Überblick über die Arten der Versuchung und die Reaktion darauf
Zunächst eine Übersicht, wie sie im Skript angegeben ist: Es geht um vier Versuchungen, beziehungsweise verschiedene Arten von Versuchungen.
Erstens zeigt uns die Bibel die Versuchung durch Satan, und die Reaktion darauf ist Widerstehen. In Epheser 6 lese ich wegen des Zusammenhangs bereits ab Vers 10:
„Im Übrigen, Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr bestehen könnt gegen die Listen des Teufels.“
Für „Listen“ steht im Griechischen das Wort „methodaja“, also Methoden oder Techniken.
Weiter heißt es: „Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Fürstentümer, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern.“
Hier wird das Reich Satans beschrieben. Er steht an der Spitze all der gefallenen Engel. Ein Drittel der ganzen erschaffenen Engelschar ist mit ihm gefallen. Diese werden hier zusammengefasst mit den Ausdrücken „Fürstentümer“, „Gewalten“, „Weltbeherrscher dieser Finsternis“ und „geistliche Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“.
In Vers 13 heißt es: „Deshalb nehmt die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr am bösen Tag widerstehen und nachdem ihr alles überwältigt habt, stehen könnt.“
Im Weiteren wird die Waffenrüstung mit ihren sieben Teilen beschrieben. Wichtig ist, dass im Vers 13 das Verb „widerstehen“ verwendet wird. Dem Teufel muss widerstanden werden.
Das entspricht genau dem, was wir in Jakobus 4 lesen. Vers 7 lautet: „Unterwerft euch nun Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird von euch fliehen.“
Auch hier ist das Wort „widerstehen“ eine ganz wichtige Aufforderung, wie auf diese Art von Versuchung reagiert werden muss.
Dann lesen wir in 1. Petrus 5, Vers 9, im Zusammenhang bereits ab Vers 8:
„Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht standhaft im Glauben, da ihr wisst, dass dieselben Leiden sich an eurer Brüderschaft in der Welt vollziehen.“
Auch hier fällt das Wort „widerstehen“ auf.
Praktische Anwendung des Widerstehens am Beispiel Jesu
Und nun, wie sieht das ganz konkret und praktisch aus?
Darum habe ich als nächste Bibelstelle auf dem Skript Matthäus 4 angegeben. Das ist die Versuchungsgeschichte des Herrn. Bevor er seinen öffentlichen Dienst begann, wurde er getestet – nicht, weil er das nötig hatte, sondern weil es von dem Messias vorausgesagt wird. Er wird ein Stein der Bewährung sein, also jemand, der bewährt ist und damit bewiesen hat, dass er sündlos und vollkommen ist. So kann er dann auch das Lamm Gottes werden, wie es in Jesaja 53 beschrieben ist.
In Matthäus 4, Vers 1 wird berichtet, dass der Herr Jesus durch Satan versucht wird. Dann werden uns drei Versuchungen mitgeteilt.
In Vers 3 tritt der Versucher zu ihm und spricht: „Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich zu diesen Steinen, dass sie Brot werden.“ Jesus aber antwortet und sagt: „Es steht geschrieben: Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ Das ist ein Zitat aus 5. Mose 8,3.
Also widersteht Jesus der Versuchung – und zwar mit einem Bibelwort, einem Bibelvers.
Als zweites Beispiel, in Vers 5, nimmt der Teufel ihn mit in die heilige Stadt und stellt ihn auf die Zinne des Tempels. Er spricht zu ihm: „Wenn du Gottes Sohn bist, so wirf dich hinab, denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, und sie werden dich auf Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Hier zitiert der Teufel selbst die Bibel, und zwar aus Psalm 91, Verse 11 und 12.
Jetzt sind wir nicht mehr in der Wüste, wie bei der vorher beschriebenen Versuchung, sondern in Jerusalem – und zwar im Tempel, auf dem eindrücklichsten Aussichtspunkt in der Südostecke des Tempelbezirks. Dort hatte man einen beeindruckenden Blick in die Tiefe des Kedrontals hinunter. Der Teufel wird jetzt religiös. Im Haus Gottes benutzt er selbst auch die Bibel.
Dann sehen wir, wie der Herr Jesus reagiert. In Vers 7 spricht Jesus zu ihm: „Wiederum steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ Das ist jetzt auch wieder ein Zitat aus 5. Mose, aber diesmal Kapitel 6, Vers 16.
Auch hier widersteht der Herr mit einem Bibelwort, einem Bibelvers.
Die Bedeutung des korrekten Bibelgebrauchs im Widerstand
Aber wie funktioniert das? Der Teufel selbst benutzt ja Bibelverse, doch er macht dabei eine bewusste Auslassung. In Psalm 91 zitiert er zum Beispiel Vers 11: „Denn er wird seinen Engeln über dir befehlen.“ Allerdings lässt er den folgenden Teil weg: „dich zu bewahren auf allen deinen Wegen.“ Stattdessen fährt er direkt mit Vers 12 fort: „Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“
Mit dieser Auslassung möchte er begründen, dass der Herr eine Show oder ein Kunststück absolvieren soll – einen Sprung vom Tempeldach –, um sich so Israel offenbaren. In diesem Zusammenhang ist es interessant, auf eine rabbinische Tradition hinzuweisen. Im Pesikta Rabatti, einem rabbinischen Kommentar, wird gesagt, dass sich der Messias auf dem Tempeldach offenbaren würde. Diese Vorstellung steht zwar nirgends in der Bibel, doch unter diesem Hintergrund versteht man diese Versuchung auf besondere Weise.
Ein Sprung vom Tempeldach hätte also die Gelegenheit gegeben, dass sich Jesus als Messias offenbaren könnte. Das war das Ziel des Teufels mit dieser Stelle. Psalm 91 unterstreicht jedoch den Teil „dich zu bewahren auf allen deinen Wegen“ nicht, was bedeutet, dass man keinen falschen Weg gehen soll. Man soll keinem Weg folgen, den Satan weist, und keine Methoden benutzen, die nicht gottgemäß sind.
Wir sehen, dass der Herr Jesus danach nach Galiläa ging und seinen Dienst mit dem Predigen des Wortes begann. So wie es auch in 2. Timotheus 4 heißt: „Predige das Wort.“ Damit erfüllte sich, was in Jesaja 9 steht: Das Licht des Messias sollte in Galiläa, beim See von Nazareth, aufgehen – in der Finsternis, nicht zuerst in Jerusalem vom Tempel her, sondern aus dem verachteten Norden. Der Herr ging also den Weg, den die Schrift gewiesen hatte.
Nun ist es interessant, dass der Teufel zwar zitiert, aber dabei Wichtiges weglässt. Der Herr zitiert ebenfalls ein Bibelwort, und zwar mit der Einleitung „Wiederum steht geschrieben.“ Zum ersten Mal sagte er in Vers 4: „Es steht geschrieben.“ Hier sagt er: „Wiederum steht geschrieben.“ Damit zeigt er, dass dieses Zitat aus Psalm 91 mit der bewussten Weglassung im Zusammenhang mit einer anderen Stelle verstanden werden muss.
Es darf nicht sein, dass die Bibel so ausgelegt wird, dass es innerhalb der Bibel zu Widersprüchen kommt. Dann ist die Auslegung garantiert falsch. Die Bibel muss sich wie ein Puzzle zusammenfügen. Wer behauptet, das müsse nicht so sein, folgt eigentlich dem Auslegungsweg des Teufels.
Darum ist es wichtig: Der Herr sagt, ja, so steht es in Psalm 91, aber es steht auch, dass man Gott nicht herausfordern darf. Deshalb ist die Anwendung dieses Bibelverses nach der Idee des Teufels falsch. Damit hat der Herr mit der gleichen Waffe widerstanden, aber ebenso so, dass er den Bibelvers in Übereinstimmung mit dem Gesamtzeugnis der Bibel benutzt.
Die Bedeutung des Bibelworts als Waffe im geistlichen Kampf
Es ist wichtig, dass wir Hunderte von Bibelversen nach und nach auswendig lernen. Das geschieht nicht auf einmal, sondern Schritt für Schritt. So sind wir immer gut vorbereitet.
Ebenso wichtig ist es, sich nach und nach darum zu bemühen, den Zusammenhang der einzelnen Bibelverse zu verstehen. Nur so können wir sie richtig anwenden und sicherstellen, dass sie dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift entsprechen. Dann erweist sich das Wort als wirkungsvolle Waffe.
Ich habe bereits Epheser 6 zitiert und darauf hingewiesen, dass dort die Waffenrüstung Gottes beschrieben wird. Ein Teil dieser Waffenrüstung beinhaltet eine Offensivwaffe: das Schwert des Geistes.
Können wir kurz Epheser 6 noch einmal aufschlagen? Der Apostel Paulus sagt in Vers 17: „Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes.“ Hier wird das Schwert des Geistes erklärt: Es ist die Bibel, das Wort Gottes.
Interessant ist, dass das Wort für Schwert im Griechischen hier ein Kurzschwert bezeichnet. Im Neuen Testament gibt es auch das Langschwert, zum Beispiel in Offenbarung 19. Dort wird der Herr Jesus beschrieben, wie er aus dem Himmel kommt als König der Könige und Richter der Welt. Es heißt: „Aus seinem Mund geht ein zweischneidiges Schwert hervor.“ Das griechische Wort für Schwert dort ist Romphaia, das Langschwert.
Das Wort Gottes wird dort mit Logos bezeichnet. Logos meint nicht nur ein einzelnes Wort, sondern eine geordnete Zusammenstellung von Wörtern. Logos Gottes bezeichnet also das Wort Gottes umfassend.
Hier in Epheser 6 haben wir jedoch das Kurzschwert. Paulus verwendet für „Wort“ nicht Logos, sondern Rhema. Rhema steht im Gegensatz zu Logos und ist kürzer; es kann einen einzelnen Satz oder Vers bedeuten.
Darum liegt in Epheser 6, Vers 17, der Fokus ganz speziell auf dem Gebrauch des Wortes Gottes in einzelnen Sätzen oder Versen. Wir brauchen beides: das Wort Gottes als Ganzes, Logos, so wie in Offenbarung 19, aber auch den einzelnen Vers, mit dem gekämpft wird – das Kurzschwert.
Das zeigt uns der Herr Jesus in Matthäus 4 vor. Er benutzt gezielt einzelne Verse, und zwar so, dass sie dem Gesamtzeugnis entsprechen. Darum sagt er immer wieder: „Wiederum steht geschrieben.“
Die dritte Versuchung und die Bedeutung des Gehorsams
Und schließlich Matthäus 4,8: Wiederum nimmt der Teufel Jesus mit auf einen sehr hohen Berg. Dort zeigt er ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit. Er spricht zu ihm: „Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“
Da antwortet Jesus: „Geh hinweg, Satan, denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.“
Dies ist ein Zitat aus 5. Mose 6,13. Interessant ist, dass der Herr Jesus in diesem Beispiel jedes Mal ein Wort aus dem Buch 5. Mose verwendet. Das hat einen tiefen Grund. Das fünfte Buch Mose ist das Buch des Gehorsams.
Etwa fünfzig Mal finden wir in diesem Buch das hebräische Wort „Schama“, das „hören“ bedeutet. Es heißt hören und auch gehorchen. Je nach Textzusammenhang wird es im Deutschen entweder mit „gehorchen“ oder mit „hören“ übersetzt. Zum Beispiel das berühmte „Schma Israel“, „Höre Israel, der Herr unser Gott ist ein Herr“ aus 5. Mose 6,4. Auch das ist „hören“. An anderen Stellen wird es mit „gehorchen“ übersetzt. Dabei bleibt es dasselbe Wort „hören“.
Es gibt noch ein weiteres typisches Wort: „Schamar“, das „beobachten“ oder „einhalten“ bedeutet. Dieses Wort kommt ebenfalls etwa fünfzig Mal vor. So wird im fünften Buch Mose besonders darauf Wert gelegt, das Wort Gottes zu hören, zu gehorchen und es zu beobachten, einzuhalten und umzusetzen.
Der Herr Jesus zitiert aus diesem Buch des Gehorsams, um zu zeigen, dass der Sieg gegen Satan erreicht wird, wenn man auf dem Weg des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes vorangeht. Selbst wenn der Teufel dieselbe Waffe benutzt – das Schwert des Geistes – können wir trotzdem siegen, indem wir das Schwert des Geistes so gebrauchen, wie es der Herr Jesus uns hier als Beispiel gezeigt hat.
Noch einmal: Der Herr Jesus hatte diese Versuchung überhaupt nicht nötig. Es war eine unbegreifliche Herablassung seinerseits, dass er sich so testen ließ. Unter anderem tat er es für uns, um uns zu zeigen, wie man dem Teufel konkret widerstehen kann.
Die Waffenrüstung Gottes im Detail – Wahrheit und Gerechtigkeit
Und dann vielleicht noch ein paar Bemerkungen zur Waffenrüstung im Zusammenhang mit dem, was zum Schwert des Geistes noch zusätzlich gesagt wird.
In Epheser 6,14 heißt es: „Steht nun eure Lenden umgürtet mit Wahrheit.“ Der Gürtel war für den römischen Soldaten zur Zeit, als Paulus den Epheserbrief aus Rom schrieb, ein ganz wesentlicher Teil der Ausrüstung. An dem Gürtel trug man das Schwert, und mit dem Gürtel war man bereit für den Kampf.
In der alten Welt war es üblich, dass man zu Hause den Gürtel ablegte und die Kleider eher gemütlich und weit trug. Sobald man jedoch aufbrach, legte man den Gürtel an. Deshalb finden wir in der Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament, wiederholt den Ausdruck „gegürtet sein“. Das bedeutet, bereit zu sein für den Aufbruch, für die Arbeit, für den Dienst.
Wenn es hier also heißt: „Steht nun eure Lenden umgürtet mit Wahrheit“, dann bedeutet das volle Kampfbereitschaft. Wichtig ist auch, dass in 1. Petrus 1 die Rede ist von „den Lenden eurer Gesinnung“. Die Hüften sind ein Bild unserer inneren Gesinnung. Sind wir einfach in einer gemütlichen Situation oder haben wir die Überzeugung: Jetzt müssen wir bereit sein, Kampfbereitschaft zeigen?
Hier wird angesprochen, dass man umgürtet sein soll mit Wahrheit. Das heißt, es ist ganz wichtig, wenn man Satan widerstehen will, erfolgreich zu sein, eine Gesinnung zu haben, bei der klar ist: In meinem Leben hat Lüge, Unwahrhaftigkeit keinen Platz. Sonst hat Satan ständig Anknüpfungspunkte, durch die er einen zu Fall bringt.
Diese Überzeugung, mit der Wahrheit nicht irgendwie verdreht umzugehen, ist eine Grundüberzeugung. Man muss sich das vorher vornehmen, nicht erst in dem Moment, wenn man am Arbeitsplatz zum Beispiel einen Auftrag bekommt, am Telefon so und so zu antworten und weiß, dass es nicht wahr ist. Man muss sich vorher überlegen: Was mache ich in solchen Situationen, wenn ich gedrängt werde, Unwahrhaftiges zu tun? Wie kann ich mich gegen solche Situationen schützen?
Das ist eben diese Gesinnung von Wahrheit, diese Bereitschaft, hier keine Kompromisse zu machen. Das ist eine erste Voraussetzung, um siegreich zu sein.
Dann zweitens: Angetan mit dem Brustharnisch der Gerechtigkeit. Das ist also der Brustpanzer, der unter anderem das Herz, die Lungen und andere innere Organe schützt, die leicht verletzlich sind.
Hier geht es um die Gerechtigkeit. Erstens muss ich mir bewusst sein, dass ich durch den Glauben an den Herrn Jesus gerecht gesprochen bin – und zwar als etwas Vollendetes. Römer 5,1 sagt: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“
Der Ausdruck „gerechtfertigt worden sind“ ist im Griechischen ein Aorist. Das heißt, hier wird eine Handlung beschrieben, die punktuell in der Vergangenheit abgeschlossen ist. Gott hat mich gerecht gesprochen. Er hat die ganze Schuld meines Lebens weggenommen durch das Sündenbekenntnis bei der Bekehrung.
Diese Überzeugung, dass ich bei Gott angenommen und gerecht gesprochen bin, gibt eine Grundlage, eine Ausgangslage, die einem hilft, wenn Satan angreift – sie hilft enorm.
Die katholische Lehre der Rechtfertigung besagt hingegen, dass es keine Rechtfertigung an einem bestimmten Punkt gibt, sondern dass Rechtfertigung ein Prozess ist, der das ganze Leben hindurch und auch nach dem Tod im Fegefeuer weitergeht. Tröpfchenweise wird die Gerechtigkeit Gottes zugerechnet. Wenn etwas ganz Schlimmes im Leben passiert, dann ist alles wieder gelöscht, und man beginnt wieder von vorne.
Das führt zu einer Situation, in der man innerlich immer unsicher bleibt und dadurch leicht angreifbar wird.
Wenn ich aber das Bewusstsein habe: Nein, ich bin ein Kind Gottes, gerecht gesprochen, dann ist das eine ganz andere Ausgangslage im Kampf.
Der Brustharnisch der Gerechtigkeit bedeutet auch, dass ich innerlich bemüht bin, die Gerechtigkeit Gottes auch in meinem Leben praktisch umzusetzen. So ist man eben geschützt.
Die Schuhe des Evangeliums und der Schild des Glaubens
Dann kommt der nächste Punkt: An den Füßen beschuht mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens. Hier geht es um die Schuhe des römischen Soldaten, die ganz entscheidend wichtig waren. Sie waren gewissermaßen mit Nägeln an der Sohle befestigt, sodass man möglichst nicht ausrutschte, besonders im Nahkampf. Ein fester Grund unter den Füßen ist für den Nahkampf eine absolute Voraussetzung. Wenn man nur ein bisschen ausgleitet, ist man schon am Boden, und dann folgt der Todesstoß des Gegners.
Wenn man das bedenkt, lohnt es sich, über das Wort „Bereitschaft des Evangeliums“ nachzudenken. Das griechische Wort bedeutet Bereitschaft, wird aber im Altgriechischen auch ganz anders gebraucht und kann „Grundfeste“ bedeuten. Zum Beispiel spricht Psalm 89 vom Thron Gottes und seiner Grundfeste. In der griechischen Übersetzung der Septuaginta, die oft im Neuen Testament zitiert wird, wird dieses Wort „Grundfeste“ mit dem gleichen Wort übersetzt wie hier in Epheser 6, Vers 15.
Deshalb ziehe ich es vor, hier nicht zu übersetzen „an den Füßen beschuht mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens“, sondern „mit der Grundfeste des Evangeliums des Friedens“. Das heißt, es geht hier nicht um das Thema Evangelisation oder die Bereitschaft zur Evangelisation, das wird an anderen Stellen behandelt. Hier geht es darum, dass wir ein Fundament haben, auf dem wir stehen, das absolut rutschfest ist – mit dem Evangelium des Friedens.
Das bedeutet, dass ich das Evangelium so im Herzen angenommen habe, dass ich innerlich zur Ruhe gekommen bin. Ich quäle mich nicht ständig mit der Frage, ob ich wirklich errettet bin oder Frieden mit Gott habe. Stattdessen gehe ich von Römer 5,1 aus: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ Dieser grundsätzliche Frieden mit Gott gibt eine unerhörte Basis und hilft, innerlich nicht auszurutschen. Im Herrn zur Ruhe gekommen zu sein, ist wichtig, um widerstehen zu können, denn sonst hat der Feind ständig Angriffspunkte.
Dann folgt Vers 16, der fünfte Teil: „Indem ihr über das alles ergriffen habt den Schild des Glaubens.“ Übrigens habe ich die Schuhe einzeln gezählt – Schuh da und Schuh dort –, denn man braucht zwei Schuhe, einer reicht nicht. Darum bin ich jetzt schon bei Nummer fünf. Nur für diejenigen, die denken, es sei schwierig, bis sieben zu zählen.
„Indem ihr über das alles ergriffen habt den Schild des Glaubens, mit dem ihr imstande sein werdet, alle Folgen feines Bösen auszulöschen.“ Im Griechischen gibt es zwei Wörter für Schild. Das ist nicht nur beim Schwert wichtig – Kurzschwert und Langschwert –, sondern hier geht es um das Kleinschild und das Großschild, das den ganzen Mann deckte. In der römischen Kampftechnik war das sehr wichtig. Wenn ein Gesamtverband angegriffen wurde, hielten alle den Langschild über sich und rückten als Kontingent gegen eine Stadtmauer vor. Dann kamen Speere und Pfeile vom Gegner, aber das gesamte Kontingent war so gemeinsam abgeschirmt, abgedeckt und geschützt.
Hier ist also dieser gesamte Schild gemeint, der den ganzen Menschen deckt. Wenn es heißt „der Schild des Glaubens“, ist es wichtig, dass es „der Schild“ mit bestimmtem Artikel heißt. Im Griechischen wird der Artikel viel häufiger weggelassen als im Deutschen. Die Elberfelder Bibel, sowohl die alte als auch die revidierte Ausgabe von CSV Hüggeswagen, hat jeweils mit anderem Druck angedeutet, wann der bestimmte Artikel im Griechischen fehlt, wo er aber im Deutschen notwendig ist.
An manchen Stellen im Neuen Testament, wo „des Glaubens“ kursiv oder schräg gedruckt ist, bedeutet das, dass im Griechischen der Artikel fehlt. Dann meint es eher den persönlichen Glauben, das persönliche Vertrauen auf Gottes Wort. Aber wenn gesprochen wird von „dem Glauben“ mit Artikel, dann ist es das Glaubensgut, also der ganze Reichtum, den uns Gott in seinem Wort gibt und der Inhalt unseres Glaubens ist. Das ist hier gemeint: Der Schild des Glaubens ist das gesamte Glaubensgut, das wir dem Feind so hinhalten. Damit werden all seine Zweifel und sonstigen Angriffe, wie „sollte Gott gesagt haben“ und so weiter, ausgelöscht.
Schließlich nehmt auch den Helm des Heils, das ist Nummer sechs in Vers 17. Der Helm schützt den Kopf und damit auch das Denken. Der Helm des Heils bedeutet, dass ich im Glauben die Gewissheit meiner Errettung angenommen habe. Das schützt mein Denken, wenn Satan versucht, die Gedankenwelt in eine falsche Richtung zu lenken. Es ist ganz wichtig, diese Gewissheit des Heils in Christus festzuhalten.
Hier sieht man auch, warum die Lehre, dass ein Kind Gottes – also jemand, der wirklich wiedergeboren ist – das Heil verlieren könne, verheerend ist. Sie führt genau zu solchen Situationen, in denen Gläubige den Helm des Heils nicht mehr tragen und darum viel leichter angreifbar sind, besonders in ihrer Gedankenwelt. Darum ist es wichtig, die Zusagen aus Johannes 10 zu halten: „Niemand wird sie aus meiner Hand rauben“, sagte Herr Jesus, und als zweite Versicherung: „Niemand wird sie aus der Hand meines Vaters rauben.“ Diese Zusagen müssen kompromisslos festgehalten werden.
Wer wirklich gerettet ist – ich spreche nicht von Scheinbekehrten, die müssen sich erst richtig bekehren –, aber die, die wirklich das Heil erfasst haben und das auch sichtbar in einer treuen und hingegebenen Nachfolge zeigen, müssen den Helm des Heils tragen und dem Teufel keine Angriffsfläche geben.
Dann kommt siebtens das Schwert des Geistes, das haben wir schon besprochen. Damit sehen wir also: Wenn Satan angreift, ist Widerstand gefordert. Aber das müssen wir deutlich unterscheiden, wenn wir zum Skript zurückkehren.
Zweitens: Versuchung durch das eigene böse Verlangen von innen. Da ruft uns die Bibel nicht auf, zu widerstehen und dagegen zu kämpfen, sondern sie sagt, dass wir uns verleugnen müssen. Lesen wir zunächst Titus 2, Vers 12, zusammenhangswegen von Vers 11:
„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilanders Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.“
Es geht mir um Vers 12: „Die weltlichen Begierden verleugnend.“ Hier sind Begierden gemeint, die aus uns selbst herauskommen. Ich werde das später noch ausführlicher darlegen. Es geht also nicht um Begierden, die von außen, von der Welt an uns herangetragen werden. Dort werden wir unter drittens die Versuchung durch die Welt von außen sehen. Da gilt der Aufruf: Fliehen, nicht verleugnen, sondern fliehen.
Aber wenn es von innen kommt, dann verleugnen. Ich werde das noch deutlicher belegen. Wenn hier von „weltlichen Begierden“ die Rede ist, sind es Begierden aus uns heraus, die den Grundsätzen und dem Treiben dieser Welt entsprechen. Da müssen wir verleugnen. Was heißt verleugnen? Wenn ich jemanden, den ich sehr wohl kenne, am Bahnhof in Zürich sehe und mir sage: „Oh, den möchte ich jetzt nicht treffen“, dann kann ich durch die Menge hindurchgehen, als hätte ich ihn überhaupt nicht gesehen. Dann verleugne ich Herrn XY. Das ist in den meisten Fällen nicht sehr freundlich, aber wenn es um Versuchung von innen geht, gibt es nichts anderes, als überhaupt nicht darauf zu reagieren, gar nicht darauf einzugehen.
Das möchte ich ausführlicher im Zusammenhang mit Hauptpunkt zwei auf dem Skript behandeln. Wir sind noch bei der Übersicht. In dem Zusammenhang muss man auch Matthäus 16, Vers 24 verstehen, wo der Herr Jesus sagt: „Wer mir nachkommen will als Jünger, der verleugne sich selbst.“ Wir werden sehen, was dieses Verleugnen bedeutet, gerade im Zusammenhang mit den bösen Begierden, die aus uns selbst kommen.
Gehen wir noch zu drittens: Versuchung durch die Welt von außen. Ein wunderbares Beispiel ist Joseph in 1. Mose 39,12. Er war angestellt im Haushalt von Potiphar in Ägypten, einem hochgestellten Beamten des Pharao. Er war so zuverlässig, dass Potiphar ihm schließlich das ganze Hauswesen anvertraute. Joseph wurde Sklave in allerhöchster Verantwortungsposition. Es gab eine Ausnahme: Seine Ehefrau. Dort hatte er überhaupt nichts zu suchen.
Wir lesen in 1. Mose 39, Vers 7: „Und es geschah nach diesen Dingen, da warf die Frau seines Herrn ihre Augen auf Joseph und sprach: ‚Liege bei mir!‘ Er aber weigerte sich und sprach zu der Frau seines Herrn: ‚Siehe, mein Herr kümmert sich um nichts bei mir im Hause. Und alles, was er hat, hat er in meine Hand gegeben. Niemand ist größer in diesem Haus als ich, und er hat mir gar nichts vorenthalten außer dir, da du seine Frau bist. Und wie sollte ich dieses große Übeltum tun und gegen Gott sündigen?‘“
Es geschah, als sie Joseph Tag für Tag ansprach und er nicht auf sie hörte, bei ihr zu liegen, da geschah es an einem solchen Tag, dass er ins Haus ging, um sein Geschäft zu besorgen, und kein Mensch von den Leuten des Hauses war dort. Sie ergriff ihn bei seinem Kleid und sprach: „Liege bei mir!“ Er aber ließ sein Kleid in ihre Hand und floh hinaus.
Als sie sah, dass er sein Kleid in ihre Hand gelassen hatte und hinausgeflohen war, rief sie den Leuten ihres Hauses und sagte: „Seht, er hat uns einen hebräischen Mann herbeigebracht, um Spott mit uns zu treiben!“ Im weiteren Text verleumdet sie ihn.
Ich habe mir meine Bibel speziell angestrichen: „Floh Josef, floh!“ Fliehen ist oft Feigheit, Ausdruck der Feigheit, aber es gibt ein Fliehen, das heldenhaft ist. Das war das Fliehen von Josef. Er kam in eine gefährliche Situation durch Versuchung von außen, und es war notwendig, sich örtlich durch Flucht aus dem Bereich der Versuchung zu entziehen.
Das ist genau dasselbe, was wir im Neuen Testament lesen, in 1. Korinther 6, Vers 18. Das ist ein Befehl, ein Imperativ, keine Empfehlung: „Flieht die Hurerei! Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes. Wer aber hurert, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist?“ Also: Flieht die Hurerei!
Das ist nicht die Reaktion auf Versuchung von innen heraus, denn eine Flucht ins Kloster nützt diesbezüglich nichts. Das böse Fleisch – so wird die sündige Natur in uns genannt, wie wir noch sehen werden – geht mit ins Kloster. Es ist im Kloster genauso da wie außerhalb. Aber hier geht es um gefährliche Orte und Situationen, denen man sich mit aller Entschiedenheit und Überzeugung entziehen muss: flieht!
Das bedeutet auch, dass man genau weiß, welche Orte und Bereiche für mich eine Gefahr sind. Man muss nicht warten, bis die Situation kommt, sondern sich vorher überlegen, wie man sich davor schützen kann, damit man dort gar nicht erst vorbeigeht.
Heute ist es noch komplexer geworden mit dem Internet, das die Welt in die vier Wände des eigenen Heims hineingebracht hat – und zwar in voller Brutalität. Dort muss man sich auch klar vornehmen, wie man sich schützen kann. Das kann mit Schutzprogrammen für die Kinder beginnen und auch für sich selbst. Es kann weitergehen damit, genau zu wissen, wo man sich im Internet nie aufhalten wird – nie, nicht einmal. Einmal ist kein Mal. Google merkt sich alles. Man könnte auch sagen: Zeig mir auf deinem Bildschirm das Tor zu YouTube, und ich sage dir, wer du bist. Dort sieht man genau den Spiegel, wo man schon früher war oder wenigstens in ähnlicher Weise.
Wenn man wirklich konsequent ist, sieht das plötzlich ganz anders aus bei der Begrüßung. Man muss sich schützen. Ein Mann mittleren Alters sagte einmal, er habe sich so geschützt, dass er das Internet ganz aufgegeben hat. Wenn es nicht anders geht, dann so. Das ist das konkrete Umsetzen von Fliehen.
Jetzt ist Zeit für eine Pause. Wir sind beim Fliehen stehen geblieben. Ich möchte dazu noch lesen aus 1. Korinther 10, Vers 12: Der Apostel Paulus spricht hier allgemein über Versuchung: „Wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle.“ Und schließlich Vers 14: „Darum, meine Geliebten, flieht den Götzendienst.“ Auch hier gibt es gefährliche Situationen im Zusammenhang mit Götzendienst, und es braucht diese Entschiedenheit, zu der man sich vorher entschlossen hat. Sonst spaziert man nur weg.
Fliehen ist wirklich eine absolute Entschlossenheit, sich in Sicherheit zu bringen vor gefährlichen Orten. Weiter möchte ich auf 2. Timotheus 2, Vers 22 hinweisen: „Die Jugendlichen begehrten, aber fliehe! Strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.“
Hier geht es nicht um Begierden, die von innen kommen, sondern um Versuchung, die von außen an uns herangetragen wird. Besonders junge Menschen sind anfällig. Darum werden sie hier genannt: Jugendliche, Begierden. Und es wird gesagt: Fliehe! Es wird nicht gesagt: Verleugne! Das wäre bei jugendlichen Begierden, die aus uns herauskommen, nötig. Aber hier, bei Versuchung von außen durch örtliche Flucht, heißt es: Fliehe! Und als Gegensatz: Strebe nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden usw.
Dann die vierte Versuchung: Ich habe sie in Anführungszeichen gesetzt – Versuchung in Klammern „Prüfung“. Sowohl im Hebräischen als auch im Griechischen wird dasselbe Wort für „versuchen“ und „prüfen“ verwendet. Ein gutes Beispiel ist 1. Mose 22, Vers 1:
„Und es geschah nach diesen Dingen, dass Gott Abraham versuchte. Und er sprach zu ihm: Abraham! Und er sprach: Hier bin ich. Und er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak, und ziehe hin in das Land Moria und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde.“
Die alte Elberfelder übersetzt hier mit „versuchen“, andere mit „prüfen“. Beides ist korrekt, es ist dasselbe Wort, das sowohl „versuchen“ als auch „prüfen“ bedeuten kann. Aber es ist wiederum geschrieben, und zwar in Jakobus 1, dass die Verhältnisse völlig klar gemacht werden.
Hier wird deutlich, warum es nicht reicht, sprachwissenschaftlich fit zu sein, um eine gute Bibelauslegung zu machen. Man muss auch die Gedanken Gottes kennen. So lesen wir in Jakobus 1, Vers 13:
„Niemand sage, wenn er versucht wird, ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Hier wird grundsätzlich gesagt: Gott versucht nie. Das Wort „versuchen“ wird im Sinn von „zum Bösen verleiten“ verwendet, und damit hat Gott nichts zu tun. Wenn man in 1. Mose 22 liest, „Es geschah nach diesen Dingen, dass Gott Abraham versuchte“, dann hat dieses „versuchen“ niemals den Sinn von „zum Bösen verleiten“, sondern es geht um einen Test. Gott wusste, dass Abraham diesen Test bestehen würde. Es war keine Versuchung, ihn zu Fall zu bringen, sondern Gott wollte durch diesen Test ans Licht bringen, was der Glaube Abrahams wert war.
So erprobt Gott den Glauben, aber niemals, um uns zu Fall zu bringen. Die richtige Reaktion hier ist die Reaktion Abrahams: Gott ruft Abraham, und er spricht: „Hier bin ich.“ Auf Hebräisch ist das noch viel eindrücklicher, das Wort „Hineni“ bedeutet: Ich bin bereit, ich höre, ich stehe deinen Befehlen zur Verfügung. Die weiteren Verse machen das eindrücklich deutlich. Das ist die richtige Art, auf die Prüfung Gottes zu reagieren.
Ich lese dazu aus Jakobus 4, Vers 7: „Unterwerft euch nun Gott! Widersteht aber dem Teufel, und er wird von euch fliehen. Naht euch Gott, und er wird sich euch nahen.“
Die Haltung gegenüber Gott ist Unterwerfung unter seinen guten Willen, mit Abrahams Worten „Hier bin ich“ oder mit dem Vorbild des Herrn Jesus in Matthäus 11, Vers 26. Man muss bedenken, in den Versen davor, Matthäus 11, Vers 20 bis 24, schildert der Herr Jesus verschiedene Städte, die besonders das Evangelium aus seinem Mund gehört hatten: Chorazin, Bethsaida und Kapernaum. Dort zeigte sich großer Unglaube und Widerstand gegen seine Predigt. Dort hat der Herr am meisten gewirkt. Oft ist es so, dass dort, wo man zu Hause ist, der größte Widerstand kommt.
Die Reaktion des Herrn Jesus in Vers 25: „Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor dir.“
In diesem Widerstand dieser Städte spielten Eingebildetheit und menschliche Weisheit eine wichtige Rolle. Gottes Plan war, dass er die Wahrheit denen mitteilt, die bereit sind, vom hohen Ross herunterzukommen und sich zu beugen. Für den Herrn Jesus war es eine traurige Sache, diese Ablehnung und diesen Widerstand zu erleben. Trotzdem beginnt Vers 25 mit: „Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater.“ Das ist ein Ratschluss, ein Weg, und der Herr Jesus sagt: „Ja, Vater.“ Das ist die richtige Reaktion, die er uns als Beispiel vorstellt in Bezug auf Gottes Pläne und Wege.
So hat man es am einfachsten im Leben. Wenn man gegen Gottes Wege rebelliert, ändert das nichts und bringt nur Unruhe und noch mehr Unheil ins Leben. Das Beispiel des Herrn Jesus „Ja, Vater“ zeigt den richtigen Weg.
Dazu noch aus 1. Petrus 5, Vers 6: „So demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr all eure Sorgen auf ihn werft, denn er ist besorgt für euch.“ Auch das ist wieder dieses vertrauensvolle Sich-Unter-die-Hand-Gottes-Stellen.
Schließlich noch Hiob 36, Vers 11, wo Elihu, der jüngste Freund Hiobs, eine seelsorgerliche Rede hält, die Hiob zur Wiederherstellung verhalf: „Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage in Wohlfahrt verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeit.“ Auch hier geht es um das Verhältnis gegenüber Gott, seinem Willen, sich ihm zu unterwerfen.
Nun möchte ich genauer beleuchten, worum es bei Versuchung zwei, Versuchung durch das eigene böse Verlangen von innen, geht. Ich gehe gleich auf Punkt drei: Die sündige Natur wurde von Adam vererbt.
In 1. Mose 5, Vers 3 lesen wir, dass Adam nach dem Sündenfall einen Sohn zeugte „in seinem Bild und in seinem Gleichnis“. Das ist ein interessanter Ausdruck, weil er an 1. Mose 1, Vers 27 erinnert, wo Gott sagt, dass er den Menschen in seinem Bild und Gleichnis erschaffen hat. Der Mensch war so geschaffen, dass er etwas von Gottes Herrlichkeit, Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit widerspiegelte. Beobachtete man Adam im Paradies vor dem Fall, musste man sagen: Wie wunderbar ist Gott!
Aber Adam fiel, indem er Gott gewissermaßen zum Lügner machte und bewusst den Bund Gottes brach, wie Hosea 6, Vers 3 sagt. Nach dem Fall zeugte er einen Sohn in seinem Gleichnis, in seinem Bild – als gefallener Mensch. Hier wird angedeutet, dass die weiteren Generationen nach dem Sündenfall das Bild des gefallenen Adams zeigen.
Das sagt auch David in Psalm 51, Vers 6 schon alttestamentlich in seinem Bußgebet wegen Ehebruch: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“ Der gleiche Gedanke wird in Psalm 58, Vers 4 ausgedrückt.
Das ist interessant, denn im orthodoxen Judentum wird nicht gelehrt, dass der Mensch als gefallener Sünder geboren wird. Die rabbinische Lehre sagt, der Mensch habe von Anfang an einen Drang zum Guten und einen Drang zum Bösen. Er könne sich quasi selbst entscheiden. „Jezerah“ ist der Drang zum Bösen, „Jezertow“ der Drang zum Guten. Manche Rabbiner lehrten sogar, dass im Mutterleib dieser Drang eine Rolle spielt: Wenn das Baby einen stärkeren bösen Drang hat, wird es behindert geboren.
Das ist der Hintergrund der Frage in Johannes 9, wo die Jünger angesichts des Blindgeborenen fragen: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern?“ Der Herr Jesus sagt: „Weder er noch seine Eltern, sondern das ist, um die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren.“ Dieses Leiden war keine Strafe, sondern hatte einen guten Plan Gottes.
Darum ist es für orthodoxe Juden schwierig zu akzeptieren, dass sie Sünder sind, unter dem Fluch des Gesetzes stehen, weil sie das Gesetz gebrochen haben, und hundertprozentige Gnade brauchen. Sie hoffen, den guten Drang in sich weiterzuentwickeln und nach und nach ein besserer orthodoxer Jude zu werden. Deshalb ist es schwer, die reine Gnade durch das Opfer des Messias anzunehmen.
Das muss man wissen, um zu verstehen, wo innerer Widerstand entsteht. Erstaunlich, dass das Alte Testament das schon so klar lehrt: David sagt in Psalm 51, Vers 6 „In Sünde hat mich empfangen meine Mutter.“ Wenn wir weiter lesen in 1. Mose 6, sehen wir das Zeugnis über die gefallene Menschheit vor der Flut. Dort heißt es in Vers 5: „Und der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen groß war auf Erden, und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.“ Das zeigt die völlige Verdorbenheit des Menschen.
Nun ist interessant: Römer 5, Vers 12 lehrt auf Grundlage dieser alttestamentlichen Offenbarungen über die Verdorbenheit des Menschen Folgendes:
„Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben.“
Weiter in Vers 19: „Denn gleichwie durch des einen Menschen Ungehorsam die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.“
Hier wird klar gemacht: Durch einen Menschen, durch Adam, kam die Sünde in die Welt. Es gibt eine Fortsetzung von Generation zu Generation. Der Tod, der Lohn der Sünde ist (Römer 6,23), durchdringt alle Generationen der Menschheitsgeschichte. Römer 5,19 betont, dass durch den Ungehorsam Adams die vielen – also die ganze Menschheit – in die Stellung von Sündern versetzt wurden.
Das heißt, die ganze Menschheit ist dadurch, dass sie Nachkomme Adams ist, bereits in der Stellung eines Sünders vor Gott. Dafür können wir nichts, wir haben das nicht gewählt. Die Bibel sagt, wir haben diese Stellung. Es gibt aber einen Ausweg: Durch den Gehorsam des Einen, des Messias, des Herrn Jesus, werden die vielen in die Stellung von Gerechten versetzt. Das sind nicht alle Menschen, sondern alle, die sich bekehren. Das sind viele.
Der Apostel Paulus spricht in den Versen davor von allen und meint die ganze Menschheit, wechselt dann zu „den vielen“, weil alle ja auch viele sind, um den Kontrast zu machen zwischen denen, die durch Adam in die Stellung von Sündern gekommen sind – die vielen, die ganze Menschheit – und denen, die durch den Gehorsam des Herrn Jesus am Kreuz in die Stellung von Gerechten versetzt wurden – die vielen, die sich bekehren.
Paulus wählt die Worte sorgfältig, um die Wahrheit zu verkündigen. Die Bibel lehrt also, dass der Mensch grundsätzlich als Sünder geboren wird. Unter Philosophen gibt es Widerstand gegen die Lehre von der Erbsünde: Was habe ich schon dafür, dass ich als Sünder geboren wurde? Die Bibel sagt nichts davon, dass wir dafür verantwortlich sind. Aber was wir seitdem gemacht haben, ist unsere Verantwortung. Es kommt auf unsere Entscheidung an, ob wir bereit sind, Umkehr zu tun und zu den vielen zu gehören, die in die Stellung von Gerechten versetzt werden.
Römer 5, Vers 12 sagt, durch Adam kam die Sünde in die Welt. Was bedeutet „die Sünde“? In Römer 5, ab Vers 12, bedeutet das Wort „die Sünde“ in der Einzahl nicht eine bestimmte Tat, sondern eine böse Natur. Im Gegensatz zu „Sünden“ in der Mehrzahl, die Tat-Sünden bedeuten.
In Römer 5,6,7 in der Mehrzahl bedeutet „Sünden“ Tat-Sünden. „Die Sünde“ in der Einzahl bedeutet die böse Natur in uns, die wir von Adam geerbt haben. Das heißt, in der Stellung eines Sünders geboren zu sein, heißt, diese Natur zu haben, die das Böse will. Diese Natur wird „die Sünde“ genannt.
Schlagen wir Römer 7, Vers 20 auf, wo Paulus sagt: „Wenn ich aber dieses, was ich nicht will, ausübe, so vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die in mir wohnende Sünde.“ Es geht um den Ausdruck „die in mir wohnende Sünde“. Das ist keine Tat, sondern eine Natur, die in uns Menschen wohnt.
Warum wird diese Natur „die Sünde“ genannt? Weil sie nichts anderes produzieren oder anregen kann als Sünden zu tun. Darum heißt die Natur „die Sünde“. Sie kann nichts Gutes produzieren, nur Böses.
Diese Natur wird auch „das Fleisch“ genannt. Römer 7, Vers 18 sagt Paulus: „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht.“ In meinem Fleisch wohnt nichts Gutes.
Der Ausdruck „Fleisch“ wird in Römer 5, ab Vers 12 parallel mit „die Sünde“ verwendet, und auch im Galaterbrief, zum Beispiel Galater 5, Vers 19:
„Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind Hurerei, Ehebruch, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei (auf Griechisch Pharmakaia, Missbrauch von Drogen und alle Arten von Esoterik und Okkultismus), Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Sekten, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen. Von denen ich euch vorhersage, wie ich auch vorher gesagt habe, dass die, die so etwas tun, das Reich Gottes nicht erben werden.“
Hier wird klar gesagt, dass das Fleisch, diese böse Natur, diese Dinge hervorbringt. Vers 17 ergänzt:
„Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist, der Geist aber gegen das Fleisch; denn diese sind einander entgegengesetzt.“
Also ist das Fleisch als böse Natur im Menschen dem Heiligen Geist vollkommen entgegengesetzt, absolut das Gegenteil.
Warum heißt diese böse Natur „das Fleisch“? Man muss beachten, dass der Ausdruck „Fleisch“ in der Bibel je nach Zusammenhang unterschiedlich verwendet wird. Das ist grundlegend für die Sprache: Ein Wort kann je nach Zusammenhang verschiedene Bedeutungen haben.
Manche finden das unglücklich, weil sie zum Beispiel mit Google Translate einen Brief schreiben und der Empfänger in Brasilien zornig wird, weil die Übersetzung mechanisch war und die Bedeutung nicht passte. Aber ein Wort kann in einem Zusammenhang das eine bedeuten, in einem anderen etwas anderes. Der Kontext neutralisiert die Vieldeutigkeit.
Darum konnte das Neue Testament mit etwa fünftausend Wörtern geschrieben werden und nicht mit dreißig, vierzig, fünfzigtausend. Das ist ein Geschenk Gottes, dass die Sprachen so aufgebaut sind.
Aber man muss die Gefahren kennen. Das Fleisch heißt nicht immer das Fleisch.
Konkret: Schlagen wir Hiob 10, Vers 11 auf. Hiob spricht über seinen eigenen, so kranken Körper:
„Mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet und mit Knochen und Sehnen mich durchflochten.“
Hier bedeutet „Fleisch“ den Teil des Körpers, der nicht Haut, Knochen oder Sehnen ist. Das ist einfach das Fleisch des Körpers im Gegensatz zu Knochen und Sehnen.
Der Ausdruck „Fleisch“ wird in der Bibel aber auch für den Menschen insgesamt verwendet, inklusive Knochen, Haut, Sehnen, Geist und Seele. Darum steht in Johannes 1, Vers 14 von dem Herrn Jesus:
„Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Dieser Vers sagt, dass der Herr Jesus, das ewige Wort, Gott von Ewigkeit, Mensch wurde – ein wirklicher Mensch mit Körper, menschlicher Seele und Geist. Was davon sichtbar ist, ist das Fleisch. Darum wird der Mensch Fleisch genannt.
Diese sündige Natur in uns, die Sünde, kann sich erst entfalten, wenn sie unsere Hände missbrauchen kann. Zum Stehlen braucht man normalerweise Hände. Die Sünde in uns muss auch unsere Füße missbrauchen, um an den falschen Ort zu gehen. Man kann das auch mit dem Auto vergleichen, aber bis zum Auto muss man normalerweise mit den Füßen gehen.
Die Sünde muss auch unsere Ohren, unsere Augen und so weiter missbrauchen. Die sündige Natur braucht den Körper, um aktiv zu werden, und darum wird sie „das Fleisch“ genannt.
Aber das darf uns nie auf die Idee bringen, dass unser Körper minderwertig ist, nur weil die Bibel an vielen Stellen schlecht über das Fleisch spricht. Nein, wie Hiob sagt: „Du hast mich gemacht mit Haut, Fleisch, Sehnen, Knochen.“ Das ist Gottes wunderbares Schöpfungswerk. Aber diese Natur, die diesen wunderbaren Körper missbraucht oder missbrauchen will, das ist das böse Fleisch.
Weiter wird die Sünde in uns in Römer 6, Vers 6 auch „der Leib der Sünde“ genannt. Warum? Weil die sündige Natur bildlich im Neuen Testament als ein Körper mit vielen sündigen Gliedern gesehen wird. Darum steht in Kolosser 3, Vers 5:
„Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind!“
Hier könnte jemand, beeinflusst vom neoplatonischen Denken, denken, dass Materie schlecht ist und der Körper minderwertig. Aber man muss weiterlesen:
„Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht, die Götzendienst ist, an deren Willen der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams kommt, unter denen auch ihr einst gewandelt seid, als ihr in diesen Dingen lebtet. Jetzt aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, schändliches Reden aus eurem Mund, belügt einander nicht! Da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat.“
Hier werden diese Glieder beschrieben. Das sind nicht gute Hände, die Gott gemacht hat, oder Augen, sondern Hurerei wird als ein Glied an diesem bildlichen Körper gesehen, den das Fleisch ausmacht. Die Sünde wird als ein Körper gesehen, der schreckliche Glieder hat, wie Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust, Habsucht.
„Tötet nun eure Glieder“ bedeutet auch „wirkungslos machen“, also dafür sorgen, dass diese bösen Glieder der sündigen Natur inaktiviert werden, wie gelähmt sind, so dass sie nicht mehr funktionieren. Das ist wichtig.
Oft wird der Ausdruck „das Fleisch“ oder „die Sünde“ mit dem „alten Menschen“ verwechselt. Man nennt die sündige Natur in uns den alten Menschen. Das ist nicht richtig. In Römer 5, 6, 7 wird klar gesagt, dass die Sünde, das Fleisch, in uns auch nach der Bekehrung ist. Der Gläubige hat diese böse Natur in sich, auch nach der Bekehrung, und das wird nie aufhören bis zum Tod. Dann ist Schluss. Wenn Gott den Körper auferweckt, wird er vollkommen auferweckt, und die Sünde, das Fleisch, wird nicht mehr dabei sein.
Aber vom alten Menschen wird nicht gesagt, dass er noch da ist. In Kolosser 3 wird gesagt, dass wir den alten Menschen ausgezogen und den neuen angezogen haben. Dasselbe steht in Epheser 4, Vers 22:
„Legt ab den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, und erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung, und zieht an den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
In beiden Stellen wird gesagt, der Erlöste hat den alten Menschen ausgezogen wie ein altes Kleid und den neuen Menschen wie ein Kleid angezogen – als vollendete Tatsache. Damit wird klar: Der alte Mensch bezeichnet das, was wir vor der Bekehrung waren, das alte Leben. Das ist vorbei.
Darum steht in Römer 6, Vers 6, was wir noch aufschlagen können:
„Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan oder wirkungslos gemacht sei, damit wir der Sünde nicht mehr dienen.“
Der alte Mensch, das, was wir vor der Bekehrung waren, hat sein Ende am Kreuz gefunden. Bei der Bekehrung haben wir den alten Menschen ausgezogen und den neuen angezogen als Bekehrte. Das soll dazu führen, dass der Leib der Sünde, dieser bildliche Körper mit bösen Gliedern, nicht mehr wirken kann. Aber er ist da!
Die große Frage ist: Wie kann man praktisch damit umgehen? Versuchung aus der bösen Natur kommt jeden Tag. Für manche, die sich bekehrt haben, ist das eine böse Überraschung: „Ich habe hier genau die gleichen Neigungen, die ich früher hatte. Bei mir ist etwas schiefgegangen.“ Man muss jungen Bekehrten sofort erklären, dass das normal ist und bei allen Gläubigen so ist.
Das Problem ist nicht, dass diese böse Natur da ist, sondern wie wir damit umgehen. Wir haben Jakobus 1 schon gelesen, wo erklärt wird, dass Gott nicht versucht. Wenn wir versucht werden, zum Bösen hin, kommt es aus uns selbst heraus. Jakobus 1, Vers 14:
„Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde.“
Hier werden drei Generationen vorgestellt. Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde – hier im Sinne einer einzelnen Tat. Die Sünde ist hier nicht die böse Natur, sondern eine einzelne Tat, in Gedanken oder Tat.
Dann heißt es weiter: „Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Man könnte ein Bibelquiz vorbereiten mit der Frage: Wie heißt die Großmutter des Todes? Die Antwort: Die Begierde. Die Begierde ist die Großmutter, die Mutter ist die Sünde, und der Enkel ist der Tod.
Diese Stelle ist hilfreich, weil sie klar macht, dass die Begierde oder das böse Verlangen noch nicht die Sünde ist. Es ist ein Prozess mit Schwangerschaft und Geburt, bis daraus eine einzelne Sünde wird.
Das kann viele seelische Probleme lösen bei ernsthaften Gläubigen, die sagen: „Ich habe schon wieder diesen Gedanken gehabt, jetzt habe ich schon wieder gesündigt und müsste das bekennen nach 1. Johannes 1,9. Dabei bin ich gerade so konzentriert bei der Arbeit, und jetzt wieder und wieder. Wenn ich dagegen kämpfe, wird es noch stärker.“
Ganz Ernsthafte können dadurch in Probleme kommen. Wie kann man biblisch helfen? Die Bibel sagt: Das ist noch nicht die Sünde. Luther hat das sehr gut verstanden. Er hatte unglaubliche Kämpfe mit seinem Fleisch als Gläubiger. Er erklärte reif: Wenn ich spazieren gehe und die Vögel machen mir auf den Kopf, kann ich nichts dafür. Aber wenn sie ein Nest auf meinem Hut bauen, bin ich verantwortlich.
Das heißt, böse Gedanken kommen, aber damit muss ich mich nicht beschäftigen. Sobald ich an diesen Gedanken Gefallen finde, wird es Gedankensünde oder sogar Tat, denn zuerst ist immer der Gedanke, dann die Tat. Das ist eine weitere Stufe der Entwicklung.
Das kann einen gelassen machen. Man weiß: Dafür kann ich nichts, die böse Natur ist da und entfaltet sich. Aber was mache ich damit? Wenn man versucht, gegen diese Gedanken zu kämpfen und sie zu verdrängen, werden sie noch stärker. Das ist ein normaler Mechanismus, man ist nicht psychisch krank.
Darum muss man verleugnen, die weltlichen Lüste verleugnen – das heißt, gar nicht darauf eingehen, sich nicht damit beschäftigen. Wie Füchse, die bei Verfolgung durch Jagdhunde plötzlich wie tot liegen, sodass die Hunde sie nicht bemerken.
Man muss sich klar sein: Jesus Christus ist für mich gestorben, nicht nur für das, was ich getan habe, sondern auch für das, was ich bin. Das ist die Belehrung von Römer 6: Der Herr Jesus ist auch für die Sünde in uns gestorben.
Darum drücken wir in der Taufe aus, dass wir mit Christus gestorben sind – sein Tod ist mein Tod. So wie Christus auferstanden ist, komme ich bei der Taufe wieder aus dem Wasser heraus. Das bedeutet, ich muss mich nicht mehr mit meiner sündigen Natur beschäftigen.
Wenn böse Gedanken kommen, kann ich einfach darüber hinweggehen und mich mit dem Herrn beschäftigen. So hat Zinzendorf gedichtet:
„Und wenn mich böse Lust anficht, so danke ich Gott, ich muss ja nicht.“
Das ist der Blick weg von der Sünde, und dann verstärkt sich die Versuchung nicht, sondern es ist wie bei einem TGV in Frankreich, der mit über 500 Stundenkilometern durch kleine Bahnhöfe fährt, ohne zu halten. So muss man das machen: Die Sünde in uns ist der TGV, und wir sind der kleine Bahnhof – durchwinken.
Man kann das Beispiel auch auf den ICE anwenden, wenn der näher liegt. Ich hatte einen Ingenieur gekannt, der den Deja-vu entwickelt hat – wenn er wüsste, dass ich das als Beispiel für die Sünde in uns nehme!
Das hilft zu verstehen, wie man praktisch damit umgehen muss. Das ist etwas, das man lernen muss. Darum sagt Paulus in 1. Timotheus 4:
„Übe dich zur Gottseligkeit.“
Das Wort „üben“ bedeutet wirklich Gymnastik, Training. Gottseligkeit ist ein Leben, das erfüllt ist von Gott. Man soll wirklich lernen, wenn Zorn oder üble Gedanken aufkommen, nicht darauf einzugehen, sondern wie der Graf sagen: „Und wenn mich böse Lust anficht, so danke ich Gott, ich muss ja nicht.“
Sobald man weiß, dass die Begierde die Großmutter des Todes ist und noch nicht die Sünde, entwickelt man Gelassenheit und erlebt, wie das wirklich funktioniert, um Sieg zu haben.
Unter drittens: Das neue Leben. Bei der Wiedergeburt erhält der Mensch eine neue Natur, das ewige Leben. Johannes 3, Vers 16 sagt, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
In Johannes 14, Vers 6 sagt der Herr Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Das heißt, bei der Wiedergeburt, wenn man von neuem geboren wird, wie Johannes 1, Vers 12 sagt, und ein Kind Gottes wird, wird der Herr Jesus das Leben in uns.
Darum sagt Petrus in 2. Petrus 1, Vers 4, dass wir Teilhaber der göttlichen Natur geworden sind. Das bedeutet nicht, dass wir kleine Götter werden, sondern dass wir Anteil haben am Leben Gottes. Dieses Leben ist Christus.
Darum kann Paulus sagen in Galater 2, Vers 20: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Das muss man unterscheiden. Bei der Bekehrung erhält der Mensch den Heiligen Geist. Epheser 1, Vers 13 bis 14 sagt, nachdem man das Evangelium geglaubt hat, wird man versiegelt mit dem Heiligen Geist.
Der Heilige Geist wirkt genau gegen das Fleisch, wie wir in Galater 5, Vers 17 gelesen haben. Der Heilige Geist ist nicht dasselbe wie das ewige Leben in uns, aber es gehört zusammen. Der Heilige Geist bewirkt, dass sich das göttliche Leben in uns entfaltet und wirkt die Frucht des Geistes nach Galater 5,22: Liebe, Friede, Freude usw.
Er gibt die Kraft, um nicht die Lust des Fleisches zu vollbringen, wie Galater 5,17 lehrt. So kann man Überwinderkraft erleben und frei werden von Dingen, von denen man meinte, man werde nicht frei. Wir haben alle Voraussetzungen, um völlig frei zu sein und so zur Ehre Gottes zu leben. Aber es braucht dieses Training: „Übe dich zur Gottseligkeit.“
Noch zwei Minuten, denn es ist wichtig, dass wir verstehen, was die Welt ist. „Die Welt“ ist ein Wort, das im Neuen Testament etwa zehn verschiedene Bedeutungen hat. „Kosmos“ kann das ganze Universum bedeuten, aber auch einfach die Erde oder die Menschheit.
Gott hat die Welt geliebt (Johannes 3,16). „Welt“ kann hier das System bedeuten, das Satan aufgebaut und regiert hat. Darum wird er genannt „der Fürst dieser Welt“ (Johannes 12,31) und sogar „der Gott dieser Welt“ (2. Korinther 4,4). Dort steht nicht „Kosmos“ wie in Johannes 12,31, sondern „Aion“, was Zeitlauf oder Zeitgeist bedeutet. Er ist der Gott des Zeitgeistes.
Das ist die Versuchung, die von außen an uns herankommt. Der Teufel hat ein System aufgebaut, das völlig durchdacht ist. „Kosmos“ bedeutet im Griechischen „Schmücken“ und bezeichnet immer etwas Geordnetes, ob Weltall, Erde oder dieses böse System.
In 1. Johannes 2 sagt Johannes: „Liebt nicht die Welt!“ Aber in Johannes 3,16 schreibt er: „Also hat Gott die Welt geliebt!“ Nur bedeutet „Welt“ dort das System oder die Menschheit. Diese Vieldeutigkeit wird durch den Kontext neutralisiert.
Das böse System hat ein Drei-Punkte-Programm nach 1. Johannes 2, Vers 15-17: Die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens. All das, was an Versuchungen von außen kommt, kann man in diese drei Schubladen stecken.
Man denke auch an die drei Überschriften am Kreuz, die von der Welt zeugen, die Christus verworfen hat: Hebräisch, Griechisch, Latein. Hebräisch war die Sprache der religiösen Führer damals, die mit Religion ein System geschaffen hatten, in dem Christus keinen Platz hatte. Griechisch steht für die wissenschaftlich-kulturelle Welt, Latein für die politische Welt.
Das alles ist ein System, das der Teufel benutzt, um uns Menschen von Gott und seinem Wort wegzubringen. Das kann sehr religiös, wissenschaftlich-kulturell oder politisch sein. Es sind Dinge, die uns von Gott wegziehen sollen.
Damit habe ich nicht gesagt, dass Wissenschaft grundsätzlich weltlich ist. Wissenschaft ist ein Faktor, den der Teufel braucht, um Menschen von Gott wegzuführen. Auch Politik ist nicht immer gottfern. Es gibt Leute, die in der Politik Gutes getan haben. Aber wie viel Betrug, Falschheit und Verführung gibt es!
Wir müssen sehen, wie die Welt alle möglichen Facetten beinhaltet und nicht mit einer Liste von zehn Punkten zusammenzufassen ist. Sie ist subtil, und der Teufel hat ein System entwickelt, das sich jedem anpasst. Mit dem Internet ist die Individualisierung auf die Spitze getrieben worden.
Diese Individualisierung hat der Teufel schon immer gemacht, aber jetzt noch stärker, zugeschnitten auf den Einzelnen, um ihn zu gefährden.
Der allerletzte Punkt: Die Bibel unterscheidet in 1. Korinther 2 und 3 drei Typen von Menschen: den natürlichen Menschen, wörtlich „den seelischen Menschen“ (Psychikos), das ist der nicht bekehrte Mensch, der nichts akzeptiert, was vom Geist Gottes und Gottes Wort kommt.
Dann sagt Paulus in 1. Korinther 3,1-2 zu den Korinthern, die bekehrt waren und keine natürlichen Menschen mehr waren: „Ihr seid fleischlich.“ Das heißt Christen, die sich gewohnheitsmäßig von ihrer bösen Natur leiten lassen. Das ist schlimm.
Aber er zeigt den Gegensatz: In 1. Korinther 2, Vers 15 und 3, Vers 1, der geistliche Christ ist der Christ, der sich nicht perfekt verhält, aber dessen Leben vom Heiligen Geist geprägt ist.
Der Weg vom fleischlichen Christ zum geistlichen Christ wird eindrücklich beschrieben in Römer 7,12-25, wo Paulus seine eigenen Erfahrungen nach der Bekehrung schildert. Er ging nicht sofort in den öffentlichen Dienst, sondern zog sich zurück und durchlebte viele Kämpfe. Er beschreibt, wie die böse Natur immer noch da ist und er nicht so leben möchte.
Er kommt zum Punkt: „Ich elender Mensch, wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?“ Dann sagt er: „Ich danke Gott durch Jesus Christus.“ Man sollte diese Verse einmal lesen: Römer 7,12-25. Paulus betont immer „ich“, „mein“ und „mich“. Das ist ein echter Schock. Man merkt, es dreht sich alles um ihn.
Das ist der falsche Blickpunkt. Sobald er sagt: „Ich danke Gott durch Jesus Christus“, blickt er von sich weg auf den Herrn, und dann kommt Römer 8, wo der ganze Reichtum des Glaubens entfaltet wird.
Das ist der Blick weg von sich selbst und hin zum Herrn Jesus, zu seinem Werk und den Reichtümern, die er uns in seinem Wort gibt. Das führt zu einem Leben, das man als Leben eines geistlichen Christen bezeichnen kann. Diese sind nicht perfekt, aber sie wissen, dass alle Kraftquellen zur Verfügung stehen, um mit dem Herrn ein wirklich glückliches Leben zu führen – nicht nur am Sonntag, sondern auch am Montag, Dienstag und so weiter.
Damit wollen wir an dieser Stelle einmal schließen.
Versuchung durch das eigene böse Verlangen von innen – Verleugnung
Aber das müssen wir jetzt deutlich unterscheiden, wenn wir zum Skript zurückkehren. Zweitens: Versuchung durch das eigene böse Verlangen von innen.
Da ruft uns die Bibel nicht dazu auf, zu widerstehen und dagegen zu kämpfen. Vielmehr sagt die Bibel, dass wir uns verleugnen müssen. Lesen wir zunächst Titus 2,12. Ich lese es zusammenhangsbedingt von Vers 11:
„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilanders, Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.“
Es geht mir um Vers 12: „Die weltlichen Begierden verleugnend.“ Hier geht es um Begierden, die aus uns selbst herauskommen. Ich werde das später noch viel ausführlicher darlegen.
Es geht also nicht um die Begierden, die von außen, von der Welt, an uns herangetragen werden. Dort werden wir unter drittens die Versuchung durch die Welt von außen behandeln. Da gilt der Aufruf: „Fliehen, nicht verleugnen, sondern fliehen.“
Aber wenn die Versuchung von innen herkommt, dann müssen wir verleugnen. Ich werde das noch deutlicher belegen.
Wenn hier also von weltlichen Begierden die Rede ist, sind es die Begierden aus uns heraus, die aber den Grundsätzen und dem Treiben dieser Welt entsprechen. In diesem Fall müssen wir verleugnen.
Was bedeutet verleugnen? Wenn ich jemanden, den ich sehr wohl kenne, auf dem Bahnhof in Zürich sehe und mir sage: „Oh, aber bestimmt möchte ich den jetzt nicht treffen“, dann kann ich durch die Menge hindurchgehen, so als hätte ich ihn überhaupt nicht gesehen. Dann verleugne ich Herrn XY.
Das ist in den meisten Fällen nicht gerade sehr freundlich. Aber wenn es um die Versuchung von innen geht, gibt es nichts anderes, als überhaupt nicht darauf zu reagieren und gar nicht darauf einzugehen.
Das möchte ich noch ausführlicher behandeln im Zusammenhang mit Hauptpunkt zwei und drei auf dem Skript. Das kommt also noch richtig zur Ausführung. Wir sind immer noch bei der Übersicht.
In diesem Zusammenhang muss man dann eben auch Matthäus 16,24 verstehen, wo der Herr Jesus sagt: „Wer mir nachkommen will als Jünger, der verleugne sich selbst.“
Dort werden wir sehen, was dieses Verleugnen eben bedeutet, gerade im Zusammenhang mit den bösen Begierden, die aus uns selbst herauskommen.
Versuchung durch die Welt von außen – Fliehen
Kommen wir nun zum dritten Punkt: der Versuchung durch die Welt von außen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist Josef, wie es in 1. Mose 39,12 beschrieben wird. Er war Angestellter im Haushalt von Potiphar in Ägypten, einem hochgestellten Beamten des Pharao. Josef war so zuverlässig, dass Potiphar ihm schließlich das ganze Hauswesen anvertraute. Er wurde quasi Sklave in einer äußerst verantwortungsvollen Position.
Es gab jedoch eine Ausnahme, bei der Josef überhaupt nichts zu suchen hatte – und das war die Ehefrau Potiphars. In 1. Mose 39,7 lesen wir: „Und es geschah nach diesen Dingen, da warf die Frau seines Herrn ihre Augen auf Josef und sprach: Liege bei mir!“ Josef weigerte sich jedoch und antwortete: „Siehe, mein Herr kümmert sich um nichts bei mir im Hause. Alles, was er hat, hat er in meine Hand gegeben. Niemand ist größer in diesem Haus als ich, und er hat mir gar nichts vorenthalten außer dir, weil du seine Frau bist. Wie sollte ich dieses große Übeltun tun und gegen Gott sündigen?“
Tag für Tag sprach sie Josef an, doch er hörte nicht auf sie. Eines Tages, als Josef ins Haus ging, um sein Geschäft zu besorgen, war niemand von den Leuten des Hauses dort. Da ergriff sie ihn bei seinem Kleid und sprach erneut: „Liege bei mir!“ Josef aber ließ sein Kleid in ihre Hand fallen und floh hinaus.
Als sie sah, dass Josef sein Kleid zurückgelassen hatte und geflohen war, rief sie die Leute ihres Hauses und sagte zu ihnen: „Seht, er hat uns einen hebräischen Mann herbeigebracht, um uns zu verspotten!“ Im weiteren Text verleumdet sie ihn noch mehr.
Ich habe mir diesen Abschnitt in meiner Bibel besonders angestrichen, da das Fliehen von Josef oft als Feigheit missverstanden wird. Fliehen kann Ausdruck von Feigheit sein, aber es gibt auch ein heldenhaftes Fliehen – und das war hier der Fall. Josef geriet durch die Versuchung von außen in eine so gefährliche Situation, dass es notwendig war, sich örtlich aus dem Bereich der Versuchung zu entfernen.
Das ist genau das, was wir im Neuen Testament lesen, zum Beispiel in 1. Korinther 6,18. Dort steht ein klarer Befehl, ein Imperativ, keine Empfehlung: „Flieht die Hurerei! Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes. Wer aber hurert, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist?“ Also heißt es: Flieht die Hurerei!
Diese Flucht ist nicht die Reaktion auf die Versuchung, die von innen kommt. Eine Flucht ins Kloster hilft hier nicht, denn das „böse Fleisch“ – so wird die sündige Natur in uns genannt, wie wir noch sehen werden – nimmt man mit ins Kloster. Dort ist es genauso präsent wie außerhalb.
Hier geht es vielmehr um gefährliche Orte und Situationen, denen man sich mit aller Entschiedenheit und Überzeugung entziehen muss – also flieht! Das bedeutet auch, genau zu wissen, welche Orte oder Bereiche für einen selbst eine Gefahr darstellen. Man sollte nicht erst warten, bis die Situation eintritt, sondern sich vorher überlegen, wie man sich davor schützt. Zum Beispiel, indem man bestimmte Orte meidet.
Heute ist das noch komplexer geworden durch das Internet, das die Welt in die eigenen vier Wände gebracht hat – und zwar in voller Brutalität. Auch hier muss man sich klar vornehmen, wie man sich schützen kann. Das kann mit Schutzprogrammen für Kinder beginnen und auch für sich selbst gelten. Man sollte genau wissen, auf welchen Internetseiten man sich niemals aufhalten wird – nie, nicht einmal.
Denn hier gilt nicht „einmal ist kein Mal“. Google merkt sich alles. Man könnte sagen: Zeig mir auf deinem Bildschirm das Tor zu YouTube, und ich sage dir, wer du bist. Dort sieht man genau den Spiegel seiner früheren oder ähnlichen Besuche.
Wenn man wirklich konsequent ist, sieht das bei der Begrüßung plötzlich ganz anders aus. Man muss sich schützen. Ein Mann mittleren Alters erzählte mir einmal, dass er sich so geschützt hat, indem er das Internet ganz aufgegeben hat. Wenn es nicht anders geht, dann eben so.
Das ist das konkrete Umsetzen des Fliehens.
Die Notwendigkeit der Entschiedenheit beim Fliehen
Ja, aber jetzt ist Zeit für eine Pause. Wir sind beim Thema Fliehen stehen geblieben. Dazu möchte ich noch aus 1. Korinther 10,12 lesen. Der Apostel Paulus spricht hier allgemein über Versuchung. Er sagt: „Wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle.“
Und schließlich, in Vers 14, heißt es: „Darum, meine Geliebten, flieht den Götzendienst.“ Auch hier gibt es gefährliche Situationen im Zusammenhang mit Götzendienst. Es braucht eine klare Entschlossenheit, zu der man sich schon vorher entschieden hat. Sonst läuft man nur weg, ohne wirklich zu fliehen. Fliehen bedeutet wirklich eine absolute Entschlossenheit, sich in Sicherheit zu bringen vor gefährlichen Orten.
Weiter möchte ich auf 2. Timotheus 2,22 hinweisen. Dort heißt es: „Die Jugendlichen begehrten, aber fliehe!“ Und weiter: „Strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.“
Hier geht es nicht um Begierden, die von innen herauskommen, sondern um Versuchungen, die von außen an uns herangetragen werden. Besonders junge Menschen sind für solche Versuchungen anfällig. Deshalb werden hier Jugendliche und Begierden genannt.
Es wird gesagt: Fliehe! Es ist nicht von Verleugnung die Rede, wie das bei jugendlichen Begierden, die aus uns herauskommen, der Fall sein kann – das werden wir noch sehen. Hier aber geht es um eine örtliche Flucht, eine Flucht, die sich auf den Ort bezieht. Fliehe! Und als Gegensatz dazu heißt es: Strebe nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden und so weiter.
Versuchung als Prüfung – Gottes Absicht und richtige Reaktion
Und dann die vierte Versuchung – ich habe das in Anführungszeichen gesetzt: Versuchung (in Klammern: Prüfung). Es ist so, dass sowohl im Hebräischen als auch im Griechischen dasselbe Wort für „versuchen“ oder „prüfen“ verwendet wird. Deshalb entscheidet der Textzusammenhang über die Bedeutung. Ein gutes Beispiel ist 1. Mose 22,1:
„Und es geschah nach diesen Dingen, dass Gott den Abraham versuchte. Und er sprach zu ihm: Abraham! Und er sprach: Hier bin ich. Und er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak, und ziehe hin in das Land Moria und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde.“
Hier hat die Alte Elberfelder übersetzt mit „versuchen“, und man sieht das ja auch in der eigenen Übersetzung. Andere haben hier mit „prüfte“ übersetzt. Beides ist korrekt, denn es ist dasselbe Wort, das sowohl „versuchen“ als auch „prüfen“ bedeuten kann.
Doch es ist an anderer Stelle geschrieben, und zwar in Jakobus 1, wo die Verhältnisse völlig klar gemacht werden. Hier wird übrigens auch deutlich, warum es nicht reicht, um eine gute Bibelauslegung zu machen, sprachwissenschaftlich fit in den Bibelsprachen zu sein. Es braucht mehr – man muss eben auch die Gedanken Gottes kennen.
So lesen wir in Jakobus 1, Vers 13:
„Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, er selbst aber versucht niemand. Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Hier wird grundsätzlich gesagt: Gott versucht nie. Aber das Wort „versuchen“ wird hier im Sinn von „zum Bösen verleiten“ oder „verlocken zum Bösen“ verwendet. Damit hat Gott nichts zu tun.
Das wird gleich klar, wenn man in 1. Mose 22 liest: „Es geschah nach diesen Dingen, dass Gott den Abraham versuchte.“ Dieses „Versuchen“ hat hier niemals den Sinn von „zum Bösen verleiten“, sondern es geht um einen Test.
Gott wusste, dass Abraham diesen Test bestehen würde. Es war keine Versuchung, um ihn zu Fall zu bringen, wenn möglich. Gott wollte durch diesen Test ans Licht bringen, was der Glaube Abrahams wert war.
So erprobt Gott den Glauben, aber niemals, um uns zu Fall zu bringen. Die richtige Reaktion hier ist die Reaktion Abrahams: Gott ruft Abraham, und er spricht: „Hier bin ich.“ Auf Hebräisch ist das noch viel eindrücklicher, es ist nur ein Ausdruck, ein Wort: Hineni. Das bedeutet: Ich bin bereit, ich höre, ich stehe deinen Befehlen zur Verfügung.
Die weiteren Verse machen das so eindrücklich deutlich. Das ist die richtige Art, auf die Prüfung Gottes zu reagieren.
Ich lese dazu aus Jakobus 4, Vers 7:
„Unterwerft euch nun Gott! Widersteht aber dem Teufel, und er wird von euch fliehen. Naht euch Gott, und er wird sich euch nahen.“
Die Haltung gegenüber Gott ist also Unterwerfung unter seinen guten Willen. Mit Abrahams Worten „Hier bin ich“ oder mit dem Vorbild des Herrn Jesus in Matthäus 11, Vers 25.
Man muss bedenken, dass in den Versen davor, Matthäus 11, Verse 20 bis 24, der Herr Jesus verschiedene Städte schildert, die ganz besonders das Evangelium aus seinem Mund gehört hatten. Das sind Chorazin, Bethsaida und Kapernaum.
Dort zeigte sich ein ganz besonderer Unglaube und Widerstand seiner Predigt gegenüber. Dort hat der Herr am meisten gewirkt. Oft ist es so, dass dort, wo man zu Hause ist, der größte Widerstand kommt.
Die Reaktion des Herrn Jesus in Vers 25 lautet:
„Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor dir.“
In diesem Widerstand dieser Städte spielte eingebildete menschliche Weisheit eine wichtige Rolle. Gottes Plan war aber, dass er die Wahrheit denen mitteilt, die bereit sind, vom hohen Ross herunterzukommen und sich zu beugen.
Für den Herrn Jesus war es eine ganz traurige Sache, diese Ablehnung und diesen Widerstand zu erleben. Trotzdem beginnt Vers 25 mit „Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater.“ Das ist ein Ratschluss, ein Weg.
Der Herr Jesus sagt: „Ja, Vater.“ Das ist die richtige Reaktion, die er uns als Beispiel vorstellt in Bezug auf Gottes Pläne und Wege.
So hat man es am einfachsten im Leben: Wenn man gegen Gottes Wege rebelliert, ändert das nichts. Es bringt nur Unruhe und noch mehr Unheil ins Leben. Das Beispiel des Herrn Jesus – „Ja, Vater“ – zeigt uns den richtigen Weg.
Dazu noch aus 1. Petrus 5, Vers 6:
„So demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr all eure Sorgen auf ihn werft; denn er ist besorgt für euch.“
Auch das ist wieder dieses vertrauensvolle Sich-unter-die-Hand-Gottes-Stellen.
Schließlich noch Hiob 36, Vers 11. Dort haben wir die seelsorgerliche Rede von Elihu, dem jüngsten Freund Hiobs, der wirklich hilfreich war, sodass Hiob eine Wiederherstellung erlebte. Er sagt in Vers 11:
„Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage in Wohlfahrt verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeit.“
Es geht auch dort im Zusammenhang um das Verhältnis gegenüber Gott, seinem Willen, sich ihm zu unterwerfen.
Versuchung durch das eigene böse Verlangen – die sündige Natur
Jetzt möchte ich unter zweitens noch genauer beleuchten, worum es bei Versuchung zwei geht: Versuchung durch das eigene böse Verlangen von innen. Dabei möchte ich gleich auf Punkt drei eingehen, also auf die sündige Natur, die von Adam vererbt wurde.
In 1. Mose 5,3 lesen wir, dass Adam nach dem Sündenfall einen Sohn zeugt, und zwar in seinem Bild und in seinem Gleichnis. Das ist ein interessanter Ausdruck, weil er an 1. Mose 1,27 erinnert. Dort heißt es im Zusammenhang mit der Erschaffung des Menschen, dass Gott den Menschen in seinem Bild und in seinem Gleichnis erschaffen hat.
Der Mensch, so wie er aus der Hand Gottes hervorging, war im Bild und Gleichnis Gottes geschaffen. Das bedeutet, er war so gestaltet, dass er etwas von Gottes Herrlichkeit, Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit widerspiegelte. Wenn man Adam im Paradies vor dem Fall beobachtete, musste man sagen: Wie wunderbar ist Gott!
Doch Adam ist gefallen, indem er Gott gewissermaßen zum Lügner machte und bewusst den Bund Gottes brach, wie Hosea 6,3 sagt. Nach dem Fall zeugte er einen Sohn in seinem Gleichnis, in seinem Bild – das heißt als gefallener Mensch. Hier wird bereits angedeutet, dass die weiteren Generationen nach dem Sündenfall das Bild des gefallenen Adams tragen.
David bringt diesen Gedanken im Alten Testament zum Ausdruck, zum Beispiel in Psalm 51,6, in seinem Bußgebet wegen Ehebruchs: „Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“ Ein ähnlicher Gedanke findet sich auch in Psalm 58,4.
Das ist sehr interessant, denn im orthodoxen Judentum wird nicht gelehrt, dass der Mensch als gefallener Sünder geboren wird. Die rabbinische Lehre sagt vielmehr, dass der Mensch von Anfang an sowohl einen Drang zum Guten als auch einen Drang zum Bösen in sich trägt. Diese werden Jezerah (der Drang zum Bösen) und Jezertow (der Drang zum Guten) genannt. Der Mensch könne sich demnach selbst entscheiden.
Einige Rabbiner, wenn auch nicht alle, lehrten sogar, dass dieser Drang schon im Mutterleib eine Rolle spielt. Wenn ein Baby im Mutterleib einen stärkeren Drang zum Bösen hat, also zu Jezerah, wird es behindert geboren. Das ist der Hintergrund der Frage in Johannes 9, als die Jünger angesichts eines Blindgeborenen fragen: „Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern?“ Jesus antwortet, weder er noch seine Eltern, sondern das Leiden diene dazu, die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren. Es war also keine Strafe, sondern Teil von Gottes Plan.
Diese Lehre ist bis heute verbreitet. Deshalb fällt es orthodoxen Juden oft schwer zu akzeptieren, dass sie Sünder sind, die unter dem Fluch des Gesetzes stehen, weil sie es gebrochen haben. Sie glauben, sie brauchen nicht unbedingt hundertprozentige Gnade, sondern hoffen, den guten Drang in sich weiterzuentwickeln und so nach und nach ein besserer orthodoxer Jude zu werden. Deshalb ist es schwierig, die reine Gnade durch das Opfer des Messias anzunehmen.
Man muss das wissen, um zu verstehen, wo innerer Widerstand entsteht. Erstaunlich ist, dass das Alte Testament diese Lehre schon klar vertritt. David sagt: „In Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“ Wenn wir weiter in 1. Mose 6 lesen, finden wir dort auch das Zeugnis über die gefallene Menschheit, wie sie sich schon vor der Flut entfaltete.
Dort heißt es in Vers 5: „Und der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen groß war auf Erden und dass alle Gedanken seines Herzens nur böse waren den ganzen Tag.“ Das zeigt alttestamentlich die völlige Verdorbenheit des Menschen.
Nun ist es interessant, was Römer 5,12 lehrt, auf Grundlage dieser alttestamentlichen Offenbarungen über die Verdorbenheit des Menschen: „Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil alle gesündigt haben.“
Weiter heißt es in Vers 19: „Denn gleichwie durch des einen Menschen Ungehorsam die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.“
Hier wird klar gemacht, dass durch einen Menschen, nämlich Adam, die Sünde in die Welt gekommen ist. Diese Sünde setzt sich von Generation zu Generation fort. Der Tod, der Lohn der Sünde ist (vgl. Römer 6,23), durchdringt ab dem Sündenfall alle Generationen der Menschheitsgeschichte.
Römer 5,19 betont, dass durch einen Ungehorsam die vielen – das heißt die ganze Menschheit – in die Stellung von Sündern versetzt wurden. Das bedeutet, jeder Mensch ist dadurch, dass er ein Nachkomme Adams ist, bereits in der Stellung eines Sünders vor Gott. Dafür können wir nichts, wir haben das ja nicht gewählt.
Die Bibel sagt jedoch, dass wir diese Stellung haben. Es gibt aber einen Ausweg. In Vers 19 heißt es weiter: „Durch den Gehorsam des Einen, das ist der Messias, der Herr Jesus, werden die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt.“ Das betrifft nicht die ganze Menschheit, sondern alle, die sich bekehren.
Der Apostel Paulus spricht in den vorherigen Versen von „allen“ und meint die ganze Menschheit, doch plötzlich wechselt er zu „den vielen“. Das sind zwar auch viele, aber nicht alle. So macht er den Kontrast deutlich zwischen denen, die durch Adam in die Stellung von Sündern gekommen sind – das sind die vielen, also die ganze Menschheit – und denen, die durch den Gehorsam Jesu am Kreuz in die Stellung von Gerechten versetzt wurden. Das sind ebenfalls viele, aber nur diejenigen, die sich bekehren.
Man sieht, wie Paulus seine Worte sorgfältig wählt, um die Wahrheit zu verkündigen.
Es geht also darum zu erkennen, dass die Bibel lehrt: Der Mensch wird grundsätzlich als Sünder geboren. Es gibt natürlich unter Philosophen Widerstand gegen diese Lehre von der Erbsünde. Sie fragen: Wie kann das sein? Was habe ich dafür, dass ich als Sünder geboren wurde? Die Bibel sagt jedoch klar, dass wir als Sünder geboren sind.
Was wir in unserem Leben tun, ist nicht einfach Schicksal, sondern hängt von unserer Entscheidung ab. Letztlich geht es auch um die Entscheidung, ob wir bereit sind, Umkehr zu tun. Dann gehören wir zu den vielen, die in die Stellung von Gerechten versetzt werden. Dabei geht es um unsere Verantwortung.
Die Bedeutung von „die Sünde“ als böse Natur
Nun sagt also Römer 5,12: „Durch Adam kam die Sünde in die Welt.“ Was bedeutet das, die Sünde?
Wir müssen ganz klar sehen, dass in Römer 5, ab Vers 12 das Wort „die Sünde“ in der Einzahl nicht eine bestimmte Tat meint, sondern eine böse Natur. Diese steht im Kontrast zu den „Sünden“ in der Mehrzahl. In Römer 5,6-7 werden „Sünden“ in der Mehrzahl als Tat-Sünden verstanden.
Die Sünde in der Einzahl bedeutet also die böse Natur in uns, die wir von Adam geerbt haben. Das heißt, in der Stellung eines Sünders geboren worden zu sein und in sich diese Natur zu haben, die das Böse will. Diese Natur wird „die Sünde“ genannt.
Schlagen wir einmal auf Römer 7,20, da sagt der Apostel Paulus: „Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die in mir wohnende Sünde.“
Es geht mir um diesen Ausdruck „die in mir wohnende Sünde“. Das ist nicht eine Tat, sondern eine Natur, die in uns Menschen wohnt. Warum wird diese Natur „die Sünde“ genannt? Weil sie nichts anderes produzieren oder anregen kann als Sünden zu tun. Darum trägt sie einfach den Namen „die Sünde“. Sie kann nichts Gutes hervorbringen, sondern nur Böses. Deshalb heißt diese Natur „die Sünde“.
Diese Natur wird auch „das Fleisch“ genannt. In Römer 7,18 sagt Paulus: „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht.“
Also, in meinem Fleisch wohnt nichts Gutes. Das Wort „Fleisch“ wird in Römer 5, ab Vers 12 parallel zu „die Sünde“ verwendet und sehr deutlich im Galaterbrief, zum Beispiel Galater 5,19: „Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind Hurerei, Ehebruch, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei (auf Griechisch Pharmakaia, was Missbrauch von Drogen bedeutet und auch alle Arten von Esoterik und Okkultismus einschließt), Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Sekten, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen.“
Diese Auflistung ist nicht vollständig. Paulus sagt weiter, dass die, die solche Dinge tun, das Reich Gottes nicht erben werden. Hier wird klar gesagt, dass das Fleisch, diese böse Natur, solche Dinge hervorbringt.
Wenn wir noch Galater 5,17 hinzunehmen: „Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist, der Geist aber gegen das Fleisch; denn diese sind einander entgegengesetzt“, wird deutlich, dass das Fleisch als böse Natur im Menschen dem Heiligen Geist vollkommen entgegengesetzt ist, absolut das Gegenteil.
Warum heißt diese böse Natur „das Fleisch“?
Man muss darauf achten, dass in der Bibel der Ausdruck „das Fleisch“ je nach Zusammenhang ganz unterschiedlich verwendet wird. Das ist etwas Grundsätzliches in der Sprache: Ein und dasselbe Wort kann je nach Zusammenhang verschiedene Bedeutungen haben.
Manche finden das unglücklich, weil sie zum Beispiel mit Google Translation einen Brief schreiben und der Empfänger in einem anderen Land, etwa in Brasilien, sehr zornig wird, weil die Übersetzung etwas Schlimmes enthielt. Das lag daran, dass Google nicht genau wusste, welche Bedeutung des Wortes in diesem Zusammenhang gemeint war und es mechanisch übersetzte.
Aber ein Wort kann in einem Zusammenhang dies und in einem anderen etwas anderes bedeuten. Darum sollten wir nicht traurig sein, dass das so ist. Glücklicherweise ist das so, denn sonst könnten wir gar nicht richtig sprechen. Wenn wir für jede Bedeutungsnuance ein anderes Wort hätten, müssten wir vielleicht sechzig Wörter aktiv beherrschen. Das wäre das Mehrfache von dem, was alle hier Anwesenden beherrschen.
Unser Wortschatz ist nicht so groß, wie man manchmal denkt, und schon gar nicht der aktive Wortschatz. Das ist ähnlich wie bei den chinesischen Schriftzeichen. Es gibt so viele Schriftzeichen, dass niemand alle kennt. Ein sehr gebildeter Mensch kennt vielleicht mehrere Tausend, ein anderer etwas weniger. Das ist ein echtes Problem mit Schriftzeichen.
In der Sprache ist es eben so: Das gleiche Wort kann Verschiedenes bedeuten. Normalerweise macht der Zusammenhang klar, was im Speziellen gemeint ist. Man sagt, der Kontext neutralisiert die Vieldeutigkeit.
Darum konnte das Neue Testament mit etwa fünftausend Wörtern geschrieben werden und nicht mit dreißig, vierzig oder fünfzigtausend. Das reicht aus. Das ist ein Geschenk Gottes, dass die Sprachen so aufgebaut sind.
Aber man muss sich der Gefahren bewusst sein. Deshalb heißt das Fleisch nicht immer einfach „das Fleisch“.
Unterschiedliche Bedeutungen von „Fleisch“ in der Bibel
Ja, ich will ganz konkret werden. Schlagen wir Hiob 10,11 auf. Hiob spricht über seinen eigenen, so krank gewordenen Körper und sagt in Vers 11, wie Gott ihn gemacht hat: „Mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet und mit Knochen und Sehnen mich durchflochten.“
Hier bedeutet „Fleisch“ der Teil des Körpers, der nicht Haut ist, auch nicht Knochen und auch nicht Sehnen. Jetzt wissen wir also, was Fleisch ist: einfach das Fleisch des Körpers, im Gegensatz zu Knochen und Sehnen.
Der Ausdruck „Fleisch“ wird in der Bibel aber auch verwendet, um allgemein den Menschen zu bezeichnen. Dabei ist alles gemeint: Knochen, Haut, Sehnen und sogar Geist und Seele. Darum steht in Johannes 1,14 vom Herrn Jesus: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Dieser Vers sagt, dass der Herr Jesus, das ewige Wort, der Schöpfer, Gott von Ewigkeit her, Mensch wurde – und zwar ein wirklicher Mensch. Das Wort „Fleisch“ meint hier, dass der Herr Jesus ein wirklicher Mensch geworden ist mit Körper, menschlicher Seele und menschlichem Geist. Aber was davon ist sichtbar? Eben das Fleisch. Deshalb wird der Mensch auch „Fleisch“ genannt.
Nun ist es so: Diese sündige Natur in uns, die Sünde, kann sich erst entfalten, wenn sie unsere Hände missbrauchen kann. Zum Stehlen braucht man normalerweise Hände – es geht zwar auch anders, aber hauptsächlich Hände. Die Sünde in uns muss auch unsere Füße missbrauchen, um an den falschen Ort zu gehen. Man kann das auch mit einem Auto vergleichen, aber bis zum Auto muss man doch normalerweise erst mit den Füßen gehen.
Die Sünde muss unsere Füße, Ohren, Augen und so weiter missbrauchen. Das heißt, die sündige Natur braucht den Körper, um aktiv zu werden, und darum wird sie „das Fleisch“ genannt.
Aber das darf uns nie auf die Idee bringen, dass wir, weil die Bibel an vielen Stellen schlecht über das Fleisch spricht, denken, unser Körper sei irgendetwas Minderwertiges. Nein! So wie Hiob sagt: „Du hast mich gemacht mit Haut, Fleisch, Sehnen, Knochen“ – das ist Gottes wunderbares Schöpfungswerk.
Aber eben diese Natur, die diesen wunderbaren Körper missbraucht oder missbrauchen will, das ist das böse Fleisch. Weiter heißt es in Römer 6,6, dass die Sünde in uns auch der „Leib der Sünde“ genannt wird. Warum? Weil die sündige Natur im Neuen Testament bildlich als ein Körper mit vielen sündigen Gliedern gesehen wird.
Darum steht in Kolosser 3,5: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind!“
Jetzt könnte jemand, der vom neoplatonischen Denken beeinflusst ist – das besagt in der griechischen Philosophie, Materie sei schlecht –, denken, der Körper sei schlecht oder minderwertig und müsse irgendwie abgetötet werden. Aber man muss weiterlesen:
„Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind: Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht, die Götzendienst ist, an deren Willen der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams kommt, unter denen auch ihr einst gewandelt seid, als ihr in diesen Dingen lebtet. Jetzt aber legt auch ihr das alles ab: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, schändliches Reden aus eurem Mund, belügt einander nicht usw. Da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat.“
Hier werden diese Glieder beschrieben. Das sind nicht gute Hände, die Gott gemacht hat, oder die Augen, sondern Hurerei. Das wird quasi als ein Glied an diesem bildlichen Körper gesehen, den das Fleisch ausmacht. Die Sünde wird also als ein Körper gesehen, der schreckliche Glieder hat – wie Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht.
„Tötet nun eure Glieder“ – das Wort für „töten“ bedeutet hier auch „wirkungslos machen“. Das heißt, seid dafür besorgt, dass diese bösen Glieder dieser sündigen Natur inaktiviert werden, dass sie wie gelähmt sind, also so abgetötet, dass sie nicht mehr funktionieren dürfen.
Unterschied zwischen „Fleisch“ und „alter Mensch“
Oft wird der Ausdruck „das Fleisch“, also die Sünde, mit dem Begriff „der alte Mensch“ verwechselt. Man nennt die sündige Natur in uns „der alte Mensch“. Das ist jedoch nicht richtig, denn in Römer 5, 6 und 7 wird klar gesagt, dass die Sünde, das Fleisch, auch nach der Bekehrung in uns ist. Der Gläubige trägt diese böse Natur in sich, auch nach der Bekehrung, und das wird bis zum Tod so bleiben. Dann ist Schluss. Wenn Gott den Körper auferwecken wird, wird er vollkommen auferweckt, und da wird die Sünde, das Fleisch, nicht mehr dabei sein. Aber jetzt haben wir diese Natur noch.
Vom alten Menschen wird jedoch nicht gesagt, dass er noch da ist. Wir haben gerade in Kolosser 3 gelesen, dass wir den alten Menschen ausgezogen und den neuen angezogen haben. Das Gleiche wird in Epheser 4, Vers 22 gesagt: „Legt ab den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, und erneuert werdet ihr im Geist eurer Gesinnung und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
In beiden Stellen, im Epheserbrief und im Kolosserbrief, wird gesagt, dass der Erlöste den alten Menschen wie ein altes Kleid ausgezogen und den neuen Menschen wie ein Kleid angezogen hat – als vollendete Tatsache. Damit wird klar: Der alte Mensch bezeichnet das, was wir vor der Bekehrung waren, das alte Leben. Dieses alte Leben ist vorbei.
Darum steht in Römer 6: Können wir das noch aufschlagen? Ich betone das, weil es hilft, einige Missverständnisse aufzuheben. In Römer 6, Vers 6 heißt es: „Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen.“ Dieser alte Mensch, also das, was wir vor der Bekehrung waren, hat am Kreuz ein Ende gefunden. Bei der Bekehrung haben wir diesen alten Menschen ausgezogen und den neuen Menschen angezogen.
Das soll dazu führen, dass der Leib der Sünde – das ist dieser bildliche Körper mit bösen Gliedern – nicht mehr wirken kann. Aber er ist noch da! Jetzt stellt sich die große Frage: Wie geht man praktisch damit um? Die Versuchung aus der bösen Natur kommt jeden Tag. Für manche, die sich bekehrt haben, ist das eine böse Überraschung. Sie merken, dass sie die gleichen Neigungen haben wie früher. Sie fragen sich: „Ist bei mir etwas schiefgegangen?“ Den jungen Bekehrten muss man deshalb sofort erklären, dass das normal ist und bei allen Gläubigen so ist. Diese böse Natur spüren wir jeden Tag, das ist ganz normal. Das ist nicht das Problem.
Das Problem ist, was wir damit machen. Hier kommen wir zurück zu Jakobus 1, den wir bereits gelesen haben. Dort wird erklärt, dass Gott nicht versucht. Wenn wir jedoch zum Bösen versucht werden, kommt das nicht von Gott, sondern aus uns selbst. In Jakobus 1,14 heißt es: „Jeder wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird.“ Danach werden drei Generationen vorgestellt: Wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde.
Die Begierde wird hier als Mutter gesehen, die schwanger wird und ein Kind zur Welt bringt – die Sünde, hier im Singular im Sinne einer Tatsünde. Die Sünde habe ich im Römerbrief, besonders in den Kapiteln 5 bis 8, als böse Natur erklärt. Im Singular kann „Sünde“ aber auch die einzelne Tat bedeuten. Hier wird klar, dass die Begierde die einzelne Tatsünde gebiert.
Weiter heißt es: „Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“ Das sind also drei Generationen: Die Großmutter des Todes ist die Begierde, die Mutter ist die Tatsünde, und der Enkel ist der Tod. Warum ist diese Stelle so hilfreich? Sie macht deutlich, dass die Begierde, das böse Verlangen, noch nicht die Tatsünde ist. Es muss ein Prozess mit Schwangerschaft und Geburt geschehen, bis daraus eine Sünde wird – eine einzelne Sünde, sei es im Gedanken oder in der Tat.
Das kann viele seelische Probleme bei ernsthaften Gläubigen lösen. Diese sagen oft: „Jetzt habe ich schon wieder diesen Gedanken gehabt, jetzt habe ich schon wieder gesündigt und müsste das nach 1. Johannes 1,9 bekennen. Dabei bin ich gerade so konzentriert an der Arbeit, und jetzt schon wieder – und wenn ich dagegen kämpfe, wird es noch stärker.“ Manchmal kommen ernsthafte Gläubige dadurch in Probleme.
Wie kann man mit biblischer Belehrung helfen? Die Bibel sagt: Das ist noch nicht die Sünde. Luther hat das sehr gut verstanden. Er hatte selbst große Kämpfe mit seinem Fleisch als Gläubiger. Er erklärte reif: „Wenn ich spazieren gehe und die Vögel machen mir auf den Kopf, dann kann ich nichts dafür. Aber wenn sie ein Nest auf meinem Hut bauen, dann bin ich selbst verantwortlich.“ Das heißt: Böse Gedanken kommen, aber man muss sich nicht mit ihnen beschäftigen. Sobald man an den bösen Gedanken Gefallen findet, wird daraus eine Gedankensünde oder schließlich sogar eine Tat.
Zuerst ist immer der Gedanke, dann kommt die Tat. Das ist eine weitere Stufe der Entwicklung. Dieses Verständnis kann einen gelassen machen. Man weiß: Dafür kann ich nichts, diese böse Natur ist da und entfaltet sich, aber was mache ich damit? Die Erfahrung zeigt, dass, wenn man versucht, gegen diese Gedanken zu kämpfen und sie zu verdrängen, sie noch stärker werden. Das ist ein normaler Mechanismus, man muss nicht denken, man sei psychisch krank.
Darum muss man die weltlichen Lüste verleugnen, das heißt, überhaupt nicht darauf eingehen und sich nicht damit beschäftigen. So wie Füchse, die von Jagdhunden verfolgt werden: Sie rennen weg, legen sich plötzlich wie tot hin, und die Hunde merken das nicht und rennen weiter. So muss man das machen.
Man muss sich klar sein: Jesus Christus ist für mich gestorben – nicht nur für das, was ich getan habe, sondern auch für das, was ich bin. Das ist genau die Belehrung von Römer 6: Der Herr Jesus ist auch für die Sünde in uns gestorben. In der Taufe drücken wir aus, dass wir mit Christus gestorben sind. Wir anerkennen: Sein Tod ist mein Tod. So wie Christus auferstanden ist, komme ich bei der Taufe aus dem Wasser heraus. Das bedeutet, ich muss mich nicht mehr mit meiner sündigen Natur beschäftigen.
Sobald diese Gedanken kommen, kann ich einfach darüber hinweggehen und mich mit dem Herrn beschäftigen. So hat Zinzendorf gedichtet: „Und wenn mich böse Lust anficht, so danke ich Gott, ich muss ja nicht.“ Das ist der Blick weg von der Versuchung.
Dann verstärken sich die Gedanken nicht, weil man versucht, dagegen zu kämpfen. Es geschieht das Gleiche wie bei einem TGV – in Frankreich DGV genannt –, der sehr schnell fährt, sogar über 500 Stundenkilometer. Auf Strecken mit kleinen Bahnhöfen fährt er einfach durch. So muss man das machen: Die Sünde in uns ist der DGV, und wir sind der kleine Bahnhof. Wir winken einfach durch.
Man kann dasselbe Bild auch auf den ICE anwenden, wenn der näher liegt. Ich kannte einen Ingenieur, der den Deja-vu entwickelt hat – wenn er wüsste, dass ich das als Beispiel für die Sünde in uns nehme. Aber es hilft zu verstehen, wie man praktisch damit umgehen muss.
Das ist natürlich eine Sache, die man lernen muss. Darum sagt Paulus in 1. Timotheus 4: „Übe dich zur Gottseligkeit.“ Das Wort „üben“ bedeutet wirklich Gymnastik, also Training. Gottseligkeit ist ein Leben, das erfüllt ist von Gott. Man soll lernen, wenn Zorn oder üble Gedanken aufkommen, nicht darauf einzugehen. So wie der Graf sagte: „Und wenn mich böse Lust anfecht, ich danke Gott, ich muss ja nicht.“
Sobald man weiß, dass die Begierde die Großmutter des Todes ist und noch nicht die Sünde, entwickelt man Gelassenheit. Man erlebt, wie das wirklich funktioniert, und so kann man Sieg haben.
Das neue Leben bei der Wiedergeburt
Unter dem dritten Punkt, dem neuen Leben, habe ich weiter ausgeführt: Bei der Wiedergeburt erhält der Mensch eine neue Natur, nämlich das ewige Leben. Johannes 3,16 sagt, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.
In Johannes 14,6 erklärt der Herr Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Das bedeutet, bei der Wiedergeburt, wenn man von neuem geboren wird – wie Johannes 1,12 sagt – und ein Kind Gottes wird, dann wird der Herr Jesus das Leben in uns.
Deshalb sagt Petrus in 2. Petrus 1,4, dass wir Teilhaber der göttlichen Natur geworden sind. Das heißt nicht, dass wir kleine Götter werden, sondern dass wir Anteil am Leben Gottes haben. Dieses Leben ist Christus.
Darum kann Paulus in Galater 2,20 sagen: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“
Hier muss man unterscheiden: Es kommt noch etwas dazu. Bei der Bekehrung erhält der Mensch den Heiligen Geist. Epheser 1,13-14 sagt, dass man, nachdem man das Evangelium geglaubt hat, mit dem Heiligen Geist versiegelt wird.
Der Heilige Geist wirkt genau gegen das Fleisch, wie wir in Galater 5,17 gelesen haben. Der Heilige Geist ist nicht dasselbe wie das ewige Leben in uns, aber beides gehört zusammen.
Der Heilige Geist bewirkt, dass sich das göttliche Leben in uns entfaltet. Er wirkt die Frucht des Geistes nach Galater 5,22: Liebe, Friede, Freude und so weiter. Er gibt die Kraft, um nicht der Lust des Fleisches nachzugeben, wie es in Galater 5,17 gelehrt wird.
So kann man Überwinderkraft erleben und auch erfahren, dass man von Dingen frei wird, von denen man dachte, man werde nie frei. Wir haben alle Voraussetzungen, um völlig frei zu sein und so zur Ehre Gottes zu leben.
Aber es braucht dieses Training, wie es heißt: „Übe dich zur Gottseligkeit.“
Die Welt als Versuchungssystem
Noch zwei Minuten, denn es ist sehr wichtig, dass wir verstehen, was die Welt ist. Das Wort „Welt“ hat im Neuen Testament etwa zehn verschiedene Bedeutungen.
Kosmos kann das ganze Universum bedeuten. Je nach Zusammenhang kann es aber auch einfach die Erde meinen oder die Menschheit, zum Beispiel in Johannes 3,16: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Wir sind außerhalb der Welt vor der Grundlegung der Welt, also vor der Erschaffung des Weltalls.
Aber „Welt“ kann auch das System bedeuten, das Satan aufgebaut hat und regiert. Deshalb wird er in Johannes 12,31 der „Fürst dieser Welt“ genannt und sogar in 2. Korinther 4,4 der „Gott dieser Welt“. Dort steht allerdings nicht „Kosmos“, wie in Johannes 12,31, sondern „Aion“, was „Zeitlauf“ oder „Zeitgeist“ bedeutet. Satan ist also der Gott des Zeitgeistes.
Das ist die Versuchung, die von außen an uns herankommt. Der Teufel hat ein System aufgebaut, das völlig durchdacht ist. Die Grundbedeutung von „Kosmos“ im Griechischen ist „Schmücken“ oder „Ordnung“. Kosmos bezeichnet immer etwas, das geordnet ist – sei es das Weltall, die Erde oder eben dieses böse System.
Wir müssen verstehen, dass Johannes in 1. Johannes 2 sagt: „Liebt nicht die Welt“, aber in Johannes 3,16 selbst schreibt: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Hier bedeutet „Welt“ das System bzw. die Menschheit. Diese Vieldeutigkeit wird durch den jeweiligen Kontext geklärt.
Das böse System hat ein Drei-Punkte-Programm, das Johannes in 1. Johannes 2,15-17 beschreibt. Er nennt die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens. All das sind Versuchungen, die von außen an uns herankommen und sich in diese drei Kategorien einordnen lassen.
Man denke auch an die drei Überschriften am Kreuz, die nach Johannes 19,20 in Hebräisch, Griechisch und Latein geschrieben waren. Hebräisch war die Sprache der religiösen Führer, die damals ein System geschaffen hatten, in dem Christus keinen Platz hatte. Griechisch stand für die wissenschaftliche und kulturelle Welt, Latein für die politische Welt.
All dies ist ein System, das der Teufel benutzt, um uns von Gott und seinem Wort wegzubringen. Es kann ganz religiös sein, sehr wissenschaftlich oder kulturell klingen, und es kann auch ein politisches Programm sein. In Wirklichkeit sind es Dinge, die uns von Gott wegziehen sollen.
Damit ist nicht gesagt, dass Wissenschaft grundsätzlich weltlich ist. Wissenschaft ist jedoch ein Faktor, den der Teufel nutzt, um Menschen von Gott wegzuführen. Ebenso ist nicht gemeint, dass Politik immer gottfern ist. Es gibt Menschen, die in der Politik Gutes getan haben. Doch wie viel Betrug, Falschheit und Verführung dort an der Tagesordnung sind, ist bekannt.
Es geht darum, zu erkennen, dass die Welt viele Facetten hat. Sie lässt sich nicht mit einer Liste von zehn Punkten zusammenfassen, nach deren Erledigung man gefeit wäre. Die Versuchung ist subtil, und der Teufel hat ein System entwickelt, das sich jedem anpasst – besonders durch das Internet.
Die totale Individualisierung ist durch das Internet auf die Spitze getrieben worden. Diese Individualisierung hat der Teufel zwar schon immer genutzt, doch jetzt ist sie noch stärker auf den Einzelnen zugeschnitten, um ihn zu gefährden.
Drei Typen von Menschen im Neuen Testament
Die Bibel unterscheidet in 1. Korinther 2 und 3 drei Typen von Menschen.
Der natürliche Mensch, wörtlich der seelische Mensch (Psychikos), ist der nicht bekehrte Mensch. Er akzeptiert nichts, was vom Geist Gottes und vom Gotteswort kommt.
Paulus sagt jedoch in 1. Korinther 3,1-2 zu den Korinthern, die sehr wohl bekehrt waren und keine natürlichen seelischen Menschen mehr waren: „Ihr seid fleischlich.“ Das bedeutet Christen, die sich gewohnheitsmäßig von ihrer bösen Natur leiten lassen. Das ist problematisch.
Paulus zeigt den Gegensatz in 1. Korinther 2,15 und 3,1: Der geistliche Christ ist derjenige, der sich normalerweise, wenn auch nicht perfekt und immer, durch den Heiligen Geist leiten lässt. Das ist das Entscheidende – vom fleischlichen Christsein hin zum geistlichen Christsein zu gelangen.
Dieser Weg vom fleischlichen zum geistlichen Christen wird eindrücklich beschrieben in Römer 7,12-25. Paulus schildert dort seine eigenen Erfahrungen nach der Bekehrung. Er ging nicht sofort in den öffentlichen Dienst. Ganz am Anfang hat er kurz Zeugnis gegeben, zog sich dann aber zurück. In dieser Zeit durchlebte er viele Kämpfe.
Er beschreibt, wie er als Gläubiger merkte, dass die böse Natur immer noch da ist und dass er keinesfalls nach dieser Natur leben wollte. Trotzdem kommt er zu dem Punkt: „Ich elender Mensch, wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?“ Und dann sagt er: „Ich danke Gott durch Jesus Christus.“
Diese Verse in Römer 7,12-25 sollte man einmal genau lesen. Paulus betont immer „ich“, „mein“ und „mich“. Das ist ein echter Schock. Man erkennt, wie sehr sich alles um ihn selbst dreht. Das ist der falsche Blickpunkt.
Sobald er jedoch sagt: „Ich danke Gott durch Jesus Christus“, richtet er den Blick von sich weg auf den Herrn. Dann folgt Römer 8, wo der ganze Reichtum des Glaubens entfaltet wird.
Es ist dieser Blick weg von sich selbst, weg vom ständigen Sich-mit-sich-selbst-Beschäftigen, hin zu Jesus Christus, zu seinem Werk und zu den Reichtümern, die er uns in seinem Wort schenkt. Das führt zu einem Leben, das man als das Leben eines geistlichen Christen bezeichnen kann.
Diese Christen sind nicht perfekt, aber sie wissen, dass alle Kraftquellen zur Verfügung stehen, um mit dem Herrn ein wirklich glückliches Leben zu führen – nicht nur am Sonntag, sondern auch am Montag, Dienstag und an allen anderen Tagen.
An dieser Stelle wollen wir nun schließen.