Einführung in die messianischen Verse von Psalm 118
Wir befinden uns bei den messianischen Psalmen, genauer gesagt in Psalm 118. Nun kommen wir zu den eigentlichen messianischen Versen. Wir lesen ab Vers 22 bis zum Schluss, also Psalm 118,22–29.
Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist dies geschehen; es ist ein Wunder vor unseren Augen.
Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat. Seien wir fröhlich und freuen wir uns in ihm.
Ach Herr, hilf doch! Ach Herr, gib doch Gelingen! Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Vom Haus des Herrn aus haben wir euch gesegnet.
Der Herr ist Gott, er hat uns Licht gegeben. Bindet das Festopfer mit Seilen an die Hörner des Altars.
Du bist mein Gott, ich will dich preisen; mein Gott, ich will dich erheben. Preis den Herrn, denn er ist gut, ja, seine Gnade währt ewig.
Die Bedeutung des verworfenen Steins im Lukas-Evangelium
Der Vers in diesem Kapitel ist Vers 22. Wir können dazu direkt im Lukas-Evangelium nachschlagen, wo der Herr Jesus diese Stelle gegenüber seinen Gegnern im Tempel zitiert hat.
Um den Zusammenhang besser zu verstehen, sehen wir uns Lukas 19 an. In Kapitel 19, Vers 47 geht es um die letzte Woche vor der Kreuzigung. Dort lesen wir: „Und er lehrte täglich im Tempel; die Hohenpriester aber und die Schriftgelehrten und die Führer des Volkes suchten ihn umzubringen.“ Diese Stelle beschreibt die Spannung in der letzten Woche vor Jesu Tod.
Schauen wir nun noch in Kapitel 20, Vers 1: „Und es geschah an einem der Tage, als er das Volk im Tempel lehrte und die gute Botschaft verkündigte, da traten die Hohenpriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten herbei und sprachen zu ihm: ‚Sage uns, in welcher Vollmacht tust du diese Dinge?‘“
Diese Szene können wir zeitlich auf den Dienstag vor Karfreitag legen. Wenn wir das Markus-Evangelium hinzunehmen, lässt sich der Ablauf der letzten Woche noch genauer festlegen. Besonders im Markus-Evangelium wird Wert auf die genauen zeitlichen Verhältnisse gelegt. Im Matthäusevangelium ist nicht immer klar erkennbar, wann ein neuer Tag beginnt, obwohl dieselben Ereignisse erzählt werden.
Vergleicht man die synoptischen Evangelien – also Matthäus, Markus und Lukas – wird deutlich, dass dieser Tag der Dienstag vor Karfreitag war. Es war der Tag mit den meisten Auseinandersetzungen. Der Herr wurde an diesem Tag mit verschiedenen Gruppen des Judentums konfrontiert, insbesondere, wie wir gerade gelesen haben, mit der Führungsschicht des Volkes.
Das Gleichnis vom verworfenen Stein und seine dramatische Bedeutung
In den weiteren Versen spricht der Herr mit ihnen. Nun möchte ich ab Vers 17 herausgreifen.
Lukas 20,17: „Er aber blickte sie an und sprach: Was bedeutet denn das, was geschrieben steht? Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Jeder, der auf diesen Stein fällt, wird zerschmettert werden; auf wen er aber fällt, den wird er zermahnen.“
Da suchten die obersten Priester und die Schriftgelehrten, Hand an ihn zu legen. Doch in derselben Stunde fürchteten sie die Folge, denn sie erkannten, dass er dieses Gleichnis im Blick auf sie gesagt hatte.
In dem Gleichnis geht es um den Herrn des Weinbergs, der schließlich seinen Sohn, seinen geliebten Sohn, schickt. Die Pächter des Weinbergs bringen diesen Sohn um. Der Herr deutet damit an, was in den nächsten Tagen geschehen wird: Der himmlische Vater hat seinen Sohn gesandt, aber die Pächter, das sind die Führer des Volkes, werden ihn töten.
In diesem Zusammenhang lesen wir in Vers 17 etwas sehr Dramatisches: „Er aber sah sie an und sprach: Was ist denn dies, das geschrieben steht? Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden.“
Der Herr sagt das, nachdem die Führer als Reaktion auf das Gleichnis im Satz davor gesagt hatten: „Das sei ferne.“ Sie glaubten also nicht, dass sie zu einem solchen Mord fähig seien.
Dann schaut der Herr sie an. Dieses Detail ist auffällig: Er blickt ihnen wirklich in die Augen und zitiert diesen Vers aus Psalm 118. Das verleiht der Dramatik noch mehr Gewicht.
Im Aramäischen bezeichnete der Ausdruck „Bauleute“ insbesondere die Lehrer des Gesetzes. Der Zusammenhang zwischen „Bauleute“ und „Lehrer des Gesetzes“ war durch den damaligen Sprachgebrauch direkt gegeben.
Der Herr sagt also: Der Stein, den die Bauleute, also die Lehrer des Gesetzes, verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Die Propheten haben im Alten Testament vorausgesagt, dass der Messias verworfen werden wird – und zwar besonders von den Führern des Volkes.
Die besondere Bedeutung der Psalmen 113–118 im Judentum und im Neuen Testament
Und dann wird das Ganze eigentlich noch dramatischer, wenn wir daran denken: Psalm 118 gehört ja zu einer Serie von Psalmen, die im Judentum eine besondere Bedeutung haben. Und zwar, welche Psalmen? Ja, die Psalmen 113 bis 118.
Diese Psalmenserie nennt man im Judentum das Hallel, also die Hallelpsalmen, die Lobpsalmen, welche immer am Passafest gelesen wurden. Dadurch haben sie eine ganz besondere Bedeutung in Verbindung mit diesem Fest.
Es war zum Beispiel festgelegt, dass der erste Kelch – es gab insgesamt vier Kelche während des Passamals, auch heute noch – vor Psalm 113 getrunken wurde. Danach sang man Psalm 113 und 114. Dann kam der zweite Kelch und die Hauptmahlzeit, also die Zeit, in der man das Passalam aß.
Nach der Hauptmahlzeit kam der dritte Kelch, der „Kelch der Segnung“ genannt wurde, Kos Bracha. Nun, das sagt uns natürlich etwas über das Neue Testament. Wo kommt dieser Ausdruck „Kelch der Segnung“ im Neuen Testament vor? Beim Abendmahl. Dort wird der Ausdruck zwar nicht direkt benutzt, aber in 1. Korinther 10 spricht Paulus über das Abendmahl und den Tisch des Herrn und nennt den Abendmahlskelch genau Kos Bracha, auf Griechisch: „der Kelch der Segnung“.
Können wir kurz aufschlagen in 1. Korinther 10? Jemand liest uns die Verse 16 und 17 vor?
„Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot und ein Leib sind wir, die vielen. Denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot.“
Jawohl, also hat der Herr Jesus diesen dritten Kelch, den Kos Bracha, genommen und dabei das Abendmahl eingesetzt – also nach der Hauptmahlzeit mit dem Passalam. Er hat das Brot der Passamahlzeit genommen, die Matze, und daraus das Brot des Abendmahls gemacht. Dabei erklärte er: „Das ist mein Leib“ und vom Kelch sagte er: „Dies ist mein Blut.“
Nach diesem dritten Kelch wurden dann Psalm 115 bis Psalm 118 gesungen. Und da gibt es noch ein besonderes Detail. Kann uns jemand Psalm 116, Vers 13 vorlesen?
„Den Becher der Rettung will ich nehmen...“
Ausgerechnet in diesem Psalm, der nach dem Abendmahl gesungen wurde, kommt dieser Ausdruck vor. Der Herr Jesus hat diesem dritten Kelch eine ganz besondere Bedeutung gegeben, indem er erklärte, dass dieser Wein von seinem Blut spricht, das zur Erlösung und Errettung vergossen werden wird.
So wurde dann gesungen bis Psalm 118 zum Schluss. Und da kam natürlich wieder dieser Vers vor:
„Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.“
Man muss sich das vorstellen: Auch die führenden Priester, die Schriftgelehrten und alle diese Gegner haben in ihren Privathäusern mit ihren Familien Passa gefeiert. Und da kam wieder dieser Vers vor.
Das war ja schon der Vers, den der Herr an diesem Dienstag zitiert hat und ihnen direkt ins Gesicht sagte: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben.“
Am nächsten Tag geschah dann alles. Bereits an diesem gleichen Abend nach der Feier ging der Herr mit den Jüngern nach Gethsemane. Dann kam das riesige Aufgebot im Vollmondlicht des Passafestes nach Gethsemane, und der Herr wurde verhaftet.
Danach wurde er in den Privathäusern von Kajafas und Annas verhört. Am darauffolgenden Morgen wurde er in der königlichen Säulenhalle offiziell durch Kajaphas zum Tod verurteilt.
Aber die Warnung kam wiederholt: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden.“
Die Einsetzung des Abendmahls und der Lobgesang
Und übrigens, in Matthäus 26 finden wir ein ganz bedeutendes Detail, das dort erwähnt wird. Liest jemand Kapitel 26, Verse 26 bis 30?
„Nachdem er das Brot genommen und gesegnet hatte, brach er es und gab es den Jüngern mit den Worten: Nehmt, esst; das ist mein Leib. Dann nahm er einen Kelch, dankte, gab ihn ihnen und sprach: Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut des Bundes, das für viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird. Ich sage euch aber: Von nun an werde ich nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich es neu mit euch trinken werde.“
Dieses Loblied, das sie sangen, ist Psalm 115 bis 118. Es ist interessant, dass Matthäus das Wort „nachdem sie einen Hymnus gesungen hatten“ verwendet. Das Wort „Hymnus“ im rabbinischen Hebräisch, „Hymno“, wurde speziell zur Bezeichnung dieser Psalmen 113 bis 118 gebraucht.
Man kann also sagen, dass dies bereits nach dem dritten Kelch war, dem Abendmahlskelch. Dann heißt es, dass sie einen Loblied gesungen hatten, womit Psalm 115 bis 118 gemeint ist.
Anschließend gingen sie hinaus. Auch die Jünger hatten nochmals den Vers gehört: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben.“ Ebenso gingen all diejenigen, die den Herrn verhafteten, aus ihren Privathäusern hinaus und hatten zum Schluss diesen Vers gesungen.
Der Eckstein als Fundament des neuen Tempels
Ja, gehen wir zurück zu Psalm 118. Dieser Stein ist der Herr Jesus, verworfen von den Führern des Volkes, aber er soll zu einem Eckstein werden.
Was ist ein Eckstein? In der modernen Architektur kennen wir das kaum noch, aber wie war das in der Antike? Nachdem die Grundmauern ausgerichtet wurden, war der Eckstein der erste Stein, der beim Bau eines Hauses auf das Fundament gelegt wurde. Durch seine Position legte er zwei Mauerrichtungen fest. Alles musste sich nach dem Eckstein ausrichten.
Wenn wir noch eine andere Stelle hinzunehmen, Jesaja 28,16, dann finden wir diesen Eckstein erneut.
Darum so spricht der Herr: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein. Felsenfest gegründet, wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen.
Diese Stelle wurde auch in der rabbinischen Literatur, im Judentum, auf den Messias gedeutet. Dieser Stein hier ist der Messias. Und es wird wieder über ihn als den Eckstein gesprochen, und zwar als den kostbaren Eckstein.
Hier kommt noch ein Detail hinzu: Er wird genannt ein kostbarer Eckstein, aufs Festeste gegründet – oder wörtlich im Hebräischen: gegründetster Gründung, so steht es in der Fußnote der alten Elberfelder Bibel korrekt vermerkt. Das bedeutet, dieser Eckstein ist gleichzeitig auch das Fundament, also aufs Festeste gegründet oder eben wörtlich: gegründet der Gründung. Eckstein und Fundament in einem – das ist ein bisschen seltsam, oder?
Denn in der normalen Architektur der Antike war der Eckstein vom Fundament unterschieden. Er wurde auf das Fundament gelegt. Aber beim Tempel in Jerusalem war das anders. Schon der salomonische Tempel wurde auf einem riesigen Felsen gebaut, der heute im Felsendom in Jerusalem liegt. Das ist die natürliche Bergspitze des Tempelbergs, des Berges Zion oder Moria.
Dort findet man heute noch sichtbar die Spur der Südmauer, denn der Fels ist an dieser Stelle abgeplattet. Das hat man in der Antike so gemacht. Wo man die Mauersteine auflegen wollte, bearbeitete man den Grundfelsen.
Die Breite dieser Fläche beträgt drei Meter fünfzehn, was genau sechs Königsellen entspricht. Die Königselle ist 52 Zentimeter lang, das ist die große Elle; die kleine Elle war 45 Zentimeter. Sechs mal 52,5 Zentimeter ergeben genau diese drei Meter fünfzehn.
Tatsächlich wird in 1. Könige 6,6-8, wo die Beschreibung des Salomonischen Tempels steht, gesagt, dass die Mauern des Allerheiligsten sechs Ellen Durchmesser hatten. Dort sieht man also die Südmauer auf dem Felsen aufgelegt, aber keine weiteren Spuren mehr.
Man muss sich also fragen: Wie verliefen die Mauern? Der Fels hat im Westen eine ganz natürliche scharfe Böschung oder Kante, ebenso im Norden. Wenn man sich auf einem Plan vorstellt, dass die Mauer entlang des Felsens im Süden und dann im Norden verläuft, ergibt das ein Quadrat.
Von Mauer zu Mauer misst dieses Quadrat zwanzig mal zweiundfünfzig Komma fünf Zentimeter, genau. Das entspricht der Ausdehnung der Breite des Allerheiligsten nach 1. Könige 6,6-8. Es war ein Quadrat von zwanzig mal zwanzig Ellen.
So kann man das Quadrat auf dem Felsen vervollständigen. Jetzt wird klar: Dieser Fels ist einerseits das Fundament, denn die Südmauer des Allerheiligsten war auf dem Felsen aufgebaut. Gleichzeitig war dieser Fels auch der Eckstein, denn die West- und die Nordmauer wurden nach der natürlichen Position des Felsens ausgerichtet.
Ausnahmsweise sind hier also Eckstein und Fundament in einem vereint.
Was auch auffällt: Der Verlauf der Mauer entlang der natürlichen Kante des Felsens im Westen ist parallel zur Ostmauer des Tempelplatzes, wo das goldene Tor ist. Das zeigt, dass diese Mauerlinie nach dem Felsen ausgerichtet wurde. Das war der Eckstein, nach dem alles Weitere ausgerichtet werden sollte.
Noch eindrücklicher ist: Wenn man von diesem Felsen, auf dem das Allerheiligste gegründet war, eine Linie im rechten Winkel zur Ostmauer des Tempelplatzes mit dem goldenen Tor zieht, gelangt man auf den höchsten Punkt des Ölbergs.
Dort war der Altar für die rote Kuh. Diese wurde dort geopfert, was das grundlegende Opfer überhaupt war. Ohne dieses Opfer, durch das die Priester gereinigt wurden, hätte man im Tempel keinen Priesterdienst tun können.
Man sieht also einen gigantischen architektonischen und topologischen Plan, wie der Tempelberg mit dem Ölberg verknüpft ist – und das alles ausgehend von diesem Eckstein, der alles festlegt.
Der Messias als Eckstein und Fundament – Verwerfung und Neubeginn
Haben wir also in Jesaja 28 den Herrn Jesus als Eckstein und Fundament? Ja, und es wird tatsächlich auf den Tempelberg angespielt. Dort heißt es: „Siehe, ich gründe einen Stein in Zion.“ Zion ist der Tempelberg. Es ist ein bewährter Stein, ein kostbarer Eckstein, fest gegründet. Wer an ihn glaubt, wird nicht ängstlich eilen.
So konnte man damals im Judentum verstehen, dass Psalm 118 sich ebenfalls auf diesen Stein bezieht. Dort heißt es: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben. Das bedeutet, die führenden Juden werden den Messias verwerfen. Doch dieser verworfene Stein wird der Anfang eines neuen Gebäudes sein, eines neuen Tempels.
Aufgrund von Jesaja 28 wusste man, dass der Messias sowohl das Fundament als auch der Eckstein dieses Gebäudes sein wird. Aber was für ein Gebäude ist gemeint? Es ist kein beliebiges Haus, sondern ein Tempel.
Psalm 118 macht es deutlich: Die führenden Juden werden den Messias verwerfen, aber auf diesem verworfenen Messias wird ein neuer Tempel entstehen.
Der lebendige Stein und geistliches Haus in 1. Petrus 2
Und jetzt schlagen wir mal auf, erst Petrus 2. Dabei müssen wir bedenken, dass Petrus an Juden, genauer an Judenchristen schreibt. Heute würde man sagen, er richtet sich an messianische Juden, also an bekehrte Juden, die an Jesus, den Messias, glauben.
Dass er das tut, sieht man bereits in Kapitel 1, Vers 1: "Petrus, Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge der Zerstreuung in Pontus, Galatien, Kappadokien, Asien und Bithynien." Der Ausdruck "Fremdlinge der Zerstreuung" steht im Griechischen für "Zerstreuung" oder "Diaspora". Das ist der Fachausdruck für Juden, die im Ausland leben – also die Fremdlinge der jüdischen Diaspora, in der heutigen Türkei. An sie richtet er diesen Brief.
Nun liest jemand bitte Kapitel 2, Verse 1 bis 8:
"Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden – legt das ab! Seid wie neugeborene Kinder, begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, damit ihr durch sie wachset zur Rettung. Wenn ihr wirklich geschmeckt habt, dass der Herr gütig ist, so kommt zu ihm als zu einem lebendigen Stein, der von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt und kostbar ist. Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, zu einem geistlichen Haus, zu einem heiligen Priestertum, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus."
Ich unterbreche kurz: Hier wird gesagt, dass die Gläubigen zu diesem gütigen Herrn kommen, und zwar zu ihm als zu einem lebendigen Stein. Dieser Stein wird von Menschen verworfen – das ist eine klare Anspielung auf Psalm 118. Bei Gott aber ist dieser verworfene Stein kostbar. Das ist eine Anspielung auf den kostbaren Eckstein, wie er in Jesaja 28 genannt wird.
Bei Gott ist dieser Stein also kostbar. Nun wird gesagt: Werdet auch ihr, die gläubigen Juden, als lebendige Steine aufgebaut. Jeder Gläubige ist ein lebendiger Stein. Mit der Wiedergeburt wird man ein lebendiger Stein. In 1. Petrus 1, Vers 3 wird ausdrücklich gesagt, dass Petrus an Menschen schreibt, die wiedergeboren sind.
Diese lebendigen Steine kommen zu diesem verworfenen Stein – dem Herrn Jesus, dem kostbaren Eckstein – und werden zu einem geistlichen Haus aufgebaut. Das heißt, sie bilden zusammen den Tempel Gottes.
Gleichzeitig wird gesagt, dass ihr auch ein heiliges Priestertum seid. Ihr bringt geistliche Schlachtopfer dar, die Gott wohlgefällig sind. Das bedeutet, ihr betet Gott an, indem ihr von Jesus Christus, dem Opfer von Golgatha, sprecht. So bringt ihr geistliche Schlachtopfer – nicht wörtliche, sondern geistliche.
Jetzt bitte weiter, Vers 6:
"Denn es ist in der Schrift enthalten: Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden."
Jawohl, das ist ein Zitat aus Jesaja 28.
Weiter:
"Euch nun, die ihr glaubt, bedeutet er Kostbarkeit, für die Ungläubigen aber gilt: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden."
Das ist ein Zitat aus Psalm 118.
Nun werden also beide Stellen kombiniert, genau wie wir es vorhin gemacht haben. Zuerst haben wir Psalm 118 betrachtet, dann Jesaja 28. Petrus verbindet diese beiden Stellen durch den Begriff "Eckstein".
Es wird also gesagt: Für euch gilt, dass Jesus Christus der kostbare Eckstein ist – so wird er in Jesaja 28 genannt. Für die Ungehorsamen, also die Ungläubigen, gilt: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Für sie ist er der Stein, der abgelehnt wird.
Weiter, Vers 8:
"Und ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses, weil sie nicht gehorsam sind."
Sie stoßen sich an dem Wort, oder an dem Stein, zu dem sie bestimmt sind.
Dieses Zitat "Ein Stein des Anstoßes, ein Fels des Ärgernisses" stammt aus Jesaja 8.
Hier wird noch eine dritte Stelle über den Messias als Stein hinzugefügt.
Die Rolle des Messias als Stein des Anstoßes in Jesaja 8
Lassen wir 1. Petrus offen und schlagen dazu Jesaja 8 auf. So lernt man beim Lesen des Neuen Testaments, wie man mit dem Alten Testament umgehen muss. Man lernt, wie man die verschiedenen Stellen, die vom Messias sprechen, als Stein versteht und wie man sie zueinander in Beziehung setzen muss.
Schlagen wir Jesaja 8 auf und lesen die Verse 13 und 14: „Den Herrn der Heerscharen, den sollt ihr heiligen. Er sei eure Furcht und er sei euer Schrecken.“ Vielleicht nehmen wir noch den Vers davor dazu, wegen der Aktualität der Schweinegrippe: „Ihr sollt nicht alles Verschwörung nennen, was dieses Volk Verschwörung nennt.“ Das, was sie fürchten, sollt ihr nicht fürchten und nicht davor erschrecken.
Die Menschen haben schreckliche Angst vor allen möglichen grausamen Verschwörungstheorien. Uns wird gesagt, wir sollen nicht alles Verschwörung nennen, was andere Verschwörung nennen. Diese Schrecken sollen wir nicht mitmachen, die durch alle möglichen Faktoren und Kreise verbreitet werden. Wir sollen also nicht fürchten, was sie fürchten, und auch nicht davor erschrecken.
Aber jetzt noch einmal Vers 13: „Den Herrn der Heerscharen, den sollt ihr heiligen, er sei eure Furcht.“ Wir sollen gottesfürchtig sein und uns nicht vor allen möglichen Verschwörungstheorien ängstigen.
Weiter heißt es: „Und er wird zum Heiligtum sein und zum Stein des Anstoßes und zum Fels des Strauchelns für die beiden Häuser Israels, zum Klappnetz und zur Falle für die Bewohner Jerusalems.“
Diese Stelle zitiert auch Petrus. Das ist der Messias, der Stein des Anstoßes. Das heißt, die Masse von Israel würde sich über ihn stolpern, über diesen Stein. Ein Stein des Anstoßes, ein Fels, der sie zu Fall bringt.
Der Messias wird weiter noch genannt: ein dritter Name ist Stein des Anstoßes, Fels des Strauchelns, dann Klappnetz oder Schlinge und viertens Falle oder Fallstrick für die Bewohner Jerusalems. Hier wird nochmals betont, dass dieser Stein verworfen wird – nicht nur von den Führern, die die Bauleute von Psalm 118 sind, sondern von den beiden Häusern Israels.
Was sind das erste und das zweite Haus? Juda und die zehn Stämme. Zur Zeit Jesu waren nicht nur die Stämme Juda und Benjamin, also das Haus Juda, im Land. Warum wird hier von „den beiden Häusern Israels“ gesprochen? Die zehn Stämme waren zwar nach Assyrien weggeführt worden, aber noch vorher gab es Überläufer von den zehn Stämmen zu den Südstämmen.
In 2. Chronik 15, zur Zeit von Asa, kamen viele aus dem Nordreich in das Südreich, weil sie sahen, dass der Herr mit dem gläubigen König Asa war. Sogar noch in der Zeit von Hiskia lesen wir, wie viele aus den zehn Stämmen nach Süden kamen. So war es eine Tatsache, dass zur Zeit Jesu alle zwölf Stämme im Land vertreten waren.
Dann wird auch klar, warum die Prophetin Hanna, die auf den Messias wartete, im Tempel betete. Etwa einen Monat nach der Geburt durfte sie den Herrn Jesus sehen, als die Eltern ihn zum Tempel brachten. Aus welchem Stamm war diese Prophetin Hanna? Aus dem Stamm Asser, also vom Haus Israel, von den zehn Stämmen.
Paulus sagt in Apostelgeschichte 26 vor König Agrippa: Unser zwölfstämmiges Volk dient Gott Tag und Nacht, ich will sagen, in seinem Tempel. Jakobus schreibt seinen Brief an die Messiasgläubigen Juden, aber in Kapitel 1, Vers 1 grüßt er „die zwölf Stämme, die in der Diaspora sind“, also in der Zerstreuung. Er schreibt an die zwölf Stämme.
Im Jahr 70 nach Christus wurden die Geschlechtsregisterarchive in Jerusalem verbrannt. Das führte zu einem Problem: Seither können Juden nicht mehr genau nachweisen, aus welchem Stamm sie stammen, weil diese schriftlichen Unterlagen nicht mehr vorhanden sind. Ab dieser Zeit kam es zu einer Durchmischung der zwölf Stämme untereinander.
Dennoch haben über die Generationen hinweg gewisse Familien eine klare Tradition festgehalten und mündlich weitergegeben. So gibt es heute noch Juden, die wissen, dass sie aus dem Haus Davids stammen, oder noch viel mehr, die wissen, dass sie Nachkommen Aarons sind.
Das hat sich auch in den Familiennamen erhalten. Diejenigen, die Kohen heißen – das heißt „Priester“ auf Hebräisch – stammen aus dieser Linie, aus dem Stamm Levi, genauer aus dem Haus Aarons.
Mit den Fortschritten in der Populationsgenetik hat man sogar typische Marker auf der DNS gefunden, im Y-Genabschnitt. Diese Marker haben keine Auswirkung auf die Vererbung von Eigenschaften, denn es handelt sich um nicht-kodierende DNS, also Abschnitte, in denen keine Proteine gebildet werden. Dennoch sind diese Abschnitte ganz markant für Leute, die Kohen heißen.
So kann man sogar über den Nachweis der Erbinformation zeigen: Das ist ein Kohen, und alle gehen zurück auf einen Urvater, den man auf etwa hundert Generationen zurückschätzt. Das stimmt genau mit der biblischen Chronologie überein und bringt uns in die Zeit von Aaron und Mose.
Das sind plötzlich ganz neue Hinweise aus einem Gebiet, das man früher nicht untersucht hat. Man hätte sich das gar nicht träumen lassen. Plötzlich kann man sagen: Seht ihr, die Bibel ist kein Märchenbuch. All das mit Aaron und Mose sind wirklich historische Personen, genau vor hundert Generationen, so wie die Bibel es uns zeigt.
Allerdings hat es ansonsten eine Durchmischung gegeben, und man kann die Stämme nicht mehr im Einzelnen genau nachweisen. Tatsache ist aber, dass wir davon ausgehen, dass beide Häuser Israels im Land waren. So hat die Masse der Israeliten im Land den Messias verworfen. Er ist ihnen zum Stein des Anstoßes, zum Fels des Strauchelns, zur Schlinge und zum Fallstrick geworden.
Dann lesen wir gleich weiter, Jesaja 8, Vers 15: „Und viele unter ihnen werden stürzen, werden fallen und zerbrechen, verstrickt und gefangen werden.“
Wann hat sich das erfüllt? Im Jahr 70, mit dem Untergang Jerusalems. Das bezeugen auch die Augenzeugenberichte von Josephus Flavius. Über eine Million Juden kamen in diesem grausamen Krieg von 140 Tagen um. Dabei wurde auch der Tempel zerstört. Und...
Die Versiegelung des Gesetzes und die Gottesfinsternis
Bevor wir weitermachen, noch ein Detail: Wir haben in Vers 14 vier Namen für den Messias gefunden, nicht wahr? „Stein des Anstoßes“, „Fels des Strauchens“, „Schlinge“ und „Fallstrick“. Aber es gibt noch einen fünften Namen.
Wie? Für die Bewohner Jerusalems wird er eine Schlinge sein. Und in Jerusalem wurde er ja besonders verworfen. Er wird auch zum Tempel sein. Jetzt verstehen wir, warum der Herr Jesus im Tempel in Johannes 2 den führenden Juden gesagt hat: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“ Sie antworteten: „An diesem Tempel wird seit 46 Jahren gebaut, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“ Johannes erklärt uns dann, dass Jesus vom Tempel seines Leibes sprach und damit auf seine Auferstehung hinwies.
Hier wird deutlich, dass alttestamentlich schon erklärt wird, dass der Messias der wahre Tempel Gottes ist. In ihm ist der dreieinige Gott auf besondere Weise gegenwärtig auf dieser Erde. Wir lesen ja in Johannes 1, Vers 14: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ Wörtlich heißt es dort: „Zeltete unter uns.“ Das ist eine Anspielung auf das Zelt der Zusammenkunft, die Stiftshütte, also der Tempel Gottes auf Erden.
In Kolosser 2 wird kurz gesagt, dass die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig in ihm wohnt. Das muss man so verstehen: „Leibhaftig“ heißt, in dem Menschen Jesus wohnt der dreieinige Gott selbst. Kolosser 2,9 sagt: „Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ Das sind Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und „ihr seid vollendet in ihm.“ So ist Jesus der Tempel Gottes auf Erden gewesen und wurde verworfen. Aber dieser verworfene Eckstein sollte zum Eckstein werden, aus dem etwas ganz Neues entsteht – ein ganz neuer Tempel, nämlich der Tempel der Gemeinde.
Natürlich schreibt Petrus in 1. Petrus 2 an Juden, und all diese gläubigen Juden bilden zusammen dieses Tempelhaus. Aber das werden wir gleich sehen, wenn wir das mit Epheser 2 kombinieren. Dort erklärt Paulus, dass Menschen aus den nichtjüdischen Völkern, die zum Glauben gekommen sind, zusammen mit den gläubigen Juden diesen neuen Tempel bilden. Das wurde im Alten Testament nicht ausdrücklich gesagt, dass es die Gemeinde geben wird als Vereinigung der gläubigen Heiden und Juden.
Alttestamentlich war jedoch sichtbar, dass die Masse ihn verwerfen würde, aber es einen Überrest aus dem jüdischen Volk geben wird, der an ihn glauben wird. In Verbindung mit diesem Überrest entsteht dann ein neuer Tempel. So wie es in 1. Petrus 2 beschrieben ist: „Ihr seid ein geistliches Haus.“
Gehen wir kurz weiter zu Jesaja 8, denn es ist wichtig, den Zusammenhang mit jedem Vers zu verstehen. Wir haben gesehen, dass Vers 15 sich auf das Jahr 70 bezieht, auf die schreckliche Zerschmetterung und Gefangennahme. Damals wurden 97.000 in die Kriegsgefangenschaft abgeführt.
Vers 16 lautet: „Jawohl, versiegle das Gesetz, versiegle die Tora.“ Wenn die Tora, das hebräische Alte Testament, versiegelt ist, kann man es nicht mehr lesen oder studieren. Mach aus der Bibel ein geschlossenes Buch für sie. Das deutet an, dass die Verblendung und Verfinsterung über Israel kommen sollte wegen der Verwerfung des Messias. Sie würden die Bibel nicht mehr verstehen können. Der Blick auf den Messias, das Zentrum der Bibel, würde ihnen verschlossen bleiben.
Die Tatsache ist, dass es zweitausend Jahre rabbinisches Judentum gibt – und nur eine Kostprobe. In Daniel 9 haben wir in der Vergangenheit genau nachgerechnet, wie die Jahrwochen klar angeben, dass der Messias im Jahr 32 nach Christus als Fürst kommen würde. Das hat sich genau am Palmsonntag erfüllt, als der Herr Jesus auf einem Esel nach Jerusalem einzog.
Bis zum Jahr 32 sollte er als Fürst kommen, aber danach würde er ausgerottet werden und nichts haben. Dann wird das Volk des kommenden Fürsten erscheinen und die Stadt und das Heiligtum zerstören, was dann im Jahr 70 geschah. Alles ist ganz klar. Auch in der rabbinischen Literatur und Kommentaren liest man, dass sich das auf das Jahr 70 bezieht – die Zerstörung von Tempel und Stadt.
Wer ist dann dieser Mann, der im Jahr 32 gekommen ist? Mosche ben Maimon, der größte Rabbiner im Mittelalter, ist heute noch die führende Autorität in vielen Streitfragen des Judentums. Er schrieb im 13. Jahrhundert einen Brief an eine Gemeinde im Jemen, in dem er sagte: Daniel hat uns die Wissenschaft der Zahlen kundgetan, aber sie sind uns verborgen. Es ist so, dass diese Zeiten in Daniel abgelaufen sind und der Messias nicht gekommen ist.
Darum haben die Weisen gesegneten Andenkens – so nennt man die alten Rabbiner, die Chachamim – gesagt, man solle diese Zahlen nicht nachrechnen, weil man sonst dem Einfachen ein Ärgernis bereitet, das sie zu Fall bringt, wenn sie feststellen, dass diese Zeiten vergangen sind und der Messias nicht gekommen ist. Darum hätten sie gebetet, dass diejenigen, die es trotzdem berechnen, deren Gemüt zerspringen und ihre Rechnung zunichte werden soll.
Das ist dramatisch, wenn man sich das so vorstellt. Sie sagen einfach: „Wir verstehen es nicht“, anstatt zu sagen: „Ja, die Zeit ist abgelaufen und der Messias ist gekommen.“ Sie sagen: „Wir verstehen das nicht, und man soll auch nicht nachrechnen.“ Das ist genau die Illustration zu Vers 16: „Binde das Zeugnis zu, versiegle das Gesetz!“ Sie können es nicht sehen, das Licht ist ihnen genommen.
Dann heißt es aber: „Unter meinen Jüngern.“ Wie steht das in anderen Übersetzungen? „Ja, oder in meinen Jüngern.“ Das heißt also, nur die Jünger des Messias können die Bibel richtig verstehen. Das ist wunderbar. Für die Masse, die den Messias verworfen hat, wird die Bibel ein geschlossenes Buch. Aber der Überrest, der ihn angenommen hat, kann verstehen.
Der nächste Vers, 17 und 18: „Und ich will auf den Herrn harren, der sein Angesicht vor dem Hause Jakob verbirgt, und will auf ihn hoffen. Siehe, ich und die Kinder, die der Herr mir gegeben hat, sind zu Zeichen und Wundern in Israel geworden vom Herrn, dem Herrscher der Heerscharen, der auf dem Berg Zion wohnt.“
Wer sind diese Kinder? Wir müssen einfach das Neue Testament aufschlagen, Hebräer 2. Liest jemand Vers 11? „Denn sowohl der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, sind alle von einem.“ Also der, welcher heiligt, ist der Herr Jesus, der Messias. Die, welche geheiligt werden, sind diejenigen, die durch ihn errettet werden. Sie alle stammen von einem, nämlich vom Plan Gottes, vom Vater.
Weiter: Der Messias nennt diejenigen, die er errettet hat, Brüder. Das wird belegt durch Psalm 22, in dem er spricht. Das ist ein Zitat aus Psalm 22, Vers 23. Das hat sich erfüllt, als der Herr Jesus nach der Auferstehung Maria begegnete und sagte: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sag ihnen, ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott, zu meinem Vater und zu eurem Vater.“ So sagt er: „Ich will deinen Namen, deinen Vaternamen, kundtun meinen Brüdern.“ Von nun an will er in den Gemeindezusammenkünften Lob singen. Das heißt, der Herr Jesus will durch die Gläubigen in den Gemeindezusammenkünften das Anbetungslob in den Herzen auslösen.
Das ist wiederum ein Zitat aus Jesaja 8,17: „Und ich will auf den Herrn harren, der sein Angesicht verbirgt vor dem Hause Jakob, und ich will auf ihn hoffen.“ Das ist das Zitat von hier. Gott wird sein Angesicht vor Israel verhüllen. Das ist ein interessanter Ausdruck. In der jüdischen Religionsphilosophie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Begriff „Gottesfinsternis“ geprägt.
Wer weiß, wer das war? Martin Buber. Er hat die Martin-Buber-Übersetzung des Alten Testaments ins Deutsche gemacht, die die hebräische Sprachgewalt nachahmen soll. Buber floh vor den Nazis nach Amerika und hielt dort Vorträge, die er später in einem Büchlein mit dem Titel „Gottesfinsternis“ zusammenfasste.
Dieser eigenartige Ausdruck „Gottesfinsternis“ ist von ihm erfunden worden, angelehnt an „Sonnenfinsternis“. Bei der Sonnenfinsternis ist die Sonne nicht weg, sie ist da, aber verdeckt. Buber sagt, wir erleben eine Gottesfinsternis: Gott existiert. Er sagt das in einem Zeitalter des Atheismus. Gott existiert, aber er ist verborgen.
Das ist genau das, was hier gesagt wird: Gott verbirgt sein Angesicht vor dem Haus Jakob. Doch der Herr Jesus sagt in Verbindung mit den Erlösten: „Ich will auf den Herrn harren, ich will auf ihn hoffen.“
Der nächste Vers in Hebräer 2, Vers 13: „Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen.“ Das ist wieder ein Zitat aus Jesaja 8, Vers 18: „Siehe, ich und die Kinder, die der Herr mir gegeben hat.“ Das ist der Herr Jesus, der spricht, und all die Kinder Gottes sind ein Geschenk des Vaters an ihn. Das entspricht genau Johannes 17, wo der Herr Jesus immer wieder sagt: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast…“ Er nennt sie immer so: „die du mir gegeben hast.“ Siehe: „Ich und die Kinder, die du mir gegeben hast.“ Die Erlösten sind vom Vater dem verworfenen Messias geschenkt.
Dann sagt er: „Wir sind zu Zeichen und zu Wundern in Israel geworden.“ Der Ausdruck „Leot und Lemophet“ kann auch mit „Warnung und Vorbild in Israel“ übersetzt werden. Das heißt, alle diese gläubigen Juden und auch alle gläubigen Nichtjuden, die mit ihnen zusammengefügt sind nach Epheser 2, bilden diesen neuen Tempel. Sie sind ein Phänomen für sich.
Das erlebt man immer wieder: Wie Juden überwältigt sind, wenn sie mit echten bibeltreuen Christen aus Deutschland, der Schweiz oder anderswo in Verbindung kommen und über die Bibel diskutieren. Dann sagt der Jude oft: „Sie kennen die Bibel viel besser als ich.“ Wie ist das möglich, dass Leute, die keine Juden sind, die Bibel besser kennen als Sie? Das erlebt man immer wieder. Das ist etwas Phantastisches – und so muss es sein.
Wir sind zu Zeichen und zu Wundern in Israel.
Gehen wir vielleicht noch einen Vers weiter. Nein, nicht in Hebräer. Dort wird erklärt, wie der Herr Jesus diejenigen, die er als Kinder geschenkt bekommen hat, durch sein Werk am Kreuz errettet hat. Aber jetzt gehen wir nochmals zurück zu Jesaja 8, Vers 19:
„Soll man ein Volk seinen Gott befragen, oder soll man die Toten für die Lebendigen befragen?“ Das ist das Problem: Wenn jemand merkt, die Bibel ist mir verschlossen, Gott spricht nicht durch die Bibel zu mir, dann ist man in der Gefahr, andere Offenbarungsquellen anzuzapfen. Das ist zum Beispiel Spiritismus.
Dann heißt es hier: Wenn sie zu euch sprechen, befragt die Totenbeschwörer und Wahrsager, die da flüstern und murmeln, soll man ihnen antworten? Nein! „Soll nicht ein Volk seinen Gott befragen?“ Wenn ihr in mystischen Quellen sucht – denken wir gerade an die Kabbala –, das ist ein unglaublicher okkulter Sumpf, der sich in den vergangenen zweitausend Jahren im Judentum entwickelt hat.
Man begann, okkulte Quellen anzuzapfen, weil man das Wort Gottes und seine wirkliche Botschaft nicht mehr erfassen konnte. Man versuchte mit Zahlenmystik und Ähnlichem den verborgenen Sinn der Bibel zu erkunden. Das führt bis zur schwarzen Magie bei der Kabbala.
Nur ein Beispiel: Als Ministerpräsident Rabin ermordet wurde, hatte kurz vorher eine Gruppe von Kabbalisten ein Ritual durchgeführt, bei dem sie eine schwarze Kerze in der Nähe seines Palastes ausbliesen – genau wie Voodoo-Zauber. Das wird versteckt unter angeblich frommem Judentum praktiziert.
Spiritismus ist nicht nur Phantasie, sondern dahinter stehen wirkliche Mächte – dämonische Mächte. Gott sagt uns ganz ausdrücklich in 1. Korinther 10: „Ich will nicht, dass ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt.“
Darum sollen wir ihnen sagen: „Soll nicht ein Volk seinen Gott befragen?“ Wenn ihr merkt, dass ihr den verborgenen Sinn nicht mehr erfasst, müsst ihr nicht in okkulten Quellen suchen oder mit Zahlen herummogeln. Man muss zu Gott umkehren.
Soll man für die Lebenden die Toten befragen? Nein!
Vers 20 sagt: Gott gibt nur einen Weg zurück zur Bibel. Das war ja auch das Motto der Reformation. Als man merkte, wie sich die Kirche im Laufe der Jahrhunderte weit von der Bibel entfernt hatte, erkannten die Reformatoren: Es gibt nur einen Weg zur Erneuerung – zurück zur Bibel.
Das ist dieser Aufruf hier: „Zum Gesetz und zum Zeugnis.“ Das ist der Aufruf für das Judentum, das den Messias verworfen hat, wirklich zur Bibel zurückzukehren – nicht zu okkulten Quellen, sondern zur Bibel und zum Zeugnis, das Gott über den Messias in diesem Wort gegeben hat.
Vers 16 sagt: „Binde das Zeugnis zu, versiegle das Gesetz.“ Jesus sagt den Pharisäern in Johannes 5 am Schluss: „Ihr beruft euch auf Mose, ihr beruft euch auf die Schriften und erforscht die Schriften. Sie sind es, die von mir zeugen.“ Ihr müsst zurück zur Schrift und erkennen, dass der Herr Jesus darin bezeugt wird.
Ihr müsst nicht sagen: „Wir verstehen diese Zahlen nicht und darum wollen wir sie nicht nachrechnen.“ Rechnet nach in Daniel und seht: Der Messias ist gekommen.
Es wird erklärt: Wenn sie nicht nach diesem Wort sprechen, zum Gesetz und zum Zeugnis, gibt es für sie keine Morgenröte. Und was geschieht, wenn keine Morgenröte mehr kommt? Dann bleibt man in Dunkelheit, in tiefster Finsternis.
Ich finde es eindrücklich, wie diese Verse einen inneren Zusammenhang haben. Oft kennt man nur Vers 14, „der Stein des Anstoßes“, aber nicht die Fortsetzung. Darum war es mir wichtig, dass wir das genauer angeschaut haben.
Machen wir jetzt eine Pause, und danach kehren wir zurück zu Psalm 118.
Rückkehr zu Psalm 118 und die Bedeutung der Ecksteine
Wir kommen jetzt zurück zu Psalm 118, nach diesem Exkurs über den Stein des Anstoßes in Jesaja 8 und den kostbaren Eckstein in Jesaja 28. Wenn es vier Ecken gibt, müsste es auch vier Ecksteine geben. Ein Eckstein bildet ja bloß eine Gebäudeecke.
Ja, aber eben einfach den ersten Stein, der quasi den ersten Rang unter allen Bausteinen hatte und als Eckstein bezeichnet wird. Natürlich legte eine weitere Ecke weitere Mauerlinien fest, aber dieser zweite Stein hatte schon den zweiten Platz. Das war schon Nummer zwei. Nummer eins ist wirklich der Eckstein.
Also gibt es vier mögliche Ecksteine oder mindestens vier Ecksteine, wobei der erste der wichtigste ist. Genau, genau, der beginnende Eckstein. Das ist genauso wie bei einem weiteren besonderen Stein, dem Schlussstein, der in Sacharja 4 erwähnt wird.
Gut, gehen wir zurück zu Psalm 118. Dort wurde schon in Vers 22 klar, dass mit der Verwerfung des Messias etwas Neues entstehen wird, eben weil er ja zum Eckstein wird – als Verworfener.
Ich habe bereits mit 1. Petrus 2 erklärt, dass diese gläubigen Juden, an die sich Petrus richtet, ein geistliches Haus bilden sollten, in dem sie mit dem Herrn Jesus, dem lebendigen Stein, verbunden sind. Der Herr Jesus selbst hatte dieses neue Gebäude zum ersten Mal angekündigt. Wo? Das erste Mal, wo er in den Evangelien über die Gemeinde spricht. Das kann man sich gut merken: Es gibt nur zwei Stellen in den Evangelien, an denen ausdrücklich über die Gemeinde, die Ekklesia, gesprochen wird – Matthäus 16 und Matthäus 18.
Schlagen wir Matthäus 16 auf. Dort geht es um die Gemeinde weltweit, während Kapitel 18 die Ortsgemeinde behandelt.
Es geht um die Frage, was die Menschen über den Herrn Jesus, den Menschensohn, sagen. Matthäus 16, Vers 13: Die Jünger geben verschiedene irrige Meinungen wieder. Der Herr fragt: Was sagt ihr dazu?
Dann folgt das schöne Bekenntnis von Simon Petrus. Wer liest Vers 16? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon Barjona, denn Fleisch und Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.
Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.
Jawohl, der Herr nennt nun Petrus „Petrus“. Im Griechischen steht da Petros, und das heißt „ein Stein“. Dann sagt der Herr: „Und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“ Was steht da im Grundtext für Felsen? Petra – ein anderes Wort.
Die Bedeutung der griechischen Wörter Petros und Petra überschneidet sich, aber wenn man die Wörter einander gegenüberstellt, zeigt sich der Kontrast: Petros meint den einzelnen Stein, während Petra bis hin zum Felsmassiv bezeichnet.
Nun ist deutlich, dass dieser Fels nicht Petrus ist. Sonst hätte der Herr gesagt: „Auch ich sage dir, dass du Petros bist, und auf diesem Petros will ich meine Gemeinde bauen.“ Das steht aber nicht, sondern auf diese Petra, auf diesen Felsen.
Damit verweist der Herr Jesus auf den Felsen, den Petrus genannt hat mit: „Du bist der Christus“ – hebräisch: der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.
Wir haben gesehen, wie das Alte Testament den Herrn Jesus als Fels des Strauchelns bezeichnet, in Jesaja 8.
Auf diesen Felsen, von dem Petrus das Zeugnis abgelegt hat: „Du bist Christus, der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“, wird der Herr Jesus die Gemeinde bauen.
Das ist nun das neue Gebäude, das entstehen sollte, nachdem die Masse Israels seinen Messias verworfen hatte.
Lassen wir das mal offen und kommen nochmals auf 1. Petrus 2 zurück.
Ja, genau, und das wird alles noch deutlicher, wenn wir nochmals 1. Petrus 2 aufschlagen.
Dort haben wir eben Vers 8 gelesen. Liest das nochmals jemand? „Ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses, da sie nicht gehorsam sind, stoßen sie sich an dem Wort, wozu sie auch bestimmt worden sind.“
Jawohl, das haben wir schon besprochen. Das ist ein Zitat aus Jesaja 8, nicht wahr? Stein des Anstoßes und dann Fels des Ärgernisses.
Jetzt kann man dreimal raten, was im Griechischen für Fels des Ärgernisses steht: Petra.
Petrus benutzt den Ausdruck Petra aus Matthäus 16 ausdrücklich für den Herrn Jesus.
Wie bezeichnet er sich selbst im ersten Wort seines Briefes? Jawohl, im Grundtext beginnt der Brief mit Petros – ein Stein, Apostolos Jesu Christi usw.
Er bezeichnet sich im Brief mit dem ersten Wort als Stein, so wie der Herr Jesus ihn genannt hat: „Du bist Petros.“
Den Herrn Jesus nennt er ausdrücklich mit Petra in 1. Petrus 2, Vers 8.
Da bricht die ganze katholische Kirche zusammen. Ich war im Vatikan und habe gesehen, dass oben in der Kuppel im Dom genau dieser Vers aus Matthäus 16 steht, aber bezogen auf Petrus.
Die ganze Kirche sei also gegründet auf diesen Menschen, Petrus. Aber die wahre Kirche ist gegründet auf den Felsen, dem Sohn des lebendigen Gottes, auf den Herrn Jesus.
Ja, das ist so Munition, die man bereit haben muss, nicht wahr, in bestimmten Momenten.
Der Herr Jesus verheißt, dass er die Gemeinde, die Ekklesia, die er da nennt „meine Gemeinde“, auf den Felsen erbauen wird – eben den, der er selbst ist.
Nun spricht der Herr Jesus da zu seinen Jüngern, die Juden waren.
Aber in Epheser 2 erfahren wir noch mehr.
Die Gemeinde als einheitlicher Tempel aus Juden und Heiden in Epheser 2
Schlagen wir auf Epheser 2 auf. Der Epheserbrief wurde an Christen geschrieben, die aus dem Heidentum kamen – sogar aus tiefstem Okkultismus. Die Artemis der Epheser wurde dort wahnwitzig verehrt. Diese Göttin war so etwas wie eine Gespenstergöttin. Man sagte, die Magie der Artemis sei die stärkste Magie, die es gäbe. Es war also finsterster Okkultismus.
Die Epheser sind aus all dem herausgekommen und haben ihre Zauberbücher verbrannt, wie wir in Apostelgeschichte 19 nachlesen können. Dann sagt der Apostel Paulus in Epheser 2, Vers 13: Nachdem er erklärt hat, dass sie früher ohne den Messias waren, kein Bürgerrecht von Israel besaßen, Fremdlinge waren, ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt, kommt jetzt das „jetzt aber“. Wer liest? „Jetzt aber seid ihr, die ihr einst fern wart, nahegebracht worden durch das Blut des Christus, denn er ist unser Friede.“
Und dann geht es weiter: „Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und die Scheidewand des Zaunes abgebrochen hat.“ Damit meint er, dass er aus den gläubigen Juden und den gläubigen Heiden eines gemacht hat – das ist eben die Gemeinde. Außerdem wird erklärt, dass die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen wurde. Das war diese kleine Mauer mit einem Holzzaun darüber im Tempel zur Zeit Jesu. Mit dieser Abtrennung wurden Heiden von den Juden abgesondert.
Das heißt, Heiden durften in den Tempelvorhof bis zu dieser Abzäunung hineinkommen, aber nur Juden durften weitergehen. Sogar die Todesstrafe war offiziell von den Römern anerkannt für einen Heiden, der diese Abzäunung überschritt. Jetzt sagt Paulus in diesem Brief, Christus habe diese Trennmauer abgebrochen. Damals existierte sie noch, im Jahr 62. Erst acht Jahre später zerstörten die Römer diese Mauer, und sie wurde nie mehr aufgebaut – bis heute gibt es diese Zwischenwand nicht mehr, weil der Tempel ja nie wieder aufgebaut wurde. Wäre das der Fall, würde man die Mauer sicherlich wieder errichten.
Es wird also gesagt, Christus hat die Trennung zwischen Heiden und Juden beendet. Weiter lesen wir ab Vers 17 bis 22: „Die Fernen“, das sind die Heiden, „die Nahen“, das sind die Juden. „Denn durch ihn haben wir beide den Zutritt zum Vater in einem Geist.“ Also „wir beide“ meint wieder Juden und Heiden.
„So seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge ohne Bürgerrecht und Gäste, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, auferbaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, während Jesus Christus selbst der Eckstein ist.“ Indem der ganze Bau zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, „in dem auch ihr mitgeboren werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist.“
Hier wird erklärt, dass der Tempel natürlich nicht nur aus gläubigen Juden besteht, sondern auch aus gläubigen Heiden. Das war ein Geheimnis im Alten Testament, das in Epheser 3 erklärt wird. Es war verborgen in Gott und erst mit dem Kommen des Heiligen Geistes offenbart worden – dieses Geheimnis der Gemeinde. Der Herr Jesus ist der Eckstein, und dieser Tempel ist im Wachstum.
Das bedeutet, jedes Mal, wenn ein Mensch sich bekehrt, wird er als lebendiger Stein diesem Tempel hinzugefügt. Das geschieht so lange, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist – um den Ausdruck aus Römer 11,24-25 zu verwenden. Gott hat eine bestimmte Anzahl von Menschen bestimmt, die zur Gemeinde gehören sollen. Das hängt mit der Auserwählung und Vorbestimmung Gottes zusammen.
Wenn der Letzte eingegangen sein wird – wobei wir natürlich die Zahl nicht kennen – wird die Entrückung der Gemeinde stattfinden. Dann ist gewissermaßen der letzte Stein eingefügt, der Schlussstein, und das Gebäude ist vollendet. Jetzt ist es aber noch im Wachstum. Da wir in der Endzeit leben, sind wir nahe bei dem Punkt, an dem der Schlussstein, entsprechend Sacharja 4, eingefügt wird.
Wichtig für uns ist die Bemerkung in Epheser 2, Vers 20: „Aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten.“ Was bedeutet das? Wir haben gesehen, dass Christus das Fundament ist, die Petra. Warum wird hier dann gesagt, die Apostel und Propheten seien das Fundament?
Der gleiche Paulus, der den Epheserbrief schrieb, sagt doch in 1. Korinther 3,11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Und hier schreibt Paulus: „Aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten.“ Das macht auf jeden Fall die besondere Stellung der Apostel und neutestamentlichen Propheten deutlich. Aber wo liegt der Konflikt? Warum werden sie als Grundlage genannt, wenn doch gesagt wird, dass Christus allein das Fundament ist?
Ich stimme zu, dass Christus das Fundament ist. Dann müssten Apostel und Propheten die nächste Reihe sein, aber sie haben doch missioniert. Richtig, natürlich. Sie waren ganz am Anfang tätig. Doch in 1. Korinther 3,11 steht: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist.“ Und jetzt steht da von dem Grund, aber das ist doch der Heilige Geist. Sie waren vom Heiligen Geist erfüllt und haben dadurch das Wort weitergegeben. Die Propheten waren ebenfalls erfüllt und vom Geist Gottes geleitet und konnten so das Wort weitergeben.
Diese vorderste Bedeutung der Apostel und Propheten zeigt sich darin, dass sie inspiriert waren, nicht nur geleitet durch den Heiligen Geist – das gilt ja für alle wahren Gläubigen nach Römer 8, die durch den Geist Gottes geleitet werden und Söhne Gottes sind. Aber von den Bibelschreibern heißt es in 2. Petrus 1,21, dass sie „getrieben waren vom Heiligen Geist“. Das ist noch viel stärker im Zusammenhang mit der irrtumslosen Verfassung der Heiligen Schrift.
Mein Problem ist mit dem Begriff „Grundlage“. Das klärt sich an der Architektur des Tempels. Der Fels, auf dem das Allerheiligste gebaut war – ich habe bisher immer nur vom Allerheiligsten gesprochen, aber nicht vom übrigen Tempelgebäude. Ich habe gesagt, die Südmauer des Allerheiligsten war auf dem Felsen.
Der Fels selbst ist der höchste Punkt des Berges. In Richtung Westen geht der Fels fast wie eine natürliche Rampe herunter, und dann ist der Fels wieder eben. Der Unterschied zwischen der Ebene des Felsens, also des natürlichen Grundgebirges des Berges Zion, und dem höchsten Punkt beträgt ungefähr drei Meter. Man kann sich das vorstellen: Das Niveau des Allerheiligsten ist drei Meter höher als das übrige Niveau.
Jesus als der Fels ist nicht nur dieser Fels im Allerheiligsten, sondern überhaupt das ganze Grundgebirge des Berges Zion. Im Hebräischen gibt es zwei Wörter für Fels: Zur und Sela. Zur ist der Felsblock, Sela das Felsmassiv. Beide Ausdrücke werden im Alten Testament für Gott verwendet. Es gibt Stellen, an denen er „der Fels“ genannt wird, aber im Hebräischen sieht man den Unterschied zwischen Zur und Sela.
So ist der Herr Jesus sowohl der Zur als auch der Sela. Im Tempel zur Zeit Jesu waren auf dem Niveau unterhalb des Allerheiligsten riesige Bausteine aufgelegt, die das Niveau um drei Meter erhöhten. So war der Fels im Allerheiligsten nur drei Finger breit höher als das Niveau des Heiligen.
Das Allerheiligste lag auf dem Felsen, davor kam das Heilige, das drei Finger breit tiefer lag. Diese Auffüllung von sechs Ellen Höhe symbolisiert die Apostel und Propheten. Sie sind nicht die Felsgrundlage – das ist nur Christus – aber sie sind die erste Steinlage auf dem Felsen. Das wird mit dem Wort „Grundlage“ bezeichnet, Epheser 2,20.
Wir haben hier eine wunderbare Illustration, was das bedeutet: Jesus sagt zu Petrus: „Du bist Petros, nicht Petra.“ Petros ist ein Stein, aber einer der ersten Steine, die aufgelegt wurden, quasi um das Niveau aufzufüllen. Und wir alle sind so irgendwo Mauersteine ziemlich hoch oben, weil wir alle erst im 20. Jahrhundert geboren wurden und uns dann bekehrt haben.
Noch etwas Schönes: Wenn die Apostel und Propheten die Grundlage sind, wird die Grundlage ja nur unten gelegt. Im Hesekiel-Tempel wird ausdrücklich diese Auffüllung erwähnt, auch für den dritten Tempel. Sie wird mit sechs Ellen angegeben und entspricht genau dem Niveauunterschied zwischen dem Felsen und dem Gebirge davor. Von den Maßen her stimmt das absolut mit der Realität überein.
Heute gibt es Leute, die sagen: In der Endzeit gibt es eine neue Geistesausgießung, das Feuer wird kommen – Stichwort Feuerkonferenz – und Gott stellt das Amt der Apostel und Propheten wieder her. So ein Unsinn! Der Heilige Geist ist an Pfingsten ausgegossen worden und ist geblieben.
Wenn man heute um eine neue Geistesausgießung betet, ist das eigentlich eine Beleidigung. Man sagt damit: „Wo ist die Kraft des Heiligen Geistes?“ Dabei ist er da. Man verachtet das Wirken des Heiligen Geistes, und natürlich will das niemand. Aber man muss sich bewusst sein, was man sagt. Vielleicht erschreckt man sich einmal und denkt: „Was habe ich da eigentlich gesagt? Das ist gar nicht richtig.“ Der Heilige Geist ist da.
Wir dürfen nicht um eine neue Geistesausgießung beten, denn er ist ja da. Bei der Entrückung wird der Heilige Geist mit der Gemeinde weggehen. Der Geist und die Braut sagen: „Komm!“ Und Herr Jesus sagt: „Ich komme bald.“ Der Heilige Geist und die Braut werden weggehen, und dann kommt die große Drangsalzeit.
In Joel 3 steht, nachdem in Kapitel 2 die Drangsal beschrieben wird: „Danach werde ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Jünglinge werden weissagen usw.“ Ja, sogar Gericht und das Zurückfallen sind Auswirkungen böser Geister.
Was vom Bild her deutlich wird: Diese Grundlage ist unten und wird nicht nochmals kurz vor dem Schlussstein gelegt. Es gibt keine neuen Apostel und Propheten. Wir brauchen sie nicht. Das Zeugnis der Apostel und Propheten haben wir in der Heiligen Schrift, und darauf baut die Kirche, die wahre Kirche, seit 2000 Jahren.
Judas schreibt im Judasbrief: „Von dem ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben.“ Das ist das Zeugnis der Apostel und neutestamentlichen Propheten in der Bibel. Weil wir vom Eckstein ausgegangen sind, von der Grundlage, vom geistlichen Tempel, war es mir wichtig zu erklären, was die Grundlage der Apostel und Propheten ist.
Das ist diese Steinauffüllung im Heiligen des Tempels, aber eben auf dem wirklichen Fundament, das der Herr Jesus ist.
Fragen zur Identität des Israel Gottes und zum Überrest
Ich habe eine Frage. Sie haben gesagt, dass nun drei eins sind, aber ich habe eine Frage zu Galater 6,16. Nach Paulus gibt es einen Unterschied, wenn er von „Sie“ und vom „Israel Gottes“ spricht. Was ist da genau gemeint?
Das „Israel Gottes“ ist der Überrest aus Israel. Dieser Überrest wird auch in Römer 9 erwähnt. Paulus erklärt, dass Gott zu allen Zeiten einen Überrest hatte, wenn Abfall da war. So war es auch zur Zeit von Elija. Elija meinte, er sei der Einzige, doch Gott sagte, er habe sich siebentausend übergelassen, die dem Baal nicht das Knie beugen.
In Römer 9 heißt es dann, dass es auch heute, in der heutigen Zeit, einen Überrest nach Wahl der Gnade gibt. Alle Juden, die sich in den vergangenen zweitausend Jahren bekehrt haben, gehören zur Gemeinde. In Bezug auf Israel sind sie ein Überrest des Israel Gottes. Als Israel Gottes gilt für sie Jesaja 8, wo wir gelesen haben: „Wir sind zu Zeichen und Wundern in Israel“, gerade in der Zeit, in der Gott sein Angesicht vor Jakob verbirgt.
Aber eben dieses Israel Gottes ist verbunden mit allen wahren Gläubigen aus den Heidenvölkern. Zusammen bilden sie die Gemeinde. Wichtig ist: Vor Gott hat man als Jude keine Vorrangstellung. Darum steht in Galater 3 am Schluss: „Da ist nicht Jude noch Grieche, sondern ihr seid einer in Christus.“
Das sind verschiedene Blickwinkel. Vor Gott gibt es keinen Unterschied, aber trotzdem kann man sagen: Das ist ein bekehrter Jude. Genauso wie dort steht, dass es nicht Mann und Frau gibt, aber trotzdem gibt es einen Unterschied zwischen Mann und Frau. Wir sind nicht vom Gender-Mainstreaming, das ist eine gottlose Bewegung, die die Unterscheidung der Geschlechter aufbrechen, aufweichen und zerstören will.
Nein, die Unterschiede von Mann und Frau haben auch in der Gemeinde nach wie vor ihre volle Bedeutung. Aber vor Gott hat ein Mann keine höhere Stellung in der Erlösung als eine Frau.
Ihn wird gesagt: „Ihr wart einst nicht mein Volk“, weil Hosea zu Israel gesagt hat: „Ihr seid nicht mehr das Volk Gottes“, Lo Ami. Aber sie werden einmal wieder Ami, werden mein Volk. Die bekehrten Juden sind bereits jetzt wieder Gottes Volk. So geht alles schön auf.
Gehen wir zurück zu Psalm 118. Wir sehen, welches Potenzial in einem einzigen Vers steckt. Nun haben wir gesehen, der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Damit ist schließlich der ganze Plan Gottes über die Gemeinde Realität geworden, obwohl es ein Geheimnis im Alten Testament war, dass Juden und Nichtjuden zusammengefügt werden.
Jetzt liest man den nächsten Vers mit ganz anderen Augen. Wer liest? Vers 23: „Vom Herrn ist dies geschehen, es ist ein Wunder vor unseren Augen.“ Jawohl, das ist Gottes Weisheit gewesen, diese Pläne zu gehen. Das erinnert an Römer 11 am Schluss, wo es heißt: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Wege und unausspürbar seine Gerichte!“
Da wird gefragt: „Wer war der Mitberater Gottes?“ Nein, niemand. Es ist von ihm ausgegangen. In unseren Augen ist das alles ganz wunderbar. Er ist gegangen mit der Verwerfung durch Israel, aber Gott hat sie nicht dazu bestimmt. Sie mussten ihn verwerfen, aber Gott wusste, es würde so geschehen. Dann hat er den Plan der Gemeinde realisiert. Wunderbar in unseren Augen.
Dann Vers 24, liest nochmals jemand: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat, seien wir fröhlich und freuen wir uns in ihm.“ Ach Herr, hilf doch, ach Herr, gib doch Gelingen! „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Vom Haus des Herrn aus haben wir euch gesegnet.“
Steht es bei allen so: „Gesegnet, der da kommt!“? „Gepriesen“, jawohl. Ich frage darum, weil „Gesegnet sei, der da kommt“ heißt „Baruch Haba“. Das ist im Hebräischen der normale Ausdruck, um zu sagen: „Willkommen“. Wenn jemand zu Besuch kommt und man öffnet die Tür, sagt man „Baruch Haba“ und lässt den Besucher hereinkommen.
„Gesegnet sei, der da kommt“ hat den Sinn von „Willkommen“. In der Mehrzahl heißt es „Bruchim Habaim“ – „Gesegnet sind die Kommenden“, also „Willkommen“, wenn mehr als einer auf Besuch kommt. So ist dieser Satz eigentlich ein Willkommensgruß, also „Baruch Haba Bischem Adonai“, das heißt „Willkommen, der da erscheint im Namen des Herrn“.
Das hat ja die Volksmenge an Palmsonntag gerufen. Palmsonntag wird in allen vier Evangelien beschrieben. Dieser Tag ist so wichtig, weil es der 173.880. Tag nach dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems von Artaxerxes war. Da haben sich diese neunundsechzig Jahrwochen erfüllt.
Jesus reitet nach Jerusalem ein, und die Volksmenge sagt: „Baruch Haba B’schem Adonai“ – willkommen, der Messias ist willkommen. Er reitet nach Jerusalem hinein, aber beim Hineinreiten weint der Herr Jesus über Jerusalem und sagt: „Hättest du doch an diesem deinem Tag erkannt, was deinem Frieden dient“ (Lukas 19).
Was ist das für „dieser dein Tag“? Das ist der Tag Jerusalems. Der Tag Jerusalems, was ist das? Das ist eben dieser spezielle Tag, an dem der Messias als Fürst kommen sollte. Merken wir uns das, es gibt diesem Tag so ein ganz besonderes Gepräge.
Wir haben diesen Tag, an dem Artaxerxes den Erlass gab, Jerusalem wieder aufzubauen, und genau 173.880 Tage später war der Messias da. Die Volksmenge sagt „Baruch Haba B’schem Adonai“, und da haben sie auch „Hosianna“ gerufen, oder?
Das ist das aus Vers 25. Auf Hebräisch heißt es: „Bitte doch, gib doch Rettung, bitte Herr, rette doch!“ Das ist „Anna Adonai, Hosianna“. Hosianna ist eben die griechische Aussprache von hebräisch „Hosianna“. Das kommt daher, dass es im Griechischen keinen Sch-Laut gibt. Darum musste man, wenn man im Neuen Testament in den Evangelien das hebräische „Hosianna“ aufschrieb, ein „S“ hinzufügen. So entstand „Hosianna“.
Genauso wie „Jeschua“ auf Griechisch „Jesus“ wird. Dort wird ein „S“ Laut angehängt. Die Griechen haben gerne hinten noch ein „S“ angehängt. Darum wurde aus Jesaja „Jesajas“, aus Elija „Elias“, aus Mose „Moses“ und aus Jesu „Jesus“.
Da haben wir also dieses Wort „Hosianna“, das sie immer gerufen haben: „Gib doch Rettung!“ Der Messias wird willkommen geheißen, und man bittet ihn, dass er jetzt Israel hilft, Israel befreit, Israel erlöst. Das war dieser wunderbare Ruf.
Parallel heißt es dann: „Bitte Herr, rette doch!“ – „rette doch“ ist „Hosianna“. Hosianna ist der Hilferuf. Parallel dazu heißt es: „Bitte Herr, gib doch Wohlfahrt“ oder „Gib doch Gelingen“. Das ist „Hatzlichanna“. Also ist parallel zu „Hosianna“ das Wort „Hatzlichanna“. Der Vers klingt so auf Hebräisch: „Anna Adonai, Hoschi Anna, Anna Adonai, Hatzlichanna“. Das klingt schön, ja? Das ist so ein richtiger, freudiger Hilferuf.
Man muss sich vorstellen, die ganze Volksmenge hat so gerufen. Überall hört man: „Anna, Anna, Anna, Anna Adonai, Haschi Anna, Anna Adonai, Hatzlichanna“ und dann „Baruch Haba Bischem Adonai“ – gepriesen oder willkommen, der da kommt im Namen des Herrn.
Es ist ein Volksauflauf, die Leute sind in Fahrt gekommen. Aber der Herr Jesus sieht, dass das alles nur äußerlich ist, und darum weint er am Tag Jerusalems. Er wusste und sagte in Lukas 19: Es werden Tage kommen, da man einen Wall aufschütten wird und Jerusalem zerschmettert wird.
Fünf Tage später hat die Volksmenge vor Pilatus geschrien: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“ Wie ist das geschehen? Die Führer haben das Volk aufgewiegelt und konnten es drehen. Ich wurde in der Pause gefragt, wie das ging, wie man das Volk so drehen konnte. Sie hatten keine Medien, aber man kann das Volk auch anders drehen. Das lesen wir wirklich in den Evangelien.
Sie haben das Volk aufgewiegelt, und so wie sie am Palmsonntag in Fahrt gekommen sind, kamen sie auch an Karfreitag in Fahrt und forderten die Kreuzigung. Der Herr Jesus sagte, als er nach Golgatha ging: „Ihr Töchter Jerusalems, weint über euch und eure Kinder! Wenn man dies am grünen Holze tut, was wird an dem Dürren geschehen?“
Man muss sich vorstellen, dass die Kreuzigung im Monat Nisan stattfand. Wann kam der Untergang Jerusalems im Jahr 70? Im Monat Nisan, im Passamonat. General Titus kam im Frühjahr 70 nach Israel. Das Passafest stand bevor, und alle Juden aus dem ganzen Land gingen nach Jerusalem hinauf, um die Passalämmer zu schlachten.
Titus wartete, bis alle in Jerusalem waren. Josephus Flavius berichtet, dass die Stadt mit 2,7 Millionen Menschen zum Bersten voll war. Als sie drin waren fürs Passafest, also an diesem Fest, wurde der Herr Jesus gekreuzigt. Als sie drin waren, schloss Titus den Belagerungsring endgültig und vernichtete die Stadt mit über einer Million Toten.
Das ist ganz dramatisch, wenn man sich vorstellt, dass all dies zur gleichen Zeit geschah, auch beim Passa. Dort, wo Jesus zuerst oberflächlich willkommen geheißen wurde: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat, lasst uns freuen und fröhlich sein in ihm.“
Natürlich war dieser Tag Jerusalems der Tag, den der Herr gemacht hat, der 173.880. Tag von Daniel 9. Aber die Freude war oberflächlich. Sie hatte keine wirklichen Wurzeln, und deshalb drehte sich die Stimmung ein paar Tage später. So geschah es dann im Jahr 70, in Verbindung mit dem Passa, dass die Katastrophe über Jerusalem kam.
Man kann also nicht sagen, mit Palmsonntag hat das Reich Gottes begonnen. Herr Jesus begann seine Predigt drei Jahre vorher und sagte: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“ Er sagte dann in Lukas 17, das war ja auch noch vor Palmsonntag: „Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Weil er, der König, da war, war gewissermaßen in seiner Person das Reich da.
Ludwig XIV. konnte sagen – und das eigentlich zu Recht – „L'État, c'est moi“ – der Staat bin ich. Der König repräsentiert das Reich. Das Reich Gottes war eigentlich angebrochen mit dem, dass er gekommen ist und angekündigt hat, dass alle sich jetzt bereit machen sollen, um dieses Reich zu erleben.
Aber dann wurde er verworfen. Gut, an dieser Stelle schließen wir, und im neuen Jahr werden wir mit messianischen Stellen im Propheten Jesaja weitermachen.
