Glaubens gehen. Jesus hat sich am Kreuz hingegeben, er hat den Schmerz ertragen – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Die Bibel sagt es uns ganz klar: Er trug dort den gerechten Zorn Gottes. Er hat für unsere Schuld bezahlt, für die Schuld, die wir vor Gott haben, für unsere Sünde. Er nahm die Strafe dafür auf sich.
Der Text richtet sich hier an Christen und soll uns helfen, unseren Lauf des Glaubens zu leben. Aber wenn du noch kein Christ bist, möchte ich dich an dieser Stelle ermutigen und herausfordern: Schau auf das Kreuz und lerne, was das mit dir zu tun hat. Du brauchst Jesus mehr, als du vielleicht im Moment ahnst. Du kannst nur durch Jesus Christus mit Gott versöhnt sein. Nur durch Jesus kannst du in eine Beziehung zu Gott kommen. Es hängt alles daran, ob du ihm vertraust oder nicht.
Der Blick zurück aufs Kreuz, auf das, was Jesus getan hat, ist nicht nur etwas für den Anfang, wenn du Christ wirst und dann weitergehst. Wir müssen immer wieder zurückschauen, immer wieder auf das Kreuz von Golgatha blicken und sehen, was Jesus dort getan hat. Denn in unserem Lauf des Glaubens versagen wir alle immer wieder. Wir kommen alle ins Straucheln, und manchmal fallen wir sogar auf die Nase – durch die Sünde in unserem Leben.
Niemand kann von sich behaupten, er habe die Sünde schon vollständig abgelegt. Ich möchte uns an die bekannten Worte aus dem ersten Johannesbrief erinnern, wo Johannes sagt: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Johannes 1,8-9).
Das heißt: Als Christ muss ich immer wieder zurückschauen auf das Kreuz von Golgatha. Ich darf sehen, dass Jesus für alles bezahlt hat – für alle meine Schuld, auch die, die ich heute auf mich lade. Ich darf neu kommen und sagen: Herr, vergib mir, nimm mir meine Sünde, schenk mir deine Gerechtigkeit, mach mich frei davon und hilf mir, für dich zu laufen. Diesen Blick zurück brauchst du. Dort findest du Gnade und neuen Antrieb für deinen Lauf. Du wirst nicht hoffnungslos, wenn du wieder gestolpert bist, weil du siehst: Der Herr ist mit mir, er ist für mich. Er ist so gut, dass er auch für diese Schuld bezahlt hat.
Gleichzeitig ist es wichtig zu sehen, dass das Kreuz auch zeigt, wie schlimm die Sünde ist. Das Kreuz hilft uns, die Sünde nicht zu verniedlichen oder zu sagen: „Na, das passt schon so in meinem Leben.“ Wenn ich aufs Kreuz schaue, sehe ich den Preis der Sünde. Jemand musste sterben, und zwar so sterben. Wenn Jesus nicht für mich gestorben wäre, müsste ich dort hängen und für meine Sünde bezahlen.
Das hilft uns, uns nicht mit der Sünde anzufreunden, sondern den Kampf mit voller Hoffnung aufzunehmen. Wenn wir straucheln, dürfen wir uns neu auf die Gnade stellen. Die Gnade macht uns bereit dazu.
Das bringt uns zur zweiten Lektion: Schau auf das, was Jesus jetzt tut. Was er am Kreuz getan hat, tut er jetzt. Er hat sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt, heißt es hier. Jesus regiert. Bevor er in den Himmel auffuhr, sagte er seinen Jüngern: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“
Es gibt Trost, Sicherheit und Hoffnung, wenn du daran glaubst, dass Jesus jetzt zur Rechten Gottes sitzt und über diese ganze Welt und dein Leben herrscht. Semmi hat uns am Anfang daran erinnert, dass dieses Jahr wieder ein schwieriges Jahr war. Wir lesen die Nachrichten, hören davon, sehen die Wirtschaftskrise, und manche bangen um den Job. Wir sehen die Angst vor Krieg und Terror – und das sind nur die großen, die Megathemen.
Viele von uns tragen auch ganz persönliche schwere Lasten und gehen durch große Schwierigkeiten. Marathonläufer berichten oft, dass es auf dem langen Lauf zwischen Kilometer dreißig und fünfunddreißig einen ganz harten Punkt gibt, den sogenannten „Mann mit dem Hammer“. Es muss ein Gefühl sein, das ich nicht aus eigener Erfahrung kenne, aber sie sagen, es ist, als würde man gegen eine Wand laufen. Die Beine werden schwach, und man kann eigentlich nicht mehr.
Doch dann machen sie die Erfahrung: Wenn sie weiter einen Fuß vor den anderen setzen, einen Schritt nach dem anderen machen, kommen sie durch. Sie schaffen mehr, als sie erwartet hätten. Der Körper ist zu mehr in der Lage – es geht weiter.
Wie viel mehr gilt das für uns als Christen, wenn wir Gott auf unserer Seite haben, wenn er für uns ist – mit seiner Macht und Kraft. Wenn er sogar in uns wohnt, durch seinen Heiligen Geist, der in uns eingezogen ist mit seiner Kraft. Er trägt uns wirklich durch. Er hat die Macht, uns auch in den schwierigsten Umständen durchzubringen, selbst wenn das Leben richtig schwer wird.
Ich denke an schwerkranke Glaubensgeschwister, die das bezeugen. Gottes Macht habe ich selbst am stärksten erfahren in meiner Krankheit und Schwachheit, als ich auf dem Krankenbett lag und nicht mehr konnte. Alles tat weh, aber Gott war da. Da war eine Präsenz Gottes, die ich vorher nicht erlebt hatte.
Ich denke an Hinterbliebene von Märtyrern, die nicht hoffnungslos oder depressiv wurden, sondern Kraft bekamen, sogar den Mördern ihrer Liebsten zu vergeben und hoffnungsvoll weiterzuleben. Teilweise betreiben sie sogar weiter Mission in Ländern, in denen solche Dinge passiert sind. Diese Kraft ist nicht von dieser Welt.
Ich denke an Christen, die von ihrem Ehepartner betrogen wurden und nicht verbittert sind, sondern von Gott die Kraft bekommen haben, mit dem Blick auf Jesus weiterzulaufen. Manchmal hat Gott ihnen sogar das Geschenk gegeben, weiter in der Beziehung zu bleiben. Die Beziehung wurde gerettet, die Ehe wurde gerettet.
Jesus sitzt auf dem Thron. Er hat die Macht, die Kraft, und hält alles in seiner Hand – auch dein Leben. Das darf dich auf schwere Zeiten vorbereiten, wenn du gerade eine relativ leichte und unbeschwerte Zeit erlebst. Du darfst vorbereitet sein. Der Herr sitzt auf dem Thron, und das gilt immer.
Es darf dich trösten, wenn du gerade durch ein tiefes Tal gehst oder, um beim Marathon zu bleiben, einen steilen Berg hochläufst und es richtig schwierig ist. Du darfst darauf vertrauen, dass der Herr bei dir ist. Hoffentlich können wir als Gemeinde dich auch unterstützen. Oft gebraucht er dafür andere Christen.
Es ist ja auch so, dass man sich in solchen Situationen manchmal selbst nicht mehr zusprechen kann, aber der Zuspruch tut so gut. Da ist jemand, der dir sagt: Gott ist mit dir. Wie es in den Worten heißt: „Ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich“ (Psalm 23,4). Gott geht mit, er trägt dich, auch dort, wo du selbst nicht mehr weiterkommst.
Die Zukunft im Blick behalten
Und an die dritte Lektion: Schau auf das, was Jesus tun wird. Er ist nicht nur der Anfänger des Glaubens, der am Kreuz den Weg freigemacht hat. Er ist auch der, der uns mit seiner Kraft auf diesem Lauf durchträgt. Darüber hinaus ist er der Vollender, der Anfänger und Vollender des Glaubens. Jesus erwartet dich am Ziel.
Jetzt lebst du im Glauben, aber eines Tages wirst du vor ihm stehen und ihn sehen, so wie er ist. Dann, wenn du heimgehst, wenn du stirbst und zu ihm gehst, oder wenn er wiederkommt mit den Wolken des Himmels – wie es uns die Bibel beschreibt –, wenn er wiederkommt als der mächtige Herr, vor dem sich alle Knie beugen müssen. Für uns wird das ein sehr, sehr schöner Tag sein, wenn wir ihm glauben.
Schau auf das, was Jesus tun wird: Er kommt wieder.
Wie konnte Jesus seinen Lauf laufen? Vers 2 sagt uns, dass Jesus ihn laufen konnte, weil er nach vorne geschaut hat. Er hat auf die Freude geschaut, die ihn erwarten würde. Das heißt in Vers 2, dass er um der vor ihm liegenden Freude das Kreuz erduldete. Jesus hat also nicht nur das Kreuz gesehen – die Tortur, die Pein, das, was das mit sich bringen würde –, sondern er hat schon darüber hinaus gesehen, was danach kommt.
Und was war die Freude, die Jesus angetrieben hat? Sicher zum einen, dass er wusste, danach werde ich auferstehen, ich werde in den Himmel auffahren und wieder mit meinem Vater vereint sein in dieser innigen, engen Beziehung, die wir von Ewigkeit her hatten. Die Herrlichkeit des Himmels liegt vor mir.
Aber es war mehr als das. Jesus hatte die Freude im Blick, dass seine Mission erfolgreich sein würde. Wozu ist er gekommen? Als Retter für Sünder. Und Jesus wusste: Wenn ich da durchgehe, wenn ich das durchmache, dann mache ich den Weg frei für ganz viele Menschen aus allen Nationen zum Vater, zu Gott. Sie werden durch mein Opfer am Kreuz mit dem Vater versöhnt.
Das hat Jesus auf dem Weg ans Kreuz beflügelt. Es hat ihm große Freude bereitet, das zu sehen. Es hat ihm nicht den Schmerz ausblenden lassen. Wir sehen, wie er noch kurz davor mit dem Vater ringt. Aber er wusste, es lohnt sich. Es lohnt sich so sehr, diesen Weg bis ans Ende zu gehen. Es war die Freude, die Jesus im Blick hatte.
Ist das nicht atemberaubend? Jesus schaut auf das Kreuz, auf die Qualen, die vor ihm liegen. Er weiß, was ihn erwartet. Aber er schaut weiter. Er sieht: Es lohnt sich. Ich werde Menschen in Gottes Familie hineinlieben.
Wenn du Jesus vertraust, dann darfst du das wissen: Er ging diesen Weg des Schmerzes mit Freude – auch für dich ganz persönlich. Er hat dich im Blick gehabt. Er hat sich darauf gefreut, dass der Tag kommt, an dem er an der Ziellinie mit offenen Armen sagt: Schön, dass du da bist, schön, dass du in meiner Familie bist. Wir werden die Ewigkeit zusammen verbringen.
Herzlich willkommen! Ich habe es für dich getan. Ich schenke dir das ewige Leben.
Die Freude, die Jesus vor Augen hatte, hilft auch uns, unseren Lauf zu laufen. Das Ziel ist unbeschreiblich herrlich. Wir laufen zu dem, der für uns in den Tod gegangen ist, der sich für uns geopfert hat.
Es liegt eine ganz große Kraft darin, darauf zu schauen – nach vorne, auf unseren Herrn Jesus, auf die Freude, die uns erwartet.
Prioritäten setzen für den Glaubenslauf
Das kann die Prioritäten wirklich verändern. Viele von uns fühlen sich gefangen in schlechten Gewohnheiten und in vielem, was uns belastet. Wir schauen zu viele Filme und Serien, verbringen zu viel Zeit am Smartphone. Man kann ja einfach mal nachschauen, wie viel Zeit man heute schon wieder vor dem Bildschirm verbracht hat.
Wir sehen stundenlang Nachrichten und vertrödeln unsere Zeit. Wir tun das, weil es viele so machen. Das sind keine Dinge, bei denen wir uns bewusst hingesetzt und gesagt haben: „Ich möchte meine Zeit auf diese Weise verschwenden.“ Stattdessen machen wir es einfach, weil es in unserer Zeit üblich ist.
Es ist ja auch keine Sünde an sich. Serien schauen oder das Smartphone nutzen, das ist nicht falsch. Aber wirklich förderlich für unseren Glaubensweg ist es oft nicht. Es bringt uns nicht wirklich weiter. Es ist ja nicht so, dass wir ständig als Online-Evangelisten bei WhatsApp unterwegs sind.
Wir wissen eigentlich, dass die Instagram-Profile anderer Leute in der Ewigkeit keine Bedeutung mehr haben. Die Nachrichten, selbst die schlimmsten, werden irgendwann Geschichte sein. Wir werden es nicht bereuen, zu wenig Filme oder Serien geschaut zu haben.
Was wirklich ewig Bedeutung hat, ist unsere Beziehung zu Jesus. Dass wir unsere Freude bei Jesus finden und anderen geholfen haben, hier in dieser Welt ihre Freude ebenfalls bei Jesus zu entdecken. Dass sie darin wachsen, im Vertrauen auf ihn wachsen und im Glaubenslauf ausdauernd vorangehen.
Einladung zur persönlichen Reflexion und Veränderung
Ich möchte dich deshalb zum Schluss ermutigen: Wir stehen jetzt vor dem Jahreswechsel. Das ist eine Zeit, in der viele ein bisschen mehr Ruhe und Zeit haben, um nachzudenken und zu reflektieren – so zwischen den Jahren.
Nimm dir heute oder in den nächsten Tagen etwas Zeit, um persönlich über deinen Lauf des Glaubens nachzudenken. Frag dich selbst und frag Gott: Gibt es Dinge, die ich ablegen sollte? Gibt es Sünde in meinem Leben, die ich bekennen und ablegen muss? Gibt es Lasten, die mich daran hindern, gut zu laufen?
Vielleicht bedeutet das, ein schwieriges Gespräch zu führen, jemanden um Vergebung zu bitten oder aus einem sozialen Netzwerk auszusteigen – das ist heutzutage schon radikal. Oder du kündigst ein Streaming-Abo. Das kann sehr konkret werden.
Aber nur ablegen wäre zu wenig. Das kann ich leider aus eigener Erfahrung sagen. Du kannst einen Zeitkiller oder eine Last in deinem Leben sehr gut durch eine andere ersetzen. Das passiert ganz schnell. Dann bist du WhatsApp los, aber hast wieder andere Möglichkeiten, um im Internet Zeit zu vertrödeln. Du kannst sogar eine Gewohnheitssünde durch eine andere ersetzen. Das kann alles passieren.
Die entscheidende Frage ist deshalb: Wie kannst du darin wachsen, auf Jesus zu schauen? Das ist ja die Richtung, in die der Text hier geht: Legt die Lasten ab, legt die Sünde ab, indem ihr auf Jesus schaut.
Überlege dir also auch, wie du im neuen Jahr oder in nächster Zeit Schritte gehen kannst, um wirklich darin zu wachsen, auf Jesus zu schauen. Und das können wirklich kleine, ganz konkrete Schritte sein.
Du kannst sagen: Ich habe jetzt lange Zeit einfach am Sonntag meine Stunde Gottesdienst gemacht, und unter der Woche war Gemeinde für mich keine große Priorität. Jetzt kannst du sagen: Ich schließe mich einem Hauskreis an, ich gehe in den Frauenbibelkreis, ich möchte mehr Gemeinschaft mit anderen Christen erleben, weil mir das hilft, mehr auf Jesus zu schauen.
Du kannst den morgendlichen Blick auf das Smartphone ersetzen – den ersten Blick auf das Smartphone durch den ersten Blick in die Bibel. Ich kenne manche, die sagen: Kein Frühstück, bevor ich in die Bibel geschaut habe. Nicht aus Gesetzlichkeit, sondern weil sie erkannt haben, dass sie auf Jesus schauen müssen, um ihren Lauf gut zu laufen.
Du kannst kleine Schritte planen – in deiner Ehe, in deiner Familie oder in deiner WG –, um Jesus gemeinsam mehr in den Blick zu nehmen. Du kannst anfangen, konkret vor Menschen in deinem Umfeld zu beten: Herr, schenke mir Möglichkeiten, dass ich ihnen das Evangelium sagen kann.
Mich hat vor ein paar Wochen im Gemeinschaftsgottesdienst am Abend sehr ermutigt, wie Hakan dafür gebetet hat. Ich hoffe, ich darf das erzählen: Er hat gebetet: „Herr, schenke mir eine Möglichkeit, mit den Kollegen über dich zu reden.“ Und Gott hat sofort erhört und gleich eine Möglichkeit geschenkt.
Jesus in den Blick nehmen – aktiv – das hilft, die Lasten loszulassen und Sünde zu überwinden. Du kannst nicht gut laufen, wenn du nicht auf Jesus schaust. Das macht der Text ganz deutlich.
Aber mit ihm im Blick kommst du gut ans Ziel. Er hat für deine Schuld am Kreuz bezahlt. Er gibt dir die Kraft für den Lauf, den du brauchst. Und er erwartet dich an der Ziellinie mit offenen Armen.
Deshalb: Lasst uns jede Last ablegen und die Sünde, die uns so leicht umstrickt. Lasst uns mit Ausdauer laufen in dem Kampf, der vor uns liegt, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.
Abschlussgebet und Segenswunsch
Ich lade uns ein, eine kurze Zeit der Stille zu haben. Danach möchte ich noch mit uns beten.
Herr Jesus, wir danken dir von ganzem Herzen, dass du deinen Lauf gelaufen bist. Wir dürfen erkennen, dass du ihn für uns gelaufen bist, für uns zum Segen. Danke, dass wir heute sehen durften, dass es für dich eine Freude war – nicht der Schmerz an sich, sondern zu sehen, dass es sich lohnt. Du hast dadurch so viele Menschen erkauft und freigekauft von der Sünde, auch uns.
Wir loben dich dafür und beten, dass wir aus Freude darüber und auch wegen der vor uns liegenden Freude unseren Lauf beständig mit Ausdauer laufen können. Hilf uns, Jesus, Lasten abzulegen, Sünde mit deiner Kraft zu überwinden und deine Zeugen in dieser Welt zu sein, die dich so dringend braucht.
Hilf uns, wirklich bis ans Ende zu kommen. Herr, steh uns bei, hilf uns. Wir beten dich an. Amen.