Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich möchte Sie alle herzlich zu diesem interessanten Vortrag mit dem Titel „Der Mensch – ein sprechender Affe“ begrüßen.
Thema des Vortrags ist die Linguistik, also die Sprachwissenschaft, im Vergleich zur Evolutionstheorie.
Was ich Ihnen heute Abend vorstelle, basiert auf den Ergebnissen meiner wissenschaftlichen Forschungsarbeit. Diese habe ich vor einigen Jahren für eine amerikanische Hochschule durchgeführt. Die Arbeit umfasst die Fachgebiete Linguistik, Sprachwissenschaft, Philologie und Theologie.
Das dazugehörige Buch ist derzeit vergriffen, soll aber noch in diesem Jahr neu erscheinen. Verlegt wird es bei CLV Bielefeld. Es wird auch über die Webseite clv.de erhältlich sein.
Gemeinsame Grundlagen und Überblick über Sprachen
Zu Beginn wollen wir über Dinge sprechen, die allgemein akzeptiert werden, unabhängig davon, ob man an die Evolutionslehre glaubt oder von der Wahrheit des biblischen Schöpfungsberichts überzeugt ist.
Es ist wichtig, bei der Betrachtung kontroverser Themen zunächst eine gemeinsame Grundlage zu klären. Von dort aus kann man dann weitergehen.
Der erste Teil behandelt Fakten, die eigentlich alle akzeptieren, zum Thema Sprachen.
Erstens: Weltweit gibt es etwa siebentausend verschiedene Sprachen. Dabei sind die Dialekte nicht mitgezählt.
Zweitens stellt man fest, dass gewisse Sprachen aus diesen siebentausend untereinander eindeutige Verwandtschaftsmerkmale zeigen. Diese Sprachen fasst man zu einem gemeinsamen Sprachstamm zusammen. Ich drücke mich hier sehr vorsichtig aus: Es gibt einige Dutzend Sprachstämme. Damit man weiß, wovon ich spreche, nenne ich ein paar Beispiele.
Einen Sprachstamm nennt man indoeuropäisch. Dazu gehören die meisten europäischen Sprachen. Wie das Wort andeutet, gehören auch verschiedene Sprachen in Asien bis nach Indien dazu. Diese Sprachen sind ganz eindeutig miteinander verwandt.
Dann gibt es einen anderen Sprachstamm, den hamito-semitischen. Dazu gehören zum Beispiel Arabisch, Hebräisch, Aramäisch und so weiter. Diese Sprachen sind untereinander verwandt. Man kann aber nicht sagen, dass Hebräisch urverwandt mit Schweizerdeutsch aus dem indoeuropäischen Sprachstamm ist.
Weitere Sprachstämme sind zum Beispiel sino-tibetisch, zu dem die verschiedenen chinesischen Dialekte gehören, sowie uralisch-altaisch, niger-kordofanisch, paläoasiatisch und so weiter.
Innerhalb eines Sprachstammes werden besonders eng verwandte Sprachen wieder neu zusammengefasst, und zwar zu Sprachfamilien.
Beispiele für Sprachfamilien innerhalb des Indoeuropäischen sind die romanischen Sprachen, zu denen Italienisch, Spanisch und andere gehören. Dann die germanischen Sprachen wie Deutsch, auch Schweizerdeutsch, Holländisch, Englisch und so weiter. Eine weitere Familie sind die slawischen Sprachen, zu denen Russisch, Polnisch, Kroatisch und andere gehören.
Diese Sprachen gehören alle zum gleichen Sprachstamm. Das heißt also, Russisch ist eindeutig mit Schweizerdeutsch verwandt, aber so weit entfernt, dass Russisch zu einer anderen Sprachfamilie gehört als Schweizerdeutsch – innerhalb desselben Sprachstammes.
Die Ähnlichkeit der romanischen Sprachen erklärt sich nachweislich durch Abstammung vom Latein. Mit „nachweislich“ meine ich nicht nur Schlussfolgerungen, sondern dass man es anhand von Dokumenten über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg klar belegen kann.
Das bedeutet, die romanischen Sprachen gehen alle durch Abstammung auf das Latein zurück. Auf das Latein kann man Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Romanisch, Rumänisch, Katalanisch, Provinzialisch, Sardisch und weitere Sprachen zurückführen.
Ganz wichtig: Sprachen verschiedener Sprachstämme können nicht auf eine gemeinsame Ursprache zurückgeführt werden. Da sind sich die meisten einig. Es gibt jedoch auch Leute, die behaupten, man könne letztlich alle Sprachen auf eine Ursprache zurückführen.
Wenn man aber die Argumente und Beweise dafür verlangt, sind diese sehr wackelig und überzeugen nicht.
Wir können also sagen: Die circa siebentausend Sprachen können auf einige Dutzend – auch hier vorsichtig ausgedrückt – einige Dutzend Ursprachen zurückgeführt werden. Das ist möglich, aber nicht auf eine einzige Ursprache.
Einzigartigkeit und Komplexität menschlicher Sprache
Eine weitere wichtige und allgemein anerkannte Tatsache ist, dass menschliche Sprachen phantastische, geniale und komplex konzipierte Zeichen- oder Codesysteme sind, mit denen Gedanken und Ideen ausgedrückt werden können. Das gilt für alle Sprachen.
Im Tierreich gibt es keine Kommunikationssysteme, die mit den menschlichen Sprachen gleichzusetzen sind. Diese Aussage bedeutet jedoch nicht, dass es bei Tieren keine Kommunikationssysteme gibt. Im Gegenteil, Tiere verfügen über beeindruckende Kommunikationsformen, zum Beispiel den Bienentanz bei Bienen oder die Gesänge von Walen. Diese Systeme sind faszinierend, aber grundsätzlich von einer anderen Natur als die menschlichen Sprachen.
Man kann also sagen, dass menschliche Lautsprachen typisch menschlich sind. Es gibt eine klare und strenge Trennlinie zwischen Mensch und Tier, zwischen dem Menschen und dem Tierreich. Das hängt auch mit folgendem Zusammenhang zusammen: Bei Tieren fehlen die nötigen neurobiologischen Voraussetzungen im Gehirn, die für die Erzeugung und das Verständnis von Sprache erforderlich sind.
Beim Menschen befinden sich im Gehirn das Broca-Zentrum, meist linksseitig, und das Wernicke-Zentrum. Im Broca-Zentrum wird Sprache produziert. Gerade jetzt arbeitet bei mir das Broca-Zentrum aktiv, während es bei Ihnen nicht aktiv ist, da Sie zuhören müssen. Bei Ihnen arbeitet hingegen das Wernicke-Zentrum auf Hochtouren. Dieses Zentrum ist für das Sprachverständnis zuständig und funktioniert hervorragend.
Ich spreche ziemlich schnell, und wenn man bedenkt, wie viele Schallwellen an Ihre Ohren gelangen und Ihr Gehirn diese entschlüsselt und versteht, ist das wirklich beeindruckend. Wir beide sind also aktiv am Arbeiten. Bei Tieren gibt es diese beiden Zentren jedoch nicht.
Man könnte einwenden: „Aber mein Hund hört doch, wenn ich spreche!“ Ja, natürlich hört er, aber diese Kommunikation basiert auf einer ganz anderen Grundlage. Die beiden Sprachzentren fehlen bei Tieren, auch bei Orang-Utans und Gorillas. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen werden Äußerungen bei Säugetieren, einschließlich Menschenaffen, durch das limbische System gesteuert. Dieses Gefühlszentrum befindet sich tief im Gehirn und existiert auch beim Menschen. Allerdings funktioniert die Kommunikation bei Menschen auf einer ganz anderen Ebene.
Tiere besitzen die notwendige Hardware im Gehirn nicht – also keine entsprechenden Strukturen oder Voraussetzungen –, und sie verfügen auch nicht über die Software, die darauf läuft. Menschliche Sprachen unterscheiden sich daher grundlegend von allen tierischen Kommunikationssystemen.
Menschliche Sprachen bieten im Prinzip grenzenlose Ausdrucksmöglichkeiten. Natürlich kann man an Grenzen stoßen, wenn man sagt, es gebe für etwas keinen Begriff. Doch unsere Sprachen sind so eingerichtet, dass wir dann sogar neue Begriffe kreieren können. Mit unseren Sprachen lässt sich wirklich alles ausdrücken, was man sagen möchte.
Sprachentwicklung und Lernfähigkeit bei Kindern
Ein weiteres Faktum: Wir sind immer noch bei einem Thema, bei dem eigentlich alle, oder zumindest fast alle, übereinstimmen. Alle normalen Kinder können jede beliebige Sprache der Welt perfekt und akzentfrei erlernen. Das ist wirklich fantastisch. Hätten ihre Kinder Eltern, die Mandarin-Chinesisch sprechen, wäre das kein Problem. Sie würden heute akzentfrei Mandarin-Chinesisch sprechen.
Wir haben es mit Schweizerdeutsch gemacht, und jetzt sprechen Sie einwandfrei Schweizerdeutsch, aber eben kein Mandarin-Chinesisch. Das ginge aber auch mit Suaheli aus Afrika oder mit Ventu, einer Indianersprache aus Kalifornien, über die heute Abend noch die Rede sein wird. Es kommt also gar nicht darauf an – die Kinder können das.
Offensichtlich besitzt das Kleinkind im Gehirn eine Art Dietrich, mit dessen Hilfe es in der Lage ist, das Schloss jeder Sprache der Welt perfekt zu öffnen. Das ist fantastisch. Aber mit der Pubertät erstarrt dieser Dietrich. Jetzt wissen Sie, warum das für Sie so ist: Sie haben Sprachen nach der Pubertät gelernt. Ja, Sie sprechen sie, aber mit Akzent – und das ist völlig normal.
Sie haben die Sprache nicht einfach so gelernt, indem Sie gut zugehört und alles perfekt übernommen haben. Stattdessen musste Ihnen die Grammatik und die ganze Theorie erklärt werden. So funktioniert das. Vor der Pubertät brauchen Kinder keine Theorie. Man muss ihnen also überhaupt nicht erklären, wie Chinesisch aufgebaut ist oder wie das genau mit den Tönen funktioniert, ob es eine Tonsprache ist. Das verstehen sie von selbst.
Der Dietrich kann jedes Schloss öffnen – aber nur bei Kindern. Für einen Europäer ist es praktisch nicht mehr möglich, nach der Pubertät eine Indianersprache so zu lernen, dass er sie aus sich heraus durch Hören wirklich versteht. Das hat praktisch nie ein Europäer geschafft.
Kinder, die bis zum Alter von zehn Jahren keine Sprache erlernt haben, können später keine Sprache mehr erlernen. Das wissen wir aus traurigen Fällen sogenannter Wolfskinder, also Kinder, die alleine wild aufgewachsen sind. Ein Beispiel ist Victor d'Aveyron, ein kleiner Junge, den man um 1797 in den Wäldern Südfrankreichs aufgegriffen hatte. Er lebte ganz allein in der Wildnis. Ein Arzt nahm ihn auf und versuchte liebevoll, ihn zu erziehen. Das war aber eigentlich nicht möglich.
Victor war sehr wild am Tisch, Manieren zu lernen gelang nicht richtig, und er konnte auch keine Sprache mehr lernen. Er konnte kein Französisch erlernen – das ging nicht mehr. Es gibt einige solche Beispiele, die bekannt sind, und immer das Gleiche: Wenn die sogenannte sensible Phase, also die ersten zehn Jahre, vorbei ist, funktioniert das Gehirn nicht mehr so.
Zum Beispiel wurde ein Indianerdorf im Wilden Westen von Weißen überfallen. Ein kleiner Junge konnte sich damals retten und wuchs alleine im Wald auf. Als er erwachsen wurde, wurde seine Sehnsucht nach Gemeinschaft größer als seine Angst vor den Weißen. Schließlich überwand er sich und ging in ein Dorf der Weißen in Amerika. Zu seiner Überraschung waren das ganz nette Leute, die ihn freundlich aufnahmen.
Schließlich durfte er sogar in einem Indianermuseum arbeiten. Dort hatte er die Aufgabe, den Besuchern zu erklären, wie man als Indianer im Urwald lebt und überlebt. Doch der Mann konnte kein Englisch mehr lernen, nur einzelne Wörter, einzelne Vokabeln. Er konnte sie aber nicht zu Sätzen zusammensetzen. Deshalb konnte man nie erfahren, was dieser Mensch über das Leben nach dem Tod oder über Gott dachte – also über tiefere Dinge.
Es war unmöglich, mit ihm zu kommunizieren und zu erfahren, was innerlich in ihm vorging. Ohne ein bestehendes Sprachsystem bleibt der Mensch sprachlos. Nur bis zum Alter von zehn Jahren kann ein Kind ein bestehendes Sprachsystem in sich aufnehmen. Der Mensch kreiert nicht von sich aus eine eigene Sprache. Er braucht den Input von außen. Ein System muss von außen herangetragen werden.
Aufbau gesprochener Sprachen auf vier Ebenen
Und nun, ich habe bereits gesagt, die Sprachen sind Codesysteme, aber komplizierte Codesysteme. Heute Abend spreche ich nur über gesprochene Sprachen. Das Thema Schrift behandle ich nicht. Das wäre zwar für sich genommen interessant, würde das Thema heute Abend aber nur unnötig komplizierter machen.
Wir wollen also über gesprochene Sprachen reden, und das sind Codesysteme auf vier Ebenen. Würden wir die Schrift dazu nehmen, hätten wir noch eine fünfte Ebene, nämlich die Schrift. Also: gesprochene Sprachen bestehen aus vier Ebenen.
Und jetzt erschrecken Sie nicht über die Fremdwörter. Mein Prinzip ist, einen Vortrag so zu halten, dass Jungs und Mädchen ab zwölf, dreizehn, vierzehn Jahren ihn verstehen. Dann verstehen das auch die Erwachsenen. Das geht. Man kann ganz komplizierte Dinge so erklären, dass alle sie verstehen. Man muss einfach die Fremdwörter immer wieder erklären. Aber manchmal muss man die Fremdwörter zuerst einmal sagen. Und dann soll man eben nicht erschrecken. Die Erklärung kommt schon noch.
Vier Ebenen: Die erste Ebene ist die Ebene der Laute. Dort sprechen die Sprachwissenschaftler von Phonen oder Phonemen. Dann kommt die zweite Ebene, die Ebene der kleinsten Sinneinheiten. In der Wissenschaft spricht man hier von Morphemen.
Drittens kommt die Ebene des Satzbaus, das ist die Ebene der Syntax. Und viertens die Ebene der Bedeutung, das ist die Ebene der Semantik.
Das ist einfach mal die Übersicht. Und jetzt wird das Einzelne erklärt – und zwar so einfach wie möglich.
Ebene 1: Laute (Phoneme)
Die erste Ebene der Sprache ist die Ebene der Laute, der Phoneme. Phoneme lassen sich am besten mit Beispielen erklären.
Im Deutschen sind Phoneme nicht einfach nur Buchstaben wie A, B, D, K oder L. Hier geht es nicht um die Schrift, sondern ausschließlich um die gesprochene Sprache. Phoneme sind die kleinsten Bausteine der Sprache – das sind die Laute selbst.
Diese Phoneme tragen für sich genommen keine Bedeutung. Dennoch sind sie bedeutungsunterscheidend. Das bedeutet, dass durch den Unterschied zwischen Phonemen Wörter unterschieden werden können. Zum Beispiel unterscheiden sich die Wörter „Haus“ und „Laus“ durch die Phoneme „h“ und „l“. Diese Laute selbst haben keine eigene Bedeutung, aber sie verändern die Bedeutung des gesamten Wortes.
Um das zu veranschaulichen, habe ich mir eine Illustration überlegt. Man kann sich die chinesische Mauer vorstellen, die aus vielen, vielen kleinen Bausteinen besteht. Die Phoneme entsprechen diesen Bausteinen der chinesischen Mauer. So wie die Mauer aus einzelnen Steinen zusammengesetzt ist, besteht die Sprache aus einzelnen Phonemen.
Ebene 2: Kleinste Sinneinheiten (Morpheme)
Aber jetzt kommen wir zur zweiten Ebene. Das ist die Ebene der kleinsten Sinneinheiten. Man spricht von den Morphemen. Sie werden sehen, Morpheme entsprechen dem, was wir sonst auch Wörter nennen, aber es können auch Wortteile sein. Dabei handelt es sich um Wortteile, die bereits einen Sinn tragen.
Zum Beispiel sind im Deutschen G und A Phoneme. Wenn wir diese Phoneme zusammenfügen, entsteht ein Morphem, zum Beispiel „gar“. Dieses Morphem „gar“ bedeutet im Schweizerdeutschen so viel wie „gehen“. In diesem Fall ist das Morphem gleichbedeutend mit einem Wort – ein kurzes Wort, aber dennoch ein Wort.
Anders verhält es sich beim Wort „Fische“. Am Ende steht dort ein „e“. Was bedeutet dieses „e“? Es hat eine Bedeutung: Es zeigt die Mehrzahl von „Fisch“ an. Mehrzahl bedeutet, dass es zwei oder mehr sind – es können drei, vier oder auch tausend sein. Die Mehrzahl wird also durch dieses „e“ ausgedrückt.
Hier haben wir ein Beispiel für ein sogenanntes gebundenes Morphem. Wenn Sie einen deutschsprachigen Menschen fragen, was dieses „e“ bedeutet, wird er vielleicht sagen: „Wie bitte? Ich verstehe gar nicht.“ Aber wenn Sie erklären, dass man „Fisch“ sagt, wenn es ein Fisch ist, und „Fische“, wenn es zwei oder mehr sind, wird er zustimmen, dass das „e“ eine Bedeutung hat.
Allerdings muss man ihm erklären, dass dieses „e“ am Ende von „Fische“ ein gebundenes Morphem ist. Man versteht es im Deutschen erst im Zusammenhang. Für sich allein genommen macht es keinen Sinn.
Ich habe mir das so vorgestellt: Bei der chinesischen Mauer gibt es kleine Türmchen oben drauf. Ein solches Türmchen besteht aus einzelnen Bausteinen, die zusammengesetzt sind. Diese Bausteine zusammen ergeben eine erste, könnte man sagen, architektonische Sinneinheit – eben ein Türmchen. Das entspricht dem Morphem.
Ebene 3: Satzbau (Syntax)
Nun kommen wir zur dritten Ebene, der des Satzbaus, der Syntax. Dabei geht es um Regeln, wie man Wörter zu größeren Einheiten zusammensetzt.
Ein Beispiel für einen Satz auf Deutsch ist: „Ich gehe gerne in den Wald hinein.“ Man könnte im Deutschen aber auch sagen: „In den Wald gehe ich gerne hinein.“ Das ist ebenfalls korrekt. Diese Varianten entsprechen den Regeln der Syntax, also des Satzbaus.
Man kann auch sagen: „Gerne gehe ich in den Wald hinein.“ Oder: „Hinein in den Wald gehe ich gerne.“ Alles ist korrekt. Natürlich gibt es dabei eine gewisse Verschiebung der Betonung der Aussage.
Auch die Formulierung „In den Wald hinein gehe ich gerne“ ist möglich. Würde jedoch jemand sagen: „Wald, den gehe gerne ich, in hinein ich“, dann verstößt das definitiv gegen die Regeln der deutschen Syntax. So etwas geht nicht.
Wer sagt, dass das nicht geht? Diese Fragen werden auf der vierten Ebene der Syntax geklärt. Dort geht es darum, wie man Morpheme zu größeren Einheiten zusammensetzt, nämlich zu Sätzen und schließlich zu Texten.
Wenn ich von Sätzen und Texten spreche, meine ich gesprochene Texte. Man kann sich das vorstellen wie viele Türmchen auf der chinesischen Mauer, die zusammen die Zinnen der Mauer bilden. Steine und Türmchen zusammen ergeben also die Zinne.
Damit sind wir jetzt bei der dritten Ebene angekommen.
Ebene 4: Bedeutung (Semantik)
Jetzt kommen wir zur vierten Ebene, der Ebene der Bedeutung, also der Semantik. Hier geht es um den Sinn hinter den Worthülsen der Sprache.
Wenn ich die Morpheme V, A, L, D – genauer gesagt die Phoneme V, A, L, D – zusammensetze, entsteht daraus das Morphem in der Lautgestalt „Wald“.
Was Sie gerade gehört haben, war jedoch nur einfacher Schall. Nicht Schall und Rauch, aber eben Schall. Hinter dieser Worthülse verbirgt sich ein Konzept, nämlich das Konzept einer Ansammlung von Bäumen, die zusammen das Konzept „Wald“ ergeben.
Genau mit diesem Zusammenhang beschäftigt sich die Semantik.
Theorien zur Entstehung der Sprachen: Evolution vs. Bibel
Wir sind uns soweit einig, und jetzt wollen wir uns die Frage stellen: Woher kommen die circa siebentausend menschlichen Sprachen der Welt?
Wir machen eine Anhörung: Was sagt die Evolutionslehre? Danach folgt eine weitere Anhörung: Was sagt die Bibel? Anschließend wollen wir entscheiden, wer Recht hat.
Zunächst übergeben wir in dieser Gerichtsversammlung das Wort an die Vertreter der modernen Evolutionslehre, die auf Charles Darwin zurückgeht. Darwin, der Vater der modernen Evolutionslehre, veröffentlichte 1859 sein Buch „Die Entstehung der Arten“. Darin sprach er über die Evolution der Pflanzen und Tiere, aber nicht über den Menschen. Das war vom Zeitgeist her noch nicht reif.
Einige Jahre später war es jedoch so weit: 1871 kam das Buch „Die Abstammung des Menschen“ heraus. Darin sprach er über die Evolution des Menschen. Die naheliegende Annahme war, dass es für die Entstehung des Menschen keinen Schöpfergott braucht. Alles geschehe nach den Gesetzen der Natur.
Darwin schreibt in seinem Buch und macht klar, dass er an eine Evolution der Sprache beim Menschen durch Lautnachahmung glaubte. Er meinte, die Affenmenschen hätten zum Beispiel einen Hund gehört, der „Wau Wau“ macht, und hätten diesen Laut nachgeahmt. Oder sie hätten einen Hahn gehört, der „Kikeriki“ ruft, und hätten versucht, das nachzumachen. Aus solchen Nachahmungen von Lauten in der Natur sei mit der Zeit die menschliche Sprache entstanden.
Das war eine Ansicht. In der Evolutionslehre hat man in den vergangenen 200 Jahren jedoch eine ganze Entwicklung durchgemacht. Heute vertreten die meisten Evolutionslehren etwa folgende Ansicht über die Entstehung der menschlichen Sprachen – nicht alle, aber die meisten.
Wir können das so zusammenfassen, wie es Jared Diamond, ein Evolutionist, erklärt: Die Sprachzentren im Gehirn – also Broca und Wernicke – haben sich im Verlauf der sogenannten Menschwerdung entwickelt. Das bedeutet, aus einem Tier wurde ein Mensch. Diese Menschwerdung fand vor etwa eineinhalb Millionen Jahren statt, bis vor etwa zweihundertfünfzigtausend Jahren.
Mit anderen Worten: In dieser Zeit hätte sich die Hardware im Gehirn entwickelt. Das, was Schimpansen nicht haben, sei bei der Menschwerdung entstanden.
Weiter erklärt Jared Diamond, dass sich die eigentliche Lautsprache in der Zeit zwischen 250.000 und vor 35.000 Jahren entwickelt habe. Zuerst habe sich also die Hardware entwickelt, dann die Software. Die Software, also die Sprache, wird als relativ jung angesehen. Für evolutionistische Verhältnisse ist das sehr kurz, wenn man bedenkt, dass es um viele hundert Millionen oder sogar Milliarden Jahre geht. Zweihundertfünfzigtausend bis vor fünfunddreißigtausend Jahren – das ist ein extrem junges Phänomen.
Jared Diamond erklärt den Standpunkt noch weiter im Detail: Vor vier Millionen Jahren hätten Australopithezinen nur gutturale Laute ausgestoßen, so wie Schimpansen heute. Australopithezinen sind eine ausgestorbene Affenart. „Australo“ heißt „Süd“ und „Pithecus“ heißt „Affe“. Dieser evolutionistische Name „Süd-Affe“ macht klar, dass Evolutionisten überzeugt sind, dass es sich um Affen und nicht um Menschen handelt. Diese Affenart ist ausgestorben, aber sie ähnelte Schimpansen und Orang-Utans.
Vor vier Millionen Jahren hätten diese Australopithezinen nur gutturale Laute ausgestoßen. Was sind gutturale Laute? Das sind Laute, die man ganz weit unten im Hals erzeugt, wie zum Beispiel im Arabischen das Phonem „A-in“ oder „R-in“. Für Europäer sind diese Laute sehr schwierig, man muss viel üben. Beim Üben von „A-in“ muss man die Muskeln im Hals verwenden, die in Europa sonst nur beim Erbrechen benutzt werden.
Man kann zu Hause gutturale Laute üben, zum Beispiel „ein“ und „rein“ – nicht das französische „R“, sondern tief im Hals. Allerdings wird das Ganze heute aufgenommen und auf YouTube veröffentlicht, und es wäre nicht sehr schön, wenn die Zuschauer dort schockiert wären. An dieser Stelle möchte ich alle YouTube-Betrachter herzlich grüßen.
Gehen wir weiter. Jared, bitte.
Vor ungefähr eineinhalb Millionen Jahren hat der Homo erectus einzelne Wörter gebraucht. „Homo“ heißt auf Lateinisch „Mensch“, „erectus“ bedeutet „aufrechtgehend“. Evolutionisten sind überzeugt, dass Homo erectus ein Mensch und kein Affe ist.
Bei all den Schädeln, die man gefunden hat, wird genau eingeteilt: Das sind Pithecus-Schädel, das sind Homo-Schädel – also Affen und Menschen.
Nun spricht man von Homo erectus, der bereits einzelne Wörter gebraucht haben soll. Vor etwa einer halben Million Jahren sei er in der Lage gewesen, Zwei-Wort-Sätze hervorzubringen.
Ich möchte in unserer Gerichtsverhandlung zwischendurch kommentieren – als Staatsanwalt gewissermaßen: Was Jared uns da erklärt, ist Folgendes: Das haben wir nicht durch Forschung herausfinden können. Es ist eine reine Annahme, dass es etwa so gewesen sei.
Dass es einzelne Wörter gab, ergibt sich einfach logisch, weil alles sich allmählich von nichts entwickelt haben muss. Das Einfachste nach nichts wären einzelne Wörter, also nach „Wau Wau“ und „Kikeriki“.
Die Idee, dass vor einer halben Million Jahren die Zwei-Wort-Phase kam, ist ebenfalls reine Spekulation. Das kann man nicht messen.
Woher hat man das? Aus der Beobachtung von Kleinkindern. So ist das.
Man hat ganz kleine Babys auf dem Arm, wickelt sie auf den Wickeltisch – ein ganz wichtiger Moment. Dann muss man mit den Babys sprechen, sie brauchen Input von außen. Man muss immer schwieriger sprechen als das Baby, und das Baby versteht das.
Dann sagt das Baby „Ah, ah, ah, ah.“ Man kann sagen, das sind die ersten Phoneme. Wunderbar.
Dann macht das Baby vielleicht „Ba, ba, ba, ba“, aber das sind noch keine Morpheme. Es sind zusammengesetzte Phoneme ohne Bedeutung, nicht bedeutungstragend.
Plötzlich kommt der Moment, wo man denkt: „Ah, das ist ein Morphem, das meint mich!“ Das ist eine fantastische Erfahrung.
Oder sehr praktisch für die Kinder: Einfach die Lippen zuerst schließen, dann „Ba Ba“ oder „Ma Ma“. Das ist natürlich nicht „ich“ gemeint, sondern „meine Frau“!
Nach einiger Zeit kommt nach der Ein-Wort-Phase die Zwei-Wort-Phase. Das kann sein, dass die kleinen Babys sagen: „Aber dann wollen die runter vom Wickeltisch!“
Plötzlich sagen sie sogar „Aber ja!“. Jetzt haben sie die Zwei-Wort-Phase erreicht und kreieren wirklich zwei Wörter und fragen: Was kommt nach der Zwei-Wort-Phase?
Ich höre nichts. Es gibt keine Drei-Wort-Phase, sondern es kommen wirklich schon Sätze. So funktioniert das.
Und jetzt hat man das auf die Entwicklung in der Evolutionslehre angewendet: Ein-Wort-Phase, Zwei-Wort-Phase.
Bitte weiter.
Hier: Prähistorische Homo sapiens – das ist ebenfalls ein Mensch. Man setzt noch dazu, dass er nicht nur aufrecht geht, sondern dass er wirklich intelligent geworden ist, intelligenter als Homo erectus.
Homo sapiens habe es geschafft, längere Wortketten zu bilden, allerdings ohne viel Grammatik.
Wald hinein, ich gerne.
Aber Sie müssen sich im Klaren sein – sage ich jetzt wieder als Staatsanwalt – dass das natürlich auch nur reine Spekulation ist. Das hat mit forschender Wissenschaft, die sich auf Beobachtung stützt, nichts zu tun. Es ist nur eine Schlussfolgerung.
Bitte, Jared.
Nun muss man noch Folgendes sagen: Die komplexe, komplizierte Sprache ist erst vor 40.000 Jahren in Europa entstanden. Das war in einem allgemeinen kulturellen Aufschwung, den es damals gab – aus evolutionistischer Sicht im Rahmen einer kreativen Explosion.
Plötzlich sei der Mensch total kreativ geworden, und da seien dann die wirklichen Sprachen entstanden.
Ein weiterer Punkt, den Jared uns noch beibringt, ist die Entstehung der großen Ursprachen, also der Ursprachen der großen Sprachstämme: Indoeuropäisch, Hamito-Semitisch.
Diese Ursprachen an der Spitze dieser Sprachstämme seien entstanden in der Zeit zwischen 2300 und 4000 v. Chr.
Es ist umwerfend, in der Evolutionslehre von ein paar tausend Jahren zu sprechen.
Die wirklichen Sprachen seien also erst vor ein paar tausend Jahren entstanden.
Und was die meisten von uns betrifft, die eine indoeuropäische Sprache als erste Sprache sprechen: Der Ursprung des indoeuropäischen Sprachstammes wird angesetzt auf etwa siebentausend bis achttausend Jahre vor Christus.
Biblische Sicht auf die Entstehung der Sprachen
Nun möchten wir gerne hören, was die Bibel zur Entstehung der Sprachen sagt. Es geht einfach darum zu wissen, wie das in der Bibel erklärt wird.
Laut dem Bericht der Genesis – das ist das erste Buch Mose, das erste Buch in der Bibel – erschuf Gott den ersten Menschen Adam mit einer von Anfang an voll funktionierenden Kommunikationsfähigkeit. Die Bibel sagt, Gott habe die Welt in sechs Tagen erschaffen. Am sechsten Tag wurde der Mensch, ein Mann und eine Frau, erschaffen. Diese konnten am Tag ihrer Erschaffung bereits sprechen.
Wir sehen in der Bibel, dass Sprachverständnis von Anfang an vorhanden war. In 1. Mose 2,16-17 wird berichtet, wie Gott mit Adam gleich nach seiner Erschaffung einen Bund schloss. Ich lese: „Und der Herr Gott gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, wirst du gewisslich sterben.“
Also spricht Gott nach der Bibel eine komplexe menschliche Sprache, und der Mensch kann sie verstehen. Das heißt, sein Broca-Zentrum war da, die Software war da, die Hardware war da, und die Software war bereits installiert, sodass er es verstehen konnte.
Die Bibel sagt, die Sprechfähigkeit, also der Einsatz des Broca-Zentrums, war ebenfalls von Anfang an vorhanden. Sprachverständnis, also das Wernicke-Zentrum, war da und funktionierte mit der Software – der Mensch konnte verstehen. Und mehr noch: Die Bibel sagt, dass die Sprechfähigkeit Adams von Anfang an funktionierte. Gemäß 1. Mose 2,23 war Adam von seiner Entstehung an auch fähig, sich durch eine artikulierte Sprache aktiv auszudrücken.
Nach der Erschaffung Evas durch eine Art Cloning aus der Rippe des Mannes hat das eine symbolische Bedeutung. Die Frau wurde nicht aus einem Schädelknochen erschaffen, um symbolisch anzudeuten, sie solle den Mann intellektuell unterordnen. Aber auch nicht aus einem Fußknöchel, um anzudeuten, der Mann solle auf seiner Gemahlin herumtreten. Sondern aus einem Rippenknochen, gerade beim Herzen. Das drückt das Verhältnis von Mann und Frau, von einem Mann und einer Frau in der Ehe aus, so die Bibel.
Eva wurde also durch eine Art Cloning aus der Rippe erschaffen. Als Adam seine Frau zum ersten Mal sah, artikulierte er sich in einem romantischen Sprachakt. Die Bibel sagt: „Da sagte der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Mann heißen, denn vom Mann ist sie genommen.“ Er kann sprechen.
Ein weiterer Punkt: Die Bibel sagt, der Mensch war von Anfang an fähig zur Neubildung von Wörtern. Ich habe Ihnen gesagt, Sprachen sind offene Systeme. Wenn uns ein Begriff fehlt, können wir ihn ergänzen – aus dem Sprachsystem heraus, normalerweise nicht aus der Phantasie. Als Computer erfunden wurden, hat man ihn nicht einfach „Cha Cha Cha Cha“ genannt. Nein, man hat sich gefragt, was „rechnen“ auf Lateinisch heißt, und davon abgeleitet den Begriff „Computer“, also „Rechner“, gebildet.
Adam war also fähig zur Neubildung von Wörtern. Aus 1. Mose 2,19-20 geht hervor, dass Adam vom Tag seiner Erschaffung an in der Lage war, neue Wörter zu erfinden und somit sein Vokabular durch sogenannte Neologismen – also neu erfundene Wörter – zu erweitern und zu bereichern. Ich lese aus der Bibel: „Der Herr Gott hatte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels gebildet. Und so brachte er sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde. Und wie irgend ein Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, so sollte sein Name sein. Und der Mensch gab Namen allem Vieh und den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes.“
Zum Beispiel heißt auf Hebräisch das Wort für Rabe „Orev“. Warum heißt der Rabe „Orev“? Ganz einfach: „Orev“ kommt von der Wurzel „Arav“, was „schwarz sein“ bedeutet. Der „Orev“ ist eben ein schwarzer Vogel. So hat Adam aus seiner Ursprache heraus neue Wörter gebildet und Namen für die verschiedenen Tiere geformt. Ein solch guter Biologe muss erst noch geboren werden.
Dann weiter: Die Bibel sagt, die Fähigkeit zur Poesie war ebenfalls von Anfang an da. Was heißt Poesie? Kreativität in der Syntax. Nach 1. Mose 2,23 konnte Adam bereits am Tag seiner Erschaffung mit seiner Sprache sogar poetisch, das heißt dichterisch, umgehen. Er war beim ersten Anblick seiner Frau so überwältigt, dass er sich in romantischen Gefühlen poetisch auszudrücken begann.
Auf Hebräisch ist das, was folgt, nämlich ein Gedicht: „Sot hapa'am, etze me'atzamai, u wasar mi besari, le sot jikare isha, ki me'i shlokocha sot.“ Dabei macht er sogar ein Wortspiel. Er nennt sie die Frau, „Männin“, „Ischa“, und das klingt wie „Mann“, „Isch“, aber scheinbar mit einer weiblichen Endung.
Im Hebräischen sind „Ischa“ und „Isch“ gar nicht miteinander verwandt, sondern klingen nur ähnlich. Im Deutschen wurde das sehr schön wiedergegeben, indem man sagt: „Sie soll Mannin heißen, denn vom Mann ist sie genommen“, also „Ischa“ und „Ish“, weil es so aneinander anklingt.
Was macht man eigentlich bei der Poesie? Man setzt die Wörter so zusammen, dass sie einen gewissen Rhythmus und Wohlklang haben. Luther hätte sein berühmtes Reformationslied „Ein feste Burg ist unser Gott“ dichten können. Das ist zwar ein Lied, aber nicht wirklich poetisch.
So hat er gedichtet: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Merken Sie den Rhythmus in der Sprache? Das ist Poesie – Wörter so anordnen, dass daraus etwas Künstlerisches entsteht. Dazu war der Mensch nach der Bibel von Anfang an fähig.
Weiter heißt es in 1. Mose 2, dass Gott dem Menschen anfänglich eine Sprache gab. Der Bericht, wie Gott der Menschheit weitere Sprachen vermittelte, findet sich aber einige Kapitel später, nach der Sintflut, im Zusammenhang mit dem Turm von Babel in 1. Mose 11,1-9.
Ich lese: Die Nachkommen Noahs – Sem, Ham und Japheth, seine Söhne – bildeten schon eine Urgesellschaft in Babel, im heutigen Südirak. Die ganze Erde hatte eine Sprache und dieselben Wörter.
Es geschah, als sie nach Osten zogen, dass sie eine Ebene im Land Sinear fanden und dort wohnten. Sinear bezeichnet den heutigen Südirak. Dort sprachen sie zueinander: „Auf! Lasst uns Ziegel streichen und hart brennen!“ Der Ziegel diente ihnen als Stein, und der Asphalt als Mörtel. Sie konnten also schon damals die Ölquellen nutzen.
Sie sagten: „Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, und machen wir uns einen Namen, damit wir nicht zerstreut werden über die ganze Erde.“ Gott hatte Noah gesagt, die Menschheit solle sich über das ganze Festland verteilen. Aber sie sagten: „Nein, wir hören nicht auf Gott, wir bleiben zusammen. Zusammen sind wir stark.“
Da fuhr der Herr herab, um die Stadt und den Turm zu besichtigen, die die Menschensöhne bauten. Darauf sprach der Herr: „Siehe, sie sind ein Volk und haben alle eine Sprache, und dies haben sie angefangen zu tun; nun wird ihnen nichts verwehrt werden, was sie zu tun ersinnen.“
Ja, das war ein Anfang von Globalisierung. Globalisierung hat sehr stark damit zu tun, dass die Entwicklung explosiv voranschreitet.
Gott sagte: „Auf, lasst uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren, damit sie die Sprache des anderen nicht verstehen.“ So zerstreute der Herr sie von dort über die ganze Erde. Sie hörten auf, die Stadt zu bauen.
Darum gab man ihr den Namen Babel, was auf Deutsch „Verwirrung“ heißt, weil der Herr dort die Sprache der ganzen Erde verwehrt hatte. Von dort zerstreute der Herr sie über die ganze Erde.
Was geschah also? Nach der Bibel erschuf Gott neue Sprachen und gab sie den verschiedenen Sippen und Stämmen. Diese konnten sich in ihrem Bauprojekt nicht mehr verständigen. Sie trennten sich voneinander, begannen auszuwandern und besiedelten letztlich alle fünf Kontinente der Welt.
Wichtig ist: Das alte Sprachsystem wurde gelöscht und durch neue Sprachsysteme ersetzt.
Nebenbei gesagt: Das sind zwei Beispiele in der Bibel, in denen von Sprachen gesprochen wird – nicht von Zungenreden. Zungenreden gibt es nicht im Sinne von Zungenakrobatik. Sprachen reden heißt, fremde Sprachen sprechen, die Gott gibt.
Adam hat nicht irgendetwas geschwatzt, was er nicht verstand. Das Wunder war, dass Gott ihm eine Sprache gab, und er beherrschte sie, ohne zu lernen, ohne Mikroklubschule.
Dasselbe war auch in Babel so. Das alte Sprachsystem wurde dort gelöscht und durch das Neue ersetzt.
Wenn Sie im Neuen Testament vom Sprachenreden an Pfingsten lesen, in Apostelgeschichte 2, so haben die Jünger zu ihrem alten Sprachsystem weitere Sprachen dazubekommen und beherrschten diese. Sie haben nicht irgendetwas gelernt, sondern konnten die Leute in ihren anderen Sprachen evangelisieren. Das ist Sprachenreden. Alles andere ist Imitation.
Ja, das nur so nebenbei. Aber hier wurde eben das Alte gelöscht und durch das Neue ersetzt.
Wissenschaftliche Methode der Deduktion zur Überprüfung der Theorien
Und nun kommen wir zur entscheidenden Arbeit. Woher stammen die circa siebentausend Sprachen der Welt? Wer hat Recht: die Evolutionslehre oder die Lehre der Bibel?
Es gibt ja keine Zeitmaschinen. Wir können nicht in die Vergangenheit zurückkehren, um nachzusehen, wie die Sprachen entstanden sind. Was können wir also tun?
Es gibt die wissenschaftliche Methode der Deduktion, und diese werden wir heute Abend anwenden. Dabei keine Angst vor fremden Wörtern – ich erkläre alles. Zuerst erscheint es vielleicht kompliziert, aber am Ende wird alles einfach.
In der Wissenschaft beginnt man mit einer Hypothese, einer Behauptung oder einem Standpunkt. Oder man baut eine Theorie weiter aus. Nun wollen wir wissen: Ist das richtig? Da wir nicht in die Vergangenheit zurückgehen können, wenden wir die Deduktion an.
Aus der Behauptung, die am Anfang steht, leiten wir etwas ab. Das ist die Deduktion. Wir sagen durch Ableitung voraus: Wenn das stimmt, was ich jetzt sage, dann müsste eigentlich dies und jenes so sein.
Und nun kann es tatsächlich der Fall sein, dass diese abgeleiteten Sachverhalte sich direkt überprüfen lassen. Deshalb führen wir eine Prüfung anhand von heute beobachtbaren Fakten oder Experimenten durch. Das führt dann dazu, dass die Anfangsaussage entweder bestätigt oder widerlegt wird.
Bezogen auf unser Thema: Gleich gibt es Luft – ja, aber das müssen wir noch erarbeiten.
Aus dem Standpunkt der Evolution und aus dem Standpunkt der Bibel machen wir Ableitungen. Wir sagen: Wenn das stimmt, was ich sage, wie müssten dann die ältesten Sprachen der Welt sein, die man durch Dokumente noch überprüfen kann?
Dann untersuchen wir die alten Sprachen ganz konkret anhand der Texte. Es gibt dann eine Bestätigung oder eine Widerlegung der Anfangsaussagen.
Eine andere Deduktion: Wir leiten aus der Anfangsdarlegung ab – wenn das stimmt, was die Evolution sagt, beziehungsweise wenn das stimmt, was die Bibel sagt – wie müssten dann eigentlich die Sprachen von eingeborenen Völkern beschaffen sein?
Dann gehen wir hin und schauen uns eingeborene Sprachen an. Danach werden wir sehen, ob es eine Bestätigung oder eine Widerlegung gibt.
Und noch eine dritte Sache: Wenn die Evolution stimmt, wie müsste dann die Geschichte der menschlichen Sprachen im Lauf von Jahrtausenden aussehen, für die wir noch Dokumente besitzen?
Und von der Bibel aus betrachtet: Wie müsste das aussehen? Auch hier gibt es eine Bestätigung oder Widerlegung, weil wir diese Dokumente anschauen.
Also, es geht heute Abend um drei Deduktionen.
Deduktion 1: Älteste Sprachen im Vergleich
Erstens müsste man aus der Sicht der Evolutionslehre logischerweise erwarten, dass die ältesten Sprachen der Welt im Vergleich zu den modernen Sprachen der hochzivilisierten Staaten abendländischer Kultur – zum Beispiel der Schweiz, Deutschlands, Englands oder der USA – bedeutend primitiver waren.
Dies gilt auf allen Ebenen des Sprachsystems: Phoneme, Morpheme, Syntax und Semantik.
Deduktion 2: Sprachen eingeborener Völker
Zweitens legt der Standpunkt des Darwinismus und der Evolutionslehre nahe, dass die Sprachen von Stämmen und Volksgruppen auf einer niedrigeren Zivilisationsstufe, zum Beispiel solche, die steinzeitlich leben, im Vergleich zu den Sprachen moderner Hochkulturen deutlich primitiver sein müssen.
Deduktion 3: Sprachentwicklung im Lauf der Geschichte
Und drittens muss im Lauf der Geschichte einer bestimmten Sprache, wenn wir diese über Dokumente über Jahrtausende verfolgen können, eine stete Höherentwicklung erkennbar sein.
Diese Entwicklung muss auf allen Ebenen stattfinden: in der Sprache selbst, bei den Morphemen, bei den Formen und allgemein überall.
Biblische Sicht auf die Deduktionen
Aus biblischer Sicht sieht die Sache folgendermaßen aus:
Die ältesten Sprachen der Welt müssen strukturell besonders hoch entwickelt und komplex sein. Sie sind als Schöpfungswerk aus der Hand Gottes hervorgegangen und stehen dem Zeitpunkt der Erschaffung am nächsten. Nach der Bibel muss das, was aus Gottes Hand hervorgeht, gut sein – sogar sehr gut. Das zeigt sich im Schöpfungsbericht: Gott schafft und sagt "gut, gut, gut" und am Schluss, als die Frau erschaffen wurde, sogar "sehr gut".
Zweitens müssen die Sprachen eingeborener Völker nicht primitiv sein. Nach der Bibel sind auch ihre Sprachen aus der Schöpferhand Gottes hervorgegangen, genauso wie die Sprachen hochzivilisierter Nationen.
Drittens ist damit zu rechnen, dass eine Sprache im Laufe ihrer Geschichte insbesondere in den Bereichen, die sich dem kreativen Zugriff des Menschen entziehen, Zerfallserscheinungen unterliegt. Ich werde gleich noch zeigen, dass dies besonders die Formenlehre betrifft. Denn die Schöpfung ist gemäß Römer 8,20 der Vergänglichkeit anheimgestellt worden, bedingt durch den Sündenfall.
Nach der Bibel ist jedoch in Bereichen wie Lexik – also dem Wortschatz –, Syntax, also wie Wörter zu Sätzen zusammengesetzt werden, und Semantik, also der Bedeutung, auch mit Aufwärtsentwicklungen zu rechnen. Denn der Mensch war von Anfang an kreativ darin, neue Wörter zu erfinden und Sätze poetisch zu strukturieren. Dort kann es also eine positive Entwicklung geben.
Dort aber, wo der Mensch nicht kreativ ist, kann er dem Zerfallsgesetz nicht entgegenwirken. Das zeigt sich besonders bei den Formen. Zum Beispiel hat das Deutsche noch vier Fälle: das Haus, des Hauses, dem Hause und dann im Akkusativ wieder das Haus. Andere Sprachen, wie das Englische, kennen diese Fälle nicht. Dort sagt man einfach "house" in allen Fällen.
Die Engländer oder Amerikaner kämen nicht auf die Idee, die deutschen Formen wie Genitiv oder Dativ im Englischen einzuführen. Ebenso denkt im Schweizerdeutschen niemand daran, ein Präteritum einzuführen, obwohl es in der Standardsprache üblich ist. In Deutschland sagt man zum Beispiel "ich ging in den Wald", im Schweizerdeutschen sagt man stattdessen "ich bin in den Wald gegangen". Niemand würde per Dekret ein Präteritum einführen, nur um der Standardsprache gleichzukommen.
Das zeigt, dass der Mensch in diesen Bereichen nicht kreativ ist und keine neuen Formen einbaut.
Gerade diese Unterscheidung zwischen Bereichen, in denen der Mensch kreativ ist, und solchen, in denen er es nicht ist, ist entscheidend, um die Frage zu klären, woher die Sprachen kommen.
Darwin hatte eine Vorstellung davon, wie Sprachen entstanden sind. Die Sprachwissenschaft hat lange geforscht, ist aber schließlich zu dem Punkt gekommen, das Thema Sprachentstehung aufzugeben. Man kann es wissenschaftlich nicht entscheiden, denn es gibt Argumente sowohl für Aufwärts- als auch für Abwärtsentwicklung.
Dabei wurde ein großer Fehler gemacht: Man hat nicht unterschieden zwischen den Bereichen. Es gibt Aufwärtsentwicklung dort, wo der Mensch kreativ ist, und den Bereich, wo er nicht kreativ ist. Das muss man im Auge behalten.
Dann ergibt sich ein interessantes Ergebnis, wie wir gleich sehen werden. Jetzt machen wir noch eine kurze Pause, bevor wir das Thema weiter vertiefen.
Untersuchung der ältesten bekannten Sprachen
Wir reisen nun durch die gesamte Geschichte und durch die ganze Welt, um diese Deduktionen durchzuführen. Zunächst beschäftigen wir uns mit den ältesten Sprachen.
Die älteste bekannte indoeuropäische Sprache, die mit Schweizerdeutsch, Hochdeutsch und Englisch verwandt ist, ist das vedische Sanskrit. Wir wissen heute noch durch die Überlieferung, wie es um etwa 1500 vor Christus, also vor dreieinhalbtausend Jahren, geklungen hat. Man muss sagen, dass es die komplexeste und komplizierteste indoeuropäische Sprache überhaupt ist, die älteste, die wir kennen.
Um das zu verdeutlichen: Bei den Hauptwörtern, wie zum Beispiel „Haus“ oder „Dach“, gibt es acht Fälle. Das bedeutet, es gibt nicht nur wie im Deutschen Nominativ (das Haus), Genitiv (des Hauses) und Dativ (dem Hause), sondern acht verschiedene Formen im Singular, jeweils mit Veränderung des Wortes. Es gibt auch einen Plural, bei dem sich die Endungen ebenfalls verändern, und zusätzlich einen Dual. Der Dual ist eine Form, die es im Deutschen und Englischen nicht gibt. Er wird für Dinge verwendet, die zweifach vorkommen, wie zwei Hörner, zwei Ohren oder zwei Augen. Dafür braucht man eine spezielle Form.
Wenn man das Verb betrachtet, zum Beispiel „gehen“, im Deutschen „ich gehe, du gehst, er geht“, kann man das auf vedischem Sanskrit auf etwa sechshundert Verbalformen ausweiten. Das Verb wird dabei verändert und nicht umschrieben mit „haben“ und „sein“. Im Deutschen sagen wir „ich bin gegangen“ – „bin“ kommt von „sein“ und dann hängt man noch ein Partizip an. Das ist eigentlich nur eine Umschreibung, da wir keine wirkliche Verbform für das Perfekt haben. Im Sanskrit hingegen gibt es eine kompakte Verbform, die alles in einem Wort ausdrückt. Sechshundert Verbalformen für ein Verb – das ist beeindruckend.
Nun schauen wir uns die älteste Sprache Europas an. Lassen wir Indien aus unserem Gesichtsfeld und betrachten nur Europa. Die älteste Sprache, die wir noch von Inschriften kennen, ist das Altgriechische. Diese Inschriften gehen zurück bis etwa 1400 vor Christus. Das Altgriechische ist die komplexeste Sprache Europas im Rahmen der indogermanischen Sprachen.
Bei den Hauptwörtern gibt es fünf Kasusformen: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ und Vokativ, jeweils im Singular und Plural. Bei den Verben habe ich etwa 450 Formen ausgezählt. Zum Beispiel das Wort „Lüo“ – ich löse: „Lüo, Lüeis, Lüei, Lüomen, Lüette, Liusin“ – das heißt „ich löse, du löst, er löst“ usw. in der Gegenwartsform. Dann kann man durch verschiedene andere Formen gehen, und das Wort wird jeweils so verändert, nicht umschrieben mit „haben“, „sein“, „würde“ oder „möchte“. Es gibt wirklich 450 Formen.
Jetzt wissen Sie, warum so viele Jugendliche nicht mehr Altgriechisch am Gymnasium lernen wollen: Sie mögen es nicht, so viele Formen auswendig zu lernen. Hier ein Beispiel eines griechischen Satzes, Johannes 1,1: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Auf Griechisch: „En archä en ho logos, kai ho logos en pros ton theon, kai theos en ho logos.“ Einfach, damit Sie wissen, wie diese komplizierte Sprache klingt.
Nun betrachten wir die älteste Sprache der Welt, die wir heute kennen: das Sumerische. Ich benutze hier die Chronologieangaben der säkularen Archäologie, bei der die ältesten Inschriften auf etwa 3100 vor Christus datiert werden, also vor etwa 5000 Jahren.
Ein kleiner sumerischer Unterricht zum Kasussystem: Sie können sich das so vorstellen, als hätten Sie Alzheimer: Im Moment verstehen Sie es, aber danach vergessen Sie alles wieder. Doch im Moment haben Sie etwas davon, und das, was bleibt, ist Bildung. Ich habe gelernt, dass das, was nach der Schule bleibt, Bildung ist.
Bei den Hauptwörtern gibt es zunächst den Nominativus absolutus, der keine zusätzliche Endung hat. Zum Beispiel „kur“ bedeutet einfach „Berg“. Dann gibt es den Agentiv, den erkennt man am Suffix „e“, ein gebundenes Morphem, das hinten angehängt wird. Subjekte von finiten transitiven Verben stehen im Agentiv. Man sagt also „Lugale“, wenn man „der König regiert“ meint. Man kann nicht einfach „Lugal“ sagen, denn das heißt nur „König“. Im Satz „Der König regiert“ sagt man „Lugale regiert“.
Es gibt den Genitiv, der wie im Deutschen durch das Anhängen von „-a“ oder „-k“ gebildet wird. Zum Beispiel heißt „Du mua nake“ „Kind von An“. Wenn man einen Sumerer gefragt hätte, was „-k“ bedeutet, hätte er gesagt, dass es nur ein Wortteil ist, der isoliert nichts bedeutet.
Der Dativ wird oft durch das Suffix „-ra“ ausgedrückt. Zum Beispiel „enra“ heißt „dem Herrn“, wenn man dem Herrn einen Blumenstrauß bringt. Der Lokativ ist am Suffix „-a“ erkennbar. Zum Beispiel „er“ heißt „im Haus“, wobei „e“ Haus bedeutet und „-r“ die Lokativ-Endung ist. Wichtig ist, dass es ein Wort ist, kein Zusammenschluss von zwei Wörtern.
Der Terminativ der unmittelbaren Nähe wird ebenfalls durch „-e“ ausgedrückt. Man sagt zum Beispiel „kai“, um „neben der Tür“ zu sagen. Der Terminativ mit Richtung wird durch „-sche“ oder „-esch“ gebildet. „Ansche“ heißt „zum Himmel“. Der Komitativ wird durch „-da“ gebildet, zum Beispiel „Lagaschada“ heißt „mit Lagasch“. Auch hier ist „-da“ kein eigenständiges Wort, sondern ein Wortteil.
Der Ablativ bzw. Instrumental wird durch das Anhängen von „-ta“ gebildet, zum Beispiel „kutta“ heißt „vom Bergland“. Die Kutäer kamen vom nördlichen Bergland und zerstörten später die sumerische Kultur. Der Äquativ wird durch „-gim“ ausgedrückt, etwa „Agim“ heißt „wie Wasser“. Auch hier ist „-gim“ ein Wortteil.
Es gibt noch viele weitere Kasus, das waren nur einige Beispiele. Im Allgemeinen ist das Verb das interessanteste bei Sprachstudien. Das sumerische Verbalsystem besitzt eine überaus komplexe und extrem komplizierte Struktur.
Hier ist es nicht nötig, alle Fremdwörter zu erklären. Der Sinn ist, dass Sie danach merken, dass Sumerisch nicht einfach ist. Wenn Sie das verstanden haben, haben Sie schon verstanden, was man verstehen muss. Es gibt Leute, die möchten mehr wissen als das. Wenn ich sage, es ist ganz kompliziert, glauben Sie mir das nicht. Ich sage dann, es gibt eine überwältigend große Zahl von Präfixen (Wortteilen, die man vorne anhängt), Infixen (die man in das Wort einschiebt) und Suffixen (die man hinten anhängt). Diese sind keine eigenständigen Wörter, sondern nur Wortteile, wie „-e“ bei „Fische“.
Mit Hilfe dieser sprachlichen Elemente können Verbalinhalte auf äußerst präzise Weise ausgedrückt werden. So gibt es Morpheme für die Person (ich, du, er, sie, wir), den Numerus (Singular, Plural), das Tempus (Zeitstufe, wie Präsens, Futur, Präteritum), den Permansiv (für Handlungen, die einen Zustand ausdrücken), den Modus (Indikativ, Optativ, Prohibitiv, Präkativ, Kohortativ, Prospektiv, Imperativ) und die Diathese (aktiv, passiv, reflexiv).
Der Kohortativ ist die Aufforderungsform, zum Beispiel „Lasst uns gehen“. Hier braucht man keine Umschreibung mit „lassen“ und „uns“. Es gibt auch Aspekte wie punktual und durativ, also ob eine Handlung als einmaliger Akt oder als andauernder Prozess beschrieben wird. Zum Beispiel „er schlug Holz im Wald“ (punktual) oder „er war ständig am Holzschlagen“ (durativ). Es gibt auch Möglichkeiten, Intensität, Richtung, Relation und Objektbeziehung der Handlung durch gebundene Morpheme zu verdeutlichen.
Die Reihenfolge der Kettenbildung, also wie diese Wortteile aneinandergereiht werden, folgt streng festgelegten grammatikalischen Regeln. So können Tausende von verschiedenen Verbalformen gebildet werden. Von einer primitiven Sprache kann keine Rede sein.
Die Frage ist: Wie sollen Urmenschen so etwas aufgebaut haben? Es gibt Leute, die sagen, das sei nicht intelligent, wir wollen doch eine möglichst einfache Sprache. Aber es geht hier nicht darum, ob wir eine einfache oder komplizierte Sprache wollen, sondern darum, wie diese komplizierten Sprachen entstanden sind. Wir sind nicht fähig, einfach so eine komplizierte Sprache aufzubauen, die dann von einem ganzen Volk gesprochen wird.
Nun zum Altegyptischen: In der säkularen Archäologie werden die ältesten Inschriften auf etwa 2900 vor Christus datiert, also vor gut fünftausend Jahren. Beim Nomen, also den Hauptwörtern wie „Haus“ oder „Dach“, gibt es im Ägyptischen zwei Geschlechter: Maskulinum und Femininum. Das ist nichts Besonderes, das haben wir im Deutschen auch, nur dass wir zusätzlich noch ein Sächliches Geschlecht haben.
Es werden drei Numeri unterschieden: Singular, Dual und Plural. Der Dual dient, wie im Sanskrit, für Dinge, die paarweise vorkommen, wie zwei Hörner oder zwei Augen. Beim Verb gibt es über zweihundert Formen, und zwar nicht durch Umschreibungen, sondern als echte Verbformen.
In den Konjugationen, also der Veränderung des Verbs je nach Person, gibt es acht Personen. Das liegt daran, dass die zweite und dritte Person jeweils nach Geschlecht unterschieden wird. Wenn man also „du gehst“ sagt, gibt es eine Form für die Ansprache eines Mannes und eine andere für die Ansprache einer Frau. Das würde heutigen Gender-Ideologen nicht gefallen, aber das ist ein anderes Thema.
Handlungen können im Altegyptischen mit Zeitbezug beschrieben werden, also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie können aber auch ohne Zeitbezug beschrieben werden, wenn es nur um die Handlung an sich geht, ohne die Frage, wann sie stattgefunden hat. Für philosophische Gedanken kann das hilfreich sein.
Es werden verschiedene Diathesen unterschieden, wie Aktiv und Passiv. Dabei wird das Passiv nicht umschrieben wie im Deutschen („ich wurde gewaschen“), sondern es gibt eine eigene Form für das Passiv. Es gibt auch einen Kausativ, die Veranlassungsform, mit der man ausdrückt, dass jemand veranlasst wird, etwas zu tun.
Außerdem kann ausgedrückt werden, ob die Handlung durativ ist, also im Prozess stattfindet. Im Englischen macht man das mit Umschreibungen, wie „I was writing“ („Ich war am Schreiben“). Im Ägyptischen gibt es dafür eine eigene Form. Ebenso gibt es eine Form für das Resultativ, also wenn eine Handlung zwar abgeschlossen ist, aber ihr Ergebnis bis heute besteht.
Zum Beispiel gibt es im Altgriechischen etwas Ähnliches: In 1. Korinther 15 heißt es „Christos egegetai“, was „Er ist auferstanden“ bedeutet. Das ist eine punktuelle Handlung am dritten Tag, aber mit einem Resultativ: Christus lebt jetzt.
Das Neue Testament könnte man sehr gut in diesem Sinn auf Altägyptisch übersetzen. Es gibt verschiedene Modi, wie Indikativ (Wirklichkeitsform), Optativ (Wunschform), Adhortativ, Konjunktiv, Voluntativ und Imperativ. Vorgleich- und Nachzeitigkeit der Handlungen im Satz können ebenfalls sehr gut ausgedrückt werden.
Auch das Altegyptische ist also keineswegs primitiv, sondern sehr, sehr kompliziert.
Untersuchung altbabylonischer Sprache (Akkadisch)
Akkadisch ist eine dritte und letzte ältere Sprache, die ich vorstellen möchte. Dabei betrachten wir das Altbabylonische. Die ältesten Inschriften werden in der säkularen Archäologie auf etwa 2500 vor Christus datiert.
Zum Nomen: Es gibt einen Singular, einen Dual und einen Plural. Außerdem existieren fünf Kasus. Zusätzlich gibt es einen Status Rectus und einen Status Absolutus. Das muss ich jetzt nicht unbedingt erklären, denn das ist etwas kompliziert.
Zum Verb: Ich habe etwa tausend Formen gezählt. Wenn man Babylonisch lernen möchte, müsste man für das Verb „parasum“ ungefähr tausend Formen auswendig lernen. Dabei handelt es sich immer um ein Grundwort mit einer jeweiligen Änderung.
Ich habe die Formen so gezählt, ohne die Pronominalobjekte. Man kann nämlich noch Anhänge wie „dich“ an das Wort hängen, wodurch es noch viel mehr Formen gäbe – mehrere tausend. Das wollte ich aber nicht mitzählen. Zum Beispiel ist „atudakushu“ ein Wort, das „ich sandte ihn zu dir“ bedeutet. Diese Formen habe ich jedoch nicht mitgerechnet, sondern nur die etwa tausend Grundformen.
Erstes Ergebnis der Untersuchung
Wir kommen zu einem ersten Ergebnis: Die Voraussage aus Sicht der Evolutionslehre, dass die ältesten Sprachen primitiv seien, ist falsch.
Die Voraussage aus Sicht der Bibel, dass die ältesten Sprachen hochstehend sind, trifft hingegen genau zu.
Dies ist jedoch erst die erste Untersuchung. Nun wenden wir uns den Sprachen der Eingeborenen zu.
Sprachen der Eingeborenen: Komplexität und Vielfalt
Wir stellen uns vor, wir sind richtige Forscher und reisen nach Südamerika zu den Quechua-Indianern, die man in Peru, Ecuador und Bolivien findet.
Als Forscher wollen wir nichts von dem wissen, was andere bereits erforscht haben. Wir versuchen, genau zuzuhören und alles aufzuschreiben. Ein Indianer sagt uns ein spezielles Wort, das wir in unserem Notizbuch festhalten – ein Wort mit 32 Buchstaben. Es dauert eine Weile, bis wir erkennen, dass dieses eine Wort aus acht verschiedenen grammatikalischen Teilen besteht, die in genau festgelegter Reihenfolge zusammengesetzt werden müssen.
Das ist kein einfacher Satz, der zusammengeschrieben wurde, sondern wirklich ein Wort. Die einzelnen Teile sind gebundene Morpheme, die für sich keine eigenen Wörter sind. Das ist sprachpsychologisch ein sehr wichtiger Unterschied.
Ich übersetze das Wort jetzt: Es bedeutet die kontinuierliche Erfüllung der künftigen Arbeit. Wenn man die Verbformen im Quechua auszählt, kommt man auf etwa 50.000 Verbformen. Das ist für Europäer aus Zentraleuropa, zum Beispiel aus den Alpen, nicht gerade beeindruckend. Schweizerdeutsche haben etwa zwanzig Formen, und den Rest drücken wir mit „haben“ und „sein“ aus.
Gehen wir zu den Aymara, die ebenfalls in Bolivien und Peru leben. Dort ist das Verbalsystem ähnlich kompliziert, aber noch etwas umfangreicher. Man zählt etwa 100.000 Formen. Das Verbalsystem der Aymara-Sprache ist erstaunlich. Das Verb besteht zunächst aus einer Wortwurzel. An diese hängt man eine Serie von bis zu 23 verschiedenen Suffixen an.
Mit diesen Suffixen kann man Verursachung, Richtung, Art und Weise, Bedingung, Zahl, Situation, Negation, Verneinung, Größe, Aspekt, Punkt, Fortdauer, Zeit, Vergangenheit, Gegenwart, Subjekt, Intensität und vieles mehr zum Ausdruck bringen.
Das Beste ist immer ein Beispiel. Hier ein Aymara-Wort, das wir in unserem Notizbuch aufschreiben: Avistaya nivaya rabbi bije mawa. Auf Deutsch heißt das: „Ich veranlasse, dass er durch dich benachrichtigt wird, wenn ich hierher komme.“ Das ist natürlich eine schöne Indianersprache.
Schauen wir uns das Beispiel im Detail an: Am Anfang steht „avist“, die Verbalwurzel, die die Handlung „benachrichtigen“ bezeichnet. Dann hängt man „aya“ an. Das ist kein eigenständiges Wort, aber wenn man es anhängt, bedeutet es, dass die Handlung als momentan an einem Punkt vollzogen wird. Es heißt also nicht „ich bin am benachrichtigen“, sondern „ich benachrichtige“.
„Avistaya“ enthält das Kausativmorphem „ya“. Es drückt aus, dass das Subjekt „ich“ die Handlung durch einen anderen ausführen lässt. Im Deutschen umschreibt man das mit „veranlassen“.
Dann wird „nie“ angehängt, was „gegen den Ort hin, wo der Satz gesprochen wird“ bedeutet. In diesem Fall übersetzen wir das mit „hierher“. „Waja“ bedeutet „auf dem Weg“. Im Deutschen haben wir das mit „wenn ich hierher komme“ umschrieben. Wörtlich ist das also noch etwas komplizierter.
Weiter hängt man „rappi“ an. „Rappi“ ist ein Benefaktiv, ein Wortteil, der ausdrückt, dass die Handlung zugunsten oder zum Guten eines anderen geschieht. Das haben wir hier nicht übersetzt, da es zu kompliziert wäre.
„Widja“ drückt aus, dass mehrere Personen an der Handlung beteiligt sind. Es bezeichnet die erste Person, also „ich“, und zwar in der Zukunftsform, dem Futur. Komisch, ja?
„Ma“ ist eine Kombination der Pronomen „ich“ und „du“, zusammengefügt in einem Suffix. „Wa“ drückt die Intensität der Handlung aus. Das haben wir ebenfalls nicht umschrieben.
Also von „primitiv“ keine Spur.
Man könnte sagen, die Aymara und Quechua-Indianer sind Nachkommen der alten Inkas. Die Inkas haben im Mittelalter eine Hochkultur in Südamerika aufgebaut. Aber wie ist es mit eingeborenen Völkern, die auf einer ganz anderen Kulturstufe leben?
Gehen wir nach Nordamerika, nach Kalifornien, zu den Wintu. Das sind typische Indianer, wie sie aus den Karl-May-Büchern mit Winnetou bekannt sind. Wir sind wieder Sprachforscher und beobachten, wie sie sprechen und schreiben alles auf.
Wir stellen fest, dass sie manchmal dasselbe sagen, aber in unterschiedlichen Formen. Manchmal sagen sie dasselbe, aber mit einer anderen Form. Was steckt dahinter?
Wir finden heraus, dass die Wintu verschiedene Formen verwenden, wenn sie eine Aussage vom höheren Sagen weitergeben. Sie benutzen andere Formen, wenn die Aussage das Ergebnis einer persönlichen Beobachtung ist – also wenn sie es selbst gesehen haben. Drittens gibt es Formen, wenn die Aussage das Ergebnis einer logischen Schlussfolgerung ist. Dabei unterscheiden sie noch drei verschiedene Grade von Überzeugungskraft und Plausibilität.
Ich dachte mir, wenn unsere Journalisten so schreiben würden, zum Beispiel über Trump, müssten sie immer angeben, ob sie es nur vom Hören-Sagen haben, ob sie es selbst gesehen haben oder ob es eine Schlussfolgerung ist. Und sie müssten dann auch Rechenschaft ablegen, wie plausibel das Gesagte ist.
Aber lassen wir das mit Mr. Trump. Wie wäre es in der Ehe? Dort wird oft viel klarer, wie plausibel etwas aus der eigenen Sicht ist. Man muss immer Rechenschaft ablegen.
Das Interessante ist: Diese Leute wissen gar nicht, dass sie so sprechen. Wenn der Sprachforscher oder Missionar, der die Bibel übersetzt, ihnen sagt, wie unglaublich ihre Ausdrucksweise ist, antworten sie: „Ach so, machen wir das eben so. Warum? Das ist normal, das macht man so.“
Man entdeckt also, dass sie Dinge wissen, ohne zu wissen, dass sie sie wissen. Fantastisch! Sie haben das als Kind gelernt, mit Input von außen, und es verinnerlicht. Aber sie können es niemandem einfach so erklären.
Dann muss der Missionar sagen: „Ihr habt eine ganz wunderbare Sprache. Man könnte die Bibel wirklich in eurer Sprache übersetzen.“ Es geht also nicht nur auf Englisch. Es gibt sogar Möglichkeiten, die Bibel genauer zu übersetzen als auf Englisch, weil ihr so feine Nuancen habt. Echt fantastisch eure Sprachen.
Die Tatsache, dass viele eingeborene Sprachen eine extrem komplizierte und für die Linguistik schwer zu entschlüsselnde Struktur aufweisen, stellt Wissenschaftler vor Probleme. Die Begriffe, die wir für Lateinisch und Griechisch verwenden, reichen nicht aus, um diese Sprachen zu beschreiben. Man muss neue Kategorien entwickeln und wissenschaftlich umschreiben.
Wegen ihrer schwer zu entschlüsselnden Struktur wurden diese Sprachen von den Amerikanern zu strategischen Zwecken im Krieg genutzt. Im Ersten Weltkrieg benutzte man die Sprache der Comanche-Indianer als Geheimcode. Die sogenannten Code Talkers waren Indianer-Soldaten, die eine Botschaft auf Englisch hörten, sie auf Comanche übersetzten und übermittelten. Ein anderer Comanche hörte zu, übersetzte zurück ins Englische, und so wurde die Botschaft weitergegeben.
Das funktionierte so gut, dass diese Codes im Ersten Weltkrieg nie geknackt wurden. Für Europäer ist es äußerst schwierig, diese Sprachen theoretisch zu erfassen, und das braucht Jahre.
Auch im Zweiten Weltkrieg wurden solche Sprachen eingesetzt, und zwar nicht nur Comanche, sondern auch Chobewa, Hopi und Navajo-Indianer. Mit Erfolg – die Codes wurden nie geknackt. Das sind fantastische Sprachen, sage ich Ihnen.
Nun gehen wir nach Afrika, genauer gesagt nach Schwarzafrika. Wenn Sie mein Buch über die Entstehung der Sprachen lesen, finden Sie dort Quellen, die zeigen, wie früher in der Evolutionslehre die Überzeugung herrschte, manche eingeborenen Völker hätten gar keine richtige Sprache. Man hielt das für Vorstufen von Sprache, sogar in Afrika. Das wurde als „komisches Blabla“ abgetan.
Jetzt prüfen wir das an den Bantu-Sprachen. Die Bantu-Sprachen sind ein Sprachstamm in Afrika, es gibt mehrere Sprachstämme. Bei den Bantu-Sprachen werden bei Nomen wie Haus, Dach, Fenster bis zu zwanzig Klassen unterschieden.
Das bedeutet, es gibt nicht nur die drei Geschlechter Masculinum, Femininum und Neutrum, sondern bis zu zwanzig Klassen. Das Verbalsystem ist wiederum äußerst kompliziert und differenziert.
Schauen wir uns Beispiele an. Wir nehmen einen Satz aus Ilamba in Tansania: „Kendo kia koe kekolu, kemoe kia mekela enomba.“ Wörtlich übersetzt heißt das: „Sache, seine, groß, eine ist größer als ein Haus.“
Im Deutschen muss man das anders sagen, denn die Syntax hat andere Regeln. Man sagt: „Seine große Sache ist größer als ein Haus.“ Sehr anschaulich sprechen die Afrikaner.
Schauen Sie, wie das klingt: „Kendo“ ist das erste wichtige Wort, „Sache“. Dann folgen „Kiakoe, Kekolu, Kemoe, Kiamikela“. Nehmen wir einen ähnlichen Satz, der aber mit „Wort“ beginnt. Das Wort „Wort“ heißt „Lokani“, weil es zur „Lo“-Klasse gehört.
Dann müssen sich andere Wörter anpassen. „Sein“ oder „seine“ heißt nicht mehr „kiakoe“, sondern „loakoe“, um mit der „Lo“-Klasse übereinzustimmen. Also: „Lo-kani, Lo-akoe, Lo-ko-lu, nicht He-ko-lu, sondern Lo-ko-lu, Lo-moe, Lo-aoke-la, O-ta.“
Das bedeutet wörtlich: „Wort, sein Großes ist größer als ein Bogen.“ Auf gut Deutsch: „Sein großes Wort ist größer als ein Bogen, stärker als ein Pfeilbogen.“ Man sieht, alles muss sich schön anpassen.
Vielleicht hatten Sie im Französischunterricht Schwierigkeiten mit dem Phänomen, dass Wörter sich im Satz anpassen müssen. Aber das Französische ist nichts im Vergleich zu Ilamba.
Ganz allgemein gilt: Die Erforschung eingeborener Sprachen weltweit hat ergeben, dass es keine primitiven Sprachen gibt. Man hat kein Volk oder keinen Stamm angetroffen, der eine primitive Sprache spricht – das gibt es nicht.
Ob die Menschen nun steinzeitlich lebten oder nicht, es gibt keine primitiven Sprachen.
Eine weitere Entdeckung ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Niveau einer Kultur und dem Niveau der Sprachstruktur gibt. Sie können in einer scheinbar steinzeitlichen Kultur leben, aber ihre Sprache ist komplizierter als die moderner Sprachen hochzivilisierter Nationen.
Es gibt also keinen Zusammenhang zwischen Kulturstufe und Sprachkomplexität.
Zweites Ergebnis der Untersuchung
Nun kommen wir zum zweiten Ergebnis: Die Voraussage der Evolutionslehre in Bezug auf eingeborene Sprachen ist eindrücklich falsch. Aus der Sicht der Bibel ist sie hingegen absolut richtig.
Sprachgeschichte und Formenzerfall
Jetzt gibt es noch die Sprachgeschichte. Da eignet sich der hamitosemitische Sprachstamm besonders gut, weil man dort Inschriften hat, die viel weiter zurückreichen als die der Germanen und Helvetier.
Das älteste Schriftstück im Deutschen ist das Nibelungenlied, etwa sechshundert Jahre nach Christus. Die alten Israeliten schrieben jedoch schon lange, lange davor, ebenso die Babylonier und andere Völker.
Ägyptisch kann man nach säkularer Datierung mit Inschriften bis zu fünftausend Jahre zurückverfolgen. Akkadisch reicht etwa zweitausendsechshundert Jahre zurück, Kanaanäisch – zu dem auch Hebräisch gehört, da Hebräisch ein kananäischer Dialekt ist – etwa 3500 Jahre. Aramäisch hat eine Geschichte von etwa 3000 Jahren, Arabisch etwa 2500 Jahre.
Auch bei den indoeuropäischen Sprachen gibt es lange Zeiträume. Die indoarischen Sprachen, also in Indien Sanskrit und die von Sanskrit abstammenden Sprachen bis hin zum heute noch gesprochenen Hindi, haben eine Geschichte von 3000 bis 3500 Jahren. Griechisch gibt es seit über 3400 Jahren, Latein und die romanischen Nachfolger wie Französisch, Spanisch und Italienisch etwa 2700 Jahre. Englisch hat eine Geschichte von etwa 1300 Jahren, ebenso Deutsch.
Im Ägyptischen kann man die gesamte Sprachgeschichte über Jahrhunderte und Jahrtausende verfolgen. Es gibt einen steten Prozess des Formenzerfalls. Formen, bei denen der Mensch nicht kreativ ist, gehen verloren. Das gilt auch für Akkadisch, Kanaanäisch, Aramäisch und Arabisch.
Zum Beispiel im Arabischen: Wenn man eine schöne Rede hält, sagt man "Radjulu" für „Mann“. „Aradjulu“ bedeutet „der Mann“, aber noch mit der Endung „-u“, die den Nominativ anzeigt. Heute sagt man in der normalen Sprache einfach „aradjul“. In einer formellen Ansprache sagt man noch „aradjulu“, „aradjuli“ oder „aradjula“ für den Akkusativ. In der Alltagssprache gehen diese Formen jedoch verloren. Viele andere Formen im Arabischen sind völlig verloren gegangen. Darum ist Koranarabisch viel komplizierter als das heutige gesprochene Arabisch, weil viele Formen verloren gegangen sind.
Auch im Griechischen gibt es einen ständigen Formenzerfall. Allerdings ist das nicht bei allen Sprachen gleich. Manche Sprachen sind konservativer, das heißt, sie können Formen besser bewahren. So hat man im Neugriechischen noch relativ viele Formen, aber dennoch sind viele verloren gegangen.
Im Indoarischen, von Sanskrit bis zum heutigen Hindi, gibt es einen stetigen Formenzerfall. Deshalb ist Sanskrit sehr schwierig zu lernen, Hindi dagegen nicht so problematisch. Das liegt daran, dass man nicht mehr so viele Formen lernen muss.
Schauen wir uns das Lateinische an. Dort gab es für das Nomen noch zwölf Formen: sechs Einzahl und sechs Mehrzahl. Amicus heißt „der Freund“. Nominativ: amicus, Genitiv: amici, Dativ: amico, Akkusativ: amicum, Vokativ: amice (das heißt „oh Freund“), Ablativ: amico (durch oder mit dem Freund).
Im Plural heißt es: Nominativ: amici (Freunde), Genitiv: amicorum (der Freunde), Dativ: amicis, Akkusativ: amicos, Vokativ: amici, Ablativ: amicis.
Was ist davon im Französischen geblieben? Ami und Ami. Das „s“ zeigt in der Schrift die Mehrzahl an, aber man hört es nicht. Man sagt nicht „Amis“. „Amis“ bedeutet etwas anderes, aber das können auch Freunde sein.
Im Italienischen gibt es noch mehr Formen: Amico und Amici für den Plural. Der Dativ ist übrig geblieben, der Rest ist weg. Amico in der Einzahl ist der Dativ.
Im Verb gab es im Lateinischen etwa 170 Formen ohne Umschreibung. Zum Beispiel sind alle Passivformen weggefallen. Im Französischen gibt es heute noch etwa vierzig Formen, der Rest wird mit avoir und être (haben und sein) umschrieben.
Nun zum Englischen: Für „Stein“ sagt man „stone“, die Mehrzahl ist „stones“. Im Altenglischen hatte man noch Fälle. Zum Beispiel: Nominativ „stain“, Genitiv „staines“, Dativ „stæne“ und so weiter. Im modernen Englisch gibt es nur noch „stone“ in allen Fällen.
Beim Verb war es im Altenglischen so, dass man sagte: „he helpeth“, „we helpeth“, „you helpeth“. Heute ist es nur noch „I help“, „you help“, „we help“, „you help“, „they help“ – immer die gleiche Form, außer in der dritten Person Singular, wo man „he helps“ sagt.
Das ist dem Deutschen näher. Englisch und Deutsch stammen aus dem gleichen Sprachstamm, und je weiter man zurückgeht, desto ähnlicher werden sie, weil sie auf den gleichen Ursprung zurückgehen.
Im Deutschen sagen wir heute noch „der Tag“, „des Tages“, „dem Tag“. Früher sagte man „dem Tage“. Das ist schon weggefallen. Akkusativ ist „den Tag“. Im Althochdeutschen gab es noch weitere Formen: Tag, Tages, Tage, Tag und den Instrumental „Tagu“ (mit dem Tag). Im Plural gab es Taga, Tago, Tagum, Taga – also viel mehr Formen.
Beim Verb war es noch vielfältiger: „ich gebe“, „gibbu“, „du gibst“, „gibis“, „er gibt“, „gebames“, „gebet“, „geband“. Man musste nicht mehr unbedingt das Personalpronomen sagen, denn „gibbu“ war klar für „ich“, „gibis“ für „du“ und „gebames“ für „wir“. Wer Latein gelernt hat, erkennt Ähnlichkeiten, zum Beispiel „gebet“, „geband“. Je weiter man zurückgeht, desto ähnlicher werden Lateinisch und Englisch.
Zum Schluss noch ein Beispiel aus dem Bödeli-Dütsch aus der Region Interlaken. Bödeli-Dütsch wird dort am Fuß des Eigers, Jungfrau und Mönchs gesprochen. Im 19. Jahrhundert gab es im Bödeli-Dütsch noch ein Präteritum: „I was“ für „ich war“ und „er ging fort“ für „er ging fort“. Aber alle Präteritumformen sind verschwunden. Heute sagt man das nur noch mit zusammengesetzten Zeiten als Perfekt.
Man könnte meinen, im Schweizerdeutschen gebe es kein Präteritum, aber das gab es einmal. Im Afrikaans, das dem Holländischen ähnlich ist, versteht man Afrikaans, wenn man Holländisch kann. Dort gibt es kein Präteritum mehr, im Holländischen aber noch. Das zeigt eine parallele Entwicklung.
Aus der Sicht der Evolutionslehre ist die Voraussage ganz klar falsch. Die Voraussage aus biblischer Sicht ist hingegen richtig.
Schlussfolgerungen und persönliche Bedeutung
Wenn man in der Wissenschaft Deduktion anwendet und so zu einem Ergebnis gelangt, hat das Konsequenzen. Eine Theorie, die durch Deduktion widerlegt wird, wird verworfen und entsorgt. Man darf sie nicht weiterverwenden, weil sie den wissenschaftlichen Fortschritt behindert.
Eine Theorie, die durch Deduktion gestützt wird, gilt als wissenschaftlich fundiert, und man sollte mit der Forschung in diesem Bereich fortfahren. Die Konsequenz wäre also: Vergessen Sie die Eruptionstheorie und konzentrieren Sie sich weiter auf die Schöpfungsforschung. An diesem Punkt sollte man weitermachen.
Das ist auch ein Hinweis darauf, dass die Bibel kein menschliches Buch ist. Sie ist Gottes Wort, was sich besonders durch die erfüllte Prophetie zeigt. Hunderte und Tausende von erfüllten Prophezeiungen gibt es nur in der Bibel, nicht in anderen Religionen und auch nicht in wissenschaftlichen Büchern. Die Bibel ist also wirklich Gottes Wort.
Wir sehen, dass der Gott, der uns diese Bibel gegeben hat, ein Gott ist, der spricht und zu uns sprechen wollte – durch ein Buch. Dieser Gott ist zugleich der Erfinder der menschlichen Sprache. Es gibt liberale Theologen, die behaupten, die Bibel könne gar nicht Gottes Wort sein. Wieso? Weil sie in menschlichen Sprachen geschrieben ist: Hebräisch, Aramäisch und Griechisch. Und menschliche Sprachen seien immer fehlerhaft. Deshalb könne die Bibel nicht Gottes Wort und vollkommen sein.
Das ist falsch! Menschliche Sprachen sind Gottes Sprachen. Nicht der Mensch hat die Sprachen erfunden, sondern Gott. Er hat sie so geschaffen, dass man seine Gedanken mit ihnen exakt ausdrücken kann. Die Bibel lässt sich in jede Sprache übersetzen – Quechua, Sanskrit, Hindi, Mandarin-Chinesisch und viele andere. Das zeigt wunderbar, dass Gott ein Gott ist, der spricht.
Die Tatsache, dass wir alle sprechen, ist jeden Tag im Alltag eine Erinnerung daran, dass wir Geschöpfe Gottes sind. Wir haben die Sprache nicht selbst erfunden; unsere Sprachfähigkeit kommt von Gott. Und dieser Gott spricht zu uns, deshalb möchte er auch eine Antwort von uns.
Die Bibel sagt jedoch, dass wir Menschen ein Kommunikationsproblem mit Gott haben. In Jesaja 59 wird erklärt, dass unsere Schuld – die Tatsache, dass wir Gottes Gebote gebrochen haben – eine Barriere zwischen Gott und uns aufgebaut hat. Deshalb ist die Kommunikation mit Gott gestört.
Wenn zwischen einem Vater und seinem Sohn Schuld besteht, kann es sein, dass sie nicht mehr miteinander sprechen. Das ist schrecklich. Wie kann die Kommunikation wiederhergestellt werden? Der Schuldige muss die Schuld bekennen und die Gemeinschaft wiederherstellen.
Der Vater kann zum Sohn gehen und zugeben, was falsch ist. So heißt es am Ende des Alten Testaments, dass die Herzen der Väter zu ihren Kindern und die Herzen der Kinder zu ihren Vätern geführt werden. Zuerst müssen die Herzen der Väter, also der älteren Generation, den ersten Schritt machen. Das ist schwierig, aber es lohnt sich.
Gott zeigt uns, dass es auch die Möglichkeit gibt, unsere Kommunikation mit ihm zu erneuern. Wir müssen Gott unsere Schuld bekennen. Deshalb hat Gott seinen Sohn in die Welt gesandt.
Jesus Christus wird im Johannesevangelium am Anfang als das Wort, der Logos, bezeichnet. Gott hat sich auf ganz besondere Weise gezeigt, indem Jesus Christus in diese Welt gekommen ist. Er ist das Wort.
Der Herr Jesus ist am Kreuz stellvertretend für uns gestorben – der Gerechte für die Ungerechten. Gott hat ihn am Kreuz getroffen für das, was wir verdient hätten – für Ewigkeit. Jeder, der seine persönliche Schuld Gott bekennt und das Opfer Jesu, des Logos, für sich annimmt, dem vergibt Gott die Schuld. Die Barriere wird abgerissen.
Dann erlebt man etwas Phantastisches: Man liest die Bibel und betet zuerst: „Herr, sprich durch dein Wort zu mir.“ Man erlebt, dass die Bibel lebendig wird, dass Gott durch die Bibel zu uns spricht. Und durch das Gebet können wir Gott antworten.
So entsteht die Kommunikation, und sie wird wiederhergestellt. Das ganze Thema Sprache und Sprachenstehung hat also viel mit uns persönlich und mit unserem Verhältnis zu Gott zu tun – zu dem Gott, der spricht und in seinem Wort zu uns gesprochen hat.
Vielen Dank für Ihre Geduld. Es war ein großes Thema, darum hat es etwas länger gedauert.