Einen wunderschönen guten Morgen und ganz herzlich willkommen hier in Rickenbach zu unserem heutigen Bibelstudientag.
Zu Beginn möchte ich mit uns beten.
Unser Gott und Vater, wir bitten dich von Herzen, dass du diesen Tag in deine Hand nimmst. Öffne unsere Herzen, damit wir aus deinem Wort und aus dem, was uns heute mitgegeben wird, das mitnehmen können, was wir für unser Leben persönlich brauchen.
Für die Umstände, in die du uns gestellt hast – am Arbeitsplatz, in der Familie oder in der Gemeinde – bitten wir dich, dass du uns weiterbringst und uns dir ähnlicher machst.
Wir bitten auch um Kraft für den Referenten. Schenke ihm deine Vollmacht, damit er uns das sagen kann, was jeder von uns braucht.
Dafür preisen wir dich, Herr. Amen.
Einführung in das Thema und Bedeutung Europas in der Bibel
Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag begrüßen, an dem wir heute Morgen als besondere Bibelstudie das Thema „Europa im Alten und im Neuen Testament“ behandeln.
Beim ungenauen Lesen der Bibel könnte man den Eindruck gewinnen, als ob unser alter Kontinent weit abseits der Ereignisse der biblischen Geschichte stünde. Dem ist jedoch nicht so. Bereits im Alten Testament spielt Europa, die Heimat der jafetitischen Völker, eine wichtige Rolle. Zahlreiche prophetische Stellen weisen Europa einen bedeutenden Platz in der Heilsgeschichte zu.
Im Neuen Testament liegt der Fokus im Missionsbericht der Apostelgeschichte sehr stark auf Europa. Es braucht einen daher nicht zu erstaunen, dass ausgerechnet dieser Kontinent im Zusammenhang mit der Geschichte der Christenheit eine so zentrale Rolle spielt.
Die Offenbarung nimmt Europa jedoch ganz besonders ins Visier. Dieser Erdteil hat seiner Verantwortung als bevorrechtigter Kontinent nicht entsprochen und verdient darum in besonderer Weise schließlich Gottes Gericht.
Europa in der Zeit nach der Sintflut und die Bedeutung des hebräischen Begriffs „Iyim“
Wir beginnen unsere Bibelstudie über Europa in der Zeit nach der Sintflut. Im Zusammenhang mit dem Turmbau zu Babel, in 1. Mose, wird uns in der Völkertafel, die im Kapitel davor aufgezeichnet ist, erklärt, wie die ganze Menschheit sich von den drei Söhnen Noachs – Sem, Ham und Japheth – entwickelt hat.
Japhethitische Stämme wanderten nach der Sprachenverwirrung nach Europa aus. So lesen wir in 1. Mose 10 im Zusammenhang mit den Jafetiten, also im Zusammenhang mit Japheth und seinen dort genannten Söhnen, dass sich von diesen die Bewohner der Iyim, der Inseln, auf Hebräisch, ausgebreitet haben. Im Hebräischen steht hier das Wort Iyim, was übersetzt mit „Bewohner der Inseln“ der Nationen in ihren Ländern bedeutet – jede nach ihrer Sprache, nach ihren Familien, in ihren Nationen.
Dieses Wort „Iyim“, hier übersetzt mit „Inseln“ in der alten Elberfelder, ist mit einer ganz wichtigen Fußnote versehen. Es findet sich nur im Zusammenhang mit den Jafetiten. Es ist zu sagen, dass es sich bei dem hebräischen Wort „Iyim“ um ein ganz besonderes Wort handelt, das an vielen Stellen vorkommt, wie wir noch sehen werden, gerade auch in Jesaja 49,1.
Es ist ein interessanter geografischer Begriff. Im Bibelhebräischen bezeichnet er insbesondere die Inseln und Küstenländer des Mittelmeers auf der europäischen Seite, von Kleinasien bis Spanien. Das kann man so im berühmten, vielbändigen Kommentar zum Alten Testament von Keil und Delitzsch nachlesen. Diese beiden Männer gehörten zu den größten Hebräisch-Spezialisten des 19. Jahrhunderts. Nachzulesen ist dies in Band 1, Seite 134.
Dieser Kommentar wurde in der alten Elberfelder Übersetzung dort auch in der Fußnote übernommen, korrekterweise. Also ist Iyim ein Wort, das schwierig zu übersetzen ist. Es bezeichnet zwar Inseln, aber nicht nur. Es meint auch Festland, aber ganz speziell nicht irgendeine Insel oder irgendwelche Inseln, nicht irgendwelche Kontinentalböden, sondern speziell Europa.
Hier in diesem wunderbaren NASA-Bild sieht man Ägypten in Afrika, dann in Asien das Land Israel mit dem Toten Meer. Man kann auch den See Genezareth erkennen. Nördlich davon liegen Libanon und Syrien. Dort sieht man die Türkei. Dieses Gebiet von der Türkei entlang der Küste des Mittelmeers mit all den Inseln bezeichnet das Wort Iyim.
Also ist Iyim der Begriff im Alten Testament für Europa. So liest man natürlich ganz anders, wenn man das im Hinterkopf hat. Nochmals 1. Mose 10, Vers 5: „Von diesen aus verteilten sich die Bewohner der Iyim.“ Ich wähle anstatt „Inseln“ eben gerade den hebräischen Begriff Iyim, der Nationen in ihren Ländern, jede nach ihrer Sprache, nach ihren Familien in ihren Nationen.
Die Erwähnung von „Iyim“ im Alten Testament und die prophetische Bedeutung Europas
Hier habe ich eine Zusammenstellung aller Stellen im Alten Testament, in denen Iyim vorkommt. Diese reichen von 1. Mose 10 über Esther, die Psalmen, sehr häufig in Jesaja, dann auch in Ezechiel, schließlich in Daniel 11 und in Zephanja.
Ich habe bereits eine ganz besonders wichtige Stelle erwähnt: Jesaja 49. Es handelt sich hier um eines der Gottesknechtgedichte in Jesaja. Es gibt fünf Gottesknechtgedichte, also Gedichte über den kommenden Messias. Diese finden sich in Jesaja 42, 49, 50, 53 und 61.
Die Stelle in Jesaja 49 beginnt damit, dass man die Stimme des Gottesknechtes, des Messias, hört. Er sagt: „Hört auf mich, ihr Iyim! Und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne.“ Hier spricht der Messias also ausgerechnet zu Europa. Das zeigt bereits, dass dieser Kontinent eine ganz wichtige Rolle spielen sollte in Verbindung mit dem Messias, wenn er kommt.
In Vers 6 heißt es weiter: „Ja,“ er spricht – also Gott spricht zum Messias – „Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um mein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
Diese Stelle führt Paulus gegenüber den Juden in Apostelgeschichte 13 an. Er sagt, sie hätten die frohe Botschaft abgelehnt, und nun gehe er zu den Heiden. Dabei zitiert er aus Jesaja 49.
Wenn man dann weiter in der Apostelgeschichte liest, sieht man, wie besonders Europa missioniert wurde. So ist dieses Zitat in Apostelgeschichte 13 aus Jesaja 49 sehr bedeutsam. Es steht im Zusammenhang damit, dass der Messias speziell die Iyim anspricht und sie auffordert, auf ihn zu hören.
Der Dienst des Messias und die Rolle Europas in Jesaja 42
Gehen wir zu Jesaja 42, einem weiteren Gedicht über den Gottesknecht. Gott spricht in Vers 1 über den Messias: „Siehe, mein Knecht, den ich stütze, mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er wird den Nationen das Recht kundtun.“
Hier findet man übrigens die Dreieinigkeit Gottes. Es spricht Gott, der Vater, über seinen Sohn und bezeugt, dass er den Heiligen Geist auf ihn gelegt hat – damals bei der Taufe am Jordan. Schon dieser Vers deutet an, dass der Messias einen besonderen Dienst im Blick auf die Nationen tun wird, also außerhalb von Israel.
Dann wird der Charakter des Messias beschrieben: Er wird kein Revolutionär sein. Er wird nicht schreien und nicht rufen, noch seine Stimme auf der Straße hören lassen. Er wird sich besonders um die Schwachen kümmern. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Er wird der Wahrheit gemäß das Recht kundtun.
Er wird nicht matt noch niedersinken, bis er das Recht auf Erden gegründet hat, und die Iyim werden auf seine Lehre harren. Hier wird nicht einfach gesagt, die Nationen werden auf seine Lehre harren, sondern die Iyim. Tatsächlich sollte Europa der Kontinent werden, der durch das Christentum über zweitausend Jahre in einer Weise geprägt wurde wie kein anderer Kontinent.
Weiter in Vers 5: „So spricht der Herr, der die Himmel schuf und sie ausspannte, der die Erde ausbreitete mit ihren Gewächsen, dem Volk auf ihr den Odem gab und den Lebenshauch denen, die darauf wandeln: Ich, der Herr, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und ergriff dich bei der Hand, und ich werde dich behüten und dich setzen zum Bund des Volkes, zum Licht der Nationen.“
Der Messias sollte also den neuen Bund für Israel begründen. Er wird sich setzen zum Bund des Volkes, aber gleichzeitig für die nichtjüdischen Völker ein Licht sein. Vers 6 fährt fort: „Um blinde Augen aufzutun, um Gefangene aus dem Kerker herauszuführen und aus dem Gefängnis, die in der Finsternis sitzen.“
„Ich bin der Herr, das ist mein Name, und meine Ehre gebe ich keinem anderen, noch meinen Ruhm den geschnitzten Bildern.“ Das Frühere siehe, es ist eingetroffen, und Neues verkündige ich; ehe es hervorsprießt, lasse ich es euch hören.
Erfüllte Prophetie ist Gottes Siegel auf die Bibel. Frühere Prophetien sind bereits erfüllt worden, sagt Vers 9, aber Gott verkündet Neues, und auch das wird sich erfüllen.
Aufruf zum Lobpreis und die musikalische Prägung Europas
Und nun Vers 10: Singt dem Herrn ein neues Lied, seinen Ruhm vom Ende der Erde, ihr, die ihr das Meer befahrt, und alles, was es erfüllt, ihr Ijim und ihre Bewohner.
Hier wird Europa zum Singen und zur Ehre Gottes aufgerufen. Wenn wir den Ausdruck „vom Ende der Erde“ finden, müssen wir diesen Begriff immer im Rahmen der biblischen Geographie betrachten. Das geografische Zentrum für Gott ist das Land Israel. Es wird in Hesekiel 38 als „der Nabel der Erde“ bezeichnet. In diesem Land Israel ist das Zentrum die Stadt Jerusalem (Hesekiel 5,5): „Dies ist Jerusalem, ich habe es mitten unter die Nationen gesetzt und Völker um es her.“
Wir müssen also von Jerusalem, von Israel am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika, die Geografie betrachten. So ergibt sich ein Bild, das wir von Weltkarten kennen. Auch dort steht das Land Israel ziemlich zentral. Von dort aus sind die Enden der Erde die Extremitäten des Festlandes, zum Beispiel Nordamerika, Südamerika, Südafrika, Australien, Japan, China und die östlichsten Teile von Russland. Diese sind die Extremitäten.
In Verbindung mit Europa sind natürlich die Extremitäten die am weitesten entfernten Gebiete Europas, etwa bis nach Skandinavien hinauf. Das ist interessant, denn das Wort „Ijim“ legt einen besonderen Akzent auf die Inseln und Küstenstreifen des Mittelmeers auf der europäischen Seite. Es beschränkt sich aber nicht darauf. Der Bibeltext spricht im Zusammenhang mit den Ijim sogar vom Ende der Erde, womit der ganze Kontinent gemeint ist.
Gott ruft also auf: Singt dem Herrn ein neues Lied, seinen Ruhm vom Ende der Erde!
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Gesänge der Synagoge und des Tempels im ersten Jahrhundert durch die Mission nach Europa gebracht wurden. Diese Gesänge verdrängten die Musik der Römer und Griechen. Ausgehend von diesen einstimmigen Gesängen entwickelte sich die christliche Musik in Europa auf eine sehr einzigartige Weise weiter.
Im Mittelalter wollte man das Lob Gottes noch mehr erhöhen und versuchte, eine zweite Stimme hinzuzufügen. Zuerst nur ganz rudimentär mit einem Liegeton, über dem die Melodie lag, später die gleiche Melodie parallel in vier oder fünf Tonabständen. So entwickelte sich die Musik weiter bis hin zum vierstimmigen Choral, den Bach zur absoluten Vollendung führte.
Von dort aus ist der vierstimmige Choral die Ausgangslage für die gesamte klassische Musik Europas. Wer Komposition am Konservatorium studiert, lernt, saubere, fehlerfreie vierstimmige Sätze zu schreiben. Hat man das wirklich erfasst, ist man in der Lage, auch Sinfonien, Konzerte und Ähnliches zu komponieren.
Es ist so, dass sich nur in Europa die mehrstimmige, vierstimmige Musik entwickelt hat, in keiner anderen Kultur. Dies steht ganz eng in Verbindung mit und wird motiviert durch das Christentum.
So ist es etwas sehr Spezielles, wenn es in Vers 10 heißt: Singt dem Herrn ein neues Lied, seinen Ruhm vom Ende der Erde, ihr, die ihr das Meer befahrt, und alles, was es erfüllt, ihr Ijim und ihre Bewohner.
Die prophetische Rückkehr der Juden aus Europa in Jesaja 11
Ich greife eine Stelle speziell heraus aus all diesen Iyim-Stellen: Jesaja 11,11. Es geht im Zusammenhang um die Zeit des Messias, wenn er kommen wird, um hier auf der Erde zu herrschen.
In Vers 11 wird gesagt, dass in dieser Endzeit, wenn der Messias kommt, Folgendes geschehen wird: An jenem Tag oder zu jener Zeit, in jener Zeitepoche, wird der Herr noch zum zweiten Mal seine Hand ausstrecken. Er wird den Überrest seines Volkes erwerben, der übrigbleiben wird aus Assyrien – das ist Nordirak – und aus Mitzraim, das ist Unterägypten, sowie aus Patros, das ist Oberägypten. Außerdem aus Kusch, das sind Sudan und Äthiopien, aus Elam, das ist der Iran, und aus Schinear, das ist Südirak. Weiter aus Hamad, das ist Syrien, und von den Iyim des Meeres.
Diese Prophetie hat sich wortwörtlich im zwanzigsten Jahrhundert erfüllt, als Tausende von Juden unter ganz dramatischen Umständen ausgewandert und geflohen sind aus dem Nord- und Südirak. Die gesamte jüdische Gemeinschaft, die dort seit der babylonischen Gefangenschaft unter Nebukadnezar vor etwa 2600 Jahren zu Hause war, ist ausgewandert. Heute gibt es im Irak noch etwas mehr als 20 Juden.
Dann sind sie ganz dramatisch ab 1948 aus Ägypten ausgewandert. Die gesamte Gemeinschaft von etwa 100 Juden verließ das Land. Heute gibt es dort noch etwa hundert Juden. Auch aus Äthiopien und dem Sudan wurden Abertausende von äthiopischen Juden in geheimen Flugzeugaktionen ausgeflogen.
Nach der Revolution 1979 im Iran flohen unter dramatischen Umständen Zehntausende von Juden aus dem Iran. Auch aus Syrien sind Tausende von Juden ausgewandert. Schließlich steht hier „von den Iyim des Meeres“, also aus Europa, sollen sie kommen.
Wie konnte Jesaja sich das vorstellen, etwa 700 Jahre vor Christus? Wir kennen heute die Erfüllung. Die erste Einwanderungswelle begann 1882 aus Russland. Die fünfte Einwanderungswelle war von 1932 bis 1938, nach Hitlers Machtergreifung. Etwa 250 Juden flohen aus Europa, vor allem aus Deutschland.
Damals floh auch mein Kompositionslehrer Jehuschua Lackner, ein Jude, der etwa 14 Jahre alt war, in der Tschechoslowakei. Er konnte sich noch vor den Nazis retten und floh ins Land der Väter.
Dann kam die sogenannte Aliyah Bet, die sechste Einwanderungswelle von 1939 bis 1947. Das war die illegale Einwanderung während des Zweiten Weltkrieges, trotz massiver britischer Hürden. Die Briten hatten das Land für die Nazi-Flüchtlinge verschlossen. Trotzdem konnten Tausende illegal und heimlich ins Land fliehen und sich so retten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, unmittelbar nach der Staatsgründung Israels von 1948 bis 1970, kamen über eine halbe Million Juden aus Europa zurück nach Israel. Aus Polen kamen 156, aus der Tschechoslowakei über 20, aus Rumänien über 229, aus Bulgarien mehr als 48, aus Ungarn 24, aus Jugoslawien 8, aus Österreich 4, aus Deutschland 11 und aus der Schweiz genau 1899.
Aus Italien kamen 3600, aus Frankreich 26, aus England 14, aus Belgien etwa 3500, aus Holland etwa 3500 und auch weitere aus Schweden und Spanien. So hat sich diese Rückkehr aus den Iyim des Meeres ganz eindrücklich erfüllt.
Überblick über die Erwähnungen von „Iyim“ im Alten Testament
Nun möchte ich eine ganz kurze Übersicht über alle Iyim-Stellen im Alten Testament geben.
Wir haben schon gesehen: 1. Mose 10, Vers 5. Die Japhethiten besiedeln Europa nach der Sintflut. In Esther 10, Vers 1 heißt es, dass Xerxes, Ahasveros, der Mann der Esther, die Iyim besteuert habe. Dieser Herrscher des medopersischen Weltreiches damals zwang gewisse Mittelmeerinseln durch Steuerabgaben, ihm Geld und Reichtum zu geben.
Dann Psalm 72, Vers 10, da geht es um das tausendjährige Reich. Wenn Jesus Christus hier regieren wird, steht dort: Die Könige von Tarsis – von Tarsis werden wir noch hören – und von den Iyim werden Geschenke entrichtet, es werden Abgaben dargebracht, die Könige von Sheba und Seba. Also wird auch Europa unter den Völkern im Tausendjährigen Reich erwähnt, die dem Messias Steuern abgeben werden.
Dann Psalm 97, Vers 1: Der Herr regiert. Auch das ist ein Psalm, der auf das tausendjährige Reich hinweist. Der Herr regiert, es verlocke die Erde, mögen sich freuen die vielen Iyim. Auch hier wird nicht nur die Erde erwähnt, sondern speziell die Iyim. Freude in Europa.
Dann Jesaja 11, Vers 11 haben wir gerade behandelt: Die Rückkehr der Juden aus Europa.
Jesaja 24, Vers 15: Jesaja 24 wird schon als die kleine Apokalypse bezeichnet. Es ist eine Endzeitprophetie, ganz knapp zusammengefasst. Dort steht, wie Gott das Gericht über die ganze Welt bringen wird in der Zeit der Wiederkunft Jesu. In Vers 14 lesen wir: Jene werden ihre Stimme erheben, werden jubeln, ob der Majestät des Herrn; jauchzen sie vom Meer her, darum gebt dem Herrn Ehre im Osten, auf den Inseln des Meeres, dem Namen des Herrn, des Gottes Israels. Und das ist wieder eben auf den Iyim des Meeres, dem Namen des Herrn, des Gottes Israels. Vom Ende der Erde her hören wir Gesänge: Herrlichkeit dem Gerechten.
Auch hier werden die Iyim im Zusammenhang mit dem Mittelmeer erwähnt, aber es geht weiter: Vom Ende der Erde her hören wir Gesänge. Man hätte sich fragen können, was Jesaja darunter vorgestellt hat, dass man Gesänge hört vom Ende der Welt her. Wie geht das? Heute ist das kein Problem mehr, vor 2700 Jahren war das ein Problem. Aber dann im Tausendjährigen Reich wird man also vom Ende der Erde her, von den Extremitäten des Festlandes und insbesondere eben von Europa her Gesänge hören: Herrlichkeit dem Gerechten.
Jesus Christus wird im Neuen Testament siebenmal der Gerechte genannt. Zum Beispiel sagt einmal die Frau von Pilatus: Habe du nichts zu schaffen mit jenem Gerechten. Das sagte diese Europäerin zu ihrem europäischen Ehemann: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten. Aber hier: Herrlichkeit dem Gerechten.
Jesaja 40, Vers 15: Im Zusammenhang geht es um die Größe, Erhabenheit und Unerfasslichkeit Gottes. Dort lese ich in Vers 15: Siehe, Nationen sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waagschale; siehe, die Iyim sind wie ein Stäubchen, das empor schwebt.
Hier wird gezeigt, wie erhaben Gott ist und wie die Völker, die manchmal so beeindruckt sind von sich selber und ihren Leistungen und dem, was sie bewirken, mit einem Tropfen am Eimer verglichen werden, der eigentlich für nichts geachtet wird. Das ist die Nebensache, die Hauptsache ist ja im Eimer. Und dann weiter: Siehe, die Iyim sind wie ein Stäubchen, das empor schwebt.
Europa sieht sich heute ganz anders, in der weltpolitischen Bedeutung. Aber diese Stelle mahnt Europa eben zu Bescheidenheit. In Gottes Augen ist dieser Kontinent wie ein Stäubchen, das da so empor schwebt.
Jesaja 41, Vers 1: Gott spricht: Wendet euch schweigend zu mir, ihr Iyim, und die Völkerschaften mögen neue Kraft gewinnen, sie mögen herannahen, dann mögen sie reden. Lasst uns miteinander vor Gericht treten. Wer hat vom Aufgang her den erweckt, welchem Gerechtigkeit auf Schritt und Tritt begegnet?
Er gab Nationen vor ihm dahin und ließ ihn Könige unterjochen, machte sie wie Staub vor seinem Schwerte, wie fortgetriebene Stoppeln vor seinem Bogen. Er verfolgte sie, zog hin in Frieden einen Weg, den er mit seinen Füßen nie gegangen war. Wer hat es gewirkt und getan, der die Geschlechter ruft von Anbeginn? Ich, der Herr, bin der Erste, und bei den Letzten bin ich derselbe.
Die Iyim sahen es und fürchteten sich, es erbebten die Enden der Erde. Sie näherten sich und kamen herbei, einer half dem anderen und sprach usw.
Hier spricht der Prophet über den kommenden Weltherrscher Kyrus. Übrigens wird er in Jesaja 44 sogar namentlich prophezeit.
Jesaja 44, Vers 28 heißt es: „Von Gott, der von Kyrus spricht, mein Hirt, und der all mein Wohlgefallen vollführt, indem er von Jerusalem sprechen wird, es werde aufgebaut, und vom Tempel, er werde gegründet.“ So spricht der Herr zu seinem Gesalbten, zu Kyrus, dessen Rechte ich ergriffen habe, um Nationen vor ihm niederzuwerfen und damit ich die Lenden der Könige entgürte usw.
Gott betont: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Das ist eine sensationelle Prophetie, denn etwa 170 Jahre bevor dieser Mann Kyrus in der Weltgeschichte auftrat, wird er im Buch Jesaja namentlich erwähnt. Es wird beschrieben, wie er eine Nation nach der anderen unterwerfen wird.
Das hat Kyrus dann auch tatsächlich getan. Er hat die ganze damalige Welt, kann man sagen, erobert, und zwar beginnend vom Iran östlich bis über den Indus hinaus, bis nach Pakistan, damals Indien. Und er hat dann im Westen alles erobert, bis über die ganze Türkei, bis nach Afrika, Ägypten und sogar Teile Europas.
Und jetzt, da in Jesaja 41, spricht Gott eben die Iyim speziell an und sagt: Wer war das, der von Osten her, von Aufgang her diesen Kyrus gerufen hat, erweckt hat und bewirkt hat, dass Nationen vor ihm dahingegeben werden? Da wird also speziell davon gesprochen, wie die Iyim erschreckt sind, in Angst versetzt durch diese weltgeschichtlichen Ereignisse, die aber Gott so geplant vorausgesagt hat und die dann in Erfüllung gingen.
Ja, und dann Jesaja 42, das haben wir bereits gelesen. Das ist dieses Gottesknecht-Gedicht, und da wird im ganzen Iyim viermal erwähnt: Verse 10, 4, 10, 12 und auch 15.
Dann Kapitel 49, Vers 1 haben wir auch schon gelesen. Der Messias wendet sich an die Iyim. Neu kommt jetzt dazu Jesaja 51, Vers 5. Ich lese schon Vers 4 dazu: Merkt auf mich, mein Volk, und meine Nation, horcht auf mich! Denn ein Gesetz wird von mir ausgehen, und mein Recht werde ich aufstellen zum Licht der Völker! Nah ist meine Gerechtigkeit, mein Heil ist ausgezogen, und meine Arme werden die Völker richten.
Auf mich werden die Inseln, die Iyim, hoffen, und sie werden harren auf meinen Arm. Hier wird Europa als Kontinent erwähnt, der auf das Heil Gottes wartet.
Aber wir sehen die andere Seite: Gott wusste, dass dieser Kontinent schließlich das Evangelium verwerfen würde wie kein anderer Kontinent. Das ist besonders im zwanzigsten Jahrhundert geschehen und ganz besonders mit der Revolution in den sechziger Jahren. Damals haben Millionen von Menschen ganz bewusst die Bibel und ihre Werte, Gott und seine Bedeutung für unser Leben, verworfen und hinter den Rücken getan.
So wird in Jesaja 51 das Gericht, 59 Vers 18, angekündigt. Ich lese schon Vers 16: Da wird die Wiederkunft Jesu beschrieben, und er sah, dass kein Mann da war, und er staunte, dass kein Vermittler vorhanden war. Da half ihm sein Arm und seine Gerechtigkeit, sie unterstützte ihn, und er zog Gerechtigkeit an wie einen Panzer und setzte den Helm des Heils auf sein Haupt. Er zog Rachegewänder an als Kleidung und hüllte sich in Eifer wie in einen Mantel.
Nach den Taten wird er vergelten: Grimm seinen Widersachern, Vergeltung seinen Feinden, denn Iyim wird er Vergeltung erstatten. Sie werden den Namen des Herrn fürchten, vom Niedergang an und vom Sonnenaufgang seine Herrlichkeit.
Wenn der Bedränger kommen wird wie ein Strom, so wird der Hauch des Herrn ihn in die Flucht schlagen, und ein Erlöser wird kommen für Zion und für die, welche in Jakob von der Übertretung umkehren, spricht der Herr usw.
Hier wird das Gericht über die Iyim ganz ausdrücklich erwähnt.
Jesaja 60, Vers 9: Da geht es auch wieder um Europa im tausendjährigen Reich. Dort steht: Denn auf mich hoffen die Iyim, und die Schiffe von Tarsis – davon werden wir gleich noch sprechen – ziehen voran, um deine Kinder aus der Ferne zu bringen und ihr Silber und ihr Gold mit ihnen zu dem Namen des Herrn, deines Gottes, und zu dem heiligen Israels, weil er dich herrlich gemacht hat.
Auch hier geht es um eine Rückführung der letzten Juden, die noch verblieben sind in Europa. Ich müsste Futur II verwenden: die noch verblieben sein werden in Europa.
Und schließlich Jesaja 66, Vers 19: Auch da geht es um das tausendjährige Reich. „Und ich werde ein Wunderzeichen an ihnen tun und werde von ihnen Enttronnene an die Nationen senden, nach Tarsis, Pul und Luth, die den Bogen spannen, nach Tubal und Javan, nach den fernen Iyim, die von mir nicht gehört und meine Herrlichkeit nicht gesehen haben, und sie werden meine Herrlichkeit unter den Nationen verkündigen.“
Das tausendjährige Reich wird nicht auf einen Schlag die Perfektion sein, sondern es wird noch eine gewisse Zeit dauern, bis alles geordnet ist und auch bis die allerletzten Menschen realisiert haben, dass jetzt der König in Jerusalem die Weltherrschaft angetreten hat.
Hier wird darüber gesprochen, wie dann die Völker informiert werden, und auch die fernen Iyim werden über den Stand der Dinge unterrichtet werden.
Europa als Vergleich und Handelsbeziehungen im Alten Testament
Dann wenden wir uns Jeremia 2,10 zu. Gott sagt Israel, dass es damals andere Götter angenommen hatte – diese nichtigen Götter der umliegenden Völker. So etwas gibt es doch nicht! Geht einmal zu den anderen Völkern und fragt: Wo findet ihr ein Volk, das seine Götter austauscht?
Dabei werden auch die Iyim erwähnt, die so etwas in der Vergangenheit nie getan haben. In Jeremia 2,9 heißt es: „Darum werde ich weiter mit euch rechten, spricht der Herr. Und mit euren Kindeskindern werde ich rechten.“ Denn geht hinüber zu den Iyim, den Kiter; von den Kiter wird gleich noch die Rede sein. Seht und sendet nach Keda und merkt wohl auf, ob dergleichen geschehen ist: Hat irgendeine Nation die Götter vertauscht? Und doch sind sie nicht Götter. Aber mein Volk hat seine Herrlichkeit vertauscht gegen das, was nichts nützt.
Europa wird hier also einfach zum Vergleich herangezogen.
Dann kommen wir zu Hesekiel 26. In den Versen 15 und zweimal in Vers 18 werden die Iyim erwähnt. Im Zusammenhang geht es um die Prophetie über den Untergang der Stadt Tyrus. Tyrus war das Handelszentrum im ersten Jahrtausend vor Christus – das Handelszentrum dieser Welt. Hesekiel musste den Untergang dieser Stadt ankündigen, und zwar in mehreren Phasen.
Er prophezeit die Zerstörung von Tyrus durch Nebukadnezar von Babylon und später auch die Zerstörung durch Alexander den Großen. Dieser sollte alle Steine ins Meer werfen, was dann auch geschah, sodass Tyrus nur noch ein nackter Felsen blieb.
In diesen Versen wird gesagt, wie die Iyim entsetzt sein werden über die Nachricht vom Untergang der Stadt Tyrus. Das wäre vergleichbar mit dem Entsetzen heute, wenn New York plötzlich untergehen würde. Was wäre dann mit dem ganzen Aktienhandel? So war es eben mit Tyrus. Europa, das in Handelsbeziehung zu Tyrus stand, wurde dadurch direkt und unmittelbar wirtschaftlich getroffen.
Das führt uns zum nächsten Kapitel, Hesekiel 27. In den Versen 3, 6, 7, 15 und 35 werden die Iyim erwähnt als Teil der Welt. Es werden noch viele andere Teile genannt, ganz konkret mit geografischen Bezeichnungen. Die Iyim standen in Handelsbeziehung mit Tyrus.
In Hesekiel 39,6, wo es um den Untergang Russlands als letztes Gericht der Endzeit geht, wird speziell erwähnt, dass Gott ein Gericht bringt – nicht nur über Russland, sondern auch über die Iyim. Europa wird also nochmals getroffen werden im Zusammenhang mit dem Untergang Russlands.
Die Erwähnung Europas in Daniel und Zephania
Dann haben wir Daniel 11,18. Das ist eine ganz interessante Prophetie. Die Verse 1 bis 35 sind vollständig in der Vergangenheit erfüllt. Es sind etwa 160 prophetische Einzelaussagen, die sich über Syrien und Ägypten im Zusammenhang mit Israel erfüllt haben.
In Vers 18 geht es um den syrischen König Antiochus III., der die griechischen Inseln erobern wollte, aber schließlich von den Römern daran gehindert wurde. Das wird dort ganz im Detail vorausgesagt. Diese griechischen Inseln werden im Text von Daniel als "Iyim" genannt.
Dann bleibt noch Zephanja 2,11. Dort wird Europa im Zusammenhang mit dem Tausendjährigen Reich erwähnt, wie von dort aus der Herr angebetet werden wird. Aber zuvor muss Europa vollständig gerichtet werden.
Zephanja 2,11 lautet: "Furchtbar wird der Herr wieder sein, denn er wird hinschwinden lassen alle Götter der Erde, und alle Iyim der Nationen werden ihn anbeten, ein jeder von seiner Stätte aus."
Weitere Hinweise auf Europa im Alten Testament: Javan, Tarsis, Kaftor und Kittim
Wir haben weitere Hinweise im Alten Testament auf Europa. Besonders wichtig ist der Begriff Javan oder die Menschen von Javan, die Javanim genannt werden. Javan ist im Alten Testament das Wort für Griechenland. Übrigens ist es auch heute noch im modernen Hebräisch so: Javan bedeutet Griechenland. Wenn jemand sagt „Ich spreche Griechisch“, sagt man „ani medaber Javanit“, das heißt „Ich spreche Griechisch“.
In 1. Mose 10 werden die Söhne Jaffets namentlich aufgeführt. Dabei handelt es sich um die Geschlechter der Söhne Noahs: Sem, Ham und Jaffet. Ihnen wurden nach der Flut Söhne geboren (Vers 2). Die Söhne Japhets sind Gomer, Magog, Maddai, Javan, Tubal, Mesech und Tiras. Von diesen haben sich die Bewohner der Iyim verteilt. Ein Sohn von Japhet hieß also Javan, und er ist der Stammvater der Griechen, der Hellenen.
Javan wird auch in 1. Chronik 1, Vers 5 erwähnt und in Jesaja 66,19. Dort, im Zusammenhang mit Europa im Tausendjährigen Reich, wird Griechenland speziell genannt. Auch in Hesekiel 27,13 und 19, im Zusammenhang mit den Handelsbeziehungen von Tyrus, wird Javan zweimal erwähnt. Die Phönizier im Libanon, zu denen auch Tyrus gehört, haben ihr Alphabet den Griechen gegeben. Deshalb haben die Griechen das phönizisch-hebräische Alphabet übernommen und angepasst.
Die griechische Sprache legt viel mehr Wert auf Vokale als die semitischen Sprachen. Daher haben die Griechen auch Zeichen für Vokale eingeführt. Das zeigt die enge Beziehung zwischen Tyrus und Griechenland.
In Daniel 8,21 wird Griechenland in der Prophetie ausdrücklich erwähnt: „Und der zottige Ziegenbock ist der König von Griechenland, und das große Horn, das zwischen seinen Augen war, ist der erste König. Es zerbrach, und an seiner Stelle kamen vier Könige auf. Vier Königreiche werden aus dieser Nation aufstehen, aber nicht mit seiner Macht.“ Das ist Griechenland, hebräisch Javan.
In Daniel 8 wird Javan mit einem Ziegenbock verglichen, der gegen einen Widder losgeht und ihn zu Boden schlägt. Der Widder steht für Medo-Persien, das medopersische Weltreich, und der Ziegenbock für Griechenland. So haben wir es auch in der Geschichte gelernt.
Ein Nachtrag: Der Mann von Esther, Xerxes, Herrscher über das Persische Reich von der Türkei bis nach Indien und sogar Teile von Afrika, wollte Griechenland seinem Reich unterstellen. Er stellte eine Armee auf, wie die Welt sie zuvor nie gesehen hatte. Das waren die Persischen Kriege. In der Schlacht von Salamis besiegten die hellenischen Griechen Xerxes vollständig. Das war eine Schmach für Persien.
Dieser Versuch Persiens, Griechenland zu unterwerfen, hinterließ tiefe Narben. 150 Jahre später kam ein zwanzigjähriger Grieche auf die Bühne der Geschichte. Mit zehntausend Soldaten zog er nach Osten. Das war Alexander der Große. In sagenhaften dreizehn Jahren eroberte er das gesamte Persische Reich bis nach Indien.
Eine Anekdote erzählt, dass er geweint habe, weil es nichts mehr zu erobern gab. Ob das stimmt, ist unklar. Alexander starb im Alter von 33 Jahren, wahrscheinlich an Malaria, in Babylon, als er den Turm zu Babel wieder aufbauen wollte.
Der zottige Ziegenbock wird in Daniel 8 beschrieben, wie er im Zorn gegen den Widder, Medo-Persien, losgeht. Er rennt so schnell, dass seine Füße den Boden kaum berühren. Das symbolisiert das Tempo, mit dem Alexander in dreizehn Jahren die Welt eroberte und das Medo-Persische Reich besiegte. Das Horn zwischen seinen Augen ist der erste König, Alexander.
Nach seinem Tod zerbrach das Reich, und vier Königreiche entstanden. Alexander hatte keinen volljährigen Sohn, der seine Macht übernehmen konnte. Seine Generäle stritten sich um die Nachfolge. Diese Zeit ist als die Diadochenkriege bekannt. So konkret spricht die Bibel über Europa.
In Daniel 10,20 spricht ein Engel zu Daniel: „Weißt du, warum ich zu dir gekommen bin? Jetzt werde ich zurückkehren, um mit dem Fürsten von Persien zu streiten. Aber wenn ich ausziehe, siehe, so wird der Fürst von Griechenland kommen.“ Daniel hatte im Gebet mit Fasten den Herrn gesucht. Drei Wochen später kam ein Engel und erklärte, dass Daniels Gebet von Anfang an erhört worden war, aber er durch den Fürsten von Persien aufgehalten wurde.
Erst als Michael, einer der ersten Fürsten, ihm geholfen hatte, konnte er den Fürsten von Persien besiegen. Jetzt wird er weiterziehen, und dann wird der Engelfürst von Griechenland kommen.
Diese Fürsten sind keine Menschen, sondern Engelfürsten, die an der Spitze der verschiedenen Völker stehen. Für Israel steht kein dämonischer Fürst wie für die anderen Völker, sondern der Erzengel Michael, sagt Daniel 12,1. Michael ist einer der Erzengel, einer der ersten Fürsten.
So kämpft dieser Engel gegen den Engelfürsten von Persien. Nun wird er weiterziehen, und der Engelfürst von Griechenland wird kommen. Hier wird gezeigt, wie dämonische Mächte an der Spitze der Völker stehen, besonders auch des europäischen Landes Griechenland.
Dieser Aspekt ist sehr wichtig. Wenn man das weiß, sieht man die Weltgeschichte und Weltpolitik ganz anders. Es ist wie ein Schachspiel auf zwei Ebenen: unten spielen Menschen, oben Engelfürsten. Sie liefern sich Kämpfe zwischen den Engeln des Lichts und den Engeln der Finsternis.
In Epheser 6,10 und folgende lesen wir, dass unser Kampf als Gläubige nicht gegen Fleisch und Blut ist, sondern gegen die geistlichen Mächte der Bosheit. Dort wird auch von den geistlichen Mächten der Bosheit in den himmlischen Orten gesprochen, den Weltbeherrschern dieser Finsternis, den Kosmokratoren dieser Finsternis. Das sind die Mächte an der Spitze der heidnischen Völker.
Fortsetzung der Prophetie in Daniel 11 und die Geschichte Europas
Ja, jetzt ist Zeit für eine Viertelstunde Pause. Wir sind im Buch Daniel stehen geblieben. Die nächste Stelle über Javan ist Daniel 11, Vers 2. Ich lese ab Vers 1:
Ein Engel spricht zu Daniel in der Zeit von König Kyrus: „Und auch ich stand im ersten Jahre Darius des Meders ihm bei als Helfer und Schutz, und nun will ich dir die Wahrheit kundtun. Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle. Und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen.“
Für Griechenland steht hier Javan. Nun, genau so ist es gekommen. Nach Kyrus, dem Oberkönig über Darius den Meder, kamen drei weitere Könige in der persischen Geschichte. Der vierte war Xerxes, im Buch Ester Ahasveros genannt. Dieser Mann hat sich einen Reichtum zugelegt, wie man das bis dahin noch nie gesehen hatte.
Darum beginnt ja auch das Buch Ester mit diesem prunkvollen Fest. Ein halbes Jahr lang ließ Xerxes seinen Untertanen den Reichtum und die Herrlichkeit seiner Herrschaft präsentieren. Das war das Fest, bei dem dann Esther nicht einfach zu einer Showeinlage erscheinen wollte.
Dieser Mann hat den Reichtum genutzt, um eine Armee auf die Beine zu stellen, wie man das bis dahin noch nie gesehen hatte. Das Ziel war, Griechenland zu erobern. Das wird hier vorausgesagt: „wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen“. Das führte jedoch nicht zu einem Sieg, sondern in der Schlacht von Salamis 480 v. Chr. zur schmachvollen Niederlage der Perser.
Dann kommt Vers 3: „Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. Sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden.“ Das ist Alexander der Große.
Etwa hundertfünfzig Jahre später trat er auf, um einen Rachefeldzug gegen die Perser durchzuführen für das, was ihnen damals durch Xerxes angetan worden war. In kürzester Zeit hat er sein Weltreich zusammengebracht, doch dann starb er. Das wird hier so ausgedrückt: „sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels zerteilt werden.“
Wenn man eine historische Karte über die Diadochenkriege betrachtet, sieht man genau vier große Teile, die aus dem Reich Alexanders entstanden sind. Diese Reiche lassen sich jeweils einer Himmelsrichtung zuordnen.
Weiter heißt es: „Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein, und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat. Denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteil werden mit Ausschluss von jenen.“ Er hatte zwar Nachkommen; es war sogar noch ein Kind unterwegs, als er in Babylon starb. Doch diese waren noch nicht alt genug, sodass Generäle durch Bürgerkriege schließlich die Macht an sich rissen.
Darum wird hier gesagt: „Nicht für seine Nachkommen wird es sein, nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat.“ Es entstanden vier Blöcke aus diesem einen Reich. Sein Reich wurde zerstört und anderen zuteil, nämlich den Generälen, mit Ausschluss der Nachkommen Alexanders.
Die nächste Stelle ist Joel 4,6. Dort spricht der Messias als Richter der Welt – das nur zum Zusammenhang. In Vers 1 steht:
„Denn siehe, in jenen Tagen und zu jener Zeit, wenn ich das Schicksal Judas und Jerusalems wenden werde, dann werde ich alle Nationen versammeln und sie in das Tal Josaphat hinabführen. Und ich werde dort mit ihnen rechten über mein Volk und mein Erbteil Israel, welches sie unter den Nationen zerstreut haben, und mein Land haben sie geteilt und über mein Volk das Los geworfen.“
Der Messias sagt hier, in jener Epoche, wenn das Schicksal Judas, das Schicksal der Juden und der Stadt Jerusalem eine Wende erfährt, dann ist es die Zeit, in der er im Tal Josaphat als Richter erscheinen wird, um die Völker zu richten.
Es ist interessant, denn wir leben genau in dieser Epoche, seit 1882, in der das jüdische Schicksal nach fast zweitausend Jahren Zerstreuung unter den Völkern eine deutliche, grundsätzliche Wende erlebt hat. Das ist die Epoche, wenn der Messias als Richter kommt.
Im Tal Josaphat wird er dann mit den Völkern rechten darüber, was sie mit Israel gemacht haben und was sie mit dem Land Israel getan haben. „Sie haben mein Land geteilt“, nicht wahr? England hat nach dem Ersten Weltkrieg Palästina geteilt und 77 Prozent davon, das ist heute Jordanien, den Palästinensern auf der Ostseite gegeben.
Dann blieben noch 23 Prozent übrig, doch nach dem Zweiten Weltkrieg hat die UNO dieses Land noch einmal geteilt. Nur 12,5 Prozent sollten Staatsgebiet für Israel, für die Juden, werden. Aus dem Rest wollte man einen zweiten palästinensischen Staat machen. Und jetzt sind wir beim Konflikt von heute.
Was wir sehen, ist, dass die Weltgemeinschaft das Land geteilt und nochmals geteilt hat. Auch heute wollen sie ganz genau festlegen, was den Palästinensern gehört und was den Juden. Sie fordern eine Teilung nach ihren Vorstellungen.
Hier wird gesagt, dass er sie zur Rechenschaft ziehen wird dafür, dass sie das Land Gottes geteilt und das Los über das Volk Israel geworfen haben. Die Völker wollen entscheiden, was das Schicksal der Juden in Israel sein soll.
Das ist der Zusammenhang. Dann steht weiter darüber, wie die Völker die Juden früher zerstreut haben, in Vers 6:
„Dass ihr mein Silber und mein Gold weggenommen und meine besten Kleinode in eure Tempel gebracht habt. Und die Kinder Judas und die Kinder Jerusalems habt ihr den Kindern der Griechen verkauft, um sie weit von ihrer Grenze zu entfernen.“
Das beschreibt, wie die Juden nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. in der weiteren Zeit als Sklaven verkauft wurden, sogar bis nach Javan, um sie weit von ihrer Heimat zu entfernen.
Dann bleibt noch Sacharja 9, Vers 13, wo Javan nochmals ausdrücklich erwähnt wird. Dort geht es auch um die Wiederkunft Christi und die letzten Kämpfe, wenn er erscheint:
„Denn ich habe mir Judah gespannt, den Bogen mit Ephraim gefüllt, und ich wecke deine Söhne Zion auf, wieder deine Kinder, Griechenland! Und mache dich wie das Schwert eines Helden.“
Auch hier wird das Gericht in der Endzeit über Javan angekündigt.
Ein weiterer Begriff, den jeder Bibelleser kennt, aber vielleicht nicht viel damit anfangen kann, ist Tarsis. Tarsis ist ebenfalls ein Sohn von Japheth (1. Mose 10,4; 1. Chronik 1,7).
Ich habe alle Stellen hier aufgeführt, wo Tarsis vorkommt. Ganz besonders bekannt ist natürlich die Stelle in Jona 1,3. Der Prophet sollte in den Nordirak gehen, nach Niniveh. Aber anstatt diese tausend Kilometer in den Osten zu gehen, floh er und wollte dreitausend Kilometer in den Westen gehen, nach Tarsis.
Tarsis entspricht dem Gebiet von Tartessos in Südspanien. Dort, nordwestlich von Gibraltar, gab es am Meer eine wichtige Handelsstadt, die dem biblischen Tarsis entspricht.
Er wollte nach Europa flüchten, denn dort hatten die Phönizier, die Leute von Tyros und Sidon, eine wichtige Kolonie. Tartessos war bekannt als Eldorado für Silber und auch für Eisen.
Dieses Gebiet war schon sehr früh in der Geschichte führend in der Eisenverarbeitung. Für diese Händler aus dem Libanon war es ein wichtiger Stützpunkt.
Wir sehen, wie oft Tarsis in der Bibel vorkommt: in 2. Chronik 9,20, Psalm 72, Jesaja 23, mehrmals auch in Jeremia und natürlich in Hesekiel im Zusammenhang mit Tyros.
Zusätzlich gibt es manche Stellen, in denen die Tarsisschiffe erwähnt werden. Das ist eine Bezeichnung für die mehrmastigen Boote der Phönizier im Libanon. Diese waren Spezialisten im Schiffsbau und in der Schifffahrt.
Darum hieß ganz allgemein ein seetüchtiges Schiff, mit dem man auf hoher See tausende Kilometer reisen konnte, „Tarsisschiff“ – benannt nach dieser entfernten Kolonie in Südspanien.
Weitere Erwähnungen, die mit Europa zu tun haben: Die Insel Kaftor wird in 5. Mose 2,23, Jeremia 47,4 und Amos 9,7 als Ursprungsort der Philister genannt. Diese kamen von Kaftor, wanderten zuerst nach Ägypten ein und zogen dann in den heutigen Gazastreifen.
Kaftor ist nichts anderes als die Insel Kreta, die ebenfalls zu Europa gehört.
Weiter gibt es den Ausdruck „die Kittim“ oder „die Kittäer“. Das sind die Bewohner von Zypern. Diesen Ausdruck finden wir schon in 1. Mose 10,4 im Zusammenhang mit den Nachkommen von Japheth.
Auch in 4. Mose 24, 1. Chronik 1 (Parallele zu 1. Mose 10,4) und Jesaja 23 wird Kittim erwähnt.
Eine ganz wichtige Stelle ist Daniel 11, Vers 30. Dort werden die Schiffe von Kittim genannt.
Ich schlage Daniel 11 auf. Ich habe schon erklärt, dass alles in Daniel 11,1-35 erfüllt ist.
In Vers 30 geht es um Antiochus IV. Epiphanes. Das war jener schreckliche Mann, der in Jerusalem den Tempel geschändet hatte. Er ließ ein Schwein schlachten und ein Götzenbild von Zeus mit seinen eigenen Gesichtszügen auf dem Altar aufstellen.
Er ging weiter nach Ägypten und wollte Ägypten erobern, nachdem er Israel unterworfen hatte.
Daniel 11, Vers 29-30 sagt:
„Zur bestimmten Zeit wird er wiederkehren und gegen den Süden ziehen. Aber es wird zuletzt nicht sein wie am Anfang, denn Schiffe von Kittim werden wieder ihnen kommen, und er wird verzagen und umkehren, und er wird gegen den Heiligen Bund ergrimmen und handeln.“
Er war also in Ägypten, und dann sandte der römische Senat Schiffe übers Mittelmeer nach Ägypten.
Der römische Feldherr zog einen Kreis um Antiochus Epiphanes und sagte ihm: „In diesem Kreis entscheide dich. Wenn du weiterhin Anspruch auf Ägypten erhebst, wird die Macht Roms dich zerschlagen. Wenn du dich entscheidest zu gehen, kannst du gehen.“
Antiochus sah klar, dass er keine Chance gegen die Römer hatte, die damals immer mächtiger wurden. Daraufhin zog er sich zurück und ließ seinen ganzen Zorn auf dem Heimweg nach Syrien an den Juden aus.
Das wird hier alles vorausgesagt und hat sich wortwörtlich erfüllt.
Diese Schiffe der Kittim waren also die Schiffe des römischen Senats, die gegen Antiochus in Ägypten kamen.
Darum ist es interessant, dass in der ältesten griechischen Übersetzung, der Septuaginta, die im dritten Jahrhundert vor Christus entstand, Kittim hier mit „Römer“ übersetzt wird: „Schiffe der Römer werden gegen ihn kommen.“
Auch in den Qumran-Schriften, den Schriften der jüdischen Gemeinschaft am Toten Meer, die in Höhlen versteckt wurden, wird der Ausdruck „Kittim“ im ersten Jahrhundert vor Christus zur Bezeichnung von Rom verwendet.
Im Habakuk-Kommentar wird der Ausdruck „Kittim“ ebenfalls für die Römer genutzt.
Die vier Weltreiche in Daniel und ihre Bedeutung für Europa
Über die vier Weltreiche in Daniel 2 und 7
In Daniel 2, den die meisten von uns kennen, geht es um einen Traum, den Nebukadnezar um 604 v. Chr. hatte. Er sah ein Standbild: Der Kopf bestand aus Gold, die Arme und die Brust aus Silber, die Hüfte aus Bronze und die Beine aus Eisen. Die Füße waren gemischt aus Eisen und Ton. Niemand konnte den Traum deuten, aber Daniel war dazu in der Lage, weil Gott ihm die Bedeutung geoffenbart hatte.
Daniel erklärt in Daniel 2 dem König von Babylon, dass dieser den Kopf aus Gold darstellt. Das war also das babylonische Weltreich zur Zeit Daniels. Danach, so erklärt Daniel, wird ein anderes Reich kommen. Die Geschichte hat dies erfüllt: Die Meder und Perser eroberten Babylon im Herbst 538 v. Chr. und hatten für längere Zeit die Weltherrschaft inne. Die beiden Arme des Standbildes weisen auf die zwei Völker hin, die dieses Reich trugen – die Meder und die Perser. Darum spricht man vom medopersischen Weltreich.
Anschließend sagt Daniel, dass ein weiteres Reich folgen wird, das über die ganze Welt herrschen wird. Dies weist auf das Reich Alexanders des Großen hin, das sich mit Gebieten in Europa, Asien bis nach Indien und Afrika ausdehnte.
Danach erklärt Daniel, dass ein viertes Reich kommen wird, das stark sein wird wie Eisen und alles zermalmt und zerstampft, was ihm entgegensteht. Dies soll das Römische Reich andeuten, das besonders durch die unglaubliche Kraft seiner Legionen gekennzeichnet war, die alles, was Rom entgegenstand, auslöschten.
In einer letzten Phase wird dieses römische Reich jedoch als gemischt aus Eisen und Ton dargestellt. Es wird erklärt, dass dieses Reich in seiner allerletzten Phase teilweise stark sein wird und zum Teil zerbrechlich wie Ton. Das ist genau das Problem des neuen Europas: Es besitzt zum Teil enorme Stärke, aber auch Zerbrechlichkeit. Man denke nur an Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal, Irland und auch Osteuropa. Dort ist die Stärke nicht vergleichbar mit der von Deutschland oder Frankreich.
Weiter wird erklärt, dass die Vermischung von Ton und Eisen auch bedeutet, dass sich die Völker vermischen, aber dennoch nicht aneinander haften werden. In den vergangenen Jahren sind enorme Ströme von Menschen aus anderen Kulturen nach Europa gekommen. Einige Vordenker dachten, dass durch diese Vermischung der Völker und die Förderung der Immigration der Nationalismus geschwächt werden würde. Man wäre nicht mehr stolz darauf, Deutsch oder Franzose oder Engländer zu sein, sondern würde sich einfach als Europäer fühlen.
Doch die Prophetie Daniels sagt, dass dies nicht funktionieren wird. Trotz dieser Vermischung werden die Völker nicht aneinander haften. Es wird ständig innere Probleme geben. So sehen wir im neuen Europa eine Tendenz: Einerseits eine starke Kraft zur Integration, andererseits starke Kräfte zur Sezession und Teilung. Dies zeigte sich auch in Jugoslawien und der Tschechoslowakei, wo es zu Zerfall und Verkleinerung kam. Diese gegensätzlichen Kräfte von Integration und Sezession existieren gleichzeitig in Europa.
Später hatte Daniel selbst einen Traum, beschrieben in Daniel 7. Dieser Traum stellt eine Parallele zu dem Traum über das Standbild dar. Dort werden die vier Reiche durch vier schreckliche Tiere dargestellt.
Das erste Tier war ein Löwe mit Adlerflügeln, majestätisch und erhaben. Es stellte das Reich zur Zeit Daniels dar. Nie mehr seit Nebukadnezar trat ein Mann auf, der so souverän und majestätisch war wie er. Im Vergleich dazu erscheint selbst Ludwig XIV. wie ein Hampelmann neben Nebukadnezar. Diese Autorität und Majestät wurde nie mehr erreicht. Das ist also Babylon.
Das zweite Tier war ein gefräßiger, plumper Bär. Es stellte das nächste Reich, Medopersien, dar. Dieses Reich war nicht mehr so majestätisch wie Babylon. Die Könige waren zum Beispiel gebunden: Wenn sie ein Gesetz beschlossen hatten, konnten sie es nicht mehr rückgängig machen (vgl. Daniel 6). Doch dieser Bär war sehr gefräßig und konnte viel mehr Territorien verschlingen als Babylon. Das Reich wurde viel größer als das babylonische Reich.
Das dritte Tier war ein schneller Leopard. Das ist natürlich wieder Alexander der Große, der so schnell die Welt eroberte. Der Leopard ist das schnellste Tier unter diesen vier Tieren. Hinzu kommen Flügel, die das Tempo noch mehr unterstreichen, ähnlich wie in Daniel 8 der zottige Ziegenbock, der mit den Füßen gar nicht den Boden berührt, weil er so schnell ist.
Es wird außerdem gesagt, dass der Leopard vier Köpfe hatte. Das ist natürlich ein Problem – ich bin froh, nur einen zu haben. Vier Köpfe weisen darauf hin, dass das Reich Alexanders in vier große Blöcke auseinanderfallen sollte.
Das vierte Tier war eine furchtbare, grausame Bestie mit zehn Hörnern. Das ist das Römische Reich. Es wird ausdrücklich gesagt, dass es Zähne aus Eisen hatte, was den Beinen aus Eisen entspricht, von denen wir gehört haben.
Daniel sieht diese Tiere nacheinander aus dem Weltmeer kommen. Dann blickt er empor zum Himmel und sieht mit den Wolken den Sohn des Menschen. Dieser kommt und richtet sein Reich, das Reich Gottes, auf Erden auf. Das ist der Messias, der Menschensohn – ein Titel des Messias, der schon im Alten Testament verwendet wird. Er wird kommen, alle diese Weltreiche ablösen und ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens an ihre Stelle setzen.
So haben wir hier eine Übersicht über die ganze Weltgeschichte von Babylon bis Rom. Zwei Bereiche machen Europa schon alttestamentlich aus: das griechische Reich und das römische Weltreich.
Übrigens hat das Kommen des Menschensohnes eine Parallele im Traum von Daniel 2. Dort sah Nebukadnezar, wie ein Stein sich aus dem Felsmassiv ohne menschliche Vermittlung löste. Dieser Stein stürzte herab, schlug an die Füße des Standbildes und zertrümmerte es vollständig. Danach wurde dieser Stein zu einem großen Berg, der die ganze Erde erfüllte.
Daniel erklärt, dass dies das Reich Gottes ist, das das letzte Reich Europas zerstören und an seine Stelle treten wird – als Weltreich mit Frieden und Gerechtigkeit. Das ganze Bild wird zertrümmert, nicht nur die Füße. So werden alle Überreste der anderen Reiche, die bis in die Endzeit bestehen sollen, endgültig vernichtet werden.
Diese Parallele zwischen Daniel 2 und Daniel 7 ist sehr interessant. In Daniel 2 werden die Weltreiche als ein Mensch dargestellt – eine menschliche Statue, ohne Seele, aber ein Mensch. In Daniel 7 sind sie gefräßige Bestien.
Aus diesem Unterschied kann man ein Grundprinzip ableiten: Gottes Plan war, dass die Völker dieser Welt und die weltpolitisch beherrschenden Mächte menschliche Grundzüge darstellen sollten – das, was richtig human ist. Nicht so, wie es die Humanisten meinen, die den Menschen anstelle Gottes in den Mittelpunkt stellen. Nein, Gottes Absicht war, dass der Mensch, erschaffen im Bilde Gottes, etwas von Gottes Weisheit und Gerechtigkeit hier auf Erden darstellen sollte.
Das war die Aufgabe dieser Völker. Doch sie waren wie eine seelenlose Statue. Ihr Auftrag wäre gewesen, human zu herrschen. In Wirklichkeit aber waren sie blutrünstige Bestien. Darum ist die ganze Weltgeschichte voller Blut und Tränen.
Als Gegensatz dazu wird der Menschensohn kommen und zeigen, was richtig menschlich ist. Das heißt: Jesus, der vollkommene Mensch nach den Gedanken Gottes, lebte genau das, was Gott sich vorstellt, wie ein Mensch sein sollte.
Zusammenfassung:
Die Zeiten der Nationen umfassen diese vier Weltreiche von Babylon bis Rom:
- Babylon
- Medopersien
- Griechenland
- Rom
Das sollte jeder Christ auswendig können. Danach kommt das Reich Gottes, das tausendjährige Friedensreich.
Wir sehen in dieser Geschichte auch, wie Europa eine sehr bedeutende Rolle spielt – schon alttestamentlich mit Griechenland und Rom.
Europa im Buch der Offenbarung und die Rolle des römischen Reiches
Nun wechseln wir vom Buch Daniel zur Offenbarung, die zur Zeit des Römischen Reiches, etwa im Jahr 95, geschrieben wurde. Der Seher von Patmos sah dort noch einmal das vierte Reich, das vierte Tier aus Daniel, diese Bestie mit zehn Hörnern.
Dann wurde ihm erklärt (Offenbarung 17,8): „Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen.“ Hier wird erläutert, dass das Römische Reich drei Phasen durchlaufen wird: a) es war, b) es ist nicht, c) es wird heraufsteigen. Diese Phasen sind nach den Zeiten der Grammatik absolut genommen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Man könnte nun fragen: Warum steht „war“, wenn das Römische Reich doch zur Zeit von Johannes existierte? Diese Ausdrucksweise hat jedoch eine besondere Bedeutung. Die Offenbarung macht deutlich, dass das Römische Reich sich selbst vergötterte und an die Stelle Gottes setzte. Viele römische Kaiser betrachteten sich selbst als Götter und ließen sich anbeten.
In der Offenbarung wird Gott als „der da ist, der da war und der da kommt“ genannt (Offenbarung 1,4). Das ist eine Ironie: Was ist das für ein Gott, der „war“ und nicht mehr ist? Ein Gott, der aufhört zu existieren, ist gar kein Gott.
Der Satz „wird heraufsteigen“ entspricht dem „der da kommt“. Doch der Satz geht weiter: „und ins Verderben gehen“. Das hat einen besonderen Grund, warum die Zeiten hier so absolut genommen werden – drei Phasen für das Römische Reich.
In der Schule haben wir gelernt, dass es einmal ein Römisches Reich gab. Es war keine Legende, sondern Geschichte. Unter Kaiser Augustus wurde schließlich Jesus, der Messias, in Bethlehem geboren.
Doch im Jahr 476 nach Christus drangen die Barbaren aus dem Norden und Osten, aus dem Gebiet des heutigen Deutschlands, in das Weströmische Reich ein. Sie begannen, unabhängige Königreiche zu bilden. Dadurch wurde das Weströmische Reich von innen aufgespalten und ging unter.
Im Osten hingegen bestand das Römische Reich weiter – das Oströmische Reich blieb bestehen. Es schrumpfte zwar, aber es existierte bis 1453. Unter dem Ansturm der Türken brach das Reich schließlich zusammen.
Wer heute nach Istanbul reist, begegnet immer wieder der Jahreszahl 1453. Man sieht die Ruinen, die auf die Eroberung von Byzanz durch die Muslime zurückgehen. Die Hagia Sophia, diese riesige Kirche, wurde in eine Moschee umgewandelt. All das zeugt vom Sieg des Islam über das christianisierte Oströmische Reich.
Ich war einmal auf dem Markt in Istanbul und sah einen Mann mit einem T-Shirt, auf dessen Rücken nur die Zahlen „1453“ standen.
Doch das war nicht das Ende des Römischen Reiches. Im Westen hatte Karl der Große bereits um 800 große Teile wiedervereinigt und das Heilige Römische Reich gegründet. Dieses setzte sich über die Ottonen fort und wurde später als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation bezeichnet. Es hielt über Jahrhunderte große Teile Europas zusammen.
Im Jahr 1806 legte Kaiser Franz die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation selbst ab – damit war es beendet. Zwei Jahre zuvor hatte Napoleon dem Papst die Krone aus der Hand genommen. Damit wollte er zeigen, dass er sich nicht dem Vatikan unterstellt. Er krönte sich selbst und sah sich als römischen Kaiser.
Dies wurde auch durch seine Eroberungsfeldzüge bis nach Russland deutlich, bei denen unzählige Menschen ums Leben kamen. Doch in der Schlacht von Leipzig 1813 war Napoleons Schicksal besiegelt. Bereits im folgenden Jahr wurde er vom französischen Parlament abgesetzt. Damit gab es kein Römisches Reich mehr.
Das 19. Jahrhundert war die Zeit des Nationalismus. Jeder war stolz auf seine Herkunft: „Ich bin Ungar“, „Ich bin Deutsch“, „Ich bin Schweizer“, „Ich bin Franzose“ und so weiter. Der Nationalismus wurde stark betont.
Diese Haltung spiegelte sich auch in der Kunst wider. Franz Liszt komponierte die Ungarischen Rhapsodien, Sarasate die Zigeunerweisen für Violine und Orchester. Viele Werke sollten nationalen Stolz künstlerisch darstellen.
Doch dieser Nationalismus war gefährlich für Europa. Das Kontinent zersetzte sich innerlich, was letztlich zum Ersten Weltkrieg führte (1914–1918) mit etwa 20 Millionen Toten. Zum ersten Mal wurden Massenvernichtungswaffen eingesetzt – eine schreckliche Erfahrung. Nach dem Krieg sagte man: „Nie wieder so etwas!“
Doch nur wenige Jahre später folgte der Zweite Weltkrieg mit etwa 60 Millionen Toten, bei dem erstmals Atombomben eingesetzt wurden. Europa lag 1945 am Boden zerstört.
Nun versteht man, warum manche den Nationalismus als etwas ganz Schlechtes ansehen. Im Jahr darauf hielt Winston Churchill in Zürich an der Universität seine berühmte Rede „Let Europe Arise“ („Lasst Europa aufstehen!“).
Er forderte, eine Art Vereinigte Staaten von Europa zu schaffen. Seiner Meinung nach war der Weg dahin nicht schwer. Es brauchte nur, dass 300 Millionen Männer und Frauen Segen statt Fluch ernten und Recht statt Unrecht tun – und noch mehr, was er ausführlich sagte.
In den 1950er Jahren wurde klar, dass man das verstanden hatte. Sechs Nationen rückten zusammen und bildeten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). 1957 wurden die Römischen Verträge geschlossen.
Diese Entwicklung ging weiter: Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) entstand, später die Europäische Gemeinschaft. Das sollte zeigen, dass es nicht nur um Wirtschaft geht, sondern um mehr.
Diese Entwicklung führte schließlich zur Europäischen Union (EU). Man kann sich fragen: Was ist das, was sich da bildet?
Die Europavisionäre hatten diese Frage schon vor Jahrzehnten beantwortet. Sie arbeiteten bereits nach dem Ersten Weltkrieg an diesem neuen Konstrukt. Emil Luss schrieb in den 1950er Jahren: „Europa, die europäische Einheit brauchen wir nicht zu schaffen, sondern lediglich wiederherzustellen.“
Er verstand, was geschieht und geschehen soll. Einer unserer Staatssekretäre, Dr. Franz Blanckart, der bis vor einigen Jahren im Amt war und Europabefürworter ist, sagte einmal, dass im Blick auf das neue Europa ein Heiliges Römisches Reich europäischer Nation gezimmert werden soll.
Diese Phase c wird heraufsteigen. Wenn man den Text genau liest, bekommt man fast Gänsehaut: Es wird „aus dem Abgrund heraufsteigen“ – das griechische Wort „abyssos“ bedeutet der Abgrund, der Bodenlose.
In Römer 10 wird dieses Wort für das Totenreich verwendet. Wörtlich: Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg das neue Europa aus der Asche des schrecklichsten Krieges der Menschheitsgeschichte empor. Es kam wirklich aus dem Abgrund herauf und wird schließlich ins Verderben gehen.
Wenn der Herr Jesus kommt, wird er Europa richten, wie es die Offenbarung ausführlich beschreibt. Sie beschreibt auch, wie in der letzten Phase eine Diktatur von schrecklichster und widergöttlichster Art entstehen wird.
Hitler war nur ein Vorgeschmack auf diesen starken Mann, der kommen wird, um all die Probleme Europas, die in Kommissionen und Gremien nicht gelöst werden können, schnell und unbürokratisch zu lösen.
Ich erinnere mich, dass ein Biologielehrer in meiner Jugend, ein alter, ehrwürdiger Mann, mit dem ich gut auskam, obwohl er Evolutionist war, sagte: „Was wir brauchen, ist ein starker Mann für Europa.“ Alle waren entsetzt, doch er meinte es ernst.
Ja, und dieser starke Mann wird kommen. Aber dann wird der Herr Jesus kommen und einen Abschluss setzen über diese Geschichte Europas, in der das Evangelium eine so gewaltige und formende Bedeutung erlangt hatte, aber schließlich von der Masse schmählich verworfen wurde.
Die Ausbreitung des Evangeliums in Europa in der Apostelgeschichte
Aber wir gehen jetzt nochmals zurück in die Zeit vor zweitausend Jahren, als das Evangelium nach Europa kam. Der Herr Jesus wurde, wie gesagt, in Bethlehem geboren, am Knotenpunkt von Europa, Asien und Afrika. Nachdem die Masse seines Volkes ihn verworfen hatte, sollte das Evangelium ausgehen.
Am Pfingsttag, Apostelgeschichte 2,10, als die Gemeinde entstand, waren Juden aus Rom zu Besuch in Jerusalem. Dreitausend Menschen kamen zum Glauben, und so konnten einige von ihnen später nach Europa zurückkehren und das Evangelium bringen.
Die Gemeinde in Rom entstand nicht durch den Apostel Paulus. Das sagte Paulus im Römerbrief. Er erklärte, dass er Rom dienen möchte, aber als er den Römerbrief schrieb, hatte er die Stadt noch nie besucht. Später kam er dann nach Rom.
Es waren auch Juden aus Kreta anwesend, Apostelgeschichte 2,10. Nach der Verfolgung der Christen und der Ermordung von Stephanus gingen Jünger aus Jerusalem nach Zypern, um das Evangelium zu verbreiten, Apostelgeschichte 11,19. So kam das Evangelium bereits nach Europa.
Auf der ersten Missionsreise, Apostelgeschichte 13,4-12, kam Paulus auch nach Zypern und brachte die frohe Botschaft nach Europa. Auf der zweiten Missionsreise kam er dann aufs europäische Festland, nach Philippi. Das war ein ganz entscheidender Punkt.
Paulus wusste zunächst nicht genau, wohin der Herr ihn führen wollte. Er ging in unterschiedliche Richtungen in der heutigen Türkei. Dann hatte er einen Traum in der Nacht: Ein mazedonischer Mann rief ihn mit den Worten „Komm herüber und hilf uns!“ Paulus war sich nicht sicher, ob dieser Traum eine Bedeutung hatte. Er sprach mit seinen Freunden, und sie kamen zum Schluss, dass der Herr sie gerufen hatte.
Dann kamen sie nach Philippi. Wir kennen die Geschichte, wie Lydia, die Purpurhändlerin, zum Glauben kam und auch der Gefängniswärter dort. Lukas baute die Gemeinde in Philippi auf und blieb dort längere Zeit.
Paulus ging weiter nach Thessalonich, dann nach Beröa, nach Athen und nach Korinth. So breitete er das Evangelium in Großstädten aus. Seine Strategie war, zuerst die Ballungszentren zu erreichen. Er ging nicht ins Hinterland, sondern zuerst in die großen Städte. Die Menschen, die dort zum Glauben kamen, sollten dann das Hinterland evangelisieren.
Darum nannte man die Menschen im Hinterland die „Pagani“, die Heiden. Das waren die Menschen auf der Heide, die noch nichts vom Evangelium gehört hatten.
Auf der dritten Missionsreise kam Paulus nach Mazedonien und Griechenland. Auf der vierten Missionsreise, alles in der Apostelgeschichte beschrieben, kam er nach Rom und gab Zeugnis vor dem Kaiser Nero.
Paulus hatte auch den Wunsch, nach Spanien zu gehen. Das sagt er ausdrücklich in Römer 15,23 und 28. Er wollte von Rom aus auch Spanien erreichen, den westlichsten Punkt Europas.
Aus der frühchristlichen Literatur wissen wir, dass Paulus nach seiner ersten Gefangenschaft in Rom wieder frei wurde und tatsächlich bis nach Spanien kam. Er war auch in Nikopolis, Titus 3,12. Der Titusbrief wurde nach der Gefangenschaft in Rom, nach den vier Missionsreisen in der Apostelgeschichte, geschrieben. Das erklärt, warum Paulus in Nikopolis überwintern konnte. Nikopolis spielt in der Apostelgeschichte keine Rolle.
In 2. Timotheus 4,10 schreibt Paulus aus seiner zweiten Gefangenschaft in Rom, die ihn schließlich zur Enthauptung durch das Schwert führte, zum Martyrium. Dort berichtet er, dass Titus nach Dalmatien gegangen ist. Dalmatien liegt im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien.
Titus evangelisierte also auch in der frühesten Zeit Teile des heutigen Jugoslawien. Aus der frühchristlichen Literatur wissen wir außerdem, dass Petrus und Markus nach Rom kamen und dort wirkten.
Dies sind einige Hinweise auf die frühe Missionierung Europas, aber es gab natürlich noch viele unbekannte Namen. Zum Beispiel war ich auf der Insel Sizilien, genauer gesagt in Syrakus. Dort gibt es einen kleinen Überrest einer Kirche aus den Jahren etwa 50 bis 60 nach Christus. Das ist die früheste Spur des Christentums in Syrakus. Die Gemeinde entstand nicht durch den Apostel Paulus. Viele andere waren unterwegs und haben Europa missioniert.
In der Schweiz erkennt man die ersten Spuren des Christentums zum Beispiel in Avenches, dem antiken Aventicum. Beim Graben entdeckt man plötzlich, dass die Toten nicht mehr verbrannt, sondern bestattet werden. Man wusste: Das Christentum ist gekommen. Die Menschen zeigen nun Hochachtung vor dem Körper und verbrennen ihn nicht mehr, weil sie glauben, dass dieser Körper von Gott wieder auferweckt wird.
Wie gesagt, Paulus hat Großes in Europa gewirkt, aber nicht allein. Auch andere haben die frohe Botschaft nach Europa gebracht und so vielen, die darauf warteten, Hoffnung gegeben. Genauso wie Jesaja sagt: Die Frommen werden auf die Rettung des Herrn harren.
Widerstände gegen das Evangelium in der antiken Welt
Tatsächlich gab es vor 2000 Jahren im Römischen Reich viele Menschen, die die Nase voll hatten von den unmoralischen, beschränkten Göttern wie Zeus, Apollos, Athene und anderen. Sie sehnten sich nach einem ewigen, unendlichen, persönlichen Gott, der heilig und gerecht ist und dessen Wesen Liebe ist. Deshalb hatte das Evangelium in kürzester Zeit so unglaubliche Auswirkungen in Europa.
Doch das Evangelium stieß auch auf Widerstand. Es gab verschiedene Bollwerke: die Götterwelt der Griechen und Römer, den Kaiserkult, den weit verbreiteten Okkultismus und Esoterik sowie den religiösen Pluralismus. Viele sagten: „Man muss doch nicht so stur sein und sagen, ich bin Christ und kann dem Kaiser nicht opfern. Man kann das doch verbinden. Man kann jede Religion wählen, die man will, man muss einfach nur noch ein bisschen für den Kaiser opfern.“ Viele hatten die römische Religion, waren aber gleichzeitig Mitglied in einem Geheimbund, in dem beispielsweise Isis und Osiris aus Ägypten verehrt wurden. Das war kein Problem. Man konnte mehrere Religionen nebeneinander haben. Man verstand nicht, warum Christen so stur waren und nur an einen Gott glaubten.
Das war auch ein Widerstand gegen die Philosophie der Griechen und Römer sowie gegen die heidnische Unmoral und Perversion. Ebenso gegen die grausame Welt, in der Abtreibung, Kindstötung und Kindesaussetzung verbreitet waren. Dazu kamen die abscheulichen Gladiatorenspiele, mit denen das Volk unterhalten wurde. „Brot und Spiele“ sorgten dafür, dass die Menschen untertänig blieben. Heute sieht man Parallelen dazu in der Filmwelt, wo Brutalität als Unterhaltung dient.
Diese Widerstände gab es gegen das Evangelium. Besonders erwähnenswert ist Athen als Hochburg der Philosophie. Paulus brachte das Evangelium in eine solche Welt, wie wir in Apostelgeschichte 17 sehen. Es war also nicht unmöglich, diese Mauern zu durchbrechen.
Korinth war die Hochburg der Unmoral und Perversion – die ganze alte Welt war so. Aber Korinth war das Allerschlimmste. Gerade dort wirkte Paulus mehrere Jahre, und viele Menschen kamen zum Glauben. Viele waren sehr schwierig. Es ist also nicht so, dass alle Menschen einfach werden, wenn sie sich bekehren. Aber das ist kein Hindernis, eine Gemeinde zu gründen, auch wenn man schwierige Leute hat. Die Korintherbriefe zeigen, wie man dann arbeiten muss und wie wirklich Fortschritte möglich sind.
Paulus sagt in 2. Thessalonicher 2, dass es ein Geheimnis gibt: das Geheimnis der Gesetzlosigkeit. Natürlich sollte sich das Evangelium ausbreiten und es hat ja eine Macht, die auch die Gesellschaft, die Moral und die Ethik verändert. Aber Paulus sagt, dass gleichzeitig die Gesetzlosigkeit am Wirken ist. Diese Gesetzlosigkeit wird sich immer mehr ausbreiten und schließlich einen Höhepunkt erreichen, wenn der Antichrist kommt. Dann wird der Herr Jesus mit Macht und Herrlichkeit erscheinen und den Antichristen vernichten.
So haben wir hier die Erklärung, warum Europa zwar seit zweitausend Jahren durch das Evangelium geprägt ist, aber gleichzeitig von Anfang an das Böse hineingekommen ist. Es hat sich in der Kirche festgesetzt und sich immer mehr ausgebreitet. Schließlich soll noch vor der Entrückung der große Abfall kommen. In dieser Zeit leben wir. Millionen sind vom Christentum abgefallen und haben sich abgewandt. Das ist der große Abfall aus 2. Thessalonicher 3, der schließlich zum Kommen des Antichristen führt.
2. Thessalonicher 2 macht deutlich: Vor dem Kommen des Antichristen wird die Entrückung stattfinden. Denn der Heilige Geist, der während der zweitausend Jahre Kirchengeschichte in Europa immer wieder das Böse zurückgedrängt hat und als Kraft in der Gemeinde wirkt – der, der zurückhält –, wird weggehen. Dann kann der Gesetzlose frei erscheinen und kommen. Danach folgt die große Drangsal und schließlich das Kommen des Herrn Jesus.
Dieser große Abfall steht sehr eng in Verbindung mit der Geschichte Europas. Paulus sagt, dass in der Endzeit das Heidentum wieder richtig in der Christenheit aufkommen wird. In 2. Timotheus 3 heißt es:
„Dieses aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere oder gefährliche Zeiten da sein werden, denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig (man kann auch arrogant übersetzen), lästererisch, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig (oder gottlos), frevelhaft, gräuelvoll, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, verleumderisch, unenthaltsam (das heißt ohne Selbstbeherrschung), grausam oder brutal, das Gute nicht liebend, verräterisch, verwegen (das heißt auch roh, wild, aufgeblasen), mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Religiosität haben, deren Kraft aber verleugnen.“
Schließlich spricht Petrus in 2. Petrus 3, Vers 17, über die Endzeit – und zwar aus dem Gefängnis in Rom vor seiner Kreuzigung:
„Ihr nun, Geliebte, da ihr es vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Gesetzlosen mit Fortgerissen aus eurer eigenen Festigkeit fallt.“
Das griechische Wort für „Gesetzlose“ ist atesmos. Es bedeutet Gesetzesverächter, Gesetzeswidriger, Sittenwidriger, Gesetzloser oder Ungerechter.
Wenn man an die Unmoral seit den 1960er Jahren denkt – mit Konkubinat, Partnerwechsel, Ehebruch, Homosexualität, Pornografie, steigender Gewaltbereitschaft, Abtreibung, Gottlosigkeit, Okkultismus, Drogenmissbrauch und zunehmender Kriminalität – dann versteht man, was mit den „Gesetzlosen“, den atesmos, gemeint ist.
Noch einmal: „Ihr nun, Geliebte, da ihr es vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Gesetzlosen oder der Sittenwidrigen mit Fortgerissen aus eurer eigenen Festigkeit fallt.“
Der Brief endet ganz positiv:
„Wachst aber in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilanders Jesus Christus! Ihm sei die Herrlichkeit sowohl jetzt als auch an dem Tag der Ewigkeit.“
So werden wir aufgerufen, wenn wir einerseits den Abfall und den Irrwahn sehen, aufzupassen, dass wir nicht mitgerissen werden. Wir alle sind in Gefahr, mitgerissen zu werden. Doch ganz positiv endet der Brief mit dem Aufruf, in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilanders Jesus Christus zu wachsen.
Und so dürfen wir, wie Jesaja 42 sagt, auch heute noch das neue Lied singen – hier auf den Ijin.