Die Realität der Christenverfolgung weltweit
Christsein ist gefährlich. Das mag vielen von uns hier im Moment nicht so vorkommen, dass Christsein gefährlich ist. Für viele Menschen auf dieser Welt ist es jedoch die Realität. Für sie kann Christsein wortwörtlich alles kosten: Familie, Freunde, Freiheit, Gesundheit und sogar das Leben.
Nach Angaben des Hilfswerks Open Doors herrscht in 50 Ländern dieser Welt eine starke bis extreme Christenverfolgung. In diesen Ländern werden über 260 Millionen Christen verfolgt, gefoltert, in Gefängnisse gesteckt und umgebracht – allein dafür, dass sie sagen: „Jesus Christus ist mein Herr, dem folge ich nach.“
Manche erinnern sich vielleicht an das furchtbare Propagandavideo des Islamischen Staates, das wir vor fünf Jahren sogar in den Nachrichten gesehen haben. Dort wurden 21 koptische Christen an den Strand in Libyen gebracht von Kämpfern des IS. Die Sonne schien, das Wasser plätscherte, und diese Kämpfer enthaupteten die Christen am Strand, weil sie Jesus Christus nachfolgten. Das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Ich habe in einem Artikel der Tageszeitung Die Welt gelesen, also einer weltlichen Tageszeitung, dass 2019 4.136 Christen ermordet wurden. Das ist die Zahl derer, die gezählt und bestätigt wurden. Es gibt sehr seriöse Schätzungen, dass es jährlich 80 Christen sind, die den Märtyrertod sterben.
Der heutige Predigttext wirft in diesem Zusammenhang eine ganz brennende Frage auf und beantwortet sie auch: Kann Gott es wollen, dass Christen um seines Namens willen, um Jesu Namen willen leiden? Kann Gott das wollen? Oder noch konkreter gefragt: Würde Gott eines seiner Kinder in eine Situation schicken, von der er schon weiß und sogar seinem Kind sagt: „Du, da wirst du Leid erwarten, da wirst du Schmerz erwarten“? Würde Gott so etwas tun?
Wir werden sehen, dass er genau das mit Paulus gemacht hat. Und das war in dieser Zeit unter Christen hoch umstritten. Ja, kann das denn sein, wenn Gott ihm sagt, dass er in Jerusalem Leid erwarten soll, dass er dann trotzdem dorthin geht? Sollte er die Information nicht nutzen und eher dem Leid entfliehen?
Ich möchte uns diesen Text lesen: Apostelgeschichte 21, Verse 1 bis 14.
Als wir uns nun von ihnen losgerissen hatten – das war in Ephesus oder Milet, von den Ältesten in Ephesus – und abgefahren waren, da kamen wir geradewegs nach Kos und am folgenden Tag nach Rhodos und von da nach Patara.
Als wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien fuhr, stiegen wir ein und fuhren ab. Als aber Zypern in Sicht kam, ließen wir es linker Hand liegen und fuhren nach Syrien und kamen in Tyrus an, denn dort sollte das Schiff die Waren ausladen.
Als wir nun die Jünger fanden, blieben wir sieben Tage dort. Sie sagten Paulus durch den Geist, er solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen.
Und es geschah, als wir die Tage zugebracht hatten, da machten wir uns auf und reisten weiter. Sie geleiteten uns alle, mit Frauen und Kindern, bis hinaus vor die Stadt. Wir knieten nieder am Ufer und beteten.
Als wir voneinander Abschied genommen hatten, stiegen wir ins Schiff, jene aber wandten sich wieder heimwärts. Wir beendeten die Seefahrt und kamen von Tyrus nach Ptolemais, begrüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen.
Am nächsten Tag zogen wir weiter und kamen nach Caesarea und gingen in das Haus des Philippus, des Evangelisten, der einer von den sieben war, und blieben bei ihm. Der hatte vier Töchter, die Jungfrauen und Weissagten waren.
Als wir mehrere Tage dableiben, kam ein Prophet mit Namen Agabus aus Judäa herab. Als er zu uns kam, nahm er den Gürtel des Paulus und band sich die Füße und Hände und sprach: „Das sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und überantworten in die Hände der Heiden.“
Als wir das hörten, baten wir und die aus dem Ort, dass er nicht hinauf nach Jerusalem zöge. Paulus aber antwortete: „Was macht ihr, dass ihr weint und bringt mir mein Herz? Denn ich bin bereit, nicht allein mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus.“
Da er sich nicht überreden ließ, schwiegen wir und sprachen: „Der Herrswille geschehe.“
Das ist erst einmal die Geschichte Gottes mit Paulus, die Mission von Paulus. Aber sie stellt auch uns die Frage: Wie gehen wir eigentlich mit Leid um? Wie blicken wir auf Leid? Was hat Gott auch mit Leid vielleicht in deinem und meinem Leben vor?
Es ist ein sehr herausfordernder Text zum Abschluss dieser Predigtserie durch die Apostelgeschichte, und ich möchte nicht leichtfertig über dieses Thema sprechen. Ich habe diese Woche viel darüber nachgedacht, und es ist beschämend, wie wenig ich für Jesus leiden musste, wenn ich überhaupt davon sprechen könnte, dass ich für Jesus leiden musste.
Was habe ich denn verloren? Ich kenne das nicht, was Paulus kennt. Ich kenne auch nicht das, was Christen in anderen Ländern erleben. Ich möchte nicht leichtfertig darüber sprechen, das ist ein sehr ernstes Thema. Aber es ist in mir auch die Sehnsucht gewachsen, so einen Glauben zu haben wie Paulus. So eine Sehnsucht, Jesus nachzufolgen, egal wohin. So eine Sehnsucht, auch so einen Glauben zu haben wie die Christen in anderen Ländern, die verfolgt werden, zu sagen: „Ich folge meinem Herrn, egal wohin.“
Ich möchte darum beten, dass wir alle in dieser Haltung wachsen dürfen, dass dieser Text uns dazu bereit macht, Jesus zu folgen.
Vater, du siehst uns hier, wie wir miteinander sind in diesem Gottesdienst. Du weißt, dass die meisten von uns so wenig kennen, was es heißt, um Jesu Namen willen zu leiden. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir auch Angst und Respekt davor, dass andere das tun, aber wir würden es doch gerne nicht haben. Vater, wir bitten dich, dass du uns durch diesen Text vorbereitest, dass du uns zeigst, worauf es wirklich ankommt im Leben, in dieser Welt. Herr, dass wir dir Vertrauen lernen, egal wohin du uns führst. Stärke uns durch diese Predigt, stärke uns durch dein Wort. Amen.
Paulus wollte an Pfingsten in Jerusalem sein. Das haben wir in den letzten Wochen immer wieder gesehen. Er ist auf dem Weg nach Jerusalem. Wir lesen jetzt, dass er sich in Milet von den Ältesten losgerissen hat. Er hatte ihnen gesagt: „Ihr werdet mich nicht wiedersehen.“ Viele Tränen sind geflossen, und letztendlich mussten sie sich regelrecht losreißen, um weiterzukommen, weil er an Pfingsten in Jerusalem sein wollte.
Auf dem Weg dorthin hat er viele Stationen gemacht. Lukas hat es sehr schnell getaktet: Kos, Rhodos, Patara, Tyrus, Syrien, Ptolemais, Caesarea. Aber die zwei wirklich wichtigen Stationen in diesem Bericht sind zum einen Caesarea und davor Tyrus, wo sie in Gemeinden Christen treffen und wo Paulus zweimal Leid angekündigt wird.
Das sind die ersten beiden Punkte: zwei Leidensankündigungen und zwei Fehlschlüsse, die die Christen dort jeweils aus diesem Leid geschlossen haben. Am Ende, in den Versen 13 und 14, sehen wir die richtige Interpretation dieser Leidensankündigung.
Schauen wir zuerst nach Tyrus, wo das Schiff anhielt, um Waren zu entladen, und wo Paulus und seine Mitarbeiter Christen suchten und wahrscheinlich lehrten und zubereiteten. Lukas möchte vor allem, dass wir eins hören und wissen: Dort sagten die Christen durch den Geist Paulus, er solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen (Vers 4).
Vielleicht hatten die Christen eine Vision, vielleicht haben sie wirklich gesehen, was ihn erwarten würde. Vielleicht hatten einige unabhängig voneinander den starken Eindruck, dass er diesen Weg nicht weitergehen sollte. Wir wissen nicht genau, wie der Geist es ihnen gezeigt hat, aber sie sagten Paulus: „Stopp! Geh den Weg nicht weiter.“ Das zeigt uns, der Heilige Geist nimmt kein gutes Ende für dich an.
Jetzt wird der eine oder andere sagen: „Moment mal, haben wir nicht gelesen, dass Paulus sich im Heiligen Geist vorgenommen hat, nach Jerusalem zu gehen? Hast du nicht letzte Woche gehört, dass er den Ältesten von Ephesus gesagt hat: ‚Durch den Heiligen Geist gebunden fahre ich nach Jerusalem, ich muss da hin‘?“ (Apostelgeschichte 20,22)
Ja, was nun? Gehen oder nicht gehen? Entweder hat sich Gott hier ganz gewaltig widersprochen, oder einer hat ihn falsch verstanden. Dass Gott sich widerspricht, glauben wir wohl alle nicht. Niemals widerspricht sich Gott. Er spricht klar.
Doch sein Reden können wir Menschen manchmal unterschiedlich verstehen, unterschiedlich interpretieren und nicht ganz klar erfassen, was Gott will. Genau das war hier der Fall.
Wer hat sich geirrt? Wenn wir die ganze Geschichte lesen, sehen wir, dass Paulus vom Heiligen Geist vorbereitet und geschickt wurde nach Jerusalem. Wenn wir die Geschichte weiterlesen, sehen wir, wie Gott diese Mission gebraucht, um sein Reich zu bauen. Da merken wir schnell: Paulus hat sich nicht geirrt.
Es waren die Jünger in Tyrus, die sich geirrt haben. Sie durften etwas Richtiges erkennen: Es wird gefährlich für Paulus in Jerusalem. Das hat ihnen der Geist gezeigt. Aber sie haben das Leid falsch interpretiert. Sie dachten, Gott wolle ihnen sagen, Paulus solle nicht hingehen. Sie wollten ihn beschützen. Das waren keine schlechten Motive. Sie hatten Paulus sehr lieb und wollten ihn davor bewahren, ins Leid zu laufen. Konnte das Gottes Wille sein, dass Paulus leiden muss?
Wir lesen, was Paulus antwortete. Sicherlich hat er ihr Denken korrigiert, ähnlich wie er den Ältesten von Ephesus gesagt hat: „Der Heilige Geist hat mir gezeigt, dass mich Fesseln und Bedrängnisse erwarten. Ihr sagt mir nichts Neues, ich weiß, was da passieren wird. Das bestätigt mir der Heilige Geist. In jeder Stadt, in die ich komme, sagt er mir: Dich erwartet Leid in Jerusalem. Ich weiß das. Aber ich soll diesen Weg gehen. Es ist Gottes Wille, sein Wille geschehe.“
Ganz offensichtlich haben die Christen in Tyrus verstanden, was Paulus gesagt hat. Sie haben ihm nicht in den Weg gestellt, sondern sich hinter seine Mission gestellt. Sie begleiteten ihn vor die Stadt hinaus. Lukas berichtet, dass Frauen und Kinder mitkamen, sie knieten am Ufer nieder und beteten innig für Paulus.
Auch wenn wir heute gemütlich beieinander sitzen und fast keiner von uns kennt, was es heißt, in Bedrängnis zu gehen, können wir dennoch beten für die, die Bedrängnis erleben oder vor sich haben.
Ich habe bei Open Doors von einem vietnamesischen Christen, Bruder Thach, gelesen, der zwei Jahre unschuldig im Gefängnis saß. Er sagte: „Ich habe die Einheit in Christus schätzen gelernt, denn die Beter weltweit haben mich motiviert, weiter zu kämpfen.“
Open Doors berichtet weiter, dass das Erste, worum verfolgte Christen bitten, das Gebet ist. Mehr als alles andere spüren sie unsere Liebe und Unterstützung durch unsere Gebete.
Ist es nicht erstaunlich? Wenn die mit Christen von Open Doors reden, sagen diese nicht: „Schickt uns Diplomaten, schickt Leute, die auf unsere Politiker einwirken, dass die Verfolgung ein Ende hat.“ Oder: „Schickt uns Geld, damit wir fliehen können.“ Sie sagen: „Betet für uns.“
Das ist das Wichtigste, was ihr tun könnt: Betet für uns!
Beschämenderweise bitten sie oft nicht einmal darum, dass die Bedrängnis aufhört oder die Verfolgung schnell endet. Eine Glaubensschwester aus dem Nahen Osten sagt: „Betet nicht dafür, dass die Verfolgung aufhört, betet vielmehr für die Christen, für Mut, Ermutigung für ihren Glauben und dafür, dass sie Zeugen für Gott sein können.“
Es gibt zahlreiche ähnliche Gebetsaufrufe. Wir denken vielleicht: „Das kann doch nicht ernst sein, dass sie uns sagen, betet nicht für ein Ende der Bedrängnis. Betet nicht für ein Ende der Verfolgung. Betet, dass wir stark im Glauben bleiben und Frucht daraus entsteht.“
Die Christen in Tyrus haben bestimmt so für Paulus gebetet, dass er Kraft hat und standhaft diesen Weg geht, den Gott für ihn vorgesehen hat, dass Frucht entsteht und Gott durch ihn wirkt.
Lasst uns diesem Beispiel folgen und mehr für die verfolgten Christen in dieser Welt beten. Wenn du sagst, das ist mir zu weit weg, zu distanziert, gibt es gerade von Open Doors gute Hilfsmittel. Dort kannst du verfolgte Christen kennenlernen, Berichte lesen, erfahren, was sie erleben, wie sie heißen, sodass man mit Namen beten kann, für Städte und Länder ganz konkret, damit Gott das gebraucht und Frucht hervorbringt – Erweckung.
Lesend von einer zweiten Leidensankündigung: Paulus und seine Gruppe reisen weiter nach Caesarea. Dort waren sie bei Philippus, einem Evangelisten, einer von den sieben, der in Apostelgeschichte 6 als Diakon berufen wurde, der in Apostelgeschichte 8 in Samarien evangelisiert hat und dem äthiopischen Kämmerer das Evangelium brachte, der zum Glauben kam.
Der Bericht erwähnt auch, dass Philippus vier Töchter hatte, die weissagten. Viele fragen sich, was das genau bedeutet. Lukas berichtet das vor allem, um zu zeigen: „Ich war da, ich war bei Philippus zu Hause.“ Wenn du damals den Bericht gelesen hast, konntest du nach Caesarea gehen und sagen: „Ich suche Philippus, den mit den vier Töchtern, die weissagen.“
Hier geht Lukas nicht tiefer darauf ein. Wichtiger ist die andere Weissagung, die Prophetie von Agabus, der aus Jerusalem kam und in dieses Haus kam. Es ist eine dramatische Szene, fast wie im Film.
Agabus nimmt den Gürtel von Paulus – das war kein kleiner Ledergürtel, sondern ein großes Tuch, mit dem Paulus sein Gewand zusammenband. Agabus bindet sich damit die Füße und Hände und spricht die Prophezeiung aus (Vers 11):
„Das sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und überantworten in die Hände der Heiden.“
Man kann sich das nicht dramatisch genug vorstellen. Die Leute sehen das und wissen, dass Agabus ein Prophet ist. Agabus hatte zuvor eine Hungersnot vorausgesagt. Er konnte im Namen Gottes Zukunft ankündigen.
Die Menschen erschrecken zutiefst, die Christen und auch Paulus’ Mitarbeiter. Sie sagen: „Geh da nicht hin!“
Sie betteln, bedrängen ihn, weinen viele Tränen und sagen: „Paulus, mach das nicht! Der Heilige Geist will dich warnen. Das ist ein Ausweg. Geh nicht!“
Können wir sie nicht gut verstehen? Wie würdest du reagieren, wenn ein lieber Mensch, dein Sohn, deine Tochter, ein guter Freund dir sagt: „Ich glaube, Gott möchte, dass ich nach Nordkorea gehe, um das Evangelium zu bringen. Ich weiß, dass es gefährlich wird, dass es mit Leiden verbunden sein wird, vielleicht kostet es mich mein Leben, aber ich weiß, Gott will mich dort haben.“
Würde ich sagen: „Ja, geh, mit Gottes Segen, ich kann dich frohen Herzens ziehen lassen?“ Ich hoffe, das könnte ich sagen, aber ich bin mir nicht sicher.
Hast du es dir gut überlegt? Das müssen wir genau prüfen, und im Herzen ist der Wunsch da, dass es doch bitte nicht so sei.
Manchmal stelle ich mir auch selber die Frage: Wäre ich bereit? Man kann das im Studierzimmer überlegen: Wäre ich bereit, nach Nordkorea zu gehen? Wenn nicht, warum nicht?
Das sind Fragen, die ans Herz gehen. Da kommt viel zum Vorschein. Es gibt viele gute Gründe, etwa Sprachbarrieren. Aber Gott zeigt mir auch immer wieder, wie bequem ich bin, dass ich um jeden Preis das Leid gerne fliehen möchte, dass ich mein warmes Bett viel zu sehr mag, die Sicherheit hier, das Gesundheitssystem, dass ich einfach zum Arzt gehen kann – all das liebe ich viel zu sehr.
Wie ist das bei dir? Bist du offen, bereit, für Jesus auch dorthin zu gehen, wo es schwierig wird? Denkst du, das ist etwas für Superchristen wie Paulus, die eine besondere Gabe haben? Und wenn wir ehrlich sind, so ein Superchrist will ich gar nicht sein. Es reicht doch, als Durchschnittschrist in den Himmel zu kommen, dann spare ich mir das ganze Leid.
Gott konnte das von Paulus verlangen. Wenn wir ehrlich sagen: „Jesus Christus ist mein Herr“, dann heißt das, er kann auch mich überall hinschicken, wo er möchte.
Lasst uns beten, dass wir gut unterscheiden lernen, was unser eigener Wunsch ist, so wie die Christen dort, deren Wunsch war, Paulus zu behalten. Das ist absolut nachvollziehbar. Sie dachten: „Mensch, das ist so ein guter Bibellehrer, ein guter Pastor. Es wäre eine Verschwendung, ihn ins Leid zu schicken, am Ende stirbt er und wir haben einen Pastor weniger.“
Aber das war nicht das Reden des Geistes, sondern ihr eigener Wunsch.
Lasst uns beten, dass wir erkennen, was unser eigener Wunsch ist und was Gott von uns möchte.
Denn wir sehen, dass Gott Paulus mit Ansage in die Verfolgung schickt. Er sagt ihm immer wieder: „Du wirst leiden, aber ich will dich dort haben.“
Das wird in den letzten Versen sehr deutlich. Paulus sagt zu ihnen (Vers 13):
„Was macht ihr mir denn das Herz so schwer? Was macht ihr, dass ihr weint? Bringt mir nicht mein Herz!“
Mit anderen Worten: „Macht es mir nicht so schwer. Stellt euch nicht mehr in den Weg meiner Mission. Ich muss gehen. Stellt euch hinter meine Berufung. Vielleicht betet die Christin in Tyrus für mich, stellt euch hinter mich.“
Warum Vers 13? Paulus ist bereit, sich binden zu lassen und sogar zu sterben in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus.
Paulus kennt die Fakten, er weiß, dass großes Leid kommt. Aber er zieht einen ganz anderen Schluss: Gott sagt nicht, dass das Leid kommen wird, damit ich fliehe. Er bereitet mich vor, will, dass ich hingehe, das Evangelium bringe. Paulus ist sich seiner Berufung ganz sicher. Er hat erkannt, dass es eine höhere Priorität gibt als Unversehrtheit, Freiheit, Gesundheit oder sein Leben hier in der Welt. Diese Priorität ist, das Evangelium zu bringen und Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen.
Dafür ging er ins Leid und war darin ein treuer Nachfolger seines Herrn Jesus, der oft seinen Jüngern gesagt hat, dass sie Leid erleben würden.
Lukas berichtet das dreimal: Jesus sagt, er muss sein Leben lassen, er geht ans Kreuz, gibt sein Leben für uns. Er wusste, das ist sein Weg. Er ging nach Jerusalem, wusste, das Leid ist ihm vorherbestimmt, und ging treu diesen Weg. Er duckte sich nicht weg, sondern ging sehenden Auges ins Leid.
Unser Herr Jesus hat das in Kauf genommen: Verfolgung, Gefangenschaft, Bespucken, Spott, Auspeitschen, Dornenkrone, Blut, Kreuzigung. Bevor das passierte, wusste Jesus, dass es ein schwerer, bitterer Weg wird – nicht nur wegen der körperlichen Qualen, sondern vor allem, weil er die Gottesferne und den Zorn Gottes auf sich trägt.
In Gethsemane betet Jesus: „Wenn’s sein kann, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Es ist so schwer, aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.
Zum Segen ist Jesus diesen Weg gegangen, um unsere Schuld am Kreuz zu tragen und uns mit Gott zu versöhnen.
Paulus hat das so zu schätzen gelernt, dass es sein Herz und Leben veränderte. Er sagte: „Der Gott, der sich so vor mich hingibt, der mich so liebt bis zum letzten Blutstropfen, dem will ich nachfolgen. Christus ist mein Leben, egal wo ich bin, ob im Leid oder anderswo. Ich will bei Jesus sein, ihm ganz nah. Und ich weiß, wenn ich ins Leid gehe, bin ich ihm noch näher, erlebe, was er erlebt hat, die Verfolgung, den Hass der Welt. Ich erlebe das mit und bin ihm noch viel näher. Christus ist mein Leben, Sterben mein Gewinn.“
Das macht Paulus den Jüngern deutlich und auch uns. Das soll unser Herz prägen: diese Liebe zu Jesus, dass wir noch mehr erkennen, was er für uns am Kreuz getan hat.
Das trägt auch, wenn Leid und Verfolgung kommen. Ja, machen wir uns nichts vor: In unserem Land ist das im Moment so nicht der Fall. Aber wenn wir in die Geschichte Deutschlands schauen, vor nicht einmal achtzig Jahren wurden Christen der Bekennenden Kirche in KZs getötet, weil sie sagten: „Ich ordne meinen Glauben an Jesus nicht einem Führer unter“ und bezahlten mit ihrem Leben.
Vor nicht einmal vierzig Jahren wurden Christen in der DDR zwar nicht getötet, aber ihnen wurde gesagt: „Dann kannst du nicht aufs Gymnasium, nicht studieren, musst einen einfachen Job machen, wenn Jesus dir wichtiger ist.“ Diese Zeiten können auch hier wiederkommen.
Wir sollten vorbereitet sein und nicht all die Dinge wichtiger nehmen, die zu dieser Welt gehören. Unser Herr Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ Das ist gefährlich. Schafe unter Wölfen haben kein leichtes Leben.
Er sagt: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Das heißt Anfeindung und Schmerz. Man sollte damit rechnen. „Ihr werdet gehasst werden von jedermann um meines Namens willen.“
Über 250 Millionen Christen erleben das jeden Tag: gehasst um Jesu Namen willen. Es gibt keine Garantie, dass es bei uns nicht auch so sein wird. Aber wir haben die Garantie, dass dort, wo wir das erleben, Jesus uns ganz nah ist.
Ich möchte zum Schluss drei Lektionen aus diesem Abschnitt mitgeben, was wir wirklich lernen können von Gottes Weg mit Paulus.
Erstens: Gottes Plan für die Ausbreitung des Evangeliums beinhaltet Leid und Anfechtung. Das haben wir gesehen. Ganz offensichtlich hat Gott Paulus gesagt: „Ich schicke dich ins Leid und in die Bedrängnis, aber es soll etwas Gutes daraus entstehen, Segen.“
Und das ist tatsächlich passiert. Wenn wir die Apostelgeschichte weiterlesen, sehen wir, wie Paulus gerade in Bedrängnis und Gefangenschaft Möglichkeiten hatte, zum Volk und zu mächtigen Männern zu predigen, ihnen Gottes Wort zu sagen. Im Philippabrief lesen wir, wie er in der Gefangenschaft den Soldaten, die ihn bewachten, ein Zeugnis war.
Gott gebraucht das vor allem, weil er der Welt zeigt, wie Jesus selbst ist. Christen sind ein Zeugnis, weil sie unschuldig um Jesu Namen willen leiden. Paulus war ein Bild dessen, was Jesus für uns getan hat.
Es ist eindrücklich, wie ein Asylbewerber bei einer Taufe erzählte, dass er einem anderen, der Christ war, im Heim hart zugesetzt hatte. Der Christ schlug nicht zurück, sondern lud ihn in die Gemeinde ein. Das brachte ihn zum Nachdenken: „Wie kann das sein? Ich schlage den, verfolge ihn, und er liebt mich und lädt mich ein?“
So ist es, wenn Menschen in dieser Welt die Christen hassen. Aber immer wieder öffnet Gott Menschen das Herz, wenn sie sehen, wie Christen unschuldig für ihren Glauben verfolgt werden und zum lebendigen Glauben finden.
Gott gebraucht das als Mittel. Der Theologe John Piper sagt: „Drangsale und Anfechtungen sind nicht nur das Ergebnis missionarischer Fruchtbarkeit, sondern auch das Mittel dazu.“ Deshalb gibt es überall, wo die Gemeinde rasant wächst, auch Verfolgung und harten gesellschaftlichen Druck.
Wie wir damit umgehen, sieht nicht immer so aus wie Paulus. Das möchte ich an dieser Stelle sagen. Wir wissen, dass Paulus manchmal auch floh. Er ist nicht immer den Weg des Leidens gegangen. Das ist sehr individuell. Gott wird uns zeigen, was dran ist: fliehen oder weitergehen. Davon bin ich überzeugt.
Ich habe von John Bunyan gelesen, einem Pfarrer im 17. Jahrhundert, der zwölf Jahre im Gefängnis saß. Man bot ihm an: „Unterschreibe, dass du nicht mehr predigst, dann kommst du frei.“ Er sagte: „Das kann ich nicht. Ich muss predigen, lieber bleibe ich im Gefängnis.“
Aber John Bunyan sagt auch zum Thema Fliehen oder Weitergehen: „Bei dieser Angelegenheit gibt es nur wenige Regeln. Der Mensch kann selbst am besten beurteilen, wie stark er ist und welches Gewicht ein Argument für sein Herz hat, ob er standhält oder flieht. Es gibt keine Regel: Mach es immer wie Paulus. Es kann sein, dass Fliehen dran ist. Verlass dich darauf, dass Gott dir zeigt, was dran ist.“
Zweite Lektion: Um Jesus Christus auch im Leid nachzufolgen, musst du die Verlorenen lieben. Paulus hat die Verlorenen geliebt. Das lesen wir im Römerbrief, wie er über sein eigenes Volk, die Juden, schreibt: „Ich wünschte, ich selbst wäre verflucht und von Christus getrennt, wenn nur mein ganzes Volk gerettet wäre.“ Das ist eine harte Aussage. Das ist Liebe.
Am besten können das diejenigen nachempfinden, die einen lieben Menschen haben, der nicht an Jesus glaubt, und denken: „Was würde ich nicht alles dafür geben, dass er glauben kann!“ Paulus hat sein Volk geliebt, und es war für ihn ein großer Schmerz, dass viele seines Volkes den Messias ablehnten.
Deshalb konnte er nach Jerusalem ziehen, um sein Volk noch einmal zu predigen.
Lass uns beten, dass Gott uns eine brennende Liebe schenkt für die Verlorenen, die das aushält, die Widerstand aushält, die so liebhaben. Es gibt nur einen Weg zu Gott: Glaube an Jesus Christus.
Das fängt nicht in Nordkorea oder Afghanistan an, sondern vor unserer eigenen Haustür. Es gibt Menschen in unserem Umfeld, denen wir das Evangelium nicht sagen, weil wir Angst haben, dass sie uns dann komisch finden oder Nachteile entstehen.
Das ist das erste Trainingsfeld: diese Angst zu überwinden. Aber du musst die Verlorenen lieben, nicht aus frommem Druck, sondern aus Liebe zu unseren Mitmenschen, die ohne Christus verloren sind.
Dritte Lektion, die wichtigste, die eigentlich davor kommt, aber ich stelle sie ans Ende: Um Jesus Christus auch im Leid nachzufolgen, musst du Gott kennen und lieben.
Paulus kannte seinen Gott. Er wusste, wie sehr Gott ihn liebt. Er wusste, dass Gottes Führung vertrauenswürdig ist, in guten Zeiten und auch, wenn Gott ihn ins Leid führt.
Der größte Vertrauensbeweis, den es gibt, ist das Kreuz. Dem Gott kann ich vertrauen.
Wir haben gehört, wie sehr Paulus Gott liebte. Er hatte eine Sehnsucht, zu diesem Gott zu kommen. Er sagte: „Ich weiß gar nicht, was ich lieber hätte: sterben, weil ich dann bei Christus bin, das ist das Beste, was mir passieren kann, herrliche Ewigkeit mit Jesus Christus, oder hierbleiben, um noch mehr Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Das ist ein Win-win.“
Paulus liebte seinen Gott so sehr. Diese Freude auf die Ewigkeit mit Jesus, die Freude an der Beziehung zu Gott, die Liebe zu Gott, hat ihn freigesetzt, mutig zu missionieren.
Der Blick auf Jesus macht auch uns bereit, zu leiden.
Wenn du tiefer verstehst, wie sehr er dich zuerst geliebt hat, wie groß sein Opfer ist, seine Liebe so erstaunlich groß ist, dann trägt das auch, wenn wir als Christen versagen, wenn wir den bequemen Weg gehen, fliehen oder mutlos sind.
Die Gnade gilt immer noch.
Petrus hat das erlebt, als er Jesus verleugnet hat. Er sagt nicht: „Jetzt bist du raus.“ Sondern Gott schenkt ihm den Neuanfang. So geht unser Gott mit uns um.
Petrus ist umgekehrt, hat den Neuanfang gemacht und ist sogar für seinen Gott gestorben.
Ob ich bereit bin, für Jesus Leid und Verfolgung in Kauf zu nehmen, hängt ganz maßgeblich davon ab, wie bewusst ich mir bin, dass er mich liebt, dass er ein wunderbarer Erlöser ist.
Ich möchte beten, dass wir das mehr begreifen, dass es uns tief verändert.
Vater im Himmel, wir danken dir, dass du uns liebst, dass du uns aus dieser Welt herausgerufen hast, dass du uns Glauben an Jesus Christus, unseren wunderbaren Erlöser, geschenkt hast.
Wir danken dir für den Weg, den Jesus gegangen ist.
Jesus, wir danken dir, dass du das Leid gesehen hast und ihm nicht ausgewichen bist, sondern treu bis in den Tod warst.
Du hast es für uns getan, wir danken dir dafür.
Herr, wir beten, dass das uns verändert. Dass du uns die Angst vor den Menschen nimmst, die Angst, was uns in dieser Welt geschehen kann. Dass du uns erlöst aus unserer Bequemlichkeit, die so oft da ist. Dass du uns freisetzt, das Evangelium mutig weiterzusagen, egal was kommt.
Vater, wir danken dir, dass wir hoffen dürfen, dass du uns veränderst.
Wir wollen heute besonders beten für die, die das jetzt in diesen Tagen erleben: in Deutschland, in Asylbewerberheimen, auf der ganzen Welt, die Verfolgung für ihren Glauben erfahren.
Dass daraus Gutes entsteht, dass die Verfolger erkennen, wer du bist und dass aus Verfolgern Nachfolger Christi werden.
Herr, gebrauche diese Verfolgung zu deinem guten Ziel, dass mehr Menschen gerettet werden.
Stärke die Geschwister in ihrer Bedrängnis, lass sie deine Liebe besonders spüren und ziehe es nicht länger, als unbedingt nötig.
Herr, wir beten, dass du unsere Herzen weich machst für die Geschwister in dieser Welt, die das gerade erleben.
Und dass wir auch bereit werden, überall hinzugehen, wo du uns haben willst.
Dein Wille geschehe. Amen.
Der Weg nach Jerusalem und die Leidensankündigungen
Als wir uns nun von ihnen losgerissen hatten – das war in Ephesus oder in Milet, von den Ältesten in Ephesus – und abgefahren waren, kamen wir geradewegs nach Kos. Am folgenden Tag fuhren wir weiter nach Rhodos und von dort nach Patara.
Als wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien fuhr, stiegen wir ein und fuhren ab. Als aber Zypern in Sicht kam, ließen wir es linker Hand liegen und steuerten nach Syrien. Dort kamen wir in Tyrus an, denn das Schiff sollte dort die Waren ausladen.
Als wir die Jünger fanden, blieben wir sieben Tage bei ihnen. Sie sagten Paulus durch den Geist, er solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen. Nachdem wir die Tage verbracht hatten, machten wir uns auf und reisten weiter. Sie begleiteten uns alle – mit Frauen und Kindern – bis hinaus vor die Stadt. Wir knieten nieder am Ufer und beteten.
Nachdem wir voneinander Abschied genommen hatten, stiegen wir ins Schiff, während sie wieder heimwärts gingen. Wir beendeten die Seefahrt und kamen von Tyrus nach Ptolemais. Dort begrüßten wir die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen.
Am nächsten Tag zogen wir weiter und kamen nach Caesarea. Wir gingen in das Haus des Philippus, des Evangelisten, der einer der sieben war, und blieben bei ihm. Philippus hatte vier Töchter, die Jungfrauen und Weissagerinnen waren.
Als wir mehrere Tage dort blieben, kam ein Prophet namens Agabus aus Judäa herab. Als er zu uns kam, nahm er den Gürtel des Paulus, band sich damit die Füße und Hände und sprach: „Das sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und den Heiden überantworten.“
Als wir das hörten, baten wir und die Menschen aus dem Ort Paulus, nicht nach Jerusalem hinaufzuziehen. Paulus aber antwortete: „Was macht ihr, dass ihr weint und mir mein Herz bricht? Denn ich bin bereit, nicht nur gebunden zu werden, sondern auch zu sterben in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus.“
Da er sich nicht überreden ließ, schwiegen wir und sprachen: „Der Wille des Herrn geschehe.“
Die Herausforderung des Leidens und die Haltung des Paulus
Das ist zunächst die Geschichte Gottes mit Paulus, die Mission von Paulus. Gleichzeitig stellt sie auch uns die Frage: Wie gehen wir eigentlich mit Leid um? Wie blicken wir auf Leid? Was hat Gott vielleicht auch mit Leid in deinem und meinem Leben vor?
Es ist ein sehr herausfordernder Text zum Abschluss dieser Predigtserie durch die Apostelgeschichte. Ich möchte nicht leichtfertig über dieses Thema sprechen. Ich habe die Woche viel darüber nachgedacht, und es ist beschämend, wie wenig ich für Jesus leiden musste – wenn ich überhaupt davon sprechen kann, dass ich für Jesus leiden musste.
Was habe ich denn verloren? Ich kenne nicht das, was Paulus kennt. Ich kenne auch nicht das, was Christen in anderen Ländern erleben. Ich möchte nicht leichtfertig darüber sprechen, denn das ist ein sehr ernstes Thema.
Dennoch ist in mir die Sehnsucht gewachsen, einen Glauben zu haben wie Paulus, eine Sehnsucht, Jesus nachzufolgen – egal wohin. Eine Sehnsucht, auch so einen Glauben zu haben wie die Christen in anderen Ländern, die verfolgt werden, und zu sagen: Ich folge meinem Herrn, egal wohin.
Ich möchte darum beten, dass wir alle in dieser Haltung wachsen dürfen. Dass dieser Text uns dazu bereit macht, Jesus zu folgen.
Vater, du siehst uns hier, wie wir so miteinander in diesem Gottesdienst sind. Du weißt, dass die meisten von uns kaum kennen, was es heißt, um Jesu Namen willen zu leiden. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir auch Angst davor, Respekt davor, dass andere das tun. Aber wir würden es doch gerne nicht erleben müssen.
Vater, wir wollen dich bitten, dass du uns durch diesen Text vorbereitest. Zeige uns, worauf es wirklich ankommt im Leben, in dieser Welt. Herr, lass uns lernen, dir zu vertrauen – egal wohin du uns führst. Stärke uns durch diese Predigt, stärke uns durch dein Wort. Amen.
Die Stationen auf Paulus' Weg nach Jerusalem
Paulus wollte an Pfingsten in Jerusalem sein. Das haben wir in den letzten Wochen immer wieder gesehen. Er ist auf dem Weg nach Jerusalem.
Wir lesen jetzt, dass er sich in Milet von den Ältesten von Ephesus losgerissen hat. Dort hatte er ihnen gesagt: „Ihr werdet mich nicht wiedersehen.“ Viele Tränen sind geflossen, und letztendlich mussten sie sich regelrecht losreißen, um weiterzukommen. Paulus wollte an Pfingsten in Jerusalem sein.
Auf dem Weg dorthin machte er viele Stationen. Lukas berichtet davon sehr knapp und schnell getaktet: Es ging über Kos, Rhodos, Patara, Tyros, Syrien, Ptolemais und Caesarea.
Die zwei wirklich wichtigen Stationen in diesem Bericht sind zum einen Caesarea und zum anderen Tyros. Dort besuchten sie Gemeinden, trafen Christen und erhielten jeweils zweimal eine Leidensankündigung.
Diese beiden Leidensankündigungen sind die ersten beiden Punkte. Außerdem gab es jeweils zwei Fehlschlüsse, die die Christen dort aus dem Leid zogen.
Am Ende, in den Versen 13 und 14, sehen wir die richtige Interpretation dieser Leidensankündigung.
Die erste Leidensankündigung in Tyros und ihre Fehlinterpretation
Schauen wir zuerst nach Tyrus, wo das Schiff angehalten hat, um Waren zu entladen. Dort haben Paulus und seine Mitarbeiter gleich wieder die Christen gesucht. Wahrscheinlich hat Paulus sie erneut gelehrt und zugerüstet.
Lukas möchte vor allem, dass wir eines hören und wissen: Dort haben die Christen durch den Geist Paulus gesagt, er solle nicht nach Jerusalem gehen (Apostelgeschichte 21,4). Vielleicht hatten die Christen eine Vision oder sie haben wirklich gesehen, was ihn erwarten würde, was passieren würde. Vielleicht hatten einfach einige unabhängig voneinander den starken Eindruck, dass Paulus nicht dorthin gehen soll.
Wir wissen nicht, wie der Geist das genau gezeigt hat, aber sicher ist: Sie haben gesagt, Paulus, stopp, geh den Weg nicht weiter. Der Heilige Geist zeigt uns hier, dass das kein gutes Ende nehmen wird.
Jetzt wird der eine oder andere sagen: Moment mal, haben wir nicht gelesen, dass Paulus sich im Heiligen Geist vorgenommen hat, nach Jerusalem zu gehen? Hatte er nicht den Auftrag dazu? Haben wir nicht noch letzten Sonntag gehört, dass er den Ältesten von Ephesus gesagt hat: „Durch den Heiligen Geist gebunden fahre ich nach Jerusalem, ich muss da hin“ (Apostelgeschichte 20,22)?
Was nun: gehen oder nicht gehen? Entweder hat sich Gott hier ganz gewaltig widersprochen, oder einer hat ihn falsch verstanden. Dass Gott sich widerspricht, glauben wir wohl alle nicht. Niemals widerspricht sich Gott, er spricht klar. Doch sein Reden können wir Menschen manchmal unterschiedlich verstehen, unterschiedlich interpretieren und nicht ganz klar erfassen, was Gott eigentlich will.
Genau das war hier der Fall. Wer hat sich geirrt? Wenn wir die ganze Geschichte bis hierhin lesen, sehen wir Paulus, der vom Heiligen Geist vorbereitet und nach Jerusalem geschickt wurde. Wenn wir die Geschichte weiterverfolgen und sehen, wie sich immer wieder bestätigt, dass Gott diese Mission gebraucht, um sein Reich zu bauen, merken wir schnell: Paulus hat sich nicht geirrt.
Es waren die Jünger in Tyrus, die sich geirrt haben. Sie durften etwas Richtiges erkennen: Es wird gefährlich für Paulus in Jerusalem, das hat ihnen der Geist gezeigt. Aber sie haben dieses Leid falsch interpretiert. Sie dachten, Gott wolle ihnen damit sagen, Paulus davon abzuhalten, dorthin zu gehen. Sie wollten ihn beschützen. Das waren keine schlechten Motive; sie hatten Paulus sehr lieb und wollten ihn davor bewahren, ins Leid zu laufen. Es konnte doch unmöglich Gottes Wille sein, dass Paulus leiden muss.
Wir lesen nicht, was Paulus ihnen geantwortet hat, aber er wird ganz bestimmt ihr Denken korrigiert haben. Ähnlich wie den Ältesten von Ephesus sagte er wohl: „Der Heilige Geist hat mir gezeigt, dass mich Fesseln und Bedrängnisse erwarten. Das ist nichts Neues für mich. Ich weiß, was passieren wird. Der Heilige Geist bestätigt mir das. In jeder Stadt, in die ich komme, sagt er mir: ‚Dich erwartet Leid in Jerusalem.‘ Ich weiß das. Aber weißt du was? Ich soll diesen Weg gehen. Es ist Gottes Wille. Sein Wille geschehe.“
Ganz offensichtlich haben das die Christen in Tyrus verstanden, was Paulus ihnen genau gesagt hat. Sie haben ihm nicht in den Weg gestellt, sondern sich hinter seine Mission gestellt. Sie sind mit ihm vor die Stadt gezogen. Lukas berichtet, dass Frauen und Kinder alle mitgekommen sind. Sie sind ans Ufer gezogen, haben sich dort niedergekniet und innig für Paulus gebetet.
Und wenn wir heute gemütlich beieinandersitzen und kaum jemand von uns das kennt, vielleicht niemand von uns, was es heißt, in Bedrängnis zu gehen, dann können wir doch beten. Beten für die, die Bedrängnis erleben, beten für die, die das vor sich haben.
Die Kraft des Gebets für Verfolgte Christen
Ich habe bei Open Doors von einem vietnamesischen Christen namens Bruder Thach gelesen, der zwei Jahre unschuldig im Gefängnis saß. Er sagte, dass er die Einheit in Christus schätzen gelernt habe, weil die Beter weltweit ihn motivierten, weiterzukämpfen.
Open Doors berichtet weiter, dass das Erste, worum uns verfolgte Christen bitten, das Gebet ist. Mehr als durch alles andere spüren sie unsere Liebe und Unterstützung durch unsere Gebete. Ist es nicht erstaunlich? Wenn die mit Christen von Open Doors sprechen, sagen sie nicht: „Schickt uns Diplomaten“ oder „Schickt Leute, die auf unsere Politiker einwirken, damit die Verfolgung ein Ende hat“. Sie bitten auch nicht vorrangig um Geld, um fliehen zu können. Stattdessen sagen sie: „Betet für uns!“
Das ist das Wichtigste, was ihr tun könnt: Betet für uns! Beschämenderweise sagen sie oft nicht einmal: „Betet darum, dass diese Bedrängnis ein Ende hat“ oder „Betet darum, dass es ganz schnell aufhört, dass es keine Verfolgung mehr gibt“. Eine Glaubensschwester aus dem Nahen Osten, die ich gelesen habe, sagt: „Betet nicht dafür, dass die Verfolgung aufhört. Betet vielmehr für die Christen, für Mut, Ermutigung für ihren Glauben und dafür, dass sie Zeugen für Gott sein können.“
Es gibt zahlreiche ähnliche Gebetsaufrufe. Anfangs denkt man, das kann doch nicht ernst sein – dass sie uns sagen, betet nicht für ein Ende der Bedrängnis, betet nicht für ein Ende der Verfolgung, sondern betet, dass wir stark im Glauben sind und dass Frucht daraus entsteht.
Christen in Tyrus haben bestimmt so für Paulus gebetet: dass er Kraft hat, dass er standhaft diesen Weg geht, den Gott für ihn vorgesehen hat, dass er Frucht hervorbringt und dass Gott durch ihn wirkt.
Lasst uns diesem Beispiel folgen und mehr für die verfolgten Christen in dieser Welt beten! Wenn du sagst, das ist mir zu weit weg oder zu distanziert, gibt es gerade von Open Doors gute Hilfsmittel. Dort kannst du verfolgte Christen kennenlernen, Berichte lesen, was sie erleben und wie es ihnen geht. Du erfährst sogar ihre Namen, sodass du mit Namen beten kannst. So kannst du ganz konkret für Städte und Länder beten, damit Gott das gebrauchen und Frucht hervorbringen kann – Erweckung.
Die zweite Leidensankündigung in Caesarea
Lesend von einer zweiten Leidensankündigung: Paulus und diese Gruppe reisen weiter nach Caesarea. Dort machten sie Station bei Philippus. Das heißt in diesem Bericht, dass Philippus ein Evangelist war, einer von den Sieben. Er war derjenige, der in Apostelgeschichte 6 als einer der sieben Diakone berufen wurde. Außerdem war er der Evangelist, der in Apostelgeschichte 8 in Samarien das Evangelium verkündete und dann auch dem Kämmerer von Äthiopien das Evangelium brachte, der daraufhin zum Glauben kam.
Philippus hatte vier Töchter, die weissagten. Ich weiß, das finden jetzt viele spannend: Was bedeutet das genau? Das können wir uns in einer Bibelstunde genauer anschauen. Lukas berichtet das vor allem, um uns zu zeigen, dass er selbst dort war, im Haus von Philippus. Wenn man damals den Bericht gelesen hat, konnte man nach Caesarea gehen und sagen: Ich suche den Philippus – ja, welchen Philippus? Den mit den vier Töchtern, die weissagen.
Im Text wird nicht weiter auf diese Weissagung eingegangen. Wichtiger ist die andere Prophetie, nämlich die von Agabus. Er kommt aus Jerusalem in dieses Haus. Es ist eine dramatische Szene, fast wie im Film. Agabus nimmt den Gürtel von Paulus – das war kein kleiner Ledergürtel, sondern ein großes Tuch, mit dem Paulus sein Gewand zusammengebunden hatte. Agabus bindet sich damit die Füße und Hände und spricht die Prophezeiung im Vers 11: „Das sagt der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Heiden übergeben.“
Man kann sich die Dramatik kaum vorstellen. Die Leute sehen das und wissen: Agabus ist ein Prophet. Schon früher in der Apostelgeschichte hat Agabus eine Hungersnot vorausgesagt. Er konnte im Namen Gottes sagen, was in der Zukunft passieren wird. Er zeigt ihnen das an, und die Menschen erschrecken zutiefst – die Christen und auch die Mitarbeiter von Paulus.
Sie bitten ihn inständig, nicht nach Jerusalem zu gehen. Sie betteln, bedrängen ihn, weinen viele Tränen und sagen: „Paulus, mach das nicht!“ Der Heilige Geist hat doch etwas vor, wenn er uns das zeigt. Er will dich warnen. Das ist ein Ausweg, geh nicht!
Wir können sie gut verstehen. Wie würde man reagieren, wenn ein lieber Mensch, dein Sohn, deine Tochter oder ein ganz lieber Freund sagt: „Ich glaube, Gott möchte, dass ich nach Nordkorea gehe, um das Evangelium zu bringen“, oder nach Afghanistan oder Somalia?
Ich frage mich selbst, wie ich reagieren würde, wenn meine Tochter Yael in zwanzig Jahren zu mir käme und sagt: „Papa, ich glaube, Gott will, dass ich nach Afghanistan gehe und den Menschen dort das Evangelium bringe. Ich weiß, es wird gefährlich, es wird mit Leiden verbunden sein, vielleicht kostet es mich mein Leben, aber ich weiß, Gott will mich dort haben.“ Würde ich sagen: „Ja, geh, geh mit Gottes Segen!“? Könnte ich sie frohen Herzens ziehen lassen? Ich bin mir da nicht so sicher.
Hast du dir das gut überlegt? Das müssen wir genau prüfen. Im Herzen wünscht man sich oft, dass es nicht so sein möge. Manchmal frage ich mich auch selbst: Wäre ich denn bereit? Man kann das ja im Studierzimmer überlegen: Wäre ich bereit, nach Nordkorea zu gehen? Wenn nicht, warum nicht? Diese Fragen gehen ans Herz und bringen viel zum Vorschein.
Es gibt viele gute Gründe dagegen, etwa Sprachbarrieren. Aber Gott zeigt mir auch immer wieder, wie bequem ich bin. Ich möchte dem Leid um jeden Preis entfliehen. Ich mag mein warmes Bett viel zu sehr, ich schätze die Sicherheit, die ich hier habe, und das Gesundheitssystem liebe ich, weil ich einfach zum Arzt gehen kann. All das mag ich viel mehr als die Unbequemlichkeit, irgendwo hinzugehen, um Jesu Namen willen.
Wie ist das bei dir? Bist du offen, bereit, für Jesus auch dorthin zu gehen, wo es schwierig wird? Denkst du, das ist nur etwas für Superchristen wie Paulus, die eine besondere Gabe haben? Wenn wir ehrlich sind, so ein Superchrist will ich gar nicht sein. Es reicht doch, als Durchschnittschrist in den Himmel zu kommen, dann spare ich mir das ganze Leid.
Gott konnte das von Paulus verlangen. Wenn wir ehrlich sagen: Jesus Christus ist mein Herr, dann heißt das auch, dass er mich überall hinschicken kann, wo er möchte.
Lasst uns beten, dass wir gut unterscheiden lernen, was unser eigener Wunsch ist – so wie die Christen damals. Ihr eigener Wunsch war es, Paulus zu behalten. Das ist absolut nachvollziehbar. Sie dachten: „Mensch, das ist so ein guter Bibellehrer, so ein guter Pastor. Es wäre eine Verschwendung, ihn ins Leid zu schicken. Am Ende stirbt er dort, und wir haben einen Pastor weniger.“
Aber das war nicht das Reden des Geistes, sondern ihr eigener Wunsch. Lasst uns beten, dass wir erkennen, was unser eigener Wunsch ist und was Gott von uns möchte.
Paulus’ Bereitschaft zum Leiden und sein Vorbild
Wir sehen, dass Gott Paulus mit voller Absicht in die Verfolgung schickt. Es wurde ihm immer wieder gesagt: „Du wirst dort leiden, aber ich will dich da haben.“
In den letzten Versen wird sehr deutlich, dass Paulus dies erkannt hat und danach lebte. Seine Reaktion in Vers 13 zeigt das: Er sagt zu ihnen: „Was macht ihr mir denn das Herz so schwer? Was macht ihr, dass ich weine? Was bringt ihr mir das Herz?“ Mit anderen Worten bittet er: Macht es mir doch nicht so schwer. Stellt euch nicht mehr in den Weg dieser Mission. Ich muss gehen. Stellt euch hinter meine Berufung. Vielleicht betet die Christin in Tyrus für mich, stellt euch hinter mich.
Warum sagt er das in Vers 13? Weil er bereit ist, sich nicht nur binden zu lassen, sondern auch in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus zu sterben. Paulus hatte dieselben Fakten vor Augen. Er wusste, dass großes Leid kommen würde, aber er zog einen ganz anderen Schluss.
Er sagt, Gott sagt uns nicht, dass das Leid kommt, damit ich fliehe. Gott bereitet mich vor und will, dass ich dorthin gehe, um das Evangelium zu bringen. Paulus war sich seiner Berufung ganz sicher. Er hatte erkannt, dass es für ihn eine höhere Priorität gab als Unversehrtheit, Freiheit, Gesundheit oder sogar sein Leben hier auf Erden. Diese Priorität war, das Evangelium zu verkünden, damit Menschen zum Glauben an Jesus Christus finden.
Für dieses Ziel ging er ins Leid. Darin war er ein treuer Nachfolger seines Herrn Jesus. Jesus hatte seinen Jüngern oft gesagt, dass auch er Leid erleben würde. Lukas berichtet davon dreimal, in drei Ankündigungen von Jesus selbst. Jesus sagte: „Ich muss gehen. Ich bin gekommen, um mein Leben zu geben. Ich gehe ans Kreuz. Ich gebe mein Leben für euch.“
Jesus wusste, dass dies sein Weg war. Auch er zog nach Jerusalem, wissend, dass Leid ihm bevorstand. Er ging diesen Weg treu und ohne Ausweichmanöver. Er ging sehenden Auges ins Leid.
Unser Herr Jesus nahm diese Verfolgung in Kauf: Er wurde gefangen genommen, bespuckt, verspottet, ausgepeitscht, mit einer Dornenkrone gekrönt. Sein Blut lief ihm das Gesicht herunter. Man brachte ihn nach Golgatha und schlug ihn ans Kreuz.
Bevor all das geschah, wusste Jesus, dass dies ein sehr schwerer Weg sein würde. Ein bitter schwerer Weg – nicht nur wegen der körperlichen Qualen, sondern vor allem, weil er die Gottesferne und den Zorn Gottes auf sich tragen musste.
In Gethsemane betete der Herr: „Wenn es sein kann, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Es war ein schwerer Weg, aber er fügte sich: „Nicht mein Wille geschehe, sondern dein Wille.“
Zum Segen für uns ist Jesus diesen Weg gegangen, sehenden Auges durch das Leid, um unsere Schuld am Kreuz zu tragen und uns mit Gott zu versöhnen.
Paulus hat dies so sehr zu schätzen gelernt, dass es sein Herz und Leben tief verändert hat. Er sagte: Der Gott, der sich so für mich hingibt und mich bis zum letzten Blutstropfen liebt, dem will ich nachfolgen. Der ist mein Leben.
Er sagt: Christus ist mein Leben, egal wo ich bin. Ob ich ins Leid gehe oder nicht – ich will bei Jesus sein, ihm ganz nah sein. Und ich weiß, wenn ich ins Leid gehe, bin ich ihm noch näher. Ich erlebe das, was er erlebt hat: Verfolgung, den Hass der Welt. Ich erlebe es mit, und so bin ich ihm noch viel näher.
Christus ist mein Leben, Sterben mein Gewinn.
Das macht Paulus den Jüngern dort deutlich, und das soll auch unser Herz prägen: Diese Liebe für Jesus, dass wir noch mehr erkennen, was er für uns am Kreuz getan hat.
Diese Erkenntnis trägt uns auch dann, wenn Leid und Verfolgung kommen.
Die Realität von Verfolgung auch in Deutschland und die Vorbereitung darauf
Denn ja, machen wir uns nichts vor: So ist es im Moment in unserem Land.
Wenn wir jedoch in unserer Geschichte zurückblicken, sehen wir, dass vor nicht einmal achtzig Jahren Christen der Bekennenden Kirche für ihren Glauben in Konzentrationslagern getötet wurden. Sie weigerten sich, ihren Glauben an den Herrn Jesus einem Führer unterzuordnen und bezahlten dafür mit ihrem Leben.
Vor weniger als vierzig Jahren war die Lage in der DDR anders, aber auch dort gab es Einschränkungen für Christen. Zwar wurden sie nicht getötet, doch ich kenne Menschen, denen gesagt wurde: „Dann kannst du eben nicht aufs Gymnasium gehen, dann kannst du nicht studieren, dann musst du einen einfachen Job annehmen.“ Wenn Jesus dir wichtiger ist, dann musst du das akzeptieren.
Solche Zeiten können auch hier wiederkommen, in unserem Land. Darauf sollten wir vorbereitet sein. Wir sollten all die Dinge, die zu dieser Welt gehören, nicht wichtiger nehmen als unseren Herrn Jesus. Er sagt zu seinen Jüngern: „Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ Das ist gefährlich. Schafe unter Wölfen zu sein, bedeutet kein leichtes Leben.
Jesus sagt weiter: „Wer mir nachfolgen möchte, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Das bedeutet Anfeindung und Schmerz. Wer ihm nachfolgt, sollte damit rechnen. Er sagt auch: „Ihr werdet von jedermann um meines Namens willen gehasst werden.“
Über 250 Millionen Christen erleben das jeden Tag – sie werden um Jesu Namen willen gehasst. Es gibt keine Garantie, dass es bei uns nicht auch wieder so sein wird.
Aber wir haben die Garantie, dass dort, wo wir solche Erfahrungen machen, Jesus uns ganz nah ist. Wir sollten darauf vorbereitet sein.
Drei Lektionen aus Paulus' Weg im Leid
Ich möchte zum Schluss noch drei Lektionen aus diesem Abschnitt mitgeben, die wir wirklich aus dem Weg Gottes mit Paulus lernen können.
Gottes Plan für das Evangelium beinhaltet Leid und Anfechtung
Das Erste ist, dass Gottes Plan für die Ausbreitung des Evangeliums Leid und Anfechtung beinhaltet. Das haben wir gesehen, oder? Ganz offensichtlich hat er zumindest Paulus gesagt: „Du, ich schicke dich ins Leid und in die Bedrängnis, aber es soll etwas Gutes daraus entstehen, es soll Segen daraus werden.“
Und genau das ist tatsächlich passiert. Wenn wir die Geschichte weiterlesen, die Apostelgeschichte, sehen wir, wie Paulus gerade in der Bedrängnis, in der Gefangenschaft, noch Möglichkeiten hatte, zum Volk zu predigen. Er konnte einzelnen mächtigen Männern Gottes Wort sagen. Das wurde auch im Philipperbrief gelesen, wie Paulus in der Gefangenschaft den Soldaten, die ihn gefangen hielten und auf ihn aufpassten, im Hausarrest ein Zeugnis sein konnte.
Gott gebraucht das vor allem deshalb, weil er damit der Welt vor Augen stellt, wie Jesus selbst ist. Christen sind ein Zeugnis dafür, weil sie unschuldig um des Namens Jesu willen leiden. Paulus war ein Zeugnis dafür, ein Bild dessen, was Jesus für uns getan hat.
Es ist so eindrücklich, wenn man von einem Asylbewerber hört, der bei einer Taufe erzählt hat, wie er einem anderen, der Christ war, in seinem Heim hart zugesetzt und ihn geschlagen hat. Dieser Christ hat sich nicht gewehrt, sondern ihn in die Gemeinde eingeladen. Das hat den Asylbewerber so zum Nachdenken gebracht, weil er sagte: „Wie kann das sein? Ich schlage ihn, ich verfolge ihn, und er schlägt nicht zurück, sondern liebt mich und lädt mich in die Gemeinde ein.“
So ist das, wenn Menschen in dieser Welt leben. Die Welt hasst die Christen. Aber es wird immer wieder Menschen geben, denen Gottes Herz geöffnet wird, wenn sie sehen, wie Christen unschuldig für ihren Glauben verfolgt werden und so zum lebendigen Glauben finden.
Gott gebraucht das als Mittel. Der Theologe John Piper sagt: Drangsale und Anfechtungen sind nicht nur das Ergebnis missionarischer Fruchtbarkeit, sondern auch das Mittel dazu. Deshalb findest du überall dort, wo die Gemeinde richtig rasant wächst, auch Verfolgung und harten Druck aus der Gesellschaft.
Wie wir dann damit umgehen, sieht nicht immer so aus wie bei Paulus. Das möchte ich an dieser Stelle auch sagen. Wir wissen von Paulus, dass er ab und zu auch geflohen ist. Er ist nicht immer den gleichen Weg gegangen. Das ist sehr individuell, und Gott wird uns zeigen, was dran ist: Fliehen oder den Weg weitergehen – davon bin ich überzeugt.
Ich habe von John Bunyan gelesen, einem Pfarrer im siebzehnten Jahrhundert, der zwölf Jahre lang im Gefängnis saß. Man sagte ihm: „Du musst einfach nur hier unterschreiben, dass du nicht mehr predigst, dann kommst du frei.“ Eine kleine Unterschrift: „Ich predige nicht mehr“, und dann kannst du das Gefängnis verlassen.
Doch er sagte: „Das kann ich nicht, ich muss predigen, lieber bleibe ich im Gefängnis.“
Aber derselbe John Bunyan sagt auch zum Thema Fliehen oder Weitergehen ins Leid: Bei dieser Angelegenheit gibt es nur wenige Regeln. Der Mensch kann selbst am besten beurteilen, wie stark er im Augenblick ist und welches Gewicht dieses oder jenes Argument für sein Herz hat – ob er standhält oder flieht. Es gibt keine Regel „Mach’s immer wie Paulus“. Es kann sein, dass Fliehen dran ist.
Verlass dich darauf: Wenn Gott dich in so eine Situation bringt, wird er dir zeigen, was dran ist.
Die Liebe zu den Verlorenen als Motivation zum Nachfolgen
Zweite Lektion: Um Jesus Christus auch im Leid nachzufolgen, musst du die Verlorenen lieben.
Paulus hat die Verlorenen geliebt – und zwar so sehr. Das lesen wir im Römerbrief, wenn er über sein eigenes Volk, die Juden, schreibt. Er sagt: „Ich selbst wünsche, verflucht und von Christus getrennt zu sein für meine Brüder.“ Das ist eine harte Aussage, oder? Aber genau das ist Liebe. Paulus wünscht sich selbst den Fluch Jesu, wenn nur sein ganzes Volk gerettet werden könnte.
Diese Liebe können besonders diejenigen nachempfinden, die einen geliebten Menschen haben, der nicht an Jesus glaubt. Sie sagen: „Ach, was würde ich alles dafür geben, wenn er doch glauben könnte!“ Paulus hat sein Volk geliebt, und es war für ihn ein großer Schmerz, dass viele aus seinem Volk den Messias abgelehnt haben.
Deshalb zog Paulus nach Jerusalem, um seinem Volk noch einmal das Evangelium zu predigen. Er wollte sie erreichen, weil seine Liebe zu ihnen so groß war.
Ich stehe zu dieser Liebe zu den Verlorenen. Lass uns beten, dass Gott uns eine brennende Liebe schenkt, die auch Widerstand aushält. Eine Liebe, die so stark ist, weil es nur einen Weg zu Gott gibt: den Glauben an Jesus Christus.
Diese Liebe beginnt nicht in Nordkorea oder Afghanistan, sondern vor unserer eigenen Haustür. Vielleicht gibt es Menschen in unserem Umfeld, denen wir das Evangelium noch nicht gesagt haben, weil wir Angst haben, dass sie uns dann komisch finden oder wir Nachteile erleiden.
Das ist das erste Trainingsfeld: die Angst zu überwinden. Aber du musst die Verlorenen lieben – nicht aus frommem Druck, sondern aus echter Liebe zu unseren Mitmenschen, die ohne Christus verloren sind.
Gott kennen und lieben als Grundlage für Nachfolge im Leid
Und dann das Dritte, das ist das Wichtigste. Eigentlich kommt es sogar davor, aber ich möchte es ans Ende stellen, damit wir mit diesem Gedanken herausgehen: Um Jesus Christus auch im Leid nachzufolgen, musst du Gott kennen und Gott lieben. Das ist noch wichtiger.
Paulus kannte seinen Gott. Er wusste, wie sehr Gott ihn liebt. Er wusste: Gottes Führung kann ich vertrauen – in den guten Zeiten, aber auch, wenn er mich ins Leid führt. Dem Gott kann ich vertrauen, der den größten Vertrauensbeweis gegeben hat, den es gibt, am Kreuz. Dem Gott kann ich vertrauen.
Auch das haben wir vorher gehört: wie sehr er ihn geliebt hat. Paulus hatte eine Sehnsucht, zu diesem Gott zu kommen. Er sagte: „Ich weiß gar nicht, was ich lieber hätte – sterben, weil ich dann bei Christus bin.“ Es ist das Beste, was dir passieren kann: eine herrliche Ewigkeit mit Jesus Christus. Oder noch hierbleiben, dann kann ich noch mehr Menschen mit dem Evangelium erreichen. Das ist ein Win-win.
Ich habe meinen Gott so lieb. Diese Freude auf die Ewigkeit mit Jesus, diese Freude an der Beziehung zu Gott, diese Liebe zu Gott – sie hat Paulus freigesetzt, mutig zu missionieren. Und der Blick auf Jesus macht auch uns bereit, zu leiden.
Wenn du immer tiefer verstehst, wie sehr er dich zuerst geliebt hat, wie viel Hingabe sein Opfer war, dann trägt diese erstaunlich große Liebe auch dann, wenn wir versagen. Auch jetzt noch als Christen, wenn wir den bequemen Weg gegangen sind, wenn wir geflohen sind oder mutlos waren, gilt die Gnade immer noch.
Petrus hat das zum Beispiel erlebt, als er seinen Herrn verleugnet hat. Gott sagt nicht: „Jetzt bist du raus.“ Stattdessen schenkt er ihm den Neuanfang. So geht unser Gott mit uns um. Aber Petrus ist umgekehrt. Er hat den Neuanfang gemacht und ist tatsächlich sogar für seinen Gott in den Tod gegangen.
Ob ich bereit bin, für Jesus Leid und Verfolgung in Kauf zu nehmen, hängt ganz maßgeblich davon ab, wie bewusst mir ist, dass er mich liebt, dass er ein wunderbarer Erlöser ist. Ich möchte darum beten, dass wir das mehr begreifen, dass es uns wirklich tief verändert.
Schlussgebet und Bitte um Stärkung
Vater im Himmel, wir wollen dir danken, dass du uns liebst, dass du uns aus dieser Welt herausgerufen hast und uns den Glauben an Jesus Christus, unseren wunderbaren Erlöser, geschenkt hast.
Wir danken dir für den Weg, den er gegangen ist. Jesus, wir wollen dir danken, dass du das Leid gesehen hast und ihm nicht ausgewichen bist, sondern treu bis in den Tod geblieben bist. Du hast es für uns getan, und wir danken dir dafür.
Wir wollen beten, Herr, dass das uns verändert. Dass du uns die Angst vor den Menschen nimmst, dass du uns die Angst nimmst, was uns in dieser Welt geschehen kann. Dass du uns auch erlöst aus unserer Bequemlichkeit, die ja noch so oft da ist, und dass du uns freisetzt, das Evangelium mutig weiterzusagen – egal, was kommt.
Vater, wir danken dir, dass wir darauf hoffen dürfen, dass du uns veränderst. Wir wollen heute auch ganz besonders beten für die, die das jetzt in diesen Tagen erleben – in Deutschland, in Asylbewerberheimen und auf der ganzen Welt – die Verfolgung für ihren Glauben erfahren.
Wir beten, dass daraus Gutes entsteht, dass die Verfolger erkennen, wer du bist, und dass aus Verfolgern Nachfolger Christi werden. Herr, gebrauche diese Verfolgung zu deinem guten Ziel, dass mehr Menschen gerettet werden. Stärke die Geschwister in ihrer Bedrängnis, lass sie deine Liebe besonders spüren und zieh die Verfolgung nicht länger, als unbedingt nötig ist.
Herr, wir beten, dass du unsere Herzen weich machst für die Geschwister in dieser Welt, die das gerade erleben, und dass wir auch bereit werden, überall hinzugehen, wo du uns haben willst. Dein Wille geschehe. Amen.