Einführung in das Thema Glaube und Denken
Das Thema heute Morgen, das uns während zwei Stunden beschäftigen wird, heißt Glaube und Denken. Es geht um Fragen wie: Ist der christliche Glaube eigentlich vernünftig? Ist Glaube beweisbar oder einfach ein Sprung ins Dunkle? Wie verhält sich Glaube zum Denken? Wie kann man einen Nichtchristen überzeugen?
Außerdem wollen wir klären, wie der Glaube auf die Herausforderungen der Wissenschaft reagieren soll. Wie können wir auf die gängigen Einwände gegen die Glaubwürdigkeit der Bibel überzeugend antworten? Und wie können wir das Gebot aus 1. Petrus 3,15 umsetzen? Ich lese es gleich vor.
1. Petrus 3,15 lautet: „Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert, wegen der Hoffnung, die in euch ist, aber mit Sanftmut und Furcht.“
Die Frage ist also: Wie können wir jederzeit bereit sein, zur Verantwortung gegenüber jedem, der Rechenschaft von uns fordert?
Das Skript bekommt ihr hier vorne. Es sind noch einige Exemplare vorhanden, die können weitergereicht werden. Die zwei Blätter sind das Skript für den ersten Teil, und das ausgeteilte Büchlein ist die Fortsetzung.
Das Material ist also ein bisschen umfangreicher als üblich, was die ausgeteilten Texte betrifft.
Grundlagen der Apologetik
Wir beginnen mit dem Titel „Apologetik des christlichen Glaubens“.
Das Wort „Apologetik“ ist ein Fremdwort, das vielleicht nicht so oft verwendet wird. Apologetik bedeutet Verteidigung. Die „Apologetik des christlichen Glaubens“ heißt also die Verteidigung des christlichen Glaubens.
Früher war Apologetik in der Theologie ein wichtiges Fach, besonders wenn es darum ging, den christlichen Glauben und den Wahrheitsanspruch der Bibel zu verteidigen. Heute ist das jedoch nicht mehr so. Wenn man an einer Universität Theologie studiert, lernt man meist keine Apologetik mehr. In der liberalen Theologie ist das schon lange vorbei.
Für Christen, die aber wirklich an der Glaubwürdigkeit und Inspiration der Bibel festhalten, ist Apologetik ein sehr wichtiges Thema. Gerade haben wir 1. Petrus 3,15 gelesen. Dort geht es um die Verantwortung, die wir gegenüber denen haben, die von uns die Rechenschaft für unseren Glauben fordern.
Das Wort „Verantwortung“ heißt auf Griechisch „apologia“, was auch Rechenschaft, Ablegung oder Verantwortung bedeutet. Apologetik kommt ebenfalls aus dem Griechischen „apologia“ und bedeutet Verteidigung oder Rechtfertigung.
Dieses Wort finden wir zum Beispiel in Philipper 1,7 und 16 wieder. Dort spricht Paulus davon, dass er in Rom das Evangelium verteidigt hat. Im Grundtext steht an dieser Stelle ebenfalls „apologia“.
Auch in der Apostelgeschichte 22,1, als Paulus auf den Tempeltreppen zur römischen Burg Antonia stand und zum Volk im Vorhof der Heiden sprach, legte er eine Verantwortung ab. Dort ging es um die Verteidigung seines Zeugnisses und seines Lebenswandels.
In 1. Korinther 9,3 und 2. Timotheus 4,16 wird das Wort „apologia“ ebenfalls in diesem Sinn verwendet. Paulus musste sein Zeugnis und seinen Lebenswandel verteidigen und rechtfertigen.
Apologetik ist also eine Aufgabe für alle Gläubigen, wie wir gerade aus der verlesenen Stelle gesehen haben. Wir sollen jederzeit jedem, der Rechenschaft fordert, unseren Glauben verantworten und rechtfertigen können.
Dazu passt auch Kolosser 4,6, auch wenn dort das Wort „apologia“ nicht vorkommt. Ich lese ab Vers 5: „Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind, kauft die Gelegenheit aus. Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt.“
Diese Aufforderung gilt für alle Gläubigen.
Die Kraft zur Verteidigung des Glaubens
Wichtig ist Folgendes: Wer gibt uns die Kraft, um unseren Glauben darzustellen, zu rechtfertigen und zu verteidigen?
Der Herr Jesus sagt in Lukas 12,11-12: Wenn ihr vor Gericht angeklagt werdet und euch wegen eures Glaubens rechtfertigen müsst, so sorgt nicht darum, wie oder womit ihr euch verantworten sollt oder was ihr sagen werdet. Denn der Heilige Geist wird euch in jener Stunde lehren, was ihr sagen sollt.
In Lukas 21,14-15 heißt es: „Es wird euch aber zu einem Zeugnis ausschlagen.“ Schon im Vers 13 steht: „Setzt es nun fest in euren Herzen, nicht vorher darauf zu sinnen, wie ihr euch verantworten sollt, denn ich werde euch Mund und Weisheit geben, welcher alle eure Widersacher nicht werden widersprechen oder widerstehen können.“
Man könnte denken, das heißt, wir sollten eigentlich gar nicht über dieses Thema nachdenken, weil uns die richtigen Worte im entscheidenden Moment gegeben werden. Der Sinn ist jedoch folgender: Wir müssen nicht im Voraus planen, wie wir in einer bestimmten Situation, wenn wir vor Gericht gestellt werden, handeln sollen. Der Heilige Geist wird uns im richtigen Moment die Weisheit schenken, was wir sagen sollen.
Doch wie wirkt der Heilige Geist?
Der Heilige Geist wirkt nicht, indem er uns etwas einprägt, das wir vorher gar nicht wussten. In Johannes 14 sagt der Herr Jesus zu seinen Jüngern, den Aposteln, im Hinblick auf das Kommen des Heiligen Geistes: Johannes 14,26: „Der Sachwalter aber, der Heilige Geist, welchen der Vater senden wird in meinem Namen, jener wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“
Der Heilige Geist wirkt also über die Erinnerung. Er kann uns nur an Dinge erinnern, die wir uns bereits vorher angeeignet haben. Das ist ganz wichtig.
Es gibt auch Leute, die denken, Predigen geht auch ohne Bibelstudium, denn wenn es darauf ankommt, gibt der Heilige Geist die richtigen Worte. Nein, der Heilige Geist erinnert an das, was wir zuvor erarbeitet haben. Im Moment der Prüfung gibt er dann die Weisheit, was jetzt gesagt werden soll.
Die Notwendigkeit der Apologetik trotz der Vollkommenheit der Bibel
Wenn wir über die Verteidigung des christlichen Glaubens sprechen, gibt es Menschen, die sagen: „Ach, das ist doch Unsinn. Die Bibel braucht keine Verteidigung, sie ist Gottes Wort.“ Natürlich hat die Bibel, als Gottes Wort, keine Verteidigung nötig. Sie ist vollkommen und hundertprozentig Gottes Wort.
Dennoch brauchen verlorene Menschen einen Zugang zur Bibel. Wir müssen ihnen diesen Zugang eröffnen. Das liegt daran, dass der Herr uns, wie in Apostelgeschichte 26,18 beschrieben, gesandt hat, ihre Augen zu öffnen. Dort geht es um Paulus, aber wir können diese Aussage verallgemeinern: Wir sollen den Menschen helfen, sich zu bekehren – von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt Satans zu Gott.
Das ist eigenartig formuliert. Man würde denken, dass Gott selbst die Augen öffnet. Doch hier heißt es, dass derjenige, der das Evangelium weitergibt, die Augen öffnen muss. Das sind zwei Seiten derselben Medaille.
Wir müssen uns bemühen, den Glauben zu erklären und weiterzugeben. Es ist dann Gottes Werk, das vollbracht wird. Aber wir dürfen nicht denken, dass wir den Glauben nicht weitergeben können oder dass wir uns keine Mühe geben müssen. Es ist unser Auftrag, ihre Augen zu öffnen, damit sie sich bekehren.
Themenbereiche der Apologetik
Wenn wir über Apologetik sprechen, womit beschäftigt man sich bei diesem Thema?
Es können ganz verschiedene Bereiche sein, zum Beispiel die geschichtliche Glaubwürdigkeit der Bibel. Dabei geht es um Archäologie, Geschichtsschreibung und deren Verhältnis zur Bibel. Ein sehr aktuelles Thema ist auch das Verhältnis von Bibel und Naturwissenschaft, etwa bei Fragen zu Schöpfung, Evolution oder dem Weltbild.
Ein weiterer Themenblock sind scheinbare Widersprüche in der Bibel. Manche Menschen haben Schwierigkeiten, einen Zugang zur Bibel zu finden, weil sie denken, die Bibel sei sowieso voller Widersprüche. Wie kann man hier Abhilfe schaffen?
Dann gibt es den Bereich Bibel und Ethik. Das betrifft moralische Fragen, die heute aktuell sind, wie Abtreibung, Sexualität oder Esoterik. Was sagt die Bibel dazu? Dieser Bereich gehört ebenfalls zur Apologetik, wo wir eine biblische Sicht auf Themen wie Abtreibung, Sexualität oder Okkultismus bezeugen und vertreten müssen.
Ein weiterer positiver Themenblock ist: Wie kann man wissen oder erkennen, dass die Bibel Gottes Wort ist? Hier können wir auf die erfüllte Prophetie hinweisen, die etwas völlig Einzigartiges unter allen Religionen ist. Man kann die erfüllte Prophetie als „Gottes Siegel auf die Bibel“ bezeichnen.
Es gäbe noch viele weitere Themenbereiche, in denen es darum geht, den Glauben im Verhältnis zu verschiedenen Themen, die in Konflikt stehen, darzustellen und zu erklären.
Ist Glaube unvernünftig? Der biblische Befund
Nun stellt sich zunächst die Frage: Ist Glaube eigentlich etwas Unvernünftiges? Viele unserer Zeitgenossen sind davon überzeugt, dass dem so ist. Sie denken, der christliche Glaube sei subjektiv. Das heiße, er sei zwar gut für dich, gerade auf dich bezogen, aber das sei in Ordnung, wenn es dir gut tut. Für sie selbst jedoch sei er nicht notwendig, denn er sei nicht objektiv. Für den einen könne er stimmen, für den anderen aber nicht – das sei subjektiv.
Andere meinen, der Glaube sei sowieso unlogisch, mythologisch, also mit einem märchenhaften Einschlag. Wer glaubt schon an den Sündenfall, an Adam und Eva und dergleichen? Sie denken, Glaube fordere einen Sprung ins Dunkle. Das heißt, wenn jemand zum Glauben kommen wolle, dann tue er das einfach mutig, indem er ins Dunkle springe – ohne eine feste Grundlage für einen solchen Sprung zu haben.
Nun wollen wir gemeinsam den biblischen Befund anschauen. Wie stellt die Bibel den christlichen Glauben dar?
Wenn wir Matthäus 22,37 aufschlagen, geht es um die Frage, welches das größte Gebot in der Tora, im Gesetz, also im Alten Testament, ist. Welches ist das wichtigste Gebot unter all diesen Hunderten von Geboten? Die Antwort gibt der Herr Jesus selbst:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dieses ist das große und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“
Das ganze Alte Testament hängt also an diesen beiden Geboten. „Gesetz und Propheten“ ist eine Sammelbezeichnung für das Alte Testament.
Gott lieben mit dem ganzen Verstand – das ist doch erstaunlich für jemanden, der denkt, Glaube sei ein Sprung ins Dunkle.
Der Apostel Paulus schreibt in seinem Testament, 2. Timotheus 1,12. Das war sein letzter Brief aus der Todeszelle in Rom. Im Rückblick auf sein Glaubensleben von einigen Jahrzehnten sagt er: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ Wissen und Glauben sind kein Gegensatz, sondern eine Einheit. Er sagt: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“ oder „auf wen ich mein Vertrauen gesetzt habe.“
Der Apostel Johannes schreibt als alter Greis, gegen hundert Jahre alt, in 1. Johannes 5,20: „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf das wir den Wahrhaftigen kennen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“
Erstaunlich: Er sagt nicht „Wir glauben“, aber das wäre ja auch richtig gewesen. Stattdessen sagt er als Ersatzwort, als Synonym: „Wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist und er hat uns ein Verständnis gegeben.“
Der Apostel Petrus schreibt in seinem Testament, 2. Petrus 1,16, den zweiten Brief, den er ebenfalls aus der Todeszelle in Rom verfasste. Rückblickend auf Jahrzehnte der Nachfolge und des Glaubens schreibt er: „Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir künstlich erdichteten Mythen folgten, sondern als die, da Augenzeugen seiner herrlichen Größe gewesen sind.“
Der Apostel Petrus sagt also, dass sie überhaupt kein Interesse hatten, sich mit Mythen, also mit märchenhaften, fabelhaften Dingen abzugeben. Ihnen war wichtig, was sie als Augenzeugen des Herrn Jesus Christus erlebt hatten, nämlich damals, als er auf dem Berg der Verklärung war.
Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien
Wie kann man sich das erklären? Rudolf Bultmann, der vor Jahren die "Gott ist tot"-Theologie eingeführt hat und in den sechziger Jahren gestorben ist, sagte, wir müssten die Evangelien von ihrem ganzen mythologischen Ballast befreien, um dahinter irgendwie noch den historischen Jesus zu finden. Für ihn waren die Evangelien weitgehend mythologisch. Die Menschen damals lebten in einem vorwissenschaftlichen Zeitalter und dachten mythologisch.
Doch was sagt Petrus, einer der zwölf Apostel? Zeugnisgebend erklärt er: „Wir haben euch diese Dinge nicht kundgetan, indem wir künstlich erdichteten Mythen folgten.“ Im Griechischen steht hier das Wort Mythos, das teilweise mit Fabeln übersetzt wird. Petrus betont, dass sie nicht künstlich erdichteten Mythen folgten, sondern als Augenzeugen seiner herrlichen Größe dabei waren. Für die ersten Christen war es also absolut wichtig, historisch zuverlässige Dinge als Augenzeugen weiterzugeben.
Im 1. Korinther 15,14-19 macht der Apostel Paulus die ganze Glaubwürdigkeit des Evangeliums von der historischen Tatsache abhängig, dass Jesus Christus am dritten Tag auferstanden ist. Die liberale Theologie wollte daraus einen Mythos machen – dass Christus nur im Glauben der Jünger auferstanden sei. Paulus sagt es jedoch ganz anders.
Ich lese vor aus 1. Korinther 15,14: „Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist also auch unsere Predigt vergeblich, aber auch euer Glaube vergeblich. Wir werden aber auch als falsche Zeugen Gottes erfunden, weil wir in Bezug auf Gott gezeugt haben, dass er den Christus auferweckt habe, den er nicht auferweckt hat. Wenn wirklich Tote nicht auferweckt werden, denn wenn Tote nicht auferweckt werden, so ist auch Christus nicht auferweckt. Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube eitel, ihr seid noch in euren Sünden. Also sind auch die, welche in Christus entschlafen sind, verloren gegangen. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus Hoffnung haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen. Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt.“
Man könnte sich sagen: Wenn die ersten Christen ihren Glauben irgendwie verkaufen wollten, dann wäre es doch besser gewesen, die ganze Wahrheit ihres Glaubens nicht von diesem historischen Punkt abhängig zu machen. Sie hätten sagen können, dass es nicht so wichtig sei, ob die Auferstehung wirklich genau körperlich geschehen ist. Hauptsache sei die Botschaft, das Kerygma, wie moderne Theologen sagen. Sie sprechen immer vom Kerygma, von der Botschaft, die dahintersteckt – nur das sei wichtig.
Doch Paulus sagt: Wenn die leibhaftige Auferstehung Christi am dritten Tag nicht wirklich geschehen ist, dann ist das ganze Christentum zu vergessen. Es wäre eine elende, hohle, eitle Sache. Aber das Ganze steht auf Tatsachen. Deshalb fügt Paulus in diesem Kapitel auch hinzu, in Vers 6, dass es mehr als 500 Augenzeugen der Auferstehung gegeben hat.
Beweise und Argumente für den Glauben
Und alle, die denken, glauben und denken, das müsse man irgendwie prinzipiell trennen, werden schockiert sein, wenn sie Apostelgeschichte 9,22 lesen. Dort heißt es nämlich, gerade nach der Bekehrung des Saulus, wie er in die Synagoge gegangen ist und gepredigt hat: Saulus aber erstarkte umso mehr und brachte die Juden, die in Damaskus wohnten, außer Fassung, indem er bewies, dass dieser der Messias, also der Christus, ist.
Nun gibt es auch bibeltreue Christen, die sagen, Glaube habe mit Beweisen nichts zu tun. Gut, das ist ihre Ansicht. Aber schockierend ist es dann, wenn man liest, dass die Bibel selbst von Beweisen spricht.
Ich habe auf dem Blatt Folgendes zusammengestellt: Das Wort „beweisen“ hier heißt im Griechischen „symbibazo“. Ursprünglich bedeutet es „zusammenführen“. Paulus hat viele Tatsachen und Argumente so zusammengesammelt, zusammengeführt, zu einem Haufen.
Zweitens bedeutet „symbibazo“ auch „Schlussfolgerungen ziehen“. Man sammelt Argumente und Tatsachen, und wenn man sie beieinander hat, sieht man aus dem Ganzen eine weitere logische Schlussfolgerung.
Die dritte Bedeutung ist dann „beweisen“. Diese drei Stufen sind alle in diesem einen Wort enthalten. Paulus hat also Tatsachenargumente zusammengeführt, daraus Schlussfolgerungen gezogen, die so überzeugend waren, dass sie beweiskräftig wurden.
Eine zweite Schockstelle ist Apostelgeschichte 18,28. Dort geht es um Apollos, einen gelehrten alexandrinischen Juden aus Ägypten, der das Alte Testament sehr gut kannte. Er kam nach Korinth. Ich lese ab Vers 27b: „Schon dieser war, als er hinkam, den Glaubenden durch die Gnade sehr behilflich, denn kräftig widerlegte er die Juden öffentlich, indem er durch die Schriften bewies, dass Jesus der Messias, also der Christus, ist.“
Hier haben wir zwei interessante Wörter in Verbindung mit unserem Thema: „kräftig widerlegen“ auf Griechisch heißt „diakatelenchomai“. Das „dia“ bedeutet „durch“ im Sinne von vollständig, „katta“ heißt „herab“, und „elenchomai“ bedeutet „überzeugen, widerlegen“. Wenn man dieses Wort aufgliedert, ergibt sich der Sinn von „durchschlagend überzeugend widerlegen“, indem man die Gegenargumente zu Boden wirft.
Das ist also in diesem Wort konzentriert zusammengefasst: Die Argumente kamen, Apollos hat sie zu Boden geworfen.
Dann haben wir das Wort „beweisen“. Hier ist es ein anderes Wort als in Kapitel 9 bei Paulus. Es heißt „epideiknymi“. Das ist ein Wort mit einem „i“ nach dem „e“. Es bedeutet „beweisen“ oder auch „zeigen“. Das Wort trägt den Sinn, durch die Anschaulichkeit der Argumentation einen Beweis zu führen.
Es war also anschaulich für die Zuhörer, man konnte nachvollziehen, was er sagte.
Die Definition von Glauben und seine Vernünftigkeit
Wir gehen zu Hebräer 11, Vers 1, wo der Glaube sehr schön definiert wird. Im Grundtext steht dort eine übliche Formel, wie auch Philosophen einen Begriff definieren, zum Beispiel bei Platon: Er nennt zunächst den Begriff, etwa „Hund“, und definiert dann, was ein Hund ist.
Hebräer 11 beginnt mit den Worten: „Es ist aber der Glaube eine Verwirklichung oder feste Überzeugung dessen, was man hofft, und ein Überführtsein (griechisch elenchos) von Dingen oder Tatsachen (griechisch pragmata), die man nicht sieht.“
Das Wort „überführt sein“ ist besonders interessant: elenchos. Es stammt von dem Wort Elenchomai, das wir vorhin gelernt haben und das „überführen“ oder „widerlegen“ bedeutet.
Das Wort Elenchomai wird zum Beispiel in Judas 15 verwendet, wo vom Richter die Rede ist, der die Angeklagten überführt – also vom Herrn Jesus, dem Richter, der die Gottlosen überführen wird.
Wie tut ein Richter das? Er sagt nicht einfach: „Ich habe das Gefühl, Sie sind schuldig“, und der Angeklagte: „Ich habe das Gefühl, ich bin nicht schuldig.“ Nein, der Richter muss alle möglichen Argumente, Indizien und Hinweise zusammenführen. Daraus zieht er eine Schlussfolgerung, die beweiskräftig zeigt, dass der Angeklagte schuldig ist.
Hier haben wir also das Wort Elenchos, ein Überführtsein von Tatsachen, die man nicht sieht. Das bedeutet: Glaube ist kein Sprung ins Dunkle. Glaube hat viel mit Dingen zu tun, die man nicht sieht.
Ich habe Gott noch nie gesehen. Aber das Wort Gottes liefert starke Argumente – einerseits für meine Schuldhaftigkeit vor Gott, andererseits für meine Verantwortung vor Gott. Dadurch bin ich überführt worden, und zwar durch Tatsachenargumente, denen nicht widersprochen werden kann.
So überführt der Heilige Geist auch heute die Welt. In Johannes 16, Vers 8 sagt der Herr Jesus: „Wenn der Heilige Geist kommen wird, so wird er die Welt überführen von Sünde ...“ Das Wort „überführen“ ist hier wieder Elenchomai.
Der Heilige Geist überführt den Menschen mit Argumenten, die er einsehen muss, um seine Sünde zu erkennen. Damit überführt er natürlich auch, dass Gott da ist und dass Gott das Recht hat, von uns Gerechtigkeit zu fordern.
All das gehört zum Werk des Heiligen Geistes, das er heute tut. Wie gesagt, er will uns Menschen, den Gläubigen, bei diesem Werk der Überführung benutzen.
Darum ist das Thema Apologetik wirklich etwas ganz Wichtiges.
Die Bedeutung der Apologetik für Gläubige und Ungläubige
Ich würde sagen, das ist wichtiger, als man oft denkt. Im Allgemeinen, wenn man mit Christen spricht, die bereits bekehrt sind, und dann gezielt nachfragt: „Warum glaubst du?“, merkt man häufig, wie viel Mühe es ihnen bereitet oder wie wenig Fähigkeit sie haben, ihren Glauben zu begründen.
Warum glaube ich eigentlich? Warum bin ich überhaupt überzeugt, dass die Bibel Gottes Wort ist und nicht der Koran? Hier besteht oft ein gewisser Mangel. Das zeigt sich besonders in Krisensituationen, wenn plötzlich Zweifel am Glauben aufkommen. In solchen Momenten wäre es wichtig, dass ein sorgfältiges Fundament gelegt wurde – ein Fundament, das die Überführung durch den Heiligen Geist einschließt.
Übrigens sei hier noch Lukas 1,1-4 erwähnt, das man nutzen kann, um Bultmann vollständig zu widerlegen. Lukas schreibt erklärend, wie er das Lukasevangelium verfasst hat. Er sagt:
„Da es ja viele unternommen haben, eine Erzählung von den Dingen, die unter uns völlig geglaubt werden, zu verfassen, so wie es uns die überliefert haben, welche von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, in geordneter Reihenfolge zu schreiben, auf dass du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in welchen du unterrichtet worden bist.“
Hier geht es also um Glauben. Diese Dinge, sagt Lukas, werden unter uns völlig geglaubt – aber nicht als ein Sprung ins Dunkle. Er betont, dass sie uns von denen überliefert wurden, die von Anfang an Augenzeugen waren. Lukas selbst ist den Augenzeugen nachgegangen und hat das Material sorgfältig zusammengeführt. Er sagt, er sei ganz genau diesen Dingen nachgegangen.
Dann hat er alles in geordneter Reihenfolge aufgeschrieben. Das Ziel war, dass Theophilus die Zuverlässigkeit der Dinge erkennt, in denen er unterrichtet worden ist.
Wir haben hier also ein interessantes Beispiel. Ich habe vorhin die Problematik angesprochen, dass der Glaube vieler Gläubiger eigentlich zu wenig begründet ist. Hier wird das Lukasevangelium an den Gläubigen Theophilus geschrieben. Lukas will ihm damit nachträglich noch einmal ein Fundament legen, damit er als Gläubiger neu sieht, wie zuverlässig all diese Dinge sind.
Wir sehen also: Apologetik ist nicht nur wichtig für Ungläubige, sondern auch für Gläubige, um sie zu festigen und vor Zweifeln zu bewahren.
Die Apostelgeschichte und die sicheren Kennzeichen der Auferstehung
Derselbe Lukas hat ja auch als Fortsetzungswerk die Apostelgeschichte geschrieben. Dort finden wir etwas Eindrückliches in Vers 3. Er schreibt über den Auferstandenen, der sich den Aposteln nach der Auferstehung gezeigt hat. Jesus hat sich nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt.
Das geschah, indem er vierzig Tage hindurch von ihnen gesehen wurde und über die Dinge redete, welche das Reich Gottes betreffen. Hier sagt Lukas, dass Jesus Christus sich in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt hat.
Das Wort „sichere Kennzeichen“ heißt auf Griechisch „Tekmerion“. „Tekmerion“ in der Einzahl bedeutet „ein überzeugend durchschlagender Beweis“. Das ist die genaue Bedeutung dieses Wortes.
Nun sagt Lukas: „In vielen überzeugend durchschlagenden Beweisen hat er sich lebendig dargestellt.“
Wie man da als liberaler Theologe dann sagen kann, ja, die waren noch mythologisch, und es ging ihnen gar nicht so um die Tatsache, sondern vielmehr um die symbolische Botschaft dahinter und so weiter – das ist doch absolut am Bibeltext nicht nachzuvollziehen.
Wir sehen diese Zeugen Jesu und der Auferstehung. Ihnen ging es darum, wirklich die Zuverlässigkeit der historischen Tatsachen darzulegen.
Der Logos und die Vernunft im christlichen Glauben
Hinzu kommt der Prolog, die Einleitung zum Johannesevangelium. Dort wird Jesus Christus „das Wort“ genannt. Im Anfang war das Wort, griechisch der Logos. Von Logos stammen unsere Wörter wie Logik, logisch und auch das Teilwort „-logie“ als Anhängsel. Zum Beispiel ist Biologie die Wissenschaft des Lebens, Geologie die Wissenschaft der Erde und so weiter. All das kommt von Logos. Dieser Ausdruck beinhaltet Vernünftigkeit und mehr.
Jesus Christus selbst wird als der Logos bezeichnet. Und da will man noch sagen, den Christen ging es gar nicht so sehr um Logik, sondern sie seien von Unlogik gekennzeichnet. Ihr Herr selbst, der Sohn Gottes, heißt der Logos. Daraus folgt 1. Mose 1,27: Der Mensch ist ja im Bilde Gottes geschaffen worden, also auch im Bild des Logos. Von daher leitet sich die Fähigkeit des Denkens und Erkennens ab. Das ist eine Gabe Gottes.
So heißt es auch in Sprüche 20,27: „Der Geist des Menschen ist eine Leuchte des Herrn, durchforschend alle Kammern des Leibes.“ Das ist ein schöner Vers für Mediziner, Krankenschwestern und Chirurgieassistenten. Der Geist des Menschen ist eine Leuchte des Herrn.
Wir sehen also: Die Bibel ist überhaupt nicht verstandesfeindlich oder vernunftfeindlich.
Die Ursache für die Ablehnung des Evangeliums
Aber woher kommt es, dass man der Bibel so etwas unterschiebt? Das werden wir jetzt vielleicht deutlich sehen, wenn wir 1. Korinther 1 betrachten.
In 1. Korinther 1 geht es um die Weisheit dieser Welt. Die Torheit ist bei Gott, und es geht um das Evangelium, das für die Menschen Torheit ist. Ich lese 1. Korinther 1,18: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gotteskraft.“
Denn es steht geschrieben: „Ich will die Weisheit der Weisen vernichten und den Verstand der Verständigen will ich hinwegtun. Wo ist der Weise, wo der Schriftgelehrte, wo der Schulstreiter dieses Zeitlaufs? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?“ (1. Korinther 1,19-20)
Denn da ja in der Weisheit Gottes die Welt durch die Weisheit Gott nicht erkannte, so gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten.
Hier könnte man den Eindruck bekommen, das Evangelium habe mit Vernünftigkeit nichts zu tun. Aber wenn wir den Text gründlich durcharbeiten, dann stellen wir fest: Es wird gesprochen über die Weisheit dieser Welt, und die ist bei Gott Torheit (1. Korinther 1,20).
Umgekehrt wird hier aber gesprochen über die Weisheit Gottes, und die ist Torheit bei der Welt (1. Korinther 1,21).
Es geht also um die Gegenüberstellung von Weisheit der Welt und Weisheit Gottes sowie Torheit der Welt und Torheit des Evangeliums. So müssen wir die Gegensatzpaare sehen.
Es wird hier nirgends gesagt, dass das Evangelium an sich vernünftig, unvernünftig oder töricht ist. Sondern es ist töricht für diejenigen, die aus einer ganz anderen Welt kommen als das Evangelium.
Und wie ist das zu erklären? Epheser 4,18 sagt uns, dass das Denken des Menschen durch den Sündenfall verfinstert worden ist. Es heißt dort wirklich „verfinstert am Verstande“.
Die Weisen dieser Welt sind nach Römer 1,21-22 durch ihr falsches Denken über Gott und die Natur zu Toren geworden.
Und in 2. Korinther 4,4 heißt es, dass Satan, der Gott dieser Welt, die Gedanken der Ungläubigen verblendet hat. Das griechische Wort meint hier den Sinn oder die Gedanken.
Jetzt erklärt sich Johannes 1,4: „In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.“
Der Logos ist in diese Welt gekommen. Der Herr Jesus ist vor zweitausend Jahren Mensch geworden.
Der Logos kommt hinein als Licht, aber die Welt mit ihrer ganzen Intelligenz, verfinstert von Satan, weigert sich, dieses Licht anzunehmen.
Das ist die ganze Problematik der Evangeliumsverkündigung. Es ist nicht so, dass das Evangelium unvernünftig wäre, sondern der ungläubige Mensch ist unter der Macht Satans, und sein Verstand ist verfinstert.
Einfluss der griechischen Philosophie auf die Theologie
In der katholischen Theologie wurde die Verdorbenheit des menschlichen Verstandes nicht klar erkannt. Man spricht zwar vom Sündenfall, doch dass durch diesen Fall auch das Denken des Menschen vollständig mitgefallen und verdorben wurde, wird nicht festgehalten. Das hat weitreichende Konsequenzen.
Genau deshalb hat die griechische Philosophie von Platon und Aristoteles bereits seit frühen Jahrhunderten einen so dominierenden Einfluss auf die katholische Theologie und Dogmengeschichte ausgeübt. Das mag man kaum glauben. Die gesamte mittelalterliche katholische Theologie dachte im Denkrahmen von Aristoteles und Platon.
Warum wurden gerade diese Heidenphilosophen übernommen? Luther bezeichnete Aristoteles als einen verfluchten oder verdammten Heiden, also jemanden, der unter dem Gericht Gottes steht. Wie konnten sie das akzeptieren und sogar ihr gesamtes Bibelstudium gewissermaßen in das Korsett der griechischen Philosophie zwängen? Der Grund lag darin, dass sie nicht glaubten, dass der menschliche Verstand gefallen sei. Daher gingen sie davon aus, dass auch die alten Griechen viel göttliches Licht in ihrem Denken hatten. Dadurch haben sie dem Christentum erheblichen Schaden zugefügt.
Wir müssen das festhalten. Das führt zu der Warnung in Kolosser 2,8, wo uns gezeigt wird, dass die griechische Philosophie nicht einfach Licht ist, sondern völlig verfinstert. Paulus warnt dort: „Seht zu, dass nicht jemand euch als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug nach den Überlieferungen der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht nach Christus.“ (Kolosser 2,8)
Wenn diese Warnung schon früh in der Kirchengeschichte beherzigt worden wäre, wäre vieles ganz anders verlaufen. Hier wird deutlich gewarnt: Die Philosophie ist eitler Betrug. Aber warum?
Es heißt dort, die Philosophie beruhe auf „den Überlieferungen der Menschen, nach den Elementen der Welt“. Das klingt auf Deutsch unverständlich, obwohl es deutsch ist. Was bedeutet „nach den Elementen der Welt“? Das griechische Wort „Stochäon“ bedeutet bei den Griechen „Basis“ oder auch „Atom“ als Grundbestandteil der Materie, also „Element“. Es kann aber auch gedanklich eine Grundannahme oder ein Axiom meinen. In der Geometrie haben wir Axiome gelernt, zum Beispiel: „Eine Gerade hat keinen Anfang und kein Ende.“ Das ist ein Axiom, also eine Behauptung, die nicht begründet wird. Kein Mathematiklehrer hat uns das je bewiesen. Es ist eine Voraussetzung, auf der weiter aufgebaut wird.
Die Warnung bedeutet also: Die Philosophie beruht auf den Voraussetzungen oder Grundannahmen der Welt – und darin liegt das Problem. Es ist nicht so, dass die griechische Philosophie oder irgendeine andere Philosophie fortwährend unlogisch denken würde. Das ist nicht das Problem. Aber die Grundbausteine, von denen aus gedacht wird, sind falsch.
Wir wissen das aus der Mathematik: Wenn bei einer Kettenrechnung ein Glied falsch berechnet wurde, ist der ganze Rest falsch, auch wenn man danach korrekt weiterrechnet. So ist es auch in der Philosophie. Wenn die Grundannahmen nicht nach Christus, also nicht christusgemäß sind und falsch sind, dann ist das ganze Gebäude falsch. Dort liegt das Problem.
Es ist nicht so, dass wir zum Beispiel die Logik der Griechen ablehnen würden. Logik ist ein Teilgebiet der Philosophie. Im Lateinunterricht haben wir Logik gelernt, indem wir Texte von Augustinus gelesen haben. Dort lernten wir Aussagen wie: „Jeder Neger ist ein Mensch.“ Das ist eine korrekte Aussage. Wenn man sie aber umdreht und sagt: „Jeder Mensch ist ein Neger“, ist das falsch. Es gibt aber auch Aussagen, die man drehen kann. Die Griechen beschäftigten sich viel mit solchen logischen Sätzen. Das an sich ist nicht falsch.
Doch was dann mit dem Ganzen weitergebaut wird, ist nur das Handwerk. Dort liegt das große Problem. Das von Gott losgelöste Denken beruht auf unbewiesenen Voraussetzungen, die falsch sind und Christus, dem Logos, widersprechen. 2. Korinther 4,4 sagt das ganz deutlich: Sie stammen von Satan, dem Gott dieser Welt.
Die Offenbarung der Weisheit Gottes
Jetzt wollen wir noch kurz über die Weisheit Gottes sprechen. Ja, meine Atomuhr ist noch nicht ganz auf elf.
Die Weisheit Gottes ist Torheit bei denen, die verloren gehen. Das haben wir in 1. Korinther 1,18 gesehen.
Die Weisheit Gottes wird weiter erklärt in 1. Korinther 2,9-13. Sie wird durch Gottes Geist, durch die inspirierten Worte der Heiligen Schrift, geoffenbart. Wir lesen diesen Text:
„Wir haben aber nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf dass wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind, welche wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel.“
Es ist der Heilige Geist, der uns die göttlichen Dinge mitteilt. Paulus sagt, dass sie das euch gelehrt und verkündigt haben, nicht mit Worten, die sie aus der Philosophie gelernt haben, sondern durch den Geist, mit Worten, die durch den Geist gelehrt sind.
Das heißt, die Wörter, die Paulus gebraucht hat, die Sätze, die er gebildet hat, waren durch den Heiligen Geist inspiriert. Er hat die geistlichen Dinge durch geistliche Worte, also von Gott inspirierte Worte, wiedergegeben.
Wir sehen also, dass die Inspiration der Bibel weiter geht, als nur dass die Schreiber von Gott Offenbarungen bekommen haben. Sie waren auch in der Wortwahl inspiriert, wie sie das aufschreiben mussten.
So spricht Gott durch sein Wort zu uns, und bei der Bekehrung kann Gottes Licht in unser verfinstertes Herz hineinleuchten.
Nach 2. Korinther 4,3-6 hat Satan die Gedanken verfinstert, aber das Evangelium kann in das dunkle Herz hineinscheinen. Dort heißt es, der Gott, der damals in 1. Mose 1 gerufen hat: „Es werde Licht“, ist derselbe Gott, der in unser finsteres Herz hineingeleuchtet hat.
Was heißt das? Dann waren wir eigentlich so, wie es im zweiten Vers der Bibel steht. Das war der Zustand vor der Bekehrung:
„Die Erde war wüst und leer, Finsternis lag auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“
So muss also Gott in unser Herz hineinscheinen.
Nach Römer 12,2 muss unser Denken verwandelt werden, damit wir nicht mehr so denken wie der Zeitgeist, der Weltlauf.
Der Aufruf dort in Römer 12,2 „Werdet verwandelt in eurem Denken“ ist eine Zeitform, die bedeutet: „Werdet fortdauernd umgewandelt.“ Es ist ein lebenslanger Prozess. Unser Denken muss als Erlöste bis ans Ende geändert werden.
Nach 1. Korinther 13,12 ist unser Erkennen heute Stückwerk. Aber dann, in der Herrlichkeit, werden wir eine vollkommene Erkenntnis haben, wenn wir Jesus Christus, unseren Herrn, von Angesicht zu Angesicht sehen.
Übergang zur praktischen Anwendung und Bibelverständnis
Es ist Zeit für eine Pause. Nach dieser theoretischen Einführung, in der es grundsätzlich um den biblischen Befund im Blick auf Verstand und Denken ging, werden wir jetzt praktischer. Zuerst fragen wir uns im Hinblick auf die Bibel: Was sagt die Bibel über sich selbst? Dazu lesen wir 2. Timotheus 3,16.
Das ist einer der Standardverse zur Inspiration der Bibel, den man auswendig können und immer griffbereit haben sollte. Dort heißt es: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung.“
Ich muss erklären: Der Ausdruck „Schrift“ war im Judentum eine Bezeichnung für die Bibel. Wenn Paulus also sagt „alle Schrift“, meint er die ganze Bibel – und zwar hier nicht nur das Alte Testament. In Vers 14 sagt er zu Timotheus, der aus jüdischem Hause kam: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast, und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast.“
Weil Timotheus von Kind auf die heiligen Schriften kennt, die vermögen, ihn weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben (Vers 15), zeigt sich, dass er mit dem Alten Testament aufgewachsen ist. Diese werden hier „die heiligen Schriften“ genannt, wörtlich im Griechischen „die heiligen Buchstaben“.
Er sagt: „Du kennst sie von Kind auf.“ Das Wort für „Kind“ im Griechischen heißt hier „Säugling“. Wenn seine Mutter ihn vielleicht bis zu einem Alter von vier Jahren gesäugt hat, bedeutet das, dass er als Kleinkind von seiner Mutter im Alten Testament unterwiesen wurde. Das hat Beispielcharakter.
In Vers 14 sagt Paulus zuvor: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast.“ Im Grundtext meint das, von welchen Personen Timotheus gelernt hat. Vers 15 bezieht sich auf das Alte Testament, während Vers 14 das meint, was Timotheus bereits an neutestamentlichen Belehrungen von Paulus und anderen Personen gelernt hat.
Zusammenfassend sagt Paulus in Vers 16: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre.“ Übrigens, wenn das Neue Testament mit einbezogen wird, gibt es noch einen weiteren Beweistext: 1. Timotheus 5,18. Dort zitiert Paulus in einem anderen Zusammenhang aus 5. Mose und sagt: „Denn die Schrift sagt: ‚Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden‘“ (5. Mose 25,4) und „der Arbeiter ist seines Lohnes wert“ (Lukas 10,7).
Paulus zitiert also aus der Schrift, zitiert die Tora und zitiert das Lukasevangelium, das damals bereits vorlag. Von Gott eingegeben sind das Alte Testament und das Neue Testament – alles, was zu der Zeit schon vorlag, als der zweite Timotheusbrief verfasst wurde.
Wichtig ist der Ausdruck „eingegeben“, griechisch Theopneustos, was „von Gott gehaucht“ bedeutet. Man kann das mit „inspiriert“ oder „von Gott inspiriert“ übersetzen, also „von Gott gehaucht“. Wenn ich spreche, brauche ich meinen Luftkanal. Ohne den geht gar nichts. Der Luftzug von unten nach oben ist eine wesentliche Grundlage des Sprechens.
Wenn es heißt „alle Schrift ist von Gott gehaucht“, bedeutet das, dass Gott hier direkt spricht – es ist die direkte Rede Gottes. Der Vers sagt aber nicht, dass die Bibelschreiber inspiriert worden sind. Das ist zwar auch wahr, wie man in 2. Petrus 1,21 lesen kann, aber hier steht: Die Schrift, also das Geschriebene selbst, ist von Gott gehaucht, Gottes direkte Rede.
Das geht noch viel weiter. Wenn nur die Schreiber inspiriert gewesen wären, hätten sie bei der Übertragung auf Papyrus, Pergament oder andere Materialien immer noch Fehler machen können. Hier wird jedoch deutlich gemacht, dass bereits das Endstadium, das Abgefasste, die Schrift von Gott inspiriert und von Gott gehaucht ist.
Das macht klar, dass die Bibel den Anspruch erhebt, Gottes Wort zu sein. Das ist wichtig im Gespräch mit Ungläubigen, denn da sagt vielleicht jemand: „Mein Pfarrer hat gesagt, die Bibel ist einfach ein Buch, ein religiöses Buch, das Menschen damals aufgeschrieben haben. Sie haben ihre Erfahrungen mit Gott und ihre Überlegungen über die Schöpfung niedergeschrieben.“
In der Diskussion müssen wir jedoch davon ausgehen, was die Bibel selbst über sich sagt. So sehen wir, dass die Bibel sich als Gottes direkte Rede betrachtet.
Die Überlieferung des Neuen Testaments
Als nächster Punkt stellt sich die Frage: Haben wir heute, im dritten Jahrtausend nach Christus, noch dieselbe Bibel, die damals aufgeschrieben wurde und von der gesagt wird, sie sei inspiriert? Diese Frage wollen wir nun gesondert für das Neue Testament und das Alte Testament betrachten.
Das Neue Testament mit seinen 27 Büchern wurde zwischen 30 und 95 nach Christus verfasst. Heute besitzen wir etwa 5400 griechische Handschriften davon. Das ist höchst ungewöhnlich, denn bei den alten antiken Schriftstellern ist man froh, wenn man für ein Werk ein Dutzend Handschriften hat – das gilt schon als sehr gut. Als wir im Gymnasium Autoren wie Cicero oder Caesar gelesen haben, hat niemand daran gezweifelt, dass es sich um deren Originalwerke handelt. Doch beim Neuen Testament treten Zweifel auf: Haben wir wirklich noch das gleiche Neue Testament, wie es damals geschrieben wurde?
Wir haben eine sehr breite Textgrundlage, auf die wir uns stützen können. Diese war noch nie so groß wie heute. Zudem ist der Abstand zwischen den ältesten Handschriften und dem Original beim Neuen Testament sehr gering. Bei den griechischen und lateinischen Klassikern beträgt dieser Abstand normalerweise etwa 900 bis 1300 Jahre. Das heißt: Die älteste Handschrift, die wir heute von einem antiken Werk besitzen, ist 900 bis 1300 Jahre jünger als das Original. Dennoch zweifelt niemand daran, dass wir beispielsweise Ciceros Briefe oder Caesars Gallischen Krieg lesen.
Beim Neuen Testament kommen wir heute sogar auf nur wenige Jahre Abstand zum Original heran. Das erste Beispiel dafür ist der sogenannte P52, der in den 1920er Jahren entdeckt wurde. P steht für Papyrus, und 52 ist seine Katalognummer. Diesen sollte man ruhig auswendig lernen. Ich werde aber nicht alle 5400 Handschriften heute erwähnen.
Der P52 umfasst nur einige Zeilen aus dem Johannesevangelium. Aufgrund des Schriftbildes, also der Art, wie die griechischen Buchstaben geschrieben wurden, lässt sich sein Entstehungszeitraum sehr genau bestimmen. Er wird heute auf etwa 115 nach Christus datiert. Nach altkirchlichem Zeugnis hat Johannes das vierte Evangelium um etwa 98 nach Christus in Ephesus, dem heutigen Gebiet der Türkei, geschrieben. Das bedeutet, wir kommen im besten Fall auf nur etwa 17 Jahre Abstand zum Original.
Früher wurde in der Literatur oft das Jahr 125 nach Christus als Entstehungszeit genannt. Doch unter Fachleuten geht man inzwischen immer mehr zurück und steuert auf die Zeit um 100 nach Christus zu. Noch etwas: Johannes schrieb sein Evangelium in der Türkei, während der P52 in Ägypten gefunden wurde. Das zeigt, wie schnell sich die Schriften in der damaligen Welt verbreiteten.
Man könnte sagen, der P52 ist nur ein kleines Fragment, das einige wenige Zeilen umfasst. Es bestätigt zwar das Johannesevangelium, das wir schon immer kannten, ist aber nur ein kleines Stück. Doch in den 1930er Jahren wurde unter anderem der P46 entdeckt, den man ebenfalls kennen sollte. Der P46 enthält alle Paulusbriefe, einschließlich des Hebräerbriefs. Etwa 80 Prozent dieses Manuskripts sind erhalten. Übrigens ist der Hebräerbrief dort nach dem Römerbrief und vor dem ersten Korintherbrief eingefügt.
In den 1930er Jahren schätzte ein Wissenschaftler anhand eines Blattes, dass der P46 wahrscheinlich um 200 nach Christus geschrieben wurde. Wenn man in der Fachliteratur nachschaut, findet man überall die Angabe „P46 um 200 nach Christus“. So funktioniert das: Einer schreibt vom anderen ab – nicht nur in der Schule, sondern leider auch unter Wissenschaftlern.
Vor einigen Jahren hat ein koreanischer Forscher namens Kim, der in Deutschland tätig ist, die Handschrift gründlich untersucht. Er kam zu dem Ergebnis, dass der P46 aus dem letzten Viertel des ersten Jahrhunderts stammt, also zwischen 75 und 100 nach Christus. Das ist sensationell. Wir gelangen so bis ins erste Jahrhundert, in die frühe Christenheit, zurück mit den Paulusbriefen.
Das hat natürlich nicht alle begeistert. Ich hatte einmal mit Frau Alland telefoniert, der Frau von Kurt Aland, der den Nestle-Aland-Griechischen Standardtext herausgegeben hat. Als ich mit ihr über den P46 sprach, meinte sie: „Ja, dieser Kim ist ein ganz junger Mann. Er sollte erst einmal reif werden.“ Sie brachte kein Argument, warum seine Arbeit falsch sein sollte, sondern wies lediglich auf sein junges Alter hin. Das hat sie also überhaupt nicht gefreut. Doch Kims Arbeit wurde in einer renommierten Wissenschaftszeitschrift namens Biblica veröffentlicht.
Wir haben also Zugang zu Handschriften bis ins erste Jahrhundert. Was bedeutet das? Es bestätigt, dass die Christen in Ägypten im ersten Jahrhundert dieselbe Bibel lasen, wie wir sie im 20. Jahrhundert und heute im 21. Jahrhundert lesen.
Wenn man bedenkt, dass der Zweite Timotheusbrief um 67 nach Christus geschrieben wurde, kommen wir wirklich auf nur wenige Jahre Abstand zum Original. Das ist sehr wichtig zu wissen. Im 19. Jahrhundert hatte man nämlich nur Handschriften aus dem Mittelalter. Damals gab es einen jungen Gelehrten namens Tischendorf, der unbedingt ältere Handschriften finden wollte, um näher an die Originaltexte heranzukommen. Sie kennen sicher seine berühmte Reise in die Sinai-Wüste unter Lebensgefahr, bei der er schließlich fündig wurde.
Er entdeckte den Codex Sinaiticus, eine Handschrift des Neuen Testaments aus dem 4. Jahrhundert, etwa 350 nach Christus. Auch das war noch keine „neue“ Bibel. Doch damals konnte man noch behaupten: Nach der konstantinischen Wende, als das Römische Reich etwa 312 nach Christus christlich wurde – auch wenn es sich nicht wirklich bekehrte –, wurde das Neue Testament angeblich total überarbeitet und von der Kirche verändert. Man sagte, das Neue Testament davor sei ein ganz anderes gewesen. Es kursierten sogar esoterische Vorstellungen, etwa dass Stellen über Reinkarnation vorhanden gewesen seien, die die Kirche dann gestrichen habe.
Doch im 20. Jahrhundert kamen die Papyrusfunde ans Licht, die bis ins erste, zweite und dritte Jahrhundert zurückreichen. Es gibt eine Fülle von Handschriften, und es hat niemals eine „lukianische Revision“ der Bibel gegeben. Das ist ein Märchen und kann vergessen werden.
Wir haben also sehr gute und starke Gründe, an der Glaubwürdigkeit der Überlieferung des Neuen Testaments festzuhalten.
Die Überlieferung des Alten Testaments
Jetzt wenden wir uns dem Alten Testament zu. Bis 1947 gab es praktisch nur Handschriften aus dem Mittelalter. Einige Tausend davon stammen aus Russland, der Sowjetunion, die im zwanzigsten Jahrhundert besonders reich an mittelalterlichen Handschriften war.
Die Abschreiber im Mittelalter, Rabbiner, nannte man Masoreten, was „Überlieferer“ bedeutet. Masora heißt die Überlieferung. Die Masoreten hatten besondere Methoden: Sie zählten in den fünf Büchern Mose alle Buchstaben ab. Sie wussten also ganz genau, wie viele Buchstaben in diesen Büchern enthalten sind. In Ihrem Skript steht: Die fünf Bücher Mose haben 304 Buchstaben und 79 Wörter.
Sie wussten auch von jedem Buchstaben, wie oft er vorkommt – wie viele Aleph, wie viele Bet usw. Diese Zahlen überprüften sie in der Abschrift immer wieder. Im ganzen Alten Testament zählten sie einzelne Wörter und Wortverbindungen. Am Rand, oben und unten notierten sie in den Anmerkungen diese Zahlen.
Besonders achteten sie auf Wörter, die nur einmal in der Bibel vorkommen. Diese wurden ganz genau kopiert und besonders sorgfältig behandelt. Sie verwendeten Methoden, die man heute bei Computertextkontrollen nutzt. So arbeiteten sie – aber eben ohne Computer. Deshalb kann man sagen, dass sie perfekt abschrieben.
Doch bis 1947 sagten Gelehrte: „Okay, das haben die im Mittelalter so gemacht, aber wer sagt uns, dass man in früherer Zeit auch so genau abgeschrieben hat?“ Das konnte man damals nicht beweisen. Man konnte sich nur im Glauben auf die Zusage von Jesus Christus stützen, die in der Bergpredigt steht. In Matthäus 5,18 sagt der Herr: „Denn wahrlich, ich sage euch, bis dass Himmel und Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist.“
Aber äußerlich beweisen konnte man das nicht. Dann kamen die Entdeckungen der Qumran-Handschriften von 1947 bis 1956. Anfangs hieß es in einer Zeitung: „Jetzt wird deutlich werden, bei diesen alten Manuskripten, wie schlecht die Bibel überliefert worden ist.“
Heute, über 50 Jahre später, können wir entspannt über Qumran sprechen. Was hat man dort gefunden? Etwa hunderttausend Fragmente aus Qumran gehören zu achthundert Rollen. Ein Viertel davon, also zweihundert Rollen, waren biblische Rollen. Der Rest besteht aus außerbiblischen Texten wie Kommentaren, Liedern, Gebeten usw.
Die Handschriften stammen aus der Zeit vom dritten Jahrhundert vor Christus bis zum ersten Jahrhundert nach Christus. Die meisten sind vorchristlicher Zeit zuzuordnen. Nun hatten wir plötzlich die Gelegenheit, eine Zeitspanne von etwa tausend Jahren zu überbrücken. Was ist in der Zeit zwischen den Handschriften von Qumran und dem Mittelalter geschehen?
Man entdeckte, dass auch damals sehr präzise abgeschrieben wurde. Handschriften aus Qumran entsprechen genau dem Text aus dem Mittelalter. Deshalb nennt man diese Handschriften „proto-masoretische Handschriften“ – also Texte aus der Zeit vor den Masoreten, etwa tausend Jahre älter, die aber dem mittelalterlichen Text entsprechen.
Es gibt jedoch ein Problem: Man hat verschiedene Texttypen in Qumran gefunden. Es gibt den masoretischen Texttyp und einen modernisierten. Die vollständige Jesajarolle ist der berühmteste Fund aus Qumran. Alle 66 Kapitel sind darin enthalten. Sie stammt aus der Zeit um 100 vor Christus.
Diese Rolle weist eine modernisierte Orthographie auf. Die Rechtschreibung im Hebräischen hat sich im Laufe der Zeit verändert, und wir sind heute dafür sensibilisiert. Damals wurde Jesaja also etwas modernisiert. In derselben Höhle fand man aber neben der berühmten Jesaja-A-Rolle auch die Jesaja-B-Rolle. Diese ist nicht modernisiert und entspricht dem mittelalterlichen Text.
Bemerkenswert ist, dass der mittelalterliche Text in der Rechtschreibung oft altertümlicher ist als manche Handschriften aus Qumran, obwohl diese tausend Jahre früher geschrieben wurden. Das überrascht.
Außerdem gibt es noch weitere Texttypen. Einige Handschriften entsprechen eher der griechischen Übersetzung, der Septuaginta, die im 3. Jahrhundert vor Christus in Alexandria entstand. Ein vierter Texttyp zeigt eine Nähe zum samaritanischen Pentateuch, den fünf Büchern Mose der Samariter.
So haben wir verschiedene Texttypen. Wichtig ist: Wir haben den masoretischen Text, der durch Qumran bestätigt wird.
Die Funde aus Qumran motivierten, auch an anderen Orten in den Höhlen der jüdischen Wüste zu suchen. So wurden zum Beispiel in Masada und in Murabba'at, südlich von Qumran, Handschriften entdeckt. Diese stammen aus dem ersten Jahrhundert vor dem Jahr 70 nach Christus.
Dort fand man eine Zwölfprophetenrolle, die ebenfalls dem mittelalterlichen masoretischen Text entspricht, sowie kleine Fragmente aus den fünf Büchern Mose. Die Texte stimmen in jedem Buchstaben mit dem Mittelaltertext überein. Auch in der Orthographie gibt es keinen einzigen Unterschied.
Interessant ist, dass die Leute, die diese Handschriften in die Höhlen von Murabba'at brachten, keine Qumran-Leute waren, sondern Vertreter des offiziellen Judentums. Die Qumran-Gemeinschaft hatte sich abgesondert und ging nicht mehr in den Tempel zum Opfern. Sie betrachteten diesen als unrein und warteten in der Wüste auf den Messias.
Die Murabba'at-Leute hingegen gehörten zum offiziellen Judentum. Die Qumran-Leute konnten nur die Handschriften mitnehmen, die sie hatten. Sie hatten aber keinen Zugang zur offiziellen, reinen Überlieferungslinie im Tempel von Jerusalem und zu den dort aufbewahrten Rollen.
Daher überrascht es nicht, dass gerade im Wadi Murabba'at diese exakte Textübereinstimmung mit dem Mittelalter zu finden ist. Die mittelalterlichen Juden hatten offensichtlich Zugang zur direkten, reinen jüdischen Überlieferung des Alten Testaments.
Das Ganze wird noch beeindruckender, wenn wir an einen Fund von 1979 denken. In einem Grab im Tal Hinnom, außerhalb der Altstadt von Jerusalem, wurden zwei kleine Silberrollen entdeckt. Sie hatten kleine Löcher, sodass sie an einer Kette um den Hals getragen wurden.
Diese stammen aus einem Grab aus dem 7. oder 6. Jahrhundert vor Christus. Das Silber war in einem so schlechten Zustand, dass man die Rollen zunächst nicht aufrollen konnte. Nach einigen Jahren gelang es, sie zu öffnen und zu entziffern.
Der Text enthält den Priestersegen aus 4. Mose 6,24-27, wo es heißt: „Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“
Dieser Segen wurde von den Priestern jeden Tag beim täglichen Brandopfer gesprochen – vom Eingang zum Heiligtum auf der Treppe oben für das Volk. Auch Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer, sollte diesen Segen sprechen, nachdem er geräuchert hatte. Er konnte jedoch nicht mehr sprechen, weil er nicht geglaubt hatte.
Dieser Text wurde also regelmäßig gesprochen. Ich habe den Text auf den Silberrollen mit dem mittelalterlichen Text verglichen: Jeder Buchstabe ist identisch, sogar die Orthographie. Das ist beeindruckend.
Man könnte sagen, es ist ein kurzer Text. Aber er dient als Stichprobenkontrolle – und diese hat den Test vollständig bestanden.
Auf Hebräisch heißt der Text: „Yevarechecha Adonai ve yishmerecha. Ya’er Adonai panav eilecha veichuneka. Yissa Adonai panav eilecha veyasem lecha shalom.“
Dieser Text hat für uns eine doppelte Bedeutung: Wie können wir Segen haben, nur aufgrund des Opfers? Und er erinnert uns besonders daran, wie getreu das Alte Testament überliefert worden ist.
Umgang mit den Apokryphen
Gut, jetzt sind wir so weit, dass wir mit unserem Gesprächspartner sagen können: Ja, die Bibel sagt, sie ist inspiriert. Die Bibel ist glaubwürdig überliefert worden bis heute.
Aber dann sagt unser Freund: Ja, aber wie ist das mit den Apokryphen? In meiner katholischen Bibel habe ich noch zusätzliche Bücher, die habt ihr in eurer Bibel gar nicht drin.
Dann können wir sagen: Ja, es ist so. Der letzte Prophet des Alten Testaments war Malachi, etwa 400 vor Christus. Im Talmud heißt es an mehr als einer Stelle – ich habe das gefunden –, dass nach dem Tod der Propheten Haggai, Zacharia und Malachi der Heilige Geist von Israel wich. In Israel war also das allgemeine Bewusstsein vorhanden, dass mit Malachi ein neues Zeitalter begann, in dem es keine Schriftpropheten mehr gab.
Das steht sogar in einem Buch der Apokryphen. In 1. Makkabär 9,27 heißt es: „Und war so große Trübsal in Israel, wie nie gewesen, seitdem man keine Propheten mehr hat.“ Die Apokryphen wurden in der Zeit nach Malachi und vor dem Neuen Testament geschrieben, also in einer Zeit, in der in Israel allgemein klar war, dass es keine Schriftpropheten mehr gab.
Diese Schriften erheben auch nicht den Anspruch, Gottes Wort zu sein. Zum Beispiel das Buch Sirach ist einfach das Werk eines Rabbiners, der praktische Ratschläge für das Leben nach dem Gesetz geben wollte. Man könnte es als einen praktischen Kommentar bezeichnen.
Es gibt dann auch historisch wertvolle Bücher, wie das erste Buch Makkabär, ein wichtiges geschichtliches Werk, und den zweiten Makkabär, der etwas tendenziöser ist, aber auch gut. Diese Schriften wurden im Judentum nicht als Teil der Bibel angesehen.
Dann kam im 16. Jahrhundert das Konzil von Trient, als Reaktion auf die Reformation. Die Reformatoren sagten: Wir wollen nichts mehr akzeptieren, was Menschen sagen, was Konzile beschließen oder was der Papst bestimmt, wenn es nicht in der Bibel selbst zu finden ist – sola scriptura, allein die Schrift.
Nun mussten sie zum Trick greifen: Sie sagten, wenn wir nur mit der Schrift beweisen können, dass man für die Toten beten kann – etwa in 2. Makkabär 12 –, dann gehört das eben auch zur Bibel. So legte Trient fest, dass verflucht sei, wer nicht akzeptiert, dass die Apokryphen zur Heiligen Schrift gehören.
Damit verfluchten sie nachträglich auch den heiligen Hieronymus. Denn um 400 hatte er die Bibel auf Lateinisch übersetzt, inklusive der Apokryphen, aber er sagte, diese seien nicht gleichzusetzen mit dem Wort Gottes. Das Konzept von Trient spricht einen Fluch über diejenigen aus, die das nicht akzeptieren.
Jetzt stellen wir uns mal vor: Zweitausend Jahre später kommen sie und sagen plötzlich, diese paar Bücher gehören auch noch dazu.
Das Alte Testament war nach Römer 3 dem jüdischen Volk anvertraut worden. Darum war es Sache des Judentums, die Schriftpropheten zu erkennen und zu prüfen. Also haben wir die Apokryphen auch schon ausgeschlossen.
Wir können in unserer Diskussion weitergehen.
Wissenschaft und Bibel: Erdgeschoss und erster Stock
Unser Gegenüber sagt nun: „Das ist ja schön, wir wissen, welche Bücher zur Bibel gehören, wir wissen, dass die Bibel sagt, sie ist Gottes Wort, und wir wissen, dass die Bibel gut überliefert worden ist. Aber schau, wir sind in einem wissenschaftlichen Zeitalter geboren, und darum können wir diese altertümlichen und primitiven Vorstellungen der Menschen von damals nicht akzeptieren. Die moderne Wissenschaft steht im Widerspruch zur Bibel.“
Zunächst müssen wir miteinander darüber sprechen, was eigentlich Wissenschaft ist. Auf Seite 19 sehen wir ein schönes Einfamilienhaus. Dieses Haus steht symbolisch für die Wissenschaft. Wissenschaft ist wie ein Einfamilienhaus mit einem Erdgeschoss und einem ersten Stock.
Im Erdgeschoss befindet sich der Bereich der Daten. In der Wissenschaft muss man gut beobachten können. Dort liegt der Bereich der Beobachtung. Man macht viele Funde, zum Beispiel durch Ausgrabungen, führt Experimente durch und sammelt Erfahrungen. All diese Dinge werden zusammengeführt. Das ist der Bereich des Erdgeschosses.
Aber Wissenschaft bestünde nur aus dem Erdgeschoss, wäre das ja langweilig. Nun gehen wir hinauf in den ersten Stock, wo wir die gesammelten Daten interpretieren wollen. Dort findet die Interpretation statt. Hier werden Schlussfolgerungen gezogen. Man darf auch spekulieren – das ist erlaubt. Wir spekulieren doch auch im Alltag, oder? Dauernd. Aber man muss wissen, dass Spekulation nicht die Wahrheit ist.
In diesem Bereich kommen auch Philosophien und Ideologien hinein, also unsere ganze Weltanschauung. Nun stellt sich die Frage: Wenn jemand sagt, die Wissenschaft widerspricht der Bibel, dann müssen wir fragen: Meinst du das Erdgeschoss oder den ersten Stock?
Ich stelle jetzt die These auf: Zwischen Bibel und Erdgeschoss gibt es praktisch keine Probleme. Doch zwischen Bibel und erstem Stock treten immer wieder Probleme auf. Vor allem dann, wenn es um Dinge geht, die man nicht im Experiment wiederholen kann.
Warum habe ich nicht gesagt, dass das Erdgeschoss nie Probleme macht? Es gibt einzelne Fälle, in denen es auch dort Probleme gibt – mit den Daten, den Funden und Beobachtungen. Ein gutes Beispiel ist der Hase. Die Bibel sagt in 3. Mose 11, dass der Hase wiederkäut. Die Beobachtung hat aber immer wieder gezeigt, dass, wenn man Hasen schlachtet, nur ein Magen zu finden ist. Das kann man so oft wiederholen, wie man will. Es kommen nie vier Mägen heraus, wie bei Kühen.
Wenn man Hasen aufschneidet, stellt man fest, dass sie Nagetiere sind und keine Spalthufer, die wiederkäuen würden. Auch die Füße kann man anschauen: Es sind keine Spalthufe, sondern Nagetiere. Die Beobachtung widerspricht also der Aussage der Bibel.
So war es lange Zeit, bis Ende des 19. Jahrhunderts. Damals wurde in einer Tierärztezeitschrift veröffentlicht, dass der Hase doch eine spezielle Form des Wiederkäuens hat. Meistens nachts gibt er grüne Kugeln heraus – nicht die braunen –, die er normalerweise direkt an der Ausgabestelle wieder frisst. Darum sieht man diese Kugeln normalerweise nicht im Käfig. Es kann schon mal vorkommen, aber das ist sehr selten. Er frisst sie sofort weg und kaut sie nochmals durch, um Vitamin B herauszuholen, was sehr wichtig ist.
Man hat dann versucht, Hasen daran zu hindern, diese Kugeln zu fressen. Nach drei Wochen sind sie gestorben. Beim zweiten Durchgang kamen dann die berühmten braunen Kugeln. Sie wiederkäuen also tatsächlich, aber man hatte das einfach nicht beobachtet. Die Beobachtung war zu ungenau.
Daher kann man sagen, die Wissenschaft hat effektiv dreieinhalbtausend Jahre Verspätung gegenüber Mose gehabt. Sie hat die Sache verschlafen – wörtlich, denn die Hasen machen das meistens nachts. Und Wissenschaftler müssen nun mal auch schlafen. Es gibt solche, die viel Schlaf brauchen, andere weniger, aber sie müssen schlafen.
Hier sehen wir also, dass es selten einen Konflikt mit dem Erdgeschoss geben kann. Normalerweise gibt es das nicht. Diese seltenen Konflikte entstehen durch die eingeschränkte Beobachtungsfähigkeit des Menschen.
Ein zweites Beispiel sind die Sterne. Im Altertum wurden die Sterne gezählt und auf etwas mehr als tausend geschätzt. Ptolemäus hatte damals eine Liste mit 1.050 Sternen, was wir auf Seite 26 sehen. Der Astronom Kepler (1571–1630) arbeitete mit einem Verzeichnis von 1.005 Sternen.
In 1. Mose 15,5 sagt Gott zu Abraham: „Schau, Abraham, so zahlreich wie die Sterne, die du nicht zählen kannst, wird deine Nachkommenschaft sein.“ Also etwas mehr als 1.005 Israeliten sollte es geben. Abraham hat geglaubt. In Jeremia 33,22 heißt es: „Wenn jemals die Sterne gezählt werden könnten, dann werde ich Israel für ewig verwerfen.“ Damit sagt Gott, dass er Israel nie verwerfen wird.
Lange Zeit war man in der Wissenschaft der Meinung, dass man die Sterne zählen kann. Man beobachtete jede wolkenfreie Nacht und begann an einem anderen Ort erneut zu zählen: eins, zwei, drei, vier, tausend, eins, tausend, zwei... Auch hier gab es Probleme bei der Beobachtung, die jedoch nicht mit mangelnder Fernrohrtechnik zusammenhingen.
Je besser die Fernrohre nach Kepler wurden, desto mehr Sterne entdeckte man. Schließlich wurde klar, dass sie unzählbar sind.
Dies sind zwei Beispiele von ganz seltenen Fällen, in denen es einen scheinbaren Widerspruch geben kann. Aber wir müssen sagen, dass dann die Beobachtung einfach nicht genau genug war.
Interpretation in der Wissenschaft und der Glaube
Interpretation als Beispiel: Wir stellen uns vor, wir gehen zusammen in den Zoo. Dort sehen wir einen Affen und einen Zoowärter und stellen erstaunliche Übereinstimmungen fest. Angenommen, der Zoowärter trägt einen Bart. Noch auffälliger ist, dass sich sogar ein bisschen Verhalten ähnelt. So stellen wir im Erdgeschoss fest, dass es Ähnlichkeiten zwischen Affen und Menschen gibt.
Jetzt gehen wir in den ersten Stock und wollen interpretieren, warum sie so ähnlich sind. Ähnlichkeit beruht doch meist auf Verwandtschaft. Das kennen wir von unseren sechs Kindern: Ein Teil gleicht meiner Frau, ein Teil gleicht mir, und jeder ist stolz auf seine Gruppe. Dort ist es wirklich nachweisbar, dass diese Ähnlichkeit auf Abstammung beruht. Ja, nach der Geburt haben sie den Kleinen etwas um den Arm gemacht, damit eindeutig war, dass sie nicht verwechselt wurden. Also: Abstammung.
Wenn man jedoch sagen würde, Ähnlichkeit sei ein Beweis für Abstammung, dann macht man einen Denkfehler. Es gibt nämlich auch Fälle, in denen Ähnlichkeit nicht auf Abstammung beruht. Draußen sehen wir viele Autos verschiedener Marken, die erstaunlich ähnlich aufgebaut sind. Sie haben alle vier Räder und ein Lenkrad. Es gibt sogar Übereinstimmungen bis ins Detail, zum Beispiel im Bau des Motors. Aber das kommt nicht von Abstammung, sondern von einem gemeinsamen Konstruktionsplan, der dahintersteht.
Die Ähnlichkeit zwischen Affen und Menschen könnte also ein Hinweis auf Verwandtschaft sein, muss es aber nicht. Sie kann auch auf einen gemeinsamen Konstruktionsplan des Schöpfers hinweisen. Von einem Beweis kann man hier nicht sprechen, sondern wir haben es mit einem Problem der Interpretation zu tun.
So ist es auch bei anderen Dingen, wenn es um Erdschichten und Fossilien geht. Wir können an bestimmten Orten nach Fossilien suchen – das ist eine Tatsache! Weltweit gibt es sogar Milliarden von Versteinerungen. In den Alpen kann man die verschiedenen Erdschichten gut sehen.
Evolutionisten sagen, das sei ein Beweis für die Evolution. Diese Erdschichten seien allmählich, Millimeter für Millimeter, über Jahrtausende und Jahrmillionen entstanden. Die Fossilien darin seien gewissermaßen eine Fotografie der Lebewesen, die zu einer bestimmten Zeit gelebt haben. Daraus könne man die Aufwärtsentwicklung des Lebens feststellen.
Das ist aber reine Interpretation. Wir können das auch anders erklären. Wie entstehen überhaupt Fossilien? Normalerweise entstehen sie gar nicht. Als die Weißen nach Amerika kamen und über die Prärie ritten, haben sie Millionen Bisons abgeschossen – die Nahrung der Indianer einfach so. Sie hatten nicht einmal so großen Hunger, dass sie das gebraucht hätten.
Sind diese Bisons versteinert? Es gibt keine Spuren mehr von diesen Millionen Bisons. Im normalen Zyklus der Verwesung und des Abbaus sind sie verschwunden, ohne Fossilien zu hinterlassen. Fossilien entstehen günstigerweise, wenn ein Tier katastrophal im Wasser und Schlamm begraben und luftdicht abgeschlossen wird. Dann kann es zu einem Fossil werden.
Diese Milliarden von Fossilien weltweit sprechen also nicht von normalen Abläufen, sondern von Katastrophen, von Überschwemmungen. Wir müssen gar nicht so weit lesen: Bereits bei der ersten Bibellektüre, in Kapitel 6, stoßen wir auf die Sintflut. Die Bibel sagt, es habe eine weltweite Flut gegeben.
Das ist genau die Situation, die zur Entstehung der Erdschichten führt. Das Wasser hat eine Verteilwirkung: Die schweren Bestandteile fallen zuerst ab, dann folgt anders gekörntes Material. Dieses Prinzip sieht man bei der Schichtenbildung. Dort ist das Material nach seiner Beschaffenheit geordnet.
Das entspricht genau dem biblischen Bericht. So können wir also aus biblischer Sicht dieselben Daten anders interpretieren – und sie passen wunderbar zur Bibel. Es ist also nicht so, dass die Wissenschaft die Bibel widerlegt hätte. Vielmehr interpretiert man die Wirklichkeit anders, wenn man von einem anderen Weltbild ausgeht.
Das ist das Problem, das in Kolosser 2,8 beschrieben wird: „Lasst euch nicht gefangen nehmen durch die Philosophie und leeren Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht nach Christus.“ Dort liegt das Problem.
Aber wir müssen als Christen nicht unseren Verstand an der Garderobe abgeben, bevor wir in die Gemeinde gehen – überhaupt nicht.
Die erfüllte Prophetie als Beweis für die Glaubwürdigkeit der Bibel
Und dann können wir schließlich noch positiv über die erfüllte Prophetie als Gottes Siegel auf die Bibel sprechen. Es ist so: Gott wird etwa siebentausend Mal im Alten Testament als Yahweh bezeichnet – der Ewige, der Unwandelbare, also der, der nicht dem Raum und der Zeit unterworfen ist, wie wir.
Darum kann Yahweh, der Herr, mit absoluter Sicherheit die Zukunft voraussagen. Gott ist nicht diesem Wechsel der Zeiten unterworfen. Gerade das ist eines der ganz prägenden Charakteristika der Bibel – die Prophetie.
Wir denken an die vielen rein prophetischen Bücher im Alten Testament. Aber auch andere Bücher, die hauptsächlich geschichtlich sind, enthalten viel Prophetie. Im Blick auf das Kommen des Herrn Jesus vor zweitausend Jahren kann man auf über dreihundert Prophezeiungen aus dem Alten Testament hinweisen, die sich erfüllt haben.
Dazu gehört zum Beispiel der Geburtsort Bethlehem. Auch die Kreuzigung ist bis ins Detail beschrieben, etwa im Psalm 22. Der genaue Zeitpunkt, Jahr 32, wurde vorausgesagt in Daniel 9. Ebenso wurde die Zerstörung Jerusalems vorausgesagt, etwa in 5. Mose 28, sowie die weltweite Zerstreuung des jüdischen Volkes – alles im selben Kapitel. Wo gibt es so etwas sonst in irgendeiner Religion? Nirgends. Das gibt es nicht im Hinduismus, nicht im Buddhismus, nicht im Islam – nirgendwo, nur in der Bibel.
Allein für das Buch Daniel habe ich mir die Prophezeiungen durchgezählt und bin auf über zweihundert gekommen, die sich nachweislich erfüllt haben – und das allein in diesem Buch. Das gibt es in keiner anderen Religion.
Warum eigentlich nicht? Wenn die anderen Religionen auch mit dem Ewigen, dem Unwandelbaren in Verbindung stünden, dann könnten sie doch auch Prophetie über Jahrtausende hinweg haben. Warum also nur in der Bibel?
Offensichtlich standen nur diese Propheten in Verbindung mit Yahweh. Im Hinduismus und Buddhismus ist das sowieso klar, denn sie verehren die Natur – also das, was Raum und Zeit unterworfen ist. Steine, Holz und Gold, daraus bestehen die Bilder. Das alles ist Zeit und Raum unterworfen.
Wenn wir uns aber auf die Bibel stützen, dann stehen wir in Verbindung mit Yahweh, dem Gott, der nicht Teil der Natur ist, sondern darüber steht. Das erklärt, warum nur die Bibel dieses Phänomen der erfüllten Prophetie aufweist – detaillierte Prophetie, die sich über Jahrtausende hinweg erfüllt hat, ohne einmal zu irren.
Das ist noch wichtig: Es gibt nicht plötzlich zwischendrin eine Aussage, die überhaupt nicht stimmt. Das stärkt die Glaubwürdigkeit der Bibel.
Und so können wir auch Nichtchristen helfen, einen Zugang zur Bibel zu bekommen. Dazu ist es wichtig, dass wir uns einzelne Punkte bewusst einprägen. Dann, wenn die Situation kommt, sind wir vielleicht überrascht. Wir wissen nicht im Voraus, was wir morgen in einem Gespräch brauchen. Aber der Heilige Geist kann uns dann erinnern und helfen, überzeugend Rechenschaft abzulegen.
Schlusswort und Ermahnung zur Sanftmut
Ich möchte abschließend nochmals auf 1. Petrus 3,15 eingehen: Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung, zur Apologia, gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert wegen der Hoffnung, die in euch ist, aber mit Sanftmut und Furcht.
Nochmals: mit Sanftmut und Furcht. Das bedeutet, dass wir nicht mit dem Hammer auf den Leuten herumhacken. Es heißt vielmehr, einen gewinnenden und mutmachenden Umgang mit den Menschen zu pflegen.
In Kolosser 4,5-6 heißt es: Wandelt in Weisheit gegen die, welche draußen sind, die gelegene Zeit auskaufend. Euer Wort sei allezeit in Gnade mit Salz gewürzt, um zu wissen, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt.
Das Salz ist ganz wichtig. Wenn man ein Ross tränken will und es will nicht, hat man keine Chance. Es ist auch gar nicht nötig, mit ihm zu streiten. Man muss ihm einfach ein bisschen Salz geben, und dann kommt es von selbst.
So ist es auch mit Menschen. Es gibt Leute, die sind wirklich nicht zu haben. Wir müssen ihnen Salz geben, damit sie Durst nach dem Wasser des Lebens bekommen. Darum muss unser Wort mit Salz gewürzt sein. Wir müssen die Leute neugierig machen auf das Evangelium. Das haben sie nicht automatisch, oft müssen wir das erst wecken.
Wenn wir solche Dinge bringen können, dann sagen die Menschen plötzlich: „Das ist ganz interessant, das hätte ich mir gar nie vorgestellt, dass dieses alte Buch so überzeugende und konkrete Dinge enthält.“ Das macht die Leute durstig, um mit der Bibellektüre zu beginnen.
Ja, die Zeit ist vorüber. Singen wir noch etwas? Ja, gut.