Übergang vom ersten zum zweiten Buch Samuel: Davids Beginn als König
In Fortsetzung des letzten Bibelschulentags, an dem wir gemeinsam eine Übersicht über 1. Samuel betrachtet haben, wenden wir uns nun dem zweiten Buch Samuel zu.
Es geschah nach dem Tod Sauls, als David von der Schlacht gegen die Amalekiter zurückgekehrt war. David blieb zwei Tage in Ziklag. Am dritten Tag kam ein Mann aus dem Heerlager Sauls zu ihm. Seine Kleider waren zerrissen, und Erde war auf seinem Haupt. Als er zu David kam, fiel er zur Erde und warf sich nieder.
David fragte ihn: „Woher kommst du?“ Der Mann antwortete: „Ich bin aus dem Heerlager Israels.“ David fragte weiter: „Wie steht die Sache? Berichte mir doch.“ Der Mann berichtete, dass das Volk aus dem Streit geflohen sei, viele aus dem Volk gefallen und gestorben seien und auch Saul und sein Sohn Jonathan tot seien.
David fragte den Jüngling, der ihm berichtete: „Wie weißt du, dass Saul und sein Sohn Jonathan tot sind?“ Der Jüngling antwortete: „Ich geriet zufällig auf das Gebirge Gilboa. Siehe, Saul lehnte sich auf seinen Speer, und die Wagen und Reiter setzten ihm hart nach. Er wandte sich um, sah mich und rief mir zu. Ich sprach: ‚Hier bin ich!‘ Da fragte er mich: ‚Wer bist du?‘ Ich antwortete: ‚Ich bin ein Amalekiter.‘ Er sagte zu mir: ‚Tritt her zu mir und töte mich, denn die Verwirrung hat mich ergriffen, und mein Leben ist noch ganz in mir.‘ Da trat ich zu ihm hin und tötete ihn, denn ich wusste, dass er seinen Fall nicht überleben würde. Ich nahm das Diadem, das auf seinem Haupt war, und die Armspange, die an seinem Arm war, und brachte sie zu meinem Herrn hierher.“
Daraufhin fasste David seine Kleider und zerriss sie. Alle Männer, die bei ihm waren, taten ebenso. Sie klagten und weinten und fasteten bis zum Abend um Saul, um seinen Sohn Jonathan, um das Volk des Herrn und um das Haus Israel, das durchs Schwert gefallen war.
Das zweite Buch Samuel umfasst einen Zeitraum von etwa vierzig Jahren, nämlich die Herrschaftszeit Davids von 1011 bis 971 vor Christus. Saul regierte ebenfalls vierzig Jahre zuvor. Mit 1011 begann die Regierungszeit Davids, und das ist der Ausgangspunkt des zweiten Buches Samuel.
Dieses Buch behandelt das Königtum unter David. Es beschreibt auch den Übergang von der Zeit der Stiftshütte, die nach dem Auszug aus Ägypten ihren Anfang nahm, hin zum ersten Tempel unter Salomo, Davids Sohn.
Beim letzten Mal haben wir uns auch mit der Reise der Bundeslade beschäftigt. In 1. Samuel 4 finden wir sie in Silo, im heutigen Westjordanland. Dann wurde sie von den Philistern weggeführt und kam nach Aschdod, Gat und Ekron. Schließlich kehrte sie zurück nach Israel, nach Beth-Schemesch, und dann für einige Zeit nach Kirjat-Jearim, das ganz nahe bei Jerusalem liegt.
David wollte die Bundeslade nach Jerusalem überführen. Darauf kommen wir noch zurück. Es gab jedoch ein schweres Unglück. So kam die Bundeslade zunächst einige Zeit nach Peretzussa und erst später nach Jerusalem, in das Zelt, das David in seiner Stadt aufgerichtet hatte. Noch später brachte Salomo sie auf die Berghöhe, in den Tempel (1. Könige 8,6).
Von dieser langen und bewegten Reise der Bundeslade berichtet uns insbesondere auch das zweite Buch Samuel.
Entstehung und Einordnung des Buches Samuel
Wer hat das Buch verfasst?
Wir haben bereits im Zusammenhang mit dem ersten Buch Samuel gesehen, dass der Talmud im Traktat Baba Batra 15a einige Informationen dazu gibt. Auch in 1. Chronik 29,29 finden sich Hinweise, die deutlich machen, dass am ersten Buch zum großen Teil Samuel, der Prophet, selbst geschrieben hat. Am Schluss waren es jedoch die Propheten Gad und Nathan, die das Werk fortführten.
Es gab allerdings, wie in 1. Samuel 27,6 zu sehen ist, eine spätere Endredaktion des Buches in der Zeit der Könige. Für das zweite Buch Samuel bleiben dann vor allem die Informationen, dass die Propheten Gad und Nathan dieses Buch verfasst haben.
Übrigens sind all diese Bücher, die wir als Geschichtsbücher bezeichnen würden – wie Josua, Richter, 1. Samuel, 1. und 2. Könige – in der hebräischen Bibel unter die Propheten eingeordnet. Die hebräische Bibel ist eingeteilt in das Gesetz, die fünf Bücher Mose, dann die Propheten und schließlich die Schriften. In den Schriften finden sich Psalmen, Sprüche, Prediger, das Hohe Lied und andere.
Doch die Geschichtsbücher werden als Propheten bezeichnet, genauer als die vorderen oder früheren Propheten, im Gegensatz zu den späteren Propheten wie Jesaja, Jeremia, Hesekiel und den zwölf kleinen Propheten.
Interessant ist, dass diese Bücher als Prophetenbücher gelten, obwohl sie hauptsächlich Geschichte erzählen. Es handelt sich jedoch um Heilsgeschichte, die aus einer prophetischen Sicht geschrieben wurde. Das ist ganz entscheidend für den Zugang zu diesen Büchern: Es ist Heilsgeschichte aus prophetischer Perspektive.
Ursprünglich waren 1. und 2. Samuel gar nicht getrennt, sondern bildeten ein einziges Buch – einfach das Buch Samuel. Das ist noch heute sichtbar. In Qumran wurde in Höhle 4 eine Samuel-Rolle gefunden, die aus dem Jahr 50 v. Chr. stammt. Darin finden sich Texte sowohl aus dem ersten als auch aus dem zweiten Buch Samuel.
Aufbau und Gliederung des zweiten Buches Samuel
Das Buch lässt sich in vier Hauptteile gliedern.
Der erste Teil umfasst die Kapitel eins bis vier und behandelt David in Hebron. Dies sind die siebeneinhalb ersten Regierungsjahre.
Der zweite Teil, Kapitel fünf bis zehn, beschreibt Davids Regierung in Jerusalem. Das kann man als seine Anfangsregierung bezeichnen.
Der dritte Teil umfasst die Kapitel elf bis einundzwanzig. Hier fällt David in Sünde. Es geht um Davids Sünden und familiäre Katastrophen – ein ganz dunkles Kapitel. David kehrt zwar um, doch er gerät unter die Zucht Gottes.
Das Buch endet jedoch ganz aufgehellt. Der vierte Teil umfasst Davids Lebensabend, die Kapitel zweiundzwanzig bis vierundzwanzig. Hier finden wir viel von Gnade und prophetischem Ausblick.
Nun gehen wir Kapitel für Kapitel durch das zweite Buch Samuel hindurch. Wir haben gerade die ersten zwölf Verse gelesen.
Es beginnt damit, dass ein Amalekiter zu David kommt und sich brüstet, Saul getötet zu haben. In den weiteren Versen bestraft David diesen Amalekiter mit dem Tod.
David hätte ihn nicht töten dürfen, da er Saul als den von Gott eingesetzten Regenten respektierte. Auch während der ganzen Verfolgungszeit in 1. Samuel, wie wir beim letzten Mal gesehen haben, hatte David mehrfach die Gelegenheit, Saul, seinen Erzfeind, zu töten. Er tat es nie, weil er den Gesalbten des Herrn nicht antasten wollte.
Nun kommt jemand und prahlt, Saul getötet zu haben. Das war eine Lüge. Beim letzten Mal hatten wir uns Kapitel 31 angesehen, wo der Selbstmord von Saul beschrieben wird.
Saul hat sich selbst getötet. Was der Amalekiter erzählt, entspricht nicht der Wahrheit. David glaubte ihm jedoch und bestrafte ihn aufgrund seiner falschen Zeugenaussage als nun selbst Oberster Richter in Israel.
Davids Haltung gegenüber der Obrigkeit
Was uns in diesem ersten Kapitel besonders auffällt, ist Davids tiefe Achtung vor einer Regierung, obwohl diese selbst ungerecht war. Die Regierung Sauls beging viele böse und ungerechte Taten. Dennoch gilt hier ein Prinzip, das im Römerbrief aufgegriffen wird, Kapitel 13, Vers 1:
„Jede Seele unterwerfe sich den obrigkeitlichen Gewalten, denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott, und die, welche sind, sind von Gott verordnet.“
Paulus schrieb dies im Jahr 57 nach Christus, zu einer Zeit, als Kaiser Nero, ein blutrünstiger Herrscher, in Rom an der Macht war.
Weiter heißt es: „Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes, die aber widerstehen, werden ein Urteil über sich bringen. Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das Böse.“
Dies ist ein allgemeiner Grundsatz, der jedoch manche Ausnahmen kennt. Es wird weiter ausgeführt: „Willst du dich aber vor der Obrigkeit nicht fürchten, so übe das Gute, und du wirst Lob von ihr haben, denn sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten. Wenn du aber das Böse übst, so fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.“
Im Neuen Testament wird also gesagt, dass die Obrigkeit von Gott das Schwert erhalten hat. Und mit dem Schwert „kitzelt“ man nicht. Das bedeutet, die Obrigkeit hat von Gott das Recht auf Todesstrafe bekommen. Dieser Vers rechtfertigt auch das Prinzip einer Selbstverteidigungsarmee neutestamentlich. Der Staat hat das Schwert von Gott erhalten – aber eben nicht willkürlich, sondern wie es hier heißt: „Denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.“
Das heißt nicht, dass man zum Beispiel Kinder ermorden darf, wie es in der Schweiz jährlich vielleicht dreißigtausend Mal oder noch öfter geschieht – und diese Kinder sind unschuldiger als wir hier. Es geht vielmehr um die Todesstrafe für den, der Böses tut, insbesondere für den Mörder.
Vers 5 sagt weiter: „Darum ist es notwendig, untertan zu sein, nicht allein der Strafe wegen, sondern auch des Gewissens wegen. Denn dieserhalb entrichtet ihr auch Steuern, denn sie sind Gottes Beamte, die eben hier zu fortwährend beschäftigt sind. Gebt allen, was ihnen gebührt: die Steuer dem, der Steuer, den Zoll dem, der Zoll, die Furcht dem, der Furcht, die Ehre dem, der Ehre gebührt. Seid niemandem irgendetwas schuldig.“
Dies ist ein ganz wichtiger Text, der das Verhältnis des Christen zur Obrigkeit regelt – selbst wenn diese heidnisch gesinnt ist. Es ist ganz klar: Wir müssen unsere Steuern bezahlen, wir müssen Zoll entrichten und die Menschen achten und anerkennen, die über uns gestellt sind.
Das hat David gegenüber Saul getan, und sein Beispiel ist beeindruckend. Im 2. Samuel 1 dichtet er ein Klagelied über Saul und Jonathan, das in den Versen 17 und folgenden behandelt wird. Dass er über seinen Freund Jonathan ein Klagelied schreibt, ist verständlich. Aber dass er auch über seinen Erzfeind Saul klagt, ist höchst erstaunlich.
Dies zeigt uns einerseits seine Achtung vor der Regierung trotz ihrer Fehler und andererseits seine Liebe zum Volk Gottes. Es kann ja sein, dass wir heute selbst unter dem Volk Gottes Feinde haben, vielleicht sogar Erzfeinde. Aber es zeigt sich, wenn es solchen schlecht ergeht, ob wir uns hämisch darüber freuen oder ob wir traurig sein können, wenn es unseren Feinden schlecht geht – selbst wenn sie unter die Zucht Gottes fallen.
Dort zeigt sich dann die echte Liebe zum Volk Gottes. David ist hier ein eindrückliches Beispiel dafür, keine Schadenfreude zu empfinden, wenn Gottes Gericht seinen Feind trifft, der selbst zum irdischen Volk Gottes gehörte – Saul.
Davids Herrschaft über Juda und der Bürgerkrieg mit dem Haus Sauls
Wir kommen zu Kapitel zwei. David wird König über Juda, über den Stamm Juda, aus dem er selbst stammte (Verse 1 bis 4). Diese Regierung dauerte in Hebron, nach Vers 11, siebeneinhalb Jahre. Dort in Hebron, Vers 4, wurde David zum König gesalbt.
Wir haben bereits in 1. Samuel 16 die Salbung durch Samuel gesehen. Damals wurde David gewissermaßen im Voraus als König eingesetzt. Doch jetzt, wo es ganz konkret wurde, gab es eine zweite Salbung in Hebron.
David dankt in diesem Kapitel den Leuten von Jabes-Gilead dafür, dass sie sich so für Saul eingesetzt hatten, als dieser getötet wurde und von den Philistern an die Stadtmauer gehängt worden war. Sie sorgten dafür, dass Sauls Leichnam noch eine letzte Ehre erhielt. Er dankt Menschen, die nicht zu seinen Untertanen gehörten, sondern zum Rest Israels, der David nach wie vor nicht anerkannte. Das war natürlich auch staatsmännisch sehr klug. Denn damit konnte David zeigen: Seht, ich bin nicht schadenfroh und freue mich nicht einfach nur darüber, dass Saul tot ist. Er dankt, dass Saul gebührlich bestattet wurde.
Abner, der General in Sauls Armee, macht daraufhin Ischboschet, einen Sohn Sauls, zum Gegenkönig über die anderen elf Stämme. Es kommt zum Krieg, zu einem Bürgerkrieg. In diesem Krieg gewinnt David (Vers 17). Dieser Sieg Judas über den Rest Israels ist ein Vorbote der nachfolgenden Siege Davids.
2. Samuel 3 fasst das so eindrücklich zusammen: Vers 1 sagt: „Und der Streit war lang zwischen dem Haus Sauls – oder wir können sagen der Dynastie Sauls – und dem Haus Davids. David aber wurde immerfort stärker, während das Haus Sauls immerfort schwächer wurde.“ Das Gegenkönigtum unter Ischboschet wird also immer schwächer.
Im Weiteren gab es plötzlich eine schwere Auseinandersetzung zwischen dem Gegenkönig Ischboschet und seinem General Abner. Ischboschet wirft seinem Obersten General schwere moralische Vergehen vor. Das macht Abner so wütend, dass er sich sofort auf die Seite Davids stellt. Der General desertiert und ist nun bereit, David zu helfen, damit dieser seine Macht auf alle übrigen Stämme ausdehnen kann (Verse 7 bis 21).
Nun kommt aber Abner selbst ins Spiel: Joab begeht einen Blutrausch an Abner. Joab gehört zur Armee Davids und rächt den Mord an seinem Bruder Asael. In Kapitel 2, Vers 18 und folgende, wird beschrieben, wie Asael, der Bruder Joabs, durch Abner ermordet wurde.
Wie reagiert David darauf? Er ordnet Staatstrauer für den Tod Abners an, also für den General der feindlichen Seite. Auch das ist wieder erstaunlich: Keine Schadenfreude, kein „Endlich ist er weg“. Stattdessen Staatstrauer. Das war wiederum staatsmännisch klug, obwohl es nicht nur Taktik war. Wenn wir von staatsmännischem Verhalten sprechen, denken wir oft, es sei nur Strategie. Aber man kann staatsmännisch handeln und trotzdem aufrichtig sein.
Dieses Verhalten war sehr weise, denn es ebnete David den Weg zur Herrschaft über die anderen Stämme. Es erleichterte den anderen Stämmen, David zu akzeptieren und ihn nicht als Erzfeind zu sehen.
In Kapitel 4 ermorden zwei Heerführer Ischboschet, ihren König. Sie bringen den Kopf des Gegenkönigs Ischboschet zu David nach Hebron, in der Annahme, nun von David groß belohnt zu werden. Doch das ist falsch! Auch David bleibt seiner Linie treu. Er bestraft diese beiden für die Tat an seinem Feind.
David sagt, dass der König, also sein Gegenkönig, gerecht war (Vers 11). Das ist natürlich nur relativ gemeint. Im Vergleich zu diesen gottlosen Heerführern (Vers 10) war dieser König eben gerechter.
Diese weitere Verhaltensweise von David bewies den elf Stämmen erneut, dass David der Regierung Sauls, unter der er so viel gelitten hatte, wirklich loyal war.
Wir können von David sehr viel lernen im Umgang mit einem Staat, mit dem wir nicht in allen Punkten einverstanden sind. Christen bleiben loyal. Natürlich kennen wir aus Apostelgeschichte 5 das Prinzip: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Staat darf uns Christen nichts befehlen, was gegen Gottes Wort und unser Gewissen verstößt, das am Wort Gottes gemessen wird.
Aber wir dürfen auch nicht meinen, wenn ein Staat sich in gewissen Dingen falsch verhält, dass wir ihn dann in allen anderen Dingen nicht mehr achten sollten.
David ist hier wirklich ein Beispiel – alttestamentlich für unser loyales Verhalten und neutestamentlich gegenüber dem Staat.
Davids Salbung zum König über ganz Israel und die Eroberung Jerusalems
Nun kommt die große Wende. Ich lese vor:
Vers 1: „Und alle Stämme Israels kamen zu David nach Hebron und sprachen: Siehe, wir sind dein Gebein und dein Fleisch! Schon früher, als Saul König über uns war, bist du es gewesen, der Israel aus- und einführte, und der Herr hat zu dir gesagt: Du sollst mein Volk Israel weiden, und du sollst Fürst sein über Israel.“
Alle Ältesten Israels kamen zu dem König nach Hebron, und König David machte einen Bund mit ihnen vor dem Herrn. Sie salbten David zum König über Israel.
Nun wird David zum dritten Mal gesalbt. Hier geht es um seine Salbung als König über alle zwölf Stämme. Wir sehen also, wie das vorbildliche Verhalten Davids in den Kapiteln 1 bis 4 so überzeugend und vertrauensbildend auf die elf Stämme wirkte, dass sie nun kamen und anerkannten, dass David eigentlich von Gott schon längst zum König über ganz Israel bestimmt worden war.
Es ist erstaunlich, wie sie ganz genau zitieren können, was Gott schon früher zu David gesagt hatte: „Du sollst mein Volk Israel weiden.“ David war früher ein Hirte, und nun soll er Hirte sein über ein Volk. So viele große Staatsleute, also Diktatoren, sind gute Jäger, und so sind sie dann eben auch als Staatsleute über ihr eigenes Volk. Aber David war kein Jäger, wie zum Beispiel Nimrod, der große Jäger in 1. Mose 10, sondern David war ein Hirte. Seine Königsaufgabe war eine Hirtenaufgabe, bei der es um das Pflegen der Untertanen geht.
David erlebt hier einen Höhepunkt: Unter seiner Regierung wird ganz Israel, das so lange gespalten war, wieder zu einer Nation vereint. Hier haben wir bereits einen prophetischen Vorgeschmack auf die Endzeit, wenn der Messias, Jesus, über ganz Israel regieren wird im Tausendjährigen Reich und das ganze Volk Israel ihn dann als den von Gott schon längst prophetisch angekündigten König anerkennen wird.
Wir sehen etwas von dem prophetischen Gewicht dieser historischen Bücher. David gibt einen Vorgeschmack auf das, was in Sacharja 12,10 steht, wo prophetisch auf den Messias Folgendes gesagt wird:
„Und ich werde über das Haus Davids und über die Bewohner Jerusalems den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen, und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen, gleich der Wehklage über den Eingeborenen, und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt.“
Israel wird also auf den blicken, den sie durchbohrt haben, und dann eine Totenklage anstimmen über jemanden, der lebendig vor ihnen stehen wird. Das ist dieser bewegende Moment, wenn der Herr Jesus auf dem Ölberg kommt. Sie werden seine Wunden in den Händen und in der Seite sehen, auf den blicken, den sie durchbohrt haben, und ihn als König endlich anerkennen, nach einer so langen Zeit der Verwerfung – so wie David es lange erlebt hatte. Er war der Verworfene in Israel, aber schließlich wurde er von allen zwölf Stämmen anerkannt.
Auf diesen Höhepunkt folgt gleich ein weiterer. Ich lese ab Vers 6:
„Und der König zog mit seinen Männern nach Jerusalem gegen die Jebusiter, die Bewohner des Landes. Und sie sprachen zu David: Du wirst nicht hier hereinkommen, sondern die Blinden und die Lahmen werden dich wegtreiben.“
Sie wollten damit sagen, David wird nicht hier hereinkommen. Doch David nahm die Burg Zion ein – das ist die Stadt Davids.
Vers 9: „Und David wohnte in der Burg und nannte sie Stadt Davids. David baute ringsum vom Millo an einwärts, und David wurde immerfort größer, und der Herr, der Gott der Heerscharen, war mit ihm.“
Nun erobert David die jebusitische Enklave Zion, also Jerusalem. Damals war das ein kleines, ummauertes Städtchen am Südabhang des Berges Zion. Die Burg Zion war ganz oben. Die Stadt lag nicht auf dem Berggipfel, sondern am Abhang.
Warum eigentlich? Ganz einfach: Strategisch wäre es am besten gewesen, Jerusalem auf die Bergspitze zu bauen. Aber die Jebusiter, die Kanaaniter und Ureinwohner, waren gezwungen, Jerusalem weiter unten zu bauen, weil die ganzjährige Quelle dort, die Gichon-Quelle, fast unten im Kidron-Tal zu finden war. Sie liefert ganzjährig bis zu 50 Liter pro Tag – eine sehr gute Quelle.
Die Stadt konnte man nicht im Tal bauen – das wäre militärisch Unsinn gewesen. Man musste optimieren: also nicht zu weit oben auf der Bergkuppe, sondern auf dem Bergabhang. So blieb in der Vorsehung Gottes die Bergeshöhe frei für den späteren Tempel. Ganz interessant.
David baute die Stadt vom Millo an einwärts aus (Vers 9). Millo heißt „Auffüllung“. Das ist diese gewaltige, fantastische Steinaufschüttung, die heute wieder sichtbar ist. Frau Kathleen Kenyon hat sie vor einigen Jahrzehnten ausgegraben. Diese Steinaufschüttung wurde am Nordende der Davidsstadt gebaut, um das schmale Terrain künstlich zu erweitern, wo die Burg Zion lag.
David baute also den Millo weiter aus – das war um 1004 v. Chr. Bemerkenswert ist, dass wir hier bei einem Jubiläum angelangt sind: Jerusalem ist 3000 Jahre jüdische Hauptstadt. David erhob Zion, Jerusalem, zur Hauptstadt der zwölf Stämme.
Das war schon 21 Mal in 5. Mose angekündigt. Ich habe hier auf dem Blatt alle Stellen angegeben. Mose sprach immer wieder über den Ort, den der Herr aus einem der Stämme auswählen wird, um seinen Namen dorthin zu setzen – das heißt, wo der Tempel einmal gebaut werden sollte. Dieser exklusive, einzige Ort darf durch keinen anderen ersetzt werden.
21 Mal, dreimal, sieben Mal – aber der Name Jerusalem wird nie erwähnt. Aus 5. Mose ist zu ersehen, dass dieser Ort im Gebirge sein wird, aber es wird nicht gesagt, wo genau. Es wird auch gesagt, dass es der Ort für die Opfer und das oberste Gericht sein wird. Erst nach der Eroberung Zions wurde David durch prophetische Enthüllung deutlich gemacht: Das ist der Ort.
Psalm 132,14: „Denn der Herr hat Zion erwählt, hat es begehrt zu seiner Wohnstätte. Dies ist meine Ruhe immerdar, hier will ich wohnen, denn ich habe es begehrt.“
Dieses fünfte Kapitel von 2. Samuel ist heilsgeschichtlich ein ganz entscheidendes Kapitel. Diese Stadt soll in der Endzeit einmal die Stadt sein, von der aus der Messias über die ganze Erde regieren wird.
Im weiteren Verlauf des Kapitels sehen wir in den Versen 11 bis 12, dass David eine schöne Freundschaft mit Tyrus hatte. Ein König Hiram I. regierte von 969 bis 936 v. Chr.
In den Versen 17 bis 25 führte David erfolgreiche Kriege gegen die Philister, die Bewohner des Gazastreifens und darüber hinaus. David erweist sich als Staatsmann, der von Gott abhängig ist.
Vers 19: „Es gab eine militärische Bedrohung, und David befragte den Herrn und sprach: Soll ich gegen die Philister hinaufziehen?“ Gott gab Antwort.
Vers 22: „Und die Philister zogen wiederum herauf und breiteten sich im Tal Rephaim aus. David befragte den Herrn, und er sprach: Du sollst nicht hinaufziehen.“
David befragt Gott. Er hätte beim ersten Mal denken können: Da habe ich Gott befragt und er hat gesagt, ich soll hinaufziehen (Vers 19). Beim zweiten Mal, bei der gleichen Situation, hätte er sich sagen können: Jetzt weiß ich, was ich tun muss. Doch Gott sagt: Ziehe nicht hinauf, sondern mach es anders.
Das ist Abhängigkeit: In jeder neuen Situation wieder neu fragen, was der Herr ganz konkret für uns will.
David hat nun ein großes Bedürfnis: Er möchte, dass die Bundeslade aus Kirjat-Jearim endlich nach Jerusalem kommt, der auserwählten Stadt. Doch hier steht leider nichts davon, dass David zuerst Gott befragt hätte: Soll ich jetzt die Bundeslade holen? Für ihn ist es klar, dass das sein muss.
Er macht es, aber es kommt zu einer Katastrophe. In einem freudigen Zug wird die Bundeslade gegen Jerusalem geführt – auf einem Wagen.
Vers 6: „Als sie zur Tenne Nackorns kamen, da langte Ussa nach der Lade Gottes und fasste sie an, denn die Rinder hatten sich losgerissen. Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Ussa, und Gott schlug ihn dort wegen des Vergehens, und er starb dort bei der Lade Gottes.“
David entbrannte darüber, dass der Herr einen Bruch an Ussa gemacht hatte, und er nannte jenen Ort Peres-Ussa, das heißt „Bruch Ussas“, bis auf diesen Tag. David fürchtete sich vor dem Herrn an selbigem Tag.
So wurde die Bundeslade nicht nach Jerusalem gebracht, sondern in der Nähe bei Obed-Edom in seinem Haus untergebracht.
Was war falsch? Die Bundeslade durfte nach den Anordnungen im Gesetz Mose nur von Leviten an den Tragstangen auf den Schultern transportiert werden (2. Mose 25,14; 4. Mose 4,15).
Aber sie transportierten sie einfach entgegen dem göttlichen Gebot auf einem Wagen – genauso wie die Philister die Bundeslade auf einem Wagen zurückgeschickt hatten (1. Samuel 6).
Das war also etwa das Niveau der Heiden. Diese wussten es ja nicht besser. Ussa wollte in einer Notsituation die Bundeslade schützen, weil sie fast gefallen wäre. Doch er hätte sie nicht anfassen dürfen – das war eine Sünde gegen ein Gebot Gottes, die mit dem Tod bestraft wurde.
Das ist eindrücklich. Heute hätten wir vielleicht die Tendenz zu sagen: Solche Details sind nicht so wichtig. Hauptsache, die großen Linien und die Liebe werden irgendwie beachtet. Aber ob die Bundeslade auf einem Wagen transportiert oder auf Tragstangen getragen wird – das sind keine unwichtigen Details. Hauptsache, die Bundeslade kommt nach Jerusalem.
Gott bestraft das mit dem Tod. Das zeigt Gottes Bedeutung für seine Gebote.
Man könnte sagen: Das hat Mose vor 500 Jahren geschrieben, aber heute sind wir in einer anderen Zeit, da hat sich vielleicht einiges geändert, und auch die Sitten sind nicht mehr so wie damals zur Zeit von Mose. Jetzt sind wir ein entwickelter Staat, wir haben einen König und so weiter.
Doch das Gebot war nach wie vor gültig.
Die Bundeslade kam in das Haus von Obed-Edom, einem Leviten, und dieses Haus wurde von Gott ganz besonders gesegnet.
Als David realisierte, wie Obed-Edoms Familie durch die Bundeslade gesegnet wurde, bekam er Mut, es ein zweites Mal zu wagen.
Dieses Mal, wieder in einer freudigen Prozession, brachte er die Bundeslade aus Peres-Ussa, aus Obed-Edoms Haus, nach Jerusalem – aber nach der Vorschrift.
Jetzt wurde die Bundeslade auf den Tragstangen von Leviten getragen, und alles gelang.
David war so freudig über dieses Ereignis, dass die Bundeslade nach Jerusalem kam, dass er während des Weges vor der Bundeslade tanzte.
Vers 14: „David tanzte mit aller Kraft vor dem Herrn und war mit einem leinenen Ephod umgürtet.“
Das Ephod ist ein Teil der priesterlichen Kleidung, die er trug. Damit ist er schon wieder ein Hinweis auf Jesus Christus, der einmal Königtum und Priestertum in sich vereinen würde.
Übrigens heißt das nicht, dass er nur ein Ephod anhatte und sonst nichts. Manche meinten, er hätte einfach ein Ephod darüber getragen, so wie Samuel, als er in der Stiftshütte diente.
Aber es ist ein Vorgeschmack auf den letzten König von Jerusalem, der König und Priester in einem sein wird.
Michal, die Tochter Sauls, sah durchs Fenster, wie David sich freute und hüpfte.
Was würden wir denken, wenn Herr Deiss irgendwo in einem freudigen Umzug hüpfen würde? Aber das war bei David der Fall.
Michal sagte sich: Ein Staatsmann, ein König, der hüpft da vor der Bundeslade her.
Manche meinten, sie könnten Ekstase hineininterpretieren. Aber man kann auch einfach hüpfen und kräftig vor Freude tanzen, ohne Ekstase zu sein.
Michal verachtete ihn und sagte ihm das deutlich, als er nach Hause kam.
Vers 20: „Als David zurückkehrte, um sein Haus zu segnen, ging Michal, die Tochter Sauls, ihm entgegen und sprach: Wie hat sich heute der König von Israel verherrlicht, da er sich vor den Augen der Mägde seiner Knechte entblößt hat, wie sich nur einer der losen Leute entblößt!“
Sie verachtete ihn, weil er Gefühle zeigte, die ein Staatsmann nicht zeigen sollte – dieses Hüpfen.
Davids Reaktion ist erstaunlich:
Er sprach zu Michal: „Vor dem Herrn, der mich vor deinem Vater und vor seinem ganzen Haus erwählt hat, um mich als Fürst über das Volk des Herrn, über Israel, zu bestellen – vor dem Herrn will ich spielen und will noch geringer werden, will niedrig sein in meinen Augen. Aber bei den Mägden, von denen du sprichst, werde ich geehrt sein.“
David zeigte überhaupt keinen Stolz. Er sagte, er wolle noch geringer sein, wenn sie ihn schon so verachten.
Michal war eine stolze Frau und hatte kein geistliches Verständnis für die Bedeutung der Stiftshütte als Ort der Versöhnung zwischen Mensch und Gott, wo das stellvertretende Blut gesprengt wurde.
So konnte sie David verachten.
David reagierte nicht böse oder hart, sondern sagte: „Gut, ich will noch geringer sein, wenn es um das geht. Aber der Herr hat mich eingesetzt als König über Israel.“
Der Text schließt mit der Bemerkung, dass Michal, die Tochter Sauls, bis zu ihrem Tod kein Kind hatte. Sie geriet unter die Zucht Gottes.
Kommen wir zu Kapitel 7.
David ist nun ein großer König geworden, hat ein großes Reich, eine schöne Stadt und ein schönes Königshaus. Nun hat er den Wunsch, für Gott einen Tempel zu bauen.
Er sagt sich, er habe ein stabiles, herrliches Haus in Jerusalem, aber Gott habe über die Jahrhunderte nur in der Stiftshütte unter Decken gewohnt. Er möchte Gott nun auch ein stabiles, festes Haus bauen. Das ist sein Wunsch in Vers 2.
Darauf kommt der Prophet Nathan und erklärt ihm, was Gott mit David vorhat: Nein, David, du sollst kein Haus für den Herrn bauen.
Aber Gott verspricht ihm, er möchte David ein festes Haus bauen.
Das ist ein Wortspiel, denn das hebräische Wort „Bayit“ bedeutet Haus oder Tempelhaus – wie wir es verstehen. Aber das gleiche Wort bedeutet auch Familie.
Zum Beispiel in Apostelgeschichte 16,31: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du gerettet werden, und dein Haus“ – das heißt du und deine Familie. Haus bedeutet also auch Familie oder Dynastie.
Wenn man vom Haus Davids spricht, meint man die königliche Dynastie Davids.
Gott sagt also: Nein, David, du sollst mir kein Tempelhaus bauen, aber ich baue dir eine stabile Dynastie.
Deine Familie soll ein ewiges Königtum tragen, das nie untergeht.
So wird in diesem Kapitel David ein ewiges Königtum in seiner Familie verheißen.
Es ist klar, dass sich das allein in Jesus Christus erfüllen wird, der als Messias Mensch von David abstammt.
Lukas 1,31: „Der Engel sprach zu Maria: Siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Der Herrgott wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakobs herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit, und seines Reiches wird kein Ende sein.“
Maria stammte von David ab, und weil sie die ausgewählte Mutter des Messias war, ist Jesus ein Sohn Davids.
Er wird in der Zukunft tausend Jahre von Jerusalem aus über die ganze Erde herrschen.
Danach wird Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen (Offenbarung 21).
Das ist das ewige Reich unseres Herrn Jesus Christus, wie es Petrus in 2. Petrus 1 nennt.
Er wird König sein in alle Ewigkeit, über das Tausendjährige Reich hinaus.
Diese Verheißung finden wir in 2. Samuel 7.
Ich lese Vers 11 in der Mitte und Vers 12:
„Und ich habe dir Ruhe geschafft vor allen deinen Feinden. Der Herr tut dir kund, dass er dir ein Haus machen wird. Wenn deine Tage voll sind und du bei deinen Vätern liegst, werde ich deinen Samen nach dir erwecken, der aus deinem Leib kommen soll. Ich werde sein Königtum befestigen, er wird meinem Namen ein Haus bauen, und ich werde den Thron seines Königtums auf ewig befestigen.“
Vers 16: „Dein Haus und dein Königtum sollen vor dir beständig sein auf ewig, dein Thron soll fest sein auf ewig.“
Das war eine überwältigende Botschaft für David.
Ich habe weitere Stellen hinzugefügt, zum Beispiel Psalm 89, eine Reihe von Versen, die über das ewige Königtum des Messias aus dem Haus Davids sprechen, Psalm 132,11, Jeremia 23,5-8 und andere.
Die Aussage „Dein Sohn soll ein Haus bauen“ hat eine Doppelbedeutung.
Unmittelbar weist das auf Salomo hin, der den ersten Tempel auf der Bergeshöhe von Zion baute.
In zweiter Bedeutung weist es auf den Messias hin, der nach Sacharja 6,12-13 den Tempel bauen soll.
Jesus Christus wird, wenn er zurückkommt, die Herrschaft in Jerusalem übernehmen und dafür sorgen, dass der Tempel gebaut wird, wie es in Hesekiel 40 bis 48 beschrieben ist – ein Tempel von eineinhalb auf eineinhalb Kilometer.
Der erste Tempel wurde durch Salomo gebaut, der letzte Tempel durch den Messias.
Nach dieser Verheißung heißt es in Kapitel 7, Vers 17:
„Nach all diesen Worten und diesem ganzen Gesicht redete Nathan zu David. Da ging der König David hinein, setzte sich vor den Herrn nieder und sprach: Wer bin ich, Herr Ewiger, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher gebracht hast?“
David ist überwältigt.
Wie kann er verstehen, dass Gott mit ihm so Großes getan hat und so große Verheißungen gegeben hat?
Die weiteren Worte zeigen, dass David demütig ist und dankbar diese Verheißungen annimmt.
Interessant ist der Ausdruck „David setzte sich vor dem Herrn nieder“.
Wo setzte er sich hin? Vielleicht auf den Boden oder einen Stuhl.
Aber wo genau vor dem Herrn?
David hatte für die Bundeslade ein Zelt aufgerichtet in der Davidstadt, auf dem Südabhang des Tempelbergs, noch nicht oben.
Ein spezielles Zelt, in dem die Bundeslade stand, bis der Tempel durch seinen Sohn gebaut werden sollte.
David ging in dieses Zelt hinein und setzte sich vor der Bundeslade nieder.
Das ist ein besonderer Ort, denn dieses Zelt wirkt wie ein Allerheiligstes, in das niemand hineingehen durfte.
Es war zwar nicht der Tempel, sondern ein Übergangszelt, aber dennoch etwas Außergewöhnliches.
David setzte sich in diesem Zelt vor die Bundeslade – das ist, als säße er im Allerheiligsten, nicht nur stehend.
Das hat eine besondere Bedeutung.
Im Tempel durften Priester im inneren Vorhof nie sitzen, nur stehen.
Das steht im babylonischen Talmud, Traktat Joma 25a.
Dort wird erklärt, dass nur Könige aus dem Haus Davids im Tempelvorhof sitzen dürfen, basierend auf 2. Samuel 7.
Alle Priester standen immer, durften nie zwischendurch sitzen.
In Hebräer 10,11-14 heißt es:
„Und jeder Priester steht täglich da, den Dienst verrichtend und oft dieselben Schlachtopfer darbringend, welche niemals Sünden hinwegnehmen können.“
Das ist kein Zufall.
Priester durften nicht sitzen, sie hatten keine Ruhe.
Die alttestamentlichen Opfer brachten keine völlige Vergebung, sondern waren nur Vorbilder.
Die völlige Ruhe gab es im Tempel nicht, die Priester mussten stehen.
Im Gegensatz dazu sagt der Hebräerbrief in Vers 12:
„Er aber, nachdem er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht hat, hat sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend, bis seine Feinde gelegt sind zum Schemel seiner Füße.“
Jesus Christus ist in den Himmel gegangen und hat sich auf den Thron Gottes im Allerheiligsten gesetzt.
Der Schemel seiner Füße ist in den Klageliedern die Bundeslade, der Fußschemel des Thrones Gottes.
Gott thront zwischen den Cherubim, und die Lade ist der Fußschemel des Königsthrons.
Der Herr Jesus hat sich also auf den Thron Gottes über der Bundeslade im Himmel gesetzt.
Er ist König aus dem Haus Davids.
Er sitzt im Allerheiligsten.
Warum sitzt er?
Sein Sitzen zeigt, dass Menschen, die Buße tun, völlige Ruhe finden dürfen.
Sie müssen nicht mehr stehen.
Die alttestamentlichen Opfer brachten keine Ruhe, die Menschen mussten stehen.
Im vollendeten Werk des Opfers von Golgatha hat sich der Messias gesetzt.
Darum dürfen wir in ihm nun völlige Ruhe finden.
In Offenbarung 4 sitzen die 24 Ältesten auf Thronen um Gottes Thron – ein Bild aller Erlösten im Himmel, die durch das Opfer Jesu zur Ruhe gebracht sind.
Es heißt, dass er „auf immerdar vollkommen gemacht“ hat – nicht nur für eine Zeit, sondern für immer.
Das betrifft die Erlösten, die in Christus zur Ruhe gebracht wurden.
Noch etwas Schreckliches:
In 2. Thessalonicher 2,4 heißt es, dass der Antichrist sich dereinst, vor der Wiederkunft Christi, wenn der dritte Tempel wiedergebaut ist, in den Tempel Gottes setzen wird.
Er wird sich als König aus dem Haus Davids ausgeben und sogar behaupten, Gott zu sein.
Er wird den Tempel schänden.
Dieses Sitzen hat eine tiefe Bedeutung, weil er sich das Recht anmaßt, das nur dem wahren Christus zusteht.
Hier werden viele Schlachten beschrieben, die David geführt hat.
Es waren die Kriege des Herrn.
Wir haben gelesen, dass der Herr der Heerscharen mit David war (2. Samuel 5,10).
Gott war der Gott, der über der Armee Israels stand.
Darum hatte die Armee Israels damals diese Erfolge.
Alle Feinde des Volkes Gottes wurden einer nach dem anderen unterworfen.
Diese Siege Davids weisen auch auf Jesus Christus hin.
Bei seiner Wiederkunft wird der Herr Jesus alle seine Feinde in verschiedenen Schlachten besiegen.
Offenbar um 1911 v. Chr. gab es die Schlacht in Harmagedon (Sacharja 14,3 ff.), seine Schlacht in Jerusalem (Jesaja 63,1 ff.), seine künftige Schlacht in Edom (Jesaja 19,1 ff.), in Ägypten (Hesekiel 38,39) und seinen Sieg über die Armee aus dem äußersten Norden (Rosch) und seine Verbündeten auf den Bergen Israels.
In einer Schlacht nach der anderen wird der Herr Jesus als der große David alle Feinde Gottes zum Schweigen bringen.
Erst dann wird er das Friedensreich aufrichten und regieren wie Davids Sohn Salomo.
Dann wird er den letzten Tempel in vollem Ausbau aufrichten, nach Hesekiel 40 bis 48, entsprechend dem Tempelbau Salomos.
So haben wir auch die Antwort, warum David nicht den Tempel bauen sollte.
David repräsentiert die erste Zeit, wenn der Herr Jesus zurückkommt und eine Davidsregierung haben wird – eine Übergangsphase.
Wenn diese vorbei ist, kommt der wirkliche Frieden, die Ruhe und der Totalausbau des letzten Tempels.
Auch hier sehen wir wieder den prophetischen Gehalt der Samuelbücher.
Ein herrliches Kapitel.
David sprach: „Ist noch jemand da, der vom Haus Sauls übrig geblieben ist, dass ich Güte an ihm erweise um Jonathans Willen?“
Wir wissen aus 1. Samuel, dass David mit Jonathan ein Bündnis geschlossen hatte.
David hat diesen Bund nie vergessen und möchte nun Güte an Jonathans Familie erweisen.
Das Wort „Chesed“ für Güte wird manchmal mit Gnade oder Güte übersetzt, doch es meint speziell Bundestreue – dass man sich an Abmachungen hält, loyal ist.
Es gibt im Alten Testament das Wort „Chassid“ für Fromme, die loyal gegenüber Gottes Bund am Sinai sind.
David möchte also zugesagte Güte gnädig erweisen.
Man sagt ihm, es gibt noch jemanden: Mephiboschet.
Vers 3: „Ziba sprach zum König: Es ist noch ein Sohn Jonathans da, der an den Füßen lahm ist.“
Mephiboschet wird geholt.
David sagt zu ihm: „Du darfst immer bei mir wohnen und wirst wie ein Königssohn behandelt, beständig an meinem Königstisch essen.“
Mephiboschet ist völlig überwältigt.
Er ist querschnittgelähmt, weil er als Baby gefallen war.
Er sagt: „Ich bin ein toter Hund“ (Vers 8).
David erwidert: „Du sollst an meinem Königstisch essen.“
Das ist ein wunderbarer Hinweis auf die Gnade Gottes an uns Menschen.
David symbolisiert Gott, der unverdiente Güte erweist an Menschen, die eigentlich aus einem Haus des Todes kommen.
Mephiboschet hat Selbsterkenntnis: Er erkennt seine Notwendigkeit zur Bekehrung.
Oft wird oberflächlich gepredigt: „Jesus annehmen“ und ein Gebet nachsagen.
Manche meinen, sie seien bekehrt, sind es aber nicht.
Sie sind enttäuscht, weil nichts geschieht.
Mephiboschet zeigt die innere Haltung: „Ich bin ein toter Hund.“
Das ist die Reife zur Bekehrung.
David nimmt ihn an und sagt in Vers 10: „Mephiboschet, der Sohn deines Herrn, soll beständig an meinem Tisch essen.“
Vers 11: „Er wird an meinem Tisch essen wie einer von den Königssöhnen.“
Er war lahm und stammte aus dem Haus Markir.
Vers 4: „Zu Lodebar.“
Markir heißt „Verkaufter“. Paulus sagt in Römer 7,14: „Ich bin fleischlich unter die Sünde verkauft.“
Lodebar heißt „Nichts“. Das ist seine Herkunft – nichts.
Das Bewusstsein: Vor Gott können wir nichts vorweisen, auch nicht unsere Herkunft.
Doch Mephiboschet wird erhoben zu einem Königssohn.
Er darf beständig am Tisch des Königs Gemeinschaft haben.
So sind wir nach 1. Johannes 1,3 in die Gemeinschaft des Vaters berufen worden.
David sorgt dafür, dass Mephiboschet das ihm zustehende Erbe bekommt (Vers 9).
In Römer 8,16-17 lesen wir, dass die Auserwählten Miterben mit Christus sind.
Römer 8,32: Gott wird uns mit Christus alles schenken, die ganze Welt.
Mephiboschet saß Tag für Tag am Königstisch.
Seine lahmen Beine blieben lahm, aber sie waren durch die Tischplatte verdeckt.
So ist es auch bei uns.
Vor unserer Bekehrung gilt Römer 5,6: Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.
Wir waren unfähig, Gott zu gefallen – lahm.
Als Bekehrte lernen wir das kennen, was Paulus in 2. Korinther 12 beschreibt.
Er spricht über seine Schwachheiten, die keine Sünden sind, sondern Mängel.
Er hatte ein Leiden und bat den Herrn dreimal, es wegzunehmen.
Der Herr sagte: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“
Paulus sagt: „Jetzt will ich mich lieber der Schwachheit rühmen.“
Das ist das Gegenteil eines Power-Evangeliums, das immer Stärke fordert.
Man muss nicht Powerleute sein.
Gottes Kraft ist mächtig in den Schwachen.
So sitzen wir am Tisch des Königs.
Unsere Beine sind lahm, aber unter dem Tisch an einem guten Ort aufgehoben.
Hier werden wieder Davids Siege beschrieben gegen die rebellierenden Ammoniter in Nordjordanien und die Syrer.
Kapitel 5 bis 10 zeigen Davids Erfolge als König, der bemüht ist, Gott treu zu dienen.
Nun kommen wir zum dritten Teil, ab 2. Samuel 11.
Hier wird es sehr traurig.
In den vorigen Kapiteln fanden wir einige Hinweise als Vorgeschmack auf den kommenden Erlöser.
In den weiteren Kapiteln wird uns Davids verdorbene menschliche Natur bewusst.
Auch wir Erlösten haben die verdorbene Natur noch in uns.
Nach der Bekehrung sind wir zu jeder Sünde fähig.
Wir haben die Sünde und ihre Macht noch in uns.
Wir müssen ihr nicht gehorchen, aber wir können.
2. Samuel 11 zeigt, dass Davids Erfolge ihn faul machten.
Die Armee musste weiterarbeiten, aber David blieb zu Hause.
Er ging gemütlich umher und sah vom Südabhang des Ofel, wo sein Haus oben beim Millo lag, über die ganze Stadt.
Da sah er Bathseba, wie sie ein Bad nahm auf dem Dach.
Es war ein Ritualbad nach der Periode.
Frauen sind während der Periode nach dem Gesetz Mose rituell unrein, nicht innerlich, nur symbolisch.
Nach der Periode müssen sie ein Ritualbad nehmen, dann beginnt die Zeit der Reinheit.
2. Samuel 11,4: „Am Schluss hatte sie sich von ihrer Unreinigkeit gereinigt.“
Das war also ein Ritualbad, das sie auf dem Dach nahm.
Sie hätte es nicht auf dem Dach nehmen müssen.
Ein Ritualbad kann auch im Haus gebaut werden.
In Jerusalem wurden Häuser mit vielen Ritualbädern freigelegt.
David sah sie dort und wurde zum Ehebruch verleitet.
Er ließ Bathseba zu sich holen, und sie wurde schwanger.
Man könnte schließen, dass sie einen Zyklus von drei Wochen hatte.
Sie war offensichtlich gerade unrein, dann gibt es zwei Wochen der Reinheit.
Es ist ein Geheimnis, wie Gott das eingerichtet hat.
Ausgerechnet bei diesem Fall wurde sie schwanger, obwohl die Wahrscheinlichkeit gering ist.
Jede Schwangerschaft ist effektiv ein Wunder.
Sie wurde schwanger und David wusste es, denn sie erzählte es ihm.
Anstatt die Sünde zu realisieren, versuchte er, das Ganze zu vertuschen.
Er ließ Uriah, ihren Mann, zurückholen.
Uriah war kein echter Israeli, sondern ein Hethiter.
Er wollte nicht heimkommen, weil die Armee kämpfte.
Er schlief nicht bei seiner Frau.
David merkte, dass die Rechnung nicht aufging.
Er lud Uriah zum Essen ein, gab ihm viel Wein und versuchte, ihn betrunken zu machen.
Doch Uriah blieb klar und schlief nicht zu Hause.
David sah nur noch einen Ausweg: Uriah musste sterben.
Er schrieb einen Brief, in dem Uriah an der Front eingesetzt wurde und dann allein gelassen werden sollte, damit er im Kampf stirbt.
So wurde David vom Ehebrecher zum Mörder.
Eine Sünde löste die andere aus.
Das ist tragisch.
Wir machen hier eine Pause.
Der Herr sandte Nathan zu David.
Er kam zu ihm und sprach:
„Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich, der andere arm.
Der Reiche hatte viel Kleinvieh und Rinder.
Der Arme hatte nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft und großgezogen hatte.
Es aß von seinem Bissen, trank aus seinem Becher und schlief an seiner Brust.
Es war ihm wie eine Tochter.
Da kam ein Reisender zu dem Reichen.
Er wollte von seinem Vieh nehmen, um es für den Gast zuzubereiten.
Er nahm das Lamm des Armen und richtete es zu.“
Da entbrannte Davids Zorn sehr gegen den Mann.
Er sprach zu Nathan: „So wahr der Herr lebt, der Mann, der das getan hat, ist ein Kind des Todes.
Das Lamm soll er vierfältig erstatten, weil er kein Mitleid hatte.“
Nathan sprach zu David: „Du bist der Mann.“
Man weiß nicht genau, wie viel später Nathan zu David kam.
Aber es war kurz vor der Geburt des Kindes, also etwa neun Monate später.
David verharrte neun Monate in seiner Sünde.
Nathan deckte die Schuld nicht sofort auf, sondern erzählte ein Gleichnis.
David erkannte sich selbst.
Vers 13: „David sprach zu Nathan: Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“
Nathan sagte: „So hat auch der Herr deine Sünde hinweggetan.
Du wirst nicht sterben.
Aber weil du den Feinden des Herrn Anlass zur Lästerung gegeben hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, sterben.“
Nathan ging nach Hause.
David tat Buße.
Er sagte nicht wie Saul: „Ich habe gesündigt, ehre mich vor den Ältesten.“
David sagte: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“
Er erkannte, dass seine Sünde im Tiefsten eine Sünde gegen Gott war.
Der Prophet konnte ihm sofort Vergebung zusprechen.
Das haben wir bei Saul nicht gefunden.
Doch David kam unter die Zucht Gottes.
Es ist vergeben, aber Zucht folgt trotzdem.
Damit die Feinde Gottes keinen Grund zur Lästerung haben.
David hat Anlass zur Lästerung gegeben und Gottes Namen vor den Heiden verunehrt.
Das Kind starb noch im gleichen Kapitel.
Später verlor David auch Amnon, der von Absalom ermordet wurde.
Später tötete Joab Absalom.
So mussten vier Söhne Davids sterben, entsprechend dem Urteil.
Das zeigt, dass Gott züchtigt, obwohl Vergebung da ist.
Das ist wichtig für Gemeindezucht.
Zucht soll zur Buße führen.
Eine zweite Aufgabe ist, dass die Feinde Gottes keinen Grund zur Lästerung haben.
Ein dritter Grund ist, dass Älteste, die fortdauernd sündigen, öffentlich überführt werden sollen (1. Timotheus 5,20).
Das dient dazu, dass andere Furcht haben und nicht in Sünde fallen.
Das Beispiel Davids zeigt, dass wir Sünde und Vergebung nicht leichtfertig nehmen sollen.
Auch in der Schweizer Rechtsprechung wirkt Reue mildernd, aber nicht straffrei.
In der Kindererziehung kann es wichtig sein, dass trotz Reue eine Konsequenz bleibt.
Das ist ein göttliches Prinzip.
In der Überschrift steht: „Dem Vorsänger, ein Psalm von David, als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Bathseba eingegangen war.“
David dichtete:
„Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte, tilge meine Übertretungen.
Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Sünde.
Denn ich kenne meine Übertretungen, meine Sünde ist beständig vor mir.
Gegen dich allein habe ich gesündigt, damit du gerechtfertigt wirst, wenn du richtest.
Siehe, ich bin in Ungerechtigkeit geboren, in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“
David wurde sich nicht nur seiner Sünde bewusst, sondern auch seiner verdorbenen Natur.
Für Gläubige ist es wichtig, bei Buße auch die verdorbene Natur zu sehen, die der Römerbrief „Fleisch“ oder „Sünde“ nennt.
David lehrt uns, was wirkliche Buße ist.
Gott gibt Trost.
David heiratete Bathseba und bekam später einen Sohn, Salomo.
Vers 24: „Der Herr liebte ihn und gab ihm den Namen Jedidja, der Geliebte des Ewigen, um des Herrn willen.“
Über diesen Weg kommt Salomo, der die Königsdynastie weiterführt.
Das ist erstaunliche Gnade, wie im Lied „Amazing Grace“ beschrieben.
Gottes Gnade rettet einen verdorbenen Sünder.
David durfte weitergehen, weil er Buße tat.
Doch ab 2. Samuel 11 ist David nie mehr derselbe.
Etwas war gebrochen, das nie zurückkam.
Obwohl er in Gottes Gnade weiterging, zeigt das, wie schwer Ehebruch zu beurteilen ist.
Das Böse frisst weiter.
Absalom hat eine schöne Schwester namens Tamar.
Amnon, ihr Halbbruder, liebte sie so sehr, dass es ihm zum Krankwerden war.
Er stellte sich krank und bat Tamar, ihm Kuchen zu backen.
Dann vergewaltigte er sie.
Das hebräische Wort für diese Kuchen heißt „Lebibot“ oder modern „Levivot“ – Herzkuchen.
Das symbolisierte für ihn seine Liebe, die aber sündig war.
David hörte davon (Vers 21) und wurde sehr zornig.
Doch er tat nichts.
David hasste die Sünde, aber er musste sich erinnern: Er hatte selbst Ehebruch begangen.
Wie sollte er gegen seine Söhne vorgehen?
Das Böse frisst weiter.
Absalom hasste seinen Bruder.
Zwei Jahre lang sagte er ihm weder Gutes noch Schlechtes, dann ermordete er ihn.
Absalom musste fliehen.
David sehnte sich nach Absalom, obwohl er ein Mörder war.
Wie sollte er ihm etwas sagen?
Er selbst war auch ein Mörder geworden.
Er hatte nicht mehr die Kraft, moralisch durchzugreifen.
Das zeigt, wie schwer es ist, wenn jemand in einer verantwortlichen Position Sünde begeht.
David zeigt eine eigenartige Liebe zu Absalom.
Diese Schwäche wurde von Joab ausgenutzt.
Er schickte eine schlaue Frau zu David mit einer erfundenen Geschichte.
Sie sollte David klar machen, dass Gott ein Gott der Liebe ist und möchte, dass das Zerrissene wieder zusammenkommt.
Gott will nicht, dass der Mensch verstossen ist.
Vers 14: „Wir müssen sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist und nicht wieder gesammelt werden kann.
Gott nimmt nicht das Leben weg, sondern er sinnt darauf, dass der Verstossene nicht von ihm wegverstossen bleibt.“
Das ist wahr, aber angewandt auf jemanden, der keine Reue zeigt.
Das erinnert an eine schwächliche christliche Liebe, die Wahrheit und Moral vernachlässigt.
Gott will Versöhnung, aber es braucht Buße.
Absalom kam zurück.
David war zwei Jahre hart zu ihm, ließ ihn nicht besuchen.
Schließlich kam Absalom wieder zu David.
Vers 33: „Joab berichtete es dem König.
Er rief Absalom, der sich vor dem König zur Erde warf.
Der König küsste Absalom.“
Eine bewegende Szene, wie beim verlorenen Sohn.
Doch hier gibt es Versöhnung ohne Gerechtigkeit und Wahrheit.
Lukas 15,18-21 zeigt den verlorenen Sohn, der Buße tut.
Absalom war schön und gemein.
Vers 25: „In ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom.
Von Fußsohle bis Scheitel war kein Fehl an ihm.“
Er hatte tolle Haare.
Doch er war durchtrieben.
Absalom hatte Charisma – er konnte das Volk für sich gewinnen.
Er sagte, sie sollten nicht mehr zu David gehen bei Gerichtsproblemen.
Er ließ sich in Hebron zum Gegenkönig ausrufen.
David musste aus Jerusalem fliehen.
Viele Nichtjuden hielten ihm die Treue.
Vers 18: „Sechshundert Gathiter schlossen sich David an.“
Der Weg des verworfenen Königs über den Bach Kidron zum Ölberg wird beschrieben.
Vers 23: „Das ganze Land weinte, und alles Volk zog hinüber über den Bach Kidron.“
Zadok und alle Leviten trugen die Bundeslade.
Vers 28,30: „David ging auf die Anhöhe der Olivenbäume, weinte, war verhüllt und barfuß.
Das Volk hatte sein Haupt verhüllt und ging weinend.“
Das erinnert an Jesus, der in Johannes 18 über den Kidronbach zum Ölberg ging.
Jesus ging nicht in die Wüste, sondern ließ sich festnehmen und ging ans Kreuz.
Die Anhöhe des Ölbergs ist interessant.
David betete dort, auf dem Gipfel, wo der Altar für die rote Kuh stand – das wichtigste Opfer in Israel.
Dieser höchste Punkt des Ölbergs ist mit dem höchsten Punkt des Tempelbergs, dem Felsen im Felsendom, durch eine Linie verbunden.
Das ist der Ort, wo David anzubeten pflegte.
Tragisch ist, dass Ahitophel, Davids Ratgeber, auf die Seite Absaloms ging.
Ahitophel hatte scharfen politischen Verstand.
David betete, dass Gott den Rat Ahitophels betören möge (Vers 31).
Husai, der Akiter, hielt zu David.
David schickte ihn als Spion zu Absalom.
Husai gelang es, den Rat Ahitophels zu kippen.
Ahitophel riet Absalom, sofort David zu verfolgen, was seinen sicheren Tod bedeutet hätte.
Husai überzeugte Absalom, seinen Rat abzulehnen.
Ahitophel beging Selbstmord.
Ziba, der Knecht von Mephiboschet, verleumdete ihn bei David.
David musste diesen Ballast mittragen.
Simei schoss David Steine nach und fluchte ihm.
Die Leute wollten ihn bestrafen, aber David sagte, man solle ihn gewähren lassen – als Zucht Gottes.
Husai schlich sich als Spion bei Absalom ein.
Vers 22: „Absalom verfolgt seinen Vater.“
Schobi, Markir und Barsillai versorgten David auf der Flucht mit Nahrung.
Es kam zum erbitterten Bürgerkrieg.
David wollte Absalom schonen.
Vers 5: „Der König befahl Joab, Abisei und Ittai: Verfahrt gelinde mit Absalom.“
David sprach immer noch liebevoll von „meinem Jüngling Absalom“.
Das zeigt, wie blind man gegenüber der Familie sein kann.
Absaloms Haare, die so beschrieben wurden, wurden ihm im Kampf zum Verhängnis.
Er blieb in einem Baum hängen.
Joab und zehn Waffenträger töteten ihn.
Vers 33: „David wurde sehr bewegt, weinte und sprach: Mein Sohn Absalom, mein Sohn Absalom!“
Diese Anhänglichkeit ging deutlich über das Maß hinaus.
Das hatte schwere Konsequenzen.
Das Ende des Bürgerkriegs wurde zur Trauer über den Sieg.
Joab als Heeresoberster erkannte, dass David dem Volk seine Dankbarkeit zeigen musste.
Sonst würde das Volk sich von ihm abwenden.
Die abgefallenen Nordstämme erwogen eine Rückkehr zu David.
David machte einen politischen Fehler.
Er lud nur den Stamm Juda ein, ihn bei der Rückkehr zu empfangen.
Er ersetzte Joab als General durch Amasa, was Joab verletzte.
Simei, der David früher lästerte, bekehrte sich und wurde von David vergeben.
Mephiboschet empfing David voller Freude – ein Beweis, dass die Verleumdung falsch war.
Der alte Barsillai empfing David.
Juda und die Hälfte Israels empfingen David.
Doch die Nordstämme waren beleidigt, weil David nur Juda eingeladen hatte.
Sie fühlten sich zurückgesetzt.
Sie beklagten sich, und die Judäer reagierten sehr hart.
Das führte zu einem neuen Bruch.
Die zehn Stämme sagten: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“
Ein Mann namens Sheba, ein Benjaminiter, stieß in die Posaune und rief: „Wir haben kein Teil an David und kein Erbteil am Sohn Isais.“
Sheba spaltete die Nordstämme von David ab.
Es kam zu einer neuen Revolution.
David setzte Amasa als Heerobersten ein.
Amasa zögerte.
Joab nutzte die Gelegenheit und schlug den Aufstand nieder.
Sheba wurde geköpft.
Amasa wurde umgebracht, aus Eifersucht Joabs.
Joab blieb Heeroberster.
Der letzte Aufstand war beendet.
Es gab drei Jahre Hungersnot.
David befragte Gott über den Grund.
Es wurde ihm erklärt, dass es mit Saul zu tun hatte.
Saul hatte ein Massaker unter den Gibeonitern angerichtet.
Die Gibeoniter waren Kanaaniter, mit denen Joshua einen Bund geschlossen hatte (Josua 9).
Saul brach diesen Bund.
Gott zeigte, dass das noch Folgen hat.
Sieben Männer aus Sauls Familie wurden hingerichtet.
Jonathan und Saul wurden würdig in einem Ahnengrab bestattet.
In den Versen 15 bis 22 werden neue Auseinandersetzungen mit den Philistern berichtet.
Am Ende seines Lebens tötete David noch vier Riesen der Philister – Riesen wie Goliath.
Der erste Riese wollte David ermorden.
In Israel beschloss man, David solle nicht mehr in den Krieg ziehen, damit die Leuchte Israels nicht ausgelöscht wird.
Vers 17: „David wird als die Leuchte Israels beschrieben, die nicht ausgelöscht werden soll.“
David sprach zu dem Herrn die Worte dieses Liedes, an dem Tag, als der Herr ihn aus der Hand aller Feinde und Sauls errettete.
Er sagte: „Der Herr ist mein Fels, meine Burg und mein Retter.
Gott ist mein Fels, auf ihn vertraue ich.
Er ist mein Schild, das Horn meines Heils, meine hohe Feste und meine Zuflucht.“
Ein bewegender Psalm, der in Psalm 18 fast wörtlich wiederzufinden ist.
Es ist David, der Gottes Güte rückblickend preist.
Der Psalm ist prophetisch und weist auf die Wiederkunft Christi als Richter hin.
Dies sind die letzten Worte Davids, sein Testament.
Er spricht als Sohn Isais, der Gesalbte des Gottes Jakobs, der Liebliche in Gesängen Israels.
Der Geist des Herrn hat durch ihn geredet, und sein Wort war auf seiner Zunge.
Das bezeugt ausdrücklich die volle Inspiration der Psalmen.
David spricht vom messianischen Reich.
Vers 4: „Er wird sein wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, ein Morgen ohne Wolken.
Von ihrem Glanz nach dem Regen sprosst das Grün aus der Erde.“
Ein Morgen ohne Wolken – das wünschen wir Israel.
Jetzt ist es dunkel, die Welt in einer kritischen Phase.
Das Schlimmste steht noch bevor.
Aber danach kommt dieser Morgen ohne Wolken, das große Reich des Sohnes Davids am Ende der Tage.
Es folgt eine Liste der Helden Davids, die ihn in seiner Verwerfung unterstützten.
David wird von Satan angereizt, sein Volk zu zählen.
Warum will man das Volk zählen?
Es gibt verschiedene Gründe.
In 2. Mose 30,12 hat Gott eine Einschränkung gegeben: Wenn Israel gezählt wird, muss man für jede Person ein Lösegeld bezahlen.
Das sollte verhindern, dass man leichtfertig zählt.
Volkszählung kann Ausdruck von Hochmut sein.
Man kann die Gnade Gottes preisen, aber es kann auch Hochmut sein.
David will sein Volk zählen – sein Stolz bricht durch.
Später meldet sein Gewissen Alarm.
Er tut Buße (Vers 10).
Gott bringt eine Pestplage über Israel.
Der Engel des Herrn steht bei der Tenne Aravnas unterhalb der Bergspitze, zwischen Himmel und Erde.
David sieht ihn.
Der Engel des Herrn, Malach Adonai, ist der Sohn Gottes im Alten Testament.
Der Engel des Herrn wird immer wieder genannt, als ewiger Herr und Gesandter zugleich.
Das beweist, dass in der Gottheit mehr als eine Person ist.
Der Engel des Herrn hält sein Schwert auf dem Tempelberg bei der Tenne Aravnas.
Eine Tenne wurde im Altertum nicht auf der Bergspitze gebaut, sondern etwas unterhalb.
David kaufte diese Tenne, denn Gott sagte ihm prophetisch: Hier sollst du einen Altar errichten.
Heute wissen wir genau, wo das Allerheiligste war – durch archäologische Forschungen auf dem Felsen.
Wir wissen auch, wo der Altar war – etwas mehr als drei Meter unterhalb der Bergspitze.
Das war der Ort des Altars.
Tennen wurden so gebaut, dass das Korn nicht weggeweht wird.
David baute den Altar dort und kaufte ihn für fünfzig Silberschäkel – etwa ein halbes Kilo Silber.
In der Parallelstelle in 1. Chronik 21,26 wird von sechshundert Goldschäkel gesprochen.
David kaufte nicht nur die Tenne, sondern auch das ganze Terrain, den Tempelplatz.
So ergänzen sich die Berichte.
Das ist eines der wenigen Immobiliengeschäfte in der Bibel.
Wem gehört der Tempelberg?
Wir haben noch die Kaufurkunde und den Preis.
Nach 3000 Jahren ist das nicht vorbei.
So endet das zweite Buch Samuel mit dem Finden des exakten Ortes für den Altar, an dem Salomo den ersten Tempel bauen sollte.
Wir sind am Ende mit der Zeit.
Der Transport der Bundeslade und Gottes Zorn
Zweites Samuel 6
David hat nun ein großes Bedürfnis: Er möchte, dass die Bundeslade aus Kirjat-jerim endlich nach Jerusalem gebracht wird. Jerusalem ist nun die auserwählte Stadt. Allerdings steht hier nichts davon, dass David zuerst Gott befragt hätte, ob er die Bundeslade holen soll. Für ihn ist klar: Das muss sein. Also macht er sich daran, doch es kommt zu einer Katastrophe.
In einem freudigen Zug wird die Bundeslade gegen Jerusalem geführt – und zwar auf einem Wagen. Dann lese ich Vers 6: „Und als sie zur Tenne Nackorns kamen, da langte Ussa nach der Lade Gottes und fasste sie an, denn die Rinder hatten sich losgerissen. Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Ussa, und Gott schlug ihn dort wegen des Vergehens, und er starb dort bei der Lade Gottes.“ David entbrannte darüber, dass der Herr einen Bruch an Ussa gemacht hatte, und er nannte jenen Ort Peres Ussa, das heißt Bruch Ussas, bis auf diesen Tag. David fürchtete sich vor dem Herrn an selbigem Tag.
So wurde die Bundeslade nicht nach Jerusalem gebracht, sondern in der Nähe bei Obed-Edom in seinem Haus untergebracht. Was war falsch? Die Bundeslade durfte nach den Anordnungen im Gesetz Mose nur von Leviten an den Tragstangen auf den Schultern transportiert werden. Wichtige Stellen dazu sind 2. Mose 25,14 und 4. Mose 4,15. Doch sie haben sie einfach entgegen dem göttlichen Gebot auf einem Wagen transportiert – genauso wie letztes Mal in 1. Samuel 6, als die Philister die Bundeslade auf einem Wagen zurückgeschickt hatten. Das entsprach also etwa dem Niveau der Heiden. Aber die wussten es ja nicht besser.
Ussa wollte in einem Notfall die Bundeslade, die am Fallen war, schützen. Er hätte das nicht tun dürfen. Das war eine Sünde, ein Verstoß gegen ein Gebot Gottes, und er wurde mit dem Tod bestraft. Das ist eindrücklich. Heute haben wir oft die Tendenz zu sagen, solche Details seien nicht so wichtig. Hauptsache, die großen Linien und die Liebe werden irgendwie beachtet. Ob nun die Bundeslade auf einem Wagen oder auf Tragstangen getragen wird, das seien doch nur Details. Hauptsache, die Bundeslade kommt nach Jerusalem. Aber Gott hat das mit dem Tod bestraft. Das zeigt die Bedeutung, die Gott seinen Geboten beimisst.
Man könnte sagen: „Das hat Mose damals vor 500 Jahren geschrieben, aber heute sind wir in einer anderen Zeit, da hat sich vielleicht einiges geändert, und auch die Sitten sind nicht mehr dieselben wie damals zur Zeit von Mose. Wir sind ein entwickelter Staat, wir haben einen König und so weiter.“ Doch das Gebot war nach wie vor gültig.
Die Bundeslade kam in das Haus von Obed-Edom, einem Leviten, und dieses Haus wurde von Gott ganz besonders gesegnet. Als David realisierte, wie Obed-Edoms Familie durch die Bundeslade gesegnet wurde, bekam er Mut, es ein zweites Mal zu wagen.
Dieses Mal, wieder in einer freudigen Prozession, bringt er die Bundeslade aus Peres-Ussa, aus Obed-Edoms Haus, nach Jerusalem – aber nach Vorschrift. Jetzt wird die Bundeslade auf den Tragstangen von Leviten getragen, und alles gelingt.
David ist so freudig über dieses Ereignis, dass die Bundeslade nach Jerusalem kam, dass er während des Weges vor der Bundeslade tanzte. Vers 14: „Und David tanzte mit aller Kraft vor dem Herrn, und David war mit einem leidenden Ephod umgürtet.“ Das Ephod ist ein Teil der priesterlichen Kleidung, die er trug. Damit ist er auch schon wieder ein Hinweis auf Jesus Christus, der ja einmal das Königtum und das Priestertum in sich vereinigen würde.
Übrigens heißt das nicht, dass er nur ein Ephod anhatte und sonst nichts. Manche meinen ernsthaft, er hätte einfach nur ein Ephod getragen, so wie Samuel, der kleine Samuel im ersten Samuelbuch, dem seine Mutter auch ein Ephod gemacht hatte, als er in der Stiftshütte diente. Aber es ist ein Vorgeschmack auf den letzten König von Jerusalem, der König und Priester in einem sein wird.
Michal, die Tochter Sauls, hat durchs Fenster gesehen, wie David sich so freut und hüpft. Was würden wir denken, wenn Herr Deiss irgendwo in einem freudigen Umzug, etwa einem Schweizer Umzug, hüpfen würde? Aber das war bei David der Fall. Michal sagte sich: Ein Staatsmann, ein König, der hüpft da vor der Bundeslade her. Manche meinen, man könne da etwas von Ekstase hineinlesen. Aber man kann auch kräftig vor Freude tanzen und hüpfen, ohne in Ekstase zu geraten.
Sie verachtete ihn und sagte ihm das auch deutlich, als er nach Hause kam. Vers 20: „Und als David zurückkehrte, um sein Haus zu segnen, ging Michal, die Tochter Sauls, hinaus David entgegen und sprach: Wie hat sich heute der König von Israel verherrlicht, da er sich heute vor den Augen der Mägde seiner Knechte entblößt hat, wie sich nur einer der losen Leute entblößt!“
Sie verachtete ihn zutiefst, weil er Gefühle zeigte, die ein Staatsmann nicht zeigen sollte – mit diesem Hüpfen. Davids Reaktion ist erstaunlich. Er sprach zu Michal: „Vor dem Herrn, der mich vor deinem Vater und vor seinem ganzen Haus erwählt hat, um mich als Fürst zu bestellen über das Volk des Herrn, über Israel, ja, vor dem Herrn will ich spielen. Und ich will noch geringer werden, ja, ich will niedrig sein in meinen Augen. Aber bei den Mägden, von denen du sprichst, bei ihnen werde ich geehrt sein.“
Überhaupt nichts von Stolz. David sagt: „Nein, ich will noch weniger sein, wenn du mich schon so verachtest. Aber du musst keine Angst haben, die Leute, von denen du Angst hast, sie würden mich jetzt verachten, die werden mich garantiert nicht verachten. Ich strebe gar nicht nach Ehre.“ Michal, die Tochter Sauls, war eine stolze Frau und hatte kein geistliches Verständnis für die Bedeutung der Stiftshütte als dem Ort der Versöhnung zwischen Mensch und Gott, wo das stellvertretende Blut jeweils gesprengt wurde. So konnte sie David auf diese Weise verachten.
David reagiert nicht böse oder hart. Er sagt: „Ja gut, ich will noch geringer sein, wenn es um das geht. Aber der Herr hat mich ja eingesetzt als König über Israel.“ Der Text schließt mit: Michal, die Tochter Sauls, hatte kein Kind bis zum Tag ihres Todes. Sie geriet unter die Zucht Gottes.
Kommen wir zu Kapitel 7.
David ist nun ein großer König geworden. Er hat ein großes Reich, eine schöne Stadt und ein schönes Königshaus. Nun hat er den Wunsch, für Gott einen Tempel zu bauen. Er sagt sich: „Ich habe so ein stabiles, herrliches Haus hier in Jerusalem, aber Gott hat durch all die Jahrhunderte in der Stiftshütte nur unter Decken gewohnt. Ich möchte Gott nun auch ein stabiles, festes Haus bauen.“ Das ist sein Wunsch in Vers 2.
Doch darauf kommt der Prophet Nathan und erklärt ihm, was Gott mit David vorhat: „Nein, David, du sollst kein Haus für den Herrn bauen.“ Aber Gott verspricht, er möchte David ein festes Haus bauen. Das ist ein Wortspiel, denn das hebräische Wort „Bayit“ bedeutet Haus oder Tempelhaus – so wie wir es verstehen – aber das gleiche Wort bedeutet auch Familie.
Zum Beispiel heißt es in der Apostelgeschichte: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du gerettet werden und dein Haus“ – das heißt du und deine Familie. Das ist eine hebräische Ausdrucksweise. Haus kann auch Dynastie bedeuten. Wenn man vom Haus Davids spricht, meint man die königliche Dynastie.
Hier haben wir ein wichtiges Wortspiel. Gott sagt: „Nein, David, du sollst mir kein Tempelhaus bauen, aber ich baue dir eine stabile Dynastie.“ Deine Familie soll ein ewiges Königsgeschlecht werden, das nie untergeht.
So wird in diesem Kapitel David ein ewiges Königtum in seiner Familie verheißen. Es ist uns klar, dass sich das allein in Jesus Christus erfüllen soll, der als Messias vom Haus David abstammt. Lukas 1,31: „Der Engel sprach zu Maria: Siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus heißen. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Der Herrgott wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakobs herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit, und seines Reiches wird kein Ende sein.“
Maria stammte von David ab, und weil Maria die ausgewählte Mutter des Messias war, ist Jesus ein Sohn Davids. Er wird in der Zukunft tausend Jahre von Jerusalem aus über die ganze Erde herrschen. Danach wird Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen (Offenbarung 21). Das ist das ewige Reich unseres Herrn Jesus Christus, wie Petrus es in 2. Petrus 1 nennt.
Jesus wird König sein in alle Ewigkeit, über das tausendjährige Reich hinaus. Diese Verheißung finden wir in 2. Samuel 7. Ich lese Vers 11b bis 16:
„Und ich habe dir Ruhe geschaffen vor allen deinen Feinden. Und der Herr tut dir kund, dass der Herr dir ein Haus machen wird. Wenn deine Tage voll sein werden und du bei deinen Vätern liegen wirst, so werde ich deinen Samen nach dir erwecken, der aus deinem Leib kommen soll, und werde sein Königtum befestigen. Der wird meinem Namen ein Haus bauen, und ich werde den Thron seines Königtums befestigen auf ewig. Und dein Haus und dein Königtum sollen vor dir beständig sein auf ewig, dein Thron soll fest sein auf ewig.“
Das war eine überwältigende Botschaft für David. Ich habe noch weitere Stellen hinzugefügt, zum Beispiel Psalm 89, eine ganze Reihe von Versen, die über dieses ewige Königtum des Messias aus dem Haus Davids sprechen, Psalm 132,11, dann Jeremia 23,5-8.
Die Aussage „Dein Sohn soll ein Haus bauen“ hat eine Doppelbedeutung. Unmittelbar weist das auf Salomo hin, der den ersten Tempel auf der Bergeshöhe von Zion errichtete. In einer zweiten Bedeutung weist es auf den Messias hin, der nach Sacharja 6,12-13 einmal den Tempel bauen soll.
Jesus Christus wird, wenn er zurückkommt, die Herrschaft in Jerusalem übernehmen und dafür sorgen, dass der Tempel gebaut wird – nach Ezechiel 40 bis 48, dieser Tempel in seinen vollen Ausmaßen von eineinhalb auf eineinhalb Kilometer. Das wird der Messias tun.
Also: Der erste Tempel wurde durch Salomo gebaut, der letzte Tempel wird vom Messias errichtet.
Nach dieser Verheißung heißt es in Kapitel 7, Vers 17: „Nach all diesen Worten und nach diesem ganzen Gesicht redete Nathan zu David. Da ging der König David hinein und setzte sich vor den Herrn nieder und sprach: Wer bin ich, Herr Ewiger, und was ist mein Haus, meine Familie, dass du mich bis hierher gebracht hast?“
David ist überwältigt. Wie kann er das nur verstehen, dass Gott mit ihm so Großes getan hat und so große Verheißungen gegeben hat? Auch die weiteren Worte zeigen, dass David so demütig ist und diese Verheißungen Gottes einfach dankbar annimmt.
Interessant ist der Ausdruck „David setzte sich vor dem Herrn nieder“. Wo hat er sich hingesetzt? Wahrscheinlich auf dem Boden oder auf einem Stuhl. Aber wo vor dem Herrn? Er hatte ja für die Bundeslade ein Zelt aufgerichtet, dort in der Davidstadt, also auf dem Südabhang des Tempelbergs, noch nicht oben. Ein spezielles Zelt, und dort hat er die Bundeslade hingesetzt, bis schließlich der Tempel durch seinen Sohn gebaut werden sollte.
Er ist also in dieses Zelt hineingegangen und hat sich vor der Bundeslade niedergesetzt. Das ist ein besonderer Ort, denn in gewissem Sinn wirkt dieses Zelt wie ein Allerheiligstes, in das niemand hineingehen durfte. Gut, es war ja nicht der Tempel, sondern ein Übergangszelt. Trotzdem war das von der Situation her etwas ganz Außergewöhnliches.
David setzt sich in diesem Zelt vor die Bundeslade – das ist, als ob er im Allerheiligsten sitzen würde, nicht stehen. Das hat eine besondere Bedeutung.
Im Tempel später, im innersten Vorhof oder Altar und im Tempelhaus, durften Priester nie sitzen, nie. Das steht im babylonischen Talmud, Traktat Joma 25a. Dort erklären die alten Rabbiner, dass nur Könige aus dem Haus Davids im Tempelvorhof sitzen durften. Sie berufen sich dabei auf 2. Samuel 7, wo David sich vor dem Herrn niedergesetzt hat.
Alle Priester im inneren Vorhof standen immer. Sie durften nie zwischendurch, wenn sie nichts zu tun hatten, sich hinsetzen. Sie hätten sonst den Bereich verlassen müssen.
In Hebräer 10,11-14 heißt es, dass die Priester täglich stehen und den Dienst verrichten, oft dieselben Schlachtopfer darbringen, welche niemals Sünden hinwegnehmen können. Das ist also kein Zufall, dass dort steht, sie stehen – denn sie durften nicht sitzen. Es gab in Verbindung mit den alttestamentlichen Opfern keine Ruhe, denn diese Opfer brachten keine völlige Vergebung, sie waren nur ein Vorbild.
Die völlige Ruhe gab es im Tempel nicht, die Priester mussten stehen.
Im Gegensatz dazu sagt der Schreiber des Hebräerbriefs: Jesus Christus aber, nachdem er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht hat, hat sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend, bis seine Feinde gelegt sind zum Schemel seiner Füße. Denn durch ein Opfer hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden.
Jesus Christus ist in den Himmel gegangen und hat sich auf den Thron Gottes im Allerheiligsten gesetzt.
Der Schemel seiner Füße – was ist das? In den Klageliedern wird die Bundeslade „der Schemel der Füße Gottes“ genannt, der Fußschemel des Thrones Gottes. Gott thront zwischen den Cherubim, und die Lade selbst ist gewissermaßen der Fußschemel des Königsthrons.
Der Herr Jesus hat sich also auf den Thron Gottes über der Bundeslade im Himmel gesetzt. Er ist König aus dem Haus Davids. Er sitzt im Allerheiligsten.
Aber warum sitzt er? Sein Sitzen soll zeigen, dass jetzt Menschen, die Buße tun, völlig zur Ruhe kommen dürfen. Sie müssen nicht mehr stehen. Die alttestamentlichen Opfer brachten den Menschen nicht das Sitzen in der Gegenwart Gottes, sie mussten stehen. Jetzt aber, im vollendeten Werk des einen Opfers von Golgatha, hat sich der Messias gesetzt. Darum dürfen wir in ihm nun völlige Ruhe finden.
Übrigens heißt es in Offenbarung 4, dass die 24 Ältesten, die um den Thron Gottes sind, sitzen. Sie sitzen alle auf Thronen. Das ist ein Bild aller Erlösten im Himmel, die durch das Opfer von Jesus Christus zur völligen Ruhe gebracht wurden.
Es heißt dort: „Auf immerdar vollkommen gemacht“, nicht für eine gewisse Zeit und dann wieder in die Hölle, sondern auf immerdar vollkommen. Das ist das Los der Erlösten, die in Christus zur Ruhe gebracht worden sind.
Aber noch etwas Schreckliches: In 2. Thessalonicher 2,4 heißt es, dass der Antichrist sich dereinst vor der Wiederkunft Christi, wenn der dritte Tempel – was den innersten Bereich angeht – wieder aufgebaut wird, in den Tempel Gottes, ins Tempelhaus, setzen wird.
Er wird damit angeben, er sei der König aus dem Haus Davids und sogar Gott. Er wird den Tempel schänden. Dieses Sitzen hat eine ganz tiefe Bedeutung, weil er sich das Recht anmaßt, das nur dem wahren Christus zukommt.
Wir gehen weiter zu 2. Samuel 8.
Dort werden viele Schlachten beschrieben, die David geführt hat. Es waren aber die Kriege des Herrn. Wir haben ja gelesen, dass der Herr der Heerscharen mit ihm war (2. Samuel 5,10). Gott ist der Gott, der über der Armee Israels stand. Darum hatte die Armee Israels damals diese Erfolge, und alle Feinde des Volkes Gottes wurden einer nach dem anderen unterworfen.
Diese Siege Davids weisen auch auf Jesus Christus hin. Der Herr Jesus wird anlässlich seiner Wiederkunft alle seine Feinde in verschiedenen Schlachten besiegen. Offenbar um 1911 wird die Schlacht in Harmagedon stattfinden (Sacharja 14,3 und folgende), seine Schlacht in Jerusalem (Jesaja 63,1 und folgende), seine künftige Schlacht in Edom (Jesaja 19,1 und folgende), seine künftige Schlacht in Ägypten (Hesekiel 38,39), seinen Sieg über die Armee aus dem äußersten Norden, Rosch und seine Verbündeten auf den Bergen Israels.
In einer Schlacht nach der anderen wird der Herr Jesus als der große David alle Feinde Gottes zum Schweigen bringen. Erst dann wird er das Friedensreich aufrichten und regieren wie Davids Sohn Salomo. Erst dann wird er den letzten Tempel in seinem vollen Ausbau aufrichten, nach Ezechiel 40 bis 48, entsprechend dem Tempelbau Salomos.
Daraus ergibt sich auch die Antwort, warum nicht David den Tempel bauen sollte. David repräsentiert die erste Zeit, wenn der Herr Jesus zurückkommt und eine Davidsregierung haben wird – als Übergangsphase. Wenn diese Übergangsphase vorbei ist, kommt der wirkliche Frieden, die Ruhe und der Totalausbau des letzten Tempels.
Auch hier sehen wir wieder den prophetischen Gehalt der Samuelbücher.
2. Samuel 9 ist ein herrliches Kapitel.
David sprach: „Ist noch jemand da, der vom Haus Sauls übrig geblieben ist, dass ich Güte an ihm erweise um Jonathans Willen?“ Wir wissen aus dem ersten Samuelbuch, dass David mit Jonathan ein Bündnis geschlossen hat. David möchte Jonathan und seiner Familie Güte erweisen. Das hat er nach dem Tod seines Freundes niemals vergessen.
Darum erkundigt er sich, ob es noch jemanden aus der Familie Sauls gibt, dem er Güte erweisen kann – um Jonathans Willen, weil er sich ihm gegenüber mit einem Bund verpflichtet hat.
Übrigens: Das Wort „Chesed“ für Güte wird manchmal mit Gnade oder Güte übersetzt, aber man muss das Wort gut verstehen. Chesed meint speziell Bundestreue, also dass man sich an Abmachungen und Versprechungen hält, dass man loyal ist.
Ich will also Güte, Bundestreue erweisen, weil ich Jonathan versprochen habe.
Es gibt ein Wort im Alten Testament für Fromme, das ist „Chassid“ oder „Chassidim“. So werden orthodoxe Juden oder eine Richtung im orthodoxen Judentum genannt. Chassidim sind Leute, die loyal gegenüber den Abmachungen mit Gott sind und sein Wort beobachten. Das ist diese Güte.
David möchte also versprochene, zugesagte Güte gnädig erweisen.
Da wird ihm erklärt: „Ja, es gibt noch jemanden, das ist Mephiboschet.“ Ich lese Vers 3 am Schluss: „Und Ziba sprach zu dem König: Es ist noch ein Sohn da von Jonathan, der an den Füßen lahm ist.“
Mephiboschet wird geholt, und David sagt zu ihm: „Du darfst nun immer bei mir wohnen, und du sollst wie ein Königssohn behandelt werden. Du sollst beständig an meinem Königstisch essen.“
Mephiboschet ist völlig überwältigt. Er ist querschnittgelähmt. Als Baby wurde er fallen gelassen und wurde querschnittgelähmt. Er sagt: „Schau, ich bin ein toter Hund.“ Vers 8: „Was ist ein Knecht, dass du dich zu einem toten Hund gewandt hast, wie ich einer bin?“
David sagt: „Nein, du musst an meinem Königstisch essen.“
Darin haben wir einen wunderbaren Hinweis auf die Gnade Gottes an uns Menschen. David symbolisiert hier Gott, der sagt: Er hat Gnade für uns, die wir eigentlich aus einem Haus des Todes kommen.
An anderer Stelle sagt Mephiboschet von seiner Familie: „Wir sind Männer des Todes.“ Wir als Nachkommen von Adam sind ja eigentlich alle Männer des Todes.
Aber Gott sagt: Ich möchte Güte erweisen an solchen Leuten – um Jonathans Willen. Das können wir übertragen auf Jesu Willen.
So weist das hin auf Gottes Güte, der um Jesu Christi willen den Nachkommen aus der verworfenen Familie Sauls – ein Bild des adamitischen Geschlechts – unverdiente Güte erweist.
Mephiboschet hat Selbsterkenntnis. Er kommt zum König und sagt: „Ich bin ein toter Hund.“ So kann man erklären, was Bekehrung ist. Oft wird oberflächlich gepredigt und einfach gesagt: „Jesus annehmen“ und ein Gebet nachsagen. Das kann bei manchen eine Hilfe sein, und sie bekehren sich echt.
Aber es gibt viele, die das tun und meinen, sie sind bekehrt, sind es aber nicht. Man sieht es danach auch. Sie sind enttäuscht vom Christentum, weil nichts geschehen ist. Sie merken selber, dass sie nicht erneuert worden sind.
Dieser Mephiboschet zeigt die innere Haltung: „Ich bin ein toter Hund.“ Wenn jemand zur Bekehrung kommt, ist es notwendig, dass er die Notwendigkeit der Bekehrung einsieht. Wer von sich selbst so sprechen kann, der ist reif zur Bekehrung.
David nimmt Mephiboschet an. Ich lese Vers 10 am Schluss: „Und Mephiboschet, der Sohn deines Herrn, soll beständig an meinem Tisch essen.“ Vers 11 am Schluss: „Und Mephiboschet, sprach der König, wird an meinem Tisch essen wie einer von den Königssöhnen.“
Übrigens: Er war lahm. Er stammte aus dem Haus Lodebar. Mark hier heißt „Verkaufter“. Paulus sagt in Römer 7,14: „Ich bin fleischlich unter die Sünde verkauft.“ Er merkt: Ich kann mich nicht von der Macht der Sünde in mir freimachen.
Lodebar heißt auf Hebräisch „Nichts, nichts“. Das ist seine Herkunft: Nichts. Das Bewusstsein, dass wir vor Gott überhaupt nichts vorweisen können, auch nicht unsere Herkunft.
Dann wird er erhoben zu einem Königssohn. Mephiboschet darf beständig am Tisch des Königs Gemeinschaft haben.
So sind wir nach 1. Johannes 1,3 in die Gemeinschaft des Vaters berufen worden.
David sorgt dafür, dass Mephiboschet das Erbe, das ihm von der Familie her zusteht, bekommt. Vers 9.
In Römer 8,16-17 lesen wir, dass die Auserwählten „Miterben werden mit Christus“. Und Römer 8,32 sagt: Gott wird uns mit Christus auch noch alles schenken – die ganze Welt.
Mephiboschet saß Tag für Tag am Königstisch, und seine lahmen Beine blieben lahm, aber sie waren schön verdeckt durch die Tischplatte.
So ist es auch bei uns. Einerseits können wir sagen: Vor unserer Bekehrung gilt Römer 5,6: „Christus ist für uns gestorben, da wir noch Sünder waren.“ Wir waren einst unfähig, Gott zu gefallen – lahm.
Aber wie ist es heute als Bekehrte? Da lernen wir das kennen, was Paulus in 2. Korinther 12 beschreibt. Er spricht über seine Schwachheiten. Diese sind nicht Sünden, sondern Schwachheiten, also Mängel, die wir manchmal schmerzlich spüren.
Er sagt: „Ich habe ein Leiden gehabt, ich habe dreimal zum Herrn gefleht, dass er es wegnimmt, und er hat gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“
Dann sagt Paulus: „Jetzt will ich mich lieber der Schwachheit rühmen.“
Das ist das Gegenteil von einem Power-Evangelium, wo die Leute immer stark sein müssen und ihre Schwächen powervoll überspielen. Das ist unglaublich. Man muss dauernd in Hochemotion sein, aber wenn man sich wirklich mal abhört, merkt man: Ich bin einige hundert Volt zu hoch veranschlagt. Das ist gar nicht mein natürliches Lebensniveau.
Wir müssen keine Powerleute sein, aber wir wissen, dass die Kraft Gottes in den Schwachen mächtig ist.
So sitzen wir an dem Tisch mit dem König. Unsere Beine sind lahm, aber sie sind unter dem Tisch an einem guten Ort aufgehoben.
Davids Kriege gegen Ammoniter und Syrer
2. Samuel 10 beschreibt erneut die Siege Davids gegen die rebellierenden Ammoniter in Nordjordanien sowie gegen die Syrer.
Die Kapitel 5 bis 10 zeigen deutlich Davids Erfolge als König. Dabei wird auch sichtbar, wie sehr er bemüht ist, in Treue gegenüber Gott zu handeln.
Davids Fall in schwere Sünde: Ehebruch und Mord
Und nun kommen wir zu dem dritten Teil, ab 2. Samuel 11. Dort wird es sehr traurig.
Wenn wir in den vorigen Kapiteln einige Hinweise gefunden haben, sozusagen als Vorgeschmack auf den kommenden Erlöser, wird uns in den weiteren Kapiteln Davids verdorbene menschliche Natur sehr deutlich bewusst. Auch wir als Erlöste tragen die verdorbene Natur immer noch in uns. Darum sind wir auch nach der Bekehrung zu jeder Sünde fähig. Obwohl wir ein neues Leben aus Gott haben, bleibt die Macht der Sünde in uns. Wir müssen ihr nicht mehr gehorchen, aber wir können.
2. Samuel 11 zeigt uns, dass Davids Erfolge ihn träge machten. Man kann es so sagen: Die Armee muss weiterarbeiten und für die Stabilität des Staates sorgen, aber David bleibt zu Hause. Er geht gemütlich umher und schaut vom Südabhang des Ofel hinunter. Sein Haus lag oben, ganz oben beim Millo. Von dort aus konnte er über die ganze Stadt hinwegsehen, über alle Dächer.
Und so sah er Bathseba, wie sie ein Bad nahm – auf dem Dach. Es war ein sehr religiöses Bad, nämlich ein Ritualbad. Nach der Periode sind Frauen nach dem Gesetz Mose rituell unrein, nicht innerlich, sondern symbolisch, rituell unrein. Nach der Periode müssen sie ein Ritualbad nehmen, und dann beginnt die Zeit der Reinheit.
So lesen wir in 2. Samuel 11, Vers 4: „Am Schluss hatte sie sich aber gereinigt von ihrer Unreinigkeit.“ Das war also ein Ritualbad, das sie auf dem Dach nahm. Dabei hätte sie das Bad nicht unbedingt auf dem Dach nehmen müssen. Ein Ritualbad kann man auch im Haus einrichten. Wer nach Jerusalem geht und die Ausgrabungen im jüdischen Quartier anschaut, sieht, dass dort viele Häuser freigelegt wurden, die voll von Ritualbädern sind. Diese Bäder befinden sich nicht auf den Dächern, sondern im Haus.
David sah Bathseba also dort und wurde zum Ehebruch verleitet. Er ließ sie zu sich holen, und sie wurde schwanger. Daraus könnte man schließen, dass sie einen Zyklus von etwa drei Wochen hatte. Sie war offensichtlich gerade in der Phase der Unreinheit, dann folgen zwei Wochen, in denen man alttestamentlich schon etwas über das Geheimnis des Zyklus ableiten kann.
Ja, es ist ein Geheimnis, und es ist wirklich etwas, über das man staunen muss, wie Gott das so großartig eingerichtet hat. Aber ausgerechnet in diesem Fall wird die Frau schwanger, obwohl die Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Monats so gering ist. Jede Schwangerschaft ist effektiv ein Wunder, wenn man sich die Wahrscheinlichkeit überlegt.
Bathseba wird schwanger, und David realisiert das, denn sie erzählt es ihm. Anstatt wirklich zu erkennen, was er getan hat, versucht er, das Ganze zu vertuschen. Er lässt der Armee, die am Jordan im Einsatz war, mitteilen, man solle Uriah, ihren Mann, zurückholen.
Uriah, obwohl kein echter Israeli, denn er war ein Hethiter, hatte sich als Fremder in Israel quasi zum Juden gemacht. Er sagte sich: „Nein, das geht nicht. Die Armee des Volkes Gottes kämpft, da kann ich nicht einfach heimkommen und mit meiner Frau die Ehe genießen.“ Das geht nicht. Er will absolut nicht zu Hause schlafen.
David merkt, dass seine Rechnung nicht aufgeht. Er versucht es noch einmal, lädt Uriah zum Nachtessen ein, gibt ihm viel Wein und schafft es, ihn betrunken zu machen. Aber selbst in der Betrunkenheit bleibt Uriah klar bei seiner Entscheidung: Er geht nicht zu seiner Frau und schläft wieder nicht zu Hause.
Da sagt sich David: „Jetzt gibt es nur noch eins, der muss weg.“ Er schreibt einen Brief mit der Anweisung, Uriah ganz vorne im Kampf einzusetzen. Dann soll die Armee sich zurückziehen, sodass Uriah allein bleibt und quasi wie zufällig im Krieg stirbt. So gelingt es David.
Damit ist er vom Ehebruch auch noch zum Mörder geworden. Ein Fall so tief, wie man ihn sich kaum vorstellen kann. Eine Sünde löst die andere aus – das ist das Tragische.
Ich glaube, hier können wir eine Pause machen. Es ist halb, machen wir eine richtig ausgiebige Pause von einer halben Stunde.
Nathans Gleichnis und Davids Buße
Wir haben vor der Pause mit einem traurigen Lebensabschnitt Davids begonnen, in dem er in schwere Sünde gefallen ist – Ehebruch und Mord, um das Schlimmste zu nennen. Dann kommt Kapitel zwölf, Vers eins:
„Und der Herr sandte Nathan zu David. Und er kam zu ihm und sprach zu ihm: Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte Kleinvieh und Rinder in großer Menge, der Arme hatte aber gar nichts als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte. Und er nährte es, und es wurde groß bei ihm und mit seinen Kindern zugleich. Es aß von einem Bissen und trank aus einem Becher und schlief an seinem Busen. Und es war ihm wie eine Tochter. Da kam ein Reisender zu dem reichen Mann, und es dauerte ihn, von seinem Kleinvieh und von seinen Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Lamm des armen Mannes und richtete es zu für den Mann, der zu ihm gekommen war.“
Da entbrannte der Zorn Davids sehr gegen den Mann, und er sprach zu Nathan: „So wahr der Herr lebt! Der Mann, der dieses getan hat, ist ein Kind des Todes, und das Lamm soll er vierfältig erstatten, darum, dass er diese Sache getan hat und weil er kein Mitleid gehabt hat.“
Da sprach Nathan zu David: „Du bist der Mann.“
Man weiß zunächst nicht, wie viel später nach der Sünde mit Bathseba Nathan zu David gekommen war. Aber wir können in der Folge schließen, dass es kurz vor der Geburt des Kindes war, das heißt etwa dreiviertel Jahre später. Eine Schwangerschaft dauert ja ungefähr neun Monate. Also nicht unmittelbar danach.
Man kann daraus schließen, dass David diese neun Monate in seiner Sünde verharrte und nicht umkehrte. Wir sehen auch, dass Nathan nicht gleich im Klartext die Schuld aufdeckte, sondern es erst über ein Gleichnis versuchte. David fing sich dann selbst. Als Nathan ihm sagte: „Du bist der Mann“, realisierte David, dass er nichts mehr vertuschen konnte. Er war so wütend auf den Mann der Geschichte, dabei hatte er genau so gegen Uriah gehandelt.
Die Reaktion Davids in Vers dreizehn lautet: „Da sprach David zu Nathan: Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“ Und Nathan sprach zu David: „So hat auch der Herr deine Sünde hinweggetan, du wirst nicht sterben. Nur: ‚Weil du den Feinden des Herrn durch diese Sache Anlass zur Lästerung gegeben hast, so soll auch der Sohn, der dir geboren ist, gewisslich sterben.‘“ Und Nathan ging nach seinem Haus.
David tut Buße und sagt nicht einfach, wie damals Saul – ich habe hier verwiesen auf 1. Samuel 15,30 –, als Saul überführt wurde und sagte: „Ich habe gesündigt, nun ehre mich vor den Ältesten.“ Da merken wir sofort, wie viel Wert diese Buße hatte.
David sagt auch nicht: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt, ich habe gesündigt, so ehre mich.“ Sondern er sagt: „Ich habe gegen den Herrn gesündigt.“ Zunächst würden wir denken, er habe gegen Uriah gesündigt oder gegen Bathseba. Aber er erkennt, dass seine Sünde im Tiefsten eigentlich eine Sünde gegen Gott ist.
Die Reaktion ist eindrücklich: Der Prophet kann ihm sofort die Vergebung Gottes zusprechen. Das haben wir bei Saul nicht gefunden – diesen Zuspruch nach seiner Buße in Anführungsstrichen. Aber gleich sagt Nathan: „Trotzdem kommst du, David, unter die Zucht Gottes.“ Es ist zwar vergeben, aber die Zucht bleibt.
Und zwar, damit die Feinde Gottes keinen Grund haben, weiter zu lästern und zu sagen: „Seht ihr, das ist das Volk Gottes, die sündigen. Und dann können sie sagen, es tut mir leid, und dann ist schon alles wieder gut.“ Nathan sagt: „Du musst unter die Zucht Gottes kommen wegen der Feinde Gottes. Du hast Anlass zur Lästerung gegeben.“ Er hat den Namen Gottes vor den heidnischen Völkern verunehrt. Deshalb muss das Kind sterben.
Schon zuvor hat David gesagt, welche Zucht kommen soll. In Vers 11 heißt es: „So spricht der Herr: Siehe, ich will aus deinem Haus Unglück über dich erwecken, also aus deiner Familie. Und ich will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Frauen liege vor den Augen dieser Sonne. Denn du hast es im Verborgenen getan, ich aber werde dies tun vor ganz Israel und vor der Sonne.“
Unglück über die Familie und Schändung von Davids Frauen. David hat in seiner Reaktion gesagt, der reiche Mann soll das Lamm vierfältig erstatten – das Lamm, das dem Armen wie eine Tochter war.
Als Erstes starb das Kind, das Bathseba gebar, noch im gleichen Kapitel. Später verlieren wir auch Amnon, der durch seinen Bruder Absalom ermordet wird. Später tötet Joab Absalom, und da ist der dritte Sohn weg. Noch später wird auch Adonia getötet, so dass vier Söhne Davids sterben müssen – entsprechend seinem königlichen Urteil, dass es vierfältig erstattet werden soll.
Das ist sehr eindrücklich.
Wir sehen hier das Prinzip: Gott züchtigt, obwohl Vergebung da ist. Das ist auch sehr wichtig in Verbindung mit Gemeindezucht. Gemeindezucht hat das Ziel, den Betroffenen zur Buße zu leiten. Aber das ist bei weitem nicht die einzige Aufgabe.
Eine zweite Aufgabe ist, dass die Feinde Gottes, also die Ungläubigen, keinen Grund zur Lästerung haben. Ein dritter Grund ergibt sich aus 1. Timotheus 5, Vers 20, wo gesagt wird: „Die Ältesten, wenn sie sündigen, fortdauernd sündigen, die sollen öffentlich überführt werden.“ Das darf man normalerweise nicht tun – Christen öffentlich überführen. Aber bei Ältesten, die eine so verantwortungsvolle Position einnehmen und in der Sünde weitermachen, müssen sie öffentlich überführt werden.
Die Begründung: Damit auch die übrigen Furcht haben. Gerade damit es eine Hilfe für andere ist, damit sie nicht in die Sünde fallen.
Das Beispiel Davids und die Zucht, die sich über die kommenden Kapitel erstreckt, will uns helfen, nicht leichtfertig über Sünde und Vergebung nachzudenken. Wir denken oft: Ja, wir können irgendwie sündigen, dann Buße tun, es ist vergeben, alles ist okay. Nein, die Zucht Gottes ist damit nicht einfach weg.
Das ist übrigens auch in unserer Schweizer Rechtsprechung so: Wenn jemand vor Gericht Reue zeigt, hat das einen Einfluss auf das Urteil. Bei völlig verhärteten Tätern kann das Urteil sehr hart ausfallen. Wenn aber Reue da ist, wirkt das mildernd, aber nicht so, dass es keine Strafe gibt.
Ich denke, auch in der Kindererziehung kann das manchmal wichtig sein. Selbst wenn Kinder sofort einsehen, dass es falsch war, und es bereuen, ist es wichtig, dass sie eine Konsequenz spüren. So werden sie daran erinnert, dass es nicht egal ist. Es ist in Ordnung, Reue zu zeigen, aber unter Umständen müssen sie doch eine Aufgabe erledigen oder eine Konsequenz tragen, damit sie solche Dinge nicht leichtfertig nehmen.
Das ist ein göttliches Prinzip, das wir aus der Zucht Gottes mit uns Menschen lernen können.
Psalm 51: Davids Bußpsalm
Aus dieser Reue heraus entsteht Psalm 51, von dem wir in der inspirierten Überschrift lesen: Psalm 51, Vers 1: „Dem Vorsänger ein Psalm von David, als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Bathseba eingegangen war.“ Er hat diesen Psalm also in der Folge gedichtet.
„Sei mir gnädig, o Gott, nach deiner Güte, nach der Größe deiner Erbarmungen, tilge meine Übertretungen, wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit und reinige mich von meiner Sünde! Denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist beständig vor mir. Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen, damit du gerechtfertigt werdest, wenn du redest, rein erfunden, wenn du richtest. Siehe, ich bin in Ungerechtigkeit geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“
David wurde also nicht nur seine Sünde bewusst, sondern auch seine verdorbene Natur. Es ist auch etwas Wichtiges, wenn wir als Gläubige Buße tun – über etwas –, dass wir nicht nur die Tat bereuen, sondern dass wir auch neu sehen, wie verdorben unsere von Adam geerbte sündige Natur ist. Der Römerbrief nennt das „das Fleisch“ oder „die Sünde“.
Bei David lernen wir, was wirkliche Buße ist, und Gott gibt dann auch Trost. Es ist also nicht so, dass Gott dann nur Zucht auf Zucht gibt. Bathseba bekommt im Kapitel zwölf später noch ein Kind, nachdem David sie geheiratet hat. Er nennt es Salomo, Vers 24, was „Frieden“ oder „Mann des Friedens“ bedeutet. Dort heißt es: „Und der Herr liebte ihn, und er sandte durch Nathan den Propheten und gab ihm den Namen Jedidja, das heißt ‚der Geliebte des Ewigen‘, um des Herrn Willen.“
Über diesen Irrweg, über diese Linie, kommt schließlich Salomo, der dann die Königsdynastie weiterführen soll. Das ist eine erstaunliche Gnade. Das erinnert einen sehr an das Lied „Amazing Grace, How Sweet the Sound“ – erstaunliche Gnade, so herrlich ist der Klang, Gnade, die einen so verdorbenen Sünder wie mich gerettet hat. Einst war ich blind, aber jetzt sehe ich. Übrigens hat ein ehemaliger Sklavenhändler dieses Lied nach seiner Bekehrung gedichtet.
Gottes Gnade macht also auch Mut, dass David weitergehen kann, weil er Buße getan hat. Aber was wir in den folgenden Kapiteln sehen: David ab 2. Samuel 11 ist nie mehr derselbe David wie früher. Es ist etwas in David gebrochen, das nie mehr zurückkam, obwohl er in der Gnade Gottes weitergehen durfte. Das hilft uns, die Sünde des Ehebruchs als schwerwiegend einzuschätzen.
Die Tragödie in Davids Familie: Amnons Vergewaltigung von Tamar
In 2. Samuel 13 lernen wir, dass das Böse weiter um sich greift. Absalom hat eine schöne Schwester namens Tamar, und Amnon, ihr Halbbruder, liebt sie. Er liebt sie so sehr, dass es ihm fast zum Krankwerden ist. Schließlich findet er einen Trick, wie er sie vergewaltigen kann: Er stellt sich krank und bittet seine Schwester oder Halbschwester Tamar, ihm Kuchen zu backen. Diese Kuchen sind nur für ihn bestimmt, und das Zimmer wird abgeschlossen. Dann vergewaltigt er sie.
Das Tragische daran ist, dass das hebräische Wort für diese Kuchen „Lebibot“ heißt, im modernen Hebräisch „Levivot“. „Lev“ oder „Leb“ bedeutet Herz. Zum Beispiel gibt es den Namen „Labhart“, was „Herz“ bedeutet, und „Lebherz“, eine Kombination aus hebräisch und deutsch. Diese Namen sind jüdische Nachnamen. Es handelt sich also um einen Herzkuchen, einen Kuchen in Herzform. Tamar musste ihm diesen Kuchen backen, was für ihn das Verliebtsein symbolisierte. Doch es war eine bösartige, sündige Liebe. Er vergewaltigt sie auf eine dramatische Weise, wie hier beschrieben wird.
David hört davon (Vers 21), und der König David erfährt alle diese Dinge. Er wird sehr zornig, doch es geschieht nichts weiter. David hasst die Sünde, und es handelt sich hier nicht nur um irgendeine Hurerei. In der Bibel ist Hurerei verboten, und hier geht es sogar um Blutschande. Nach 3. Mose 18, Vers 9 ist die Beziehung zu einer Halbschwester unerlaubt. Aber David, der Richter Israels, unternimmt nichts. Man muss bedenken, dass er selbst im Prinzip dasselbe getan hat: Hurerei, Ehebruch. Wie sollte er da gegen seine Söhne vorgehen, obwohl deren Vergehen noch eine Stufe schlimmer war, nämlich Blutschande, eine noch perversere Sünde?
Das Böse breitet sich also weiter aus. Absalom hasst seinen Bruder (Vers 22). Doch zwei Jahre lang sagt er ihm weder Gutes noch Schlechtes. Schließlich ermordet er ihn. Absalom muss fliehen, und David sehnt sich nach seinem Sohn Absalom. Was soll er diesem Mörder sagen? Er selbst ist ja auch ein Mörder geworden. David hat nicht mehr die Kraft, das moralische Gewicht durchzusetzen.
Wie soll jemand, der zum Beispiel als Ältester in einer Gemeinde tätig ist, die Kraft haben, im Fall von Unzucht oder Ehebruch ein moralisch wirkendes Wort zu sprechen, wenn er selbst solche Sünden begangen hat? Natürlich kann er sagen, dass er Buße getan und alles geordnet hat, aber in dieser Stellung hat er nicht mehr das nötige Gewicht. Das sehen wir so tragisch bei David: Er hasst das Böse und ist zornig, aber er ist wie ein Gefesselter.
Dann kommt noch die Liebe zu Absalom, die uns noch mehr beschäftigen wird. In Vers 39 heißt es: „Und der König David sehnte sich danach, zu Absalom hinauszugehen, denn er hatte sich über Amnon getröstet, dass er tot war.“
Joabs kluger Plan zur Versöhnung mit Absalom
Kapitel 14
David zeigt eine eigenartige Liebe zu Absalom, die jedoch mit den natürlichen Eigenschaften seines Sohnes zusammenhängt. Diese Schwäche Davids wird von Joab ausgenutzt. Joab schickt zu David eine ganz schlaue Frau, die ähnlich handelt wie der Prophet Nathan mit einer erfundenen Geschichte. Diese erfundene Geschichte soll David verdeutlichen: Gott ist ein Gott der Liebe und möchte, dass das, was zerrissen ist, wieder zusammenkommt. Gott will nicht, dass der Mensch verstoßen ist. So soll David erkennen, dass er Absalom eigentlich zurückholen sollte.
Ein Schlüsselvers ist Vers 14: „Denn wir müssen gewisslich sterben und sind wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist, welches man nicht wieder sammeln kann.“ Gott nimmt nicht das Leben weg, sondern er sinnt darauf, dass der Verstoßene nicht von ihm weggeworfen bleibt. Das ist so falsch angewandt. Das Ganze ist ja wahr: Gott will Verstossene zurückholen. Aber hier wird es auf jemanden angewandt, der überhaupt keine Reue und keine Buße zeigt.
Das erinnert oft an die schwächliche christliche Liebe, die heute propagiert wird und immer auf Kosten der Wahrheit und der Moral geht. Natürlich möchte Gott, dass wir alles schön zusammen haben. Ja, das will er auch. Aber es braucht Buße.
Schließlich kommt Absalom zurück nach Jerusalem. David kann dann doch so hart sein, dass er ihn zwei Jahre lang nicht besuchen darf. Das bringt er fertig. Aber schließlich kommt es doch dazu, dass Absalom wieder vor den Vater tritt. Schauen wir den Schlüsselvers in Vers 33: „Da begab sich Joab zu dem König und berichtete es ihm, und er rief Absalom, und er kam zu dem König und warf sich auf sein Antlitz zur Erde nieder vor dem König, und der König küsste Absalom.“
Eine bewegende Szene, wie beim verlorenen Sohn. Der verlorene Sohn kommt zurück, und der Vater liebt ihn so und küsst ihn. Das kennen wir aus der Geschichte vom verlorenen Sohn.
Aber die Geschichte geht hier etwas anders weiter. Es gibt Versöhnung ohne Gerechtigkeit, ohne Wahrheit. Ich habe auf Lukas 15,18-21 verwiesen: Der verlorene Sohn kommt zurück, nachdem er gesagt hat: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel, gegen Gott und gegen dich.“ Und er kommt, und der Vater umarmt ihn und küsst ihn zärtlich. Es gibt eine Wiederherstellung – aber über die Buße, über die Umkehr.
Absalom ist hier ein Paradebeispiel beeindruckender männlicher Schönheit und gemeinster Durchtriebenheit. Ich lese Vers 25: „Und in ganz Israel war kein Mann wegen seiner Schönheit so sehr zu preisen wie Absalom; von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Fehl an ihm.“ Dann kamen noch seine tollen Haare hinzu.
Aber die weiteren Verse zeigen, dass er sehr durchtrieben ist. Noch schlimmer wird es in Kapitel 15. Absalom hat also etwas sehr Charismatisches an sich – charismatisch im Sinne von Anziehungskraft. Man spricht ja von Regenten, die charismatisch sind, weil sie das Volk für sich gewinnen können. Das hatte dieser unglaublich schöne, perfekte Mann, ohne Fehl von der Fußsohle bis zum Scheitel – also ein absolut perfekter Körper.
Absalom kann die Leute so richtig hinter sich herziehen, und das macht er auf ganz gemeine Art. Er sagt, sie sollen nicht mehr zu David gehen, wenn sie ein Gerichtsproblem haben. Er löst es besser für sie, sodass sie garantiert Recht bekommen. So wiegelt er das Volk von David ab. Schließlich lässt er sich in Hebron zum Gegenkönig ausrufen.
Jetzt kommt es zum Umsturz. David muss aus Jerusalem fliehen. Doch viele Nichtjuden halten ihm die Treue. Wir lesen in Vers 18 von sechshundert Gathitern, also Philistern, die sich David angeschlossen haben und ihm auf der Flucht beistehen. Viele Nichtjuden halten zu David.
Dann wird eindrücklich beschrieben, wie der verworfene König über den Bach Kidron zum Ölberg zieht. Ich lese Vers 23: „Und das ganze Land weinte mit lauter Stimme, und alles Volk ging hinüber, und der König ging über den Bach Kidron im Kidrontal, zwischen Zionsberg und Ölberg.“ Das Kidrontal liegt über dem Bach Kidron. Alles Volk zog hinüber auf dem Weg zur Wüste hin, hinter dem Ölberg beginnt die jüdische Wüste.
Siehe, auch Zadok war da und alle Leviten mit ihm, die Lage des Bundesgottes tragend. Dann Vers 28 und Vers 30: „David aber ging auf die Anhöhe der Olivenbäume hinauf und weinte. Während er hinaufging, war sein Haupt verhüllt, und er ging barfuß. Alles Volk, das bei ihm war, hatte ein jeder sein Haupt verhüllt und ging unter Weinen hinauf.“
So geht David in die Wüste davon. Erinnert uns das nicht später an den großen Sohn Davids, der in Johannes 18 über den Kidronbach zum Ölberg geht und weint, im Garten Gethsemane? Aber im Gegensatz zu David geht er dann nicht ab in die Wüste – und dort wäre der Herr sicher gewesen.
Vielen Juden in der Vergangenheit hat die jüdische Wüste Zuflucht geboten, wenn sie verfolgt wurden. Doch der Herr Jesus ging zum Ölberg, ließ sich dort festnehmen und ging ans Kreuz vor den Toren Jerusalems. Er hätte die Gelegenheit gehabt, wie David, auf die Berghöhe zu gehen und dann in die Wüste zu flüchten. Aber um uns zu retten, ging er nicht den Weg wie David.
Trotzdem sehen wir in diesem traurigen, verworfenen König, der weinend über den Bach Kidron zum Ölberg geht, eine wunderbare Vorschattung auf den Herrn Jesus.
Die Anhöhe des Ölbergs ist übrigens interessant. Es heißt dort, dass David dort jeweils anzubeten pflegte, Vers 32, auf dem Gipfel. Der Gipfel des Ölbergs ist nämlich der Ort, wo der Altar für die rote Kuh stand – das wichtigste Opfer in Israel.
Dieser höchste Punkt des Ölbergs ist mit dem höchsten Punkt des Tempelbergs – dem Felsen im Felsendom – durch eine Linie verbunden, die exakt im rechten Winkel zur Ostmauer verläuft. Die Ostmauer wurde in Anlehnung an den Eckstein, den Felsen im Felsendom, gebaut. Dieser Felsen war Fundament und Eckstein in einem.
Die Westböschung ist natürlich parallel zur Ostmauer. So sind diese beiden Gipfel – das Allerheiligste mit dem Felsen, wo die Bundeslade war, und der Altar auf der Berghöhe des Ölbergs – miteinander verbunden.
Das nur, weil hier konkret diese Anhöhe des Ölbergs genannt wird, wo David anzubieten pflegte.
Verrat und Spionage im Bürgerkrieg
Etwas Tragisches
Sogar in diesem Umsturz ging Ahitophel, der Ratgeber Davids, auf die Seite von Absalom. Das war für David besonders schlimm, denn Ahitophel hatte ein so scharfes politisches Urteilsvermögen. Was er sagte, war menschlich gesehen immer richtig. Das stellte die größte Gefahr für David dar.
Auf der Flucht betete David deshalb, dass Gott den Rat Ahitophels verwerfen möge. In Vers 31 heißt es: „Betöre doch den Rat Ahitophels, Herr!“
Dann kam noch jemand, der zu David hielt: Husai, der Akiter. David sagte zu ihm, er solle als Spion zu Absalom zurückkehren. Husai schlich sich tatsächlich bei Absalom ein und es gelang ihm, das Urteil Ahitophels zu kippen.
Ahitophel hatte zu Absalom gesagt, er solle sofort David nachjagen, dann könne er ihn töten. Hätte man diesem Rat Folge geleistet, wäre das der sichere Tod Davids gewesen. Husai sagte jedoch: „Der Rat Ahitophels ist sonst immer richtig, aber diesmal nicht.“
Das war auch ganz logisch: Die alten Veteranen, die mit David gegangen waren, gegen die hatte Absalom keine Chance. Außerdem übernachtete David nicht beim Volk, sondern irgendwo abseits. Das würde schiefgehen.
Absalom war von Husais Rat überzeugt und hielt ihn für besser. Als Ahitophel sah, dass sein Rat abgelehnt wurde, ging er weg und beging Selbstmord.
Das ist eine ganz dramatische Geschichte, was da so vor sich ging. Husai kehrte zurück und widerlegte den Rat Ahitophels. Die treuen Priester Zadok und Abjatar hatten die Bundeslade zum Ölberg gebracht. David sagte ihnen, sie sollten wieder zurück in die Stadt gehen. Sie sollten gewissermaßen als seine Verbündeten in Jerusalem bleiben.
Weitere Intrigen und Davids Demut auf der Flucht
2. Samuel 16. Ziba, der Knecht von Mephibosheth, dem Gelähmten, verleumdet bei David seinen Herrn Mephibosheth. David bekommt dies als Geschenk mitgeteilt. Dieser Mephibosheth, für den David so viel getan hat, wird als ein ganz verdrehter Mensch dargestellt. Muss David diesen Ballast auch noch mitnehmen?
Dann lesen wir von Simei, der David Steine nachwirft und ihm flucht. Die Leute um David meinen, er müsse Simei bestrafen. Doch David sagt, man solle ihn gewähren lassen. Er nimmt dies als Zucht aus der Hand Gottes an. Vielleicht muss es so sein, dass Simei ihm so flucht. David geht seinen Weg weiter. Das zeigt erneut seine Demut, denn er erträgt diese Schande.
Wie bereits erwähnt, schleicht sich Husai als Spion bei Absalom ein (2. Samuel 15,15-23). Danach kommt es zu einer schlimmen Sache, die auf den Rat von Ahitophel zurückgeht. Ahitophel gibt folgenden Rat: In Vers 22 heißt es, dass man für Absalom ein Zelt auf dem Dach aufschlug. Absalom geht zu den Nebenfrauen seines Vaters vor den Augen ganz Israels.
Der Rat Ahitophels, den er in jenen Tagen gab, war so, als würde man das Wort Gottes befragen. Jeder Rat Ahitophels war sowohl für David als auch für Absalom maßgebend. Auf dem Dach schändet Absalom die zurückgebliebenen Nebenfrauen Davids. Dieser Rat Ahitophels war teuflisch und gemein.
Dabei erfüllt sich die Prophetie von Nathan. Wir haben in Kapitel 12, Vers 11 gelesen: „So spricht der Herr: Siehe, ich will aus deinem Haus Unglück über dich erwecken.“ Das ist die Rebellion von Absalom. „Ich will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben, dass er bei deinen Frauen liege vor den Augen dieser Sonne.“
Diese Schändung fand gewissermaßen öffentlich auf dem Dach statt. Sie musste David an seine Erfahrung mit dem Dach und Bathseba erinnern – eine grausame oder schwere Zucht, die man kaum verstehen kann. Gottes Wort erfüllt sich.
Gottes Souveränität inmitten menschlicher Intrigen
2. Samuel 17 habe ich bereits vorweggenommen. Der Rat Ahitophels hätte David den sicheren Tod gebracht, doch Husai konnte ihn übertrumpfen. Warum? In der Souveränität Gottes lag der Plan, dass Absalom sterben muss.
Der Schlüsselvers ist Vers 14: „Und Absalom und alle Männer von Israel sprachen: Der Rat Hussais des Akitters ist besser als der Rat Ahitophels.“ Aber der Herr hatte es so angeordnet, um den guten Rat Ahitophels zunichtezumachen und damit das Unglück über Absalom zu bringen.
Obwohl alles mit Tricks und List geschieht, sehen wir, dass Gott in allem seine Hand hat. Das ist die Souveränität Gottes. Unrecht, Lüge und Ähnliches werden dadurch nicht gerechtfertigt, aber es zeigt, dass Gott selbst über dem Tricksen der Menschen und ihren Lügen steht.
Ahitophel begeht, wie gesagt, daraufhin Selbstmord. Nun ist eine Beobachtung interessant: Wenn man 2. Samuel 11,3 und 23,34 liest, findet man heraus, dass Ahitophel der Großvater von Bathseba war. Daraus können wir natürlich mutmaßen, ob es nicht Rache für seine Enkelin war, dass er auf die Seite Absaloms ging und Gemeines gegen David riet. Das können wir wohl daraus schließen.
David wird im Weiteren durch Spione darüber unterrichtet, wie es in Jerusalem zugeht (Verse 15-22). Doch mit Verspätung kam es zu einer Verfolgung: Absalom verfolgt seinen Vater (Verse 24-26). Das ist der verlorene Sohn, der von seinem Vater geküsst wurde und nun seinen Vater verfolgt.
Schobi, Markir und Barsilei versorgen David auf der Flucht mit Nahrung (Verse 27-29).
Der Bürgerkrieg und Absaloms Tod
In Kapitel 18 kommt es zu einem erbitterten Bürgerkrieg in Israel. David will jedoch Absalom mit Samthandschuhen anfassen. Er gibt die Anweisung in Vers 5: „Und der König gebot Joab und Abisei und Ittai und sprach: Verfahrt mir gelinde mit dem Jüngling Absalom.“
Es ist unglaublich, wie er immer noch von seinem lieben Absalom spricht: „Gelinde mit meinem Jüngling Absalom.“ Es ist so, dass vielleicht die eigene Familie der Bereich ist, in dem wir am meisten blind sein können. Unter Umständen kann es auch anders sein, ja, aber oft gehört das zu einer gewissen menschlichen Schwäche, die bei David im Fall von Absalom besonders ausgeprägt war.
Man kann auch mutmaßen, warum das so war. Über Amnons Tod konnte er sich trösten, aber nach Absalom sehnte er sich sehr. Absalom war einfach der perfekte Junge: so schön, so charismatisch, so anziehend für die Volksmassen. David wurde durch das Äußere von Absalom getäuscht. Deshalb gab er diese Anweisung.
Absaloms Haare, die an anderer Stelle so eindrücklich beschrieben werden (2. Samuel), werden ihm in diesem Kampf zum Verhängnis. Er bleibt mit seinem Kopf in einem Baum hängen, und Joab sowie seine zehn Waffenträger töten ihn, insgesamt vierzehn bis fünfzehn.
Die Reaktion Davids wird dann erzählt. Der Umsturz ist gewissermaßen gerettet. In Vers 33 heißt es: „David hört vom Tod Absaloms. Da wurde der König sehr bewegt, und er stieg hinauf in das Obergemach des Tores und weinte. Während er ging, sprach er: ‚Mein Sohn Absalom, mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! Wäre ich doch an deiner Statt gestorben, Absalom, mein Sohn, mein Sohn!‘“
Diese Anhänglichkeit ging deutlich über das Maß hinaus. Und das hatte auch schwere Konsequenzen.
Die Rückkehr Davids und politische Fehler
Im Kapitel 19 wird das Ende des Bürgerkriegs beschrieben. Die Rettung nach dem Umsturz verwandelt sich jedoch in Trauer über den Sieg. Der Tag des Sieges wird zu einem Tag der Trauer. Joab, der Heeresoberste, erkennt, dass wenn David jetzt weitermacht und dieses Spiel so fortführt, sich das ganze Volk von ihm abwenden wird.
Die Menschen denken: Wir riskieren unser Leben und kämpfen für dich im Bürgerkrieg, und dann sagst du nur „Absalom, mein Sohn, mein Sohn, Absalom, mein Sohn“. Deshalb wäscht Joab David tüchtig den Kopf und sagt ihm, dass er dem Volk jetzt gewissermaßen seine Dankbarkeit zeigen muss. Andernfalls ist es um die Königsherrschaft geschehen. Joab kann das Schlimmste abwenden.
Die abgefallenen Nordstämme erwägen daraufhin eine Rückkehr zu David (19,9-10), also die Stämme, die mit Absalom gegangen waren. Nun begeht David jedoch einen politischen Fehler: Er kehrt aus dem Ausland zurück und lädt den Stamm Juda ein, ihn bei seiner Rückkehr ins Land zu empfangen (19,11-15).
Dabei macht er noch einen weiteren Fehler: Er möchte Joab als General durch Amasa ersetzen. Das verletzt Joab zutiefst. Zwei Fehler also kurz hintereinander. David kehrt zurück und wird dann von Simei empfangen, der ihn zuvor gelästert hatte, als er wegging. Simei bekennt seine Sünde der Lästerung, und David vergibt ihm (19,16-23).
Dann kommt Mephiboschet, der von Ziba verleumdet worden war, und empfängt David voller Freude. Das ist ein klarer Beweis, dass die Verleumdungen unbegründet waren. Mephiboschet hatte sich während Davids Abwesenheit nicht mehr gewaschen oder gepflegt und sah entsprechend aus. Dies war gewissermaßen ein Zeichen seiner Trauer über den Umsturz.
Anschließend empfängt der alte Barsillai David, und Juda sowie die Hälfte Israels empfangen ihn (19,40). Doch im weiteren Verlauf sehen wir, dass die Nordstämme Israels tief beleidigt sind, weil David nur Juda eingeladen hat, ihn zu empfangen. Dabei hatten die Nordstämme zuvor sogar erwogen, wieder zu David zurückzukehren.
Jetzt fühlen sie sich zurückgesetzt und beklagen sich bei den Judäern. Die Judäer reagieren darauf sehr hart. Was geschieht, wenn man auf Härte mit Härte reagiert? Wie in der Physik gilt: Actio gleich Reactio. Dies führt zu einem neuen Bruch.
Die zehn Stämme sagen sich: „Mit denen haben wir nichts zu tun.“ Genau in diesem Moment tritt der Bösewicht auf (20,1). Dort war zufällig ein Mann Belials, das heißt ein nichtsnutziger Mensch, namens Sheba, der Sohn Bikris, ein Benjaminiter. Er stößt in die Posaune und ruft: „Wir haben kein Teil an David und kein Erbteil am Sohn Isais.“
So macht dieser Sheba die Nordstämme wieder von David abspenstig. Es kommt zu einem neuen Bruch, einer neuen Revolution. Nun soll Amasa, den David als Heeresobersten eingesetzt hat, den Aufstand niederschlagen (20,4-6). Doch er ist kein guter Heeresoberster, zögert und zögert.
Joab erkennt die Gelegenheit und handelt auf eigene Rechnung. Er nutzt die Chance und kann den Aufstand niederringen. Das führt dazu, dass Sheba geköpft wird. Amasa wird umgebracht – aus Eifersucht von Joab ihm gegenüber. Joab bleibt Heeresoberster, und dieser letzte Aufstand ist damit beendet.
Hungersnot und Sühne für Sauls Vergehen
Dann folgt Kapitel 21. Es tritt plötzlich eine dreijährige Hungersnot auf. David befragt Gott nach dem Grund, und es wird ihm erklärt, dass dies noch mit Saul zu tun hat. Saul hatte nämlich ein Massaker unter den Gibeonitern verübt.
Die Gibeoniter waren Kanaaniter, mit denen Joshua in Joshua 9 einen Bund geschlossen hatte, um sie zu verschonen. Saul brach diesen jahrhundertealten Bund durch das Massaker. Gott sagte, dass die Hungersnot eine Folge davon sei.
In der Folge werden sieben Männer aus der Familie Sauls hingerichtet. Sie werden jedoch zusammen mit Jonathan und Saul würdevoll in einem Ahnengrab bestattet.
Weiterhin berichten die Kapitel 21,15 bis 22 von neuen Auseinandersetzungen mit den Philistern. Am Ende seines Lebens tötet David nochmals vier philistäische Riesen, ähnlich wie Goliath früher.
Der erste Riese hatte ursprünglich beschlossen, David zu ermorden. Daraufhin wurde in Israel beschlossen, dass David zu alt sei und nicht mehr in den Krieg ziehen solle. Man wollte verhindern, dass die Leuchte Israels erlischt.
In Vers 17 wird David als die Leuchte Israels beschrieben, die nicht ausgelöscht werden soll.
Davids Lobpreis und prophetischer Ausblick
Dann kommt Kapitel 22. David redete zu dem Herrn die Worte dieses Liedes an dem Tag oder zur Zeit, da der Herr ihn aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls errettet hatte. Er sprach:
Der Herr ist mir mein Fels und meine Burg und mein Retter. Gott ist mein Fels, auf ihn werde ich trauen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Feste und meine Zuflucht.
Ein bewegender Psalm, den wir in Psalm 18 fast wörtlich wiederfinden. Es ist David, der Gottes Güte rückblickend preist. Aber es ist auch ein prophetischer Psalm, der letztlich auf die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit als Richter hinweist.
2. Samuel 23 ist noch bewegender. Dies sind die letzten Worte Davids, sein Testament. Es spricht David, der Sohn Isais, und der hochgestellte Mann, der Gesalbte des Gottes Jakobs und der Liebliche in Gesängen Israels. Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge.
Hier haben wir eine deutliche Stelle, die ausdrücklich die volle Inspiration der Psalmen bezeugt. Der Heilige Geist hat durch David gesprochen, in all den Psalmen, die eine so tiefe prophetische Bedeutung haben. Dann folgt ein Vers, der besonders herausragt: David spricht von dem messianischen Reich.
Vers 4: Und er wird sein wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, ein Morgen ohne Wolken. Von ihrem Glanz nach dem Regen spross das Grün aus der Erde.
Ein Morgen ohne Wolken – das wünschen wir Israel. Jetzt ist es ganz anders: Es ist dunkel, sehr ernst, und die Welt befindet sich in einer sehr kritischen Phase. Das Schlimmste steht noch bevor, aber danach kommt dieser Morgen ohne Wolken. Das ist das große Reich des Sohnes Davids am Ende der Tage.
Es folgt noch eine Liste der Helden Davids, die ihn so unterstützt haben in seiner Verwerfung. Schließlich kommt Kapitel 24. Dort wird David von Satan angereizt, sein Volk zu zählen.
Was kann der Grund sein, wenn man das Volk zählen will? Es gibt verschiedene Gründe. Manche haben Statistik einfach sehr gern. Aber in 2. Mose 30,12 hat Gott eine klare Einschränkung gegeben: Wenn Israel gezählt wird, muss man für jede Person ein Lösegeld bezahlen. Das sollte verhindern, dass das einfach so leichtfertig getan wird.
Warum? Weil Volkszählung leicht der Ausdruck von Hochmut ist. Wer hat nicht schon seine Gemeinde durchgezählt? Das können ganz verschiedene Gründe haben. Es kann sein, um die Gnade Gottes zu preisen, ja, aber es kann auch ein versteckter Hochmut sein. Oder wenn man zählt, wie viele sich jetzt durch mich bekehrt haben – man kann doch die Gnade Gottes preisen, dass man so gut gebraucht worden ist. Aber es ist leicht Ausdruck von Hochmut.
David will nun sein Volk zählen. Eigentlich ist es sein Stolz, der hier wieder durchbricht. Später gibt Davids Gewissen auch Alarm, und er tut Buße (Vers 10). Doch Gott bringt eine Pestplage über Israel.
Das Gericht dieser Pestplage endet, als der Engel des Herrn bei der Tenne Aravnas unterhalb der Bergspitze, zwischen Himmel und Erde, steht. Dort sieht David ihn.
Der Engel des Herrn, der Malach Adonai, ist der Sohn Gottes im Alten Testament. Der Engel des Herrn wird nämlich immer wieder genannt „der Herr“. Er ist der Ewige und trotzdem der Gesandte des Herrn – eigenartig. Man kann aus dem Alten Testament beweisen, dass in der Gottheit mehr als eine Person ist.
Der Engel des Herrn hält sein Schwert dort oben auf dem Tempelberg. Dort war die Tenne Aravnas. Eine Tenne hat man im Altertum nicht auf die Bergspitze gestellt, sondern etwas unterhalb, also leicht unterhalb vom Felsen.
David hat diese Tenne dann gekauft, denn Gott hat ihm prophetisch mitgeteilt: Hier sollst du einen Altar errichten, und zwar genau auf der Tenne von Aravna.
Heute wissen wir ganz genau, wo das Allerheiligste war – durch die jüngsten archäologischen Forschungen auf dem Felsen. Wir wissen auch genau, wo der Altar war: Er war etwas mehr als drei Meter unterhalb der Bergspitze, der Ort des Altars.
Genauso wie man Tennen baute, damit das Korn nicht einfach fortgeweht wird, sondern wenigstens durch die Bergspitze aufgehalten wird, können wir diese Tenne genau lokalisieren.
Dort hat David den Altar gebaut. Das wurde dann auch der Altar im salomonischen Tempel, an diesem Ort. Im zweiten Tempel wurde er wieder genau am gleichen Ort an seiner Stelle aufgebaut (Esra 3).
Heute wissen wir, wo das ist. Darum kann man für den dritten Tempel den Altar genau wieder an der richtigen Stelle aufbauen.
Südöstlich von der Oma-Moschee, vom Kettendom – das ist dieser kleine Dom östlich vom Felsendom – gerade südöstlich dazu ist der Platz des Altars.
Dort hatte David den Altar gebaut und er hat ihn gekauft, wie wir in diesem Kapitel lesen, für fünfzig Silberschäkel, also etwa ein halbes Kilo Silber.
In der Parallelstelle in 1. Chronik 21,26 wird von sechshundert Goldschäkel gesprochen. Aber er kaufte eben nicht nur die Tenne, sondern auch das ganze Terrain, den Tempelplatz.
So ergänzen sich die Berichte: Die Tenne für ein halbes Kilo Silber und der Tempelplatz für sechs Kilo Gold.
Das ist eines der wenigen Immobiliengeschäfte, die in der Bibel berichtet werden.
Ganz wichtig ist: Wem gehört der Tempelberg, der Tempelplatz? Dort haben wir noch die Kaufurkunde und den Preis.
Das ist nach dreitausend Jahren nicht vorbei.
So endet gewissermaßen das zweite Buch Samuel mit dem Finden des exakten Ortes für den Altar, wo Salomo den ersten Tempel bauen sollte.
Wir sind am Ende mit der Zeit.