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Der Auftrag zur Liebe in der Gemeinde

05.01.2020Johannes 13,34-35

Einführung: Die Bedeutung der Gemeinschaft für das Bild von Jesus

Der Theologe Ian Coffey schreibt in einem Buch über Gemeindebau ganz am Anfang: Du kannst viel über eine Person sagen, wenn du dir ihre Freunde anschaust. Ich habe den Verdacht, dass es vielen, die eine Gemeinde verlassen haben oder noch nie in einer wahren Gemeinde waren, mit Jesus ähnlich geht.

So unangenehm das auch klingen mag: Menschen bilden sich ihre Meinung über Christus, indem sie diejenigen betrachten, die seinen Namen tragen. Sich hinter dem Satz zu verstecken „Schau nicht auf uns, schau auf Jesus“ funktioniert einfach nicht.

Das klingt vielleicht erst einmal ein bisschen hart. Ist es denn fair, dass die Menschen uns anschauen und dann von uns auf Jesus schließen? Aber genau das ist es, was Jesus in Johannes 13 sagt – in unserem kurzen Predigttext heute. Er sagt seinen Jüngern: „Liebt einander, liebt euch untereinander, so wie ich euch geliebt habe. Denn an dieser Liebe soll die Welt erkennen, dass ihr meine Jünger seid, dass ihr zu mir gehört.“

Weil das ein so zentraler Auftrag ist, den Jesus seinen Jüngern und seiner Gemeinde gibt, wollen wir uns zu Beginn dieses Jahres als Gemeinde in ein paar Wochen Zeit nehmen, diesen Auftrag noch einmal für uns durchzudenken. Und zwar nicht nur mit dem Kopf, sondern hoffentlich mit dem Herzen.

Wir wollen neu erkennen, dass unsere Berufung in dieser Welt, in dieser Stadt darin besteht, dass man uns an unserer Liebe zueinander erkennt. Dass wir widerspiegeln, wie Jesus seine Jünger liebt.

Wir haben diese Serie „Liebe in Aktion“ genannt und schauen uns heute diesen Auftrag an, den Jesus seinen Jüngern gibt. Nächste Woche werden wir von Matthias Lohmann über das Beispiel der ersten Gemeinde in Jerusalem hören – Apostelgeschichte 2 – ein Vorbild in der Liebe. In zwei Wochen berichtet Christian Klein über ein Beispiel aus dem Römerbrief: Wie kann das praktisch werden?

Wir hätten auch ganz andere Abschnitte aus dem Neuen Testament nehmen können, weil es so viele Stellen und Passagen gibt, in denen es um die Liebe geht, die wir untereinander haben sollen. Jetzt haben wir diese drei ausgewählt, und ich glaube, das wird uns wirklich helfen, wenn wir uns darauf einlassen.

Vielleicht noch ein Wort vorweg: Es ist wirklich ganz, ganz wichtig. Ich wünsche mir sehr, dass jeder von uns diese Texte für sich hört und nicht denkt: „Mensch, wenn der das über Liebe wüsste, wenn er so leben würde, das wäre toll.“ Sondern dass wir das auf uns wirken lassen – jeder für sich. Das wird etwas verändern.

Das neue Gebot der Liebe als zentraler Auftrag Jesu

Ich möchte einen ganz kurzen Text lesen, und zwar Johannes 13, die Verse 34 und 35. Dort sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“

Vater im Himmel, wir wollen beten, dass diese Worte wirklich unsere Herzen berühren. Dass sie uns wirklich zur Liebe antreiben, dieser Auftrag von Jesus. Wir wollen verstehen, noch mehr verstehen, wie er uns liebt. Und dass es uns verändert, sodass wir auch so lieben können, wie er es in unfassbarer Weise getan hat und tut. Herr, bitte stärke uns, stärke unsere Liebe durch diese Predigtserie. Amen.

Jesus sagt hier zu Beginn: „Ich gebe euch ein neues Gebot, dass ihr euch untereinander liebt.“ Das ist eine ganz einfache Aussage und doch so herausfordernd: dieses Gebot „Liebt euch untereinander!“

Der Neutestamentler Don Carson schreibt über dieses Gebot: „Es ist einfach genug, dass es sich ein Kleinkind merken kann, total einfach. Und gleichzeitig ist es so tiefgründig, dass die meisten reifen Gläubigen immer wieder beschämt feststellen müssen, wie wenig sie dieses Gebot verstehen und umsetzen.“

Bevor wir uns anschauen, wie diese Liebe aussieht, müssen wir erst einmal verstehen, dass Jesus hier keine Option formuliert. Er sagt nicht: „Das wäre nett, wenn ihr ein bisschen nett zueinander seid und euch ein bisschen lieb habt, das würde ich mir wünschen, das wäre wirklich schön.“ Sondern er sagt: „Ich gebe euch ein Gebot, ein neues Gebot.“

So wie Gott im Alten Testament seinem Volk Israel Gebote gegeben hat – die zehn Gebote: „Lebt so, handelt so, tut so“ – sagt jetzt Jesus mit Gottes Vollmacht in das Leben seiner Jünger: „Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander!“

Er sagt das kurz bevor er seine Jünger verlässt, kurz bevor er ans Kreuz geht und kurz bevor er dann auch in den Himmel auffährt, nachdem er auferstanden ist. Es ist wie ein Testament, das er zu seinen letzten Worten an die Jünger gibt: „Liebt einander!“

Neu ist dieses Gebot nicht, weil im Alten Testament nie von Liebe die Rede gewesen wäre. Nein, dort lesen wir oft von Liebe, und Gott sagt seinem Volk: „Liebt Gott, liebt mich und liebt auch euren Nächsten.“ Das ist ein Gebot, das es schon im Alten Testament gibt.

Aber da ist es für das Volk Israel. Hier ist es ein neues Gebot für die Jünger und für die Gemeinde Jesu, für dieses neue Volk, das Gott sich sammelt. Er sagt: „Das soll euch Jünger auszeichnen, das soll die Gemeinde, meine Gemeinde, auszeichnen – die Liebe.“

Die Herausforderung der Gemeinschaft unter Jüngern

Und jetzt dürfen wir uns diese Jüngertruppe nicht zu romantisch vorstellen. Was für Leute waren das eigentlich? Vielleicht stellt ihr euch das manchmal so vor – zumindest kenne ich das so –, dass die zwölf Gefährten einträchtig zusammen durch die Lande ziehen. Für sie war es einfach, das Gebot umzusetzen, denn sie standen ja ganz nah bei Jesus.

Aber das waren ganz unterschiedliche Typen. Zum Beispiel waren Brüderpaare dabei, die sich von Natur aus wahrscheinlich näherstanden und sich viel besser kannten. Vielleicht bildeten sie Klicken oder stritten sich auch, weil sie Brüder waren. Es kann genauso gut sein, dass sie sich gar nicht so leiden konnten.

Da waren Männer aus unterschiedlichen Orten dabei, die Jesus in verschiedenen Städten berufen und zusammengeführt hatte. Sie hatten vielleicht wenig gemeinsam, ihre Lebensumstände waren unterschiedlich, ebenso ihre Berufe. Es war einer dabei, ein Zöllner, der mit den römischen Besatzern zusammenarbeitete und die Arbeit verrichtete, die viele als Drecksarbeit betrachteten.

Auf der anderen Seite war ein Zelot dabei – der bewaffnete Arm der pharisäischen Bewegung. Man könnte ihn auch als Terroristen bezeichnen, der gegen die Römer kämpfte. Diese beiden waren im selben Team. Könnt ihr euch vorstellen, wie das manchmal gewesen sein mag?

Die Bibel beschreibt das nicht im Detail, aber sie erwähnt, dass es immer wieder Streit unter den Jüngern gab. Wer war der Tollste? Wer der Beste? Wer hatte am meisten drauf? Das Einzige, was die meisten von ihnen wirklich verband und einte, war, dass Jesus sie liebte. Dass Jesus jeden Einzelnen von ihnen dort, wo er war, gerufen hatte und gesagt hatte: „Komm mit mir, folg mir nach.“

Das ist gar nicht so anders als bei uns – abgesehen von den Terroristen. Wir haben keine Terroristen hier, aber wir sind auch ganz unterschiedlich. Wir kommen aus verschiedenen Städten, sogar aus unterschiedlichen Ländern. Wir haben unterschiedliche Bildung, verschiedene Berufe, und wahrscheinlich wählen wir auch unterschiedliche Parteien. Vielleicht haben wir unterschiedliche Vorstellungen von Wirtschaft. So viele Unterschiede.

Und doch eint uns, dass Jesus uns gerufen hat. Dass er uns zusammengebracht hat und sagt: „Liebt einander, ihr seid meine Jünger. Ihr gehört jetzt zusammen – ganz bunt.“ Dabei gehört ihr nicht nur zusammen mit denen, die auf einer Wellenlänge mit euch in der Gemeinde sind, sondern als ganze Gemeinde, als ganze Jüngerschar.

Die Jünger haben verstanden, dass das ein ganz wichtiger Auftrag ist. Im Neuen Testament, in den Briefen, lesen wir immer wieder, dass sie diesen Auftrag aufgegriffen haben. Wahrscheinlich auch, weil es so schwer ist, dass man sich das immer wieder bewusst machen muss und es als Auftrag in die Gemeinden weitergeben muss.

Die Liebe als zentrales Merkmal des Christenlebens

Wir tun uns oft schwer damit, doch im Neuen Testament finden sich viele Beispiele, die die Bedeutung der Liebe betonen.

In Kolosser 3,14 sagt Paulus an die Kolosser: „Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.“

Ebenso heißt es in 1. Petrus 4,8: „Vor allen Dingen habt untereinander beharrliche Liebe, denn Liebe deckt der Sünden Menge zu.“

Auch im ersten Johannesbrief, den wir gerade gehört haben, steht in 1. Johannes 4,7-8: „Ihr Lieben, lasst uns einander liebhaben, denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist aus Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist die Liebe.“

Besonders eindrücklich ist 1. Korinther 13,1-3: „Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnisse und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre es mir nichts nütze.“

Gerade 1. Korinther 13 macht deutlich: Die Liebe ist wirklich das wichtigste Merkmal eines Christen. Paulus hat nichts gegen prophetische Rede oder Erkenntnis. Er predigt Menschen, Gott zu erkennen. Doch er sagt: Wenn ihr Erkenntnis habt, solange die Liebe fehlt, ist das nichts nütze.

Hat die Liebe für uns zu unseren Geschwistern, zu unseren Mitchristen in der Gemeinde diesen Stellenwert? Ist sie für uns nur eines von vielen Themen, die man mal bearbeiten kann? Oder ist sie ein zentrales Thema für uns? Nicht eine zweitrangige Frage, sondern das Thema, das uns antreibt?

Wir sollten uns immer wieder fragen: Wie kann ich meine Geschwister in der Gemeinde lieben? Wie kann ich ihnen dienen? Wie kann ich ihnen Gutes tun?

Das ist ein ganz zentraler Auftrag für uns. Jesus ist es wichtig, dass wir das als Gebot verstehen – nicht als eine Option, sondern als ein Gebot.

Die Liebe Jesu als Vorbild für unser Handeln

Wie sieht diese Liebe aus? Jesus sagt uns das im zweiten Teil dieses Verses: „Liebt euch untereinander, so wie ich euch geliebt habe.“ Schaut auf mich, schaut auf Jesus, schaut, wie er geliebt hat.

Als ich darüber nachgedacht habe, wie Jesus liebt, sind mir vier Punkte eingefallen. Wahrscheinlich gibt es viel mehr, und wir könnten uns lange darüber austauschen. Aber ich möchte diese Liebe an vier Punkten festmachen: Jesus liebt bedingungslos, Jesus liebt aufopferungsvoll, Jesus liebt mit der Wahrheit und Jesus liebt mit einer unfassbar tiefen Liebe zu seinem Vater.

All das haben die Jünger miterlebt. Dass Jesus bedingungslos liebt, haben sie erlebt, weil Jesus keine Auswahl getroffen hat, indem er die frommsten Männer Israels zusammengetrommelt hat. Er hat nicht geschaut, wer qualifiziert oder fähig ist, in seinem Team zu sein. Er ist nicht zu den Pharisäern und Schriftgelehrten gegangen, um Gruppendiskussionen zu führen oder Einzelgespräche zu halten, und am Ende die zwölf Topmänner auszuwählen.

Stattdessen hat er ganz einfache Leute berufen: Fischer, Zöllner, ja sogar Leute mit zweifelhaftem Ruf, nicht besonders fromm oder angesehen. Das ist bedingungslose Liebe.

Dann zog er mit ihnen los, brachte ihnen Dinge bei, zeigte ihnen Wunder Gottes, offenbarte seine Kraft und lehrte sie mit der Autorität Gottes. Doch immer wieder musste er feststellen, dass sie versagten, vieles noch nicht verstanden, an seiner Macht zweifelten. Sie verleugneten ihn sogar, wie Petrus, und sagten: „Ich kenne ihn nicht“, wenn es hart auf hart kam.

Und Jesus liebte bedingungslos. Er schickte sie nicht weg und suchte sich keine anderen Jünger. Er hielt an ihnen fest – das ist bedingungslose Liebe, die nicht auf das schaut, was jemand tut, sondern sagt: „Ich liebe dich, ich habe dich ausgewählt.“

Diese Jünger erlebten auch, wie Jesus sie aufopferungsvoll liebt. Schon bevor er mit ihnen zusammenkam, zeigt sich seine aufopferungsvolle Liebe darin, dass er den Himmel verlassen hat und in unsere Welt gekommen ist. Er hatte alles, die Schätze des Himmels, eine gute Beziehung zum Vater. Doch er wurde arm und kam in unsere Welt.

Stell dir vor, du verlässt Deutschland mit vollen Kühlschränken, einem guten Gesundheitssystem und tollen Freizeitmöglichkeiten. Du verkaufst alles und gehst in das ärmste Land der Welt, um bei den Armen zu sein und ihnen zu dienen. Das können sich die meisten kaum vorstellen.

Jesus tat noch etwas viel Größeres: Er verließ das beste Land, den Himmel, der schöner ist, als wir uns vorstellen können. Er wurde Mensch, wurde arm für uns. Dieses Opfer ging noch weiter: Er brachte seinen Jüngern alles bei und ließ dann sein Leben am Kreuz für sie. Er bezahlte ihre Schuld, die sie vom Himmel trennt, die das Paradies verschlossen hat. Jesus machte den Weg frei für dieses Land.

Das ist aufopferungsvolle Liebe.

Jesus liebt aber auch mit der Wahrheit. Heute herrscht manchmal die Vorstellung, dass Liebe bedeutet, jeder lässt jeden einfach stehen, jeder hat seine eigene Wahrheit, und das Schlimmste wäre, wenn man über Wahrheit streitet. Also spricht man schwierige Themen lieber nicht an.

Jesus handelte anders. Bei ihm sehen wir, dass Liebe ohne Wahrheit keine echte Liebe ist. Liebe braucht Wahrheit.

Er ermahnte die Jünger, gab ihnen Belehrungen. Manchmal wirkte diese Liebe recht hart, schroff sogar. Doch das geschah aus Liebe, weil er sie erreichen, gewinnen und auf den richtigen Weg bringen wollte.

Genauso ging er mit den Pharisäern und Schriftgelehrten um. Er lieferte sich viele Diskussionen, um ihnen die Augen zu öffnen und klarzumachen, was Gottes Wille und wahre Liebe ist.

Jesus scheute sich auch nicht, Sünden anzusprechen. Es gibt die Geschichte, wo er sich schützend vor eine Ehebrecherin stellt. Alle Ankläger gehen nach und nach weg. Jesus sagt: „Wenn euch niemand anklagt, so verurteile ich dich auch nicht.“ Aber dann fügt er hinzu: „Geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“

Das ist Liebe mit Wahrheit: Er schützt sie, aber sagt auch klar, dass Sünde kein Problem ist, das man ignorieren kann. Er fordert Veränderung.

Schließlich lebte Jesus mit einer ganz tiefen Liebe zu seinem Vater. Am deutlichsten zeigt sich das in Gethsemane, kurz vor dem Kreuz, wo er mit Gott ringt. Jesus war ganz Mensch und hatte Angst vor dem Weg ans Kreuz, vor dem Schmerz und der Last der Sünde der ganzen Welt.

Er betet: „Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.“ Doch dann fügt er hinzu: „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“

In Gethsemane denkt er nicht zuerst an uns, obwohl er für uns ans Kreuz ging. Er denkt an seinen Vater, flieht zu ihm und weiß: „Mein Vater liebt mich.“ Das ist das Geheimnis, warum Jesus den Weg gehen konnte – nicht aus Pflicht, sondern aus Liebe und Treue zu seinem Vater.

Wie anders würden wir oft lieben, wenn wir es so täten wie Jesus in Gethsemane!

Denn es gibt wirklich schwierige Menschen. Vielleicht erlebst du das in deinem Leben: Menschen, die dir das Leben schwer machen. Manchmal suchst du verzweifelt einen Funken, den du lieben kannst, findest aber nichts.

Das Geheimnis, diese Menschen dennoch zu lieben, ist, zum Vater zu fliehen und zu beten: „Vater, nicht mein Wille geschehe, mein Wille wäre wegzulaufen oder dagegenzuhalten, sondern dein Wille geschehe. Ich will lieben, weil du mir diesen Auftrag gibst.“

Jesus hat den Weg freigemacht, so zu lieben. Am Kreuz hat er es erst möglich gemacht, so zu lieben.

Er gibt uns ein Vorbild der Liebe und befähigt uns dazu, so zu lieben. Sein Geist wirkt in uns, und Paulus nennt diese Liebe eine Frucht des Geistes (Galater).

Weil er uns so geliebt hat, können wir es ihm gleich tun. Wir können diese Liebe weitergeben und mit dieser Liebe leben.

Das müssen wir üben. Es fällt uns oft schwer. Ihr könnt anderer Meinung sein, aber es ist schwer.

Kennst du den Reflex, wenn du Mitchristen in der Gemeinde hast, mit denen du es schwierig findest – aus welchem Grund auch immer? Vielleicht reden sie zu viel, zu wenig oder unqualifiziert. Der Reflex ist oft, einfach wegzugehen, die Person zu meiden.

Es gibt ja genug andere. Man kann den Gottesdienst wechseln oder sogar in eine andere Gemeinde gehen.

Was würde es bedeuten, diese Person, gerade diese, mit der du Mühe hast, so zu lieben wie Jesus?

Kennst du die Versuchung, wegzulaufen, wenn es schwierig wird, zum Beispiel in einer Ehe? Viele sind vielleicht nicht verheiratet, aber schwierige Situationen kann es geben.

Dann sagen Kollegen oder Freunde, die nicht Christen sind: „Ich wäre schon längst gegangen.“ Was würde es heißen, in so einer Situation aufopferungsvoll zu lieben, wie Jesus uns liebt?

Was bedeutet es, dass Jesus den Preis für meine Schuld bezahlt hat, im Umgang mit meinem Partner? Vielleicht muss ich Schuld erlassen, lernen, sie beim Vater im Gebet loszulassen. Schwierig, aber möglich.

Stehst du in der Gefahr, schlecht über andere zu reden? Das tun viele mal, es scheint nichts Böses zu sein.

Was würde es für unser Reden bedeuten, wenn uns die Liebe Jesu antreibt? Wie würden wir reden, wenn die Liebe Jesu uns bewegt?

Seine Liebe fordert uns heraus, unangenehme Fragen zu stellen und uns selbst zu hinterfragen: Treibt mich wirklich die Liebe Gottes?

Wenn wir uns hinterfragt haben, sollten wir auch einander hinterfragen. Wichtig ist, dass wir als Gemeinde uns immer wieder fragen: Zeichnet uns diese Liebe aus? Wie gehen wir miteinander um? Wie reden wir übereinander?

Dabei sollten wir nicht als Richter, sondern als Freunde handeln, die einander helfen wollen, mehr zu lieben.

Man erkennt daran, wie wir leben, ob wir Jesus wirklich lieben.

Wenn nicht, ist es unsere Aufgabe, nicht unsere eigene Lieblosigkeit zu rechtfertigen oder zu verstecken, indem wir sagen: „Schau nicht auf uns, schau auf Christus.“ Ein Funken Wahrheit ist darin, aber unsere Aufgabe ist, selbst mehr auf Jesus zu schauen, seine Liebe am Kreuz neu zu sehen und uns von dieser Liebe verändern zu lassen.

Nicht rausreden, sondern sagen: „Du hast Recht, da ist noch wenig Liebe, ich will mehr davon.“

Ein wichtiges Übungsfeld, um in dieser Liebe zu wachsen, sind unsere Kleingruppen und Hauskreise. Dort können wir Gemeinschaft auf eine andere Weise erleben.

Im Gottesdienst sitzen wir nebeneinander, hören die Predigt, singen Lieder, und nach dem Gottesdienst gibt es Austausch. Aber im Hauskreis und in Freundschaften haben wir die Möglichkeit, wirklich mehr Anteil zu nehmen.

Wir erfahren, wo die Menschen gerade stehen, was sie beschäftigt, und lernen, mit schwierigen Charakterzügen umzugehen. Diese zeigen sich oft erst, wenn man näher dran ist.

Meine Frau hat meine schwierigen Charakterzüge erst nach der Hochzeit richtig kennengelernt. Man muss nicht verheiratet sein; eine Kleingruppe kann schon sehr helfen.

Deshalb wünschen wir uns als Älteste, als Gemeindeleitung, dass noch viel mehr von euch in Hauskreise gehen. Noch mehr sollen sagen: „Ich gründe einen neuen Hauskreis.“ Wir wollen, dass wir in der Gemeinde mehr zusammenrücken.

Wir wünschen uns das auch, weil es in unserer Gemeinde Menschen gibt, die am Rand stehen, die durch alle Raster fallen.

Manchmal merken wir das erst, wenn sie sagen: „Tschüss, ich bin weg.“ Sicher haben sie auch ihre Anteile, aber es ist wichtig, dass ihr euch meldet, wenn ihr euch am Rand fühlt.

Gleichzeitig müssen wir alle versuchen, jeden mitzunehmen, alle ins Boot zu holen.

Da stoßen wir als Älteste auch an unsere Grenzen.

Umso dankbarer bin ich für den Auftrag Jesu, der sich nicht nur an Älteste richtet, sondern an die ganze Gemeinde: „Habt Liebe untereinander!“

Deshalb möchte ich uns alle dazu aufrufen, nicht zu sagen: „Ich muss hier nicht alles machen.“ Unsere Gemeinde hat 400 Mitglieder, man kann nicht jeden kennen, aber man kann sagen: „Vier, fünf Leute will ich wirklich tiefer kennenlernen, ich will Anteil an ihrem Leben haben.“

Das Krönung wäre, wenn du einen dieser vier oder fünf auswählst, mit dem du es schwieriger hast, und sagst: „Den will ich besser kennenlernen, den will ich mehr lieben lernen.“

Wenn das jeder täte, würden Wunder in unserer Gemeinde geschehen, davon bin ich überzeugt.

Ich danke jedem, der das schon tut. Wir fangen nicht bei Null an. Wir haben schon Kleingruppen und Leute, die sich um andere kümmern.

Aber wir können weiter wachsen und Schritte gehen, damit unsere Gemeinschaft und unsere Liebe untereinander nicht höflich distanziert, sondern tief und echt wird – so wie Jesus sie uns zeigt.

Im letzten Teil sehen wir, dass es nicht nur darum geht, gut miteinander auszukommen.

Wenn wir uns so lieben, wie Jesus seine Jünger liebt, werden wir es richtig gut miteinander haben – und das ist schön.

Aber es ist nicht nur für uns. Es ist ein Zeugnis für die Welt.

Jesus sagt in Vers 35: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“

In der Gemeinde fragen wir uns oft, wie wir Menschen mit dem Evangelium erreichen können. Wir haben viele Aktionen, und sie sind gut: Christsein auf der Straße, Büchertische, Seminare zur persönlichen Evangelisation.

Das alles ist wichtig.

Aber ein kraftvolles Mittel der Evangelisation ist unsere Liebe untereinander.

Wenn wir diese Liebe nicht haben und Menschen kommen in unsere Gemeinde, Traktate bekommen und dann keine Liebe sehen, ist das unser Zeugnis – als hätten wir die Botschaft durchgestrichen.

Gut, dass sie es gehört haben, aber sie sehen nichts von der Liebe.

Deshalb müssen wir immer wieder prüfen, was unsere Gemeinde auszeichnet.

Auch als Kleingruppen und als ganze Gemeinde ist die Liebe unser wichtigstes Erkennungszeichen, unser Aushängeschild.

Mindestens so wichtig wie klare ethische Überzeugungen, großzügiges Geben oder bibeltreue Predigten.

Es kann sogar sein, dass man bibeltreu predigt, aber die Liebe fehlt.

Paulus sagt das im 1. Korinther 13: „Wenn ich alle Erkenntnis hätte und sogar Glauben, der Berge versetzen kann, aber die Liebe fehlt, so bin ich nichts.“

Das ist nicht gegen großzügiges Spenden oder bibeltreue Predigten gerichtet, aber die Liebe ist das wichtige Puzzlestück.

Klare ethische Standpunkte kennt die Welt auch. Großzügige Spender kennt die Welt auch. Klare Glaubensüberzeugungen kennt die Welt auch. Höflich und nett miteinander sein kennt die Welt auch.

Aber die Liebe Jesu kennt die Welt nicht.

Manche von euch sind vielleicht gerade deshalb in die Gemeinde gekommen, weil ihr gesehen habt: „Schaut mal, wie Christen einander lieben, was für eine Gemeinschaft sie haben – so eine Liebe habe ich noch nirgendwo gesehen.“

Was könnten Menschen noch sehen, wenn sie zu uns kommen? Vielleicht sehen sie, dass wir füreinander beten und die Sorgen und Nöte ernst nehmen.

So ernst, dass wir praktisch helfen, uns besuchen, wenn jemand krank ist, uns kümmern, wenn Familien mit kleinen Kindern überfordert sind, bei den Alten und Schwachen sind.

Das schaffen nicht nur die Ältesten oder der Brüderrat, das müssen wir gemeinsam tragen.

Wir sprechen liebevoll miteinander, wenn jemand nicht da ist. Wir lästern nicht hinter dem Rücken, nicht mal ein bisschen. Wir sprechen gut über einander, bauen einander auf.

Wenn es Probleme gibt, sprechen wir die Person direkt an: „Ich habe ein Thema, über das ich mit dir reden möchte.“

Das ist anstrengend, aber es ist Liebe.

Wir schließen niemanden aus, egal welche Lebensgeschichte jemand mitbringt, welche schwierigen Charakterzüge, wie jemand riecht oder was er arbeitet.

Wir vergeben einander gern und tragen einander die Schuld nicht nach.

Wie oft fällt uns das als Christen noch schwer, von Herzen zu vergeben?

Wie oft gibt es Grabenkämpfe, wo wir uns Jahre oder Jahrzehnte die Schuld hinterhertragen?

Der Blick aufs Kreuz kann das verändern. Er verändert alles. Ich kann loslassen. Ich muss die Schuld nicht mehr in Rechnung stellen. Der Preis ist bezahlt.

Wir fragen nicht nur: „Was brauche ich? Was dient mir?“ Sondern auch: „Was brauchst du? Was tut dir gut?“

Das ist keine Utopie, sondern nur ein paar Farbtupfer der Vision, die Jesus für seine Gemeinde hat – die Liebe, die er sich für uns wünscht.

Er will, dass die Welt seine bedingungslose, aufopferungsvolle und wahrhaftige Liebe an uns erkennt.

Frag Gott im Gebet: Was heißt das jetzt ganz praktisch? Was heißt das konkret für mich?

Es ist ein großer Auftrag: Liebt einander!

Aber Gott zeigt dir einen kleinen Schritt, den du noch heute oder diese Woche gehen kannst, damit die Welt erkennt, dass wir seine Jünger sind.

Fragt euch das als Hauskreis oder Kleingruppe: Was können wir gemeinsam schaffen? Was können wir gemeinsam tun, um die Gemeinde liebevoller zu machen?

Es geht nicht darum, große Programme aufzustellen.

Wenn dein Herz aber von Jesu Liebe erfüllt ist, wenn du staunst, wie sehr Jesus dich liebt, dann will das raus.

Dann möchtest du andere lieben, Brüder und Schwestern mit dieser Liebe.

Vielleicht ist dein erster Schritt ein anderer: Du merkst, dass dich das, was Jesus für dich getan hat, gerade nicht so bewegt. Vielleicht hattest du schon mal ein größeres Feuer.

Dann ist dein erster Schritt vielleicht, neu zum Kreuz zu gehen, neu zu staunen, zu beten und mit Gott zu ringen: „Herr, mach mir das wieder größer. Bewege mein Herz so sehr, dass es auch meine Handlungen verändert.“

Denn das soll die Quelle sein: das Kreuz, die Liebe Gottes.

Nicht aufgesetzt, keine Maske, keine Aktion, sondern wirklich aus einem gefüllten Herzen.

So, dass die Heiden im alten Rom die Christen sahen und staunten: „Seht, wie sie einander lieben, wie sie bereit sind, füreinander zu sterben.“

Es war eine Zeit harter Verfolgung, wo manche für andere ihr Leben gaben.

Wir dürfen dankbar sein, dass wir nicht so verfolgt werden.

Gleichzeitig dürfen wir beten, dass Gott unsere Liebe wachsen lässt, dass wir bereit werden, füreinander unser Leben zu geben.

Vielleicht nicht wortwörtlich, aber so, dass wir uns selbst immer unwichtiger machen und unsere Geschwister immer wichtiger.

Das ist aufopferungsvolle und bedingungslose Liebe, die Jesus uns zeigt.

Und das ist die Liebe, an der die Welt erkennen wird, dass wir seine Jünger sind.

Dafür möchte ich beten, dass diese Liebe bei uns wächst.

Vater, wir danken dir für deine Liebe, für das Kreuz, dass Jesus uns erlöst hat und für sein Vorbild deiner tiefen Liebe.

Wir danken dir für alle Frucht der Liebe, die du in unserer Gemeinde schon gewirkt hast – für die tiefen Beziehungen, die Menschen tragen, unterstützen und im Glauben stärken.

Wir bitten dich, dass wir in dieser Liebe weiter wachsen, dass du uns die Liebe zueinander immer wichtiger machst.

Dass unser Aushängeschild immer mehr wird, sodass Menschen draußen in München sagen: „Seht, was für eine Liebe sie untereinander haben, wie sie füreinander aufopfern.“

Wir beten, dass du dieses Wunder wirkst und wir eine Gemeinde werden, die immer mehr für ihre Liebe zu dir und zueinander bekannt ist.

Amen.

Die Bedeutung von Kleingruppen für das Wachstum der Liebe

Ein ganz wichtiges Übungsfeld, um in dieser Liebe zu wachsen, sind unsere Kleingruppen und Hauskreise. Dort können wir Gemeinschaft auf eine ganz andere Weise erleben. Das Setting in der großen Runde zwingt uns oft dazu, höflich distanziert zu bleiben. Wir sitzen nebeneinander in der Reihe, hören alle die Predigt und singen gemeinsam ein paar Lieder.

Nach dem Gottesdienst haben wir zwar die Möglichkeit, uns ein wenig auszutauschen, aber im Hauskreis, in der Kleingruppe oder in informelleren Freundschaften können wir wirklich mehr Anteil nehmen. Wir erfahren, wo die Menschen gerade stehen, was sie beschäftigt und lernen, auch mit schwierigen Charakterzügen umzugehen. Diese zeigen sich oft erst richtig, wenn man einer Person näher ist.

Meine Frau hat zum Beispiel meine schwierigen Charakterzüge erst entdeckt, als wir verheiratet waren. Man muss nicht immer verheiratet sein; schon eine Kleingruppe kann dabei sehr helfen. Deshalb wünschen wir uns als Älteste und Gemeindeleitung sehr, dass noch viel mehr von euch in Hauskreise gehen. Noch mehr sollen sagen: „Ich gründe einen neuen Hauskreis“ und so dazu beitragen, dass wir in unserer Gemeinde enger zusammenrücken.

Wir wünschen uns das auch aus einem weiteren Grund: In unserer Gemeinde gibt es Menschen, die am Rand stehen und durch alle Raster fallen. Manchmal merken wir das erst, wenn sie uns sagen: „Tschüss, ich bin weg.“ Sicherlich haben auch diese Menschen ihre eigenen Anteile daran. Es ist wichtig, dass ihr euch meldet, wenn ihr euch am Rand fühlt. Aber ebenso wichtig ist es, dass wir alle Menschen aktiv mit ins Boot holen und versuchen, niemanden zu verlieren.

Dabei stoßen wir als Älteste auch an unsere Grenzen. Umso mehr bin ich dankbar für den Auftrag Jesu, der sich nicht nur an die Ältesten, sondern an die ganze Gemeinde richtet: „Habt Liebe untereinander!“ Deshalb möchte ich uns alle ermutigen, nicht zu sagen: „Unsere Gemeinde hat 400 Mitglieder, da kann ich nicht jeden kennen.“ Es ist auch nicht nötig, jeden beim Namen zu kennen. Aber man kann sich vornehmen, vier oder fünf Personen wirklich tiefer kennenzulernen und Anteil an ihrem Leben zu nehmen.

Die Krönung wäre, wenn du dir von diesen vier oder fünf eine Person aussuchst, mit der du es eigentlich etwas schwieriger hast. Jemand, den du bewusst mehr kennenlernen und mehr lieben lernen möchtest. Wenn das jeder tun würde, würden in unserer Gemeinde Wunder geschehen – davon bin ich überzeugt.

Ich möchte auch Danke sagen an jeden, der das schon tut. Es ist nicht so, dass wir bei Null anfangen. Wir haben bereits Kleingruppen und Menschen, die sich wirklich um andere kümmern. Aber wir können weiter wachsen und Schritte gehen, damit unsere Gemeinschaft und unsere Liebe untereinander wächst. Nicht höflich distanziert, sondern eine wirklich tiefe Liebe, so wie Jesus sie uns hier vorlebt.

Die Liebe als Zeugnis für die Welt

Im letzten Teil sehen wir, dass es nicht nur darum geht, dass wir es gut miteinander haben. Natürlich werden wir es gut miteinander haben, wenn wir uns so lieben, wie Jesus seine Jünger liebt. Diese Liebe untereinander ist schön und bereichernd.

Doch es geht nicht nur um uns selbst, sondern auch um ein Zeugnis für diese Welt. Jesus sagt in Vers 35: "Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt."

In der Gemeinde fragen wir uns immer wieder, wie wir Menschen mit dem Evangelium erreichen können. Wir haben viele Aktionen, die gut sind: Christ sein Decken, einen Büchertisch regelmäßig auf der Straße in München, und wir stärken die persönliche Evangelisation. Es gibt Seminare, die Uli Hees anbietet, in denen wir lernen, wie wir es unseren Nachbarn weitersagen können. All das ist wichtig und gut.

Aber ein ganz kraftvolles Mittel der Evangelisation ist die Liebe, die wir untereinander haben. Wenn diese Liebe fehlt, und Menschen kommen in unsere Gemeinde, haben Traktate bekommen, sehen sie diese Liebe nicht, dann ist das unser schlechtes Zeugnis als Gemeinde. Es wäre, als würden wir die ganze Botschaft durchstreichen. Sie hören die Botschaft, sind gut informiert, aber sie sehen keine Liebe.

Deshalb müssen wir immer wieder prüfen, wie es in der Gemeinde aussieht. Selbst in Kleingruppen und als ganze Gemeinde ist die Liebe untereinander unser wichtigstes Erkennungszeichen, unser Aushängeschild. Diese Liebe ist mindestens genauso wichtig wie unsere klaren ethischen Überzeugungen, genauso wichtig wie großzügiges Geben und bibeltreue Predigten.

Es kann sogar sein, dass man bibeltreu predigt, aber die Liebe fehlt. Paulus sagt das im 1. Korinther 13: Wenn wir alle Erkenntnis hätten, ja, sogar einen Glauben, der Berge versetzen kann, aber die Liebe fehlt, dann ist all das nichts nütze.

Das ist nicht gegen großzügiges Spenden oder bibeltreue Predigten gerichtet, aber die Liebe ist der wichtige Puzzlstein. Klare ethische Standpunkte kennt die Welt auch. Menschen, die großzügig Geld spenden, kennt die Welt ebenfalls. Klare Glaubensüberzeugungen kennt die Welt auch. Höflich und nett miteinander umzugehen, kennt die Welt auch. Aber die Liebe Jesu kennt die Welt nicht.

Manche, die hier sind, haben vielleicht genau das in die Gemeinde geführt: Sie haben gesehen, wie Christen sich lieben, welche Gemeinschaft sie haben. So eine Liebe haben sie noch nirgendwo gesehen.

Was könnten die Menschen noch sehen, wenn sie zu uns kommen und uns als Gemeinde erleben? Vielleicht sehen sie, dass wir füreinander beten und die Sorgen und Nöte unserer Geschwister sehr ernst nehmen. So ernst, dass wir auch praktisch helfen, uns besuchen, wenn jemand krank ist, uns kümmern, wenn eine Familie mit kleinen Kindern überfordert ist, und dass wir bei den Alten und Schwachen sind.

Das schaffen nicht nur die Ältesten oder der Brüderrat, das müssen wir gemeinsam stemmen. Wir sprechen liebevoll miteinander, wenn jemand nicht da ist. Wir lästern nicht hinter dem Rücken, nicht mal ein bisschen, sondern wir sprechen gut über ihn, bauen ihn auf und haben gute Worte für ihn.

Wenn es etwas gibt, das besprochen werden muss, dann sprechen wir direkt mit der Person. Wir sagen: "Du, ich habe da ein Thema, ich möchte mit dir darüber reden." Das ist anstrengend, aber das ist Liebe.

Wir grenzen niemanden aus, egal welche Lebensgeschichte er mitbringt, welche schwierigen Charakterzüge er hat, wie er riecht oder was er arbeitet. Wir vergeben einander gern und tragen uns die Schuld nicht nach.

Wie oft fällt es uns als Christen schwer, wirklich von Herzen zu vergeben? Wie oft gibt es Grabenkämpfe in Gemeinden, bei denen wir uns Jahre und Jahrzehnte die Schuld hinterhertragen? Der Blick aufs Kreuz kann das verändern. Er verändert alles. Ich kann loslassen, muss die Schuld nicht mehr in Rechnung stellen, denn der Preis ist bezahlt.

Wir fragen nicht nur: "Was brauche ich? Was dient mir?" Sondern mindestens genauso oft: "Was brauchst du? Was tut dir gut?"

Das ist keine Utopie. Das sind nur ein paar Farbtupfer der Vision, die Jesus für seine Gemeinde hat. Er wünscht sich diese Liebe für uns, damit wir sie untereinander haben. Er will, dass die Welt seine bedingungslose, aufopferungsvolle und wahrhaftige Liebe an uns erkennen kann.

Man kann Gott im Gebet fragen, was das ganz praktisch und konkret für jeden Einzelnen bedeutet. Es ist ein großer Auftrag: "Liebt einander." Aber Gott zeigt oft einen kleinen Schritt, den man gehen kann – noch heute oder in dieser Woche –, damit die Welt erkennt, dass wir seine Jünger sind.

Fragt euch als Hauskreis oder Kleingruppe, was ihr gemeinsam schaffen könnt, was ihr gemeinsam tun könnt, auch in die Gemeinde hinein, damit sie ein liebevollerer Ort wird. Es geht nicht darum, Riesenprogramme aufzustellen.

Wenn dein Herz wirklich erfüllt ist von der Liebe Jesu, wenn es so richtig voll ist und du staunst darüber, wie sehr Jesus dich liebt, dann will das raus. Dann möchtest du andere Menschen lieben, willst als Bruder oder Schwester diese Liebe weitergeben.

Deshalb kann es auch sein, dass dein erster Schritt ein ganz anderer ist: Du merkst, dass dich gerade nicht so sehr bewegt, was Jesus für dich getan hat. Du hattest schon mal ein ganz anderes Feuer. Vielleicht ist dann der erste Schritt, neu zum Kreuz zu gehen, neu zu staunen, zu beten und mit Gott zu ringen: "Herr, mach mir das wieder größer."

Abschluss: Das Zeugnis der Liebe in der Gemeinde

Schenkt das, dass wieder mein Herz bewegt wird, so sehr bewegt, dass es auch meine Handlungen verändert. Denn davon soll es kommen – vom Kreuz, von der Liebe Gottes. So sollen wir handeln, nicht irgendwie aufgesetzt, nicht als irgendeine Maske, nicht als irgendeine Aktion, sondern wirklich aus einem gefüllten Herzen.

Dass die Heiden im alten Rom die Christen gesehen haben und gestaunt haben über die Liebe, die sie hatten. Er schreibt dann über diese Heiden, dass sie feststellen mussten: „Seht, wie sie einander lieben, wie sie bereit sind, füreinander zu sterben.“ Es war eine Zeit, in der die Christen dort hart verfolgt wurden und wo manchmal der eine für den anderen das Leben gelassen hat.

Wir dürfen dankbar sein, dass wir heute nicht so verfolgt werden. Gleichzeitig dürfen wir darum beten, dass Gott unsere Liebe so wachsen lässt, dass wir bereiter werden, füreinander unser Leben zu lassen – vielleicht nicht wortwörtlich, aber doch so, dass wir uns selbst immer unwichtiger werden und unsere Geschwister immer wichtiger.

Das ist diese aufopferungsvolle Liebe, das ist diese bedingungslose Liebe, die Jesus uns zeigt. Und das ist die Liebe, an der die Welt erkennen wird, dass wir seine Jünger sind.

Dafür möchte ich beten, dass diese Liebe bei uns wächst: Vater, wir wollen dir danken für deine Liebe, wir wollen dir danken für das Kreuz und dass Jesus uns erlöst hat. Er ist auch ein Vorbild für deine tiefe Liebe.

Wir wollen dir danken für alle Frucht der Liebe, die du in unserer Gemeinde schon gewirkt hast, und wie wir die tiefen Beziehungen an Menschen sehen dürfen, die einander wirklich tragen, unterstützen und im Glauben stärken.

Wir wollen dich darum bitten, dass wir in dieser Liebe weiter wachsen. Mach es uns noch viel wichtiger, einander zu lieben, und lass unser Aushängeschild immer mehr werden, dass auch Menschen draußen in München uns sehen und sagen: „Seht, was für eine Liebe sie untereinander haben, wie sie sich füreinander aufopfern.“

Ich möchte beten, dass du dieses Wunder wirkst und dass wir eine Gemeinde werden, die immer mehr für ihre Liebe zu dir und zueinander bekannt ist. Amen.