Einführung in das Laubhüttenfest und das lebendige Wasser
Wir haben gesehen, dass es in Kapitel sieben um das Laubhüttenfest ging. Dabei wird der siebte Tag dieses siebten Festes, das Fest des Herrn, in 3. Mose 23 als der große Tag des Festes bezeichnet.
In Johannes 7,37 nimmt Herr Jesus Bezug auf das tägliche Wasserschöpfritual, das während des Laubhüttenfestes jeden Tag ausgeführt wurde. Am siebten Tag erreichte dieses Ritual seinen Höhepunkt.
Wasser wurde vom Siloah-Teich in einer feierlichen Prozession in einem Goldgefäß geholt. Anschließend wurde es hinauf zum Tempel gebracht und am Altar ausgeschüttet. Dort erklärt der Herr in Johannes 7,37: „Am letzten, dem großen Tag des Festes, stand Jesus und rief: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
Jawohl, der Herr hat hier erklärt, was dieses Ritual bedeutet und wie es auf ihn hinweist. Er ist der, der den Heiligen Geist, das lebendige Wasser, gibt.
Der achte Tag des Laubhüttenfestes und das Licht der Welt
Wir haben dann gesehen, dass es in Kapitel 8 weitergeht. Am nächsten Tag, in Vers 2, kam er früh morgens wieder in den Tempel. Das ist dieser geheimnisvolle achte Tag des Laubhüttenfestes, der eigentlich nicht mehr zum Laubhüttenfest gehört und trotzdem noch so angehängt ist. In 3. Mose 23 wird dieser Tag beschrieben. Später wurde er im Judentum unter dem Namen Simchat Torah bekannt, was „Freude des Gesetzes“ bedeutet.
Dort finden wir die Geschichte von der Ehebrecherin, die gesteinigt werden sollte. Der Herr gibt ihr jedoch die Möglichkeit, einen Neuanfang zu machen. Anschließend nimmt er nochmals Bezug auf ein Ritual des Laubhüttenfestes.
Während des Laubhüttenfestes wurden nachts vier große Leuchter im Frauenvorhof angezündet. Diese Leuchter waren über 25 Meter hoch. Oben befanden sich jeweils vier goldene Lampen, die mit über neun Litern Olivenöl gefüllt waren. Die Dochte bestanden aus abgetragenen Priestergewändern.
Dieses Licht aus den Nächten des Laubhüttenfestes nimmt der Herr in Johannes 8, Vers 12 auf. Wer liest das noch und erklärt die Bedeutung in Bezug auf seine Person? Jesus sprach zu ihnen: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“
Jawohl, das sagte Herr Jesus in einer Rede, die er in der Schatzhalle gehalten hat (Johannes 8, Vers 20). Die Schatzhalle ist der Frauenvorhof, dort, wo eben diese Leuchter standen.
Auch in dem weiteren Gespräch, das ab Vers 21 folgt, nimmt der Herr Jesus wieder Bezug auf die Ereignisse vom achten Tag des Laubhüttenfestes.
Die Reaktion auf Jesus und die Flucht aus dem Tempel
Und nun kommen wir zum Schluss von Kapitel acht. Dort wurde der Herr fast getötet. Wer liest Vers 50? Er holte sich Steine, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und ging zum Tempel hinaus, mitten durch sie hindurch, und entkam so.
Dann folgt Kapitel neun. Als er vorüberging, sah er... Diese Szene spielt also direkt nach den Ereignissen des Laubhüttenfestes. Der Herr verlässt den Tempel, und im äußeren Bereich des Tempels kommt es zu der Begegnung mit dem Blindgeborenen.
Wir können uns ziemlich genau vorstellen, wo das war – beim Tempel. Hat jemand eine Ahnung? Auf der südlichen Seite.
Warum im Süden? Weil dort der Eingang und der Ausgang war. Der Haupteingang, wohin das Volk zum Tempel hinaufging, lag auf der Südseite. Dort befand sich auch die sogenannte Schöne Pforte. Aus Apostelgeschichte 3 wissen wir, dass ein gelähmter Bettler täglich dort hingestellt wurde, weil dort die meisten Leute vorbeikamen.
So können wir auch verstehen, warum dieser Blindgeborene dort war und ebenfalls betteln musste. Er befand sich im Bereich des Hauptzugangs zum Tempel.
Die Frage nach der Ursache der Blindheit
Und das führt zur Frage der Jünger, was eigentlich der Grund dafür ist, dass dieser Mensch behindert auf die Welt kam.
Was ist Ihre Frage? Wer hat gesündigt?
Für sie gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er selbst oder seine Eltern.
Das mit den Eltern kann man sich gut vorstellen. Die Eltern haben gesündigt und deshalb ein behindertes Kind bekommen. Aber wenn Sie fragen, ob er selbst gesündigt hat und schuld daran ist, dass er behindert geboren wurde, was haben Sie sich dabei vorgestellt?
Es könnte sich um den Glauben an Wiedergeburt handeln, also dass man um geborene Schuld von früheren Taten trägt.
Das ist glücklicherweise etwas, das im Judentum nicht verbreitet war. Dieser Gedanke war jedoch aus Indien bekannt, und auch Platon hatte die Idee beziehungsweise den Glauben an die Vorexistenz der Seelen.
In der Bibel finden wir davon nichts: keine Vorexistenz, keine Wiedergeburt.
Vielleicht haben Sie auch gedacht, er hat vielleicht gesündigt und Gott hat ihn mit Blindheit gezüchtigt.
Doch er ist ja von Geburt an blind.
Gott kann einen Menschen von Geburt an nicht strafen. Er kann also nicht sündigen, stimmt’s?
Gut, das ist die Frage. Der Wiedergeburtsgedanke steckt also nicht dahinter, es ist kein Reinkarnationsgedanke.
Die biblische Lehre vom Tod und Gericht
Übrigens, wo sieht man deutlich in der Bibel, wenn jemand fragt: Könnte man den Glauben an Reinkarnation nicht irgendwie mit dem Christentum vereinbaren? Wo steht das?
Hebräer 9,27 – lesen wir kurz diese Stelle. Es ist wichtig, solche Bibelstellen parat zu haben, um argumentieren zu können.
Hebräer 9,27 sagt: „Es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.“ Sie haben es richtig betont. Der Text sagt also nicht „und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist“, sondern „einmal zu sterben“. Einmal – das ist ein Zahlwort. Es gibt nicht die Möglichkeit, zweimal zu sterben. Das ist hier bei mir sogar kursiv geschrieben, um klarzumachen, dass es sich um ein Zahlwort handelt.
Aber es gibt doch auch Ausnahmen, oder? Ja, zum Beispiel Lazarus, der Jüngling von Nain oder das Mädchen, die Tochter des Jairus. Auch im Alten Testament gibt es Auferweckungen in den Geschichten um Elia und Elisa. Henoch ist sogar gar nicht gestorben. Das ist auch wichtig zu erwähnen.
Hier geht es aber eigentlich um den verlorenen Menschen. Deshalb heißt es: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben und danach das Gericht. Für den erlösten Menschen gibt es kein Gericht mehr.
Wer waren die, die am Kreuzigungstag auferstanden sind? Es waren auch Gläubige, die Heiligen. Sind diese dann in den Himmel gekommen oder sind sie wieder gestorben? Sie sind wieder gestorben, denn sie wurden vor der Auferstehung Christi auferweckt.
Christus ist der Erste, der auferweckt wurde und nicht mehr stirbt. Deshalb wird er der Erstling genannt, der aus den Toten aufersteht – der Erstgeborene aus den Toten (Offenbarung 1). Das ist genau die gleiche Art von Auferstehung wie bei Lazarus und den anderen.
Aber wir haben keinen einzigen Fall einer Auferweckung, bei der man sagen könnte, die Person war kein gläubiger Mensch, kein erretteter Mensch. Interessant ist, dass die Auferweckten am Todestag des Herrn Heilige waren, alttestamentliche Gläubige, und auch Lazarus ein Gläubiger war.
Man könnte sagen, in manchen Fällen wissen wir nicht mehr über die Person. Aber der Punkt ist: Hier geht es um das einmalige Sterben und dann das Gericht. Es geht um den Menschen, der nicht vergeben hat. Und er darf niemals den Gedanken haben, dass er nochmals zurückkommt und nochmals stirbt.
Diskussion über die Auferstehung der Heiligen am Todestag Jesu
Darf ich noch etwas zu dem fragen, was Sie eben sagten? Bei der Auferstehung Jesu sind ja einige Heilige auferstanden. Es gibt verschiedene Auslegungen dazu. Überall steht, dass viele der entschlafenen Heiligen auferweckt wurden. Sie gingen nach seiner Auferweckung aus den Gräbern und erschienen in der heiligen Stadt.
Es gibt Auslegungen, die Sie sicher kennen, die besagen, dass diese Auferstandenen sozusagen die Erstlingsgarbe sind, die Christus bei seiner Auferstehung mitgebracht hat. Die Frage ist dann: Sind diese Heiligen nach ihrer Auferstehung auch wieder gestorben? Wo sind sie hingegangen? Nach dieser Auslegung wäre es denkbar, dass sie nach Jesu Auferstehung auferstanden sind und mit ihm in den Himmel gegangen sind.
Der Text selbst sagt jedoch, dass sie schon vorher auferweckt worden sind. In Matthäus 27,52 heißt es: „Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt. Und sie gingen nach seiner Auferweckung aus den Gräbern und gingen in die heilige Stadt und erschienen vielen.“
Das bedeutet, sie wurden in dem Moment, als die Felsen zerrissen und die Gräber sich öffneten, auferweckt. Aber erst drei Tage später, also am Auferstehungstag Jesu, gingen sie aus den Gräbern heraus und erschienen den Menschen. Die Auferweckung findet hier also zeitgleich mit den Ereignissen am Todestag Jesu statt.
Demnach wurden sie am Karfreitag auferweckt, aber gingen erst am ersten Tag der Woche, am Auferstehungstag, in die Stadt. Wenn man das menschlich betrachtet, müsste man sagen, sie sind also auferweckt worden und haben drei Tage als Auferstandene in der Luft oder im Grab verbracht. Das klingt schon etwas eigenartig.
Uns mag das Ganze merkwürdig erscheinen, aber eine logischere Gedankenfolge wäre doch, dass sie nach Jesu Auferstehung erst auferstanden sind. Allerdings wird das „nach seiner Auferweckung“ im Text nur in Verbindung mit dem Verb „und sie gingen“ gebracht. Wie genau das im Urtext zusammenhängt, weiß man nicht sicher.
Das Wichtige ist, dass Christus der erste Auferstandene ist, der aufersteht und nicht mehr stirbt. Offenbarung 1,5 nennt ihn den Erstgeborenen der Toten. Noch deutlicher wird das in Kolosser 1,18: „Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, welcher der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass er in allen Dingen den Vorrang habe.“
Ganz wichtig ist auch 1. Korinther 15, dort wird die Reihenfolge der Auferstehung beschrieben. In Vers 20 heißt es: „Nun aber ist Christus von den Toten auferstanden, als Erstling der Entschlafenen.“ Erstling bedeutet hier, dass er der Erste einer ganzen Reihe ist. So wie die Erstlingsgabe in Israel die erste Gerste war, die geschnitten und zum Tempel gebracht wurde. Erst danach durfte die Gerstenernte im ganzen Land beginnen.
Christus ist also der Erstling, der erste Auferstandene. In Vers 22 und 23 steht: „Denn gleichwie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden, ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling Christus, sodann die, die Christus angehören bei seiner Ankunft.“
Dass hier die Reihenfolge vorzeitig ausgedrückt ist, kann ich grammatikalisch nicht beurteilen, da ich kein Griechisch kann. Aber es zeigt, dass die nächste Auferstehung erst bei Christi Wiederkunft stattfindet. Die Auferweckung aus Matthäus 27 gehört demnach nicht zu dieser Reihenfolge.
Deshalb würde ich sagen, dass die Auslegung, die besagt, die Heiligen seien mit Christus nach seiner Auferstehung in den Himmel gegangen und hätten nicht mehr sterben müssen, aufgrund von 1. Korinther 15,23 falsch ist. Die Auferstehung der Erlösten beginnt erst bei der Entrückung. Dabei handelt es sich um eine Auferstehung, bei der die Menschen nicht mehr sterben.
Wir müssen also unterscheiden: Der Mensch stirbt einmal, danach folgt das Gericht. Das bezieht sich auf den verlorenen Menschen. Es gibt Ausnahmen wie Lazarus, der zweimal gestorben ist, oder Henoch, der nie gestorben ist. Henoch war ein Erlöster, ebenso Elija.
Die Erscheinungen von Mose und Elija und ihre Bedeutung
Er kann, wenn jemand tot war, also wenn er wirklich wieder lebendig auferstanden ist, dann nicht wieder für die anderen wie ein Mensch sein, weil viele Leute in den Städten ihm erschienen sind. Das klingt für mich so, als ob die Auferstandenen nicht so waren wie normale Menschen. Wenn jemand normal ist, kann er sich ja wieder ins Leben eingliedern.
Der Ausdruck „sie erschienen“ macht deutlich, dass sie als auferweckte, richtige Menschen erschienen sind. Natürlich, sie waren lebendig, aber sie haben sich nicht wieder in das soziale Leben eingegliedert. Das Erscheinen zeigt ja gerade, dass sie Kontakte hatten, aber dann wieder verschwanden. Wie das genau ablief, wird nicht weiter erläutert.
Wir müssen jedoch nach dem Sinn fragen: Was war der Sinn dieses Erscheinens? Es sollte zeigen, dass aufgrund des Todes des Erlösers Auferstehungsleben möglich ist. Das war ein Wunderzeichen Gottes, quasi eine zeichenhafte Vorwegnahme dessen, was bei der Entrückung zum ersten Mal geschehen wird. Dann werden Menschen wirklich aus den Toten auferstehen und nie mehr sterben.
Ist es nicht eine Strafe, wenn man auferstehen muss, dann aber wieder stirbt und sich nicht integrieren kann? Wer versorgt einen so gestärkten Tod? Zum Beispiel ist Mose auf dem Berg der Verklärung erschienen. Das muss ja auch eine Art Auferstehung gewesen sein. Warum eigentlich?
Könnte es nicht auch sein, dass Gott denen, die bei Jesus waren, eine Vision geschenkt hat? Einen Blick in die unsichtbare Welt, sodass sie diese sehen konnten? Ja gut, aber Mose und Elija erschienen tatsächlich auf dem Berg. Johannes hat zum Beispiel Entschlafene im Himmel gesehen (Offenbarung 6). Aber bei der Verklärung erschienen die beiden als menschliche Personen auf dem Berg und sprachen mit Christus über seinen Ausgang in Jerusalem.
Worum geht es also? Herr Folchmann zeigt eindeutig anhand des sprachlichen Befunds, dass es so war, dass die Auferstandenen erschienen sind. Das ist natürlich eine Schlussfolgerung aus den Beispielen, die wir sonst haben, etwa von Heiligen, die wirklich auferstanden sind, erschienen, aber wieder verschwanden.
So abwegig ist der Gedanke nicht, oder? Welcher? Zum Beispiel, dass sie wieder in den Himmel gegangen sind und dass die Heiligen erschienen sind.
Das Problem ist jedoch, dass 1. Korinther 15,23 wirklich sagt: Die erste Phase ist die Auferstehung Christi, und die nächste Phase ist bei seiner Wiederkunft. Da kann es keine Ausnahme geben.
Es tut mir leid, ich möchte hier nicht den Rahmen sprengen, aber zum Beispiel beim Erstlingsfest, bei dem die Erstlingsgarbe gebracht wurde, wird von einigen Auslegern der Bezug hergestellt, dass Christus als Erstlingsgarbe einige Heilige mitgebracht hat für seinen Vater im Himmel.
Ja gut, aber die Erstlingsgabe ist eben Christus selbst. Das ist der Punkt: Christus ist der Erstling.
Gedanken zur Auferstehung und Geistwelt
Da gibt es doch auch die Stelle, in der der König sagt: „Sagst du mir, die Wahrsagerin, den Samuel oder irgendetwas?“ Ja, ganz genau. Dort sagt er auch: „Warum hast du mich aus der ...“ Ich weiß nicht genau, wie er sich ausdrückt, aber auf jeden Fall so, dass deutlich wird: „Was störst du mich in meiner Ruhe?“
Genau, also nicht: „Wieso hast du mich von ihrem Wahrsager?“ Dort kann man also auch davon ausgehen, dass es in dem Sinne eine Auferstehung war. Denn die Spiritistin selbst erschrak, als Samuel kam. Das war nicht der vertraute falsche Geist, der normalerweise erschien, sondern plötzlich schrie sie auf, als Samuel erschien. Samuel sagte dann wirklich Gottes Botschaft zu Saul, die sich auch tatsächlich erfüllte.
Das steht also auf der gleichen Linie.
Gut, aber wir sind ja ein bisschen vom Thema abgekommen, ausgehend von der Frage: Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern?
Man kann das ganz kurz erklären: Im Judentum damals gab es, wie man im Talmud nachlesen kann, verschiedene Auffassungen. Einige dachten, der Mensch könne bereits im Mutterleib sündigen. Es gab die Vorstellung, dass der Mensch zwei Triebe in sich trägt: den Drang zum Bösen, „jezer ra“, und den Drang zum Guten, „jezer tov“.
Wenn der Drang zum Bösen bereits im Mutterleib überwiegt, dann könne der Mensch behindert geboren werden. Diese Auffassung war jedoch nicht allgemein verbreitet und findet sich auch nicht in der Bibel. Aber sie war damals vorhanden.
Die Jünger fragten sich vor diesem Hintergrund: Wer hat gesündigt, dieser im Mutterleib oder seine Eltern? Der Herr antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern.
Diese Not ist einfach dazu da, damit die Werke Gottes offenbar werden. Es handelt sich also um ein Leiden, das mit Sünde nichts zu tun hat. Vielmehr geht es darum, dass Gott durch dieses Leiden schließlich verherrlicht wird.
Das ist ein ganz wichtiger Gedanke.
Verschiedene Gründe für Leiden in der Bibel
Wir finden in der Bibel, dass Leiden durch Sünde verursacht sein kann. Zum Beispiel heißt es in 1. Korinther 11, dass viele unter euch schwach und krank sind, weil sie das Abendmahl in ganz unwürdiger Weise genommen hatten.
Aber es gibt auch Leiden, das zur Ehre Gottes ist. Welche weiteren Gründe gibt es für Leiden?
Zum einen gibt es Leiden zur Prüfung, wie bei Abraham. Gott hat ihn geprüft und ihn aufgefordert, seinen Sohn als Opfer darzubringen.
Dann gibt es Leiden zur Erziehung. Im Hebräerbrief wird erklärt, dass Gott mit uns handelt wie mit seinen Kindern, mit Söhnen, und diese müssen auch gezüchtigt werden. Es geht darum, Fortschritte im geistlichen Leben machen zu können (Hebräer 12).
Weiter gibt es noch andere Gründe für Leiden. Leiden um der Gerechtigkeit willen – was bedeutet das und wie funktioniert das? Christen leiden um ihres Glaubens willen, weil sie gerecht leben.
Das finden wir im 1. Petrusbrief. In 1. Petrus 2,19 heißt es: „Wenn jemand um des Gewissens willen vor Gott Beschwerden erträgt.“ Und in 1. Petrus 3,14 steht: „Wenn ihr auch leiden solltet um der Gerechtigkeit willen.“ Also um des Gewissens und der Gerechtigkeit willen.
In 1. Petrus 1,6-7 heißt es weiter: „Die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen, damit die Bewährung eures Glaubens viel köstlicher als die des Goldes sei.“ Das bedeutet, die Erweisung des echten Glaubens durch Prüfung hindurch.
Das geht eigentlich zusammen mit dem, was wir zuvor über Leiden als Prüfung gesagt haben, jedoch mit dem Ergebnis, dass der Glaube bewährt wird.
Ein weiterer Grund für Leiden sind präventive Leiden, wie es in 2. Korinther 12,7 beschrieben wird.
Wir sehen also, die Bibel zeigt eine ganze Reihe von verschiedenen Gründen, weshalb man leidet. Darum war die schnelle Antwort der Freunde Hiobs, dass ein Gerechter nicht leiden kann und deshalb schwer gesündigt haben müsse, falsch. In ihrem Fall war diese Aussage an die falsche Person gerichtet und zu vereinfacht.
Wir können auch davon ausgehen, dass es in der Realität oft Kombinationen aus verschiedenen Gründen gibt, die wir jetzt gesehen haben.
In Johannes 9 geht es um Leiden, damit die Werke Gottes an ihm offenbar werden. Gott soll durch das Leiden geehrt werden. Wo Jesus nicht gleich gekommen ist, um zu helfen, sagt der Herr auch, dass er noch gewartet hat, damit Gott verherrlicht wird.
So sind wir eins. Das zeigt Johannes 9, Vers 4: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, auf dass der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde.“ Das ist ein weiteres Beispiel im Johannesevangelium für Leiden zur Ehre Gottes.
Und nun ... Verzeihung, wo hast du das gefunden? Sehr gut, 2. Korinther 1,3-4: „Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Trübsal, damit wir die trösten können, welche in allerlei Trübsal sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden.“ Das ist genau das, was wir meinen.
Nun erklärt Herr Jesus in Johannes 9, Vers 5: „Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.“ Damit nimmt er wieder auf, was er schon in Johannes 8,12 gelehrt hatte, im Blick auf die Ehebrecherin, die einen Neuanfang machen durfte, und jetzt in Bezug auf den Blindgeborenen.
Wir sind alle geistlich blind geboren. Deshalb muss uns dieses Kapitel auch so direkt ansprechen.
Geistliche Blindheit und das Licht der Erkenntnis
Wo lesen wir in der Bibel etwas über die geistliche Blindheit des Menschen, die angeboren ist? Nicht so, wie sie natürlich zum Vorschein kommt, sondern ausdrücklich als Verblendung.
2. Korinther 4, Verse 3 und 4 könnten hier vorgelesen werden. Wer liest?
„Wenn aber unser Evangelium doch verdeckt ist, so ist es nur bei denen verdeckt, die verloren gehen, den Ungläubigen, bei denen Gott dieser Welt den Sinn verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums von der Herrlichkeit des Christus, des Gottesbildes, nicht sehen. Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Christus Jesus als Herrn, uns aber als eure Sklaven um Jesus willen. Denn Gott, der gesagt hat: ‚Aus Finsternis wird Licht leuchten‘, er ist es, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist, zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.“
Ja, also der verlorene Mensch ist verblendet. Die Verblendung kommt von dem Gott dieser Welt, das ist Satan. Er verblendet den Sinn der Ungläubigen – das heißt auch ihre Gedanken und ihren Verstand –, damit sie das Evangelium nicht sehen.
Aber das Wunder der Bekehrung ist dasselbe Wunder wie am ersten Schöpfungstag, wo Gott in der Finsternis rief: „Jehi Or“ – es werde Licht! „Weihi Or“ – und es war Licht. Der Gott, der so gerufen hat, dass aus der Finsternis Licht leuchtet, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat.
Also das Lichtgeben in die Finsternis des Herzens – das ist der Bekehrungsmoment. Dort beginnt das Werk der Neuschöpfung, wie es dann in 2. Korinther 5, Vers 17 heißt: „Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“
Epheser 4, Verse 17 bis 19. Wer liest?
„Wie ich nun sage und bezeuge im Herrn, dass ihr nicht so wandelt, wie auch die übrigen Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihres Herzens, welche, da sie alle Empfindungen verloren haben, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, um alle Unreinigkeit mit Begierde zu üben.“
Verstockung oder Verblendung des Herzens. Der Ausdruck „blind“ wird hier nicht ausdrücklich verwendet, aber genau das kommt dabei heraus. Ein Blinder irrt umher, weil er den Weg nicht kennt, ganz genau.
Gut, darum ist die Wahl dieses Wunders aus all den vielen Wundern, die der Herr getan hat, sehr bedeutsam. Johannes widmet ihm ein ganzes Kapitel. Es symbolisiert wirklich das, was bei der Bekehrung geschieht.
Die Heilung des Blindgeborenen als Bild der Bekehrung
Nun, wie geht der Herr bei der Heilung vor? Er hätte ein Wort sprechen können, und es wäre geschehen. Doch diesmal macht er es anders.
Er macht Teig aus Erde und Speichel. Jawohl! Warum steht dort „Kot“? Es hat natürlich ein altes Wort, das offensichtlich noch eine andere Bedeutung hatte. Es hat einen Bedeutungswandel gegeben. Früher konnte „Kot“ auch Erde oder einen Erdbrei bezeichnen. Aber bei ihm steht also „Teig“ – ja, das ist gut so.
Also, aus Erde und Speichel wird Teig gemacht. Dieser wurde auf die Augen aufgetragen, doch damit war der Blinde noch nicht sehend. Was musste er tun? Er musste hingehen und sich im Teich Siloah die Augen waschen. Jawohl, und dann kam er sehend zurück.
Der Teich Siloah steht auch in Verbindung mit dem Laubhüttenfest. Warum? Dort wurde das Wasser geholt. Ja, das Wasser wurde geschöpft. Das hat schon seine Bedeutung, dass es genau in Verbindung mit dem Laubhüttenfest so geschehen ist.
Nun müssen wir uns fragen, was die Bedeutung dieses Teiches ist. Woher gewinnt er das Wasser? Vom Teich Siloah – ach so, aus der Gihon-Quelle über dem ... und hat einen eigenen Quellnamen.
Ja, das ist die Gihon-Quelle, aber die ist ja weit entfernt vom ... Ja, über Hiskias Tunnel. Der König Hiskia hatte einen Tunnel gebaut, der diese Quelle außerhalb der Stadt abgedeckt hatte, damit die anrückende assyrische Armee bei der Belagerung kein Wasser hat.
So ließ er einen Tunnel bauen, 533 Meter lang, durch das karstige Gebirge hindurch. Am Ende mündet dieses Wasser in den Teich Siloah, der sich innerhalb der damaligen Stadtmauern befand.
Die Gihon-Quelle war im Alten Testament die Wasserversorgung Jerusalems. Sie ist ganzjährig und kann zeitweise bis zu mehreren tausend Kubikmetern Wasser pro Tag liefern.
Das tut sie immer noch, oder? Ja, also ob noch so viel, aber sie läuft immer noch, wird jedoch nicht mehr als Trinkwasserquelle genutzt.
Im Alten Testament war sie die Versorgung für Jerusalem. Gihon heißt „hervorbrechende Quelle“, also eine machtvolle Quelle lebendigen Wassers. Von wem ist das ein Bild? Jawohl, eine Bibelstelle, in der ganz klar die Quelle erwähnt wird.
Da haben wir doch vor kurzem gelesen, in Verbindung mit Johannes 8, Jeremia 17, Vers 13. Als es darum ging, wie der Herr in die Erde schrieb, im Tempel, da haben wir Jeremia 17,13 gelesen:
„Denn du, Herr, bist die Hoffnung Israels. Alle, die dich verlassen, müssen zugrunde gehen, und die Abtrünnigen werden auf die Erde geschrieben, denn sie verlassen den Herrn, die Quelle des lebendigen Wassers.“
Jawohl, also wird Gott hier als die Quelle lebendigen Wassers dargestellt. Nun schickt diese Quelle das Wasser über diesen langen Weg in den Teich Siloah, und dort muss der Blinde sich waschen.
Siloah bedeutet „Gesandt“, das wird hier im Text erklärt, nicht wahr? Johannes übersetzt das und weist darauf hin, dass in diesem Namen eine Bedeutung liegt. Das muss man beachten, Vers 7.
Teich Siloam ist die griechische Aussprache für das Hebräische „Shiloach“, der Gesandte. Denn das Wasser wird aus der Gihon-Quelle geschickt, über den langen Weg in den Teich.
Im Rahmen des Johannesevangeliums hat das eine ganz besondere Bedeutung, denn in diesem Evangelium wird 42-mal gesagt, dass der Vater den Sohn gesandt hat. Dauernd wird hier gesagt, der Vater hat den Sohn in diese Welt gesandt.
Johannes 9,4 sagt zum Beispiel: „Ich muss die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.“ Und in Kapitel 3, Vers 17: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.“
Und dann Vers 34: „Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt dem Geist ohne Maß.“ Jawohl.
Kapitel 4, Vers 34: Jesus spricht zu ihnen: „Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.“
So können wir durchgehend das ganze Evangelium lesen und finden 42 Stellen, an denen Jesus, der Sohn Gottes, als der Gesandte des Vaters bezeichnet wird.
Nun sehen wir in diesem Senden des lebendigen Wassers ein Bild von dem ewigen Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.
Die Erde selbst ist vermischt mit dem Speichel. Speichel ist etwas so Menschliches; ein Geist hat keinen Speichel. An diesem Beispiel wird deutlich, dass Jesus ein wirklicher Mensch war.
Das Johannesevangelium wurde als Kampfschrift gegen die Irrlehre der Gnostiker geschrieben, die behaupteten, Jesus sei ein Geistwesen, das nur einen Scheinleib angenommen habe. Sie leugneten seine Gottheit und auch seine wahre Menschheit.
Das Johannesevangelium zeigt, dass der Herr Jesus seinen Speichel nimmt, ihn mit Erde mischt – ein wunderbares Bild dafür, dass er wirklich Mensch auf Erden war.
Das wird auf seine Augen aufgetragen, und er wäscht sich im Teich Siloah. So haben wir beide Seiten: seine Menschheit und seine Gottheit. Und nun wird er sehend, indem er das vollzieht.
Das ist das Bildliche, und wir sehen, wie der Blindgeborene in seiner Erkenntnis schließlich auch geistlich zum Ziel kommt.
Noch in Vers 11 meinte er, Jesus sei ein Mensch, genannt Jesus. Später erkennt er: Das kann kein Sünder sein.
Er sagt in Vers 31: „Wir wissen, dass Gott Sünder nicht hört, sondern wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den hört er.“ Jawohl.
Dann Vers 35: Jesus hörte, dass sie ihn hinausgeworfen hatten, und als er ihn fand, sprach er: „Glaubst du an den Sohn des Menschen?“ Er antwortete und sprach: „Wer ist es, Herr, dass ich an ihn glaube?“ Jesus sprach zu ihm: „Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist es.“ Er aber sprach: „Ich glaube, Herr!“ und warf sich vor ihm nieder.
In meiner Bibel steht: „Glaubst du an den Sohn Gottes?“ oder „Glaubst du an den Sohn des Menschen?“ Der Unterschied kommt daher, dass der ägyptische Minderheitstext „Sohn des Menschen“ hat, und der Mehrheitstext, also von mehreren Tausend Handschriften, „Sohn Gottes“.
Leider hat sich bei den heutigen modernen Übersetzungen die Überzeugung vieler Gelehrter durchgesetzt, dass die Minderheitshandschriften aus Ägypten der ursprüngliche Text seien.
Was auffallen muss: Die Abweichungen sind oft genau an den Stellen, wo es um die Gottheit Christi geht. Ägypten war eine Brutstätte der Gnosis.
Ich kann Beispiele geben: Johannes 1,18 ist auch so ein Unterschied:
„Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“
Wer hat eine andere Lesart? Wer hat ihn uns verkündet? In Vers 18 steht: „Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“ Steht bei Ihnen auch „eingeborener Sohn“? Ja? Dann haben Sie hier die Lesart des Mehrheitstexts.
Der Mehrheitstext hat hier „der eingeborene Gott“, was in der gnostischen Denkweise suggerieren sollte, Jesus sei zum Gott geboren worden. Er ist also göttlich geworden, war aber nicht ursprünglich Gott.
Oder Kapitel 3, Vers 13: „Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel, als nur der, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen.“ Da steht hier wieder „Sohn des Menschen“. Ja, aber Punkt, oder? Der Mehrheitstext hat „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“. Ja, bei mir ist aber Punkt.
Dieser Zusatz fehlt, weil er ganz deutlich auf die Gottheit und Allgegenwart Christi hinweist. Er war als Mensch da und sprach mit Nikodemus, und gleichzeitig war er im Himmel.
So könnte man weiterfahren, zum Beispiel auch 1. Timotheus 3,16, eine ganz wichtige Stelle für die Gottheit Christi, wo es heißt: „Gott ist geoffenbart worden im Fleisch.“
Der ägyptische Minderheitstext hat „Der geoffenbart worden ist im Fleisch.“ Dabei mussten sie nur zwei Buchstaben ändern: Theos (Gott) zu Hos Der. Sie ließen nur die zwei ersten Buchstaben von Theos weg, und dann hatten sie „Der geoffenbart worden ist im Fleisch“, wo die Gottheit nicht klar durchkommt.
„Gott ist geoffenbart worden im Fleisch“ – das ist sehr typisch für diesen Minderheitstext. Das erklärt auch, warum hier abgeschwächt wurde: „Glaubst du an den Sohn Gottes?“ – „Glaubst du an den Sohn des Menschen?“
Nun ist es eben gerade wichtig zu sehen: Zuerst sah er die Menschheit – einen Menschen, genannt Jesus – und am Schluss kommt er zur Erkenntnis: Dieser Mensch ist der Sohn Gottes.
Genau entsprechend diesem Teig, Erdteig vermischt mit Speichel, und dann das lebendige Wasser aus der Quelle, das die göttliche Seite des Herrn betont.
So wird er sehend.
Jesus erkennen als Gott und Mensch – das ist geistliches Sehen.
Jetzt möchten wir eine Pause machen, zwanzig Minuten.
Reaktionen der Nachbarn und die Befragung durch die Pharisäer
Nun müssen zunächst einmal die Nachbarn zu diesem Ereignis Stellung nehmen. Wie war die Reaktion der Nachbarn? Ein Teil ist überzeugt: Das ist er, dieser ehemals Blinde, jetzt ist er geheilt. Andere hingegen sagen, es ist ihm nur ähnlich, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Genau, für sie kann das nicht sein, und darum darf es auch nicht so sein.
In Vers 10 wollen sie dem aber doch auf die Spur gehen und untersuchen das. Sie wollen von ihm erfahren, was da eigentlich vorgegangen ist. Dieser Blindgeborene erklärt in einer sehr schlichten, aber auffallend sachlichen Art genau, was geschehen ist: Ein Mensch namens Jesus bereitete einen Brei, salbte meine Augen damit, sprach zu mir so und so, und dann wurde ich sehend.
Jetzt interessieren sie sich für diese Person, und dazu hatten sie einen guten Grund. In Jesaja 35 lesen wir über das Kommen des Messias. Wer liest Jesaja 35,4 und 6? Dort steht: "Sage den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht! Siehe, euer Gott kommt mit Vergeltung, der Gott der Gerechtigkeit. Er kommt und wird euch retten. Dann werden die blinden Augen aufgetan und die tauben Ohren geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch und die Stummen werden jubeln."
Also, in Verbindung mit dem Kommen Gottes in diese Welt wird gesagt, dass dann die Augen der Blinden aufgetan werden. Und nun hat dieser Mann aus Nazareth einen Blinden geheilt. Wer ist das? Wo ist jener?
Nun wird die ganze Sache aber ernster. Ab Vers 13 führen sie ihn zu den Pharisäern. Wie der Zusammenhang deutlich macht, waren das Pharisäer aus dem Hohen Rat, also die obersten Richter. Sie müssen das abklären.
Jetzt kommt ein zweites Problem auf, nicht durch die Frage, ob das wirklich geschehen ist – das haben wir schon einmal im Johannes-Evangelium gehabt –, sondern das Problem des Sabbats. Wann wurde die Heilung vollzogen? Es gibt viele, die einen verdorrten Hand haben. Aber im Johannes-Evangelium, das nur sieben Wunder enthält, sind diese mit einer ganz besonderen Absicht ausgewählt. Genau dieses Problem hatten wir schon einmal, nämlich beim Teich von Bethesda. Dort wurde ein Gelähmter am Sabbat geheilt.
Aber, sagt man, das war doch der achte Tag, der Tag nach dem Fest, also müsste das doch der Sonntag unserer jetzigen Einteilung gewesen sein. Nein, das Fest der Laubhütten ist nicht auf die Wochentage bezogen. Es war hier der Tag danach, der sich von Jahr zu Jahr über die Wochentage verschieben kann. Der Wochentag sagt also noch nichts aus, weil das Fest nur festgelegt ist vom 15. bis zum 21. siebten Monat.
Das Problem mit dem Sabbat zwingt die führenden Richter, die Sache erst recht abzuklären. Nun wird es spitz: Entweder ist das der Messias oder ein Verführer. Aber wie kann er der Messias sein, wenn er das am Sabbat tut? Die Sache wird sehr kritisch.
Was wollen sie wissen? Wer der Mann war, der ihn geheilt hat? Ja, die Nachbarn wollen wissen: Wo ist jener? Aber die Pharisäer wollen wissen, wie er sehen konnte. Sie wollen das jetzt untersuchen. Nicht einfach, weil es sie an sich interessiert, sondern sie sind im Zugzwang.
Sie gehen ganz sachlich vor: Wie ist das geschehen? Zuerst wollen sie einfach hören. Und was macht der Blindgeborene? Er antwortet ganz sachlich. Er wertet nicht, sondern erklärt einfach sehr schön: Jesus hat den Brei auf meine Augen gelegt, ich habe mich gewaschen, jetzt sehe ich.
Die Reaktion der pharisäischen Richter: "Dieser Mensch ist nicht von Gott." Nach rabbinischer Auslegung war es nicht erlaubt, sich am Sabbat mit Flüssigkeit zu salben, mit der man sich normalerweise nicht salbt. Das durfte am Sabbat nicht geschehen. Es war auch nicht erlaubt, einen Teig am Sabbat aus Erde zu machen. Das wissen wir genau aus der rabbinischen Literatur. Darum ist für sie klar: Der Mann ist nicht von Gott.
Doch hier stellt sich das Problem, ob die rabbinische Auslegung, die sogenannte Halacha, korrekt ist. Nun werden die Richter in Zugzwang gebracht. Sie müssen sich entscheiden zwischen ihrer Halacha und Jesus von Nazaret. Beides zusammen geht nicht.
Vielleicht muss man sagen, dass die rabbinische Literatur außerbiblisch ist. Das ist ihr Auslegungsverständnis, was man unter Sabbat verstehen soll. Das ist aber nicht die Bibel. Wir müssen immer daran festhalten: Der Herr hat nie die Gesetze der Tora gebrochen.
Wo wird das zum Beispiel ganz klar bezeugt? Könnte das nicht irgendeine Sünde sein? Ja, wir haben es letztes Mal in Johannes 8 gehört: "Wer überführt mich einer Sünde?" In der Bergpredigt sagt der Herr in Matthäus 5,17-18: "Ihr sollt nicht meinen, ich sei gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. Wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht ein Jota noch ein Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist."
Da wird ganz klar gesagt: Der Herr ist nicht gekommen, um das Gesetz durch sein Leben zu beseitigen, sondern um es zu erfüllen. Er ist der Einzige, der wirklich die ganze Tora eingehalten hat. Wenn ihm Gesetzbruch vorgeworfen wurde, dann war es immer ein Bruch der Auslegung, aber nicht des biblischen Textes. Das ist wichtig.
Für die Pharisäer ist es jedoch klar: Ihre Auslegung ist gottgemäß, und darum sagen sie, dieser Mensch ist nicht von Gott. Doch es gibt auch Gelehrte, die etwas kritischer und offener sind. Sie fragen: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? Denn auch das war eine rabbinische Überzeugung: Nur jemand mit moralisch integrer Charakter kann göttliche Wunder tun.
Das Ganze wird schwierig. Jemand wollte noch etwas sagen? Sonst kommst du vielleicht später noch einmal zu Wort. Also jetzt spaltet das die Pharisäer. Es entsteht ein Zwiespalt unter ihnen. Jesus spaltet die Menschen, weil sie sich an ihm entscheiden müssen.
Wie gehen sie weiter vor? In Vers 17 wollen sie das Urteil des Blinden hören: "Was sagst du von ihm?" Nun sehen wir, wie er in seiner Erkenntnis weiterkommt. Es ist nicht mehr "ein Mensch namens Jesus", sondern "er ist ein Prophet." Das ist ein deutlicher Schritt.
Die führenden Juden versuchen noch, dem Konflikt zu entgehen, indem sie sagen: "Er sei es gar nicht gewesen. Das ist gar nicht geschehen." So wäre das Problem gelöst, man müsste sich nicht weiter damit beschäftigen.
Doch nun werden Zeugen herbeigerufen, nämlich die Eltern. Sie wollen sehr sorgfältig abklären: "Ist das euer Sohn?" Sie antworten: "Ja, er ist unser Sohn, und ja, er ist blind geboren. Wir wissen aber nicht, wer ihn sehend gemacht hat."
Damit versuchen sie, sich aus der Affäre zu ziehen. Sie wussten nämlich mehr, aber sie sagen: Das ist nicht mehr unsere Angelegenheit, er ist mündig. Er war schon dreizehn, hatte die Bar Mizwa hinter sich, ist also ein Erwachsener und soll für sich selbst sprechen.
Johannes erklärt, warum die Eltern diese Frage nicht beantworten wollten: Sie fürchteten die herrschenden Juden. Denn die Juden hatten schon beschlossen, dass jemand, der ihn als Christus bekennt, aus der Synagoge ausgeschlossen wird. Die Sache war so zugespitzt: Wer ihn als Messias bekennt, wird aus der Gemeinschaft der Synagoge hinausgeworfen.
War die Gemeinschaft der Synagoge mit dem Tod verbunden oder hatte das andere Konsequenzen? Es war eine Synagogenzucht. Damit wurde behandelt, als gehöre man nicht mehr zum Volk Gottes. Man wurde geächtet. Das wollten die Eltern nicht auf sich nehmen. Lieber sagten sie eine Unwahrheit.
Heißt es, sie fürchteten die Juden – waren die Eltern denn keine Juden? Ja, wir haben das immer wieder im Johannesevangelium gesehen: Der Ausdruck "die Juden" bezeichnet die führenden Juden ganz genau. Das zieht sich durch das Johannesevangelium. Sie waren natürlich auch Juden.
Johannes erklärt in Vers 23, dass die Eltern so antworteten, weil sie mündig waren und sich aus der Affäre ziehen wollten.
Der Blinde wird nochmals zu den Richtern geführt. Es klingt sehr eindrücklich, wie sie beginnen: "Gib Gott die Ehre", als ginge es allein um die Ehre Gottes. Aber die Sache ist festgelegt: Sie wissen genau, dass dieser Mensch ein Sünder ist. Das ist eine Voreingenommenheit.
Das "Wir wissen" ist sehr wichtig. Das sind die führenden Gelehrten Israels, die sagen: "Wir wissen." Du kannst nichts anderes sagen.
Er war ja überzeugt, dass Jesus ein Prophet ist, aber sie wissen, dass er ein Sünder ist. Nun darf er nur noch so antworten, dass er Jesus nicht positiv darstellt, sonst gibt er Gott nicht die Ehre.
Was sagt er? Hervorragend: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Eins weiß ich: Ich war blind, und jetzt sehe ich. Die Tatsache ist eine Tatsache, von der muss man ausgehen.
Die Reaktion der Richter? Sie wollen ihn verunsichern. Sie fragen noch einmal. Es klingt, als seien sie verlegen, als wüssten sie nicht, wie sie reagieren sollen. Sie beginnen noch einmal von vorne, wie ein Arzt, der nicht weiß, welche Diagnose er stellen soll.
Doch er kontert wieder hervorragend: "Ich habe es euch schon gesagt, und ihr habt nicht gehört." Die Sache ist klar: Es war Sabbat, er hat einen Brei gemacht, ich bin sehend geworden. Es ist eine Tatsache, ich war blind geboren.
Dann geht er einen Schritt weiter und fragt sie: "Wollt ihr etwa auch seine Jünger werden?" Das bringt sie zur Schmähung: "Du bist sein Jünger, wir sind Mose Jünger."
Jesus hat schon erklärt, in Johannes 5,46: "Denn wenn ihr Mose glaubtet, würdet ihr auch mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie wollt ihr meinen Worten glauben?"
Sie meinten, man könne ein Mose-Jünger sein, aber nicht ein Jünger Jesu. Das geht nicht. Wer ein Jünger Mose ist, wird ein Jünger Jesu, sobald der Messias da ist.
Nochmals diese überhebliche Gewissheit: "Wir wissen, dass Gott zu Mose geredet hat." Das ist für sie klar. Aber bei diesem Mann wissen sie nicht, woher er kommt.
Die Reaktion des ganz schlichten, einfachen Bettlers ist erstaunlich: "Ihr wisst nicht, woher er ist, und er hat doch meine Augen geöffnet." Die größten Gelehrten Israels, die alles wissen und immer wieder sagen "Wir wissen", können dazu nichts sagen.
Doch sie antworten sofort wieder mit "Nein." Der Blindgeborene übernimmt nun plötzlich die Redeweise der obersten Gesetzesgelehrten und Schriftgelehrten.
Vers 31: "Wir wissen, dass Gott Sünder nicht hört, sondern wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den hört er."
Der Blinde gibt ihnen noch einen Schlag zurück: "Von Anbeginn hat man nicht gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat." Das war kein gewöhnliches Wunder. Es war ein Wunder, wie es die Propheten des Alten Testaments nie vollbracht haben. Es war ein besonderes messianisches Zeichen.
Und das soll ein Sünder sein? Damit hat er der Aufforderung Folge geleistet: Gib Gott die Ehre.
Natürlich. Und wie gibt er sie? Vers 33: "Wenn dieser nicht von Gott wäre, könnte er nichts tun." Er übernimmt ihre Art der Argumentation. Er beruft sich auf das allgemein bekannte rabbinische Wissen: Gott hört Sünder nicht, sondern nur gottesfürchtige Menschen.
Darum sagt er: Wenn dieser nicht von Gott wäre, könnte er nichts tun. Ihre Reaktion ist totale Verblendung: "Du bist ganz in Sünden geboren." Für sie ist klar, dass der Mann behindert geboren wurde, weil er böse war, schon im Mutterleib.
Die meisten Menschen kommen ja nicht blind oder behindert zur Welt. Für sie war er ein ganz besonders böser Mensch. Darum sagen sie: "Du bist ganz in Sünden geboren, und du lehrst uns." Ein so böser Mensch will die größten Lehrer Israels belehren.
Nun kommt der Ausschluss: Sie werfen ihn hinaus. Erst dort, draußen, begegnet er dem Herrn wieder. In der ganzen Zwischenzeit hat er ihn nie mehr getroffen.
Wo haben sie ihn hinausgeschmissen? Wahrscheinlich aus dem Tempelbereich. Die ganze Befragung fand vermutlich im Tempelbereich statt, entweder auf dem Tempelplatz oben in der königlichen Säulenhalle, dem Sitz des Sanhedrins, oder im Gerichtsgebäude neben der Schönen Pforte.
Da es eine Angelegenheit war, die ganz Israel betraf – ist dieser Mann ein Verführer oder der Messias? – ist eher anzunehmen, dass es in der königlichen Säulenhalle war.
Dort haben sie ihn quasi aus dem Tempelbereich hinausgeworfen, um zu zeigen: Du gehörst nicht mehr zu uns. Das entspricht dem Beschluss, dass wer ihn als Christus bekennt, ausgeschlossen wird.
An diesem Punkt, wo er ganz unten ist – seelisch –, begegnet ihm der Herr wieder. Jesus hörte, dass sie ihn hinausgeworfen hatten, und als er ihn fand, sprach er zu ihm. Er ist ihm also nachgegangen, als der gute Hirte.
Das wird das Thema nächstes Mal sein, in Kapitel 10: Der gute Hirte, der die Schafe aus dem Schafhof herausführt. Jetzt ist einer schon draußen. Merken Sie, wie die Kapitel ständig verzahnt sind? Es sind nicht einfach Geschichten aneinandergereiht, sondern es steckt ein ganz bestimmter Plan dahinter, eine ganz bestimmte Botschaft.
Der gute Hirte geht diesem hinausgeworfenen Schaf nach und findet ihn. "Glaubst du an den Sohn Gottes?"
Ich habe noch eine Frage: Sie warfen ihn hinaus, dasselbe wie der Ausschluss aus der Synagoge, wie in Kapitel 9, Vers 22 steht. Ist er jetzt sozusagen ein Verbannter oder wurde er nur hinausgeworfen, weil er Unsinn redete?
Es ist nicht der gleiche Ausdruck. Aus der Synagoge ausgeschlossen werden heißt wirklich, man ist von der Synagoge weg. Hier in Vers 34 ist das normale Wort für "wegschmeißen". Das war eine Handlung, die bedeutete, dass er kein Recht mehr hatte, zur Synagoge zu gehören.
Sie wollten mit ihm nichts mehr zu tun haben. Damit war beschlossen, dass er nicht mehr zur Gemeinschaft gehört.
Kurze Frage zum Gerichtsurteil: Der Blindgeborene hatte doch eigentlich gar keine Chance. Was hätte er denn sagen sollen? Hätte er gesagt: "Das war ein Sünder, der mich geheilt hat," wäre das auch nicht korrekt gewesen.
Er hätte dem Gericht gegenüber sagen können, was er wollte, aber weil diese Menschen Gott zuwider waren, musste es zu einer Trennung kommen. Das Schaf musste aus dem Schafhof hinausgeführt werden.
Wenn er gesagt hätte, Jesus sei ein Sünder, der ihn geheilt hat, also nicht der Messias, dann hätten sie ihn akzeptiert. Aber das war nicht möglich, denn das rabbinische Gedankengut war: Wer göttliche Werke tut, muss auch einen integren Charakter haben.
Gut, aber das hätten sie dann doch hören müssen. Sie sagten ja, der Mensch ist ein Sünder, der den Sabbat bricht. Für sie war das klar. Er hätte also die rabbinischen Gedanken in einem Gerichtsurteil widerlegen müssen.
Klar, hätten sie das gehört, denn für sie war es wichtiger, dass er verworfen wird, als dass ihr Denken konsequent weitergeführt wird.
Jetzt fragt der Herr: "Glaubst du an den Sohn Gottes?" So weit war er noch nicht. Er war nur bis zu dem Punkt gekommen, dass Jesus ein Prophet ist.
Wer ist dieser Sohn Gottes? Der Herr Jesus offenbart sich ihm jetzt und macht ihn sehend. Er sagt: "Du hast ihn gesehen. Der, mit dem du redest, ist es." Das ist die gleiche Person wie in Johannes 1,1: "Im Anfang war das Wort." Er ist vom Vater gesandt in die Welt und spricht als Mensch zu ihm.
So kommt er auch geistlich zum Sehen: "Ich glaube, Herr," und er ehrte ihn.
Der Herr erklärt in einer weiteren Rede, dass er zum Gericht in diese Welt gekommen sei. Gericht und Krise bedeuten auch Scheidung. Zum Beispiel entspricht eine Krise einem Scheidepunkt auf einem Berg, wo die Wasserscheide das Wasser entweder hierhin oder dorthin lenkt.
Gericht bedeutet auch Scheidung. An ihm werden die Menschen geschieden: entweder auf der einen Seite oder auf der anderen.
Darum heißt es: "Damit die Nichtsehenden sehen und die Sehenden blind werden."
Wenn wir an die Nacht beim Laubhüttenfest denken, da war einerseits das Licht von den Leuchtern, ein Hinweis auf den Erlöser: "Ich bin das Licht der Welt." Aber die Leuchter wurden nicht tagsüber, sondern nachts angezündet.
So haben wir in diesen Nächten beides: Dunkelheit und Licht. Für den Blindgeborenen, der in Dunkelheit lebte, kam das Licht in sein Leben.
Diese Pharisäer meinten, sie seien im Licht, doch tatsächlich kam die Dunkelheit über sie. Diese Blindheit führte dazu, dass sie gegen besseres Wissen den Herrn als Sünder verurteilten.
Nächstes Mal machen wir mit Kapitel 10 weiter: Der Hirte, der seine Schafe hinausführt.
Wir wollen vielleicht noch schnell lesen, Johannes 10,3: "Dem Hirten tut der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme. Er ruft seine eigenen Schafe mit Namen und führt sie heraus."
Das ist wirklich, wie er den Blindgeborenen herausgeführt hat.
Weiter heißt es: "Wenn er seine eigenen Schafe alle herausgebracht hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen. Einem Fremden aber folgen sie nicht, sondern fliehen vor ihm, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen."
Schön, oder?
Noch eine Frage: Die Pharisäer hatten das Alte Testament so gut studiert, gerade bei den Blinden stehen ja auch Jesaja und Jeremia. Sind sie nicht auf die Idee gekommen? Waren sie wirklich verblendet? Sie mussten doch wissen, wie der Messias kommen sollte.
Ja, klar. Das war nicht der einzige Hinweis. Sie waren immer wieder mit solchen Hinweisen konfrontiert worden.
Zum Beispiel in Lukas 5, ganz am Anfang des Dienstes des Herrn, wurde ein Aussätziger geheilt. Man sagte damals, die Heilung eines Aussätzigen sei so schwer wie die Auferweckung eines Toten.
Dort heißt es, der Herr habe den Aussätzigen zu den Priestern geschickt. Die Priester waren die Spezialisten, die kontrollieren mussten, ob der Kranke wirklich gesund ist. Sie mussten attestieren, dass der Aussätzige geheilt ist.
Sie hatten die Krankheit diagnostiziert, und der Aussätzige war ausgeschlossen.
Im folgenden Abschnitt heißt es in Lukas 5,12-16: Die Heilung dieses Aussätzigen.
Wenn das im Tempel offiziell abgeklärt wurde, dass das Heilungswunder geschehen war, wurde auch der Oberste Rat damit konfrontiert. Das könnte ja der Messias sein.
In Vers 17 heißt es: "Es geschah an einem der Tage, da lehrte er, und es saßen Pharisäer und Gesetzeslehrer da, die aus jedem Dorf Galiläas, Judäas und Jerusalems gekommen waren."
Was für ein Aufmarsch! Pharisäer und Schriftgelehrte aus jedem Dorf Galiläas, Judäas und Jerusalems. Das war ein landesweiter rabbinischer Aufbruch.
Wieso kommen sie und hören ihm zu? Das ist unmittelbar nach der Heilung des Aussätzigen.
Wenn er einen Aussätzigen heilen konnte, könnte er der Messias sein. Das müssen sie jetzt abklären. Darum hören sie zu und stellen Fragen, sagen aber noch nichts.
Dieser ganze Prozess der Auseinandersetzung ging über drei Jahre hinweg.
Das mit dem Blindgeborenen war ein Glied in dieser Kette. Wieder mussten sie sich auseinandersetzen, diesmal mit dem Sabbat. Jesus sieht das anders als sie.
Doch anstatt dass sie sehend wurden, wurden sie blind. Der Blindgeborene wurde sehend und erkannte ihn als Sohn Gottes.
Es ist eindrücklich, wenn man heute mit Menschen spricht, wie es Leute gibt, die überzeugt sind, dass Glaube absoluter Unsinn ist – der christliche Glaube.
Dann gibt es andere, die zum Glauben kommen. Es ist geheimnisvoll, warum bei dem einen so klar und beim anderen so unklar ist.
Pascal, der Mathematiker und Philosoph der Aufklärungszeit, war ein Gläubiger und schrieb in seinem Buch "Pensées": "Es gibt genügend Licht, um glauben zu können, und genügend Finsternis, um nicht glauben zu können."
Das ist wirklich das, was wir in den Nächten von Laubhütten haben: Dunkelheit und Licht.
Wer zum Licht kommen will, wird sehend. Wer das Licht hasst, geht in die Dunkelheit.
Darunter sagt Jesus: "Ich bin gekommen zum Gericht," also zur Scheidung.
Dann wollen wir noch gemeinsam beten.