Schwierigkeiten bei der Auslegung des Gelübdes Jephthas
Wir sind bis Kapitel 11 gekommen, und ich habe versucht, das Gelübde von Jephtha zu erläutern. Dabei habe ich gemerkt, dass es mir nicht ganz gut gelungen ist. Gelungen ist es ja erst dann, wenn es verstanden wird. Deshalb möchte ich nochmals ganz kurz wiederholen, etwas anders sagen, und vielleicht kommt es dann noch besser rüber.
Jephtha hatte vor dem Krieg gegen die Ammoniter dem Herrn ein Gelübde abgelegt: Das Erste, was aus meinem Haus kommt, werde ich dem Herrn weihen, schenken und als Brandopfer darbringen. Nach dem gewaltigen Sieg kehrte er nach Hause zurück, und das Erste, was ihm entgegenkam, war seine geliebte Tochter, übrigens seine einzige Tochter. Er war erschüttert. Die Tochter stand zu ihrem Vater und sagte: Erfülle das Gelübde.
Was wir im Weiteren sehen, wird jedoch mit einem Trick erfüllt. Im Hebräischen bedeutet der Ausdruck „ein Brandopfer opfern“ ganz wörtlich übersetzt: eine hinaufsteigende Opfergabe hinaufsteigen lassen. Ein anderes Opfer, zum Beispiel das Friedensopfer, würde man nicht so ausdrücken. Von einem Friedensopfer würde man sagen: es schlachten (hebräisch: savach). Aber Jephtha sagt nicht, dass er das Erste als Friedensopfer schlachten werde, sondern als hinaufsteigende Opfergabe hinaufsteigen lassen.
Im Text sehen wir nun, dass die Tochter Jephthas von Mizpa, einem Ort, der „Aussichtspunkt“ heißt, auf den Bergen ganz oben lebt. Sie geht hinunter auf die tieferliegenden Berge, um dort während einiger Wochen ihre Jungfräulichkeit zu beweinen – zusammen mit ihren Freundinnen. Danach kehrt sie von dort zurück nach Mizpa, zu Jephtha hinauf.
Der Bibeltext sagt in Vers 39: „Und es geschah am Ende von zwei Monaten, da kehrte sie zu ihrem Vater zurück, und er tat an ihr das Gelübde, das er gelobt hatte.“ Man kann das Hebräische auch so übersetzen: „Und so erfüllte er das Gelübde an ihr, das er gelobt hatte.“ Es ist also genau so geschehen.
Die Tochter geht hinunter, um nicht ihr Leben zu beweinen, das sie jetzt lassen soll, sondern ihre Jungfräulichkeit. Sie hat beschlossen, nicht zu heiraten, sondern ihr Leben dem Herrn auf besondere Weise zur Verfügung zu stellen. Dann kommt sie hinauf, als Hinaufsteigende – man könnte sie als Ola bezeichnen, eine Hinaufsteigende. So lässt Jephtha sie, wie ausgemacht, hinaufsteigen. Und so erfüllte er das Gelübde an ihr.
Natürlich bedeutet das eigentlich, ein Opfer zu bringen, aber er hat das ganz wörtlich ausgelegt, um das Problem zu lösen. Das gehört zum Buch der Richter. Dort haben wir ganz andere Dinge gesehen, zum Beispiel einen Jephtha, der eine diplomatische Rede hält, die keine Schärfe des Wortes Gottes aufweist.
Später im Buch der Richter werden wir sehen, wie es zu einem Bürgerkrieg gegen Benjamin kommt. Benjamin wird fast ausgerottet. Dann geloben die anderen Stämme, den Benjaminiten, die überleben, keine ihrer Töchter zur Heirat zu geben. Später merken sie, was für eine Dummheit sie begangen haben. Sie haben fast einen Stamm ausgerottet. Wenn diese Männer, die überlebt haben, nicht heiraten können, wird ein ganzer Stamm untergehen. Aber sie haben gelobt.
Dann beschließen sie, dass es bald ein Fest in Schilo geben wird, dort, wo die Stiftshütte ist. Die Benjaminiten könnten zu diesem Fest kommen und dort Mädchen rauben. So haben sie es nicht gegeben, sondern sie haben sie geraubt. Das ist genau auf der gleichen Linie.
Unverfälschte Berichte und die Bewertung biblischer Geschichten
Und ganz wichtig ist: Wenn man die biblischen Geschichten liest, wird uns berichtet, was passiert ist. Dabei wird nichts beschönigt, und es wird auch nicht immer angegeben, wie Gott die Dinge beurteilt.
Immer wieder finden wir Bemerkungen wie: „Ja, da kam das auf seinen Kopf zurück, was er getan hatte.“ Aber oft wird einfach nur berichtet, ohne dass eine Interpretation erfolgt. Dann müssen wir selbst mit dem Licht der anderen Bibelbücher beurteilen, ob das jetzt gut oder nicht gut war.
Bei Gideon haben wir in einem Fall gesehen, wie er die zornigen Leute im Volk beschwichtigt hat. Er sagte: „Ja, was ihr gemacht habt, ist ja noch viel wichtiger als das, was ich gemacht habe.“ Daraufhin beruhigten sie sich. In einem anderen Fall war er hart, und es kam bis zum Schluss zur Konfrontation. Auch hier wird nicht interpretiert.
Wir müssen dann aus Sprüche 15 beurteilen: Wenn man eine gelinde Antwort gibt, kann man den Zorn abwenden. Das hat Gideon in einem Fall gemacht, im anderen eben nicht. So können wir das, was beschrieben ist, beurteilen.
Wenn es um das Gelübde geht, wird gar nicht gesagt, ob das jetzt sehr gut war. Klar ist: Ein Menschenopfer war absolut unmöglich, denn das war ein Gräuel. Wir sehen in 2. Könige 3 einen heidnischen König, der in der Not seinen Sohn opfert. Als Reaktion darauf kommt der Zorn Gottes. Ein Menschenopfer geht also überhaupt nicht.
Aus anderen Stellen sehen wir: Wenn sich jemand so versündigt hat mit einem Gelübde, müsste er vor dem Herrn zusammenbrechen und die Schuld bekennen. Natürlich darf er nicht einfach versuchen, das Gelübde umzudeuten.
Das zeigt uns die Situation in der Richterzeit, in der alles ständig abwärts geht. Das äußert sich auch darin, dass man versucht, auf verschiedene Weise den Weg zu finden.
Konflikte und Bürgerkrieg unter den Stämmen Israels
Hoffe, das ist jetzt ein bisschen klarer geworden. Ja, alles klar, wir kommen zu Kapitel zwölf.
Die Männer von Ephraim versammelten sich und zogen hinüber nach Norden. Sie sprachen zu Jephtha: „Warum bist du durchgezogen, um gegen die Kinder Ammon zu kämpfen? Und hast uns nicht gerufen, damit wir mit dir gingen? Wir werden dein Haus über dir mit Feuer verbrennen!“
Hier entsteht wieder eine Konfrontation. Jephtha stammte aus Gilead, auf der anderen Seite des Jordans. Genau gegenüber lag Ephraim. Der Stamm Ephraim fragt nun, warum Jephtha sie in dem ganzen Kampf gegen die Ammoniter nicht einbezogen hat. Sie sind so wütend, dass sie sogar drohen, sein Haus mit Feuer zu verbrennen.
Das ist nicht das, was wir zum Beispiel in Sprüche 15 finden, wo eine sanfte Antwort den Zorn besänftigt. Hier fordern sie richtig heraus. So läuft das, wenn man sich selbst nicht beherrscht: Dann reagiert man auch mit Härte. So kommt es zu einer Konfrontation, zu einem Bürgerkrieg mit dem Stamm Ephraim.
In diesem Zusammenhang heißt es, dass dem Stamm Ephraim hier am Jordan die Furten abgeschnitten wurden. Wie in der parallelen, gespiegelten Geschichte, die wir am Anfang erklärt haben, wurde auch dort dem Feind der Zugang über die Furten des Jordan verwehrt.
Hier ist es so abgelaufen: Wenn ephraimitische Flüchtlinge über den Jordan wollten, wurde geprüft, ob sie von Ephraim stammen oder nicht. Wenn sie gefragt wurden, ob sie von Ephraim seien, und sie verneinten – oft auch durch Lügen –, dann sagte man ihnen das Wort „Schibbolet“. Dieses Wort bedeutet „Strömung“.
Wenn sie es aber nicht im ephraimitischen Dialekt, also nicht „schibbolet“, sondern „sibbolet“ aussprachen, wurden sie getötet. Von daher stammt der Ausdruck „Schibbolet“ als Testwort.
Übrigens spricht man „Schibbolet“ aus, nicht „Schibbolet“. Das Wort bedeutet einfach „Strömung“. Man hat hier ein Wort genommen, das mit dem Jordan zu tun hatte. Durch die Dialektunterschiede im Hebräischen konnte so festgestellt werden, ob jemand von Ephraim war oder nicht.
Eine schreckliche Geschichte! Auch hier wird nicht erklärt, warum das so ist, sondern es wird einfach beschrieben, was geschehen ist.
Wir haben ja gesehen: Von Anfang an im Buch der Richter geht alles abwärts. Und das hat alles mit teilweisem Gehorsam begonnen, also mit Ungehorsam gegenüber Gottes Wort.
Richterzeit: Richter und die zunehmende Abkehr von Gott
Jephtha hat Israel sechs Jahre gerichtet, heißt es in Vers 7. Danach folgt Ibzan als nächster Richter, in Vers 8 und den folgenden. Übrigens stammt er aus Bethlehem. Hier wird der Name Bethlehem erstmals erwähnt, und wir werden sehen, dass dieser Ort im Buch der Richter noch von Bedeutung sein wird. Ebenso wird ein anderer Ort in den späteren Kapiteln wichtig sein: Gibeah.
All dies ist eine Vorbereitung auf das Erste Buch Samuel. Denn aus Gibeah wird Saul kommen, der König nach dem Herzen der Menschen, und aus Bethlehem wird David stammen, der König nach dem Herzen Gottes. Das sei nur als kleine Andeutung erwähnt.
Dann folgt in Vers 11 Elon als nächster Richter, aus Sebulon, der zehn Jahre regierte. Danach kommt Abdon in Vers 13, der acht Jahre lang richtete. Anschließend beginnt die letzte Abfallgeschichte mit Simson in Kapitel 13, Vers 1.
Ich hatte ein kleines technisches Problem, das jetzt gelöst ist. Kapitel 13, Vers 1 lautet: "Und die Kinder Israel taten wiederum, was böse war in den Augen des Herrn, und der Herr gab sie in die Hand der Philister vierzig Jahre."
Hier sehen wir wieder das bekannte Muster: Israel entfernt sich von Gott, und Gott gibt sie zur Züchtigung in die Hand ihrer Feinde. Diesmal sind die Feinde das Volk der Philister.
Ab dieser Zeit, wir befinden uns im zwölften Jahrhundert vor Christus, werden die Philister für Israel zu einem großen Problem. Und zwar nicht nur in der Zeit Simsons, sondern auch während der Amtszeit des nächsten Richters, der erst im ersten Buch Samuel beschrieben wird: Eli. Auch dort haben wir das Problem mit den Philistern.
Schließlich kommt König Saul, der ständig mit den Philistern zu kämpfen hat.
Die Herkunft und Bedeutung der Philister
Was ist los, dass plötzlich die Philister so wichtig werden? Nun, das wissen wir aus der Archäologie.
Es gab Philister schon früher im Bereich des heutigen Gazastreifens und der Umgebung, schon in der Zeit von Abraham. Allerdings handelte es sich dabei um eine relativ kleine Gruppe von Philistern. Die Personen, die aus der Ägäis stammten – also aus dem Raum der Inseln im Mittelmeer, wie Zypern und Kreta – sind zuerst nach Ägypten eingewandert. Das erfahren wir aus 1. Mose 10. Von Ägypten aus sind sie dann über die direkte Straße entlang des Mittelmeers in den Gazastreifen und das umliegende Gebiet eingewandert.
Um 1200 vor Christus gab es jedoch eine ganz massive neue Einwanderungswelle aus der Ägäis in das Gebiet der Philister. Aus diesem Grund werden die Philister um diese Zeit in der Geschichte sehr bedeutend. Das spiegelt sich genau in der strengen biblischen Chronologie wider.
Ich habe bereits erklärt, dass die Philister auch das gerade Schwert eingeführt haben. Damit waren sie den Völkern im Nahen Osten, die immer noch mit dem Krummschwert kämpften, militärisch total überlegen. Deshalb waren sie so erfolgreich. Jetzt haben wir sie also vor uns.
Die Geburt und Weihe Simsons
Vers 2: Und es war ein Mann aus Zohar vom Geschlecht der Daniter, sein Name war Manoa. Seine Frau war unfruchtbar und gebar nicht.
Der Engel des Herrn erschien der Frau und sprach zu ihr: "Siehe doch, du bist unfruchtbar und gebierst nicht, aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Nun hüte dich, trinke weder Wein noch starkes Getränk und iss nichts Unreines. Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen. Denn der Knabe wird ein Nasir Gottes sein von Mutterleib an, und er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten."
Wir lesen nicht, dass die Israeliten zum Herrn schrien. Trotzdem, also nicht ganz nach dem Schulbeispiel, bereitet der Herr eine Hilfe vor.
Wir haben gelesen, dass dieser Retter, den Gott da vorbereitet, beginnt, die Israeliten aus der Hand der Philister zu retten, doch er vollendet das nie. Vierzig Jahre lang sind die Philister ein Problem. Während dieser vierzig Jahre ist Simson ein Gegenproblem für die Philister, aber ohne sie endgültig zu vertreiben.
Seine zwanzig Jahre sind in diesen vierzig Jahren mit eingeschlossen. Es gibt keine völlige Befreiung, wie wir sie bei anderen Richtern gesehen haben.
Es ist auch ein Unterschied: Das Volk schreit nicht zum Herrn um Hilfe, und trotzdem erbarmt sich der Herr und gibt eine teilweise Hilfe durch diesen Simson.
Die Bedeutung des Engels des Herrn und der Nasiräer
Nun eine ganz spezielle Geschichte. Der Engel des Herrn tritt wieder auf, und wir wissen, dass es der ewige Sohn Gottes ist, der Herr selbst. „Engel des Herrn“ bedeutet „der Gesandte des Herrn“. Es ist der Sohn Gottes, gesandt vom Vater, der hier in einer menschlichen Gestalt erscheint, sodass die Gotteserscheinung für Menschen erträglich ist.
Dieses Ehepaar hatte eine Sorge: Die Frau war unfruchtbar. Wir kennen dieses Problem schon aus früherer Zeit. Es war das Problem von Abraham und Sarah, bei denen Gott eingegriffen hat. Wir kennen das Problem auch von Isaak und Rebekka, und auch dort hat der Herr eingegriffen. Jetzt haben wir wieder so ein Problem, und der Herr greift ein.
Wir werden in 1. Samuel eine ähnliche Geschichte finden: Hanna war unfruchtbar, aber durch Gebet hat der Herr ihr schließlich doch Kinder gegeben. Im Neuen Testament können wir noch an das alte Ehepaar Zacharias und Elisabeth denken. Sie hatten ebenfalls den Wunsch, Kinder zu bekommen, aber bis ins hohe Alter blieb ihr Wunsch unerfüllt. Dann wurde ihnen Johannes der Täufer gegeben, der von Kind an ein Nasiräer war.
Hier ist es genau gleich: Gott kommt und sagt, dass diese Frau einen Sohn gebären wird. Übrigens erinnert uns diese Ausdrucksweise an eine Stelle in Jesaja 7,14: „Die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären.“ Dort geht es um den Messias, den großen Retter der Welt, während Simson nur anfing, Israel zu retten.
Der Engel des Herrn sagt ihr, sie wird also ein Kind, einen Sohn, gebären, und er wird Nasiräer sein. In 4. Mose 6 wird genau beschrieben, was ein Nasiräer ist. Das ist ein Mensch, der sich freiwillig Gott zur Verfügung stellt. Während dieser Zeit darf er die Haare nicht schneiden, weil das Haar ein Bild von Hingabe an Gott ist.
Wie kommt man auf diese Symbolik? Ganz einfach: Das lange Haar der Frau, sagt Paulus in 1. Korinther 11, ist ihr gegeben anstelle eines Schleiers. Übrigens nicht anstelle einer Kopfbedeckung, sondern anstelle eines Schleiers. Im Griechischen sind das zwei verschiedene Ausdrücke.
Der Schleier in 1. Korinther 11 wird „peribolaion“ genannt, das heißt „das, was man herumwirft“. Bei der Bedeckung heißt es nur „eine Bedeckung“, das ist keine Verschleierung. Das bedeutet einfach: Ich anerkenne, dass über mir eine höhere Autorität ist – ähnlich wie bei der Kippa im Judentum. Die Kippa bedeutet, dass Gottes Autorität über mir ist.
Die Frau in 1. Korinther 11 drückt mit der Bedeckung aus, dass sie anerkennt, dass der Mann die Führung hat. Aber der Schleier, das lange Haar, drückt Hingabe aus.
In 1. Mose 24 haben wir eine gute Illustration der Bedeutung des Schleiers. Rebekka hat sich entschieden, Isaak zu heiraten. In dieser ungewöhnlichen Liebesgeschichte reist sie etwa tausend Kilometer ins Land Kanaan. Schließlich kommt sie auf einem Kamel und sieht dort einen Mann, der spazieren geht, aufs Feld, um nachzusinnen. Sie fragt: „Wer ist das?“ – „Das ist er, der Zukünftige.“
Dann nimmt sie den Schleier, den sie nicht 24 Stunden getragen hatte, und verhüllt sich. Das soll symbolisch ausdrücken: Ich bin reserviert, nur für diesen Mann. Symbolisch entziehe ich mich den Blicken anderer Männer, ich bin für ihn bestimmt.
Da wird klar, dass der Schleier Hingabe und Absonderung bedeutet. Nun sollte der Nasiräer während der Zeit seines Gelübdes frei wachsende Haare haben. Mit der Zeit entstand ein Schleier als Symbol der Hingabe.
Es wird nicht vorgeschrieben, wie lange man Nasiräer sein muss. Man konnte es für eine bestimmte Zeit tun. Wir wissen, dass man zur Zeit vor zweitausend Jahren das auch so machte. Man konnte zum Beispiel drei Monate Nasiräer sein.
Vom Apostel Paulus heißt es sogar, dass er ein solches Gelübde hatte (Apostelgeschichte 18). Als das Gelübde vorbei war, ließ er sich die Haare schneiden und musste nach Jerusalem gehen, in den Tempel, in die Kammer der Nasiräer.
Wenn man in den Frauenhof hineinkommt, kann man dort auf dem Modell noch nachschauen: Dieser offene kleine Hof links ist die Kammer der Nasiräer. Dort gab es eine Feuerstelle in der Mitte, und dort musste man die Haare für Gott verbrennen – als Symbol der Hingabe.
Aber wenn Paulus, sagen wir, drei Monate Nasiräer war, dann hatte er nicht eine lange Mähne. Er sagt in 1. Korinther 11, dass es eine Unehre für einen Mann ist, langes Haar zu haben. Man darf also nicht denken, er hätte lange Haare gehabt. Das konnte man nur für kurze Zeit machen, einfach dieses Gelübde.
Er hat das gemacht, um den Juden wie ein Jude zu sein, um die Juden zu gewinnen, nicht weil er unter dem Gesetz stand.
Im Fall von Simson hat Gott gesagt, er soll lebenslänglich Nasiräer sein. Das war auch bei Johannes dem Täufer so.
So durfte kein Schermesser auf seinen Kopf kommen. Simsons Mutter sollte schon während der Schwangerschaft selbst die Gebote des Nasiräers erfüllen. Deshalb durfte sie nichts vom Weinstock essen. Der Weinstock mit den Trauben, dem Traubensaft und dem Wein ist in der Bibel immer wieder ein Bild der Freude.
Der Nasiräer drückt aus, dass er bereit ist, auch auf gewisse natürliche Freuden zu verzichten – einfach für den Herrn. Weiter durfte er nie mit einem Toten in Kontakt kommen, also keine Toten berühren. Sonst wäre das ganze Gelübde annulliert.
Darum wird ihr gesagt in Vers 4: „Und nun hüte dich und trinke weder Wein noch starkes Getränk und iss nichts Unreines. Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer, das heißt ein Abgesonderter Gottes, soll der Knabe sein von Mutterleib an.“
Er sagt ihr nicht, dass er jetzt die Haare frei wachsen lassen muss – das hat sie sowieso gemacht. Darum wird das nicht gesagt. Aber sie hatte wohl Trauben gegessen oder Wein getrunken, und das durfte sie jetzt nicht mehr. Ebenso durfte sie keinen unreinen Kontakt haben und kein unreines Essen zu sich nehmen.
Begegnung mit dem Engel des Herrn und die Reaktion von Manoah und seiner Frau
Ja, und das Interessante ist nun: Der Engel des Herrn kommt zu dieser Frau, und sie ist sich nicht im Klaren, wer dieser Fremde ist, der sie da als Mann anspricht. In Vers 6 lesen wir: „Und die Frau kam und sprach zu ihrem Mann und sagte: Ein Mann Gottes ist zu mir gekommen, und sein Ansehen war wie das Ansehen eines Engels Gottes. Sehr furchtbar! Und ich habe ihn nicht gefragt, woher er sei, und seinen Namen hat er mir nicht kundgetan.“
Er sprach zu ihr, und sie erklärte ihm alles, was ihr mitgeteilt worden war. Interessant ist, dass die Frau vom Engel des Herrn angesprochen wird, als der Ehemann nicht dabei war.
Jetzt etwas ganz anderes: In 1. Mose 3 war eine Frau im Garten, und dann kommt die Schlange und spricht Eva an. Sehr überraschend, dass eine Schlange sprechen kann – das ist sonst nicht so, aber hier spricht sie Eva an. Der Mann ist nicht da. Eva wird so verführt, und die Schlange sagt ihr, warum es sich lohnen würde, doch von dem verbotenen Baum zu essen. Eva entschließt sich: „Ich mache das.“ Sie geht nicht zu ihrem Mann und fragt: „Was ist das für eine Sache?“ Er hätte ihr genau erklären können, dass es überhaupt nicht geht, dass das der einzige Baum ist, von dem sie nicht essen dürfen. Aber sie hat selbst entschieden und ihren Mann einfach auf der Seite gelassen.
Jetzt wird diese Frau von einem Wesen angesprochen, von jemandem. Sie merkt, dass es jemand Übernatürliches ist, aber sie versteht nicht, wer das wirklich ist – ein Mann Gottes, wie ein Engel, furchtbar! Also irgendwie furchterregend war das für sie, diese Erscheinung. Sie geht zum Mann und erzählt alles. Ist das nicht eindrücklich? Sie will, dass der Mann alles weiß, wie das war.
Dann bittet man Manoah, „Gott, dass er doch nochmals kommen möchte.“ Und tatsächlich kommt der Engel des Herrn noch einmal. In Vers 9 lesen wir: „Und Gott erhörte die Stimme Manoahs, und der Engel Gottes kam nochmals zu der Frau, als sie auf dem Feld saß und Manoah, ihr Mann, nicht bei ihr war.“ Da eilte die Frau und lief und berichtete es ihrem Mann. Sie sprach zu ihm: „Siehe, der Mann ist mir erschienen, der an jenem Tag zu mir hergekommen ist.“
Manoah machte sich auf und ging seiner Frau nach. Er kam zu dem Mann und sprach zu ihm: „Bist du der Mann, der zu der Frau geredet hat?“ Er sprach: „Ich bin’s.“ Dann will er auch genau nochmals hören, wie sie mit dem Kind umgehen sollen, wenn es auf die Welt kommt. Also eindrücklich: Diese Frau will die Sache mit ihrem Mann zusammen machen.
Natürlich ist das eine Anspielung auf 1. Mose 3, um den Kontrast deutlich zu machen. Aber es ist auch schön, wie dieser Mann denkt: Kind bekommen, das ist die Sache meiner Frau, und sie wird ja wahrscheinlich auch noch mehr bei der Erziehung investieren. Nein, er möchte ganz genau wissen, wie sie es machen sollen. In Vers 12 steht: „Manoah sprach: Wenn nun dein Wort eintrifft, was soll die Weise des Knaben sein und sein Tun?“ Das wurde ja schon längst der Frau gesagt, aber er möchte es auch noch direkt erfahren.
Der Engel des Herrn sprach zu Manoah: „Vor allem, was ich der Frau gesagt habe, soll sie sich hüten. Von allem, was vom Weinstock kommt, soll sie nicht essen, und Wein und starkes Getränk soll sie nicht trinken. Sie soll nichts Unreines essen. Alles, was ich ihr geboten habe, soll sie beobachten.“
Manoah sprach zu dem Engel des Herrn: „Lass dich doch von uns aufhalten, so wollen wir dir ein Ziegenböcklein zubereiten.“ Der Engel des Herrn sprach zu Manoah: „Wenn du mich auch aufhieltest, ich würde nicht von deinem Brot essen. Willst du aber ein Brandopfer opfern, so opfere es dem Herrn.“ Manoah wusste nicht, dass es der Engel des Herrn war. Also die Antwort: „Dann opferst du dem Herrn.“ Er wusste ja noch nicht, wer diese geheimnisvolle Person wirklich ist.
Weiter heißt es: „Manoah sprach zu dem Engel des Herrn: Wie ist dein Name, dass wir dich ehren, wenn dein Wort eintrifft?“ Sie hatte das nicht gewagt, der Mann wagt jetzt zu sagen: „Was ist dein Name?“
Dann lesen wir weiter: „Der Engel des Herrn sprach zu ihm: Warum fragst du denn nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar.“ Er gibt ihm keine Antwort.
Schlagen wir dazu Sprüche 30 auf, ein Kapitel von Agur Ben Jaket. Dieser Mann sagt, dass er sich bewusst ist, dass er Gott in seiner Herrlichkeit nicht wirklich kennt. Er stellt die Frage in Sprüche 30, Vers 4: „Wer ist hinaufgestiegen gen Himmel und herniedergefahren? Wer hat den Wind in seine Fäuste gesammelt? Wer die Wasser in ein Tuch gebunden? Wer hat aufgerichtet alle Enden der Erde? Was ist sein Name, und was ist der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“
Das sind insgesamt sieben Fragen. Die sechste Frage lautet: „Was ist sein Name?“ Diese Frage kann man mit demselben Kapitel beantworten, denn in Vers 9 steht: „Damit ich nicht satt werde und dich verleugne und spreche: Wer ist Yahweh?“ Das ist der Name Gottes.
Hier wird noch weiter spezifiziert: „Was ist sein Name, und was ist der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“ Gott hat einen Sohn. Es gibt ja die Söhne Gottes, die Engel, Hiob 1 und 2, aber hier steht nicht: „Was ist der Name eines seiner Söhne?“, sondern: „Was ist der Name seines Sohnes?“ So steht es auf Hebräisch. Ich kann nicht sagen: „Mein Sohn hat gesagt“, das wäre vollkommen falsch, weil ich drei Söhne habe. Also welche? Wenn ich nur einen Sohn hätte, dann kann ich sagen: „Mein Sohn hat gesagt.“
Wenn hier die Frage gestellt wird, was sein Name ist, der Name seines Sohnes, dann ist es der einzige Sohn, der eingeborene Sohn. Hier haben wir alttestamentlich einen so deutlichen Hinweis auf den Sohn Gottes, und zwar den ewigen Sohn. Damals, also lange bevor der Herr Jesus in die Welt kam, wird gefragt: „Was ist der Name seines Sohnes? Gott hat einen Sohn, wie heißt er?“ Die Frage wird nicht beantwortet.
Natürlich werden viele Namen im Alten Testament genannt, zum Beispiel wird der Messias in Jesaja 9, Vers 6 genannt: „Wunderbarer Ratgeber.“ Der Engel des Herrn sagt: „Was fragst du mich nach meinem Namen? Er ist wunderbar.“ Das bedeutet auch gleichzeitig geheimnisvoll.
Tatsächlich haben wir in Jesaja 49 eine Prophetie auf den Messias, und dort wird gesagt, dass der Name des Messias erst vom Mutterschoss an kundgetan werden wird. Darum wird uns im Neuen Testament erst in Verbindung mit der Geschichte der Empfängnis von Maria in Lukas 1 gesagt: „Du sollst seinen Namen Jesus nennen.“ Der Name Jesus oder hebräisch Jeshua wird im Alten Testament für den Messias nicht verraten.
Darum sagt der Engel des Herrn: „Was fragst du nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar.“
In Vers 19 in Richter 13 nahm Manoah das Ziegenböcklein und das Speisopfer und opferte es dem Herrn auf dem Felsen. Er handelte wunderbar, und Manoah und seine Frau sahen zu. Als die Flamme von dem Altar gen Himmel emporstieg, fuhr der Engel des Herrn in der Flamme des Altars hinauf. Manoah und seine Frau sahen zu, beide miteinander, als Ehepaar – schön – und fielen auf ihr Angesicht zur Erde. Der Engel des Herrn erschien Manoah und seiner Frau fortan nicht mehr.
Da erkannte man Manoah, dass es der Engel des Herrn war. Also eine ganz gewaltige Erscheinung. Es geht ja hier um ein Brandopfer, und das ist ein aufsteigendes Opfer. Hier sehen wir den Engel des Herrn, wie er in der Flamme hinaufsteigt. Er ist das Brandopfer.
Das ist eine alttestamentliche Vorwegnahme davon, dass der Herr Jesus, der Messias, einmal kommen wird. Dann wird sein Name verkündet: „Du sollst deinen Namen Jesus heißen.“ Das heißt, der Ewige rettet, und er sollte am Kreuz sterben als Brandopfer zur Verherrlichung Gottes. Das ist hier vorweggenommen.
Manoah realisiert, dass es der Engel des Herrn ist, und jetzt bekommt er es mit der Angst zu tun, denn er weiß: Der Engel des Herrn ist Gott. Gott hat gesagt in 2. Mose 30 zu Mose: „Niemand kann Gott sehen und leben.“
Jetzt denkt Manoah: „Ich muss sterben.“ Ja, er hätte das jetzt nicht erklären können. Gott in seiner absoluten Gottheit kann man eben nicht sehen. Aber Gott kann sich sichtbar machen, so dass der Mensch verschont bleibt und trotzdem erfährt, wie er Gott ist.
Aber er hat Angst. Schauen wir mal, wie die Frau hilft.
In Vers 21 steht: „Der Engel des Herrn erschien Manoah und seiner Frau nicht mehr.“ Dann in Vers 22 sagt Manoah zu seiner Frau: „Wir werden gewisslich sterben, denn wir haben Gott gesehen.“
Aber seine Frau spricht zu ihm: „Wenn es dem Herrn gefallen hätte, uns zu töten, so hätte er nicht ein Brandopfer und den Speisopfer aus unserer Hand angenommen, und er hätte uns dies alles nicht gezeigt noch uns zu dieser Zeit dergleichen vernehmen lassen.“
Sie kann nicht erklären, wie man jetzt in 2. Mose 30 erklären kann, dass sie nicht sterben, wenn es heißt: „Wer Gott sieht, muss sterben.“ Aber sie merkt, das kann doch gar nicht sein. Ihnen wurde jetzt gesagt, dass sie ein Kind bekommen und dass dieses Kind eine Lebensaufgabe haben wird. Es kann irgendwie gar nicht sein, dass sie dann sterben werden.
Es ist nicht so, dass sie das lehrmäßig genau erklären könnte, aber durch die tiefe Verbindung und das Vertrauen zum Herrn konnte sie ihren Mann beruhigen. Das ist schön, nicht wahr? So können Frauen manchmal eben Männer beruhigen.
Wir denken also: Logischerweise müsste es doch jetzt so sein, ja. Aber eben, das hat schon Blaise Pascal, der Erfinder einer Rechenmaschine und des Pascalschen Dreiecks in der Mathematik, gesagt: „Le cœur connaît des raisons que la raison ne connaît pas.“ Das Herz kennt Beweisgründe, die man mit Verstand nicht verstehen kann.
Genau das zeigt uns diese Frau hier. Und das ist natürlich nicht nur eine Sache von Frauen. Für Männer ist es genau gleich: Wenn man Dinge lehrmäßig nicht erklären kann, aber im Herzen weiß man trotzdem, es muss so sein.
Eben einfach aus der Verbindung mit dem Herrn heraus.
Etwas Ähnliches als notwendige Parallele in Verbindung mit Lazarus: Er war gestorben, und die Schwestern waren so traurig. Jesus sagt, dass Lazarus auferstehen wird: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“
Schlagen wir das kurz auf, das ist so schön: Johannes 11, Vers 25: Jesus sprach zu ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist oder auch wenn er stirbt. Und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du dies?“
Sie spricht zu ihm: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“
Was der Herr hier sagt, ist gewaltig. Er sagt nicht nur: „Ich bin die Auferstehung“, sondern auch: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Dann sagt er zwei Dinge: Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Es gibt Menschen, die an den Herrn Jesus glauben als Sohn Gottes, die sterben, denn der Herr Jesus wird sie eines Tages auferwecken – bei der Entrückung.
Dann sagt er im nächsten Satzteil: „Und jeder, der da lebt“, im Griechischen fortdauernd lebt, „und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ Das sind die, die als Generation bei der Entrückung leben noch und leben noch, und der Herr kommt. Sie werden nicht durch den Tod gehen, sondern sofort in den Himmel entrückt.
Der Herr spricht hier also davon, dass er die Auferstehung für die Gläubigen ist, die schon gestorben sind, und dass er das Leben für die ist, die niemals sterben werden, sondern direkt entrückt werden.
Das ist schon eine Andeutung des Geheimnisses der Entrückung, das eigentlich erst nach Pfingsten völlig offenbart wird, wenn Paulus sagt: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, aber wir werden alle verwandelt werden.“ Dann spricht er über die Entrückung.
Der Herr Jesus sagt so etwas dieser Frau. Und dann fragt er: „Glaubst du dies?“ Und was sagt sie? Sie kommt ja nicht raus. Sie übersteigt die Aussage, das kann man ja nicht verstehen mit der geringen Vorkenntnis, und dann sagt sie: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“
Ja, ich glaube es, auch wenn sie es nicht wirklich im Detail versteht. Das ist die richtige Herzenshaltung, die wir haben sollen, wie diese Frau, eben dass wir einfach alles glauben, auch das, was wir nicht verstehen.
Das ehrt den Herrn, und diese Frau hat zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie verbunden ist mit dem Erlöser, mit dem Messias, dem Sohn Gottes, der in die Welt kommen sollte.
Ja, das war ein kleiner Exkurs zu diesen Feinheiten im Verhältnis von Mann und Frau.
Die Kindheit und Herkunft Simsons
Und dann kommt Vers 24: Die Frau gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Simson. Das bedeutet „kleine Sonne“. Shimshon setzt sich zusammen aus „shemesh“, was „Sonne“ heißt, und „shimshon“, was man so sagen kann wie „kleine Sonne“. Auf Schweizerdeutsch sagen wir dazu „Sünderli“. Das „-on“ ist eine Verkleinerungsform, ähnlich wie im Deutschen „-lein“. Shimshon heißt also „kleine Sonne“. Dieser Name wird in der Geschichte noch von Bedeutung sein.
Der Knabe wuchs heran, und der Herr segnete ihn. Der Geist Gottes begann, ihn zu treiben nach Machanedan, das liegt zwischen Zohar und Eshtaol.
Ich habe hier auf der Satellitenkarte das größere Gebiet eingezeichnet, in dem die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Leben von Simson stattgefunden haben. Man kann es grob als den Zwischenbereich zwischen Jerusalem und Tel Aviv beschreiben.
Bevor wir mit Kapitel 14 weitermachen, machen wir einen kurzen Unterbruch. Wenn es recht ist, keine richtige Pause, sondern ein Lied. Das bringt auch Sauerstoff und beansprucht andere Hirnteile, was gut ist für die Konzentration.
Simsons Heirat mit einer Philisterin und die Folgen
Wir kommen zu Richter 14. Ich lese Richter 14, Vers 1: „Und Simson ging nach Timna hinab und sah dort eine Frau von den Töchtern der Philister. Er ging hinauf und berichtete es seinem Vater und seiner Mutter und sprach: ‚Ich habe in Timna eine Frau gesehen, von den Töchtern der Philister. Nehmt sie mir zur Frau!‘“
Seine Eltern antworteten ihm: „Ist unter den Töchtern deiner Brüder und unter meinem ganzen Volk keine Frau, dass du hingehst, eine Frau von den Philistern, den Unbeschnittenen, zu nehmen?“ Simson aber sprach zu seinem Vater: „Diese nimm mir, denn sie ist recht in meinen Augen.“
Sein Vater und seine Mutter wussten jedoch nicht, dass es von dem Herrn war, denn er suchte eine Gelegenheit an den Philistern. Zu jener Zeit herrschten die Philister über Israel.
Hier sehen wir ein erstes großes Problem bei Simson, das mit seinen Augen zusammenhängt. In Vers 1 steht, dass er in Timna eine Frau sah. In Vers 2 berichtet er seinen Eltern: „Ich habe in Timna eine Frau gesehen.“ Die Aussage steht stillschweigend im Bezug auf 5. Mose 7, wo Gott Israel deutlich gebietet, sich nicht mit den götzenanbetenden Völkern zu verbinden, sondern nur innerhalb des Volkes Gottes zu heiraten.
Das entspricht auch dem Grundsatz des Neuen Testaments, etwa in 2. Korinther 6: „Seid nicht in einem Joch mit Ungläubigen.“ Das ist keine Empfehlung, sondern ein Befehl, ein Imperativ. Wer Grammatikunterricht hatte, weiß: Ein Imperativ ist kein Vorschlag, sondern eine klare Anweisung. „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen!“
Simson aber sagt: „Diese nimm mir, denn sie ist recht in meinen Augen.“ Dreimal wird auf seine Augen verwiesen. Es geht ihm überhaupt nicht darum, wer diese Frau ist oder was der lebendige Gott in ihrem Leben bedeutet. Er hat sie gesehen und wollte sie.
Am Ende dieser Geschichte endet alles tragisch: Simson wird von den Philistern gefangen genommen, und sie stechen ihm die Augen aus. Sein Problem wird also am Ende wortwörtlich „ausgestochen“. Ich nehme das gleich vorweg, wenn wir zu Richter 16 kommen. Dort heißt es in Vers 20: „Er wusste aber nicht, dass der Herr von ihm gewichen war. Die Philister griffen ihn, stachen ihm die Augen aus und führten ihn nach Gaza hinab und banden ihn mit Ehrenfesseln.“ Schrecklich!
Der Herr Jesus sagt im Neuen Testament: „Wenn dich dein Auge ärgert“ – das heißt, wenn dein Auge dich zu Fall bringt – „reiß es aus!“ Im griechischen Neuen Testament bedeutet das Wort „ärgern“ (skandalizo), dass man in eine Falle gerät und zu Fall kommt. Wenn dein Auge der Anlass ist, dass du zu Fall kommst, dann reiße es aus.
Natürlich ist das eine hyperbolische Rede, also eine Übertreibung, um etwas drastisch auszudrücken. Ähnlich sagt Jesus in Matthäus 7: „Nimm zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann kannst du den Splitter aus dem Auge deines Bruders nehmen.“ Niemand würde tatsächlich einen Balken ins Auge stecken wollen, aber diese Übertreibung soll verdeutlichen, wie radikal man vorgehen muss, um das zu entfernen, was einen zu Fall bringt.
Im Leben von Simson sehen wir, dass er in dieser Hinsicht nicht radikal war. Deshalb wurde das Problem am Ende radikal von seinen Feinden gelöst.
Dieses Sehen ist auch in Vers 7 ein Problem: „Und er ging hinab und redete zu der Frau, und sie war recht in den Augen Simpsons.“ Das wird nochmals betont. Später kommen wir noch einmal auf dieses Thema zurück.
Wir können auch schon einen Blick auf Kapitel 16 werfen, Vers 1: „Und Simson ging nach Gaza, sah dort eine Hure und ging zu ihr hinein.“ Wieder spielt das Auge eine Rolle, und schon ist er gefallen.
Eine dritte Frau wird später noch zum Problem für ihn, in Kapitel 16, Vers 4: „Und es geschah hernach, dass er eine Frau liebte im Tal Sorek, ihr Name war Delilah.“ Diese dritte Frau bringt ihn schließlich vollends ins Verderben.
Doch bleiben wir erst bei den ersten Versen von Kapitel 14. Die Eltern wissen genau, was nach der Bibel richtig ist, und sie sagen ihm das: „Wieso willst du diese?“ Er antwortet: „Sie ist recht in meinen Augen.“ Dann heißt es geheimnisvoll: „Sein Vater und seine Mutter wussten aber nicht, dass es von dem Herrn war.“
Das bedeutet nicht, dass Gott seine Rechtsordnung geändert hätte. Vielmehr benutzte Gott die verkehrten Wege dieses Mannes, um seine Ziele zu erreichen.
Es ist sehr wichtig, beim Bibellesen zwei Prinzipien zu unterscheiden: den Ratschluss Gottes und die Regierungswege Gottes. Gott hat einen Plan, einen Ratschluss. Doch der Mensch ist keine Maschine. Es ist möglich, dass ein Mensch sich dem Ratschluss Gottes nicht beugen will.
Dann gibt es Umwege. Zum Beispiel Jakob. Es war nie Gottes Plan, dass er am Ende vier Frauen heiratet. Das brachte Elend über sein Leben und seine Familie, und es gab ständig Streit.
Gott hat einen Plan, aber Jakob wollte mit Tricks und List schneller an die Verheißungen Gottes gelangen. Deshalb musste er traurige Umwege gehen und schmerzvolle Erfahrungen machen.
Als Jakob Rahel sah, die Frau seines Lebens, arbeitete er sieben Jahre für sie. Dann kam die Hochzeit, und am nächsten Morgen sah er, dass sie leer war – eine unerträgliche Situation. Dennoch musste er weitere sieben Jahre für Rahel arbeiten.
Jakob machte traurige und schmerzhafte Umwege. Er lernte, was es bedeutet, einen Vater zu betrügen, als sein Onkel Laban ihn betrog. Am Ende seines Lebens sehen wir Jakob, gebeugt über seinem Stab, wie er Gott anbetet.
Jakob war ein einfacher Hirte, der nach Ägypten kam und den Pharao segnete. Die Bibel sagt in Hebräer 7: „Ohne allen Widerspruch wird der Geringere von dem Größeren gesegnet.“ Jakob wusste, dass er größer war als die Nummer eins des Weltreiches Ägypten, weil er der Verheißungsträger war.
Das ist wunderbar zu sehen. Die Umwege waren nicht Gottes Plan, aber sie sind Gottes Regierungswege.
Auch bei Simson war es nicht Gottes Plan, dass er eine Philisterin heiratet. Doch Gott sah, dass dieser Mann einen eigenwilligen Weg gehen wollte. Gott beschloss, diese Umwege für seine Pläne zu benutzen.
Es ist sehr wichtig, diese Dinge unterscheiden zu können. Dann versteht man viele scheinbar unlösbare Bibelstellen besser. Sie sind nicht unlösbar.
Wir hatten auch schon das Thema eines bösen Geistes von dem Herrn. Wie ist das möglich? Wir sehen, dass Gott dem Bösen einen gewissen Freiraum gibt. Er selbst steht aber nicht hinter dem Bösen.
Auch hier gilt: „Es war von dem Herrn.“ Das Böse selbst kam nicht von dem Herrn. Der Herr hatte aber einen höheren Plan, den er über diese Umwege verfolgte.
Das ist das Großartige. Hier sehen wir etwas von der Souveränität Gottes.
Manche Menschen denken, souverän bedeutet, dass Gott alles macht und der Mensch gar nichts zu sagen hat. Das wäre keine wirkliche Souveränität, sondern ein Ablauf wie bei einer Maschine.
Die Bibel zeigt uns, dass der Mensch mit einem Willen geschaffen wurde. Dieser Wille kann rebellisch sein.
In Lukas 7, Vers 30 heißt es: „Die Pharisäer aber und die Gesetzgelehrten machten in Bezug auf sich selbst den Ratschluss Gottes wirkungslos, indem sie nicht von ihm getauft wurden.“ Das ist erstaunlich. Menschen machen den Ratschluss Gottes für sich selbst wirkungslos.
Gott hatte den Ratschluss, wie Menschen gerettet werden können, wenn sie Buße tun und umkehren. Doch diese Menschen wollten diesen Ratschluss nicht und machten ihn für sich wirkungslos.
Gott ist souverän über allem und erreicht sein Ziel, obwohl der Mensch mit eigenem Willen und Verantwortung geschaffen wurde.
Das macht Gott groß. Seine Ratschlüsse führt er aus, er geht Regierungswege und erreicht am Ende genau das, was er wollte.
Simsons Kampf mit dem Löwen und die Bedeutung des Naziräertums
Wir fahren weiter in Vers 5: Und Simson ging mit seinem Vater und seiner Mutter nach Timna hinab. Das ist übrigens nicht das Timna unten in der Negevwüste, wo heute die Stiftshütte steht, in der Nähe von Elad. Dieses Timna liegt, grob gesagt, im Bereich zwischen Jerusalem und Tel Aviv.
Als sie an die Weinberge von Timna kamen, siehe, da brüllte ein junger Löwe ihm entgegen. Jetzt muss man das wirklich mit Kenntnis des Alten Testaments lesen, dann schaudert es einen fast, oder? Simson war ein Naziräer. Naziräer durften nichts vom Weinstock essen – keine Trauben, keinen Wein und keinen Traubensaft. Und nun kamen sie gerade an die Weinberge. Wie schnell könnte man da etwas pflücken? Das war also gefährlich für einen Naziräer.
Das ganze Leben lang auf solche Dinge zu verzichten – während die anderen Trauben essen durften – das war wirklich schwierig. Sie mussten einfach darauf verzichten, obwohl es nichts Böses oder Sündiges war. Sie verzichteten aus Liebe zum Herrn auf eine bestimmte Freude. Nun kommt Simson in das Gebiet dieser Weinberge von Timna, und da brüllt ein junger Löwe ihm entgegen. Der Geist des Herrn geriet über ihn, und er zerriss den Löwen, wie man ein Böcklein zerreißt. Und das ohne irgendeine Waffe in der Hand. Das ist unglaublich.
Man muss wissen, dass es damals in Israel Löwen gab, eine Art, die auch in Nordafrika vorkam, den sogenannten Berberlöwen. Er ist etwas kleiner als der afrikanische Löwe. Ich habe einmal einen solchen Mischling erlebt – sie sind in freier Wildbahn ausgestorben. In einem kleinen Zoo in der Schweiz habe ich einen solchen Löwen besucht, und das war beeindruckend. In großen Zoos mit afrikanischen Löwen kann man winken und Faxen machen, die reagieren nicht, sie interessieren sich nicht. Aber hinter Gittern, wenn man ein bisschen Faxen macht – das habe ich ausprobiert – springt der Löwe hoch und zeigt Aggression. Also ein kleiner, aber wirklich gefährlicher Löwe. Und Simson hat ihn so zerrissen.
Ich lese weiter in Vers 7: Und er ging hinab und redete zu der Frau, und sie war recht in den Augen Simsons. Er kehrte nach einiger Zeit zurück, um sie zu nehmen – das heißt, um sie zu heiraten. Das ist der hebräische Ausdruck für heiraten: eine Frau nehmen.
Dann bog er ab, um das Aas des Löwen zu besehen. Jetzt schauen wir noch einmal genau hin: Wir kennen aus 4. Mose 6 die Vorschriften für Naziräer. Sie durften nicht mit Aas in Berührung kommen. Darum hat der Engel des Herrn auch der Mutter gesagt, dass sie nichts Unreines essen darf, also kein Aas. Das ist vergleichbar damit, einen Toten zu berühren; dann ist die ganze Weihe dahin.
Nun war dieser Löwe tot, und auf dem Rückweg kam Simson wieder an dem Aas vorbei und wollte es besehen. Siehe, ein Bienenschwarm war im Körper des Löwen, und Honig. Dann nahm er den Honig heraus in seine Hände und aß ihn unterwegs. Er ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen auch etwas, aber er sagte ihnen nicht, dass er den Honig aus dem Körper des Löwen genommen hatte.
Das ist wie der Haar scharf, nicht wahr? Aber man muss biologisch folgendes wissen: Bienen sind sehr saubere Tiere, das ist fantastisch, sie sind wirklich „clean“. Sie würden niemals in einem Aas ihren Wohnsitz nehmen. Das muss also so gewesen sein, dass in der Zwischenzeit bereits alles Aas weg war, nur noch die ganz sauberen Knochen übrig waren. Darum waren die Bienen drin.
Simson wusste noch nicht, dass das alles schon abgebaut war. Zuerst kommen ja die Geier, Schakale und andere Aasfresser. Aber hier waren eben Bienen drin, und das macht klar, dass das in dem Sinn koscher war. Es war also koscher, aber wirklich knapp vorbei – so wie auch der Besuch am Weinberg. Das war ebenfalls ganz knapp.
Man muss wissen: Das Geheimnis der Kraft Simsons bestand in seinem Naziräersein. Das Geheimnis seiner Kraft war die völlige Hingabe an Gott. Natürlich war das eine symbolische Hingabe, eben das Naziräersein als äußeres Zeichen.
Im Neuen Testament könnte man das übertragen: Wir könnten alle Naziräer sein, wenn wir sagen können: Ich habe mein Leben ganz dem Herrn zur Verfügung gestellt. Ich möchte für ihn leben und bin bereit, auf gewisse Freuden zu verzichten, wenn ich ihm damit besser dienen kann. Genusssucht ist dabei kein Thema. Der Herr hat den ersten Platz – ganz im Sinne von 2. Korinther 5,14: „Denn die Liebe Christi drängt uns, weil wir überzeugt sind, dass einer für alle gestorben ist, folglich sind alle gestorben. Und er ist für alle gestorben, damit die, die leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt worden ist.“
Das ist wahres Christenleben: sich bewusst machen, dass der Herr Jesus alles gegeben hat am Kreuz für mich. Die Antwort darauf ist, nicht mehr für sich selbst zu leben, sondern nur noch für ihn. Das ist die geistliche Übertragung des Naziräerseins.
Nun: Das Geheimnis seiner Kraft bestand in seiner Weihe und Hingabe an Gott. Das gilt auch für uns in der Übertragung – in der völligen Hingabe an den Herrn und in der Unterwerfung unter sein Wort, in der Liebe zum Wort und zum Herrn. Darin liegt das Geheimnis geistlicher Kraft.
Simson hat seine Kraft nur knapp nicht verloren. Er hätte sie verlieren können, es ging knapp daneben. Auch seine Eltern sagen, dass es haarscharf vorbei war.
Simsons Rätsel und Konflikte mit den Philistern
Und sein Vater ging zu der Frau hinab, und Simson machte daselbst ein Mal, denn so pflegten die Jünglinge zu tun.
Es geschah, als sie ihn sahen, dass sie dreißig Gesellen nahmen, die bei ihm waren. Simson sprach zu ihnen: „Ich will euch ein Rätsel aufgeben. Wenn ihr es mir in den sieben Tagen des Mahls kundtut und es erratet, so werde ich euch dreißig Hemden und dreißig Wechselkleider geben.“
Man kann sich also vorstellen, dass das ein erheblicher Wert war. „Wenn ihr es mir aber nicht kundtun könnt, so sollt ihr mir dreißig Hemden und dreißig Wechselkleider geben.“
Sie antworteten: „Gib uns das Rätsel auf, damit wir es hören.“
Er sprach zu ihnen: „Aus dem Fresser kam Frass, und aus dem Fressen kam Süßigkeit.“ Das ist Poesie, ein Gedicht. Was ist das? Natürlich ist das eine Anspielung auf die Sache mit dem Löwen. Aus dem Fresser, dem starken Tier, dem Löwen, kam dieser gute Honig hervor, diese süße Süßigkeit.
Wir lesen weiter: Sie vermochten das Rätsel drei Tage lang nicht zu lösen. Am siebten Tag sprachen sie zu Simsons Frau: „Berede deinen Mann, dass er uns das Rätsel kundtut, damit wir nicht dich und deines Vaters Haus mit Feuer verbrennen.“
Auch mit ihren eigenen Leuten gingen sie nicht gerade galant um. „Um uns zu berauben, habt ihr uns geladen, nicht wahr?“
Simsons Frau weinte an ihm und sprach: „Du hasst mich, du hasst mich nur und liebst mich nicht.“
Das ist nach nur drei Tagen Hochzeitsfest schon ein heftiger Vorwurf. Wenn das schon bei der Hochzeit so beginnt, ist das wirklich schlimm. „Das Rätsel hast du den Kindern meines Volkes aufgegeben, und mir hast du es nicht kundgetan! So gemein! Nicht mal die Frau darf es wissen!“
Er antwortete ihr: „Siehe, meinem Vater und meiner Mutter habe ich es auch nicht kundgetan.“
Das ist ein schwieriges Argument: Wenn er es nicht einmal seinen Eltern gesagt hat, warum sollte er es dann seiner Frau sagen? Das zeigt, dass die Sache schon ziemlich schwierig war.
Er wollte es seinen Eltern nicht sagen, weil sie ihm gesagt hätten: „Was machst du, Simson? Du bist ein Naziräer, du darfst doch nicht an einen Löwen herankommen. Du weißt doch nicht ganz sicher, ob alles Arges weg ist.“ Darum hat er es ihnen nicht gesagt.
Sie weinte an ihm während der sieben Tage, die sie das Mahl hatten. Am siebten Tag wurde ihr das Rätsel kund, denn sie drängte ihn. Auch bei Männern sind die Nerven manchmal am Ende. Ein paar Tage Weinen – dann ist man durch. Ich persönlich wäre wohl schon viel früher durch gewesen.
Am siebten Tag sprachen die Männer der Stadt zu ihm, ehe die Sonne unterging: „Was ist süßer als Honig, und was ist stärker als der Löwe?“ Sie hatten die Lösung gefunden.
Er antwortete ihnen: „Wenn ihr nicht mit meinem Kalb gepflügt hättet, so hättet ihr mein Rätsel nicht erraten.“
Das ist auch kein schöner Vergleich: Seine Frau ist das „Kalb“ von Simson, mit dem sie gepflügt haben.
Dann lesen wir, wie Gott eingreift: „Der Geist Gottes geriet über ihn, und er ging hinab nach Aschkelon. Dort schlug er von ihnen dreißig Mann und nahm ihre ausgezogenen Gewänder. Diese gab er denjenigen, die das Rätsel gelöst hatten.“
Sein Zorn entbrannte, und er ging hinauf in das Haus seines Vaters. Die Frau Simsons wurde einem seiner Gesellen gegeben, den er sich zugesellt hatte.
Eine katastrophale Geschichte! Jetzt heiratet sie einen anderen. Dieses Werkzeug Gottes ist mehr als eigenartig. Im Buch der Richter haben wir einige eigenartige Gestalten gesehen, aber dieser Mensch ist irgendwie barbarisch. Seine Hingabe an Gott ist nur symbolisch und äußerlich.
Doch es ist ein Bild davon, wie wir echte geistliche Kraft haben – durch echte Hingabe, nicht nur äußerlich. Gott wusste, wie Simson sein würde, und ließ ihn auf diesem Weg gehen, um Gerichte über die Philister zu bringen.
Simsons Kampf gegen die Philister und die Reaktion des Volkes
Es geht weiter in Kapitel 15, und es geschah nach einiger Zeit in den Tagen der Weizenernte, also sind wir im Monat Juni. Das ist die Weizenernte in Israel, ein bisschen früher als bei uns.
Da besuchte Simson seine Frau mit einem Ziegenböcklein, und er sprach: „Ich will zu meiner Frau ins Gemach gehen.“ Aber ihr Vater gestattete ihm nicht, hineinzugehen. Er sprach: „Ich habe gewisslich gedacht, dass du sie hasstest, dass du sie hasstest, und so habe ich sie deinem Gesellen gegeben. Ist nicht ihre jüngere Schwester schöner als sie? Was soll das?“
Ich weiß von einem Mann, der einmal in Schwelm an eine Haustür ging und fragte, ob er eine der Töchter haben könne. Dann sagte der Vater: „So geht das auch wieder nicht.“ Aber in der Welt ist das oft so: „Dann kannst du die jüngere Schwester haben.“
Auch dieses Verhalten war barbarisch: Die Frau war ja wieder verheiratet, und jetzt kommt Simson und will zu ihr gehen. Das geht überhaupt nicht. Aber dann heißt es weiter: „Möge sie doch dein Werden an ihr sein.“
Da sprach Simson zu ihnen: „Diesmal bin ich schuldlos an den Philistern, wenn ich ihnen etwas tue.“ Und Simson ging hin und fing dreihundert Schakale. Er nahm Fackeln und band sie Schwanz an Schwanz. Zwischen je zwei Schwänzen tat er eine Fackel in die Mitte und zündete sie an. Er ließ sie los in das stehende Getreide der Philister und zündete sowohl Garbenhaufen als auch stehendes Getreide und Olivengärten an.
Die Philister sprachen: „Wer hat das getan?“ Man sagte: „Simson, der Schwiegersohn des Timnitters, weil er ihm seine Frau genommen und sie einem Gesellen gegeben hatte.“ Da zogen die Philister hinauf und verbrannten sie und ihren Vater mit Feuer. Unglaublich, diese Barbaren!
Simson sprach zu ihnen: „Wenn ihr also so handelt, es sei denn, dass ich mich an euch gerecht habe, danach will ich aufhören.“ Und er schlug die Schenkel samt Hüfte und richtete eine große Niederlage unter ihnen an. Er ging hinab und wohnte in der Kluft des Felsens Etham, wie ein Höhlenbewohner.
Hier gibt es ein Übersetzungsproblem. Was bei mir mit „Schakal“ übersetzt ist, heißt auf Hebräisch „Schual“. Wie soll man das übersetzen? Das Wort bedeutet im Hebräischen sowohl Fuchs als auch Schakal. Vielleicht kennt man das hebräische Volkslied „Schual, Schual, Schual, Schual“. Das kann Fuchs oder Schakal heißen. Wie soll man also übersetzen?
Das macht es schwierig für Übersetzer, wenn Wörter mehrere Bedeutungen haben. In diesem Fall muss man sich für Biologie interessieren. Füchse sind Einzelgänger. Wer hat schon einen Rudel Füchse gesehen? Nein, Füchse leben allein. Aber Schakale leben im Rudel. Deshalb muss man hier mit „Schakal“ übersetzen. Simson hat sie so zusammengebracht und benutzt, um den Angriff auf die Philister durchzuführen.
Vers 9: Die Philister zogen herauf und lagerten sich in Juda und breiteten sich in Lechi aus. Die Männer von Juda sprachen: „Warum seid ihr wieder zu uns heraufgezogen?“ Übrigens heißt der Ort Lechi. Ich sage nicht, wie man das auf Schöndeutsch ausspricht, sondern wie ein Schweizer: Lechi. Aber so heißt es eben auf Hebräisch.
Die Männer von Juda sprachen: „Warum seid ihr wieder zu uns heraufgezogen?“ Sie antworteten: „Um Simson zu binden, sind wir heraufgezogen, damit wir ihm tun, wie er uns getan hat.“
Da zogen dreitausend Mann von Juda zur Kluft des Felsens Etham hinab und sprachen zu Simson: „Weißt du nicht, dass die Philister über uns herrschen? Und warum hast du uns das getan?“
Man merkt dieses Problem: Die aus dem Volk Gottes haben ein Problem mit Simson, weil er irgendwie nicht akzeptiert, dass sie jetzt unterdrückt werden von den Philistern. Da kann man nichts machen. Sie haben ein Problem mit ihm, weil er sich so wehrt.
Das ist eigentlich die Situation, wenn jemand sich mit einem geistlichen Problem in seinem Leben abgefunden hat. Das ist traurig, dass man einfach sagt: „Das ist so, es bleibt so.“ Aber eigentlich hätten sie den Wunsch haben müssen, frei zu sein als Volk Gottes. Das geht gar nicht, dass wir unter der Herrschaft der Philister stehen. Wir wollen zurück zu dem frühen Zustand. Aber sie haben sich damit abgefunden und sagen: „Weißt du nicht, dass die Philister über uns herrschen?“ Natürlich wusste Simson das, aber er hatte den Auftrag, gegen die Philister vorzugehen, um sie zu bekämpfen und zu befreien.
Sie sagen weiter: „Und warum hast du uns das getan?“ Er antwortete: „Wie sie mir getan haben, so habe ich ihnen getan.“ Da sprachen sie zu ihm: „Um dich zu binden, sind wir herabgekommen, damit wir dich in die Hand der Philister liefern.“
Jetzt wollen sie also den, der sie eigentlich befreien sollte, fesseln und den Feinden ausliefern. Unglaublich! Das ist wirklich das Bild von jemandem, der sich mit geistlichen Problemen mehr als abgefunden hat. Der kämpft sogar gegen die Lösung.
„Ja, aber ihn zu binden – wie wollen sie das tun?“
„Um dich zu binden, sind wir herabgekommen, damit wir dich in die Hand der Philister liefern“, sagten sie. Simson sprach zu ihnen: „Schwört mir, dass ihr nicht über mich herfallen werdet.“ Sie antworteten: „Nein, wir wollen dich binden und in ihre Hand liefern, aber nicht töten.“
Sie banden ihn mit zwei neuen Stricken und führten ihn aus dem Felsen herauf. Als er nach Lechi kam, jauchzten ihm die Philister entgegen. Doch der Geist Gottes geriet über ihn, und die Stricke an seinen Armen wurden wie Flachsfäden, die vom Feuer verzehrt sind. Seine Bande schmolzen weg von seinen Händen.
Er fand einen frischen Eselskinnbacken, streckte die Hand aus, nahm ihn und erschlug damit tausend Mann. Simson sprach: „Mit dem Eselskinnbacken habe ich einen Haufen, zwei Haufen erschlagen, mit dem Eselskinnbacken habe ich tausend Mann erschlagen.“
Das ist ein Gedicht. Hebräisch ist eine schöne Sprache, und hier ist ein Wortspiel drin.
Dieser Eselskinnbacken, mit dem hat er die Leute geschlagen, so wie man das damals mit typischen Sichelschwertern machte. Ich habe ja erklärt, in Verbindung mit der Geschichte von Ehud, dass dieser schon eine Neuerung übernommen hatte: ein gerades Schwert zu besitzen und nicht mehr ein Krummschwert, mit dem man die Leute schlug.
Dieser Eselskinnbacken ist sozusagen ein Ersatz für ein Sichelschwert. Mit ihm hat Simson die Philister totgeschlagen. Gerade die Philister waren es ja, die das gerades Schwert im Nahen Osten eingeführt hatten. Aber er kommt wirklich mit einem Untersichelschwert, einem Eselskinnbacken, und besiegt die Philister – eine doppelte Demütigung, könnte man sagen.
Aber auch hier wieder haarscharf vorbei! Es dürfte kein Aas daran gewesen sein. Und das war nicht einmal ein Knochen von einem Schaf, sondern von einem unreinen Tier, nach 3. Mose 11.
Man sieht, wie problematisch das ist – wieder haarscharf vorbei. Aber er hat die Kraft nicht verloren, wurde aber durstig. Darum hat man diesen Ort Ramat Lechi genannt, das heißt „Kinnbackenhöhe“. Ramat heißt „Höhe“, Lechi eben „Kinnbacken“.
Es dürstete ihn sehr, und er rief zu dem Herrn und sprach: „Du hast durch die Hand deines Knechtes diese große Rettung gegeben, und nun soll ich vor Durst sterben und in die Hand der Unbeschnittenen fallen?“ Da spaltete Gott die Höhlung, die zu Lechi ist, und es kam Wasser aus ihr hervor. Er trank, sein Geist kehrte zurück, und er lebte wieder auf.
Daher gab man ihr den Namen „Quelle des Rufenden, die zu Lechi ist“, bis auf diesen Tag. Er war völlig erschöpft, und Gott gab eine Quelle, die sich öffnete. Das nennt man Quellwasser, im Hebräischen „lebendiges Wasser“, Mayim Chaim.
Wir wissen aus Johannes 7,37-39, dass das lebendige Wasser, das fließende Quellwasser, ein Bild des Heiligen Geistes ist. Er erfrischt und erneuert, indem er den Herrn Jesus in seiner Herrlichkeit vorstellt.
Äußerlich ist das Wasser eine Erfrischung. In der Übertragung entspricht das jemandem, der sich ganz der Sache des Herrn hingibt als Nasiräer und für das Volk Gottes kämpft, um es zu befreien. Wenn er so in eine Situation kommt, dass er ganz ermattet ist, erlebt er diese Erfrischung durch den Heiligen Geist, der das Wort Gottes öffnet und den Herrn Jesus groß macht.
Es heißt hier: „Sein Geist kehrte zurück.“ Ich liebe es manchmal, so an die Grenze zu gehen. Meine Frau und ich haben das schon ein paarmal gemacht – ungewöhnlich große Wanderungen durch die Wüste. Wir haben genügend Wasser mitgenommen, aber wir kamen bis an die Grenze.
Da kann die Situation kommen, dass es im Rücken zu kribbeln beginnt, als ob eine Grippe kommt. Es kann Schwäche geben, weil das etwas ganz anderes ist als eine große Wanderung in der Schweiz. Dort hat man nicht ständig diese sengende Sonne. Das braucht viel, viel mehr Energie.
Dann zu trinken – da merkt man, wie der Geist zurückkommt. Diese Erfahrung muss man gemacht haben, um zu verstehen, was es heißt, „sein Geist kehrte zurück“. Dieses Aufleben ist spürbar. Wenn da noch Zucker drin ist, ist die Wirkung unglaublich. Innerhalb von Minuten fühlt man sich wieder gesund.
Ich sage jetzt nicht, was ich genau getrunken habe – es war ein süßes Getränk, das sehr gut wirkt in solchen Situationen.
Simsons moralischer Verfall und Gefangenschaft
Gehen wir noch etwas weiter, Kapitel sechzehn. Nachdem gesagt wird, dass Simson zwanzig Jahre in dieser Zeit der vierzig Jahre der Philister gerichtet hatte, heißt es: Simson ging nach Gaza. Dort sah er eine Hure und ging zu ihr hinein. Diese Tragik haben wir bereits behandelt – unvorstellbar, nicht wahr? Der erste Richter, Othniel, mit seiner vorbildlichen Ehe – und dann der Führer des Volkes Gottes, der moralisch wirklich auf dem tiefsten Punkt angekommen ist.
Es wurde den Gazitern berichtet und gesagt: Simson ist hierher gekommen. Sie umstellten ihn und lauerten die ganze Nacht auf ihn am Stadttor. Sie verhielten sich still und sprachen: „Bis der Morgen hell wird, dann wollen wir ihn erschlagen.“ Also bis die Sonne im Osten aufgeht, sollte dieser Mensch, der sich so in die Finsternis begeben hat, getötet werden.
Dieser Mann hieß Shimshon, was „kleine Sonne“ bedeutet. Aber er ist völlig in die Nacht und Dunkelheit abgesunken. Und wenn dann die richtige Sonne aufgeht, wollen sie ihn töten. Doch was macht diese kleine Sonne der Finsternis?
In Vers drei lesen wir: Simson lag bis Mitternacht. Um Mitternacht aber stand er auf, ergriff die Flügel des Stadttors und die beiden Pfosten, riss sie samt dem Riegel heraus, legte sie auf seine Schultern und trug sie auf den Gipfel des Berges, der gegen Hebron hinliegt. Man muss auf der Karte schauen, was das bedeutet: von Gaza über das Gebirge der Scheffela hoch nach Hebron. Unglaublich – mit dem Stadttor!
Aber eben, die Sonne, die um Mitternacht aufgeht – das geht nicht. Da sieht man, das Licht ist ausgegangen in diesem Mann, der ein Licht sein sollte.
Dann lesen wir weiter: Es geschah aber danach, dass er eine Frau im Tal Sorek liebte, ihr Name war Delilah. Die Fürsten der Philister gingen zu ihr hinauf und sprachen zu ihr: „Überrede ihn und sieh, worin seine große Stärke besteht.“ Wir kennen alle diese Geschichte, wie sie ihn immer wieder beredet, bis er ihr schließlich sagt, worin seine Kraft besteht – in seinen langen Haaren.
Das ist das Zeichen der völligen Hingabe an Gott, und zwar ohne Grenzen. Dann durfte er sie nie schneiden, auch nicht stutzen, denn diese ewig wachsenden Haare waren ein Symbol der Hingabe ohne Grenzen. Doch dann wurden die Haare geschnitten, und er verlor alle Kraft. Er konnte verhaftet und abgeführt werden. Die Philister stachen ihm die Augen aus.
In Vers 21 heißt es: „Und die Philister griffen ihn, stachen ihm die Augen aus und führten ihn nach Gaza hinab. Sie banden ihn mit eisernen Fesseln, und er musste im Gefängnis mahlen.“ Aber das Haar seines Hauptes begann wieder zu wachsen, sobald er geschoren war. So ist das eben.
Die Fürsten der Philister versammelten sich, um ihrem Gott Dagon ein großes Schlachtopfer zu bringen und ein Freudenfest zu feiern. Sie sprachen: „Unser Gott hat Simson, unseren Feind, in unsere Hand gegeben.“ Das ist im Hebräischen ein Gedicht, das sich sogar reimt.
Als das Volk ihn sah, priesen sie ihren Gott und sprachen: „Unser Gott hat unseren Feind in unsere Hand gegeben, den Verderber unseres Landes und den, der unsere Erschlagenen viele machte.“ Als ihr Herz fröhlich war, riefen sie: „Ruft Simson, dass er vor uns spielt!“
Sie riefen Simson aus dem Gefängnis, und er spielte vor ihnen. Sie stellten ihn zwischen die Säulen, und Simson sprach zu dem Knaben, der ihn bei der Hand hielt: „Lass mich die Säule betasten, auf welcher das Haus ruht, und mich an sie lehnen.“ Das Haus war voll von Männern und Frauen, und alle Fürsten der Philister waren dort. Auf dem Dach waren dreitausend Männer und Frauen, die zusahen, wie Simson spielte.
Dann rief Simson in seiner Schwachheit zum Herrn, und dieser gab ihm noch einmal Kraft, weil die Haare doch wieder zu wachsen begonnen hatten. In Hebräer 11 lesen wir von den Glaubenshelden, und dort wird Simson erwähnt – aber nicht wegen seines üblen Lebens, sondern es heißt dort: „Es gab solche, die aus der Schwachheit Kraft gewannen.“ Das ist eine Anspielung auf Simson.
Er fasste Glauben, rief den Herrn um Hilfe an und streckte die Hände zu den Säulen aus. Das ganze Haus fiel zusammen, und alle diese Tausende von Leuten starben. In seinem Tod hat er mehr getötet als während seines ganzen Lebens von zwanzig Jahren.
So endet diese traurige Geschichte. Die Kritiker lachen natürlich: Wie soll das gehen, ein Haus zusammenstürzen zu lassen, indem man zwei Säulen nimmt? Das geht ja gar nicht!
Hier noch ein Hinweis: Ein Schakal, wenn man weiß, wie der aussieht. Zum Schluss machen wir noch eine kleine Reise nach Tel Aviv, genauer gesagt nach Tel Kassile in Tel Aviv. Dort befindet sich eine Ausgrabungsstätte mitten in der Großstadt. Man hat eine Philistersiedlung entdeckt und ausgegraben, darunter auch einen Philistertempel.
Dabei stellte man fest, dass Philistertempel eine spezielle Architektur hatten, anders als die Kanaaniter. Für alle, die meinen, sie könnten über die Bibel spotten, muss man sagen: Ja, aber eben – man spottet nur, weil man unwissend ist.
Ich habe das fotografiert. Typisch ist, dass das Gebäude auf zwei Hauptsäulen ruht. Darum war es möglich, dass Simson in einem Philistertempel – in einem kanaanitischen Tempel wäre das nicht möglich gewesen – diese Säulen ergriff, sie zerstörte und so die Katastrophe anrichtete.
Das ist eine kleine Zugabe, die wieder einmal zeigt: Man darf einfach vertrauen. Wenn die Bibel sagt, dass es so geschehen ist, dann ist es so geschehen – auch wenn man nicht genau weiß, wie das mit zwei Säulen ein ganzes Haus zerstören kann.
An dieser Stelle wollen wir schließen und morgen die zwei Anhänge zusammen anschauen.