Guten Abend, ich möchte alle herzlich begrüßen. Heute stehen wir im Hohelied 3 und lesen ab Vers 1. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir uns hier in der zweiten Strophe befinden. Die erste Strophe reicht von Kapitel 1, Vers 1b bis Kapitel 2, Vers 5. Das Thema dort ist die Freude der Liebe.
Es folgt der Refrain in Kapitel 2, Vers 7, der Schwur im Zusammenhang mit den Töchtern Jerusalems. Danach beginnt die zweite Strophe in Kapitel 2, Vers 8 und den folgenden Versen. Beim letzten Mal haben wir Kapitel 2, Vers 8 betrachtet. Dieser Abschnitt steht im Zusammenhang bis zum Schluss des Kapitels, also bis Kapitel 2, Vers 17.
Salomo holt Sulamit ab, und zwar nach dem Winter. Wir haben gesehen, dass der Winter in der Bibel ein Bild für die Zeit der Gerichte ist, durch die der gläubige Überrest aus Israel nach der Bedrängnis hindurchgehen muss. Doch wenn der Herr Jesus wiederkommt, wird er über die Berge springen, wie wir dort gelesen haben. Der Geliebte hüpft über die Hügel. Der Herr Jesus wird über verschiedene Gebirge hinwegkommen, wie das prophetische Wort uns zeigt. Schließlich wird er auf dem Ölberg stehen und Sulamit auffordern, zu kommen.
Wir haben einen ganzen Gang durch das Jahr hindurch betrachtet, entsprechend der Ökologie in Israel. Ab jetzt, in Kapitel 3, befinden wir uns immer in der zweiten Strophe. Allerdings handelt es sich um eine neue Szene. Man muss sich das so vorstellen: Das ganze Hohelied besteht aus vielen aneinandergereihten Szenen, manchmal nur ganz kurzen Aufnahmen.
All diese kurzen Aufnahmen stellen gleichnishaft Dinge dar, wie der Überrest durch die schwierige Zeit der Gerichte hindurchgehen muss, nach der Bedrängnis der Gemeinde. Schließlich wird die große Befreiung bei der Wiederkunft des Herrn Jesus kommen. All das lässt sich direkt auch auf die Gemeinde übertragen, auf ähnliche Situationen, die die Gemeinde erlebt.
Die Bedeutung der Stimme des Geliebten bei der Entrückung
Die Parallele besteht im Kommen des Geliebten in Kapitel 2, Vers 8: „Stimme meines Geliebten, siehe da, kommt er!“ Für die Gemeinde entspricht dies der Entrückung.
Man erinnert sich vielleicht daran, dass wir uns beim letzten Mal ausführlich mit der Stimme des Herrn Jesus beschäftigt haben. Wenn er bei seinem zweiten Kommen erscheinen wird, haben wir aus Joel 3 und Amos 1 gelesen, dass er brüllen wird wie ein Löwe und die Macht als König der Könige in Anspruch nimmt.
In Verbindung mit der Entrückung spielt die Stimme des Herrn Jesus eine große Rolle. Der gebietende Zuruf wird in 1. Thessalonicher 4 beschrieben. Dort wird die Entrückung der Gemeinde in den Versen 13 bis 18 dargestellt. Besonders ab Vers 16 heißt es: „Denn der Herr selbst wird beim Befehlsruf, bei der Stimme eines Erzengels und beim Schall der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel. Und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden, in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft. So werden wir allezeit beim Herrn sein.“
Hier wird betont, dass der Herr Jesus selbst mit gebietendem Zuruf herniederkommt, um die Brautgemeinde abzuholen. Der Ausdruck „gebietender Zuruf“ stammt aus dem Militärwesen und bezeichnet den befehlenden Ruf eines Offiziers.
Beim zweiten Kommen des Herrn wird dieser Ruf mit dem Brüllen eines Löwen verglichen. Im Hebräischen bedeutet „Schaak“ das Brüllen eines Löwen. Doch hier wird der gebietende Zuruf nicht mit einem irdischen General verglichen, sondern mit der Stimme eines Erzengels. Das ist der stärkste Vergleich in der Schöpfung. Die himmlischen Heerscharen, die Engel, sind viel mächtiger als menschliche Armeen, selbst mit Atombomben. Die obersten Befehlshaber sind die Erzengel, von denen Michael einer ist.
Dieser gebietende Ruf des Herrn Jesus wird also mit der Stimme eines Erzengels verglichen. Warum ist dieser Ruf so wichtig? In Hohelied 2,8 heißt es in der Elberfelder Übersetzung: „Horch, mein Geliebter!“ Die Fußnote gibt wörtlich wieder: „Stimme meines Geliebten“, wie das israelische Volkslied „Kol Dodi“ („Stimme meines Geliebten“).
Diese Stimme wird der Herr Jesus benutzen, um die Toten aufzuwecken. Um die Toten zu erwecken, wird er diese Stimme verwenden, ähnlich wie damals bei Lazarus. Wenn wir Johannes 11,43 kurz aufschlagen, heißt es: „Und als er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!“ Und der Verstorbene kam heraus, an Füßen und Händen mit Grabtüchern umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch umbunden.
Interessant ist, dass in den Evangelien nur relativ wenige Male erwähnt wird, dass der Herr Jesus ruft statt spricht. Und jedes Mal, wenn er ruft, hat das eine besondere Bedeutung. Hier heißt es nicht nur, dass er rief, sondern dass er mit lauter Stimme rief. Das war der befehlende Ruf, einen Toten zum Leben zu erwecken.
Mit diesem gebietenden Zuruf wird Jesus bei der Entrückung rufen. Dann werden alle Toten, die Gläubigen aus dem Alten Testament und alle Gläubigen aus der Zeit der Gemeinde, also der neutestamentlichen Zeit, auferweckt werden. So mächtig und gewaltig ist seine Stimme, wenn er kommt.
Daran können wir denken, wenn es in Hohelied 2,8 heißt: „Stimme meines Geliebten, siehe da, kommt er, springend über die Berge, hüpfend über die Hügel.“ Er ruft die Braut auf zu kommen. In Vers 10 heißt es: „Mein Geliebter hob an und sprach zu mir: Mache dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm, der Winter ist vorüber!“
So wird Jesus, wenn er kommt, auf dem Ölberg den Überrest rufen, wie wir beim letzten Mal gesehen haben. Er wird den Überrest in Jerusalem herausrufen, in das neu entstandene Tal am Ölberg. Die Gemeinde wird dann heimgerufen in die himmlische Herrlichkeit.
Die Sehnsucht Sulamits in der Nacht
Aber jetzt, heute, kommen wir zu einer anderen Szene, immer noch in der zweiten Strophe, immer noch zum Thema Sehnsucht der Liebe – und zwar die Sehnsucht Sulamits. Wir lesen Kapitel 3, Verse 1 bis 5:
„Auf meinem Lager zur Nachtzeit suchte ich ihn, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
Aufstehen will ich denn, will die Stadt durchstreifen, die Straßen und die Plätze, will ihn suchen, den meine Seele liebt.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
Es fanden mich die Wächter, die die Stadt durchstreifen. ‚Habt ihr ihn gesehen, den meine Seele liebt?‘
Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich ihn, den meine Seele liebt.
Ich ergriff ihn und ließ ihn nicht mehr los, bis ich ihn ins Haus meiner Mutter gebracht hatte und in das Gemach derer, die mit mir schwanger war.
Bei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes, weckt nicht, stört nicht auf die Liebe, bevor es ihr selber gefällt.“
Danke!
Wie gesagt, das Hohelied besteht aus einzelnen Episoden, aus Szenen. Man kann also keine zusammenhängende Geschichte daraus ableiten, sondern es sind kurze Geschichten, die aneinandergereiht sind. Es ist wichtig, bei jeder Szene sich zuerst ganz wörtlich zu überlegen, was dort geschieht, was dort steht. Erst in einer weiteren Überlegung sollte man dann bedenken, was das prophetisch für den Überrest Israels bedeutet und was es für die Gemeinde bedeutet.
Es beginnt in Vers 1: „Auf meinem Lager in den Nächten suchte ich, den meine Seele liebt.“ Das heißt, Sulamit war zuhause, alleine, und der junge Ehemann war abwesend. Man könnte denken, es sei eine ganz bestimmte Nacht gewesen, in der er irgendwann nachts aufgestanden ist, sie das nicht gemerkt hat und er weggegangen ist. Nein, denn hier heißt es: „Auf meinem Lager in den Nächten suchte ich den, den meine Seele liebt.“ Salomo war für einige Tage weggegangen, aber immer nachts, wenn sie im Ehebett irgendwie erwachte, sehnte sie sich nach ihm, suchte ihn und er war nicht da.
Ich habe einen Bekannten, einen Kunstmaler aus Paris, der mir einmal sagte: „Seit wir verheiratet sind – und wir sind schon einige Jahrzehnte verheiratet – war ich nie eine einzige Nacht abwesend. Wir waren immer zusammen, meine Frau und ich.“ So konnte ich mich dann gar nicht rühmen. Das ist wirklich einzigartig; ich habe das noch nie von jemand anderem gehört. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes, und das war wirklich ein gutes Ehepaar. Sie liebten sich, und man merkte, dass Harmonie da war. Das spürt man oft ganz schnell.
Aber es gibt doch manchmal Gründe, warum ein Mann einige Tage aus beruflichen Gründen abwesend sein muss. So war Salomo abwesend, doch sie sehnt sich nach ihm und findet ihn natürlich nicht.
Schließlich sagt sie sich: „Ich gehe, ich stehe auf, ich gehe in die Stadt, ich suche ihn.“ Sie geht in die Stadt, und dann kommen die Wächter – die Polizisten von damals. Es war damals in der israelischen Gesellschaft eigentlich eine Unmöglichkeit, dass eine Frau nachts alleine in der Stadt herumging, weil es eben ein Risiko war – nicht nur heute, auch damals. Darum wurden die Wächter auf den Stadtmauern sofort aufmerksam. Es war keine Gefahr von außen, aber jemand war in Gefahr, und deshalb gingen sie sofort zu ihr.
Sie fragt: „Wo ist mein Geliebter?“ Die Wächter wissen es auch nicht. Doch sie geht allein weiter durch die Stadt. Schließlich heißt es in Vers 4: „Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich ihn, den meine Seele liebt. Ich ergriff ihn und ließ ihn nicht mehr los, bis ich ihn ins Haus meiner Mutter gebracht hatte und in das Gemach meiner Gebärerin.“
Plötzlich entdeckt sie ihn in der Stadt und lässt ihn nicht mehr los. Man kann nachvollziehen, warum wir diesen zweiten Strophentitel gewählt haben: die Sehnsucht der Liebe.
Ja, aber es war ja auch Sehnsucht von ihm, wie er über die Hügel sprang und kam, in Kapitel 2, Vers 8, also in der ersten Szene dieser Strophe, um sie nach dem Winter abzuholen. Jetzt gehen sie in die Natur des Frühlings und dann des Sommers usw.
Die prophetische Bedeutung der nächtlichen Suche
Jetzt müssen wir fragen, was das in der Übertragung bedeutet. Und da gibt es eine ganz wunderschöne Stelle, wenn wir zurückgehen zu diesen Nächten, in Jesaja 26, Vers 8.
„Wie hast du, Edmond? Selbst auf dem Pfad deiner Gerichte, Herr, haben wir auf dich gewartet. Nach deinem Namen und nach deinem Lobpreis ging das Verlangen der Seele. Mit meiner Seele verlangte ich nach dir in der Nacht, ja, mit meinem Geist in meinem Innern suchte ich dich. Denn wenn deine Gerichte die Erde treffen, lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit.“
Und noch etwas von Vers 10 bitte dazu: „Wird dem Gottlosen Gnade zuteil, lernt er nicht Gerechtigkeit. Im Land der Geradheit handelt er Unrecht und sieht nicht die Hoheit des Herrn.“ Danke.
Also, heute leben wir in der Zeit der Gnade. Die vergangenen 2000 Jahre sind die Gnadenzeit, wie 2. Korinther 6 sagt, die wohl angenehme Zeit. Oder der Herr Jesus in seiner Predigt in Lukas 4 in der Synagoge von Nazaret sagt, dass jetzt das Jahr der Annehmung gekommen ist.
Aber nach der Entdrückung werden die Gerichte der Offenbarung, beschrieben in Offenbarung 6 und folgenden Kapiteln, in Erfüllung gehen. Dann wird das geschehen, was hier in Vers 9b steht: „Denn wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen Gerechtigkeit die Bewohner des Erdkreises.“
Wir haben gleich erklärt: Das Problem der Gnadenzeit heute ist, dass, wenn dem Gesetzlosen Gnade erzeigt wird, er nicht Gerechtigkeit lernt. Viele Menschen in unserer Gesellschaft denken: Mir geht es gut, warum soll ich mich bekehren? Es geht ihnen so gut. Dabei müssen sie gerade sich bekehren, weil die Gnade Gottes so wunderbar ist.
Aber die Bibel sagt: „Wird dem Gesetzlosen Gnade erzeigt, so lernt er nicht Gerechtigkeit.“ Die Zeit wird kommen, in der Gott seine Gerechtigkeit zeigen wird. Durch diese Epoche wird der gläubige Überrest hindurchgehen.
Jetzt sehen wir die tiefsten Gefühle dieses Überrestes, beschrieben in Vers 8: „Ja, wir haben dich, Herr, erwartet, auf dem Pfad deiner Gerichte.“ Sie erleben diese Gerichte, die über die Erde hereingebrochen sind, und sagen: „Nach deinem Namen und nach deinem Gedächtnis“ – mit Gedächtnis ist ganz speziell der Name Yahweh gemeint, das ist Gottes Gedächtnis gemäß 2. Mose 3, Vers 15. „Nach deinem Gedächtnis ging das Verlangen der Seele.“
Und jetzt sehen wir die Parallele zu Hohelied 3, Vers 1: „Mit meiner Seele verlangte ich nach dir in der Nacht, ja, mit meinem Geist, in meinem Innern suchte ich dich eifrig.“ So sehen wir wirklich die schöne prophetische Bedeutung in Jesaja 26, Verse 8-9.
Wir haben gesehen: Salomo geht in die Stadt auf die Suche. Jetzt können wir auch eine Übertragung auf uns machen. Gibt es nicht in unserem Leben Situationen, in denen wir den Eindruck haben: Wo ist der Herr? Er ist weit weg. Wir sehnen uns nach ihm und seiner Nähe, aber wir haben den Eindruck, der Herr ist gar nicht da, er ist abwesend.
Solche Zeiten sind nötig, weil unsere Herzen geformt und mehr auf den Herrn ausgerichtet werden. Wenn wir nie solche Zeiten hätten, würden wir uns einfach daran gewöhnen: Ja, der Herr ist da und es geht einfach alles rund. Aber gerade weil wir solche Zeiten, eben Nächte der Dunkelheit, erleben und den Eindruck haben, wo ist der Herr, und ihn suchen, wird diese Sehnsucht unserer Seele vertieft und verstärkt.
Dann dürfen wir immer wieder die Erfahrung machen, wenn wir den Herrn wirklich von ganzem Herzen suchen, so wie das in Jeremia verheissen ist. Ganz grundsätzlich: „Wenn ihr mich suchet von ganzem Herzen“ – das ist Jeremia 29, genau. Ich habe das schon gehört.
Also liest du des Zusammenhangs wegen von Vers 11, Edmund: „Denn ich kenne ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der Herr. Gedanken des Friedens und nicht zum Unheil, um euch Zukunft und Hoffnung zu gewähren. Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir, dann werde ich auf euch hören. Und sucht ihr mich, so werdet ihr mich finden. Ja, fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir, so werde ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr.“
Das ist eine grundsätzliche Verheißung für Ungläubige und auch für Gläubige. Wenn wir den Herrn mit ganzem Herzen suchen, dann wird er sich finden lassen. Das sehen wir eben in dieser ganz kurzen Szene, und schließlich findet sie ihn. Aber dann fasst sie ihn noch viel stärker als normal.
So ist es eben auch. Darum erlaubt der Herr solche Zeiten, in denen wir irgendwie das Gefühl haben: Herr, wo bist du? Du bist so weit weg. Aber dann wird die Beziehung umso mehr verstärkt und vertieft.
Die Begegnung Marias mit dem Auferstandenen als Beispiel der Sehnsucht
Wir haben im Neuen Testament eine wunderbare Parallele, die von einer Frau erzählt, die den Herrn intensiv suchte und dabei ganz verzweifelt war. An wen denke ich wohl? Diese Frau suchte den Herrn nicht aktiv, sondern wurde einfach zu ihm gebracht. Doch dann lernte sie ihn und seine Gnade kennen.
Ein Beispiel dafür ist die Sünderin in Lukas 7, die den Herrn sehr intensiv suchte. Ein weiteres Beispiel ist die blutflüssige Frau, die den Herrn berührte. Noch stärker ist die Sehnsucht von Maria Magdalena, die wir in Johannes 20 finden. Es ist beeindruckend, wie sie dort am Grab ist.
Zuvor waren Johannes und Petrus beim Grab. Sie sahen die Situation: Das Grab war leer, die Tücher lagen getrennt, und das Schweißtuch war ordentlich zusammengelegt an einem Ort. Das sind Fakten, die den Verstand ansprechen. Wenn der Leib des Herrn von jemandem gestohlen worden wäre, hätten sie sich nicht die Mühe gemacht, das Schweißtuch so sorgfältig zusammenzulegen. Das Grab wurde ruhig und ordentlich verlassen. Diese Hinweise sprechen für die Auferstehung.
Johannes und Petrus sahen das und gingen dann weg. Für Maria jedoch änderte das nichts. Sie blieb am Grab und weinte. In Johannes 20, Vers 11 steht: „Maria aber stand draußen bei der Gruft und weinte.“ Dann fragen zwei Engel sie in Vers 13: „Frau, warum weinst du?“ Ihre Antwort lautet: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“
Für Maria geht es um die Beziehung zum Herrn. Die Fakten berühren ihr Herz nicht. Die Männer gingen aufgrund der Fakten erst einmal nach Hause, um darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hat. Maria aber ist so verzweifelt, dass sie weint. Für sie ist das Problem: „Sie haben meinen Herrn weggenommen.“ Sie hat eine tiefe Sehnsucht, ähnlich wie Solamith: Wo ist er? Doch sie findet ihn nicht.
In Vers 14 heißt es weiter: „Als sie dies gesagt hatte, wandte sie sich zurück und sieht Jesus dastehen, und sie wusste nicht, dass es Jesus war.“ Jesus spricht zu ihr: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“ Sie denkt, er sei der Gärtner, und sagt zu ihm: „Herr, wenn du ihn weggetragen hast, so sag mir, wo du ihn hingelegt hast, und ich werde ihn holen.“
Jesus spricht zu ihr: „Maria!“ Sie wendet sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: „Rabbuni“, das heißt „Lehrer“. Jesus sagt zu ihr: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott.“
Maria Magdalena kommt und verkündet den Jüngern, dass sie den Herrn gesehen habe und dass er dies zu ihr gesagt habe.
Aus Tausenden von Wörtern ist „Maria“ ihr Eigenname. Sobald man den eigenen Namen hört, reagiert man. Andere würden nicht reagieren, wenn sie „Maria“ hören, aber wir sind sprachlich so eingerichtet, dass wir sofort aufmerksam werden, wenn unser eigener Name genannt wird. Dann merkt man, dass jemand anders mit dem gleichen Namen gemeint ist und reagiert sofort.
Sobald Maria die Stimme des Herrn hört und ihren Namen sagt, erkennt sie ihn. Sie erkennt wirklich die Stimme des Herrn, so wie es in Jesaja 43 heißt: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Dort sagt der Herr auch: „Fürchte dich nicht.“
Maria nennt Jesus „Rabbuni“, Lehrer. Der Herr sagt zu ihr: „Rühre mich nicht an.“ Warum soll sie diesen Befehl erfüllen? Einen Abschnitt später, am Sonntag darauf, wird Thomas sogar aufgefordert, mit seiner Hand in die Wunden des Herrn zu greifen und ihn zu berühren.
Warum sagt Jesus zu Maria: „Rühre mich nicht an?“ Hier hatte er bereits den verherrlichten Körper, denn er war am ersten Tag der Woche auferstanden, wie in Johannes 20 beschrieben. Sie wollte ihn in der Beziehung haben, wie sie ihn vorher hatte. Sie wollte ihn behalten, so wie Solamith sagte: „Ich ergriff ihn und ließ ihn nicht mehr los.“
Die Befehlsform, die hier im Griechischen verwendet wird, ist ganz besonders und selten. Es ist eine Befehlsform im Perfekt, die normalerweise im Griechischen nicht vorkommt. Die meisten Befehlsformen stehen im Präsens oder Aorist, die es im Deutschen so nicht gibt.
Eine Befehlsform im Perfekt, besonders wenn sie verneint ist, bedeutet: „Stopp, hör auf, das zu tun, was du gerade machst.“ Maria hatte Jesus ergriffen und wollte ihn nicht mehr loslassen. Der Herr sagt ihr: „Stopp!“ Man müsste es genauer übersetzen mit: „Rühre mich nicht länger an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater.“
Der Herr wollte ihr klar machen, dass es jetzt nicht mehr die Beziehung wie bisher gibt, in der Jesus immer da war. Er muss zum Vater zurückkehren, und sie soll jetzt loslassen.
Sie durfte den Auferstehungskörper berühren, denn er war ein wirklicher Körper aus Fleisch und Knochen, wie Lukas 24 beschreibt. Aber sie sollte nicht denken, dass er bleibt. Sie sollte ihn loslassen.
Der Herr sagt weiter, dass die Beziehung, die er heute zu den Gläubigen hat, die einer Familie ist. Gott, sein Vater, ist auch unser Gott, und sein Vater ist unser Vater. Wir sind Söhne und Töchter Gottes, wie in Galater 4 beschrieben. Dort heißt es, dass wir „Aba, Vater“ sagen können und eine gleiche Beziehung zum Vater haben wie Jesus selbst.
Die Bedeutung des Hauses der Mutter und die prophetische Rolle Israels
Und auch hier gibt es eine Parallele: In Hohelied 3 bringt sie ihn in das Haus ihrer Mutter. Das ist erstaunlich, nicht wahr? Dieses Thema wird uns im Hohen Lied noch intensiver beschäftigen. Was bedeutet es, dass sie ihren Geliebten in das Gemach ihrer Mutter bringt?
Wer ist die Mutter Israels, die immer wieder in der Prophetie erwähnt wird? Eure Mutter – ja, das ist einerseits Sarah, aber auch die Nation Israel wird als Mutter bezeichnet. Das können wir in Jesaja 50, Vers 1 nachlesen. Dort spricht Gott Israel an:
„Wie ist dir, Edmund? So spricht der Herr: Wo ist denn der Scheidebrief eurer Mutter, mit dem ich sie entlassen hätte? Oder wer ist es von meinen Gläubigern, dem ich euch verkauft hätte? Siehe, eure Sünden wegen seid ihr verkauft, und wegen eurer Verbrechen ist eure Mutter entlassen.“
Jawohl, das alte Israel von früher ist die Mutter der späteren Israeliten. Das alte Israel ist die Mutter des zukünftigen gläubigen Überrestes. Und dieser gläubige Überrest wird etwas ganz Besonderes sein. Paulus sagt in Römer 11, Vers 25, dass in der Zukunft ganz Israel gerettet werden wird – ein Israel, das nur aus wahren Gläubigen besteht, wiedergeboren.
Wie ist das möglich? Denn in Römer 9 steht: Wäre die Zahl der Kinder Israels wie der Sand am Meer, nur ein Überrest wird errettet werden. Also sagt Römer 9, dass nur ein Überrest gerettet wird, aber Römer 11 sagt, dass ganz Israel errettet wird. Das ist eine ganz einfache mathematische Aufgabe.
In der großen Drangsalzeit wird es so schrecklich sein, dass zwei Drittel der Bevölkerung Israels im Land gemäß Sacharja 13, Vers 8 umkommen werden. Der Drittel, der überlebt, der Gerechte, wird sich im Land bekehren. Gott wird diesen Überrest als sein Volk anerkennen. Darum steht dann in Sacharja 13, Vers 9:
„Und Gott wird zu ihnen sagen: Ihr seid mein Volk, und sie werden zu ihm sagen: Du bist unser Gott.“
So wird also Jesus, wenn er wiederkommt als der König über alle Könige, Israel in Empfang nehmen – ein Israel, das nur aus wahren Gläubigen besteht. Diese werden wissen, wer die Nachkommen dieses alten Volkes Israel sind. Es ist nicht ein vergeistigtes Israel, sondern die wirklichen Nachkommen dieser Mutter.
Als Gott Israel aus Ägypten holte, war das eine ganz wunderbare Zeit. Wir können das in Jeremia 2, Vers 2 lesen:
„So spricht der Herr: Ich erinnere mich deiner Treue in deiner Jugendzeit, an die Liebe deiner Brautzeit, wie du hinter mir hergingst in der Wüste, im unbesäten Land.“
Israel war heilig dem Herrn, der Erstling seiner Ernte. Alle, die davon essen wollten, machten sich schuldig. Hier wird zurückgeblendet in die Zeit, als Israel in der Wüste hinter dem Herrn herging. Die Wolkensäule ging voraus nach dem Auszug aus Ägypten, und für das Volk waren diese drei Monate bis zum dritten Monat, als sie zum Sinai kamen (2. Mose 19), eine Zeit des Brautstandes.
Israel war nach dem Auszug aus Ägypten verlobt, und dann kam der Bundesschluss am Sinai. Dieser Bund war ein Ehebund mit Israel. Das wird uns in Jeremia 31 gesagt. Dort spricht Gott vom neuen Bund, den er mit Israel in der Zukunft schließen wird. Dieser Bund wird anders sein als der frühere Bund vom Sinai.
Gott sagt, Israel sei damals nicht in diesem Bund geblieben, obwohl er sich mit ihnen vermählt hatte. Es ist also klar: Der Bund am Sinai war ein Ehebund mit Israel. Doch das Schreckliche geschah – Israel beging Ehebruch, besonders durch das Brechen der ersten beiden der zehn Gebote: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ und „Du sollst keine Bilder anbeten“.
Israel hat sich schwer verschuldet, und das wird im Buch Hosea ausführlich behandelt. Dort wird diese Mutter erwähnt, die Hurerei begangen hat, das heißt, sie hat die Ehe gebrochen. In Hosea sagt Gott, dass er Israel nun ihren Weg gehen lässt.
In Jesaja haben wir gelesen, dass Gott Israel einen Scheidebrief gegeben hat, entsprechend der Stelle im Gesetz (5. Mose 24), wenn an einer Frau etwas Schamwürdiges gefunden wird – und damit ist nicht gemeint, wenn sie das Essen verbrennt, sondern wenn sie Ehebruch begeht. Dann besteht die Möglichkeit, dass sie entlassen werden kann mit einem Scheidebrief. Und genau das hat Gott mit Israel gemacht.
So kam es zur Scheidung. Das ist eine traurige Geschichte dieser Mutter. Doch der Überrest wird zum Glauben kommen, und Folgendes wird geschehen: Gott wird Israel noch einmal heiraten, dieselbe Frau.
Das ist auch das Thema im Buch Hosea, wo Hosea eine Frau hatte, die ihm untreu geworden war, und eine Wiederherstellung dieser Ehebeziehung erfolgen sollte. Das wird Gott mit Israel machen.
Der gläubige Überrest wird wissen: Wir sind jetzt nicht einfach etwas anderes oder etwas Wunderbares aus uns heraus, sondern wir müssen uns bekehren. Wir sind die Nachkommen dieser Mutter, die Gott untreu geworden war. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Darum, wenn der Herr Jesus wiederkommt auf dem Ölberg, wird sich Sacharja 12, Vers 10 erfüllen:
„Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und dann wird das ganze Land über ihn wehklagen.“
Was werden sie dann wehklagen? Sie werden genau die Worte von Jesaja 53 beten. Darum sind diese Propheten so aufgeschrieben worden – in Vergangenheitsform –, damit der Überrest diese Worte genau so beten kann.
Können wir das kurz aufschlagen? Jesaja 53, Vers 2b:
„Er hatte keine Gestalt und keine Pracht, und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, dass wir Gefallen an ihm gefunden hätten. Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann, der Schmerzen kannte und mit Leiden vertraut war, wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir haben ihn nicht geachtet. Jedoch unsere Leiden hat er getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserem Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“
Das reicht, um zu zeigen: Sie machen sich eins mit den Generationen früher, die nicht sagen: „Was haben die damals gemacht? Wir sehen das ganz anders.“ Sondern sie machen sich eins mit dem Volk Gottes von früher und sagen:
„Wir – als wir ihn sahen – da hatte er kein Ansehen. Wir hielten unsere Hände vor das Gesicht und wollten ihn nicht sehen. Als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, dass wir Gefallen an ihm gefunden hätten.“
Das entspricht im Hohen Lied dieser seltsamen Handlung, dass sie ihn ergreift und in das Haus ihrer Gebärerin bringt. Wir werden später beim Betrachten des Hohen Liedes noch auf diese Mutter zurückkommen.
Dann wird diese Strophe zwei abgeschlossen mit dem Refrain, den wir gut kennen: Wieder bei den Gazellen, bei den Dorkos-Gazellen und bei den Hirschkühen des mesopotamischen Hirsches werden die Mädchen oder jungen Frauen von Jerusalem gewarnt. Sie sollen ja nicht bei den jüngeren Leuten etwas aufwecken, was noch nicht erwacht sein sollte.
Das haben wir alles schon beim letzten Mal und auch davor behandelt. Ich möchte das nicht ständig wiederholen. Was ich aber noch nie gesagt habe, ist: Wie können die Töchter Jerusalems, wie können Frauen heute überhaupt etwas beitragen zum Aufwecken?
Ganz abgesehen von den neuen Programmen der Sexualisierung im Kindergarten und in der Schule, mit denen wir nichts zu tun haben – wie kann das sein? Wie verhalten sich junge Frauen, dass da etwas bei Jüngeren geweckt werden könnte, was gar nicht geweckt werden sollte?
Wir haben eine Antwort im Buch der Sprüche. Können wir das kurz aufschlagen? Ein bisschen davor: Sprüche 5.
Salomo spricht einen seiner Söhne an und belehrt ihn über die Gefahren von Untreue und sexueller Unreinheit. Er legt ihm etwas ganz Spezielles ans Herz. Lies bitte Sprüche 5, Vers 15:
„Und was aus deinem Brunnen quillt, sollen nach draußen verströmen, deine Quellen auf die Plätze der Wasserbäche. Die Wasserbäche dir allein sollen gehören, doch keinem Fremden neben dir. Deine Quelle sei gesegnet, erfreue dich an der Frau deiner Jugend, der liebliche Hirschkuh und anmutige Gämse. Ihre Brüste sollen dich berauschen jederzeit, in ihrer Liebe sollst du taumeln immerdar. Warum solltest du, mein Sohn, an einer Fremden taumeln und den Busen einer anderen umarmen?“
Das reicht bis hierhin. Was bedeutet das? Trinke Wasser aus deiner Zisterne – aus deiner Zisterne, fließendes Wasser, aus deinem Brunnen! Dort liegt die Betonung.
In Vers 18 heißt es: „Deine Quelle sei gesegnet.“ Das ist eine Beschreibung der Ehefrau des Sohnes von Salomo. Später, wenn wir im Hohen Lied zu Kapitel 4 kommen, werden wir sehen, dass Sulamit mit einem Garten verglichen wird – und zwar mit einem verschlossenen Garten.
Können wir Sprüche offen lassen und Hohelied 4, Vers 12 dazu öffnen?
„Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, meine Braut, ein verschlossener Born, eine versiegelte Quelle. Was dir entsprosst, ist ein Lustgarten von Granatapfelbäumen samt köstlichen Früchten, Hennersträuchern samt Narden usw.“
Und in Vers 15 wird nochmals gesagt:
„Eine Gartenquelle bist du, ein Brunnen mit fließendem Wasser und Wasser, das vom Libanon strömt.“
Jawohl, also ganz klar wird die Ehefrau mit einem Garten verglichen – einem verschlossenen Garten, in den niemand hineingehen darf. In diesem Garten gibt es eine Quelle, die verschlossen und versiegelt ist. Von dieser Quelle darf nur einer trinken – das ist Salomo.
In diesem Garten gibt es auch ganz unterschiedliche Düfte, die nur für den bestimmt sind, dem dieser Garten gehört – niemand anderem.
Jetzt sagt Salomo selbst in Sprüche 5: Dieses Wasser gehört nur dir, mein Sohn. Trinke Wasser aus deiner Zisterne, fließendes Wasser aus deinem Brunnen!
Vers 16 ist je nach Bibelübersetzung nicht ganz ideal übersetzt. Korrekt wäre hier eine Frage. Vers 16 muss man so übersetzen: „Sollen nach außen sich ergiessen deine Quellen, deine Wasserbäche auf die Straßen?“ Es ist eine rhetorische Frage, die man sofort mit Nein beantworten muss.
Natürlich nicht! Dieses Wasser darf nicht auf die Straße hinausfließen, sondern ist nur bestimmt für den, dem der Garten gehört.
Darum sagt Salomo weiter in Vers 18: „Deine Quelle sei gesegnet, und freue dich an der Frau deiner Jugend und an keiner anderen Frau.“
Hier wird klar, dass bei der Hochzeit ein Nein zu allen anderen bedeutet. Sehr deutlich vergleicht er die Ehefrau mit einer lieblichen Hirschkuh – lieblich in jedem Detail. Das drückt die Lieblichkeit der Ehefrau aus. Sie wird auch verglichen mit einer anmutigen Gämse, das sind Steinböcke, wie man sie besonders von Engedi kennt. Das Wort Ja'el bedeutet diese Gämse hier in weiblicher Form Ja'ala, die anmutige Gämse.
Dann wird die Sexualität in der Ehe erwähnt, die auch im Hohen Lied immer wieder in schöner, reiner Sprache beschrieben wird.
Darum sagt Salomo: Ihre Brüste mögen dich berauschen, zu aller Zeit, taumle stets in ihrer Liebe.
Dann die Frage: Warum solltest du auf die Idee kommen, dass eine andere in Frage kommen könnte, dass du an einer Fremden taumelst?
Jetzt wird klar, Vers 16 ist der lange Rede kurzer Sinn. Wir sind davon ausgegangen, wie etwas aufgeweckt werden kann: Wenn die Sexualität, also die sexuellen Reize, die Gott jeder Frau gegeben hat, der Öffentlichkeit preisgegeben werden durch zu kurze Röcke, zu weite Ausschnitte usw., dann lässt man dieses Wasser der Quelle auf die Straße fließen – für die Allgemeinheit!
Unsere ganze Mode ist darauf eingerichtet, dass eigentlich die Quellen auf die Straße hinausfließen sollen. Wir wissen ganz konkret von Modeschöpfern, wie pervers sie leben und denken. Das sind ihre Absichten, und sie konzipieren die Mode so – jedes Jahr wieder neu. Dann wird eine neue Zone besonders hervorgehoben, zum Beispiel war es mal die Bauchzone. Mit der Zeit gewöhnen sich die Leute wieder, und dann wird eine andere Zone durch einen bestimmten Schnitt herausgehoben.
Das ist nichts anderes, als die Quellen, die Wasserbäche, nach außen ergiessen zu lassen.
Die Kinder nehmen wahr, wie die Erwachsenen herumgehen, und beginnen, diese Dinge zu kopieren. Dabei können Dinge geweckt werden, die nie geweckt werden dürften.
Darum auch hier wieder im Hohen Lied dieser Refrain:
„Ich beschwöre euch“ – ich stelle euch unter Schwur vor Gott, Töchter Jerusalems – „ihr müsst schwören vor Gott, dass ihr so aufpasst, dass ihr keinen Lärm macht bei den Gazellen, bei den Hirschen des Feldes, dass ihr nicht weckt noch aufweckt die Liebe, bis es ihr gefällt.“
Das Kommen Sulamits und Salomos aus der Wüste
Und das führt uns zur neuen Strophe in Kapitel 3, Vers 6. Edmund liest noch einmal Vers 6:
„Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, Rauchsäulen gleich, umdustet von Myrrhe und Weihrauch, von allerlei Gewürzpulver des Händlers? Siehe da, die Senfte Salomos. Sechzig Helden sind rings um sie her von den Helden Israels, sie alle sind Schwertträger geübtem Kampf. Jeder hat sein Schwert an seiner Hüfte gegen den Schrecken zur Nachtzeit. Einen Tragsessel machte sich der König Salomo aus Hölzern des Libanon. Seine Füße machte er aus Silber, seine Lehne aus Gold, seinen Sitz aus rotem Purpur. Das Innere ist ausgelegt mit Ebenholz. Ihr Töchter Jerusalems, kommt heraus und betrachtet doch, ihr Töchter Sions, den König Salomo in der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt hat am Tag seiner Hochzeit und am Tag der Freude seines Herzens.“
Die Strophe beginnt damit, dass Sulamit kommt. Das hatten wir schon in der vorherigen Strophe gesehen. Dort wird zwar zuerst gesagt, der Geliebte komme über die Berge, aber dann heißt es in Kapitel 2, Vers 10: „Mach dich auf, meine Freundin, sie muss kommen.“ Und hier wieder: Sie muss kommen. Also sie kommt da herauf aus der Wüste.
Nun schauen wir uns den Refrain zum dritten Mal an, wo er noch vorkommt. Das ist bekanntlich in Kapitel 8, Vers 4: „Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems.“ Und dann, was steht in Vers 5? Edmund, liest du?
„Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschküren des Feldes: Weckt nicht, stört nicht die Liebe, bevor es ihr selbst gefällt.“
Jetzt Vers 8, Vers 5. Du hast den Refrain vorher gelesen, nicht wahr? Denn der Refrain ist nicht kürzer, in Vers 4. Und dann kommt aber gleich die letzte Strophe, Vers 5. Bitte lesen: „Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt?“
Bis dahin erkennt man die Parallele. Also beim zweiten Refrain: „Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her?“ Jetzt denkt man, sie kommt alleine. Aber hier in Kapitel 8, Vers 5, wird auch gesagt: „Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her, sich auf ihren Geliebten stützt?“ Also Salomo kommt auch, beide kommen. Und so ist es eben auch in Kapitel 3, Vers 6: Sie kommt von der Wüste her, und Vers 7 sagt gleich: „Siehe da, Salomos eigenes Tragbett.“ In den weiteren Versen wird dieses Tragbett, diese Senfte, beschrieben.
Diese Szene beschreibt also das Kommen von Sulamit. Sie wird zuerst genannt, und Salomo, wie sie von der Wüste herkommen, in einer Senfte, umgeben von sechzig Soldaten. Jetzt sind wir wieder daran, uns Gedanken zu machen: Zuerst wörtlich, was geschieht da eigentlich? Beide kommen getragen in einer Senfte aus der Wüste heraus ins Land Israel, ins fruchtbare Land Israel. Und da sind sechzig Elitesoldaten um die Senfte herum. Darum heißt es sechzig Helden, nicht einfach Soldaten. Sechzig Helden rings um sie her von den Helden Israels. Sie alle führen das Schwert und sind geübt im Kampf. Jeder hat sein Schwert an seiner Hüfte zum Schutz vor dem Schrecken in der Nacht.
Dann wird diese Senfte in den weiteren Versen beschrieben, wie prächtig Salomos Senfte ist. Wenn er nach Jerusalem aus der Wüste kommt, dann werden die Mädchen von Jerusalem in Vers 11 aufgerufen. Sulamit sagt: „Kommt heraus, Töchter Zions, betrachtet den König Salomo in der Krone, mit der seine Mutter ihn gekrönt hat am Tag seiner Vermählung und am Tag der Freude seines Herzens.“
Das ist quasi wörtlich, was da geschieht – diese Momentaufnahme. Nun müssen wir uns fragen, was das genau bedeutet.
Übrigens ist diese Senfte zwar so grandios eingerichtet, wie wir gesehen haben, mit Gold, Silber, mit Zedernholz vom Libanon, mit Purpur. Aber zusätzlich werden Myrrhe und Weihrauch angezündet, sodass es richtig aufsteigt wie eine Säule, eine Rauchsäule. Wenn man sie damals von weitem gesehen hätte, wie sie von der Wüste her kommen – diese sechzig Elitesoldaten und die Senfte –, dann sieht man eine Rauchsäule aufsteigen von den teuren Gewürzen Myrrhe und Weihrauch, die verbrannt werden.
Was bedeutet das? Zuerst müssen wir das prophetische Wort zum Thema „von der Wüste her“ untersuchen. In Matthäus 24, Verse 15 bis 22, sagt der Herr Jesus in der Endzeitrede: Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung stehen seht an heiligem Ort – damit ist gemeint, wenn der Antichrist nach der Entrückung der Gemeinde ein Götzenbild auf dem Tempelplatz aufstellen wird –, dann wird das das Signal für den gläubigen Überrest in Juda sein, auf die Berge zu fliehen.
Jesus sagt, dass dann große Drangsal sein wird, wie es sie seit jeher nicht gegeben hat und auch nie wieder geben wird. Der Überrest in Juda wird aufgerufen, auf die Berge zu fliehen.
In Jesaja 16 erfahren wir noch etwas ganz Wichtiges. Wenn sie dann auf den Bergen des heutigen Westjordanlandes sind – man sieht hier auf der Karte Israels, dass das Bergland hauptsächlich im heutigen sogenannten besetzten Westjordanland liegt –, werden sie dort auf die Berge fliehen. Jesaja 16 erklärt uns, wo sie weitergehen.
Edmund, liest du Jesaja 16, Verse 3 bis 4?
„Am hellen Mittag mache deinen Schatten der Nacht gleich, verbirg die Vertriebenen. Den Flüchtling verrate nicht, lass die vertriebenen Moabs sich bei dir als Fremde aufhalten, sei ihnen ein Versteck vor dem Verwüster.“
Danke. Eine kleine Korrektur: Wie ich höre, hast du die Elberfelder Übersetzung von Brockhaus benutzt. Die noch bessere Übersetzung, die Elberfelder nur sanft revidiert von CSV Hückeswagen, gibt das sehr schön und klar wieder in Vers 4: „Lass meine Vertriebenen bei dir weilen, Moab.“
Hier spricht Gott Moab an, dass Gottes Vertriebene, die er „meine Vertriebenen“ nennt, also die Flüchtlinge, bei Moab Schutz finden sollen vor dem Verwüster. Gott sagt zu Moab: „Mache deinen Schatten der Nacht gleich am hellen Mittag.“ Sie sollen einen Schatten über sie legen, sodass alles dunkel wird. Weiter heißt es: „Verbirg die Vertriebenen.“ Diese Flüchtlinge sollen bei ihnen versteckt werden. Den Flüchtling soll niemand verraten, niemandem soll etwas gesagt werden, dass dort jüdische Flüchtlinge Unterschlupf finden. Gott sagt: „Sei ein Schutz vor dem Verwüster.“
Jetzt müssen wir viele Stellen zusammen lesen, um das zu beweisen. In zwei Minuten sollten wir am Ende sein. Kurz gesagt: Der Ausdruck „der Verwüster“ wird wiederholt in der Prophetie zum Schlauch in Jesaja 33, Vers 1 genannt. Das ist ein Name für den König des Nordens, der nach Daniel 11,35-40 Israel in der Endzeit, nämlich in der großen Drangsal, sobald der Antichrist das Götzenbild aufgestellt hat, angreifen wird.
Gott wird seine schützende Hand von Israel wegnehmen, und der König des Nordens – eine riesige Armee von Norden her – wird Israel völlig überrennen. Aber der Überrest muss vorher noch auf die Berge fliehen. Dann gehen sie hinüber nach Moab.
Hier zeige ich das auf der Karte: Moab ist in Jordanien das Gebiet jenseits des Toten Meeres und auch noch im Norden ein Stück darüber hinaus. In Jordanien gibt es keine Kantone, aber zwölf Gouvernements, das sind wie Kantone. Das Gebiet, das biblisch früher das Land Moab war, umfasst die Gouvernements al-Balka, Madaba (wo die Stadt Madaba liegt), al-Karak und Attafila. Das sind vier von insgesamt zwölf Gouvernements.
Dorthin muss der Überrest fliehen, und er wird dort von Arabern versteckt werden. So wie es in Offenbarung 12 gesagt wird, wird Israel als eine Frau dargestellt, die in die Wüste fliehen muss für dreieinhalb Jahre.
Edmund, liest du Offenbarung 12, Verse 13 bis 17?
„Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die das männliche Kind geboren hatte.“
Das ist also Israel, die den Messias, das männliche Kind von Vers 5, hervorgebracht hat. Aber eben diese gleiche Frau, dieses gleiche Israel, wird in der Zukunft in Vers 14 „die zwei Flügel des großen Adlers“ erhalten, damit sie in die Wüste fliegt, an ihre Stätte, wo sie ernährt wird, eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit. Das bedeutet dreieinhalb Jahre fern vom Angesicht der Schlange.
Die Schlange warf aus ihrem Mund Wasser wie einen Strom hinter der Frau her, um sie fortzureißen. Die Erde half der Frau, öffnete ihren Mund und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund warf. Der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den übrigen ihrer Nachkommenschaft, welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben.
Dieser Überrest wird in Moab sein und dort dreieinhalb Jahre versorgt werden. Aber wir sehen, der Drache lässt dann ab und geht, um Krieg zu führen mit den übrigen ihrer Nachkommenschaft, die die Gebote Gottes halten.
Gibt es noch andere? Ja, natürlich. Das haben wir letztes Mal schon angedeutet. In Jerusalem wird ein Überrest zurückbleiben. Also nicht alle 144.000 werden nach Moab gehen, sondern ein Teil wird in Jerusalem bleiben.
Jesus sagt in Matthäus 24, dass die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen sollen. In Lukas 21, wo es um die Flucht der Judenchristen im Jahr 68 geht, sagt Jesus, dass die in Judäa und in Jerusalem sind, fliehen sollen. Aber in der Endzeit, obwohl es ähnlich ist, sagt er, nur die Judäer sollen fliehen, weil ein Überrest in Jerusalem zurückbleibt.
Wenn dann der Herr auf dem Ölberg erscheint und der Ölberg sich spaltet, wird dieser Überrest in das Tal hinausfliehen, wie in Sacharja 14 beschrieben.
So wird klar, dieser Überrest wird dort versorgt, Araber werden diese Juden schützen. Ganz ähnlich wie viele in europäischen Ländern während des Zweiten Weltkriegs Juden versteckt und geheim gehalten haben. Das wird sich so wiederholen.
Wir müssen eine gute Basis für das nächste Mal haben. Sie werden dorthin gehen, in dieses Gebirge.
Hier die NASA-Karte. Ich zeige noch, dass Mujib, das in der Bibel der Fluss Arnon ist, ein markant eingeschnittenes Tal ist. Wenn man in Israel steht, zum Beispiel in En-Gedi, kann man dieses Wadi sehr eindrücklich sehen. Das ist das Wadi Mujib, der Arnon in Moab. Dort werden sie Unterschlupf finden.
Hier noch eine 180-Grad-Aufnahme.
Am Ende dieser dreieinhalb Jahre der großen Drangsal wird dieser Überrest aber aus der Wüste wieder ins Land zurückkehren – genau in dem Moment, wenn der Herr Jesus kommt, und zwar von Edom her.
Das ist noch ein bisschen südlich vom Toten Meer, immer noch in Jordanien. Dort ist das Land Edom. Dort wird Jesus eine Schlacht gegen die Nationen führen, die dort versammelt sind.
Wir haben letztes Mal gelesen, dass in Habakuk 3 Gott von Teman herkommt und der Heilige vom Gebirge Paran. So wird er zurückkehren, während der Überrest am Boden zurückkehrt über das Nordende des Toten Meeres.
Sie werden durch das Tal Achor hinaufgehen, wie wir uns nächstes Mal anschauen werden – nur als Ausblick. Das ist das Wadi Kelt, dieses Wadi, von dem aus Jesus seinen letzten Gang von Jericho hinauf nach Jerusalem macht.
Der Überrest wird durch dieses Wadi Kelt gehen, das Gott in Hosea 2 nennt: ein Tor der Hoffnung.
Dann werden sie zurückkehren und in den letzten Kämpfen um Jerusalem, im Tal der Entscheidung, wie Joel 3 sagt, werden deine Helden hinabgehen.
Das ist der Zusammenhang mit den sechzig Helden hier. Die Helden sollen ins Tal Kidron gehen, dort wird der König des Nordens bei seiner zweiten Belagerung Jerusalems versammelt sein.
Der Herr Jesus wird über ihnen erscheinen, und sie werden am Boden sein, so wird es in Sacharja 9 beschrieben. Das können wir nächstes Mal genauer anschauen.
So kommt der Herr zusammen mit dem Überrest aus der Wüste zurück.
Der Herr kommt auf einer Wolke. Dieser Begriff für die Wolke wird auch für die Wolke der Herrlichkeit verwendet, als Israel aus Ägypten durch die Wüste zog.
Diese Rauchsäule, und nachts die Feuersäule, das ist der Zusammenhang mit der Säule von Myrrhe und Weihrauch, die von der Senfte aufsteigt.
Sie kommen beide – Salomo und Sulamit – aus der Wüste zurück ins Land, nach Jerusalem.
Dann sagt Sulamit: „Ihr Töchter Jerusalems, kommet heraus, seht den König in seiner Krone.“ Der Herr Jesus wird sich in Jerusalem als König offenbaren.
So haben wir ein ganzes prophetisches Panorama.
Aber jetzt müssen wir für heute Schluss machen.