
Wir haben heute Morgen gesehen, dass Israel Gott als König verworfen hat. Ein ganz dramatischer Punkt wurde in 1. Samuel 8 erreicht. Gott war Israels König ab dem Auszug aus Ägypten, ab dem Bund am Sinai. Nach Jahrhunderten sagen sie nun: „Wir wollen einen König haben, so wie die anderen Nationen das auch haben.“
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen, und zwar schlagen wir einfach mal auf 1. Könige 6 auf. Wir sind hier in der Zeit von Salomo, im vierten Jahr seiner Herrschaft. Dort lesen wir in 1. Könige 6, Vers 1: „Und es geschah im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israel aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siv, das ist der zweite Monat, da baute er dem Herrn das Haus.“
Hier steht mit aller Klarheit, dass das vierte Jahr von Salomo vierhundertachtzig Jahre nach dem Auszug aus Ägypten war. Nun überlegen wir uns: vier Jahre Salomo, davor war König Saul 40 Jahre, König David 40 Jahre und davor König Saul auch 40 Jahre. Da haben wir also schon 84 Jahre. Aber gehen wir weiter zurück, dann hatten wir vor Saul 450 Jahre Richterzeit. Hm, da bekommen wir schon ein Problem, nicht wahr? 450 Jahre plus 84 Jahre.
Aber es wird noch dramatischer: Vor der Richterzeit, wenn wir zurückrechnen bis zum Ende der Eroberung des Landes Kanaan unter Josua, das waren 14 Jahre, die Eroberung selbst sechs Jahre, und davor waren noch 40 Jahre Wüstenwanderung. Wie geht das zusammen?
Es ist so, wenn wir also die Zahlen durchrechnen: Wir haben zurückgerechnet, aber man könnte ja beginnen mit dem Auszug aus Ägypten, 40 Jahre, dann sechs Jahre Eroberung und dann 14 Jahre bis Kuschan-Rischataim, Beginn der Richterzeit, also 54 Jahre usw. Wir kommen einfach auf 114 Jahre mehr.
Wenn man sich darüber überlegt, in der Richterzeit gab es ja immer diese Fremdherrschaften, eben zuerst unter Kuschan-Rischataim, dem König von Mesopotamien, dann König Eglon von Moab und so weiter, also Fremdherrschaften, Königsherrschaften über Israel, die sich ereignet haben, weil Israel dem Herrn untreu gewesen war.
Wenn man alle diese Zahlen zusammenrechnet, erhält man 114 Jahre. Das ist genau die Differenz. Also wenn man alles konsequent durchrechnet, die ganze Chronologie, und dabei diese 114 Jahre Königsherrschaften, die gegen Gottes Willen waren, weil Gott ja der König war und nicht Kuschan-Rischataim oder Eglon von Moab, dann zieht man das ab, und es bleiben 480 Jahre.
Jetzt sehen wir: In 1. Könige 6 wird die Theokratie konsequent durchgerechnet. Die Jahre, in denen nicht Gott der König war, nämlich die Fremdherrschaften in der Richterzeit, werden gar nicht mitgezählt. Übrigens ist das auch der Grund, warum die meisten Chronologien, die man so in Büchern lesen kann, falsch sind. Man baut einfach auf dieser Stelle auf und sagt: „Wir wissen, Salomo war 480 Jahre nach dem Auszug aus Ägypten.“ In dem Fall war die Richterzeit nicht 450 Jahre lang, sondern man muss denken, die Richter waren zum Teil parallel, das muss man alles zusammenrücken.
Dann ist natürlich klar: Alle diese Chronologien sind falsch, was die Datierung des Exodus aus Ägypten anbetrifft. Die liberalen Theologen rechnen somit 1240 v. Chr., in der Zeit von Ramses dem Zweiten, was vollkommen falsch ist. Allgemein sagen die Evangelikalen, der Exodus war um rund 1445 v. Chr. Aber das stimmt auch nicht, denn um diese Zeit sind die Mauern von Jericho nicht gefallen, sondern sie sind deutlich vorher gefallen.
Nämlich, wenn man alles durchrechnet, war der Exodus 1606 v. Chr. Vierzig Jahre später, 1566 v. Chr., fiel Jericho. Darum habe ich diese konsequente Chronologie zusammengestellt, bei der alle Zahlen der Bibel ernst genommen werden und nicht einige Zahlen genommen und andere wieder nicht. Alle kann man in ein geschlossenes System zusammenbringen, und es geht auf.
Dann kommt man für den Exodus auf die frühe Jahreszahl 1606 v. Chr., 40 Jahre später 1566 v. Chr. der Fall von Jericho. Und das stimmt genau mit den archäologischen Ausgrabungen überein. Damals sind nämlich die mächtigen Mittelbronzemauern von Jericho nach außen gefallen, und dann war Jericho für Jahrhunderte keine ummauerte Stadt mehr, wie die Bibel sagt. Erst in der Zeit von Ahab hat Hiel Jericho wieder mit Stadtmauern und Stadttoren aufgebaut.
Man muss sich vorstellen: Die Liberalen lachen über uns und sagen, wir glauben alle an Märchen. Um 1240 hatte Jericho gar keine Mauern, und diese bibelgläubigen, die denken, genau da sei die Schlacht von Jericho gewesen und die Mauern seien eingestürzt, aber es gab damals gar keine Mauern. Wir müssen sagen: Wer sagt, das war um 1240, das habt ihr so gesagt. Wenn man die biblischen Zahlen rechnet, war das 1606, und 40 Jahre später fielen die mächtigen Mauern von Jericho.
Wenn es um 1240 Stadtmauern von Jericho gegeben hätte, wäre die Bibel falsch. Aber weil es damals eben keine mehr gab, ist die Bibel richtig. Man sieht, was da nur mit dem falschen Rechnen von Zahlen passiert.
Wir müssen dieses Prinzip sehen: In der Bibel werden manchmal Zahlen aus geistlichen Gründen nicht gerechnet. Darum heißt es in 1. Könige 6, 480 Jahre. Die Fremdherrschaften, in denen Gott nicht König war in der Richterzeit, sind nicht mitgerechnet.
Daraus können wir eine sehr wichtige Belehrung entnehmen: All diese Tage, Monate oder Jahre in unserem Leben, in denen der Herr Jesus nicht wirklich Herr war, sind verlorene Tage, Monate, Jahre gewesen. Das lernen wir daraus. Sehr eindrücklich, nicht wahr?
Gehen wir zurück zu 1. Samuel 9 und sehen nun, nachdem Gott als König verworfen worden war, dass Gott einen König nach den Gedanken der Menschen gibt. Ich lese 1. Samuel 9, Vers 1:
„Und es war ein Mann von Benjamin. Sein Name war Kis, der Sohn Aviels, des Sohnes Ceroz, des Sohnes Bechoraz, des Sohnes Afyachs, des Sohnes eines Benjaminitters, ein vermögender Mann.“
Das war also nicht irgendwer, sondern ein sehr bedeutsamer Mann in Benjamin. Er hatte einen Sohn. Sein Name war Saul, jung und schön, und kein Mann von den Kindern Israel war schöner als er. Von seiner Schulter an aufwärts überragte er alles Volk.
Jetzt werden wir sehen: Dieser König nach den Gedanken der Menschen war ein beeindruckender Mensch. Vers 2 macht klar: Jung und schön. Vers 1 macht klar: Aus einer vermögenden, besonderen Familie.
Weiter sehen wir in Vers 2: Er war ein Kopf größer als alle anderen. Das wird auch noch in Vers 10,23 vermittelt: „Da liefen sie hin und holten ihn, also ihn, Saul, von dort, und er stellte sich mitten unter das Volk, und er überragte alles Volk von seiner Schulter an aufwärts.“ Das war eine Art Riese.
Der Mensch denkt: Wir müssen einen Führer haben, der größer ist als unsere Probleme, der alles lösen kann. Das ist unser Mann. Aber das erste Buch Samuel ist so konzipiert, dass es uns zuerst diesen Riesensaul vorstellt, und das scheint aufzugehen, diese Rechnung, bis dann in Kapitel 17 ein Mann vorgeführt wird, der noch ein bisschen größer ist: Goliath.
Schlagen wir auf 1. Samuel 17, Vers 4: „Und der Zwischenkämpfer trat aus den Lagern der Philister hervor, sein Name war Goliath aus Gat. Seine Höhe war sechs Ellen und eine Spanne, und er hatte einen kupfernen Helm auf seinem Haupt, und er war mit einem Schuppenpanzer bekleidet usw.“
Das ist ein wirklicher Riese, sechseinhalb Ellen. Man rechnet hier mit der kleinen Elle, das sind 45 Zentimeter. Also 6,5 mal 45 Zentimeter. Da ist Saul auch nichts mehr dagegen.
Kapitel 17 zeigt: Saul ist ratlos, er kann nicht kämpfen, niemand im Volk Israel kann kämpfen, bis schließlich David kommt, der Jüngste aus der Familie. Er schlägt den Riesen.
Gottes Gedanken sind ganz anders als die Gedanken der Menschen. Hier wird gezeigt: Die Menschen denken, wir brauchen einen starken Führer, und das geht nur so lange gut, bis die Probleme nicht noch größer sind als dieser Führer. Das ist das Problem Goliath.
Es ist sehr pointiert, wie das im ersten Buch Samuel vorgestellt wird. Es ist alles nach Plan und Struktur. Wir hatten in den ersten Kapiteln von Samuel den Richter Eli, der versagt hatte. Dann hat Gott einen Richter nach seinen Gedanken gegeben, Samuel.
Aber dann wollten die Menschen einen König nach ihren Gedanken, und das war Saul, bis dann in Kapitel 16 Gott den König nach seinen Gedanken vorschlägt. Dort muss Gott dem Propheten Samuel sagen: „Schau nicht auf das Äußere, der Herr schaut nicht auf das Äußere, sondern er sieht das Herz an.“
Bei Saul sahen alle auf das Äußere und dachten, das ist die Antwort. Nein, die Antwort war eine andere: Dieser bescheidene David sollte Saul ersetzen, und er ist es auch, der Goliath, das große Problem, lösen konnte.
Fahren wir weiter. In 1. Samuel 9, ab Vers 3 werden uns die Eigenschaften von Saul weiter vorgestellt:
„Die Eselinnen des Kis, des Vaters Sauls, hatten sich verirrt. Kis sprach zu seinem Sohn Saul: Nimm doch einen von den Knaben mit dir und mach dich auf und geh hin, suche die Eselinnen.“
Er durchzog das Gebirge Ephraim und das Land Schalisha, aber sie fanden sie nicht. Sie durchzogen das Land Schaalim, aber sie waren nicht da. Er durchzog das Land Benjamin, sie fanden sie nicht. Sie waren in das Land Zuff gekommen.
Da sprach Saul zu seinem Knaben, der bei ihm war: „Komm, lass uns umkehren, dass nicht etwa mein Vater von den Eselinnen abstehe und um uns bekümmert sei.“
Man sieht also, Saul war fleißig und zuverlässig. Ein Eselhirte, muss man sagen. Und auch einer, der um seinen Vater besorgt war. Das war ihm nicht egal. Er dachte nach so langer Zeit: Jetzt wird das ein Problem für meinen Vater. Der kümmert sich dann nicht mehr um die Esel, sondern um uns. Jetzt müssen wir zurückkommen.
Das ist schön, nicht wahr? Diese charakterlichen Eigenschaften, die da vorgestellt werden. Aber wir müssen auch denken: Der Geist Gottes stellt hier Saul als Eselshirten vor.
Später, in 1. Samuel 16, werden wir David kennenlernen, einen Schafhirten. Wir lesen nicht von der Eselsherde des Messias, des Herrn Jesus. Er ist der gute Hirte der Schafe, nicht der Esel. Das ist alles von Bedeutung.
Weiter sehen wir: Saul war zwar ein beherzter Eselhirte, der die Esel suchte, aber wir werden David kennenlernen, den Schafhirten, der in 1. Samuel 17 erzählt, wie er sich um seine Schafe bemüht hat, damit sie nicht verloren gehen. Er hat mit dem Löwen gekämpft und mit dem Bären und hat die Herde zusammengehalten.
Das war dann der König nach den Gedanken Gottes. Der König nach den Menschen ist ein Hirte, der nicht findet. Die Eselinnen wurden schließlich gefunden, aber nicht von Saul. Das ist die Pointe im Text.
Es ist alles von Bedeutung. Man fragt sich, warum wird das so detailliert erzählt? Das hat alles eine Bedeutung.
Fahren wir weiter, Vers 6: „Er sprach zu ihm, also dem Diener, der mit Saul ging: Siehe doch, ein Mann Gottes ist in dieser Stadt, und der Mann ist geehrt. Alles, was er redet, trifft sicherlich ein. Lass uns nun dahin gehen. Vielleicht gibt er uns Auskunft über unseren Weg, auf dem wir gehen.“
Der Diener ist sich bewusst, dass es einen Mann gibt, nämlich den Propheten Samuel, den Richter nach Gottes Gedanken, der helfen könnte. Wir stellen fest: Saul war gar nicht vertraut mit Samuel. Es gab keine Beziehung, kein früheres Interesse an dem Mann, der wirklich das Wort Gottes weitergeben konnte.
Das sagt uns viel über Saul. Er muss auf Samuel aufmerksam gemacht werden.
Was auffällt: Wenn wir die Psalmen von David lesen, berichtet er über seine Erfahrungen als Hirte, aber in all seinen Nöten war er auf den Herrn geworfen und ging mit seinen Nöten zum Herrn. Von Saul lesen wir nichts, dass er dem Knecht gesagt hätte: „Jetzt wollen wir diese verlorenen Eselinnen dem Herrn vorlegen.“ Nein, nichts.
Er ist fleißig und bemüht sich zu suchen, aber wo ist die Beziehung zum Herrn? Wo ist die Beziehung zu dem, der damals das Wort Gottes weitergab? Sie ist nicht vorhanden.
Lesen wir weiter, nochmals Vers 6: „Sieh doch, ein Mann Gottes ist in dieser Stadt, und der Mann ist geehrt. Alles, was er redet, trifft sicher ein.“ Der Diener muss ihm wirklich auch erklären, wer Samuel ist. Es ist eine unglaubliche Unwissenheit über Gott und sein Werk.
„Lass uns nun dahingehen, vielleicht gibt er uns Auskunft über unseren Weg, auf dem wir gehen.“ Ja, da wird Saul Auskunft bekommen, und zwar nicht nur über den Weg im Blick auf die Esel, sondern auch über seine Zukunft und sein Königtum.
Saul sprach zu seinem Knaben: „Siehe, aber wenn wir hingehen, was wollen wir dem Mann bringen? Denn das Brot ist ausgegangen in unseren Gefäßen, und wir haben dem Mann Gottes kein Geschenk zu bringen.“
Man sieht wieder einen Charakterzug, der an sich menschlich löblich ist. Saul war ein anständiger Mensch und wollte keinen Dienst in Anspruch nehmen, ohne auch etwas zu bringen. Er wollte ein Geschenk bringen.
Aus einer anderen Perspektive ist es wieder ein Problem. Seine Not ist nicht, dass der Herr uns Auskunft geben soll, sondern es geht darum, wenn er Auskunft gibt, muss man noch etwas bezahlen. Wie peinlich ist das!
Da ist jemand in Not, ruft an, hat seelsorgerliche Fragen, und die erste Frage ist: „Was könnte ich dafür bezahlen?“ Das macht man beim Psychiater oder Psychologen so, aber nicht in der Seelsorge.
Er sieht das Verhältnis von Dienst und Geld, Geist und Geld nicht. Die Sache, wie man den Dienst entgeltet, versteht er nicht.
In Vers 8 antwortete der Diener: „Siehe, es findet sich in meiner Hand ein Viertelschäkel Silber. Das will ich dem Mann Gottes geben, damit er uns über unseren Weg Auskunft gebe.“
Das sollte Saul beruhigen: Wir haben etwas Geld, also kaufen wir die Auskunft Gottes. Aber er ist nicht geprägt von dem Gedanken, wie es in Philipper 4, Vers 6 heißt:
„Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn in Christus Jesus bewahren.“
Das war die Haltung Davids, und das sehen wir aus den Psalmen. Bei Saul finden wir diese Beziehung zum Herrn nicht.
Vers 9: Früher sprach man in Israel so, wenn man ging, um Gott zu befragen: „Kommt, lasst uns zum Seher gehen!“
Denn den, der heutzutage Prophet heißt, nannte man früher Seher. Das Buch Samuel erklärt, dass es im Sprachgebrauch in Israel eine Wende gab. Früher sprach man vom Seher, später mehr vom Propheten. Es war derselbe Dienst.
Beim Sehen wird mehr betont, dass der Prophet von Gott eine Vision bekam und die Zukunft sehen konnte. Wenn wir daran denken, ist der Inhalt und die Tiefe des prophetischen Wortes der Bibel immer der Messias.
Man kann sagen: Der Seher durfte die Herrlichkeit Gottes, die Herrlichkeit des Messias, sehen. Beim Propheten liegt die Betonung darauf, dass er das Wort Gottes hörte und weitergab, das gesprochene Wort.
Wir haben beides: In der Bibel ist das gesprochene Wort aufgeschrieben, darum haben wir eine Heilige Schrift, in der uns der Herr Jesus in seiner Herrlichkeit vorgestellt wird.
Vers 10: „Da sprach Saul zu seinem Knaben: Ein Wort ist gut, komm, lass uns gehen!“ Sie gingen zur Stadt, wo der Mann Gottes war.
Es ist schön, das als Charakterzug zu sehen. Der Diener ist Saul unterstellt, macht ihm ständig gute Vorschläge, und Saul geht darauf ein und zeigt Dankbarkeit. Es gibt andere, die sind völlig unbelehrbar und können nichts Gutes annehmen, aber das war bei Saul nicht so.
Vers 11: „Sie gingen die Anhöhe zur Stadt hinauf, da trafen sie Mädchen, die herauskamen, um Wasser zu schöpfen. Sie fragten sie: Ist der Seher hier? Sie antworteten: Ja, siehe, er ist vor dir. Eile jetzt, denn er ist heute in die Stadt gekommen, weil das Volk heute ein Schlachtopfer hat auf der Höhe. So wie ihr in die Stadt kommt, werdet ihr ihn finden, bevor er zur Höhe hinaufgeht zum Essen, denn das Volk isst nicht, bis er gekommen ist, denn er segnet das Schlachtopfer, danach essen die Geladenen. So geht nun hinauf, denn gerade heute werdet ihr ihn finden.“
Es ist erstaunlich: Es geht hier historisch darum, dass Gott jetzt Israel einen König gibt, und zwar den König, den er erwählt, wie das in 5. Mose 17 gesagt ist. Wenn das Volk einen König will wie die Nationen, soll Gott den König wählen.
Gott handelt, aber es ist alles so alltäglich: Esel gehen verloren, der Vater bittet den Sohn, die Esel zu suchen. Sie finden nichts. Ein Knecht kommt auf die Idee, es so und so zu machen. Sie kommen in die Stadt, und gerade in dem Moment kommen Mädchen zum Brunnen, die die richtige Auskunft geben können.
Gerade zu dem Zeitpunkt ist Samuel da. Er war noch nicht oben, man konnte ihn gerade in der Stadt treffen. Das ist wichtig.
Manchmal kommt uns der Alltag bedeutungslos vor, aber Gott wirkt durch ganz alltägliche Dinge seine Fügungen und hält unser Leben in der Hand.
Ein, zwei, drei Tage sieht man nicht unbedingt den roten Faden, aber wenn man zurückblickt über Jahrzehnte oder ein halbes Jahrhundert, sieht man: Es ist unglaublich.
Warum habe ich genau dort, als ich 13 war, diese Person angetroffen? Mit 14 diese Person? Genau mit den richtigen Leuten zur richtigen Zeit? Das war entscheidend für die Weiterentwicklung.
Es war Gottes Führung, auch wenn wir es nicht bewusst geplant haben.
Das wird hier anschaulich gezeigt, ohne es zu erklären. Darum braucht es die Auslegung, die nichts hinzufügt, sondern uns ans Wort heranführt.
Der Heilige Geist erzählt die Dinge, und wenn wir denken, das ist nebensächlich, wie das mit den Eseln oder den Mädchen am Brunnen, müssen wir immer denken: Wenn der Heilige Geist etwas sagt, hat das immer eine tiefere Bedeutung. Nach dieser Bedeutung müssen wir suchen, im Zusammenhang, im Wort hin und her gehen.
Später ist der wahre König ein Schafhirte, der seine Herde zusammenhält, und der König da war ein Eselhirte, der seine Eselinnen nicht fand.
Gott will uns damit etwas sagen.
Vers 14: „Da gingen sie zur Stadt hinauf. Als sie in die Stadt eintraten, siehe, da kam Samuel ihnen entgegen, um zur Höhe hinaufzugehen.“
Der Herr hatte einen Tag vorher dem Ohr Samuels Eröffnung gegeben und gesagt: „Morgen um diese Zeit werde ich einen Mann aus dem Land Benjamin zu dir senden, und du sollst ihn zum Fürsten salben über mein Volk Israel. Er wird mein Volk aus der Hand der Philister retten, denn ich habe mein Volk angesehen, denn sein Schreien ist zu mir gekommen.“
Man merkt: Schon einen Tag vorher hat Gott genau geplant, um die gleiche Zeit am nächsten Kalendertag wird Saul da sein.
Saul ist umherirrend, ratlos, planlos, aber Gott sagt: „Ich schicke einen Benjaminiten zu dir.“
Durch das Planlose hindurch hat Gott seinen Plan und sendet ihn.
Das erinnert an Petrus in Apostelgeschichte 10, als er auf dem Dach eine Vision bekam und ihm erklärt wurde, dass Leute zu ihm kommen und er in das Haus von Kornelius gehen muss, um das Evangelium zu verkündigen. Alles war im Voraus von Gott geplant, auch der Zeitplan.
So sehen wir: Das ist kein Einzelfall. Gott führt so.
Wenn Gott sagen kann: Einen Tag vorher, Samuel, um die gleiche Zeit wird dieser Benjaminit da sein, ist das eine Illustration von Psalm 139.
Der Psalmist staunt über die Allwissenheit Gottes: „Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, du verstehst meine Gedanken von fern, du sichtest mein Wandeln und mein Liegen und bist vertraut mit allen meinen Wegen. Das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Herr, du weißt es ganz.“
„Von hinten und von vorn hast du mich eingeengt, und deine Hand auf mich gelegt.“
So konnte Gott das Sitzen, Wandern und Suchen von Saul sehen und wusste genau, wann er wo sein würde.
Wir werden plötzlich aus dem Alltäglichen und scheinbar Unwichtigen herausgerissen, denn Gott sagt zu Samuel: „Diesen Mann wirst du zum König salben über Israel.“
Es geht um Heilsgeschichte. Die Heilsgeschichte ist nicht isoliert von der Alltagsgeschichte, das gehört zusammen.
Wir haben es mit einem Gott zu tun, der alles in seinen Händen hat.
In Kolosser 1, Vers 16 wird der Herr Jesus als Schöpfer aller Dinge vorgestellt:
„Denn durch ihn, Jesus Christus, sind alle Dinge geschaffen worden, die in den Himmeln und auf der Erde sind, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten, alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen.“
Vers 17: „Und er ist vor allem, und alle Dinge bestehen durch ihn.“ Das Wort Synistemie kann auch übersetzt werden mit „werden durch ihn zusammengehalten.“
In der Physik sucht man nach der Formel, die alles auf den Punkt bringt und zusammenfasst. Man sucht nach einem „Hicks“, der den letzten Zusammenhalt der Materie noch erklären soll.
Nachdem man Atome, Elektronen, Protonen, Neutronen und kleinere Teile erforscht hat, braucht man etwas, das den ganzen Zusammenhalt erklärt.
Wir wussten es schon längst: Was im Innersten zusammenhält, ist der Sohn Gottes.
Alle Dinge werden durch ihn zusammengehalten. Er hat alles in der Hand.
Er ist nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Erhalter der Welt.
Darum kann Daniel, der Prophet, zu Belsazar in Daniel 5 sagen: „Der Gott, in dessen Hand dein Atem ist, den hast du nicht geehrt.“
Das heißt: Mein Lebensodem ist in der Hand des Sohnes Gottes, er hält ihn.
Darum geht es im Moment. Wenn er loslassen würde, würde ich umfallen, und der Vortrag wäre zu Ende.
Mein Leben und das Leben eines jeden Menschen ist aktiv in seiner Hand.
Er hält alles zusammen und hat auch den Zeitplan genau in der Hand.
Das Timing wird sehr betont und eindrücklich im Buch Esther berichtet.
Man denkt an Haman, der plant, die Juden umzubringen. Dann geht er zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Hof des Königs, aber ausgerechnet in der Nacht vorher kann der König nicht schlafen.
Zur Unterhaltung liest man ihm aus der Chronik der Meder und Perser vor, und zufällig kommt die Stelle, wie Mordechai, der Jude, Asveros das Leben gerettet hat.
So geht alles mit der Einladung von Esther weiter. Es ist ein Timing bis auf die letzte Sekunde.
Das zeigt: Der Herr hat alles in der Hand, den ganzen Zeitplan, auch wenn wir nicht bewusst planen.
Das sind Parallelen, um zu zeigen, worum es in 1. Samuel 9 geht: Wie der Herr den Alltag, den alltäglichen Zeitplan oder Nichtzeitplan in der Hand hat und seine Heilsgeschichte durchführt.
Ich lese weiter, Vers 17: „Sobald Samuel Saul sah, antwortete ihm der Herr: Siehe, das ist der Mann, von dem ich zu dir geredet habe. Dieser soll über mein Volk herrschen.“
Samuel sieht zum ersten Mal diesen Mann, der kopfhoch über alle anderen ist, und Gott sagt sofort: „Das ist der Mann.“
Bei David war das anders. In 1. Samuel 16 geht Samuel in die Familie von Isai und denkt, das ist er. Der Herr sagt: „Nein, ich habe ihn verworfen, das ist er nicht.“
Er irrt sich, weil er auf die äußere Erscheinung schaut, aber keiner ist es. Dann wird klargemacht: Es gibt noch einen, aber der ist nicht hier, er ist auf der Arbeit. Dann kommt der, und das ist er.
So ganz anders.
Aber da die eindrückliche Gestalt, Samuel sieht ihn zum ersten Mal, und der Herr sagt: „Das ist er.“
So weit verständlich. Das muss er ja sein, das ist wirklich der Übermensch, der Israel führen soll.
Vers 18: „Saul trat im Tor auf Samuel zu und sprach: Sage mir doch, wo das Haus des Sehers ist.“
Man sieht: Vers 17 berichtet, wie Samuel Saul zum ersten Mal sah. Wenn man jemanden zum ersten Mal sieht, hat man einen bestimmten Eindruck.
Dieser Moment ist oft sehr wichtig.
Vers 18 zeigt, wie Saul zum ersten Mal diesen Mann Gottes sieht.
Saul trat im Tor auf Samuel zu und sprach: „Sage mir doch, wo das Haus des Sehers ist.“
Er steht vor ihm, nicht wahr?
Samuel antwortet: „Ich bin der Seher.“
Ist er stolz? Nein, er wusste, was die Aufgabe vom Herrn war, und darum kann er dazustehen: „Ich bin der Seher.“
Römer 12 sagt, dass wir nicht höher von uns denken sollen, als es gebührt. Aber das bedeutet auch, dass das, was der Herr einem jeden Einzelnen gegeben hat, nicht kleinzureden ist.
Was hast du, dass du nicht empfangen hast? 1. Korinther 4.
Wir haben nichts an Besitz, Begabungen oder guten Charaktereigenschaften, was uns Gott nicht geschenkt hätte.
Was geschenkt ist, ist nicht verdienstlich.
Das hilft auch, nicht stolz zu sein.
Samuel stand dazu, dass er der Mann war, den Gott zu diesem Dienst eingesetzt hatte.
Vers 19: „Geh vor mir zur Höhe hinauf, denn ihr sollt heute mit mir essen, und am Morgen werde ich dich entlassen, und alles, was in deinem Herzen ist, werde ich dir kundtun.“
Das ist eine Sache: Alles, was in deinem Herzen ist, alles, was dich beschäftigt, was dir wichtig ist. Ihm war ein Esel wichtig.
Es wird ihm noch mitgeteilt werden, dass er König werden wird.
Vers 20: „Was die Eselinnen betrifft, die dir heute vor drei Tagen verloren gegangen sind, richte nicht dein Herz auf sie, denn sie sind gefunden.“
Das Herz richten auf Sim Lev auf Hebräisch ist heute noch der Ausdruck im Straßenverkehr, wenn man irgendwo besonders aufpassen muss, steht Sim Lev, richte dein Herz auf.
Das ist der normale Ausdruck, um zu sagen: Konzentriere dich auf etwas.
Hier sagt er: Richte nicht dein Herz auf sie, denn sie sind gefunden.
Man muss sich also nicht mehr auf diese Sache konzentrieren. Das war das Ausgangsproblem von Kapitel 9.
Jetzt geht es um etwas ganz anderes.
Darum kann man das Kapitel überschreiben mit: „Esel verloren, Königtum gefunden.“
Sie sind gefunden, aber wichtig nicht von Saul.
Und nach wem steht alles Begehren Israels? Nicht nach dir und nicht nach dem ganzen Haus deines Vaters.
Jetzt macht er ihm klar: Ganz Israel ist darauf aus, dich zu haben.
Shaul heißt der Begehrte, der Gewollte, der Gefragte.
Vers 21: „Da antwortete Saul und sprach: Bin ich nicht ein Benjaminiter von einem der kleinsten Stämme Israels? Und ist nicht meine Familie die geringste unter allen Familien des Stammes Benjamin? Und warum redest du solche Worte mit mir?“
Man sieht wieder etwas von diesem Charakter.
Vers 21 zeigt die natürliche Demut von Saul.
Er sagt nicht: „Natürlich verstehe ich schon, ich bin der Mann.“ Nein, er sagt: „Ich bin aus dem Stamm Benjamin, einem der kleinsten Stämme, und meine Familie ist gar nichts Besonderes, die geringste Familie im Stamm Benjamin.“ Sehr demütig.
Aber es stimmt gar nicht. Kis, sein Vater, war ein vermögender Mann und schon von Bedeutung.
Das ist das Problem: Wenn man das, was Gott gegeben hat, kleinredet, ist das nicht wahre Demut.
Trotzdem ist es bescheiden, denn was hast du, dass du nicht empfangen hast? 1. Korinther 4.
Warum war Benjamin so klein damals? Es war schon eine gewisse Weile her. Man kann das am Ende des Buchs der Richter nachlesen.
Der Stamm Benjamin wurde praktisch ausgerottet, fast ausgerottet.
Das Überleben musste künstlich hergestellt werden durch einen organisierten Frauenraub aus den anderen Stämmen.
Man hatte geschworen, keine Frauen an den starrsinnigen Stamm Benjamin zu geben, der schuld war an einem Bürgerkrieg.
Man lese Richter 19-21.
Sie sahen, dass das dumm war, und organisierten ein Fest in Shiloh, bei dem die Benjaminiter die Mädchen überfallen und zu Frauen nehmen sollten.
Sie haben sie nicht gegeben, sondern sie haben sie gestohlen. Alle waren zufrieden.
So überlebte der Stamm Benjamin.
Warum war das so knapp? Weil der Stamm so starrsinnig war.
Es ging um Böses in Israel, das in der Stadt Gibea stattfand, ein Zustand wie Sodom und Gomorra, aber in Israel, dem Volk Gottes.
Ein Mann wollte auf seiner Reiseroute nicht nach Jebus gehen, nach Jerusalem, in der Hand der Kanaaniter. Er wollte nicht bei den Heiden übernachten, sondern wählte Gebea.
Dort geschah die gleiche Geschichte wie bei Lot in Sodom: Vergewaltigung mit anschließendem Mord, in Israel.
Der Stamm Benjamin vertuschte und verteidigte das Böse.
Darum wurde der Stamm so klein.
Wenn Saul sagt: „Ich bin ein Benjamiter von einem der kleinsten Stämme Israels,“ muss er auch an den Starrsinn denken, der das ausgelöst hat.
Bald kommt das Kapitel, in dem Samuel zu Saul sagt, dass die Sünde der Widerspenstigkeit, der Ungehorsam Gott gegenüber, der Starrsinn wie Sünde der Wahrsagerei und des Okkultismus ist.
Diese Dinge werden vorgestellt, damit wir über Saul informiert sind und nachdenken.
Weiter: „Und warum redest du solche Worte zu mir?“
Samuel nahm Saul und seinen Knaben und führte sie in die Stadt, in den Saal, und gab ihnen einen Platz oben an, unter den Geladenen. Sie waren etwa 30 Mann.
Der Bescheidene wird erhöht, bekommt einen Ehrenplatz.
Samuel sprach zum Koch: „Gib das Stück hier, das ich dir gegeben habe, von dem ich dir gesagt habe, lege es bei dir zurück.“
Der Koch trug die Keule auf und legte sie Saul vor.
Er sprach: „Siehe, das Zurückbehaltene, lege es dir vor. Denn auf die bestimmte Zeit ist es für dich aufbewahrt worden, als ich sprach, ich habe das Volk geladen.“
So aß Saul mit Samuel an jenem Tag.
Saul wird geehrt, bekommt den höchsten Platz und das beste Stück.
Es geht um ein Schlachtopfer, ein Friedensopfer.
Wir haben in Vers 13 gelesen, dass die Leute mit dem Essen warten, bis Samuel kommt, denn er segnet das Schlachtopfer. Danach essen die Geladenen.
Was bedeutet, dass er das Schlachtopfer segnet? Der Prophet sollte zuerst beten, dann wird gegessen.
Ein Schlachtopfer ist ein Opfer, das darauf hinweist, dass einmal der Messias kommen wird, um für unsere Sünden zu sterben.
Das ist der König nach Gottes Gedanken für das Ende der Zeit.
Dieser König würde zuerst als leidender Messias kommen, um für unsere Sünden zu sterben.
Das hätte Saul auch auf seine Aufgabe als König vorbereiten sollen.
Er sollte ein Vorgeschmack werden von dem König, der wirklich perfekt nach den Gedanken Gottes ist.
Das ist der König, der sein Leben gibt, alles bis in den Tod.
Das hätte man verstehen können, denn im Alten Testament wusste man, dass die Opfer ein Hinweis auf den Tod des Messias sind.
Das wusste man schon seit dem Sündenfall.
Nach dem Sündenfall sagte Gott zur Schlange: „Ich setze Feindschaft zwischen dir und der Frau und zwischen ihrem Samen und deinem Samen. Er, der Nachkomme von Eva, wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihm in die Ferse stechen.“
Das heißt: Der Messias wird ein Mensch sein, er stammt von Eva ab, und er wird dem Teufel den Kopf zertreten, die Macht des Bösen zerstören und dabei eine Todeswunde erleiden.
Man versteht, warum Abel, ein gläubiger Mann, ein Opfer brachte von der Herde, von seinen Tieren.
Das sollte hinweisen: Wir dürfen leben, weil wir glauben, dass der Nachkomme von Eva kommen wird, der uns von der Macht des Bösen erlösen wird, aber selber sterben wird.
So kann man das im Alten Testament zeigen, wie klar war, dass der Messias als Opfer sterben würde.
In Jesaja 53 wird das ausdrücklich gesagt: „Wenn er seine Seele als Schuldopfer gegeben hat.“
Der Messias wird als Schuldopfer sterben und erfüllt, was in 3. Mose 5 als Tieropfer vorgestellt wird.
Das findet in seinem Tod Erfüllung.
So hätte man im Alten Testament verstehen können, was die Tiefe eines solchen Friedensopfers ist, an dem man Anteil haben darf.
So aß Saul mit Samuel an jenem Tag.
Samuel hatte eine Beziehung mit dem Herrn und konnte diese Dinge geistlich verstehen.
Saul hatte kein Verständnis, das ist das Problem.
Sie gingen von der Höhe in die Stadt hinab, und Samuel redete mit Saul auf dem Dach.
Sie standen früh auf, und als die Morgenröte aufging, rief Samuel Saul auf dem Dach zu: „Steh auf, damit ich dich geleite.“
Saul stand auf, und sie gingen beide, er und Samuel, auf die Straße hinaus.
Während sie ans Ende der Stadt gingen, sprach Samuel zu Saul: „Sage dem Knaben, dass er uns vorausgehe.“
Der Knabe ging voraus.
„Du aber steh jetzt still, damit ich dich das Wort Gottes hören lasse.“
Ein ganz feierlicher Moment.
Das hatte Saul nach dem entscheidenden Essen mit dem Propheten nicht erwartet.
Sie gingen ganz vertraut miteinander, und Samuel sorgt dafür, dass der Diener nicht mithört.
Jetzt wird Saul zum König gesalbt.
Vers 1: „Samuel nahm die Ölflasche und goss sie auf sein Haupt aus und küsste ihn und sprach: Ist es nicht so, dass der Herr dich zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt hat?“
Heute Abend werden wir uns mit dieser Ölflasche noch genauer auseinandersetzen müssen.
Wir müssen auch herausfinden, warum es eine Ölflasche war und nicht ein Horn, wie in 1. Samuel 16, wo David mit einem Horn gesalbt wird.
Saul wird mit einer Ölflasche gesalbt, aber davon mehr im Detail heute Abend.
Wir fahren weiter. In 1. Samuel 9, ab Vers 3, werden uns die Eigenschaften von Saul näher vorgestellt. Die Eselinnen des Kis, des Vaters Sauls, hatten sich verirrt. Kis sprach zu seinem Sohn Saul: „Nimm doch einen von den Knaben mit dir und mach dich auf und geh hin, suche die Eselinnen.“
Saul durchzog das Gebirge Ephraim und das Land Schalisha, doch sie fanden die Eselinnen nicht. Auch im Land Schaalim waren sie nicht zu finden. Er durchquerte schließlich das Land Benjamin, aber auch dort waren die Eselinnen nicht.
Sie waren ins Land Zuff gekommen. Da sprach Saul zu seinem Knaben, der bei ihm war: „Komm, lass uns umkehren, damit mein Vater nicht von den Eselinnen absteht und sich um uns sorgt.“
Diese Szene zeigt uns, wie fleißig und zuverlässig Saul ist. Man muss sagen, er ist ein Eselhirte, der sich auch um seinen Vater sorgt. Es ist ihm nicht egal. Er denkt: Nach so langer Zeit wird das für meinen Vater ein Problem. Er wird sich dann nicht mehr um die Esel kümmern, sondern um uns. Deshalb müssen wir zurückkehren.
Das ist doch schön, nicht wahr? Diese Eigenschaften, die hier vorgestellt werden, sind charakterlich bedeutsam. Aber wir müssen auch bedenken: Der Geist Gottes stellt Saul hier als einen Eselshirten dar. Später, in 1. Samuel 16, werden wir David kennenlernen, einen Schafhirten.
Wir lesen nicht von der Eselsherde des Messias, des Herrn Jesus. Er ist der gute Hirte der Schafe, nicht der Esel. Und das hat alles Bedeutung, alles ist von Bedeutung.
Weiter sehen wir, dass Saul zwar ein beherzter Eselhirte war, der die Esel suchte – und sie nicht fand. Aber später werden wir David kennenlernen, diesen Schafhirten, der in 1. Samuel 17 erzählt, wie er sich um seine Schafe bemühte, damit keine verloren gehen.
David kämpfte erfolgreich gegen den Löwen und den Bären und hielt so die Herde beieinander. Dieser David war dann der König nach dem Gedanken Gottes. Der König nach menschlichem Maßstab ist hingegen ein Hirte, der nicht findet.
Die Eselinnen werden schließlich zwar noch gefunden, aber nicht von Saul – das ist die Pointe im Text. Es ist also alles von Bedeutung. Man fragt sich: Warum wird das so detailliert erzählt? Weil es eben eine tiefere Bedeutung hat.
Wir fahren weiter in Vers 6, und er sprach zu ihm, also zu dem Diener, der mit Saul ging. Er sagte: „Sieh doch, ein Mann Gottes ist in dieser Stadt, und der Mann ist geehrt. Alles, was er redet, trifft sicherlich ein. Lass uns nun zu ihm gehen. Vielleicht gibt er uns Auskunft über unseren Weg, auf dem wir gehen.“
Der Diener ist sich bewusst, dass es einen Mann gibt, nämlich den Propheten Samuel, den Richter nach Gottes Gedanken, der uns helfen könnte. Dabei wird deutlich, dass Saul gar nicht vertraut mit Samuel war. Es bestand keine Beziehung zu ihm, auch kein früheres Interesse an dem Mann, der wirklich das Wort Gottes weitergeben konnte. Das sagt uns viel über Saul aus. Er muss erst auf diesen Samuel aufmerksam gemacht werden.
Was ebenfalls auffällt: Wenn wir die Psalmen von David lesen, berichtet er dort über seine Erfahrungen als Hirte. In all seinen Nöten war er auf den Herrn angewiesen und brachte seine Sorgen zu ihm. Von Saul jedoch lesen wir nichts, dass er dem Knecht gesagt hätte: „Lasst uns diese Not, diese verlorenen Eselinnen, dem Herrn vorlegen.“ Nein, nichts dergleichen. Saul ist fleißig, bemüht sich zu suchen, aber wo ist seine Beziehung zum Herrn? Wo ist die Verbindung zu dem, der damals das Wort Gottes weitergab? Diese Beziehung fehlt.
Lesen wir nochmals Vers 6: „Sieh doch, ein Mann Gottes ist in dieser Stadt, und der Mann ist geehrt. Alles, was er redet, trifft sicher ein.“ Dem Diener muss also wirklich erklärt werden, wer dieser Samuel ist. Es zeigt eine unglaubliche Unwissenheit über Gott und sein Werk.
„Lass uns nun dahingehen, vielleicht gibt er uns Auskunft über unseren Weg, auf dem wir gehen.“ Ja, Saul wird Auskunft bekommen. Und zwar nicht nur über den Weg im Blick auf die Esel, sondern auch über seine Zukunft und sein Königtum.
Saul sprach zu seinem Knaben: „Siehe, wenn wir hingehen, was wollen wir dem Mann bringen? Denn das Brot ist ausgegangen in unseren Gefäßen, und wir haben dem Mann Gottes kein Geschenk zu bringen.“ Hier zeigt sich ein weiterer Charakterzug von Saul, der an sich menschlich lobenswert ist. Er war ein anständiger Mensch und wollte nicht einfach einen Dienst in Anspruch nehmen, ohne auch etwas mitzubringen. Er wollte ein Geschenk bringen.
Aus einer anderen Perspektive betrachtet, ist das jedoch problematisch. Seine Not ist nicht, dass der Herr uns Auskunft geben soll über unseren Weg, sondern es geht darum: Wenn der Mann uns Auskunft gibt, müssen wir ihm etwas bezahlen. Wie peinlich ist das! Da ist jemand in Not, ruft um Hilfe und hat seelsorgerliche Fragen, und die erste Frage lautet: „Was könnte ich dafür bezahlen?“ So läuft das vielleicht beim Psychiater oder Psychologen, aber nicht in der Seelsorge.
Saul sieht das Verhältnis von Dienst und Geld, Geist und Geld nicht. Ihm ist die Sache so fremd, dass er sich fragt, wie man den Dienst entgelten kann. Das ist das Erste, was ihm in den Sinn kommt.
In Vers 8 lesen wir die Antwort des Dieners. Der Knabe antwortete Saul: „Siehe, es findet sich in meiner Hand ein Viertelschäkel Silber. Das will ich dem Mann Gottes geben, damit er uns über unseren Weg Auskunft gebe.“ Das sollte Saul beruhigen: Wir haben ein bisschen Geld, also kaufen wir die Auskunft Gottes.
Aber Saul ist nicht geprägt von dem Gedanken, wie es in Philipper 4,6 heißt: „Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn in Christus Jesus bewahren.“ Das war die Haltung Davids, und das sehen wir in den Psalmen. Bei Saul jedoch finden wir diese Beziehung zum Herrn nicht.
Vers 9
Früher sprach man in Israel so, wenn man ging, um Gott zu befragen: „Kommt und lasst uns zum Seher gehen.“ Denn den, der heutzutage „Prophet“ heißt, nannte man früher „Seher“.
Das Buch Samuel erklärt, dass es im Sprachgebrauch in Israel eine Wende gab. Früher sprach man vom Seher, später mehr vom Propheten. Aber es war derselbe Dienst.
Beim Sehen wird mehr betont, dass der Prophet von Gott eine Vision bekam und die Zukunft sehen konnte. Wenn wir daran denken, ist der Inhalt und die Tiefe des prophetischen Wortes der Bibel immer der Messias. Man kann sagen, der Seher durfte die Herrlichkeit Gottes, die Herrlichkeit des Messias, sehen.
Beim Propheten liegt mehr die Betonung darauf, dass er das Wort Gottes hörte und weitergab – das gesprochene Wort. In der Bibel haben wir beides: das gesprochene Wort wurde aufgeschrieben, darum haben wir eine Heilige Schrift. In dieser Heiligen Schrift wird uns der Herr Jesus in seiner Herrlichkeit vorgestellt.
Vers 10
Da sprach Saul zu seinen Knaben: „Ein Wort ist gut, komm, lass uns gehen.“ Und sie gingen zur Stadt, wo der Mann Gottes war.
Es ist schön, das auch als Charakterzug zu sehen. Dieser Diener ist ihm unterstellt und macht ihm ständig gute Vorschläge. Saul geht darauf ein und zeigt Dankbarkeit. Es gibt andere, die völlig unbelehrbar sind und nichts Gutes von anderen annehmen können. Aber das war bei Saul überhaupt nicht so. Er versteht: „Machen wir das, wir gehen zum Mann Gottes.“
Vers 11
Sie gingen die Anhöhe zur Stadt hinauf. Da trafen sie Mädchen, die herauskamen, um Wasser zu schöpfen. Sie fragten sie: „Ist der Seher hier?“ Die Mädchen antworteten: „Ja, siehe, er ist vor dir. Eile jetzt, denn er ist heute in die Stadt gekommen, weil das Volk heute ein Schlachtopfer hat auf der Höhe.“
„Sobald ihr in die Stadt kommt, werdet ihr ihn finden, bevor er zur Höhe hinaufgeht zum Essen. Denn das Volk isst nicht, bis er gekommen ist, denn er segnet das Schlachtopfer. Danach essen die Geladenen. So geht nun hinauf, denn gerade heute werdet ihr ihn finden.“
Es ist erstaunlich, nicht wahr? Es geht hier geschichtlich darum, dass Gott Israel jetzt einen König gibt – den König, den er erwählt hat, wie es in 5. Mose 17 gesagt ist. Wenn das Volk einen König will wie die Nationen, dann soll Gott den König wählen.
Jetzt handelt Gott, aber alles geschieht so alltäglich: Esel gehen verloren, der Vater bittet den Sohn, die Esel zu suchen. Sie finden nichts, gehen weiter und finden nichts. Ein Knecht hat die Idee: „Oh, wir könnten es so machen.“ „Ah, nicht schlecht, machen wir das.“ Sie kommen in die Stadt, und gerade in dem Moment kommen Mädchen heraus, die zum Brunnen gehen, um Wasser zu holen.
Diese Mädchen können ihnen die richtige Antwort geben: Wie kommt man zum Propheten Samuel? Und es ist gerade so, dass ausgerechnet an diesem Tag Samuel da ist.
Alles wirkt so alltäglich, doch in all diesen scheinbar nebensächlichen Dingen des Lebens sehen wir Gottes Handeln. Es war wichtig, dass die Esel verloren gingen. Es war wichtig, dass sie sie nicht fanden. So kamen sie nämlich in die Nähe von Samuel.
Es war wichtig, dass gerade zu dem Zeitpunkt die Mädchen zum Brunnen gingen, weil sie die richtige Auskunft geben konnten. Und es war die richtige Zeit, denn das war der Moment, an dem Samuel tatsächlich kam. Er war noch nicht oben auf der Anhöhe, sondern noch unten in der Stadt. Man konnte ihn gerade treffen.
Das ist so wichtig, weil uns der Alltag manchmal bedeutungslos vorkommt. Aber Gott wirkt durch ganz alltägliche Dinge seine Fügungen und hält unser Leben in der Hand.
Manchmal sieht man an ein, zwei oder drei Tagen nicht den roten Faden. Aber wenn man zurückblickt über Jahrzehnte oder ein halbes Jahrhundert oder noch länger, sieht man plötzlich, wie unglaublich Gottes Führung war.
Man fragt sich: Warum habe ich genau dort, als ich dreizehn war, diese Person getroffen und mit vierzehn diese andere? Warum kam ich genau zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten in Kontakt? Das war dann entscheidend für die weitere Entwicklung.
Man denkt: „Das hätten wir nicht geschafft.“ Und trotzdem war überall Gottes Führung dabei.
Das wird uns hier so anschaulich vor Augen geführt, ohne es explizit zu erklären. Darum braucht es jetzt die Auslegung. Diese soll nicht etwas hinzufügen, sondern uns ans Wort heranführen.
Der Heilige Geist erzählt die Dinge. Wenn wir denken, das sei nebensächlich – etwa dass die Esel verloren gingen oder dass die Mädchen zum Brunnen gingen –, müssen wir immer daran denken: Wenn der Heilige Geist etwas sagt, hat das immer eine tiefere Bedeutung.
Nach dieser Bedeutung müssen wir suchen – im Zusammenhang, indem wir im Wort hin und her gehen und sehen: Später ist der wahre König ein Schafhirte, der seine Herde zusammenhält. Der König damals war ein Eselhirte, der seine Esel nicht fand.
Gott will uns damit etwas sagen.
Vers 14: Da gingen sie zur Stadt hinauf. Als sie in die Stadt eintraten, kam Samuel ihnen entgegen, um zur Höhe hinaufzugehen.
Der Herr aber hatte Samuel bereits einen Tag zuvor kundgetan, dass morgen um diese Zeit ein Mann aus dem Land Benjamin zu ihm gesandt werde. Diesen solle er zum Fürsten und König über das Volk Israel salben. Dieser Mann werde das Volk aus der Hand der Philister retten, denn Gott hatte sein Volk angesehen, und ihr Schreien war zu ihm gekommen.
Kann man das erkennen? Gott hatte schon einen Tag vorher genau geplant, dass Saul zur gleichen Zeit am nächsten Tag erscheinen würde. Saul hingegen irrte umher, war ratlos und planlos. Doch Gott sagt: „Ich schicke einen Benjaminiter zu dir.“ Trotz Sauls Planlosigkeit verfolgt Gott seinen Plan und sendet ihn.
Das erinnert sehr an Petrus in der Apostelgeschichte 10. Dort hatte Petrus auf dem Dach eine Vision, in der ihm genau erklärt wurde, dass Leute zu ihm kommen würden. Er solle in das Haus von Cornelius gehen und dort das Evangelium verkündigen. Auch das war von Gott im Voraus geplant – inklusive des Zeitplans.
So sehen wir, dass dies kein Einzelfall ist. Gott führt so. Wenn Gott einen Tag vorher zu Samuel sagt: „Morgen um diese Zeit wird dieser Benjaminiter da sein“, dann ist das eine Illustration von Psalm 139. Der Psalmist freut sich und staunt über die Allwissenheit Gottes: „Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, du verstehst meine Gedanken von fern. Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen und bist vertraut mit allen meinen Wegen. Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Herr, du weißt es ganz. Von hinten und von vorn hast du mich eingeengt und deine Hand auf mich gelegt.“
So konnte Gott das Sitzen, Wandern und Suchen von Saul sehen und wusste genau, wann und wo er sein würde.
Wir werden hier aus dem Alltäglichen und scheinbar Unwichtigen herausgerissen, denn Gott sagt zu Samuel: „Diesen Mann wirst du zum König über Israel salben.“ Es geht um Heilsgeschichte. Doch Heilsgeschichte ist nicht isoliert von der Alltagsgeschichte – beides gehört zusammen.
Wir haben es mit einem Gott zu tun, der alles in seinen Händen hält. In Kolosser 1,16-17 wird der Herr Jesus als Schöpfer aller Dinge vorgestellt:
„Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen worden, die in den Himmeln und auf der Erde sind, die sichtbaren und die unsichtbaren, seien es Throne, Herrschaften, Fürstentümer oder Gewalten. Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen. Und er ist vor allem, und alle Dinge bestehen durch ihn.“
Das griechische Wort „Synistemie“ kann auch mit „durch ihn zusammengehalten“ übersetzt werden.
In der Physik sucht man nach der Formel, die alles zusammenfasst und erklärt, was den letzten Zusammenhalt der Materie gewährleistet. Nachdem man Atome, Elektronen, Protonen, Neutronen und noch kleinere Teilchen erforscht hat, sucht man etwas, das den gesamten Zusammenhalt erklärt. Doch wir wissen längst, was im Innersten alles zusammenhält: Es ist der Sohn Gottes.
Alle Dinge werden durch ihn zusammengehalten. Er hat alles in der Hand. Er ist nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Erhalter der Welt.
Deshalb kann auch Daniel, der Prophet, zu Belsazar sagen (Daniel 5): „Der Gott, in dessen Hand dein Atem ist, den hast du nicht geehrt.“ Das bedeutet: Mein Lebensodem ist in der Hand des Sohnes Gottes. Er hält ihn. Darum geht es im Moment. Wenn er loslassen würde, würde ich umfallen, und der Vortrag wäre zu Ende.
Mein Leben und das Leben eines jeden Menschen ist aktiv in seiner Hand. Er hält alles zusammen und hat auch den Zeitplan genau in der Hand. Dieses Timing wird sehr eindrücklich im Buch Ester berichtet.
Man denkt an Haman, der plante, die Juden umzubringen. Doch ausgerechnet in der Nacht vor seinem Vorhaben konnte der König nicht schlafen. Zufällig ließ man ihm zur Unterhaltung nicht die Goldberg-Variation vorspielen, wie es ein Graf für Bach komponiert hatte. Nein, man las ihm aus der Chronik der Meder und Perser vor. Und genau an der Stelle wurde berichtet, wie Mordechai, der Jude, Asveros das Leben gerettet hatte.
So ging alles seinen Lauf: die Einladung von Esther, das Timing bis auf die letzte Sekunde. Das zeigt uns, dass der Herr alles in der Hand hat, auch den ganzen Zeitplan, selbst dort, wo wir nicht bewusst planen. Es ist trotzdem in seiner Hand.
Diese Parallelen zeigen, worum es in 1. Samuel 9 eigentlich geht: Wie der Herr den Alltag, den alltäglichen Zeitplan oder eben Nichtzeitplan in der Hand hat und seine Heilsgeschichte durchführt.
Ich lese weiter:
Vers 17: Sobald Samuel Saul sah, antwortete ihm der Herr: „Siehe, das ist der Mann, von dem ich zu dir geredet habe. Dieser soll über mein Volk herrschen.“
Samuel sieht diesen Mann zum ersten Mal – er ist kopfhöher als alle anderen. Und Gott sagt sofort: „Das ist der Mann!“
Bei David war es anders: In 1. Samuel 16 ging Samuel in die Familie Isais und dachte, das sei der Richtige. Doch der Herr sagte: „Nein, ich habe ihn verworfen.“ Samuel ehrte sich, weil er auf die äußere Erscheinung schaute, aber keiner war es. Dann wurde klar, dass es noch einen anderen gab, der aber nicht dort war, sondern auf der Arbeit. Und als dieser kam, war er der Richtige.
Das ist ganz anders. Hier aber sieht Samuel die eindrückliche Gestalt Sauls und Gott sagt sofort: „Das ist er.“
Das ist verständlich: Das muss der Übermensch sein, der Israel führen soll.
Vers 18: Saul trat am Tor auf Samuel zu und sprach: „Sage mir doch, wo das Haus des Sehers ist.“
Vers 17 berichtet, wie Samuel Saul zum ersten Mal sah. Wenn man jemanden zum ersten Mal sieht, hat man einen bestimmten Eindruck von der Person. Dieser Moment ist oft sehr wichtig.
Umgekehrt zeigt Vers 18, wie Saul den Mann Gottes zum ersten Mal sieht. Er steht vor ihm und fragt: „Wo ist das Haus des Sehers?“
Samuel antwortet: „Ich bin der Seher.“
Ist er stolz? Nein, er wusste um seine Aufgabe vom Herrn und konnte deshalb so da stehen: „Ich bin der Seher.“
Römer 12 sagt, dass wir nicht höher von uns denken sollen, als es sich gebührt. Doch das bedeutet auch, dass wir das, was der Herr jedem Einzelnen gegeben hat, nicht kleinreden dürfen.
Wir dürfen das, was Gott uns geschenkt hat, dankbar annehmen und uns dessen bewusst sein. 1. Korinther 4 sagt: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“
Wir besitzen nichts an Begabungen oder guten Charaktereigenschaften, was uns nicht Gott geschenkt hätte. Und was geschenkt ist, ist nicht verdienstlich.
Das hilft uns, nicht stolz zu sein. Doch Samuel stand zu seiner Gabe und zu seinem Dienst: „Ich bin der Seher.“
Er weiß um seine Gabe und sagt zu Saul: „Geh vor mir zur Höhe hinauf, denn ihr sollt heute mit mir essen. Am Morgen werde ich dich entlassen, und alles, was in deinem Herzen ist, werde ich dir kundtun.“
Das ist wichtig: „Alles, was in deinem Herzen ist“ – alles, was dich beschäftigt und dir wichtig ist. Was war Saul wichtig? Ihm war ein Esel wichtig.
Doch es wird ihm noch mitgeteilt, dass er König werden wird.
Vers 20: „Was die Eselinnen betrifft, die dir heute vor drei Tagen verloren gegangen sind, richte dein Herz nicht auf sie. Sie sind gefunden.“
Das hebräische Wort für „das Herz richten“ ist „Sim Lev“. Es ist heute noch ein Ausdruck im Straßenverkehr, wenn man irgendwo besonders aufpassen muss. Dann steht dort „Sim Lev“ – richte dein Herz, konzentriere dich.
Hier sagt Samuel: „Richte dein Herz nicht auf die Eselinnen, denn sie sind gefunden.“ Du musst dich nicht mehr auf diese Sache konzentrieren.
Das war das Ausgangsproblem von Kapitel 9. Jetzt geht es um etwas ganz anderes.
Man könnte das Kapitel überschreiben mit: „Esel verloren, Königtum gefunden.“
Die Esel sind gefunden, aber nicht von Saul.
Und nach wem steht alles Begehren Israels? Nicht nach dir und nicht nach dem ganzen Haus deines Vaters.
Samuel macht Saul klar: Ganz Israel ist darauf aus, dich zu haben. „Shaul“ heißt „der Begehrte, der Gewollte, der Gefragte.“
Er macht ihm klar, dass Israel ihn als König will.
Vers 21: Da antwortete Saul und sprach: „Bin ich nicht ein Benjaminiter von einem der kleinsten Stämme Israels? Und ist nicht meine Familie die geringste unter allen Familien des Stammes Benjamin? Warum redest du solche Worte mit mir?“
Das zeigt etwas von Sauls Charakter.
Vers 21 zeigt seine natürliche Demut. Er sagt nicht: „Ja, natürlich, ich bin der Mann.“ Nein, er betont seine geringe Herkunft: „Ich bin aus dem Stamm Benjamin, einem der kleinsten Stämme, und meine Familie ist die geringste.“
Sehr demütig, aber es stimmt gar nicht.
Kis, sein Vater, war ein vermögender Mann und von Bedeutung (Vers 1).
Das ist das Problem: Wenn man das, was Gott gegeben hat, kleinredet, ist das keine wahre Demut. Sie ist nicht ehrlich.
Trotzdem ist es gut, bescheiden zu sein, denn: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ (1. Korinther 4).
Benjamin war damals ein kleiner Stamm. Warum?
Am Ende des Buches der Richter wird berichtet, dass der Stamm Benjamin fast ausgerottet wurde. Das Überleben musste künstlich hergestellt werden durch einen organisierten Frauenraub aus den anderen Stämmen.
Die anderen Stämme hatten geschworen, ihre Frauen nicht den Starrsinnigen aus Benjamin zu geben, die schuld waren an einem Bürgerkrieg (Richter 19-21).
Sie sahen, dass das ein Fehler war, aber sie hatten geschworen, keine Frauen zu geben. Deshalb arrangierten sie ein Fest in Shiloh. Die Benjaminiter sollten die Mädchen überfallen und zu Frauen nehmen. Sie hatten sie nicht gegeben, sondern sie wurden gestohlen. So überlebte der Stamm Benjamin.
Warum war das Überleben so knapp? Weil der Stamm so starrsinnig war.
Es ging um Böses in Israel, das in der Stadt Gibea geschah – ein Zustand wie Sodom und Gomorra, aber in Israel und im Volk Gottes.
Ein Mann wollte auf seiner Reiseroute nicht nach Jebus (Jerusalem) gehen, da die Stadt in der Hand der Kanaaniter war. Er wollte nicht bei den Heiden übernachten, sondern wählte Gibea. Dort geschah die gleiche Geschichte wie Lot in Sodom: eine Vergewaltigungsgeschichte mit anschließendem Mord.
Der Stamm Benjamin vertuschte und verteidigte das Böse. Deshalb wurde er so klein.
Wenn Saul also sagt: „Ich bin ein Benjamiter von einem der kleinsten Stämme Israels“, dann denkt er auch an den Starrsinn, der das ausgelöst hat.
Wir werden bald sehen, dass Samuel zu Saul sagen muss, dass die Sünde der Widerspenstigkeit, des Ungehorsams gegenüber Gott, der Starrsinnigkeit wie die Sünde der Wahrsagerei und des Okkultismus ist.
Diese Dinge werden hier vorgestellt, damit wir über diese Person informiert sind und nachdenken.
Samuel sagt sehr bescheiden weiter: „Warum redest du solche Worte zu mir?“
Er nahm Saul und seinen Knaben und führte sie in die Stadt, in den Saal, und gab ihnen einen Platz oben an, unter den Geladenen – etwa dreißig Mann.
Der Bescheidene wird erhöht und bekommt einen Ehrenplatz.
Samuel sprach zum Koch: „Gib das Stück hier, das ich dir gegeben habe und von dem ich dir gesagt habe, lege es bei dir zurück.“
Der Koch trug die Keule und was daran war und legte es Saul vor.
Samuel sprach: „Siehe, das Zurückbehaltene, lege es dir vor. Denn zu der bestimmten Zeit ist es für dich aufbewahrt worden, als ich sprach: Ich habe das Volk geladen.“
So aß Saul mit Samuel an jenem Tag.
Saul wird geehrt, erhält den höchsten Platz und das beste Stück. Dabei geht es hier um ein Schlachtopfer, das heißt ein Friedensopfer, nicht wahr? Wir haben bereits in Vers 13 gelesen, dass die Leute mit dem Essen warten wollen, bis Samuel kommt. Denn er segnet das Schlachtopfer, und danach essen die Geladenen.
Was bedeutet es, dass er das Schlachtopfer segnet? Das heißt, der Prophet sollte zuerst beten, und dann wird gegessen. Ein Schlachtopfer ist eben ein Opfer, das darauf hinweist, dass einmal der Messias kommen wird, um für unsere Sünden zu sterben.
Dieser König ist der König nach Gottes Gedanken für das Ende der Zeit. Und dieser König würde zuerst als der leidende Messias in diese Welt kommen, um für unsere Sünden zu sterben. Das hätte Saul auch auf seine Aufgabe als König vorbereiten sollen. Er sollte eigentlich ein Vorgeschmack werden auf den König, der wirklich perfekt nach den Gedanken Gottes ist. Das ist der König, der sein Leben gibt, der alles gibt bis in den Tod.
Das hätte er alles verstehen können, denn im Alten Testament wusste man, dass die Opfer ein Hinweis auf den Tod des Messias sind. Das wusste man eigentlich schon seit dem Sündenfall, nicht wahr? Nach dem Sündenfall hat Gott zur Schlange gesagt: "Ich setze Feindschaft zwischen dir und der Frau, zwischen ihrem Samen und deinem Samen. Er, der Nachkomme von Eva, wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihm in die Ferse stechen."
Das bedeutet, der Messias wird ein Mensch sein, er stammt ab von Eva, und er wird dem Teufel den Kopf zertreten, also die Macht des Bösen zerstören. Dabei wird er aber eine Todeswunde erleiden.
Dann versteht man, warum in der Folge Abel, der ein gläubiger Mann war, ein Opfer von der Herde, von seinen Tieren brachte. Das sollte eben darauf hinweisen: Wir dürfen leben, weil wir glauben, dass einmal der Nachkomme von Eva kommen wird, der uns von der Macht des Bösen erlösen würde, aber selbst dabei sterben sollte.
So kann man durch das Alte Testament hindurch zeigen, wie klar war, dass der Messias einmal als Opfer sterben würde. Übrigens wird das in Jesaja 53 ganz ausdrücklich gesagt. Dort heißt es, dass er seine Seele als Schuldopfer gegeben haben wird.
Der Messias wird also als Schuldopfer sterben und erfüllt damit das, was in 3. Mose 5 als Tieropfer vorgestellt wird, nämlich das Schuldopfer. Dieses findet in seinem Tod Erfüllung.
So hätte man im Alten Testament verstehen können, was der tiefe Sinn eines solchen Opfers, eines Friedensopfers, ist, an dem man Anteil haben darf.
Saul aß also mit Samuel an jenem Tag. Samuel hatte eine Beziehung mit dem Herrn und konnte diese Dinge geistlich verstehen, aber Saul hatte kein Verständnis. Das ist das Problem.
Samuel ging von der Höhe in die Stadt hinab und redete mit Saul auf dem Dach. Sie standen früh auf, und als die Morgenröte aufging, rief Samuel Saul auf dem Dach zu und sprach: "Steh auf, dass ich dich geleite." Saul stand auf, und sie gingen beide, er und Samuel, auf die Straße hinaus.
Während sie an das Ende der Stadt hinuntergingen, sprach Samuel zu Saul: "Sage dem Knaben, dass er uns vorausgehe." Der Diener ging voraus. Samuel sagte weiter: "Du aber steh jetzt still, damit ich dir das Wort Gottes hören lasse."
Das war ein ganz feierlicher Moment, den Saul nicht erwartet hatte. Am nächsten Tag, nach diesem entscheidenden Essen mit den Propheten, die ganz vertraut miteinander waren, achtete Saul darauf, dass der Diener weiterging und dies nicht mitbekam. Es war jetzt nur zwischen Samuel und Saul.
Jetzt wird Saul zum König gesalbt. In 1. Samuel 10,1 heißt es: "Und Samuel nahm die Ölflasche und goss sie auf sein Haupt aus und küsste ihn und sprach: Ist es nicht so, dass der Herr dich zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt hat?"
Heute Abend werden wir an dieser Stelle weitermachen und uns mit dieser Ölflasche noch genauer auseinandersetzen müssen. Außerdem müssen wir herausfinden, warum es eine Ölflasche war und nicht ein Horn, wie in 1. Samuel 16, wo David mit einem Horn gesalbt wird, Saul aber mit einer Ölflasche. Aber davon mehr im Detail heute Abend.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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