Einführung und Überblick über Kapitel 1
Wir haben viel Zeit für verschiedene einleitende Fragen verwendet, und deshalb befinden wir uns auch heute noch in Kapitel 1. Wir lesen nochmals ab Vers 1, aber ich werde nicht einfach wiederholen, was wir beim letzten Mal schon gesehen haben. Dafür gibt es ja die Aufnahmen auf bibloklasse.de zum Nachhören. Stattdessen werden wir speziell ab Vers 9 weiterfahren.
Also zunächst das ganze Kapitel 1 nochmals lesen:
Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss. Indem er sie durch seinen Engel sandte, hat er sie seinem Knecht Johannes kundgetan, der das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi bezeugt hat – alles, was er sah.
Glückselig ist, der liest, und die hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist, denn die Zeit ist nahe.
Johannes an die sieben Gemeinden, die in Asien sind: Gnade euch und Friede von dem, der ist und der war und der kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, der der treue Zeuge ist, der Erstgeborene der Toten und der Fürst der Könige der Erde.
Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern für seinen Gott und Vater. Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, welche ihn durchstochen haben. Und alle Stämme der Erde werden um seinetwillen wehklagen. Ja, Amen.
Ich bin das Alpha und das Omega, spricht der Herr, Gott, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige.
Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse in der Bedrängnis, im Königtum und im Ausharren Jesu, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen.
Ich war an des Herrn Tag im Geist, und ich hörte hinter mir eine laute Stimme wie von einer Posaune, die sprach: „Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Gemeinden nach Ephesus, nach Smyrna, nach Pergam, nach Thyatira, nach Sardis, nach Philadelphia und nach Laodizea.“
Und ich wandte mich um, um die Stimme zu sehen, die mit mir redete. Als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter. Inmitten der Leuchter stand einer, der einem Menschensohn glich. Er trug ein Gewand, das bis zu den Füßen reichte, und an der Brust war er mit einem goldenen Gürtel umgürtet.
Sein Haupt und seine Haare waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme. Seine Füße glichen glänzendem Erz, als glühten sie im Ofen, und seine Stimme war wie das Rauschen vieler Wasser.
Er hielt in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Mund ging ein zweischneidiges, scharfes Schwert hervor. Sein Angesicht war wie die Sonne, die in ihrer Kraft leuchtet.
Als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Doch er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.
Schreibe nun, was du gesehen hast, was ist und was nach diesem geschehen wird. Was das Geheimnis der sieben Sterne betrifft, die du auf meiner rechten Hand gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter:
Die sieben Sterne sind die Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind die sieben Gemeinden.
Die Verfasserfrage der Offenbarung
Bis Vers 8 haben wir beim letzten Mal vieles im Detail besprochen. Jetzt gehen wir weiter mit Vers 9. Dort wird nochmals genannt, wer der Verfasser der Offenbarung ist, nämlich Johannes. Wo war er schon einmal erwähnt? In Vers 1.
Genau, liest du gerade, Roland? Dort heißt es: „Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, um seinen Knechten zu zeigen, was rasch geschehen soll. Er hat sie bekannt gemacht und durch seinen Engel, seinen Knecht Johannes, gesandt.“
Es gibt Kritiker, die behaupten, die Offenbarung sei von einem Johannes geschrieben worden, aber natürlich nicht von Johannes, dem Jünger Jesu, dem Apostel. Das ist eine übliche Haltung in der Bibelkritik. Man kann alle möglichen Dinge behaupten, doch man verlangt nicht, dass diese Behauptungen bewiesen werden, denn das ist nicht möglich.
Das Gegenteil können wir jedoch beweisen: Dass es tatsächlich der Apostel Johannes ist. Das haben wir beim letzten Mal noch nicht betrachtet. Es handelt sich um die Frage nach der Verfasserschaft, die man immer wieder beantworten muss, wenn man ein neues Bibelbuch behandelt. Die Frage „Von wem ist es geschrieben?“ ist wichtig, auch für das Verständnis des Buches.
Wir verfügen über schriftliche Überlieferungen aus der frühesten Christenheit, die uns sehr klar bezeugen, dass Johannes, der Jünger Jesu, der Autor der Offenbarung ist.
Zu erwähnen ist Justin, ein bekannter Christ und Schreiber eines Buches, das sehr berühmt wurde – „Gegen die Ketzer“. Er lebte im zweiten Jahrhundert. In diesem Buch nimmt Justin, der Märtyrer, Bezug auf das tausendjährige Reich, wie es in Offenbarung 20 beschrieben wird. Dabei sagt er, dass die Offenbarung von Johannes, einem der Apostel Christi, verfasst worden sei. Das stammt also bereits aus dem zweiten Jahrhundert.
Unter den vielen Zeugnissen, die es gibt, ist weiter Irenäus zu nennen, ein ebenfalls bekannter Schreiber aus dem zweiten Jahrhundert. Er benutzt die Offenbarung häufig, manchmal ohne Angabe der Quelle. Einzelne Male schreibt er aber ausdrücklich, von wem das Buch stammt. Dort finden wir die Stelle, in der er sagt: „Johannes in der Offenbarung“ oder „Johannes, der Jünger des Herrn, in der Offenbarung“. Auch hier wird ganz klar bezeugt, dass Johannes der Verfasser ist.
Dann gibt es weitere Zeugnisse wie das von Tertullian. Er war ein Rechtsanwalt um 200 nach Christus, also etwas später als die zuvor genannten. Auch er sagt ganz klar, dass die Offenbarung vom Apostel Johannes stammt.
Wo findet man solche Informationen? Es gibt schlechte Einleitungsliteratur zu den Büchern der Bibel, die bibelkritisch ist. Aber es gibt auch bibeltreue Werke. Ein solches stammt von Erich Mauerhofer, ursprünglich in zwei Bänden herausgegeben unter dem Titel „Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments“.
Für jedes Bibelbuch im Neuen Testament werden dort die Fragen zur Verfasserschaft abgehandelt, und die Quellen werden genau verzeichnet. So kann man die Angaben in der Literatur selbst nachlesen.
Man hat somit die Argumente in der Hand, wenn man einmal damit konfrontiert wird, dass jemand sagt: „Ja, wer sagt schon, dass die Offenbarung von Johannes ist? Sie wurde irgendwann mal abgefasst.“ Nein! Unter diesen Zeugen wird zum Beispiel auch gesagt, dass Johannes das Buch am Ende der Herrschaft von Kaiser Domitian geschrieben hat. Domitian regierte bis 98 nach Christus.
Die Annahme, dass die Offenbarung etwa 95 oder 96 nach Christus verfasst wurde, gilt daher als das treffende ungefähre Datum.
Gibt es dazu noch Fragen? Es gibt auch innerbiblische Argumente, dass Johannes der Verfasser ist. Ja,
Innerbiblische Argumente für die Verfasserschaft Johannes
Es gibt auch innerbiblische Argumente dafür, dass Johannes der Verfasser der Offenbarung ist. Typische Ausdrücke, die wir aus dem Johannesevangelium oder den Johannesbriefen kennen, finden sich auch in der Offenbarung wieder.
Ein Beispiel dafür ist die Bezeichnung Jesu Christi als „das Wort“. Im Johannesevangelium heißt es zu Beginn: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ In der Offenbarung wird diese Bezeichnung ebenfalls verwendet. So beschreibt Offenbarung Kapitel 19 die Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit. Dort heißt es in Vers 11: „Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd. Der darauf saß, heißt der Treue und Wahrhaftige, und in Gerechtigkeit richtet und kämpft er. Seine Augen aber sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Kronen. Und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt außer ihm selbst. Er ist bekleidet mit einem Gewand, das im Blut getaucht ist, und sein Name heißt: Das Wort Gottes.“
Diese seltene Bezeichnung Jesu als „das Wort“ im Neuen Testament wird also auch in der Offenbarung verwendet. Das ist nur ein Beispiel, aber es gibt zahlreiche weitere Parallelen zu den Schriften des Johannes.
Natürlich könnte jemand einwenden, dass in der Offenbarung auch viele Wörter vorkommen, die man im Johannesevangelium nicht findet. Hier muss man jedoch beachten, dass dies stark vom jeweiligen Thema abhängt. In der Offenbarung werden viele Begriffe verwendet, die mit prophetischen, zukünftigen Ereignissen und Gerichten zu tun haben. Das ist kein zentrales Thema im Johannesevangelium. Deshalb findet man in der Offenbarung viele Wörter, die im Johannesevangelium nicht vorkommen.
Das hat jedoch nichts mit der Frage der Verfasserschaft zu tun. Bei jedem Autor ist es so, dass der Wortschatz stark vom behandelten Thema abhängt. Vergleicht man zum Beispiel ein Buch über den Messias im Tempel mit einem Büchlein über Rockmusik, so wird man feststellen, dass im ersten Buch keine Begriffe wie „Beatles“, „Rolling Stones“ oder „Drogen“ vorkommen. Das liegt daran, dass es sich um ganz unterschiedliche Themen handelt.
So ist es bei allen Autoren: Der verwendete Wortschatz spiegelt das spezielle Thema wider, das behandelt wird. Das gilt auch für die Offenbarung.
Gibt es noch weitere Fragen?
Johannes auf Patmos und der Tag des Herrn
Gut, dann gehen wir weiter. Wo war Johannes und warum? Das haben wir eigentlich letztes Mal schon beantwortet, das wäre eine Wiederholung.
Johannes war verbannt auf der Insel Patmos. Diese liegt im Mittelmeer, vor der heutigen Westtürkei. Ich habe letztes Mal schon erklärt, dass Johannes in seinen letzten Jahren einen besonderen Dienst in Ephesus hatte, also in der heutigen Westtürkei, in der Provinz Asia, die etwa so groß ist wie die Schweiz. Dort befinden sich alle Städte, die in Offenbarung Kapitel 2 und 3 mit Briefen angeschrieben werden: Ephesus, Smyrna, Pergamos, Theatira, Sardis, Philadelphia und Laodizea.
Johannes wurde von Kaiser Domitian verbannt, weil er als Zeuge des Wortes Gottes tätig war. Er war also auf der Insel Patmos, und jetzt schreibt er diese Gemeinden an, unter denen er einen speziellen Dienst getan hatte. Das war natürlich eine ganz harte Sache für Johannes, so verbannt zu sein auf einer unwirklichen Insel mitten im wilden und tosenden Mittelmeer.
Was war dann mit den Zusammenkünften der Gläubigen? Die konnte er nicht mehr besuchen. Das erklärt die Tatsache, dass er die Offenbarung an einem ganz bestimmten Wochentag empfing – nämlich an welchem Tag? Wo steht das? Vers 10, liest das jemand vor?
"Ich war an des Herrn Tag im Geist, und ich hörte hinter mir eine laute Stimme wie von einer Posaune."
Tag des Herrn oder wörtlich „an dem dem Herrn gehörigen Tag im Geist“. Nun gibt es Leute, die sagen: Nein, das hat nichts mit dem Sonntag zu tun. Womit hat es dann zu tun? Was sagen sie? Gerichtstag? Gerichtstag, wirklich? Kommst du auf Gerichtstag?
Ja, weil es der Tag des Zorns ist und wird doch auch als Tag des Herrn bezeichnet. Ja, das ist der Punkt! Die Gerichtszeit, wenn Jesus Christus wiederkommen wird als Richter der Welt, diese Zeit wird im Alten und auch im Neuen Testament als der Tag des Herrn bezeichnet.
Können wir dazu einen Beleg haben? Ein Beispiel: Wo kommt dieser Tag des Herrn im Alten Testament vor? Ja, an vielen Stellen: Jesaja, Joel, Hesekiel, Amos. Aber schlagen wir mal Zephanja auf.
Jetzt kommt es darauf an, ob man die kleinen Propheten schnell findet. Sie stehen am Schluss des Alten Testaments. Es sind die kleinen Propheten, und am Ende kommt Zephanja.
Lieste jemand mal Zephanja 1, Verse 14 bis 18?
"Nahe ist der große Tag des Herrn, er ist nahe, und sehr rasch kommt er herbei.
Der Tag des Herrn, bitter schreit dort auch der Held, ein Tag des Zorns ist dieser Tag, ein Tag der Angst und der Bedrängnis, ein Tag des Ruins und der Zerstörung, ein Tag der Finsternis und des Dunkels, ein Tag des Gewölks und des Wolkendunkels, ein Tag des Schofaschalls und des Alarmlasens gegen die festen Städte und gegen die hohen Zinnen.
Da will ich die Menschen ängstigen, dass sie herumtappen wie die Blinden, denn am Herrn haben sie sich versündigt.
Darum soll ihr Blut hingeschüttet werden wie Staub und ihr Fleisch wie Mist.
Weder ihr Silber noch ihr Gold wird sie retten können am Tag des Zornes des Herrn, und durch das Feuer seines Eifers soll das ganze Land verzehrt werden,
denn eine Vernichtung, einen plötzlichen Untergang wird er allen Bewohnern des Landes bereiten."
Man beachte, wie oft hier der Ausdruck „Tag“ vorkommt: Zuerst im Vers 14, „der große Tag des Herrn“, und dann im gleichen Vers „der Tag des Herrn“. Er wird genannt der Tag des Trimmels, der Tag der Drangsal und der Bedrängnis, Tag des Verwüstens, Tag der Finsternis und so weiter.
Im Neuen Testament wird das wieder aufgenommen. Dieser Tag des Herrn kommt auch dort vor. Ein Beispiel ist 1. Thessalonicher 5,2. Liest jemand diesen Vers vor? Sagen wir Verse 2 und 3:
"Denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt, wie er es wieder hat, wenn sie seine Friede und Sicherheit am Gott am plötzlichsten erwerben, wie die Geburtswehen der Schwangeren."
Ja, also das ist dieser alttestamentliche Begriff, der im Neuen Testament aufgenommen wird: der Tag des Herrn. Auf Griechisch heißt das „He hemera tou Kyriou“ – der Tag des Herrn.
An allen Stellen, wo über diesen Tag des Herrn gesprochen wird, ist es so. Aber in Offenbarung 1, Vers 10 steht es ganz anders auf Griechisch: Dort steht „He Kyriake Hemera“ – der dem Herrn gehörige Tag. „Kyriakos“ heißt „dem Herrn gehörig“ und dieses Wort kommt nur zweimal im Neuen Testament vor.
Weiß jemand zufällig, wo noch?
Im Abendmahl. Ja, genau dort. Beim Abendmahl, nicht in der Apostelgeschichte, sondern, weißt du gerade? Ja, 1. Korinther. Genau, schlagen wir auf: 1. Korinther 11, Vers 20.
Dort spricht der Apostel Paulus ausführlich über das Abendmahl, aber wir lesen nur Vers 20:
"Wenn ihr nun an einem Orte zusammenkommt, so ist das nicht des Herrn Mahl, denn ein jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg."
Er spricht hier darüber, wie die Korinther das Abendmahl ganz falsch gefeiert haben. Darum sagt er: So ist das nicht des Herrn Abendmahlessen.
Nun steht hier im Griechischen nicht „das Abendmahl des Herrn“, sondern „das dem Herrn gehörige Abendmahl“, ganz wörtlich, der gleiche Ausdruck „Kyriakos“.
Übrigens, dieses Wort „Kyriakos“ kennen wir im Deutschen. Später entstand daraus das Wort „Kirche“. „Kyriake“ mit Y, als I geschrieben, wurde zu „Kyriake“ und daraus wurde schließlich „Kirche“.
Das heißt also, das wäre das dem Herrn gehörige Haus. Das Wort „Haus“ ist dann weggelassen, aber quasi die Abkürzung für das dem Herrn gehörige Haus, das ist Kirche.
Wir wissen aus dem Neuen Testament, dass es für die Gemeinde heute nicht mehr um das Gebäude geht. Die Gläubigen selbst sind das Haus des Herrn, sie sind lebendige Steine, wie 1. Petrus 2 sagt: „Jeder Gläubige ist ein lebendiger Stein an diesem geistlichen Gebäude.“
Aber irgendwo müssen die Gläubigen ja doch zusammenkommen. So ganz ideal ist es nicht, wenn wir das ganze Jahr draußen im Wald wären. Deshalb hat man mit der Zeit auch das Gebäude, in dem die Gläubigen zusammenkommen, als Haus des Herrn, als Kirche bezeichnet.
Nur einfach, damit man den Begriff ein bisschen versteht.
Hier hat das also nichts mit dem Gerichtstag zu tun. Johannes wurde in der Vision zwar in die Gerichtszeit des Tages des Herrn versetzt, aber der Ausdruck „He Kyriake Hemera“ bedeutet nicht Gerichtstag, sondern den Sonntag, der von den frühesten Christen schon als Tag des Herrn bezeichnet wurde.
Frühchristliche Belege für den Sonntag als Tag des Herrn
Jetzt kommen die Adventisten. Und was sagen sie in diesem Zusammenhang? Sie sagen, man müsse immer den Sabbat feiern. Das sei in den Zehn Geboten festgelegt, und wer den Sabbat nicht feiert, begehe schon einen großen Fehler.
Und was sagen sie dann zum Sonntag? Sie behaupten, die Kirche habe ihn eingeführt – wann? Im 4. Jahrhundert, als die Verfolgungszeit aufgehört hatte und das römische Reich plötzlich christlich wurde, allerdings nur in Anführungsstrichen. Der Kaiser Konstantin erklärte das Christentum als erlaubte Religion, und kurz darauf wurde es zur Staatsreligion des römischen Reiches.
In dieser Zeit habe Konstantin befohlen, den Sabbat nicht mehr als Feiertag der Christen zu beobachten, sondern stattdessen den Sonntag. Damit habe er das Heidentum in die Christenheit eingeführt, unter anderem.
Die Tatsache ist jedoch, dass das eine Geschichtsfälschung ist. Es gibt verschiedene historische Zeugnisse aus der frühen Christenheit, die das Gegenteil beweisen.
Zum Beispiel Ignatius, der etwa von 35 bis 110 nach Christus lebte. Er erlebte also zum großen Teil noch die neutestamentliche Zeit mit. Er war ein Schüler des Apostels Johannes und kannte ihn persönlich. Von Ignatius haben wir einen Brief an die Magnesier, in dem er in Abschnitt neun Folgendes schreibt: „Wenn dann jene, die in alten Gebräuchen gewandelt sind, eine Erneuerung der Hoffnung erlangen und nicht länger dem Sabbat dienen, sondern ihr Leben nach dem Tag des Herrn ausrichten.“
Hier sagt also dieser Zeitgenosse von Johannes: „Am Tag des Herrn feiern die Christen“ – und übernimmt damit den Ausdruck, den wir aus der Offenbarung kennen.
Dann gibt es ein Buch mit dem Titel „Die Lehre der zwölf Apostel“. Es wurde ungefähr zwischen 100 und 120 nach Christus geschrieben, also gerade in den Jahren nach der Offenbarung. Dort steht in Abschnitt vierzehn: „Und am Tag des Herrn versammelt euch, brecht das Brot und gebt Dank.“ Das zeigt, dass diese Praxis bis in die früheste Zeit der Christenheit zurückreicht.
Nochmals Justin, der Märtyrer, den ich schon erwähnt habe. Er lebte von 100 bis 165 nach Christus, also ungefähr in der Zeit, als Johannes starb und Justin geboren wurde. In seinem Buch „Apologie“ schreibt er in Kapitel 67: „Der Sonntag ist der Tag, an dem wir alle unsere übliche Versammlung halten. Denn es ist der erste Tag, an dem Gott die Welt schuf, indem er einen Wandel in der Dunkelheit bewirkte. Und Jesus Christus, unser Erlöser, ist an diesem Tag von den Toten auferstanden.“
Daraus können wir ganz klar schließen, dass die Adventisten ständig eine Geschichtsfälschung verbreiten. Es ist überhaupt nicht wahr, dass die Änderung erst im vierten Jahrhundert stattgefunden hat. Die frühesten Christen, bis zurück in die Apostelzeit, sprechen ganz klar vom ersten Tag der Woche als dem Tag, der dem Herrn gehört.
Und gerade dieser Justin, der Märtyrer, sagt über diesen ersten Tag der Woche, warum er eingesetzt wurde: Er ist der Auferstehungstag des Herrn Jesus. Außerdem erwähnt er noch etwas Besonderes: Die Welt wurde am Sonntag erschaffen.
Die Bibel beginnt mit dem Sonntag – natürlich nennt sie ihn nicht „Sonntag“, da das ein heidnischer Ausdruck ist. Dieser Tag ist dem Sonnengott geweiht. Aber wie nennt die Bibel den ersten Tag der Woche? Auf Deutsch heißt das einfach „der erste Tag“.
Genauso wie die Brasilianer, die ihre Wochentage durchnummerieren und nicht mit heidnischen Namen belegen. Im Hebräischen ist das bis heute so: Sonntag heißt „Yom Rishon“, was „erster Tag“ bedeutet.
Und was heißt „Sonntagsschule“? Das Wort „Schule“ ist schon schwierig, es bedeutet „Haus des Buches“. Also heißt Sonntagsschule auf Hebräisch „Bet Sefer Yom HaRishon“ – das heißt „Haus des Buches des ersten Tages“.
So zählt man die Tage durch: erster Tag, zweiter Tag, dritter Tag, vierter Tag – das geht bis zum sechsten Tag, und dann kommt „Yom Schabbat“, der siebte Tag.
Die Bibel beginnt mit dem ersten Schöpfungstag: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und an diesem Tag sprach Gott: Es werde Licht – und es wurde Licht.“ Das ist der erste Schöpfungstag.
Und an diesem selben Tag ist der Herr Jesus auferstanden. Darum erschien der Herr Jesus an diesem ersten Tag auch den Jüngern.
Die Erscheinungen Jesu am ersten Tag der Woche
Können wir jetzt kurz aufschlagen? Johannes 20,19 liest jemand davor:
„Als es nun Abend war, an jenem Tag, dem ersten der Woche, und die Türen, wo die Jünger waren, aus Furcht vor den Juden verschlossen waren, kam Jesus und trat in die Mitte und sprach zu ihnen: Friede euch!“
Noch Vers 20, weil das so schön ist:
„Und als er dies gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.“
Ja, also der Bibeltext: Johannes betont ausdrücklich, dass es am ersten Tag der Woche war, an dem Tag, an dem der Herr auferstanden war. Die Jünger waren versammelt. Aber was ist eine Versammlung ohne den Herrn?
Die Türen waren verschlossen, und plötzlich erscheint der Herr in ihrer Mitte. Er bringt ihnen seinen Frieden, den er am Kreuz errungen hat: „Friede euch!“ Er zeigt ihnen seine durchbohrten Hände und seine Seite. Die Jünger freuen sich in dieser Zusammenkunft, weil sie den Herrn sehen konnten.
Das wird so richtig zum Prototyp einer christlichen Versammlung, einer Zusammenkunft. Sie sind zusammen, der Herr in der Mitte. Matthäus 18,20 sagt: „Wo zwei oder drei zu meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte.“ Der Herr gibt uns seinen Frieden, und wir dürfen ihn sehen.
Heute dürfen wir ihn sehen durch sein Wort, durch das Wort Gottes, wo seine Herrlichkeit entfaltet wird.
Johannes beschreibt nicht, was am Montag oder Dienstag kam, sondern gerade im nächsten Abschnitt, Vers 24, liest jemand:
„Thomas aber, einer von den Zwölfen, genannt Zwilling, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.“
Da sagen die anderen Jünger zu ihm: „Wir haben den Herrn gesehen.“ Er aber sprach zu ihnen: „Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meine Finger in das Mal der Nägel lege und meine Hand in seine Seite lege, so werde ich nicht glauben.“
Hier wird nicht klar gesagt, wann das war. Diese Unterredung mit Thomas könnte am ersten Tag gewesen sein, aber auch an einem anderen Wochentag.
Aber jetzt kommt es. Bitte weiter!
„Und nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen und Thomas bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und trat in ihre Mitte und sprach: Friede euch! Dann spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite. Sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“
Thomas antwortete und sprach zu ihm: „Mein Herr und mein Gott!“
Jesus spricht zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben.“
Jawohl, also acht Tage später ist wieder der erste Tag der Woche, und wieder sind sie versammelt. Der Herr erscheint an diesem Tag in der Mitte der Jünger, um eben diesen Tag zum Prototyp der Zusammenkunft der Gläubigen zu machen.
Natürlich sehen wir in Apostelgeschichte 2: Ab Pfingsten haben die ersten Christen – am Pfingsten begann ja die Gemeinde zu existieren, da entstand sie – und ab Pfingsten sagt Apostelgeschichte 2, wann sind die Christen zusammengekommen? Noch mehr als nur am ersten Tag: jeden Tag.
Apostelgeschichte 2 im Schluss: In diesem ersten Jahr war sowieso alles speziell. Denn diejenigen, die großen Besitz hatten, haben ihn verkauft und den Erlös in eine Gemeindekasse gelegt. Auf diese Weise war es möglich, dass die ganze Gemeinde ein Jahr lang jeden Tag zusammenkommen konnte.
Die Apostel haben sie unterwiesen, und Gott hat das so geplant. Nach einem Jahr kam die Ermordung von Stephanus, und alle wurden zerstreut.
Was haben sie gemacht? Sie haben sich nicht hinter allen Büschen versteckt. Sie wurden zwar aus Jerusalem hinaus verjagt, aber sie begannen zu missionieren. So entstand eine Gemeinde nach der anderen. Diese Jungbekehrten, ein Jahr bekehrt, waren fähig, Gemeinden aufzubauen.
Da war also dieses erste Jahr schon etwas ganz Spezielles.
Später sehen wir in Apostelgeschichte 20 ein interessantes Beispiel. Liest jemand Vers 7?
„Am ersten Tag der Woche…“
Warten noch, bis alle das haben, bitte.
Aus dem Zusammenhang sieht man: Paulus kam sieben Tage vorher an. Er hat offensichtlich gewartet, bis der erste Wochentag kam. Er hat die ganze Nacht durchgepredigt und ist dann zu Fuß weitergegangen.
Offensichtlich war es so wichtig, dass der erste Tag der Woche – das war nicht acht Tage später – sondern er kam sieben Tage vorher, also wohl am Montag an.
Warte bis zum Sonntag, und dann hat er die ganze Nacht durchgepredigt. Am nächsten Tag zog er weiter zu Fuß. Das zeigt seine Konstitution.
Also, wer liest Vers 7?
„Am ersten Tag der Woche, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen, unterredete sich Paulus mit ihnen, da er am folgenden Tag abreisen wollte. Er zog das Wort hinaus bis zum Land.“
Ja, aber das war nur die erste Etappe. Dann fiel dieser Jüngling Eutychus aus dem Fenster, aber nachher ging die Versammlung weiter bis zum frühen Morgen, bis zum Anbruch des Tages, Vers 11.
Es wird sogar gesagt, Paulus habe lang bis zum Anbruch des Tages geredet. Es war eine ziemlich lange Versammlung, aber eben am ersten Tag der Woche.
Sie kamen zusammen, um Brot zu brechen, das Abendmahl zu feiern.
Jetzt versteht man natürlich, warum eben dieser außerbiblische Text aus der Zwölfapostellehre sagt:
„Und am Tag des Herrn versammelt euch und brecht das Brot und gebt Dank.“
Man muss aber sagen: Im Neuen Testament gibt es nirgends ein Gebot, dass das Abendmahl am ersten Tag der Woche gefeiert werden muss.
In Troas war das aber ganz klar üblich.
Der erste Tag der Woche wird als ganz spezieller Tag im Neuen Testament hervorgehoben.
Nach 1. Korinther 16 soll an diesem Tag jeweils das Geld für die Mission gesammelt werden. Es wird klar gesagt: jeden ersten Tag der Woche.
Auch dort sehen wir, dass dieser Tag ganz speziell war. Sie sind gekommen, um das Brot zu brechen.
Dieser Tag war also ein ganz besonderer Tag.
Man muss sagen, es ist der einzige Feiertag im Neuen Testament, der uns wirklich als Feiertag der Christen vorgestellt wird.
Alles andere ist spätere Erfindung.
Aber der erste Tag der Woche, der dem Herrn gehörige Tag, sollte der Tag sein, an dem man ganz besonders für den Herrn und seine Sache frei war.
Darum war es der ideale Tag, an dem man zusammenkam und nicht seinen Geschäften nachging.
Die Bedeutung des Sabbats für jüdische Christen und die Gemeinde
Johannes war auf der Insel Patmos, und es war der erste Tag der Woche. Er konnte sich an diesem Tag nicht mit den Gläubigen versammeln. Ausgerechnet an diesem Tag erschien ihm der Herr in Herrlichkeit. Johannes öffnete seinen Blick und erlebte erneut, was er damals am Auferstehungstag, dem ersten Tag der Woche, erfahren hatte: Er durfte den Herrn in seiner Herrlichkeit sehen.
Für die heidnischen Christen war es kein Problem, den Sonntag zu feiern. Doch für die Juden, die an Jesus glaubten – damals wie heute –, war das eine Herausforderung. Für sie ist der Sabbat doch in Ewigkeit gültig, wie es im Alten Testament verankert ist. Ein Adventist würde sagen, der Sabbat ist für alle Menschen gültig. Doch hier geht es um die jüdischen Christen: War es für sie ein Problem?
Schlagen wir einmal in 2. Mose 31 nach. Wer liest die Verse 16 und 17? Dort heißt es: „So sollen die Söhne Israels den Sabbat halten, um ihn in all ihren Generationen als ewigen Bund zu feiern. Er ist ein Zeichen zwischen mir und den Söhnen Israels für ewig. Denn in sechs Tagen hat der Herr die Himmel und die Erde gemacht, am siebten Tag aber hat er geruht und Atem geschöpft.“
Der Sabbat war also ein Bundeszeichen für die Israeliten, nicht für alle Menschen. Gott schloss am Sinai, in 2. Mose 19, einen Bund mit dem Volk Israel. Im darauffolgenden Kapitel, 2. Mose 20, gab er ihnen die Zehn Gebote. Das vierte Gebot ist das erste Mal in der Bibel, in dem der Sabbat als Gebot genannt wird. In der Schöpfungsgeschichte heißt es, dass Gott am siebten Tag geruht hat, aber nirgends steht, dass er Adam später das Gebot der Sabbatruhe gegeben hätte. Auch im Bund mit Noah oder Abraham wird der Sabbat nicht erwähnt.
Erst mit dem Bund am Sinai setzte Gott den Sabbat als Gebot ein und erklärte ihn zum speziellen Zeichen zwischen ihm und Israel. Daraus wird deutlich, dass die Lehre der Adventisten, wonach alle Menschen den Sabbat halten müssen und wer das nicht tut, verloren geht, eine Irrlehre ist. Der Apostel Paulus sagt im Neuen Testament im Blick auf die Gemeinde, die nicht Israel ist – denn Israel ist das irdische Volk Gottes, die Gemeinde jedoch das himmlische Volk Gottes –, dass es für die Gemeinde kein Sabbatgebot gibt und sie nicht unter dem Bund von Sinai steht.
In Kolosser 2,16-17 heißt es: „So richtet euch nun niemand in Bezug auf Speise oder Trank oder in Bezug auf einen Festtag oder Neumond oder Sabbate, die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind; der Körper aber ist Christi.“ Das bedeutet: Alle Gebote, die Gott im Bund von Sinai Israel gegeben hat – wie Speisevorschriften, Neumondfeste oder Sabbate – haben für die Gemeinde keine bindende Bedeutung. Niemand soll sich wegen dieser Dinge verurteilen lassen. Sie sind nur ein Schattenbild auf Christus, in dem wir jetzt die Erfüllung haben.
Wichtig ist das besonders für die Juden, die zum Glauben gekommen sind. Schauen wir dazu in Römer 7. Ich behandle das ausführlich, weil diese Themen heute oft Verwirrung stiften. Immer wieder bekomme ich E-Mails mit Fragen zum Sabbat: Muss man ihn halten oder nicht?
Römer 7,1-2 sagt: „Wisst ihr nicht, Brüder, dass das Gesetz über den Menschen herrscht, solange er lebt? Denn die verheiratete Frau ist durch das Gesetz an den Mann gebunden, solange er lebt. Wenn aber der Mann gestorben ist, ist sie losgemacht von dem Gesetz des Mannes.“ Ein Gesetz gilt also, solange jemand lebt. Wenn jemand eine Straftat begeht, wird er nach dem Gesetz verfolgt. Doch mit dem Tod endet die Verfolgung. So ist es auch mit dem Gesetz.
Der Apostel Paulus erklärt den jüdischen Christen, dass das Gesetz vom Sinai für sie gilt, solange sie leben. Doch sie sind durch Christus gestorben. Römer 7,4 sagt: „So seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib Christi, damit ihr einem anderen zu eigen seid, nämlich dem, der von den Toten auferweckt wurde, damit wir Gott Frucht bringen.“
Paulus meint, dass Jesus Christus am Kreuz gestorben ist und die Gläubigen sich mit ihm identifiziert haben. Christus starb stellvertretend für ihre Sünden. Seit ihrer Bekehrung wird sein Tod als ihr eigener Tod betrachtet. Deshalb sind sie nicht mehr unter dem Gesetz vom Sinai. Ein bekehrter Jude ist also nicht mehr verpflichtet, die Gebote vom Sinai zu halten.
Die Rabbiner haben schon immer gelehrt, dass die Tora, die wir heute kennen, nicht mit der Tora vergleichbar ist, die der Messias bringen wird. Im Midrasch Kohelet, einem rabbinischen Kommentar zum Buch Prediger aus dem Mittelalter, heißt es, dass diese Tora nicht für alle Zeiten gilt. Wenn der Messias kommt, wird er ein neues Gesetz bringen – das Gesetz des Messias.
Der Herr Jesus ist gekommen und durch seinen Tod ist er das Ende des Gesetzes. Römer 10,4 sagt: „Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.“ Christus ist also das Gesetzesende. Die Gläubigen stehen nicht mehr unter dem Gesetz von Sinai, aber sie sind nicht gesetzlos. Sie stehen unter dem Gesetz des Christus.
Das Gesetz des Christus wird auch im Galaterbrief erwähnt. Schlagen wir Galater 6,2 auf: „Tragt einer des anderen Lasten und erfüllt so das Gesetz Christi.“ Wenn man den Ausdruck „Gesetz des Christus“ vom Griechischen ins Hebräische zurückübersetzt, heißt das „Torato shel Maschiach“ – das Gesetz des Messias. Dieses Gesetz umfasst alle Gebote, die Jesus der Gemeinde gegeben hat. Es ist höher als das Gesetz vom Sinai.
Das Gesetz vom Sinai sagt nur: „Du sollst nicht Ehe brechen.“ Das Gesetz des Christus fordert mehr, wie in Epheser 5 beschrieben: Der Mann soll bereit sein, sein Leben für seine Frau zu geben. Das ist mehr als nur Ehebruch zu vermeiden.
Das Gesetz des Christus sagt nicht nur: „Du sollst nicht stehlen.“ In Epheser 4 heißt es: „Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr mit seinen Händen, damit er den Bedürftigen etwas geben kann.“ Es geht also nicht nur um das Vermeiden von Diebstahl, sondern auch darum, aktiv Gutes zu tun.
Die Gemeinde steht unter diesem Gesetz des Christus, auch die jüdischen Christen. Nun ein wichtiges „Aber“: Wenn wir schon Galater offen haben, lesen wir noch Galater 4,4-10. Dort heißt es:
„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen. Weil ihr nun Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen, der ruft: ›Abba, Vater!‹ So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus.
Damals, als ihr Gott nicht kanntet, dientet ihr denen, die von Natur nicht Götter sind. Jetzt aber, da ihr Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, warum wendet ihr euch wiederum den schwachen und armseligen Grundsätzen zu, denen ihr von neuem dienen wollt? Ihr beachtet Tage und Monate, Zeiten und Jahre. Ich fürchte um euch, dass ich am Ende vergeblich um euch gearbeitet habe.“
Hier wird deutlich gesagt: Jesus Christus wurde geboren und lebte unter dem Gesetz. Er wurde am achten Tag beschnitten und hielt alle Gebote vollkommen ein. Doch am Kreuz erfüllte sich Römer 10,4: Christus ist das Ende des Gesetzes. Das Zeitalter des Gesetzes vom Sinai endet mit Golgatha.
Das Ziel war, die, welche unter dem Gesetz waren, loszukaufen, damit wir die Sohnschaft empfangen. Durch diesen Loskauf sind gläubige Juden nicht mehr unter dem Gesetz. Deshalb sagt Römer 6: „Ihr seid nicht unter dem Gesetz.“ Und in 1. Korinther 9 sagt Paulus: „Ich bin nicht unter dem Gesetz.“
Die Galater, die Nichtjuden waren und zum Glauben kamen, wurden von Irrlehren verführt. Man sagte ihnen, sie müssten die jüdischen Feste, den Sabbat, das Neumondfest und andere feiern. Paulus fragt: „Warum wendet ihr euch wieder den schwachen und armseligen Elementen zu?“ Er bezeichnet Sabbat, Neumondfeste, Passa und Ähnliches zwar als von Gott eingesetzt, nennt sie aber armselige Elemente, weil sie nur Bilder auf die Realität sind – auf den Leib Christi, wie es in Kolosser 2 beschrieben wird.
Paulus warnt die Galater, sich wieder unter diese Regeln zu stellen. Er sagt, sie beobachten Tage, Monate, Zeiten und Jahre, und er fürchtet, vergeblich für sie gearbeitet zu haben. Die Frage war, ob die Galater wirklich bekehrt waren oder nicht.
Man könnte einwenden, Paulus habe doch selbst an jüdischen Bräuchen festgehalten: Er besuchte Jerusalem, übernahm Opferkosten für Brüder mit Gelübden (Apostelgeschichte 21) und ließ Timotheus beschneiden (Apostelgeschichte 16). Wie passt das zusammen?
In 1. Korinther 9,19-23 erklärt Paulus: „Obwohl ich frei bin von allen, habe ich mich doch allen zum Knecht gemacht, um desto mehr Menschen zu gewinnen. Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne; denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich geworden, als wäre ich unter dem Gesetz, damit ich die unter dem Gesetz gewinne. Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich geworden, als wäre ich ohne Gesetz, obwohl ich vor Gott nicht ohne Gesetz bin, sondern Christus gesetzmäßig unterworfen, damit ich die gewinne, die ohne Gesetz sind. Den Schwachen bin ich wie ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette. Dies tue ich aber um des Evangeliums willen, damit ich daran teilhabe.“
Der Apostel Paulus war Jude und praktizierte weiterhin solche Dinge, um den Juden nicht zum Ärgernis zu werden und sie besser zu erreichen. Deshalb ließ er Timotheus beschneiden, weil dessen Mutter Jüdin war. Titus hingegen, ein Nichtjude, wurde nie beschnitten. Im Galaterbrief sagt Paulus klar, dass Nichtjuden sich nicht beschneiden lassen sollen.
Viele Juden fürchten, dass sie durch den Glauben an Jesus Christus den Glauben ihrer Väter verleugnen. Diese Angst muss genommen werden, indem man zeigt, dass Jesus die Erfüllung dessen ist, worauf die Väter so lange gewartet und gehofft haben.
Wenn also jüdische Gläubige das Passa feiern, um andere Juden zu erreichen, ist das etwas anderes, als wenn man sagt, man sei immer noch unter dem Gesetz. Das ist nicht richtig. Bekehrte, die mit Jesus Christus verbunden sind, stehen nicht mehr unter dem Gesetz von Sinai, sondern unter dem Gesetz des Christus.
Zusammenfassend ist es für jüdische Christen kein Problem, den Sabbat als Feiertag zu benutzen, um Juden zu erreichen. Das ist in Israel unter messianisch-gläubigen Juden üblich. Wichtig ist jedoch, die Lehre klar darzustellen und keine Nichtjuden in solche Praktiken hineinzuziehen. Sonst fallen sie unter das Urteil des scharfen Galaterbriefes, der solche Irrlehren streng verurteilt.
Die neue Haltung zum Tag des Herrn
Und jetzt müssen wir auch sehen: Der Tag des Herrn verlangt eine ganz andere Haltung. Im Judentum wartete man während der Woche darauf, wann die Königin, der Sabbattag, kommt. Der Sabbat wird bildlich als Königin betrachtet, und man freut sich auf diesen Tag der Ruhe.
So musste Israel im Alten Testament darauf warten, wann die Zeit kommt, in der der Messias kommt, um uns in die Ruhe Gottes zu führen. Er bringt auch unser Gewissen durch völlige Vergebung zur Ruhe. Dieses Warten dauerte an, bis der Herr Jesus sein Opfer vollendet hatte. Erst dann kam diese Ruhe.
Darum sagte der Herr Jesus in Matthäus 11,28: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch Ruhe geben.“ Im nächsten Abschnitt geht es gerade um den Sabbat. Der Herr sagt, dass er der Herr des Sabbats sei. Damit zeigt er, dass die Erfüllung des Sabbats die Ruhe in Christus ist.
Wenn man den ersten Tag der Woche, an dem Gott die Welt erschaffen hat und an dem Jesus Christus auferstanden ist, als Feiertag begeht, dann geht man aus der Erfüllung heraus in die Woche hinein. Nicht erst in der Zukunft, wenn die Vollendung kommt, ist alles vollbracht. Johannes 19,30 sagt: „Es ist vollbracht.“ Deshalb ist es eine ganz andere Haltung, wenn man vom ersten Tag der Woche aus in die neue Woche startet.
Man muss sich das bewusst aneignen. Das heißt: Es ist wirklich alles gut gemacht und vollendet. Für Johannes war es eine traurige Sache, am dem Herrn gehörigen Tag alleine auf Patmos zu sein. Doch dann erschien ihm der Herr in Herrlichkeit ganz persönlich.
Das zeigt uns, dass wir, wenn wir aus zwingenden Gründen unsere Zusammenkünfte nicht besuchen können, dennoch versorgt werden. In Hebräer 10 wird gewarnt: Man soll die Zusammenkünfte nicht versäumen, wie es bei manchen Sitte ist. Aber wenn man verbannt wird, kann man nicht anders.
Es gibt auch Missionare, die Pionierarbeit leisten, wo noch keine Gemeinde existiert. Doch der Herr findet Möglichkeiten, um sie zu versorgen. So war es auch bei Johannes.
Für uns heute hat das Konsequenzen: Wir haben das Buch der Offenbarung als krönenden Abschluss der Bibel.
Exkurs: Der Tag der Entstehung der Gemeinde und die Bedeutung von Pfingsten
Nun machen wir eine 20-minütige Pause, danach setzen wir mit Kapitel 1 richtig fort.
Ich halte den Exkurs über den Tag des Herrn beziehungsweise den dem Herrn gehörigen Tag für gerechtfertigt. Dieser Ausdruck kommt nämlich nur hier im Neuen Testament vor. Sein Wesen ist jedoch viel breiter abgestützt, wie wir gesehen haben. An verschiedenen Stellen im Neuen Testament wird über diesen ersten Tag der Woche gesprochen.
Während der Pause habe ich jemanden angesprochen, weil ich vor der Pause etwas vergessen hatte: An welchem Tag ist die Gemeinde entstanden? Am Pfingsten, ja, Apostelgeschichte 2. Aber was war das für ein Wochentag? Es war ein Sonntag. Wie kommt man darauf? In meiner Bibel steht nicht „Sonntag“, auch nicht „Erster Tag“ oder „Herrentag“. Der Grund ist, dass sich die Gemeinde versammelt hat.
Pfingsten ist das jüdische Fest, das Wochenfest. In 3. Mose 23 werden die sieben Feste des Herrn erklärt: Passa, dann das Fest der ungesäuerten Brote, das Erstlingsfest am Tag nach dem Sabbat. Von diesem Fest an muss man sieben Wochen zählen, und am fünfzigsten Tag kommt das Wochenfest, das Schawuot. Pfingsten heißt auf Griechisch „Pentekoste“, das bedeutet „der fünfzigste“.
Übrigens hat Pfingsten nichts mit „Empfangen“ oder Ähnlichem zu tun. Das deutsche Wort Pfingsten geht über verschlungene Wege auf das griechische Wort Pentekoste, den fünfzigsten Tag, zurück. Der fünfzigste Tag von einem Sonntag ist natürlich wieder ein Sonntag, wenn man bei eins anfängt zu zählen.
Der Tag, an dem die Wochen gezählt werden, ist das Erstlingsfest. In 2. Mose 23 wird erklärt, dass es am Tag nach dem Sabbat gefeiert werden muss. An diesem Tag musste in einem genau abgesteckten Feld in Jerusalem Gerste geerntet und als Gabe Gott dargebracht werden. Jesus Christus wird im 1. Korinther 15 als der Erstling aus den Toten genannt, der Entschlafenen. Das ist eine Anspielung auf dieses Erstlingsfest, das genau mit dem Auferstehungstag zusammenfiel – dem Tag nach dem Sabbat.
Von diesem Tag an mussten die fünfzig Tage gezählt werden, und so fiel das Wochenfest wieder auf einen Sonntag beziehungsweise besser gesagt auf einen Tag des Herrn. Es ist also eindrücklich, dass die Gemeinde am Tag des Herrn entstanden ist. Das ist ihr Geburtstag. Deshalb gehört dieser Tag ganz wesentlich zur Gemeinde.
Dieser Tag war nicht plötzlich ein ganz anderer Tag, der früher keine Bedeutung hatte. Dieser Tag war schon im Judentum wichtig – der Tag nach dem Sabbat und der erste Tag, an dem die Welt erschaffen wurde. Das war schon immer ein ganz spezieller Tag, der erste Tag der Woche.
Zur Zeit Jesu las man in allen Synagogen des Landes am ersten Tag der Woche die ersten Verse aus dem Buch Genesis (1. Mose). Am Montag wurde dann der zweite Schöpfungstag gelesen, so ging man die Woche hindurch.
Als Nachtrag gibt es noch einen wichtigen Zusatzpunkt zu dieser Thematik. Gibt es dazu noch eine Frage? Ja, Thierry?
Thierry meint, die Arche Noah sei auch am ersten Tag gestrandet. Am ersten Tag? Bist du dir ganz sicher? Wo steht das? Am siebzehnten Tag des fünften Monats, in 1. Mose 8. Also der Tag, an dem die Arche Noah auf dem Gebirge Ararat zur Ruhe kam, ist nach 1. Mose 8, Vers 4, der siebzehnte Tag des siebten Monats. Du hast es gerade genannt: „Am siebten Monat, am siebzehnten Tag des Monats ruhte die Arche auf dem Gebirge Ararat.“
Du denkst, das war ein Sonntag? Gibt es einen Hinweis darauf? Nein? Es gibt keinen Hinweis?
Nein, aber was Thierry anspielt, ist fantastisch. Der siebzehnte Tag des siebten Monats, das entspricht dem 17.7. in unserem Kalender. Die Zeitrechnung im Alten Testament beginnt mit der Erschaffung der Welt. An welchem Kalendertag wurde die Welt erschaffen? Das ist eine berechtigte Frage.
Die Antwort lautet: am 25. Elul. Wie kommt man darauf? Ganz einfach. Das Neujahrsfest im Judentum ist eines der sieben Feste aus 3. Mose 23. Wann wird das Neujahrsfest gefeiert? Im Herbst, am ersten Tischri. Das ist das Fest des Posaunenhalls. Den ganzen Tag hindurch bläst man in den Synagogen die Schofahörner und betont, dass an diesem Tag Gott den Menschen erschaffen hat.
Welcher Erschaffungstag war das? Der sechste. Fünf Tage vorher ist der 25. Elul. Man hat auch erklärt, dass das Schofahorn für Stärke und Autorität steht. Wenn man wieder ein Problem bekommt, weiß man zukünftig, was das Schofahorn bedeutet. Es symbolisiert die Autorität Gottes als Schöpfer über den Menschen. Das Horn ist gekrümmt, was zeigt, dass wir Menschen uns der Autorität des Schöpfers beugen sollen.
Das war die Erschaffung der Welt, und der Kalender läuft von dort an, ab dem ersten Tischri, dem Neujahr. Mit dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten sagt Gott in 2. Mose 12: „Dieser Monat soll euch der erste der Monate sein.“ Von da an rechnet man das Neujahr ab dem Passamonat Nissa. Dieser war jedoch vorher der siebte Monat.
Nun heißt es also: Am siebzehnten des siebten Monats landete die Arche Noah auf dem Gebirge Ararat. Das war der siebzehnte Nissa. Die Passalämmer wurden nach 2. Mose 12 am vierzehnten Tag geschlachtet. Das geschah in der Leidenswoche des Herrn bis Donnerstagabend.
Am folgenden Tag, dem fünfzehnten, wurde das Passa gegessen. Welcher Wochentag war das? Ich habe mich bei den Ausdrücken vertan. Am Donnerstagnachmittag war der 14. Nissa, da wurden die Passalämmer geschlachtet. Petrus und Johannes bereiteten alles im Obersaal zu. Ab 18 Uhr begann der neue Tag, also der 15. Nissa. Dieser Tag dauerte von Donnerstagabend durch den ganzen Freitag bis 6 Uhr am Samstag.
Das bedeutet, Jesus wurde am gleichen Kalendertag gekreuzigt, an dem er das Passa mit den Jüngern gegessen hatte. Dann kam der Schabbat, der sechzehnte, und am ersten Tag der Woche ist der Herr auferstanden, der siebzehnte.
Die Arche ist ein Bild von Jesus Christus. Die Menschen waren alle verdorben, Gott musste sie richten. Es gab jedoch einen Ausweg, um vor dem Gericht Gottes verschont zu werden: die Arche, die einzige Rettung. Man musste durch die Tür der Arche eingehen. Jesus sagt: „Ich bin die Tür; wer durch mich eingeht, wird errettet werden.“
Noah und seine Familie gingen hinein, ebenso viele Tiere. Gott verschloss die Tür, und das Gericht kam über die Welt der Gottlosen. Es stürzte auch über die Arche, doch die in der Arche waren, wurden verschont.
So ist die Arche, die durch die Wasser des Gerichts Gottes ging, ein Bild von Jesus Christus, der für unsere Sünden und den Zorn Gottes am Kreuz gelitten hat. Danach kam die Arche zur Ruhe auf dem Gebirge Ararat. Das entspricht dem Auferstehungstag.
Zur Zeit Jesu fiel dieser Kalendertag auf den ersten Tag der Woche. Das war nicht in jedem Jahr gleich. Deshalb kann man nicht sagen, die Arche sei an einem Sonntag gelandet, sondern an dem Kalendertag, an dem Jesus Christus später auferstanden ist – also an diesem Datum.
Ja, wir sehen, diese Zusammenhänge sind grandios.
Die Erscheinung Jesu vor Johannes und seine Bedeutung
Jetzt wollen wir aber noch...
Die priesterliche Erscheinung Jesu in der Offenbarung
Weiter geht es mit den Gefahren in der Offenbarung: Der Herr erscheint Johannes. Man muss sich klarmachen, dass Johannes zu diesem Zeitpunkt bereits über sechzig Jahre später lebt. Der Herr begegnet ihm erneut. Diese Begegnung ist jedoch ganz anders als damals, als Jesus hier auf Erden war. Wie reagiert Johannes auf seine Erscheinung? Er fällt zu seinen Füßen wie tot.
Vers 17 wird vorgelesen: „Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.“
Johannes ist so überwältigt von der Herrlichkeit des Herrn, dass er es kaum aushält. Hier erscheint der Herr Jesus als der Richter der Welt. Damals, als Jesus in diese Welt kam – das Wort wurde Fleisch, wie Johannes in Johannes 1,14 beschreibt – kam er als Retter der Welt. Johannes schreibt dort weiter: „Und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Doch das, was Johannes hier erlebt, ist ganz anders. Er begegnet Jesus Christus, der gleichen Person, aber nicht mehr als dem, der in Gnade kommt, um die Welt zu retten, sondern als dem Richter, der kommt, um die Welt zu richten.
Wie wird der Herr beschrieben, als Johannes ihn sieht? Er sieht aus wie ein Menschensohn, oder gleich dem Sohn des Menschen. Was bedeutet das? Es ist eine bestätigte Zeichnung aus dem Matthäusevangelium. Der Herr Jesus nennt sich immer wieder selbst „Sohn des Menschen“. Warum? Schlagen wir dazu Daniel 7,14 auf. Dort wird das Kommen des Messias als König der Welt beschrieben.
Benjamin liest die Verse 13 und 14: „Ich schaute in Gesichten der Nacht, und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie der Sohn eines Menschen. Und er kam zu dem Alten an Tagen, und man brachte ihn vor ihn. Ihm wurde Herrschaft und Ehre und Königtum gegeben, und alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergeht, und sein Königtum wird nicht zerstört.“
Hier wird der Messias „Menschensohn“ genannt. Deshalb war es für die Menschen zur Zeit der Evangelien klar, wenn Jesus sich selbst so bezeichnete, dass er der Messias ist. Manchmal behaupten Leute, Jesus habe nie behauptet, er sei der Messias. Wie kann man so etwas Törichtes sagen? An jeder Stelle, wo er „Sohn des Menschen“ sagt, meint er den Messias. Das ist ein bekannter Name des Messias und eine direkte Anspielung auf Daniel. Darum steht in Offenbarung 1,13: „Inmitten der sieben Leuchter einen gleich dem Sohn des Menschen.“
Die Formulierung aus Daniel 7 „Mit den Wolken des Himmels kam einer wie der Sohn eines Menschen“ wird hier zitiert. Deshalb wird in Offenbarung 1 betont, dass der Herr Jesus als der Menschensohn erscheint, und zwar als der, der kommt, um zu richten.
Sein Gesicht wird beschrieben: Es leuchtet wie die Sonne. Schlagen wir dazu Malachi auf, je nach Bibelausgabe Malachi 4 oder Malachi 3. Es ist der fünftletzte Vers von Malachi. Dort steht:
„Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und Heilung wird unter ihren Flügeln sein.“
Die Sonne der Gerechtigkeit wird aufgehen. Im Vers davor heißt es: „Siehe, der Tag kommt, brennend wie ein Ofen, da werden alle Übermütigen und alle, die gesetzlos handeln, wie Stoppeln sein. Und der kommende Tag wird sie verbrennen, spricht der Herr der Herrscher.“
Hier geht es um den Tag des Herrn, den Gerichtstag. An diesem Tag wird die Sonne der Gerechtigkeit, das ist Jesus Christus, in Macht und Herrlichkeit sichtbar für die Welt aufgehen. Das bedeutet Gericht für die Gottlosen; sie werden verbrannt und sein wie Stoppeln. Darum ist die Beschreibung, dass das Gesicht des Herrn leuchtet wie die Sonne in ihrer Kraft, eine klare Anspielung auf Malachi, die Sonne der Gerechtigkeit, die aufgehen wird.
Wie wird der Herr Jesus weiter beschrieben? Kurz zusammengefasst: Er trägt ein langes Gewand bis zu den Füßen. Er hat einen goldenen Gürtel um die Brust – das ist ungewöhnlich, denn man gürtete sich normalerweise nicht um die Brust. Weiße Haare hat er, wie Wolle, die Augen sind wie Feuerflammen, die Füße wie schimmerndes Erz, als glühten sie im Ofen. Seine Stimme klingt wie das Rauschen vieler Wasser. Aus seinem Mund geht ein scharfes, zweischneidiges Schwert hervor.
Der Gürtel gibt uns einen ersten Schlüssel, um die richtige Richtung zu verstehen. Welche Menschen in Israel waren um die Brust gegürtet? Die Priester. Im Talmud steht, dass die Priester einen langen Gürtel hatten, oft mehr als zehn Meter lang, der eng um die Brust geschnürt wurde. Das sollte zeigen, dass der Dienst im Tempel mit höchster Konzentration vollzogen werden muss.
Zuhause war man nicht gegürtet, sondern trug nur das Unterkleid. Sobald man aber zur Arbeit ging, gürtete man sich. Der Ausdruck „sich gürten“ bedeutet also, sich bereitmachen für eine Aufgabe.
Der Herr erscheint hier als Priester. Aber was für ein Gürtel ist das? Ein goldener Gürtel. Warum goldener Gürtel? Das spricht von Reinheit. Welche Leute in Israel hatten goldene Gürtel? Nicht Könige, sondern der Hohepriester.
In 2. Mose 28 werden die priesterlichen Kleider des Hohen Priesters beschrieben. Sie bestehen aus acht Teilen. Die normalen Priester hatten vier Teile, der Hohepriester zusätzlich noch vier weitere. Das lange weiße Untergewand bis zu den Füßen entspricht dem langen Gewand in Offenbarung. Das griechische Wort hier ist dasselbe wie in Sacharja 3 für die Feierkleider des Hohen Priesters Josua.
Der Hohepriester trug einen Gürtel, der nach 2. Mose 28 mit Gold durchwirkt war. Auch das Brustschild bestand aus Gold und den vier Farben Blau, Rot, Purpur und Weiß. Diese Farben waren auch am Scheidevorhang des Tempels und der Stiftshütte zu finden. Im Talmud erfahren wir, dass auch Gold in die Kleidung des Hohen Priesters eingearbeitet wurde.
Hier ist also der typische hohepriesterliche Gürtel gemeint. Im Talmud werden die Kleider des Hohen Priesters als „Big Deisahav“, die goldenen Kleider, bezeichnet. Das bedeutet nicht, dass alles aus Gold war, sondern dass der Gürtel Gold enthielt. Deshalb wird er hier „goldener Gürtel“ genannt.
Wir erkennen: Der Herr erscheint als Hoher Priester. Was weist noch auf ihn als Hoher Priester hin? Hat er Schuhe an? Johannes sieht nur die Füße. Welche Schuhe trugen Priester im Tempel? Keine. Der Hohepriester nicht, die Priesterschaft nicht, und auch die Besucher im Tempel nicht. Niemand durfte Schuhe tragen.
In den Synagogen war das anders, aber auf dem Tempelplatz waren alle barfuß. Das erinnert an 2. Mose 3, wo Mose aufgefordert wird, seine Sandalen auszuziehen, weil der Boden heilig ist. So durfte man im ganzen Tempelbezirk nur barfuß gehen.
Hier erscheint der Hohepriester in seiner hohenpriesterlichen Kleidung und barfuß auf heiligem Boden.
Jesus wird im Hebräerbrief zehnmal als Hoher Priester genannt. Was ist seine Aufgabe als Hoher Priester? Er dient Gott und betet für sein Volk, damit sie das Ziel erreichen (Hebräer 7). Er verwendet sich ständig im Gebet für das Volk, aber erst nachdem er die grundlegende Arbeit als Hoher Priester getan hat: Er hat sich selbst als Opfer dargebracht (Hebräer 2).
Jetzt erscheint der Herr Jesus als Hoher Priester, der das Opfer für eine verlorene Welt gebracht hat, um sie zu retten. In der Offenbarung geht es aber auch darum, was mit den Menschen geschieht, die das Opfer Jesu ablehnen oder gleichgültig daran vorbeigehen. Diese Menschen müssen selbst zum Schlachtopfer werden.
Darum wird in der Offenbarung beschrieben, wie Gottes Gericht die Erde furchtbar treffen wird – aber nur, weil sie das Opfer Jesu nicht angenommen haben, das sie hätte retten können.
Der Hohepriester hat ein Gesicht, das leuchtet wie die Sonne. Das ist erstaunlich, denn in der Offenbarung wird viel über den Himmel gesprochen. Dort gibt es einen Tempel (Offenbarung 11,19). Kann das jemand vorlesen? „Und der Lage seines Bundes wurde sichtbar in seinem Tempel, und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und Erdbeben und ein großer Hagel.“
Im Himmel gibt es also Gottes Tempel. Im ersten Kapitel erscheint bereits der Hohepriester des himmlischen Heiligtums. Wenn wir Kapitel für Kapitel durch die Offenbarung gehen, werden wir viele Details über diesen himmlischen Tempel erfahren.
Wir sprechen über den Altar im Himmel. Wir haben gerade von der Bundeslade dort im Himmel gelesen, vom goldenen Räucheraltar, vom goldenen Rauchfass und vom siebenarmigen Leuchter im Himmel und so weiter.
Die Offenbarung ist das Buch, in dem gezeigt wird, wie der Tempel Gottes im Himmel Krieg führt mit dieser Erde. Das Gericht kommt von oben über diese Welt.
Später in der Offenbarung sehen wir, dass die schlimmsten Gerichte Engel auslösen, indem sie ihre goldenen Schalen auf die Erde ausgießen. Was sind diese goldenen Schalen? Es sind Opferschalen. Im Tempel gab es goldene und silberne Schalen, doch die vornehmsten waren die goldenen, mit denen das Blut der Opfer aufgefangen wurde.
In Offenbarung 16 wird beschrieben, wie ein Engel eine goldene Schale auf die Erde ausgießt und das Wasser zu Blut wird. So merken wir, dass all diese Dinge, die eigentlich von Gottes Gnade sprechen, plötzlich zur Katastrophe für die Menschen werden – zum Fluch, zum Verderben, zum Gericht.
Die große Botschaft der Offenbarung ist: Jesus Christus ist gekommen, um uns zu retten. Wenn wir ihn als Retter ablehnen oder gleichgültig an ihm vorbeigehen, dann wird letztlich das, was zu unserer Rettung dienen sollte – die Gnade Gottes – zu unserem Verderben.
Jetzt verstehen wir noch besser, warum Johannes wie tot zu seinen Füßen fällt. Übrigens, wo sieht Johannes den Herrn Jesus? Inmitten von was? Offenbarung 1,12-13: „Sieben goldene Leuchter.“ Was sind das? Gemeinden. Sachlich gesehen sind es Öllampen, aber noch mehr: Es sind die Leuchter aus dem Tempel, die Menora, der siebenarmige Leuchter.
Johannes sieht den Hohen Priester inmitten der sieben goldenen Leuchter. Wie viele goldene Leuchter gab es in der Stiftshütte? Nur einen. Warum sind hier sieben? Im Salomonischen Tempel gab es mehr: fünf, sieben oder sogar zehn. Salomo machte zehn goldene Leuchter und zehn Schaubrot-Tische.
Wenn wir wissen, dass es im Salomonischen Tempel mehr Leuchter gab, überrascht es uns nicht, dass Johannes den Herrn als Hohen Priester inmitten von sieben goldenen Leuchtern sieht.
In Vers 20 wird erklärt, was die sieben goldenen Leuchter bedeuten: Sie stehen für sieben Gemeinden.
Jede örtliche Gemeinde sollte also ein siebenarmiger Leuchter sein, der in dieser Welt der Dunkelheit und Orientierungslosigkeit Licht verbreitet.
Nächstes Mal werden wir die sieben Sendschreiben durchnehmen. Wir werden sehen, wie der Herr diese Gemeinden genau untersucht. Er sieht alles Gute und erwähnt es zuerst – eine gute Lektion für uns. Dann sagt er auch, was nicht richtig ist. Er hat Augen wie Feuerflammen, die alles prüfen, und alles, was vor Gott nicht bestehen kann, wird verbrannt.
So sehen wir hier den Hohen Priester, der sich um die goldenen Leuchter kümmert. Im zweiten Buch Mose sehen wir, dass eine Aufgabe des Hohen Priesters war, den siebenarmigen Leuchter in Ordnung zu halten, den Docht zuzuschneiden, damit er jeden Tag leuchten konnte.
Die sieben Sendschreiben sind dazu da, dass der Herr hilft, dass jede Gemeinde Licht verbreiten und Zeugnis in dieser Welt sein kann.
Wichtig ist auch: Er wandelt inmitten der sieben goldenen Leuchter. Alle Gemeinden erhalten alle sieben Briefe. Nicht nur Ephesus bekommt den Brief an Ephesus, sondern auch die anderen. Smyrna erhält auch den Brief an Ephesus und so weiter.
Das zeigt, dass die Gemeinden nicht unabhängig voneinander sind. Man kann nicht sagen, wenn in einer Gemeinde ein Problem ist, geht das die anderen nichts an. Nein, der Herr prüft alle Gemeinden und orientiert sie auch gegenseitig. Das zeigt die Verbundenheit der Christen untereinander.
Wenn eine Gemeinde einen falschen Kurs geht, sollten auch die Gläubigen anderer Gemeinden das schmerzen. Es ist ihre Sache, was sie machen? Nein, es sollte sie ins Gebet treiben, auch wenn sie nicht zu dieser Gemeinde gehören.
Wir lernen hier: Jesus erscheint als der Sieger über den Tod. Er sagt: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte, der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Als der Auferstandene versucht er, die Gemeinden zurechtzubringen. Ob sie darauf hören, ist ihre Sache.
Im ersten Sendschreiben, Offenbarung 2,5, heißt es: „Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke. Wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust.“
Interessant: Einen Leuchter wegrücken. Gab es das im Tempel? Ja. Wenn ein Leuchter verunreinigt war, war er nicht mehr koscher. War ein Priester unrein und berührte den Leuchter, wurde dieser unrein und musste entfernt werden.
Zur Zeit Jesu gab es im Tempel Ersatzgeräte in Aufbewahrungsräumen. War ein Leuchter unrein, wurde ein anderer an seine Stelle gebracht.
Hier wird aber nur gesagt: Wenn ihr nicht Buße tut. Der Vorwurf war, dass sie die erste Liebe verlassen haben.
Die erste Liebe ist die Liebe, die Jesus Christus den ersten Platz gibt im Leben. Hat er den zweiten Platz, ist es nicht mehr die erste Liebe, sondern zweite oder fünfte.
Der Herr gibt sich nicht zufrieden mit dem zweiten Platz.
Er sagt: Wenn ihr nicht Buße tut, damit ich wieder den ersten Platz in euren Herzen habe, werde ich den Leuchter wegrücken. Dann wird der Leuchter unrein und muss aus dem Heiligtum verschwinden.
Das ist ein ernster Gedanke.
Wenn wir konkret an Ephesus denken: Kirchengeschichtlich kam der Islam und zerstörte das Christentum in der Türkei weitgehend. Heute sind Christen dort eine absolute Minderheit.
Dabei gehörte die Türkei laut Apostelgeschichte zu den ersten großen Missionsgebieten. Paulus wirkte mehrere Jahre in Asia, wo diese sieben Gemeinden waren. Dort hörten Juden und Nichtjuden das Wort des Herrn.
Dann kam der Islam und zerstörte vieles. So wurde dieser Leuchter durch Untreue in der Kirchengeschichte weggerückt.
Das muss auch uns ansprechen: Wenn der Herr damals so gehandelt hat, wie steht es dann mit meinem Zeugnis? Gebe ich dem Herrn wirklich den ersten Platz?
Man kann sagen: Das betrifft nicht mich persönlich, sondern die Gemeinde. Aber eine Gemeinde besteht aus Einzelpersonen. Die Gemeinde ist die Summe aller Einzelnen.
Diese Sendschreiben haben auch eine persönliche Bedeutung: Ich muss mich fragen, wie es mit meiner Liebe zum Herrn steht. Hat er den ersten Platz? Gibt es andere Dinge, die wichtiger sind?
Jeder weiß bei sich selbst, welche Gefahren es gibt, dass der Herr nicht den ersten Platz hat.
Dann muss ich mich fragen: Hat der Herr in meiner Ortsgemeinde den ersten Platz? Wir können die Sendschreiben auf verschiedenen Ebenen betrachten.
Nächstes Mal sehen wir auch, dass diese sieben Sendschreiben prophetisch in sieben Abschnitten die Kirchengeschichte der letzten zweitausend Jahre darstellen.
So können wir uns fragen: Was bedeutet Ephesus in der Kirchengeschichte?
Aber damit ist es nicht erledigt. Sonst machen wir den Fehler zu sagen: Ephesus betrifft nur die Urgemeinde, die die erste Liebe verlassen hat.
Nein, falsch! Das gleiche Sendschreiben stellt die Frage an mich: Wie ist es mit deiner Liebe zum Herrn? Es stellt auch der Ortsgemeinde heute die Frage: Wo steht die Gemeinde? Welchen Platz hat der Herr?
Hat sein Wort diese Autorität? Es kam wie ein Schwert, ein zweischneidiges Schwert aus seinem Mund. Das Wort Gottes hat hundertprozentige Autorität und Schärfe.
Oder wird es eingeschränkt? Kann es wirklich Licht verbreiten und Orientierung für verlorene Menschen sein?
Das ist so reichhaltig, was wir in den Kapiteln 2 und 3 der Offenbarung finden werden.
Damit wollen wir jetzt schließen.
Erste Sendschreiben an die Gemeinde von Ephesus
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