Herzlich willkommen bei der Christusgemeinde Emmendingen. Schön, dass ihr da seid. Wir starten wieder neu mit dem Bibelkreis.
Wir hatten eine längere Pause und nun steht ein spannendes Thema beziehungsweise eine Themenreihe vor uns. Ich habe sie „Power in the Blood – die Kraft im Blut“ genannt. Das ist ein heikler Titel, denn ich weiß nicht, wie es euch geht, wenn über Blut gesprochen wird. Ihr habt es eben gerade im Gebet von Hans Peter gehört: „Wir rühmen dein Blut!“
Wenn jemand hier sitzt und keine Kenntnis davon hat, denkt vielleicht: Was? Was wird da gerühmt? Blut? Was hat das damit auf sich?
Seit einiger Zeit habe ich den Wunsch, über das Herz unseres Glaubens zu sprechen. Das ist das Blut Jesu Christi beziehungsweise das Sterben Jesu Christi am Kreuz. Was heute und auch in den nächsten Wochen kommen wird, ist für euch wahrscheinlich nicht neu.
Aber wir leben in einer Zeit, auch in den Freikirchen, in der die gute Nachricht, das Evangelium, immer mehr entkernt und entleert wird. Viele Christen können gar nicht mehr richtig sagen, was eigentlich die gute Nachricht ist und was am Kreuz geschehen ist.
Das Jesusgekreuz ist vielen bekannt, und viele wissen, dass es wichtig ist. Doch was genau passiert ist, was Jesus durch das Kreuz bewirkt hat und warum das so zentral und bedeutsam ist, können viele nicht mehr klar ausdrücken. Auch wie sich die Liebe Gottes darin zeigt, ist für viele schwer zu erklären.
Weil viele das Kreuz nicht mehr verständlich erklären können, fehlt ihnen oft ein solides Fundament, ein fester Glaube, der wirklich gegründet ist. Wenn dann Theorien in die Gemeinde kommen, die das Geschehen am Kreuz und den Tod Jesu umdeuten, merken viele Christen nicht, dass sie sich damit von ihrer eigentlichen Quelle entfernen. Sie glauben, man könne das Kreuz auf verschiedene Weisen deuten.
Wir werden uns noch verschiedene Deutungen des Kreuzes anschauen. Doch das Kreuz ist vor allem ein Beispiel dafür, wie Jesus bereit war, seine Liebe zu zeigen – sogar durch den Tod. Seine Ideale waren ihm so wichtig, dass er dafür den Märtyrertod auf sich genommen hat.
In den nächsten Wochen werde ich wahrscheinlich auch zitieren, wie baptistische Theologen sagen: Jesus ist gestorben, weil er ein Mensch war, und Menschen sterben nun einmal. Aber im Kreuz liegt kein Heilsgeschehen. Es ist keine Rettungstat, kein von Gott geplanter Akt, der unsere Zukunft beeinflusst. Das Kreuz hat keinen Effekt auf unsere Schuld, die wir in unserem Leben tragen, und auch keinen Einfluss auf unsere Ewigkeit. Es ist schlichtweg eine Demonstration, wie weit Jesus bereit war zu gehen für seine Ideale.
Sicherlich ist das eine Facette des Kreuzes, aber ganz gewiss nicht der Wesenskern. Dort, wo der Tod Jesu am Kreuz vollständig entleert wird, werden wir, wenn wir uns auf solche Ideen einlassen und den wahren Kern des Kreuzes vergessen, irgendwann in ein moralisierendes Christentum hineintappen. Dort denken wir dann, wir müssten mit unserer eigenen Kraft versuchen, so zu sein wie Jesus, die gleiche Moral zu leben und die gleichen Ideale zu erreichen. Doch wir haben keine Hoffnung für unser Versagen.
Wir werden uns heute mit dem Thema beschäftigen: Warum ist das Sühneopfer notwendig? Es geht um die Bedeutung und die zentrale Rolle des Opfers.
Vorab sei gesagt: Heute erwartet dich ein Feuerwerk an Bibelstudium. Ich werde viele Inhalte präsentieren. Falls du nicht alles sofort erfassen kannst, ist das nicht schlimm. Wir werden einige Punkte in den nächsten Wochen aus verschiedenen Perspektiven noch einmal betrachten. Wiederholung wird hier den Meister machen, und du wirst bestimmte Dinge immer wieder neu entdecken.
Wenn wir uns die Bibel allgemein anschauen, dann geht es darin darum, wie Gott und Mensch in Beziehung treten und wie sie Gemeinschaft miteinander pflegen können. Das ist im Prinzip der Sinn der biblischen Botschaft: Sie weist uns Menschen darauf hin, wie das gelingen kann, wie wir mit Gott in Kontakt kommen können.
Wer der Bibel Glauben schenken will, besonders als Christ, muss erkennen, dass Gemeinschaft mit Gott keine Selbstverständlichkeit ist. Es ist nicht einfach so, dass wir zu Gott beten und er automatisch hört. Viele sprechen Gebete, doch ich bin überzeugt, dass das Gebet als Christ, als Kind Gottes, nur dann Kraft entfaltet, wenn Gott das Gebet hört, liebt und darauf antwortet.
Ich weiß nicht, ob du das kennst: Wenn du durch die Stadt läufst, gibt es manchmal Leute, die einfach so vor sich hin reden. Welchen Wert hat das, was sie sagen? Sie reden zwar, aber ich hoffe, dass ein Gespräch mit deiner Frau oder einem Freund mehr Wert hat als dieses bloße Gerede auf der Straße. Dieses „bla bla bla“ hat keinen Empfänger.
Es ist also keine Selbstverständlichkeit, dass Gott mit Menschen in Kontakt kommt. Dafür gibt es zwei Gründe, die wir uns jetzt anschauen werden.
Wenn der Mensch in die unmittelbare Gegenwart Gottes gelangt, stellt das immer eine Herausforderung für ihn dar. Nach dem Garten Eden war es stets schwierig für den Menschen, in Kontakt mit Gott zu kommen. Das liegt daran, dass Gott in der Bibel durch und durch als heilig dargestellt wird.
In Jesaja 6,3 finden wir ein Beispiel dafür. Jesaja sieht in einer Vision den Herrn und die Engel, die kommen und dreimal „heilig, heilig, heilig“ singen. Man hätte es ja auch nur einmal sagen können. Warum wiederholen die Engel dieses Lied immer wieder? Die dreifache Wiederholung soll uns aufmerksam machen. Wir haben es hier mit jemandem zu tun, der sich in der Bibel ständig als heilig, erhaben und herrlich präsentiert.
So offenbart sich Gott. Das finden wir auch in anderen Stellen, wie zum Beispiel in Habakuk 1,13: „Du hast zu reine Augen, um Böses anzusehen, und Verderben vermagst du nicht anzuschauen.“ In Gottes Gegenwart hat das keinen Platz. In unserem Leben hat es Platz, weil wir eben nicht heilig sind. Gott jedoch ist heilig.
In Johannes 1,5 sagt der Apostel Johannes: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.“ In ihm gibt es keinen Schatten, und alles, was ihn umgibt, muss mit Licht durchflutet sein. Licht steht hier nicht für esoterisches Blabla, sondern für Reinheit, Exzellenz, Perfektion und auch moralische Vollkommenheit.
Auch bei den Propheten im Alten Testament sehen wir Interessantes, wenn Gott sich offenbart. Als Gott sich Mose zeigte, heißt es, Mose verhüllte sein Gesicht, weil er sich fürchtete, Gott anzuschauen. Über den Propheten Hesekiel wird berichtet, dass er, als er das Aussehen des Abbildes der Herrlichkeit des Herrn sah, sofort auf sein Angesicht niederfiel. Diese Reaktion überkam ihn so stark, dass er keine Kontrolle mehr darüber hatte.
Der Prophet Daniel schreibt in Daniel 10: „Als ich den Klang seiner Worte hörte, lag ich betäubt auf meinem Gesicht, mit meinem Gesicht zur Erde.“ Wir sehen bei Mose, Hesekiel und Daniel dieselbe Reaktion, wenn Gott sich mit seiner Majestät offenbart.
Was Mose, Hesekiel und Daniel mit Jahwe erlebt haben, erfährt Johannes, als er Jesus, den Auferstandenen und Verherrlichten, in der Offenbarung sieht. Johannes zeigt eine deutliche Parallele: Wenn er Jesus sieht, hat er es mit nichts anderem zu tun als mit Jahwe selbst. Er sagt: „Ich fiel zu seinen Füßen wie tot.“
Das zeigt uns: Wenn Gott sich mit seiner Herrlichkeit und Heiligkeit offenbart, hat das einen starken und drastischen Effekt auf uns Menschen. Es ist fast gefährlich für uns, weil Gott so andersartig und lichtdurchflutet ist.
Warum reagieren Menschen in der Bibel so auf Gott? Was ist das Problem?
Wenn wir die Bibel aufschlagen und die Begegnungen zwischen Menschen und Gott betrachten, sehen wir am Anfang noch keine Probleme. Menschen und Gott spazieren gut miteinander umher. Doch plötzlich ändert sich das. Etwas ist geschehen, und dieses Geschehnis zieht sich durch die ganze Schrift. Es belastet die Menschen weiterhin und trübt die Beziehung.
Die Schwere der göttlichen Heiligkeit ist unvereinbar mit der Schwere der menschlichen Sünde. Diese Tatsache müssen wir unbedingt erkennen, wenn wir später über das Kreuz sprechen wollen. Die göttliche Heiligkeit und die menschliche Sünde können nicht nebeneinander existieren.
Darum lesen wir in Lukas 5, Vers 8: Petrus fiel zu den Knien Jesu nieder. Hier haben wir wieder das gleiche Motiv wie zuvor – ein Niederfallen vor Jesus. Doch es ist nicht einfach nur eine Geste der Ehrerbietung, wie man sie auch bei Königen zeigen könnte. Es ist, weil Petrus die Gegenwart und Präsenz Jesu nicht ertragen kann.
Er sagt: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ Das ist krass. „Geh bitte! Es ist besser, dass du gehst, als dass du hier bleibst. Denn mit dem, was ich in dir sehe und erkenne und was ich in mir sehe und erkenne, merke ich, dass das nicht zusammenkommen kann. Es muss zu dieser Trennung kommen.“
Petrus merkt also: Wer mit Jesus in Berührung kommen möchte, wer mit Gott persönlich in Berührung kommen will, muss zwangsläufig getrennt werden von ihm. Es ist wichtig, dass wir das erkennen, auch wenn es unangenehm ist. Nur so verstehen wir, dass die Begegnung zwischen Gott und Mensch keine Selbstverständlichkeit ist.
Was Petrus hier erlebt, schildert auch Jesaja. Wir haben eben schon angefangen, darüber zu sprechen. Lesen wir nun Jesaja 6, 1-7:
„Im Todesjahr des Königs Usia sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenen Thron, und die Säume seines Gewandes füllten den Tempel. Seraphim standen über ihm, jeder von ihnen hatte sechs Flügel. Mit zweien bedeckte er sein Gesicht, mit zweien bedeckte er seine Füße, und mit zweien flog er. Und einer rief dem anderen zu und sprach: ‚Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Herrscher, die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit.‘ Da erbebten die Türpfosten in den Schwellen von der Stimme des Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt. Da sprach ich: ‚Wehe mir, denn ich bin verloren! Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen, und mitten in einem Volk mit unreinen Lippen wohne ich. Denn meine Augen haben den König, den Herrn der Herrscher, gesehen.‘ Da flog einer der Seraphim zu mir, und in seiner Hand war eine glühende Kohle, die er mit einer Zange vom Altar genommen hatte. Und er berührte damit meinen Mund und sprach: ‚Siehe, dies hat deine Lippen berührt, so ist deine Schuld gewichen und deine Sünde gesühnt.‘“
In Jesaja 6 sehen wir, dass wenn die reine Herrlichkeit Gottes sich uns manifestiert, das Unreine vergehen muss. Jesaja hat das verstanden und erkannt. Jesus, Vater und Heiliger Geist sind so herrlich und heilig, dass die Konsequenz für Jesaja lautet: „Ich bin verloren. Ich vergehe.“
Er sagt nicht: „Na ja, da gibt es jetzt irgendwie einen Weg, wie ich da hinkomme.“ Für den Menschen in der Begegnung mit der Realität Gottes gibt es eigentlich nur Verlorenheit. Es gibt keinen Platz, sich dazwischen hineinzuwurschteln und zu sagen: „Na ja, in der letzten Reihe könnte ich doch noch irgendwie bestehen.“ Nein, das ist unmöglich.
Wir sehen: Es braucht eine Handlung, es braucht eine Tat, um das zu beseitigen, was uns von der Gegenwart Gottes entfernt. Diese Barriere muss weggerissen werden.
Die Schwere der göttlichen Heiligkeit und die Schwere der menschlichen Sünde sind unvereinbar. Sie verhindern die ungetrübte Gemeinschaft zwischen Mensch und Gott. Genau das haben auch Adam und Eva erlebt. Wenn ihr nicht in meinen Wegen seid, nicht auf meine Gebote hört, euch also von mir abwendet, dann können wir nicht mehr in Gemeinschaft sein.
Denn das, was ich sage, spiegelt auch mein Wesen wider. Wenn ihr euch von dem abwendet, ist die Konsequenz der Tod. Die Trennung vom Leben, die Trennung von der Lebensquelle, die Trennung von mir.
Darum sagt Jesaja später in Kapitel 59: „Eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört.“
Das ist der Zusammenhang, den ich vorhin meinte. Viele beten, aber die Frage ist: Hört Gott dein Gebet? Welche Gebete, die religiöse Menschen beten, werden gehört?
Wenn die Sünde nicht beseitigt wird, gibt es kein hörendes Ohr, das eingreifen wird. Denn „eure Hände sind mit Blut befleckt und eure Finger mit Sünden schuld.“
Die nächste Zeile ist wichtig für uns, damit wir nicht denken, das betrifft nur Mörder oder besonders schwere Sünden: „Eure Lippen reden Lüge und eure Zunge murmelt Verkehrtheit.“
Schon die Gedanken in unserem Herzen reichen aus, um uns von der Heiligkeit Gottes zu trennen. Dadurch kann er unser Gebet nicht hören. Das heißt, er ist nicht bereit, dieses Gebet anzunehmen und sich das zu eigen zu machen.
Es ist nicht so, dass dieses Problem nur im Alten Testament existierte und im Neuen Testament nicht mehr. Jesus bestätigt genau dieses Problem.
Er sagt: „Von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken hervor: Unzucht, Dieberei, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut, Torheit.“
All diese bösen Dinge kommen von innen heraus und verunreinigen den Menschen.
Könnt ihr euch an Jesaja 6 erinnern, wo wir eben die unreinen Lippen gesehen haben? Die gleiche Erfahrung, die Jesaja gemacht hat, wiederholt Jesus und sagt: „Das ist tatsächlich euer Problem, dass das, was aus eurem Herzen kommt, euch verunreinigt.“
Und weil es euch verunreinigt, lebt ihr in einer Trennung von Gott und könnt sie selbst nicht überwinden.
Das ist jetzt alles eine ziemlich schlechte Nachricht für uns. Aber das Schöne ist, dass Gott sich mit dieser Trennung nicht zufrieden gibt. Er sieht diese Trennung, ist aber nicht einverstanden damit, dass diese Unvereinbarkeit zwischen Mensch und Gott einfach bestehen bleibt. Jesus sagt: „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“
Können wir einen Moment bei Jesus verweilen? Im Alten Testament heißt es, dass Sünder und der heilige Gott nicht zusammenpassen. Und jetzt kommst du als Manifestation des allmächtigen Gottes und sagst: „Ich möchte Gemeinschaft haben mit Sündern.“ Ja, wie denn? Wie soll das funktionieren, dass Sünder auf einmal bei dir sind und auch bleiben, dass sie Platz haben bei dir und dass du dich ihrer annimmst?
In 2. Mose 34,6-7 lesen wir ein sehr schönes Wort, in dem Gott über sich selbst spricht und uns etwas über sein Wesen offenbart: „Jahwe, Jahwe, Gott barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, der Gnade bewahrt an Tausenden von Generationen, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt.“
Wir könnten jetzt sagen: Ja, Gott ist barmherzig und gnädig, er ist reich an Gnade und bewahrt Gnade an Tausenden von Generationen. Schuld, Vergehen und Sünde werden vergeben. Das ist doch der Grund, warum Jesus sagen kann, er möchte Gemeinschaft mit Sündern haben. Er möchte Sünder rufen, weil das seine DNA, sein Wesenszug ist. Gott ist ein gnädiger und barmherziger Gott und möchte Gemeinschaft mit dir.
Aber wenn wir genau lesen, ist das nicht das Einzige, was Gott ausmacht. Sicherlich ist er reich an Erbarmen und Gnade, aber in diesen Versen offenbart Gott auch etwas über sein Wesen, das wir nicht übersehen dürfen.
Vor ein paar Tagen habe ich eine Grafik mit einem Bibelvers bekommen. Ihr kennt das ja von WhatsApp, da bekommt man ständig Bibelgrafiken zugeschickt. Darauf stand das Zitat: „Gott barmherzig und gnädig und reich an Gnade, nee, geduldig und reich an Gnade.“
Ich habe gelesen und gedacht: Moment mal, geduldig? Ist Gott geduldig? Ja, natürlich. Das Wort „geduldig“ wurde hier für die Phrase „langsam zum Zorn“ eingesetzt. „Langsam zum Zorn“ macht sich nicht so gut auf einer WhatsApp-Grafik, die man an viele Leute weiterleiten möchte. Diese Grafik wurde schon häufig geteilt.
Mit so einem Spruch wie „langsam zum Zorn“ ist es schwierig, ihn in der Vermittlung zu verwenden. Man lässt das lieber weg. Aber es zeigt uns etwas: Nur weil Gott geduldig ist, heißt das nicht, dass ihm die Geduld irgendwann nicht ausgehen kann. Nur weil Gott langsam zum Zorn ist, heißt das nicht, dass er unmöglich zum Zorn wird.
Deshalb ruft Jesus den Sünder und möchte ihm vergeben. Aber wir sehen: Gott vergibt laut 2. Mose 34, lässt die Sünde aber keineswegs ungestraft. Also was denn jetzt? Merkt ihr die Spannung, die Gott selbst über sein Wesen und sein Herz aufbaut?
Er sagt: Ich will vergeben, aber ich kann nicht einfach so tun, als ob die Sünde, das Unrecht, die Ungerechtigkeit, die Finsternis und die Bosheit einfach hinfällig wären. Lassen wir mal Fünfe gerade sein. Du möchtest doch keinen Richter haben, der dir Leid zugefügt hat und am Ende sagt: „Ach, weißt du was, ist doch halb so wild.“
Moment mal, ich dachte, du bist Licht und in dir ist keine Finsternis. Ich dachte, man kann dich nicht bestechen, aber du scheinst mir ein korrupter Richter zu sein, der nicht in der Lage ist, Recht zu sprechen. Ich glaube an einen Gott, der sich auch als derjenige offenbart, der ein gerechtes Gericht ausübt.
Er vergibt gerne, ja, Amen, aber er lässt auch das, was verbrochen wurde, nicht einfach ungestraft. Wir machen uns oft gar nicht klar, wie groß Gottes Abscheu gegen das Böse ist und wie sehr er gerecht über Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit zürnt und Sünde energisch entgegentritt.
Wenn wir das Kreuz verstehen wollen, müssen wir an diesem Punkt verharren und erkennen: Gott hasst Sünde mit jeder Faser, weil sie das genaue Gegenteil von ihm selbst ist. Gott hat das Recht, diese Dinge zu hassen, weil er vollkommen gut ist.
Dort, wo Schatten ist, ist auch Gottes Abscheu. Er begegnet dem Bösen mit dem nötigen Ernst und lässt es nicht einfach geschehen. Wenn wir mit dem Zorn Gottes zu tun haben, bekommen wir kalte Füße.
Letzten Sonntag haben wir schon etwas vom Zorn Gottes gehört. Ich möchte euch ein Zitat von John Stott vorlesen. Ich habe ihn schon letzten Sonntag zitiert, hier ein weiteres Zitat.
Mal ganz nebenbei: Ich möchte gerne empfehlen, falls euch das Thema interessiert, er hat ein wunderbares Buch geschrieben, das heißt „Das Kreuz“. Es ist ziemlich simpel, super geschrieben und gut verständlich. Für mich ist es eines der besten Bücher zum Thema.
Er schreibt: Warum wir oft Schwierigkeiten haben, mit dem Zorn Gottes klarzukommen, liegt daran, dass wir mit menschlichem Zorn Schwierigkeiten haben, und das zu Recht. Menschlicher Zorn ist meist launenhaft und hemmungslos. Gottlicher Zorn ist immer prinzipientreu und beherrscht, also immer maßvoll.
Unser Zorn zeigt sich oft in krampfartigen Ausbrüchen, angestachelt durch Ärger und auf Rache aus. Wer findet sich da wieder? Einige sagen schon: heilig, heilig, heilig. Gottes Zorn ist eine beständige, entschiedene Gegnerschaft, die sich nur am Bösen entzündet und sich in dessen Verdammung ausdrückt.
Gott ist vollkommen frei von persönlicher Animosität oder Rachelust. Gottes Heiligkeit und Zorn können nicht mit der Sünde koexistieren. Gottes Heiligkeit entlarvt die Sünde, sein Licht scheint in die Dunkelheit. Gottes Zorn tritt der Sünde entgegen.
Somit kann die Sünde Gott nicht nähern, und Gott kann die Sünde nicht tolerieren. Er toleriert die Sünde nicht, auch wenn wir ihm nahekommen. Die Frage ist: Warum können wir ihm nahekommen? Darauf werden wir noch zu sprechen kommen.
Diese beiden Dinge können nicht nebeneinander existieren: Gott will sich in Gnade erbarmen, und gleichzeitig möchte er nicht gleichgültig mit Ungerechtigkeit umgehen. Das sehen wir durch die ganze Schrift.
Er möchte Gemeinschaft mit Menschen, nicht weil er es braucht – Gott ist ja in sich vollkommen –, sondern weil er gerne gibt, weil er gerne liebt. Sein Wesen ist Liebe. Deswegen möchte er in Gnade begegnen.
Auf der anderen Seite ist er sich vollkommen treu. Sein Wort, dass er über Sünde Gericht üben wird, bleibt bestehen. Gott ist derselbe gestern, heute und auch morgen.
In Jesus haben wir nicht plötzlich einen Gott präsentiert bekommen, der sagt: „Das habe ich früher im Alten Testament etwas drastisch gesagt, vergiss das mal. Ich habe mich da vertan, war ein bisschen streng von mir.“ Nein, er ist immer noch gleich heilig und gleich herrlich.
Deshalb kann ein Johannes, wenn er Jesus sieht, vor Ehrfurcht zu Boden fallen. Darum beschäftigt uns als Christen die Frage: Wenn wir der biblischen Offenbarung über Gott und uns Menschen trauen und das als Wahrheit erkennen, und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wie kann Gott überhaupt mit dem Menschen in Gemeinschaft kommen?
Wie können wir harmonisch und ohne Vorbehalte, uneingeschränkt in Gemeinschaft mit Gott leben? Mit einem komplett freien Zugang und auch mit Freude? Nicht so, dass man sagt: „Ich muss jetzt zu meinem Herrn und aufpassen, dass ich nicht Prügel kriege.“ Sondern: „Ich kann kommen, so wie ich bin.“
Und da niemand hier in diesem Raum perfekt ist und auch zu Jesu Zeit niemand perfekt war, wie kann das gelingen?
In 1. Johannes 1,5-7 heißt es:
„Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und zugleich in der Finsternis wandeln, lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander.“
Aber wie ist das möglich? Und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.
Hier kommen wir zu einem entscheidenden Punkt: Jesus hat eine Schlüsselrolle. Er hat etwas getan, das für uns alle klar ist. Doch ich möchte, dass wir nachvollziehen können, warum wir Dinge glauben, die wir glauben, und warum wir Dinge besingen, die wir besingen.
Gemeinschaft mit Gott ist eigentlich unmöglich, weil Licht und Finsternis sich gegenüberstehen. Jetzt sagt Johannes aber: Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander. Und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.
Wenn wir 1. Johannes weiter lesen, sagt Johannes auch ganz klar: „Hey Leute, wenn ich sage, im Licht zu wandeln, wie er im Licht ist, heißt das nicht, dass du sündlos bist. Wer sagt, er hat keine Sünde, der betrügt sich selbst.“ Jeder von uns hat Schuld in seinem Leben.
Im Licht zu sein bedeutet, vom Blut Jesu gereinigt zu werden. Was bedeutet das, dass das Blut Jesu uns von jeder Sünde reinigt? Das Blut Jesu steht im Neuen Testament immer für Jesu Sterben, seinen Tod, seine Kreuzigung. Du könntest diese Begriffe auch austauschen: Sein Kreuz, sein Sterben, sein Tod, sein Opfer, sein Blut – es ist alles dieselbe Tat, die Jesus vollbracht hat. Mit verschiedenen Vokabeln und Bildern wird sie beschrieben, um unterschiedliche Facetten dessen zu zeigen, was Jesus gemacht hat.
Es geht also darum, dass Jesus gestorben ist und dadurch die Gemeinschaft ermöglicht hat. Das ist schon ein wichtiger Punkt, den wir erklärt bekommen haben. Aber wie geht es dann weiter? Viele sind ja schon gestorben. Warum ist das Sterben von Jesus so entscheidend? Warum ist das Sterben Jesu anders als das Sterben von zum Beispiel Johannes dem Täufer oder allen anderen Propheten, die im Alten Testament gestorben sind?
Viele sind im Namen Gottes auch in den Tod gegangen. Aber bei Jesus gibt es einen Unterschied, der einen Effekt auf uns hat. Um zu verstehen, warum das Sterben Jesu so zentral und entscheidend für uns ist, müssen wir den Charakter seines Todes verstehen.
Dazu möchte ich euch auf der nächsten Folie einige Passagen aus dem Neuen Testament zeigen. Dort wird noch mehr beschrieben, welchen Charakter dieser Tod hat. Es ist nicht einfach nur ein Sterben, sondern es wird mit bestimmten Begriffen angereichert, die uns eine Vorstellung davon geben, was für eine Art von Sterben wir bei Jesus haben.
In 1. Korinther 5,7 sagt Paulus ganz oben: „Unser Passalam Christus ist geschlachtet.“
Das ist eine sehr starke Formulierung, die uns darauf hinweisen soll: Jesus ist nicht einfach gestorben, sondern wird mit etwas verglichen. Schauen wir uns gleich an, was das genau bedeutet. Jesus wird mit dem Passalam verglichen und er wurde nicht nur gestorben, sondern geschlachtet.
Das soll beim Leser etwas auslösen und an etwas erinnern: Das Passalam ist geschlachtet.
In Epheser 5,2 heißt es:
„Und wandelt in Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfergabe und Schlachtopfer Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“
Das ist eine schwere Sprache. Was soll das bedeuten? Müssen wir noch nicht vollständig verstehen, aber es gibt uns einen Hinweis: Dieses Sterben hat einen gewissen Charakter.
Wir sehen hier, dass es mit einer Opferhandlung verglichen wird, mit einer Tierschlachtung, mit der Schlachtung eines Lammes.
Im Johannesevangelium sagt Johannes der Täufer am folgenden Tag, als er Jesus sieht:
„Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“
Später sagt er noch einmal, als Jesus vorübergeht:
„Siehe, das Lamm Gottes.“
Er muss das wiederholen, damit es jeder merkt. Von diesem prominenten Prediger Johannes dem Täufer hören wir, dass wir es nicht mit einer gewöhnlichen Person zu tun haben, sondern mit einem Lamm. Dieses Lamm kann die Sünde der Welt wegnehmen.
Interessant ist, dass im Johannesevangelium selbst deutlich wird – wenn man die Zeitangaben überprüft –, dass Jesus zu dem Zeitpunkt gekreuzigt wurde, als im Tempel die Passalämmer geschlachtet wurden.
Wir werden uns gleich das Passa-Fest genauer anschauen, ein jüdisches Fest, das immer gefeiert wurde, um an etwas zu erinnern. Paulus sagt: Jesus ist ein Passalam. Und Jesus stirbt am Kreuz genau in dem Augenblick, in der Stunde, in der im Tempel alle Passalämmer geschlachtet werden, um an etwas zu gedenken.
In Apostelgeschichte 8 wird die berühmte Geschichte von dem Äthiopier erzählt, der auf Reisen ist und in einer Schriftrolle Jesaja liest. Dort wird berichtet:
„Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, wie ein Lamm, das stumm ist vor seinen Scherern; so tut er seinen Mund nicht auf.“
Der Äthiopier versteht diesen Text nicht. Glücklicherweise ist Philippus durch Gottes Führung vor Ort. Philippus öffnet seinen Mund, beginnt mit dieser Schrift, also Jesaja 53, und verkündigt ihm das Evangelium von Jesus.
Hier wird Jesus wieder mit einem Lamm verbunden, das zur Schlachtung geführt wird, mit einem Schaf.
In 1. Petrus 1,18-19 heißt es:
„Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, wie Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi.“
Also Erlösung und Errettung durch das kostbare Blut Christi.
Jetzt setzt Petrus hier wieder einen Vergleich, den wir schon einige Male gehört haben: Jesus wird als ein Lamm ohne Fehler und ohne Flecken beschrieben.
Jesus war sündlos, an ihm war kein Fehler. Deshalb kann er mit einem Lamm verglichen werden.
Wenn wir in die Offenbarung schauen, sehen wir, dass Jesus dort ganze 28 Mal als Lamm bezeichnet wird.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. So viele Male wird Jesus als das Lamm bezeichnet – mehr als die Anzahl der Kapitel der Offenbarung.
Wir sollen verstehen, welchen Charakter der Tod Jesu hat.
Der Tod Jesu wird mit dem Geschehen eines Lammes verglichen, was uns an etwas erinnern soll. Er wird dort als geschlachtetes Lamm mehrmals angebetet.
Wenn du sagst: „Oh, das mit der ganzen Schlachtungsgeschichte und dem ganzen Blutgedöns haben wir doch hinter uns, das können wir im Mittelalter lassen!“ – wir werden in alle Ewigkeit Jesus als das geschlachtete Lamm vor Augen haben.
Ich meine damit nicht blutüberströmt, sondern mit dieser Metapher, mit dieser Verbindung in unseren Herzen.
In Offenbarung 5,6 heißt es:
„Und ich sah inmitten des Thrones ein Lamm stehen wie geschlachtet.“
Offenbarung 5,12:
„Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu nehmen Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lobpreis.“
Und Offenbarung 13,8:
„Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.“
Hier wird wieder das geschlachtete Lamm erwähnt.
Was wir hier sehen, ist Folgendes: Wir haben festgestellt, dass die Gemeinschaft zwischen Mensch und Gott aufgrund unserer Sünde und Gottes Heiligkeit eigentlich unmöglich ist. Dennoch sagt das Neue Testament, dass wir durch das Sterben und das Blut Jesu Gemeinschaft mit Gott haben können. Das ist es, was Johannes vorhin gesagt hat.
Dann haben wir uns gefragt: Okay, Jesus ist gestorben, aber welchen Charakter hat dieses Sterben? Nun haben wir einen Streifzug durch das Neue Testament gemacht, um uns verschiedene Passagen anzuschauen, in denen das Sterben beschrieben wird. Dabei sehen wir, dass dieses Sterben nicht einfach zufällig passiert, sondern ein Opfer ist.
Aber nicht irgendein Opfer, sondern ein geplantes Opfer, das gebracht wurde, um etwas zu bewirken. Es ist ein Schlachtopfer, das uns befreien soll, damit wir Gemeinschaft mit Gott haben können.
Um nun zu verstehen, was es bedeutet, dass Jesu Sterben einen Opfertod darstellt, müssen wir herausfinden, welche Funktion ein Opfer überhaupt hat. Dabei sollten wir nicht zu schnell sein, denn ich weiß nicht, wann ihr das letzte Mal leidenschaftlich durch das dritte Buch Mose geblättert habt und gedacht habt: „Oh, Halleluja, hier ein Brandopfer, dort ein Feueropfer, hier ein Speisopfer – was soll das überhaupt alles sein?“ Diese Texte können wir doch getrost überspringen, und das ermüdet uns.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber lange Zeit hatte ich keinen Zugang zu diesen Texten. Ich dachte: Gott sei Dank lebe ich im Neuen Testament. Ein Pastor hat mir mal gesagt, dass er das Alte Testament nicht sehr interessant findet. Er meinte: „Als Pastoren müssen wir eigentlich nur das Neue Testament richtig kennen. Das Alte Testament brauchen wir eigentlich nicht, weil es schwierig ist und auch vorbei ist.“
So solltest du es nicht handhaben, denn wenn du das machst, bleibst du oberflächlich in deinem Verständnis dessen, was mit Jesus geschehen ist. Er ist gestorben, ja, aber wie ist er gestorben? Als Opferlamm, als Schlachtopfer. Er ist ein Opfer, das geschlachtet wurde, damit wir Freiheit haben.
Die Frage ist nun: Welche Funktion hatte denn überhaupt ein Opfer? Dafür müssen wir uns die erste Hälfte der Bibel anschauen, also das Alte Testament. Bis jetzt haben wir uns vor allem in der zweiten Hälfte der Bibel bewegt, außer als wir über die Heiligkeit Gottes gesprochen haben. Aber um zu verstehen, wie der Tod Jesu beschrieben wird, müssen wir in die erste Hälfte der Bibel gehen.
Warum? Um zu verstehen, wie die Apostel die Begriffe rund um das Opfer verstanden haben. Das Alte Testament müssen wir lesen, denn ihr Denken war jüdisch und alttestamentlich geprägt. Wir können das Alte Testament nicht einfach als alte Akten ablegen und sagen: „Das sind komische Riten, zu denen wir keinen Zugang mehr haben.“ Wir dürfen nicht versuchen, für uns selbst zu erklären, was es bedeutet, dass Jesus ein Opfer ist, ohne die alttestamentlichen Hintergründe zu kennen.
Oft wird gesagt, Jesus sei ein Opfer der Umstände, ein Opfer unserer systemischen Sünde, ein Opfer politischer Entscheidungen oder ein Opfer von religiösen Menschen, die keine Gnade und Vergebung wollen. In dieser Hinsicht ist Jesus ein Opfer seiner Zeit.
Wir nehmen diesen Begriff „Opfer“ und überlegen, wie wir ihn heute füllen. Opfermentalität ist ja heutzutage sehr präsent, oft auch zu Recht. Echte Opfer werden thematisiert, in den Medien werden Dinge aufgedeckt und aufgearbeitet, bei denen Menschen Schaden genommen haben.
Aber wenn wir nur in unseren Medien und unseren Zeitgeist schauen und sagen: „Jesus war so ein Opfer“, dann verstehen wir nicht, welche Bedeutung das Kreuz wirklich hat. Dann sehen wir das Kreuz vielleicht nur als das Schicksal eines Idealisten, der schade, dass er sterben musste, weil er noch so viel vorhatte. Man könnte denken: „Der war so alt wie ich, ich habe keine Lust, am Kreuz zu hängen. Ich habe noch Projekte und Ziele.“ Hatte Jesus nicht auch Ziele? Was hätte er noch alles bewirken können? Er hat in drei Jahren seines Dienstes viel getan. Was wäre, wenn er noch dreißig Jahre weitergelebt hätte? Aber er ist ja ein Opfer. So funktioniert das nicht.
Wörter haben eine Bedeutung. Ich kann nicht einfach kommen und die Bedeutung eines Wortes entleeren, um es mit meinem eigenen Verständnis zu füllen. Wir müssen uns die Mühe machen, ins Alte Testament zu gehen und zu verstehen, wie dort die Begriffe gefüllt sind. Nur so können wir verstehen, was Jesus getan hat.
Wenn wir uns die Opfer im Alten Testament anschauen, könnten wir tatsächlich bis zum Ende des Jahres darüber sprechen, denn das Thema ist sehr komplex und umfangreich. Ich möchte gleich vorwegnehmen: Ich bin kein Fachmann im alttestamentlichen Opferritus. Ein bisschen weiß ich, aber vielleicht schlummern hier einige Experten. Das Opfer hat im Alten Testament schon immer eine große Rolle gespielt.
Die Frage ist: Wenn wir mit dem Opfertod Jesu konfrontiert sind, wo fangen wir an? Wo können wir schnell zu einem Ergebnis kommen, um die Bedeutung und Tragweite des Opfertodes Jesu zu deuten? Ich mache euch folgenden Vorschlag, dem ihr sowieso nichts entgegensetzen könnt – super, oder?
In 1. Korinther 5,7 haben wir einen schönen Hinweis, ebenso in Epheser 5,2. Diese Stellen habe ich bewusst an den Anfang gestellt, weil hier eindeutige Begriffe verwendet werden, die uns auf Geschichten hinweisen. Wir haben Jesus als Passalam – das werden wir uns gleich anschauen – und Jesu Opfer als wohlriechendes Schlachtopfer. Das führt uns direkt zu konkreten Passagen im Alten Testament, und wir können die Bedeutung erkennen und verstehen, was Jesus am Kreuz für uns bewirkt hat.
Wir beginnen mit Jesus als Passalam, also mit 1. Korinther 5,7: Christus ist geschlachtet als unser Passalam. Was ist zu Passa geschehen? Jedes Jahr feiern Juden dieses Passa, um sich zu erinnern. Woran wird erinnert? Fast synchron an den Auszug aus Ägypten. Dort wird daran erinnert, wie Gott sein Volk Israel aus der Knechtschaft unter dem Pharao herausgerissen und in das verheißene Land Israel heimkehren ließ.
Aber Gott will nicht nur befreien, er will auch mit ihnen sein, mitten unter ihnen sein, sie führen und leiten. Es geht also nicht einfach nur um Befreiung. Für Gott bedeutet Befreiung auch Nähe, er ist mitten unter seinem Volk.
Als der Pharao am Ende der Verhandlungen nicht bereit war, Israel ziehen zu lassen, drohte Gott durch Mose dem Pharao, sämtliche Erstgeburten im Land zu töten. Lesen wir das in 2. Mose 11,4-6:
Mose sagte zum Pharao: „So spricht der Herr: Um Mitternacht will ich ausgehen und mitten durch Ägypten schreiten. Dann wird alle Erstgeburt im Land Ägypten sterben, vom Erstgeborenen des Pharao, der auf seinem Thron sitzt, bis zum Erstgeborenen der Sklavin hinter der Handmühle, sowie alle Erstgeburten des Viehs. Es wird ein großes Jammergeschrei im ganzen Land Ägypten geben, wie es noch keines gegeben hat und auch keines mehr geben wird.“
Das ist die Ankündigung: Gott wird kommen und Gericht halten.
Im Anschluss befiehlt Gott, dass ganz Israel Lämmer schlachten soll. Diese Lämmer sollen makellos sein, ohne Fehler. Habt ihr das Klingen von 1. Petrus gehört? Dort heißt es, dass wir nicht durch Gold oder Silber errettet sind, sondern durch das kostbare Blut Christi, „als eines Lammes ohne Fehler und ohne Flecken“. Petrus bezieht sich hier auf das Passahlamm aus 2. Mose 12.
Die Israeliten sollen die Lämmer schlachten, das Blut an die Türpfosten streichen, das Fleisch essen und ungesäuertes Brot als Zeichen der Eile und Dringlichkeit essen. Das lesen wir in 2. Mose 12,12-14:
„Ich werde in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgeburten erschlagen, vom Menschen bis zum Vieh. Auch an allen Göttern Ägyptens werde ich ein Strafgericht vollstrecken. Aber das Blut soll für euch zum Zeichen an den Häusern werden, in denen ihr seid. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen. So wird keine Plage, die Verderben bringt, unter euch sein, wenn ich das Land Ägypten schlage. Dieser Tag soll euch eine Erinnerung sein, und ihr sollt ihn feiern als Fest für den Herrn, als ewige Ordnung für alle eure Generationen.“
Was Gott hier zeigt, ist sehr interessant: Er zeigt sich auf zweifache Weise – einmal als Richter. Es gibt ein gerechtes Strafgericht, das Gott verhängt. Niemand kann Gott sagen: „Das ist nicht fair.“ Gott ist gerecht in seinem Urteil, und das Strafgericht wird sicher kommen.
Aber gleichzeitig – und deshalb sollen sie feiern – zeigt sich Gott auch als Erretter, der einen Ausweg anbietet. Es ist immer so in der Bibel, dass nicht der Mensch versucht, Gott zu überreden, gnädig zu sein. Das wäre Heidentum, wenn wir versuchen, mit unseren Taten Gott gnädig zu stimmen, indem wir ihn mit Kostbarkeiten überzeugen wollen. Das ist nie biblische Religion.
Biblische Religion ist immer, dass Gott selbst einen Ausweg schafft – das ist Gnade. Das heißt nicht, dass die Menschen durch das Lamm etwas Tolles fabrizieren, um Gott gnädig zu stimmen. Gott zeigt, auf welche Weise er gnädig sein kann. Es ist immer ein Geschenk von Gott.
Die Menschen sagen: Danke, dass du mir diesen Ausweg gewiesen hast. Wir können Gott nicht überreden, nicht überzeugen, nicht mit Korruption gefügig machen. Gott selbst sagt: „Das ist der Ausweg.“
In dieser Geschichte ist das das stellvertretende Opferlamm. Hier haben wir den Begriff der Stellvertretung: Nicht ihr sollt sterben, sondern jemand anderes soll für euch sterben. Ich werde dieses Blut sehen. Wer Gott vertraut und Zuflucht im stellvertretenden Opfer, also im Blut des Lammes, findet, erlebt, dass der Todesengel an ihm vorübergeht.
Darum heißt das Passafest auch Fest des Vorbeigehens oder Fest des Verschonens. Das ist Grund zur Freude für die Israeliten: Gott ist ein gerechter Richter, aber auch ein guter Erretter, der einen Ausweg zeigt.
Gott macht dabei keinen Unterschied zwischen Israeliten und Ägyptern. Er sagt: „Ich komme und werde mit Strafgericht kommen. Israel, bereitet euch vor, denn ihr seid nicht viel besser als die Ägypter. Aber ich schaffe einen Ausweg.“
Wenn wir diese Bedeutung sehen – dass in einem stellvertretenden Tod Rettung liegt, dass jemand anderes stirbt für mich – ist es interessant zu wissen, dass Jesus, als er das Abendmahl feierte, eigentlich das Passafest feierte.
Er feiert kurz bevor er in den Tod geht, das Passafest. Das Zentrale der Passafeier ist das Essen des Lammes. Aber in den Berichten zum Abendmahl finden wir keine Stelle, wo das Lamm gegessen wurde. Warum? Weil der Fokus seit Jesus nicht mehr auf dem Lamm auf dem Tisch liegt, sondern auf dem Lamm, das am Tisch sitzt.
Jesus nimmt die traditionellen Elemente des Passamals – Brot und Kelch – und zeigt: Jetzt beginnt etwas Neues. Ich bin das Passalam. Deshalb sagt er: „Nehmt mein Brot, nehmt mein Blut, verzehrt das, nehmt das in euch auf.“ Das ist der Schutzraum, den ich jetzt biete.
Ich bin das Passalam. Das bedeutet: Ich werde gleich sterben, wie ich es schon ein paarmal angekündigt habe, liebe Jünger, aber ihr merkt es nicht. Ich werde in diesen Tod gehen. Das ist kein tragisches Martyrium, sondern die Schlachtung eines Passalams.
Ich werde, wenn du willst, an die Türpfosten deines Herzens gestrichen, damit, wenn das Strafgericht Gottes kommt, es an dir vorübergeht, weil ich das für dich auf mich genommen habe. Deshalb: Nimm das an, iss und trink mit mir.
Das ist Jesus als Passalam – ein Hinweis auf Stellvertretung, ein Leben für das andere.
Jetzt im nächsten Punkt haben wir Jesus als wohlriechendes Schlachtopfer. Dabei kommen wir in das Buch mit sieben Siegeln, das dritte Mosebuch. Wer hat das schon mal gelesen? Das dritte Mosebuch. Ihr könnt doch schon mal aufschlagen, wenn ihr die Bibel dabei habt. Dann geht doch mal. Wobei, erst mal ins zweite Mosebuch, geht noch mal ins zweite Mosebuch, Kapitel 25. Könnt ihr schon mal aufschlagen?
Wir haben eben gerade Jesus als Passalam uns angeschaut, welche Bedeutung oder welche Funktion ein Opfer hatte und welche Tragweite dieses Sterben Jesu hat. Aber nach diesem Passalamm ging es weiter. Es war eine wichtige Zäsur, der Befreiungsschlag ist geschehen und sie sind raus aus Ägypten. Exodus würden wir auch sagen. Sie sind dort raus aus der Knechtschaft. Aber was ist jetzt? Jetzt geht es ja weiter. Sie müssen ja auch erst mal ankommen.
Gott möchte sie nicht einfach in die Wüste schicken, sondern Gott möchte in die Wüste, aber jetzt kontinuierlich mit ihnen in Begegnung sein. Wir haben eben gerade ganz zu Beginn gelernt, es ist keine Selbstverständlichkeit, wenn Mensch und Gott zusammen sind. So, das ist jetzt der Wunsch von Gott: Ich möchte kontinuierlich in der Begegnung mit meinem Volk sein. Und dazu ordnet er Folgendes an.
In 2. Mose 25,8-9 können wir lesen, wie Gott das einleitet. Wer mag mal laut lesen? "Ich möchte in eurer Mitte sein, aber nicht irgendwie, sondern ihr sollt ein Heiligtum kreieren." Hat schon jemand eine Idee, worauf es hinausläuft? Ja genau, die Stiftshütte oder wie es auch heißt, das Zelt der Begegnung. Das ist ein schöner Begriff, oder? Zelt der Begegnung.
Ich möchte, dass ich gekannt werde und dass ich auch euch kenne, in Gemeinschaft zusammen mit euch. Und ihr sollt mir ein Heiligtum machen, und dort soll es zu einem Kontakt kommen. Ich will in eurer Mitte wohnen. Nach diesem Kapitel, wenn ihr weiterblättert, dann seht ihr ganz viel. In meiner Bibel wird das immer überschrieben mit Heiligtum: Zeltdecken, Bretter, Riegel, Vorhänge, Brandopferaltar, Vorhof, Öl für den Leuchter, die Kleidung von den Priestern.
Wow, das sind so viele Bauanweisungen. Gott ist sehr klar in dem, wie er sich seine Wohnung vorstellt. Er hat konkrete Vorstellungen, wie er in der Mitte seines Volkes wohnen will. Und das gibt er weiter. Es kommen viele Bauvorschriften, und endlich in Kapitel 40 – und das schlagt doch auf, das ist jetzt ganz schön, wenn man das auch in seiner eigenen Bibel lesen kann – endlich startet die Umsetzung.
Also in 2. Mose 25 sagt er: Baut mal! Und dann kommen Bauvorschriften Kapitel für Kapitel. Und in 2. Mose 40 geht es erst los. Vers 17 und Vers 33 heißen es: "Und es geschah im ersten Monat im zweiten Jahr, am ersten des Monats, da wurde die Wohnung aufgerichtet." Vers 33: "Und er richtete den Vorhof auf, rings um die Wohnung und um den Altar, und hängte den Vorhang des Tores zum Vorhof auf. So vollendete Mose das Werk."
Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo Gott gesagt hat: Ich möchte in kontinuierlicher Begegnung mit euch sein, und so soll das aussehen. Hier ist jetzt der Platz, wo wir einander begegnen werden.
In den Versen 34 bis 35 sehen wir, dass jetzt Gott schließlich Wohnung nimmt und Einzug hält mit seiner Herrlichkeit. Endlich kommt die Schwere der Herrlichkeit Gottes und Heiligkeit unter die Menschen. Da bedeckte die Wolke – immer ein Zeichen für Gottes Präsenz. Das Zelt der Begegnung und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Wohnung, und Mose konnte nicht in das Zelt der Begegnung hineingehen, denn die Wolke hatte sich darauf niedergelassen und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Wohnung.
Was denkt ihr, wenn ihr diesen Satz lest? Was wollte Gott eigentlich? Wie heißt dieses Zelt? Zelt der Begegnung. Okay, du bereitest vor, da kommt ein Gast, der meldet sich an: Ich will bei dir heute Gast sein. Jesus macht sowas ganz gern: Heute esse ich bei dir zu Abend. Du bereitest das Zimmer vor, um in Begegnung zu kommen. Dann ist das Zimmer vorbereitet, der Gast, der sich angekündigt hat, kommt rein. Und dann aber?
Was ist das Problem an dieser Passage? Die Wolke ist das Problem? Aber ja, ne, dass die Wolke da ist, ja super, also dass Gott in Herrlichkeit da ist, ja, kein Problem. Was ist das Problem? Dass das Zelt der Begegnung gerade etwas nicht ist: Begegnung! Wo ist die Begegnung? Das ist das Zelt der Begegnung, aber die Begegnung findet nicht statt. Das ist ein Riesendilemma.
Und lassen Sie mich mal kurz schauen, ja, so endet dann auch irgendwie das Buch: "Bitte, ich will mit euch wohnen, ich komme mit meiner Herrlichkeit, ich will mitten unter euch sein, im Zelt der Begegnung." Aber es kommt zu keiner Begegnung. Es bleibt ein Staunen von weit weg, aber ich kann nicht hinzutreten.
Warum haben wir denn unmittelbaren Zugang, wenn wir hier so sitzen und miteinander beten? Weil du bist wie Mose. Mose konnte nicht. Mose konnte nicht in die unmittelbare Gottesbegegnung. Da gibt es ein Problem, und zwar wieder das Gleiche: die Schwere der göttlichen Heiligkeit und die Schwere der menschlichen Sünde.
Und deswegen ist es sehr interessant. Deswegen wollte ich, dass ihr eure Bibeln aufschlagt. Wenn ihr jetzt in 3. Mose 1,1 rüberspringt – vielleicht habt ihr einen Stift und wollt das auch für euch markieren – ich finde es immer schön, in der eigenen Bibel dann zu sehen, wie das dritte Buch Mose anfängt. Das ist super interessant.
Und der Herr rief Mose und er redete zu ihm aus dem Zelt der Begegnung. Ich finde das großartig. Wie kann man sich das überhaupt vorstellen? Aber irgendwie war klar: Mose ist draußen, Gott ist in der Wohnung, im Zelt der Begegnung, es findet keine Begegnung statt, und er ruft raus. Versteht ihr? Mose ist noch draußen. Und er ruft zu ihm.
Eigentlich ist das Zelt der Begegnung dazu da, dass er später dann auch in kompletter Innigkeit mit Gott im Zeltgespräch ist. Das ist aber jetzt noch nicht möglich. Deswegen muss Gott, der jetzt in seiner maximalen Herrlichkeit Platz genommen hat, herausrufen, und er sagt ihm, was er jetzt tun soll. Er sagt jetzt, was dran ist, wie Mose reinkommt.
Und so vergehen Kapitel über Kapitel. Kapitel 1 bis 7 sehen wir auf einmal Opferordnungen, über Opferordnungen, welche Opfer gebracht werden müssen. In Kapitel 8 sehen wir die Weihung der Priester, wo die so fit gemacht werden, was auch sie tun müssen an Reinheitsritualen. Und erst in 3. Mose 9, Vers 22 bis 24, kommt Mose mit Aaron in das Zelt der Begegnung, vorher nicht.
Es ist wichtig für uns zu erkennen: Das zweite Mosebuch kündigt das in Kapitel 25 an. Gott sagt: Ich will mit euch sein, baut mal! Okay, ist gebaut, ich bin da, aber meine Herrlichkeit ist so stark, dass ihr nicht kommen könnt. Und ich rufe raus aus dem Zelt und sage: Bitte, macht jetzt Opfer 1, 2, 3, 4, 5, weiht eure Priester. Und erst in 3. Mose 9 kommen wir dann zu dem Punkt, was in 2. Mose 25 angekündigt wurde: Mensch und Gott begegnen sich.
Und Aaron erhob seine Hände zum Volk hin und segnete sie, und er stieg herab nach der Opferung des Sündopfers und des Brandopfers und des Heilsopfers. 3. Mose 1 bis 7 alles feinsäuberlich erklärt. Und Mose und Aaron gingen hinein in das Zelt der Begegnung. Und als sie herauskamen, segneten sie das Volk.
Da erschien die Herrlichkeit des Herrn dem ganzen Volk. Und Feuer ging vom Herrn aus und verzerrte auf dem Altar das Brandopfer und die Fettstücke. Als das ganze Volk es sah, da jauchzten sie und fielen auf ihr Angesicht.
Also es ist auch eine Wahnsinnsdynamik, pure Freude: Wir haben Zugang, endlich zu Gott bekommen, und wir fallen hin vor Anbetung.
Die Lektion, die wir hier sehen, auch wenn wir uns noch nicht genau das Opfer angeschaut haben, was wir hier schon sehen können: Die Opfer stellen sicher, dass Menschen in die Gegenwart der Herrlichkeit Gottes kommen können. Das stellen diese Opfer sicher. Die machen irgendetwas, das bewirkt, dass der Mensch sich Gott nähern kann.
Mal gucken, wie viel ich noch vor mir habe. An dieser Stelle müssen wir uns fragen: Okay, so weit, so gut. Opfer stellen sicher, dass der Mensch Gott nahen kann, auch in Dritte Mose. Was hat das jetzt mit Jesus zu tun und dem, was wir am Kreuz sehen?
Jesus wurde in Epheser 5,2 als wohlriechendes Schlachtopfer bezeichnet – ein wohlriechendes Schlachtopfer. Wenn wir jetzt in 3. Mose 1 bis 7 gehen und sehen, wie diese Opfer beschrieben werden, sehen wir erst einmal unterschiedliche Kategorien von Opfern.
Ich habe das hier mal für euch auf der Folie. Wir werden das nicht alles lesen, aber in den ersten drei Passagen seht ihr das. Habt ihr bestimmt auch in der Bibel, ist ja schon öfter mal mitbekommen: 3. Mose 1 bis 9 geht es um ein Brandopfer, 3. Mose 2 um ein Speisopfer, 3. Mose 3 bis 5 um ein sogenanntes Heilsopfer, und in 3. Mose 4 wird es später um ein Sündopfer gehen.
Einige kategorisieren dann noch das Schuldopfer als eigenes, einige sehen darin eine starke Parallele. Das ist nicht unser Thema. Wir sehen aber auf jeden Fall, es gibt verschiedene Opfer, die einen unterschiedlichen Schwerpunkt zeichnen, etwas Unterschiedliches auch zum Ausdruck bringen sollen, was der Mensch Gott sagen möchte mit diesem Opfer.
Und wir sehen in all diesen Opfern – schaut mal – beim Brandopfer heißt es, dass es ein wohlgefälliger Geruch für den Herrn ist. Das Speisopfer ist ein wohlgefälliger Geruch für den Herrn, das Heilsopfer ist ein wohlgefälliger Geruch für den Herrn, und das Sündopfer ist auch ein wohlgefälliger Geruch für den Herrn.
Epheser 5,2 beschreibt Jesus als wohlriechendes Schlachtopfer und möchte sagen: Das, was Jesus im Passalam ist, ist nicht das einzige. Es geht auch noch weiter. Das, was du im Alten Testament an den ganzen Opferordnungen siehst, die ganzen einzelnen Opfer, all das, was wir dort sehen, ist in Jesus erfüllt worden.
Das, was diese Opfer bewirkt haben, kannst du ohne weiteres eins zu eins übertragen zu dem, was Jesus am Kreuz erwirkt hat.
In 3. Mose 4,27-31 möchte ich euch kurz zeigen, wie dieses Opfer funktionierte und welche Funktion es jetzt hatte:
"Und wenn jemand vom Volk des Landes aus Versehen sündigt, indem er eines von dem tut, was der Herr zu tun verboten hat, und schuldig wird, und seine Sünde, die er begangen hat, wird ihm zu Bewusstsein gebracht, dann soll er eine Opfergabe bringen, eine weibliche Ziege ohne Fehler für seine Sünde, die er begangen hat.
Und er soll seine Hand auf den Kopf des Sündopfers legen." Eigentlich heißt es "auf den Kopf des Sündopfers stemmen". Es ist nicht einfach so ein Streicheln, sondern da ist Druck hinter.
Und das Sündopfer soll am Ort des Brandopfers geschlachtet werden. Und der Priester nehme mit seinem Finger etwas von seinem Blut und tue es an die Hörner des Brandopferaltars. All sein Blut aber soll er an den Fuß des Altars gießen.
Und all sein Fett soll er abtrennen, ebenso wie das Fett vom Heilsopfer abgetrennt wird. Und der Priester soll es auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen als wohlgefälliger Geruch für den Herrn.
So erwirke der Priester Sühnung für ihn, und es wird ihm vergeben werden."
Das ist die Zielrichtung. So erwirkt der Priester Sühnung für ihn, und es wird ihm vergeben werden.
Was wir hier sehen: Wieder dasselbe, was wir auch mal in Passalam gesehen haben. Anstelle des Sünders stirbt ein Opfer, nicht er. Er legt oder stemmt sich auf dieses Opfer als Zeichen der Identifikation.
Das, was mit dem Tier geschieht, blüht eigentlich mir, und es wird für mich in den Tod geschickt. Leben für Leben, Blut für Blut. Die Schuld wird daraufhin mir vergeben, wenn jemand anderes für diese Schuld stirbt.
Ohne geht es nicht: Vergebung durch Blut. Und durch die Identifikation des Menschen mit dem Opfer erwirkt das stellvertretende Blutvergießen sogenannte Sühne. Hier haben wir diesen Begriff, das alte Wort.
Stellvertretendes Blutvergießen erwirkt Sühne. Was bedeutet das? Die Verantwortung für die Folgen unserer Schuld wird übernommen. Die Verantwortung für die Folgen unserer Schuld wird übernommen von dem, der gerade sühnt.
Und das ist für unsere Sünde die Konsequenz, die Folge, der Lohn ist das Sterben, der Tod. Dabei bleibt Gott seit 1. Mose 3: Wer nicht mit mir wandelt, wird sterben.
Und das ist das, was auch im Neuen Testament gesagt wird: Der Lohn der Sünde ist der Tod. Und deswegen wird das genau hier praktiziert.
Hier stirbt etwas an meiner Stelle, und das Ergebnis ist, dass die Beziehung wiederhergestellt wird. Es wurde Wiedergutmachung geleistet, und am Ende steht eine Versöhnung zwischen den zwei Parteien, möchte ich mal sagen.
Die Schuld wird vergeben und Gottes Zorn wird gestillt und abgewendet. Gottes Zorn wird in diesem Opfer absorbiert und Genüge getan.
Darum sagt Hebräer 9,22: "Ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung." Das ist ein krasses Wort.
Ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung.
Er zeigt uns die Radikalität der Heiligkeit Gottes und die Radikalität auch unserer Schuld. Und der Hebräerbrief konnte das deswegen sagen, weil Gott in 3. Mose 17,11 sagt: "Denn im Blut ist die Lebenskraft." Oder einige Übersetzungen sagen: die Seele, die Lebenskraft.
Deshalb habe ich das Blut dazu bestimmt, dass ihr es am Altar verwendet. Nicht ihr habt euch das ausgedacht, um mich irgendwie gnädig zu stimmen, sondern ich habe diesen Weg geschaffen.
Dort sorgt es für Sühnung, für Wiedergutmachung, für Wiederherstellung zwischen mir und euch, denn das Blut mit seiner Lebenskraft ist es, das für Sühnung sorgen kann.
Also das Sühnopfer ist darum notwendig, um zu unserer Ausgangsfrage zu kommen, weil Gott damit das Problem unserer Entzweihung löst und einen Ausweg aus unserem verdammungswürdigen Zustand schafft.
Das Gericht, das unsere Sünde verdient hätte, hat Gott jetzt – machen wir diesen Bogen – auf Christus gelegt.
Das ist genau das, was die Apostel erklären wollen mit diesen alttestamentlichen Bildern, wo wir uns jetzt nur wirklich so viel mit beschäftigt haben.
Aber das gerechte Gericht über meine Schuld wird auf Christus gelegt, und durch das stellvertretende Sterben Jesu hat Gott die – und das ist wichtig – die sich immer wiederholende und unendliche Opfergeschichte ein für allemal für beendet erklärt.
Das, was wir ja hier gerade gelesen haben, war permanent: täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich. Wir werden uns das nächste Woche noch mal genauer anschauen, also Fortsetzung folgt.
An diesem Punkt aber in Jesus sehen wir, dass das, was die ganze Zeit gemacht wurde, wurde in Jesus ein für allemal beendet und komplett auch erfüllt.
Und darum heißt es in 1. Johannes 4,10: "Hierin ist die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden."
Jetzt haben wir diese ganze Bildlast des Alten Testaments in diesem Begriff als eine Sühnung für unsere Sünden.
Das bedeutet, dass Gott jetzt den Menschen ohne Missfallen ansehen kann, und der Mensch kann ohne Furcht Gott nahen.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dem heiligen Gott zu begegnen, seine Stimme zu erheben und zu ihm zu beten.
Und indem wir Jesus Christus als stellvertretendes Sühneopfer akzeptieren und anbeten, wendet Gott sein ganzes Missfallen über unser Versagen ab auf Jesus Christus, so dass uns vergeben werden kann.
Und wir wissen: In meiner Beziehung zu meinem Gott ist kein Missfallen mir gegenüber, sondern ein liebender Vater, der mich durchaus korrigiert, der auch durchaus aufdeckt, aber es ist keine Beziehung, die von Furcht geprägt ist.
Weil ich jetzt wirklich so kommen kann, wie ich bin. Denn etwas anderes habe ich sowieso nicht zu bieten, und anstatt zu vergehen, nimmt er mich in seine Arme und liebt mich durch und durch, auch mit den ganzen Schwächen, die ich habe.
Aber ich wandle in seinem Licht, wie er im Licht ist, weil das Blut Jesu Christi mich reinigt.
Abschließend möchte ich mit einem Zitat von – ich weiß nicht genau, wie der Name ausgesprochen wird, vielleicht For Sith oder so – schließen. Bewegt man den Glauben von diesem Zentrum fort, hat man den Nagel in den Sarg der Kirche geschlagen. Die Kirche ist dann dem Tod geweiht, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihr Leben aushaucht.
Warum ist das Sühneopfer notwendig? Weil es unser Lebensatem ist und uns überhaupt erst den Zugang zu Gott ermöglicht.
Ich bin mir sicher, dass vieles von dem, was ihr heute gehört habt, euch bereits bekannt war und keine Neuigkeit darstellt. Dennoch glaube ich, dass es für uns wichtig ist, in das Fundament hineinzuschauen und zu erkennen, was Jesus eigentlich getan hat.
Mein lieber Jesus ist nicht einfach nur ein schönes Beispiel. Er ist das geschlachtete Lamm Gottes, das Gott vor Grundlegung der Welt auserwählt hat, um unsere Sünde wegzuschieben. Er entfernt unsere Sünde von uns, wie der Osten vom Westen entfernt ist, und beseitigt sie.
Dadurch können wir voller Freude und Anbetung vor ihm niederfallen – so wie das Volk damals voller Jauchzen vor ihm niederfiel. Nicht voller Ohnmacht und Angst, sondern um sagen zu können: Danke, dass du mich so sehr liebst. Amen.