Eröffnung und Gebet: Dankbarkeit und Bitte um Gottes Wort
Ja, an dieser Stelle möchte ich gerne mit euch beten.
Herr Jesus Christus, vielen Dank für diesen Tag, der nun zum größten Teil hinter uns liegt. Danke, dass du uns nach einigen Tagen Regen wieder Sonnenschein geschenkt hast. Danke auch für die Zeit am Nachmittag, in der die meisten von uns unterwegs sein konnten, im Gespräch und in einer schönen Umgebung.
Danke für die Gelegenheit, dass wir uns heute Abend wieder auf dein Wort konzentrieren können. Danke, dass wir hier genügend Zeit dafür haben und uns sonst niemand drängt. Danke, dass du dadurch zu uns sprechen möchtest.
So möchte ich dich bitten, für uns alle um Aufmerksamkeit und Konzentration. Bitte lass dein Reden durch dein Wort zu uns kommen und gib uns weiter, was für unser Leben wichtig ist.
Einführung in den Predigttext: Erste Timotheus Kapitel 4, Verse 9-10 und 19
Wir waren gestern im ersten Timotheusbrief Kapitel 4 stehen geblieben. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir bis Vers 8 besprochen. Genau, das war Vers 8. Nun geht es weiter mit Vers 9, den ich einmal vorlese, zusammen mit Vers 10 und 19:
"Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert, denn dafür arbeiten wir auch und werden geschmäht, weil wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben, der ein Retter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen."
Hier sehen wir wieder eine Einleitung, wie wir sie schon an anderen Stellen im ersten Timotheusbrief gefunden haben. Es wird besonders betont, dass das, was jetzt folgt, eine besondere Bedeutung hat – das Wort ist "glaubwürdig" und "aller Annahme wert". Damit erfolgt eine doppelte Hervorhebung dessen, was jetzt kommt.
Man kann sich vorstellen, dass hier so etwas wie ein Doppelpunkt steht, denn es folgt: "Dafür arbeiten wir auch und werden geschmäht, weil wir unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben." Damit bezieht sich Paulus auf seinen Dienst. Er zeigt, dass diejenigen, die im Dienst Gottes stehen – so wie er selbst – nicht nur Anerkennung erfahren, sondern auch angegriffen werden.
Er weist darauf hin, dass er um Jesu Willen geschmäht wird, aber auch dafür arbeitet. Diese Erfahrung ist damals wie heute ähnlich: Menschen, die sich für den Glauben einsetzen, werden angegriffen. Das war damals so, und Christenverfolgung gibt es bis heute in vielen Ländern der Welt.
In Deutschland ist das so nicht der Fall. Hier kann es höchstens vorkommen, dass sich jemand ärgert, wenn man eine christliche Position vertritt. Vielleicht versucht im schlimmsten Fall jemand, einen im Beruf ein wenig zu mobben. Aber richtige Christenverfolgung gibt es in Deutschland nicht. Weltweit jedoch schon.
Das wisst ihr ja auch: Es gibt regelmäßig Berichte von Christenverfolgung. Menschen, die niemandem Böses tun außer darauf hinzuweisen, dass Jesus Christus der Retter ist, werden verfolgt und sogar getötet. Das erwähnt Paulus hier ebenfalls.
Warum passiert das Ganze? Weil sie ihre Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt haben. Das steht im Gegensatz zum allgemeinen Lebensstil. Viele Menschen haben den Eindruck: Wer das tut, ist weltfremd.
Die Hoffnung auf den lebendigen Gott zu setzen, meint nicht nur punktuelle Erlösung – das wird später noch besonders erwähnt – sondern auch, dass man im Alltag auf Gott vertraut. Als Christ vertraut man darauf, dass Gott die Maßstäbe für das Leben gibt, die wirklich gültig sind und einem wirklich weiterhelfen.
Man richtet sein Leben nach diesen Maßstäben aus. Das finden manche Leute natürlich verrückt oder unpassend. Manchmal ärgern sie sich darüber, weil man nicht so lebt wie sie. Vielleicht spüren sie sogar, dass sie eigentlich anders leben sollten, ihre Zeit anders einteilen oder ihre Prioritäten anders setzen müssten. Das kann ein Grund sein, warum Christen angegriffen werden.
Am Ende dieses Abschnitts steht eine interessante Formulierung: Wir haben unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt – und nicht auf uns selbst, nicht auf irgendein irdisches System, nicht auf Fleiß oder andere Menschen, sondern auf Gott.
Nun wird dieser Gott noch näher beschrieben: Er ist ein Retter aller Menschen. Das klingt fast nach einer Allversöhnung, also dass Gott alle Menschen rettet. Doch dann steht da: "besonders der Gläubigen." Was bedeutet das?
Ich glaube, dahinter steckt Folgendes: Gott hat die Voraussetzung geschaffen, dass alle Menschen gerettet werden können. Das ist damit gemeint. Gott ist der Retter aller Menschen, weil er das Heil angeboten und die Voraussetzung geschaffen hat, dass alle gerettet werden können.
Er hat den Menschen das Heil vorbereitet. Wenn dann aber steht "besonders der Gläubigen", bedeutet das, dass bei den Gläubigen diese Rettungsabsicht Gottes auch zum Ziel kommt.
Er ist also ein Retter aller Menschen, weil er allen Menschen das Heil ermöglicht. Der Tod Jesu genügt als Wiedergutmachung der Sünde für alle Menschen. Das ist keine Einschränkung von vornherein, etwa nur für die ersten Hunderttausend oder Ähnliches.
Gott hat einen Weg geschaffen, dass alle gerettet werden können. Deshalb ist er der Retter aller Menschen. Aber nicht alle Menschen sind bereit, das anzunehmen oder sich darauf einzulassen.
Deshalb wird hier erwähnt: "besonders der Gläubigen". Bei ihnen führt Gottes Errettung auch dazu, dass sie in Ewigkeit bei ihm sein werden und die Sünde wirklich vergeben ist.
Bei den anderen bleibt es leider ein leeres Angebot Gottes. Er will das Heil für alle, wie wir schon gelesen haben: Gott will, dass alle gerettet werden.
So ist es: Er ist der Retter aller, aber nicht bei allen führt das dazu, dass sie wirklich erlöst werden.
Ermahnung an Timotheus: Vorbild sein trotz Jugend
Dann haben wir Vers elf und zwölf, die auch wieder ein bisschen zusammengehören.
Dort heißt es: „Dies sollst du gebieten und lehren. Niemand verachte dich wegen deiner Jugend, sondern sei den Gläubigen ein Vorbild im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben, in der Keuschheit.“
Also, dies sollst du gebieten und lehren. Ich vermute, das bezieht sich auf alles, was vorher steht, nämlich dass Gott der Erlöser und Erretter für alle Menschen ist und dass man ihn annehmen soll. Man soll die Hoffnung auf den lebendigen Gott setzen.
Das Wort „gebieten“ meint hier tatsächlich ein autoritatives Sprechen. Es ist also keine bloße Empfehlung, sondern eine klare Ansage: So ist es. Im Gegensatz dazu steht etwas, das wir etwas früher gelesen haben, nämlich in Kapitel 4, Vers 6: „Wenn du dies den Brüdern vor Augen stellst, wirst du ein guter Diener sein.“ Dort geht es um Sport und Ähnliches. Da wird gesagt, du sollst empfehlen, anleiten und dafür werben.
Aber wo es um die Rettung geht – Gott ist der Retter aller Menschen, auf ihn soll man die Hoffnung setzen – da steht ein viel stärkeres Gebot. Und dann kommt noch das Wort „lehre“. Das heißt: Sag nicht einfach, das ist so, sondern erkläre es. Stell es in den Gesamtzusammenhang, den wir in der Bibel haben, damit die Leute es auch selbst nachvollziehen können.
Hier wird also eine massivere Form der Anrede benutzt. Es soll nicht nur eine Empfehlung oder eine lockere Diskussion sein, sondern hier gibt es keine Abweichung. Das ist ganz klar, da kann man nicht verhandeln.
Dann folgt ein Satz, der zum Teil immer wieder zu Missverständnissen geführt hat: „Niemand verachte dich wegen deiner Jugend.“ Das wird gerne von Jugendlichen so verstanden, als sei es an sie gerichtet. Allerdings ist hier nicht an Jugendliche im eigentlichen Sinne gedacht, sondern wir müssen das eher im Kontext der Qualifikation der Ältesten sehen.
Bei den Ältesten wird ja deutlich: Kein Neuling. Der Älteste sollte verheiratet sein und seiner Familie gut vorstehen, das heißt, er ist schon etwas älter. In der Zeit, in der Timotheus lebte, mussten Leute, die in Regierungsämter kamen, im griechischen Kontext meist etwa 50 Jahre alt sein. Man sagte: „Jetzt hat der Mann genügend Erfahrung, jetzt hat er sich bewährt, dann geht das.“
Timotheus war damals vermutlich irgendwo zwischen 35 und 40 Jahre alt. Das relativiert die Aussage „Niemand verachte dich wegen deiner Jugend“. Jugendlich hieß hier nicht fünfzehn, sondern mindestens fünfunddreißig. Trotzdem haben manche ihn verachtet, weil sie sagten: „Dieser Grünschnabel, der ist ja noch nicht mal fünfzig, also ist er ein Jugendlicher.“
Insofern werden manche von euch auch noch als Jugendliche gelten, zumindest in dieser Hinsicht, dass man euch nicht wegen eurer Jugend verachten soll.
Wir wissen außerdem, dass im zweiten Jahrhundert die Ältesten in einer Gemeinde, insbesondere die Oberältesten, also die Gemeindeleiter, die manchmal auch Bischof genannt wurden – wobei das nicht mit heutigen Bischöfen vergleichbar ist – etwa um die 50 Jahre alt sein sollten. Das sollte aufgrund ihrer Lebenserfahrung so sein. Man sagte, sie hätten schon manches durchgemacht und ließen sich nicht von irgendwelchen Ideen mitreißen. Sie blieben beständig bei dem, was sich in ihrem Leben bewährt hatte.
Sie wollten nicht in erster Linie ihre eigene Karriere fördern, sondern waren bereit, auch auf andere zu schauen. Natürlich ist klar, dass das Lebensalter nicht das einzige Kriterium ist. Aber es ist eines, das den Timotheus kritisiert wurde. „Das erfüllst du ja nicht.“
Deshalb die Aufforderung: Niemand soll das tun. Allerdings wendet sich diese Ermahnung in erster Linie an Timotheus. Man könnte sagen, er könnte einen Brief an die Gemeinde schreiben und sagen: „Ihr Gemeinde, achtet doch darauf, dass ihr Timotheus richtig anerkennt.“
Weil Paulus weiß, dass das wahrscheinlich wenig bringen würde, ermahnt er ihn: Auch wenn du aus der Sicht mancher Leute in der Gemeinde verhältnismäßig jung erscheinst, diskutiere nicht lange darüber, ob das Alter oder das junge Alter vielleicht ein Nachteil sei oder ob man auch schon mit jüngerem Alter in ein Amt kommen kann.
Überzeuge sie stattdessen dadurch, dass du ein Vorbild bist. Da steht ja: „Niemand verachte dich wegen deiner Jugend.“
Und dann heißt es nicht: „Jetzt kämpfe darum, dass endlich das Wahlalter für Älteste herabgesetzt wird“, sondern: Überzeuge die Leute durch dein Vorbild. Sei den Gläubigen ein Vorbild – und zwar in verschiedenen Bereichen.
Vorbild in Wort, Wandel, Liebe, Geist, Glauben und Keuschheit
Hier haben wir eine Schwierigkeit, die bis heute in Gemeinden auftreten kann. Ich weiß nicht, ob ihr das in eurer Gemeinde so erlebt habt, aber es ist ganz häufig so, dass die Älteren generell eine gewisse Skepsis den Jüngeren gegenüber haben. In manchen Gemeinden bekommen deshalb Jüngere keinen Fuß in die Gemeindeleitung.
Umgekehrt gibt es das auch in manchen Jugendgemeinden, also dort, wo die Leute alle besonders jung sind. Dort hat man eine große Skepsis gegenüber den Älteren. Manchmal trifft man das nicht nur in Jugendgemeinden, sondern auch in ganz normalen Gemeinden an. Da denkt man sich: Hä, was sind das für alte Kerle? Die singen ja immer nur Lieder, die schon 500 Jahre alt sind, oder sie wissen gar nicht, wie das heute läuft, wie man Gemeinderäume einrichtet oder den Gemeindealltag gestaltet. So entsteht viel Misstrauen.
Dieses Misstrauen ist, glaube ich, relativ normal. Doch als Christen sollten wir es überwinden. Es sollte nicht der Maßstab sein, nach dem wir urteilen. Eigentlich sollte es in der Gemeinde ein Zusammensein geben, das unabhängig vom Alter ist. Man sollte sich bewusst auch einmal in die Position des Älteren oder Jüngeren hineinversetzen und keine generelle Skepsis haben.
Bei den Älteren ist es oft so, dass sie den Eindruck haben: „Die Jüngeren haben doch alle keine Ahnung. Die haben das Leben doch noch vor sich.“ Ich habe das in manchen Gemeinden erlebt. Dort sagen Jugendliche: „Wir wollen jetzt intensiv beten und uns eine ganze Nacht durchbeten, und das jede Woche.“ Was machen die Älteren? Statt sich zu freuen und zu sagen: „Super, toll, da wollen die beten, wir wollen auch mitbeten“, kommen sie und sagen: „Als wir so jung waren wie ihr, haben wir das auch gemacht, aber seid doch mal vernünftig. Ihr seid am nächsten Morgen vollkommen kaputt, wenn ihr da betet.“
So haben sie es gemacht und danach all diese motivierten Aufbrüche in der Gemeinde erstickt. Sie sagen: „Schade, das rüttelt mich auf meinen Traditionen auf.“ Dabei war das alles sogar noch geistlich, was in der Jugendgruppe ablief. Ich glaube, so sollte es nicht sein.
Hier sollten wir uns ein Stammbuch schreiben lassen: Verachte nicht die Jugend! Sie lebt das geistliche Leben vielleicht anders und hat vielleicht neue Ideen. Verachte sie deshalb nicht von vornherein. Und denk nicht, weil du Erfahrungen gemacht hast, müssen die Jüngeren genau dieselben Erfahrungen machen.
Jemand, der 15 oder 20 Jahre alt ist, ist eben nicht 40 oder 50. Und das ist auch gut so. Sonst wäre es langweilig in der Gemeinde. Die Älteren hätten nie eine Korrektur, sie würden niemals so aufgerüttelt, mal wieder etwas neu zu denken oder neu zu praktizieren. Und das sollte man nach Möglichkeit mit einbeziehen.
Das soll natürlich nicht heißen, dass jeder Gottesdienst immer für 15-Jährige ausgerichtet werden muss. Das wäre auch unsinnig. Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen sollen möglichst für alle geeignet sein. Achtet aber aufeinander und habt nicht so schnell Vorurteile gegenüber anderen.
Ich weiß noch, in der Gemeinde, die ich als Jugendlicher besucht habe, da habe ich mit 15 Jahren das erste Mal gepredigt. Im Nachhinein staune ich, dass die Gemeinde den Mut hatte, mich predigen zu lassen. Im Vergleich: Wenn ich heute viele 15-Jährige sehe, habe ich emotional eher den Eindruck: „Hey, die brauchen noch Zeit, vielleicht in zehn Jahren.“ Nicht ganz so, aber klar, man kann von einem 15-Jährigen nicht dasselbe erwarten wie von einem 40-Jährigen. Auch nicht von einem 20-Jährigen.
Aber auch da spricht Gott durch die Jüngeren, und das können wir uns abschauen und übernehmen. Umgekehrt gilt das natürlich genauso. Falls ihr eher zur jüngeren Generation in eurer Gemeinde gehört, dann seht nicht zu sehr darauf, dass die Alten ja nie etwas verstehen und alle festgefahren sind. Gott hat auch die Alten in deiner Gemeinde gegeben, damit sie dir durch ihr Vorbild und ihre Erfahrung weiterhelfen können.
Eine gewisse Gefahr besteht heute darin, dass sich Gemeinden immer mehr zu Generationsgemeinden entwickeln. Ganz häufig habe ich erlebt, dass neue Gemeinden entstehen, die aus einer Revolution heraus gegründet werden. Man geht aus einer alten Gemeinde heraus, weil die Leute dort alle ein gewisses Alter haben. Plötzlich versteht man sich gut, weil man aus einer Generation kommt. Man hat dieselben Filme gesehen, dieselbe Musik gehört, dieselben Interessen und dieselbe Prägung durchlaufen.
Nur wenn man nicht gelernt hat, mit den Älteren zurechtzukommen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese neue Gemeinde, die als jugendliche Protestgemeinde gegründet wurde, in dieselbe Kritik gerät. Denn das, was man sich nicht ausmalen kann, weil man denkt: „Mir wird das nie passieren“, ist, dass die eigenen Kinder genau dasselbe tun werden.
Wenn man nämlich nicht gelernt hat, mit den Älteren zurechtzukommen, dann werden die eigenen Kinder auch nicht lernen, wie man zurücksteckt, um sich auf andere einzustellen. Wenn du es nicht gemacht hast, warum solltest du es von deinen Kindern erwarten? Dann kannst du davon ausgehen, dass sie wieder eine neue Protestgemeinde gründen, weil sie denken: „Du bist ja ein alter Knacker, das läuft ja auch nicht so.“ Du musst nur zwanzig Jahre warten, dann wird genau dasselbe passieren.
Das ist nichts Neues. Diese Sache ist schon seit Jahren bekannt. Ich glaube nicht, dass es das Modell sein soll, wie Gemeinde eigentlich sein soll. Die Gemeinde soll generationenübergreifend sein, gerade weil es auch mal Reibereien und Schwierigkeiten gibt. Wir können von Menschen unterschiedlichen Alters lernen. Das kann lebendig sein, und das soll es auch sein.
Das erfordert natürlich von allen Flexibilität, von den Jungen wie von den Älteren. Wenn ich in Gemeinden komme, egal in welcher Gemeinde, ist es in den meisten so: Ich bin mal in einer Jugendgruppe, und garantiert gibt es dort ein paar Leute, die sich über die Gemeinde beschweren. Sie wollen nicht, dass wir dies oder das machen. Das sind in jeder Gemeinde verschiedene Punkte. Du kannst machen, was du willst, es gibt immer Jugendliche, die sagen, sie wollen nicht, dass wir so und so handeln.
Wenn ich bei den Jugendlichen bin, sage ich immer: „Steckt doch mal zurück, betet und setzt euch für die Älteren ein. Die Älteren meinen es ja gut.“ Wenn ich dann eine Stunde mit den Ältesten oder Senioren habe, sagen die auch immer: „Die Jugend ist heute nicht mehr so, wie sie damals war. Sie beten nicht mehr richtig, machen das nicht mehr so und so.“ Auch bei ihnen gibt es immer irgendwelche Kritikpunkte.
Dann sage ich: „Jetzt schaut doch mal auf die Jugend und seid ihnen ein Vorbild. Motiviert sie.“ Ich hoffe, es wird deutlich, worauf es ankommt: Hört nicht darauf, was den anderen vorgeworfen wird, sondern darauf, was dich betrifft.
Wenn du dich zu den Jüngeren zählst, dann habe Verständnis für die Älteren und schätze sie. Sie sind dir von Gott gegeben, damit du an ihnen wächst, auch wenn du dich manchmal ärgerst.
Und genauso, wenn du dich zu den Älteren zählst, dann denk daran: Die Jüngeren sind dir gegeben, damit du an ihnen wächst und ihnen ein Vorbild sein kannst. Denke nicht, zuerst solle sich der andere ändern.
Das ist ein Egoismus, der in jedem Alter vorkommt. Die Älteren meinen, die Jüngeren müssen so werden wie sie, und die Jüngeren meinen, die Älteren müssen so werden wie sie. Das ist beides egoistisch. Wir müssen lernen, diesen Egoismus zu überwinden.
So wie es in Ephesus war, wo die Leute zu Timotheus sagten: „Dir hören wir nicht richtig zu, du bist noch viel zu jung.“ Das soll keine Rolle spielen. Niemand soll wegen seiner Jugend verachtet werden.
Wenn du etwas in der Gemeinde verändern willst, dann geschieht das in erster Linie durch Gebet, nicht durch Nörgeln, sondern durch Vorbild. Das wird hier genau gesagt.
Man soll nicht versuchen, die Leute zu überzeugen, endlich ihre Meinung zu ändern, sondern ihnen ein Vorbild sein. Dann wird hier noch gesagt, in welchen Bereichen das gelten soll.
Es wird gesagt: „Im Wort“. Was bedeutet das? Hier ist nicht direkt das Wort Gottes gemeint, sondern das, was du redest. Sei den Menschen ein Vorbild, indem du dich ausdrückst, wie du anderen Menschen begegnest, was du sagst und wann du es sagst.
Die Menschen sollen merken, dass du das mit Weisheit machst, dass du richtig handelst. Du platzst nicht plötzlich heraus mit Schimpfwörtern, lässt es nicht einfach so herumstehen, wenn wir negative Sachen nennen.
Aber du schweigst auch nicht, wenn es nötig ist, etwas zu sagen. Besonders wird uns im Jakobusbrief beschrieben, wie wichtig der richtige Umgang mit der Zunge ist.
Dort wird gesagt: Die Zunge ist wie ein Feuer, das einen Wald anzündet, oder wie das Steuerruder eines Schiffes, das das ganze Schiff in die richtige Richtung lenkt. Wer seine Zunge beherrschen kann, der kann auch den ganzen Körper beherrschen.
Hier ist die Herausforderung: Überlege gut, wie du sprichst, und sei den anderen Menschen ein Vorbild. Du wirst merken: Egal in welchem Alter, Menschen neigen dazu, mit ihrem Mund viel zu sündigen.
Sie reden oft Dinge, die Gott nicht will, verletzen andere Menschen oder sagen oberflächliche Sachen. Wir sollen lernen, richtig mit unserem Mund umzugehen und das, was wir sagen. Timotheus soll hier ein Vorbild sein, und wir natürlich auch.
Dann steht da: „Im Wandel“, das heißt im alltäglichen Leben, in dem, was man allgemein tut. Wandel meint das allgemeine Verhalten anderen gegenüber, nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten.
Man kann das mit den Eigenschaften der Ältesten verbinden, wie Gastfreundschaft, Demut oder Liebe. Liebe wird hier noch einmal gesondert genannt. Er soll auch ein Vorbild in Liebe sein.
Liebe könnte in der Gemeindepraxis bedeuten, keine Rachegefühle zu haben, keine Bitterkeit zu hegen, die Menschen in der Gemeinde ganz anzunehmen, so wie Gott sie annimmt.
Das griechische Wort, das hier für Liebe steht, ist Agape. Agape ist die göttliche Liebe. Sei ihnen ein Vorbild in dieser göttlichen Liebe, nicht nur in Sympathie oder indem du alle umarmst, wenn sie in die Gemeinde kommen.
Das kann man machen, wenn es bei euch üblich ist, aber hier ist vor allem eine sehr hingebungsvolle Liebe gemeint, die sich für den anderen einsetzt und aufopfert. In dieser Liebe sollst du den anderen ein Vorbild sein.
Dann steht da: „Im Geist“. Jetzt ist die Frage, ob ich das richtig auslege oder nicht, denn die ältesten Bibeltexte haben dieses Wort „im Geist“ nicht. Möglicherweise wurde es später eingefügt.
Das ist aber keine große Katastrophe, denn hier wird biblisch nichts verändert. „Im Geist“ könnte bedeuten: in der Geistlichkeit oder in dem, wie du den Heiligen Geist in dir wirken lässt. Das könnte gemeint sein, denn es geht hier nicht um Intellekt.
Dann steht da: „Im Glauben“. Glauben meint hier das Vertrauen auf Gott, nicht der rettende Glaube, sondern eher eine Art Treue. Wie du im Glauben bist und dein Vertrauen auf Gott zeigst.
Ausdauer bedeutet, dass du dich nicht hin- und herreißen lässt, nicht nur auf deine Umwelt angewiesen bist, die dir zujubelt, sondern dass dein Vertrauen und dein Glaube fest in Gott verankert sind, auch wenn es äußerlich mal schwierig läuft.
Dann steht da: „In der Keuschheit“. Keuschheit meint Reinheit, besonders bezogen auf Sexualität. Also Zurückhaltung gegenüber dem anderen Geschlecht.
Verhalte dich richtig, damit keine falschen Vorstellungen entstehen und du niemanden unabsichtlich verführst. Das ist heute eine Herausforderung, weil unsere Gesellschaft eher nach dem Motto lebt: „Erlaubt ist, was gefällt.“
Viele sagen mir, dass es bei Fortbildungen im Betrieb relativ selbstverständlich ist, dass Kollegen und Kolleginnen zusammen ausgehen und auch mal ein bisschen rumknutschen. Das ist weit verbreitet.
Viele Kollegen ziehen auf Montage den Ring ab und suchen abends noch Vergnügung. Das ist nicht keusch. Keuschheit bedeutet, dass du deine Sexualität unter Kontrolle hast und dich vorbildlich verhältst, so wie die Bibel es sagt.
Du hast deine Frau, deinen Mann und bist diesem treu. In all diesen Aspekten soll Timotheus ein Vorbild sein.
Dadurch zeigt sich, dass all die Vorwürfe, die sagen: „Du bist zu jung, du kannst das Amt nicht ausführen, auf dich hören wir nicht“, unbegründet sind.
Diskutiere nicht lange, sondern sei so vorbildlich, dass die anderen es akzeptieren müssen. Das gilt besonders heute für diejenigen, die in der Gemeinde als zu jung angesehen werden.
Kämpfe nicht lange, sondern lebe einfach so vorbildlich, dass denen, die dich nicht anerkennen wollen, der Mund gestopft wird. Sie werden merken: „Das stimmt, der ist ein Vorbild.“ Und dann wird Gott dich auch segnen.
Das kann allerdings bedeuten, dass es auch mal zehn Jahre dauern kann. Man muss Geduld haben, bis Gott dir vielleicht die Verantwortung oder Position in der Gemeinde gibt, die du gerne haben möchtest.
Veränderung in Gemeinden geht oft langsam.
Leitung in der Gemeinde: Verantwortung und Praxis
Dann lese ich jetzt den Text bis zum Ende des Kapitels. Dort steht: „Bis ich komme, sei bedacht auf das Vorlesen, das Ermahnen und das Lehren. Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir verliehen wurde durch Weissagung und der Handauflegung der Ältesten. Dies soll deine Sorge sein, darin sollst du leben. Damit deine Fortschritte in allen Dingen offenbar seien, habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre, bleibe beständig dabei. Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören.“
Wir sehen hier wieder den Hinweis darauf, dass Paulus sich bald auf den Weg nach Ephesos machen will. Dann kommt eine Herausforderung: Was soll er in der Zwischenzeit tun? Und zwar in seiner Funktion als Gemeindeverantwortlicher, als Gemeindeleiter.
Das, was hier steht mit dem „Sei bedacht auf“, meint so viel wie regelmäßige Handlungen. Also nicht: Mach das einmal und dann ist es abgehakt, sondern regelmäßige Handlungen.
Was steht da? Als Erstes: vorlesen. Was sollte er denn vorlesen? In erster Linie das Alte Testament. Warum nicht das Neue Testament? Klar, das gab es ja noch gar nicht zu dem Zeitpunkt, es war ja gerade erst im Entstehen. Allerdings wissen wir, dass damals durchaus auch einzelne Briefe der Apostel oder auch schon Evangelien, soweit sie existierten, vorgelesen worden sind.
Aber in erster Linie bezieht es sich auf das Alte Testament, denn die Bibel der frühen Christen war die Septuaginta, das heißt die griechische Übersetzung des Alten Testaments. Darin haben sie intensiv studiert und gelesen. Dort haben sie auch diese Kontinuität Gottes herausgearbeitet: Jesus ist schon im Alten Testament vorhergesagt, Gott ist derselbe im Alten Testament wie auch in der Gegenwart.
Für die Gemeinde ist es heute wichtig zu wissen, dass wir das Neue Testament haben und Bibelstudium daraus machen. Vorlesen heißt: Konfrontiere die Gemeinde intensiv mit der Bibel. Das ist eine wichtige Grundlage für das Gemeindeleben.
Dann kommt als nächstes: „Lehre sie.“ Lehren heißt hier ein systematischer Unterricht in den Lehren des Wortes Gottes. Vorlesen heißt einfach, du liest ein ganzes Stück aus der Bibel vor, damit sie es kennenlernen und ihnen vertraut wird. Dieses Lehren meint jetzt die systematische, intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Lehren des Wortes Gottes.
Übrigens: Dieses Vorlesen war, glaube ich, auch bei der letzten Freizeit Thema. Wenn ihr im letzten Jahr bei meiner Freizeit gewesen seid, habe ich euch doch das Angebot gemacht, die ganze Apostelgeschichte vorzulesen. Erinnert ihr euch? Nicht? Schon vergessen? War auch schon ein Jahr her, da kann man das vergessen. Aber da wollte ich euch ein bisschen einführen, mal so ein ganzes biblisches Buch im Zusammenhang zu lesen. Manchmal bekommt man dabei ganz neue Einsichten, als wenn man nur einzelne Bibelverse anschaut. Hier ist also das Vorlesen gemeint.
Lehren ist dann mehr das Erklären, die einzelnen Lehren nicht nur flächendeckend vorlesen. Und dann steht da nicht nur lehren, sondern auch ermahnen. Ermahnen bezieht sich hier mehr auf Seelsorge. Der Begriff meint nicht nur, jemandem das Böse ins Gewissen zu reden, sondern umfasst Tadel, Warnungen, aber auch Trost.
Im Gottesdienst und in der Predigt braucht es also nicht nur die Lehre, sondern auch die Seelsorge. Das ist hier stärker mitgemeint. Also einmal das Wort Gottes vorlesen, einmal das Wort Gottes systematisch erklären und einmal das Wort Gottes auf die Gemeinde anwenden, damit sie es annehmen können und merken, was das für ihr Leben bedeutet. Menschen sollen konkrete Hilfen bekommen. Auch das ist eine Qualifikation eines Leiters in der Gemeinde.
Timotheus ist ja noch bis zur Einsetzung der Ältesten der Leiter dieser Gemeinde in Ephesus, stellvertretend für Paulus. Und dann soll er genau das tun. Wichtig für jede Gemeinde ist also: das Wort Gottes lesen, die Lehre Gottes systematisch erklären und das dann auch auf das Leben der einzelnen Gemeindeglieder anwenden. Das wird hier hervorgehoben.
Dazu gehört natürlich auch das Gebet, das ist klar. Wir können auch noch die Evangelisation erwähnen, die hier nicht genannt wird, weil Paulus gerade diese drei Dinge besonders wichtig sind. Das heißt nicht, dass die anderen keine Rolle spielen.
Dann steht da: „Vernachlässige nicht die Gnadengabe, die dir verliehen ist durch Weissagung unter Handauflegung der Ältestenschaft.“ Das Wort Gnadengabe, das hier steht, heißt Charisma, also vernachlässige nicht das Charisma in dir. Charisma beziehungsweise Charismatika steckt dahinter. Es ist ein Geschenk Gottes, und zwar ein besonderes Gnadengeschenk, eine Geistesgabe, die Timotheus bekommen hat.
Scheinbar ist sie ihm nicht einfach so gegeben worden, sondern durch Älteste in der Gemeinde, hier steht ja „Handauflegung der Ältestenschaft“, die ihm die Hände aufgelegt haben. Und dann waren da offenbar noch andere, die von Gott eine übernatürliche Offenbarung bekommen haben: Ja, der Timotheus ist auserwählt für diese oder jene Aufgabe.
Wenn wir fragen, was das für eine Geistesgabe gewesen ist, könnte man lange spekulieren. Je nachdem, welchen Gemeindehintergrund man hat, würde man vielleicht sagen, es sei bestimmt das Zungenreden. Da würde ich nur fragen: Was hat denn das Zungenreden mit seiner Position zu tun? Warum soll er sich gerade daran erinnern, wo die Leute ihn seiner Jugend wegen verachten? Dann sagt er: Ich kann in Zungen reden, ihr müsst mich akzeptieren? Nein, das spielt hier gar keine Rolle.
Vielmehr geht es darum, dass sie ihn nicht als Leiter akzeptieren. Deshalb wird er ermutigt, weil er wahrscheinlich eine Begabung für die Leitung bekommen hat. Diese hat er unter Handauflegung übertragen bekommen. So glaube ich, dass das die Gabe ist, die hier gemeint ist. Sie passt am besten dazu.
Sie sind nicht bereit, ihn als Leiter zu akzeptieren, ihm wird Mut zugesprochen, es wird gesagt: Sei ein Vorbild. Dann wird er daran erinnert, dass er nicht selbst nach diesem Leitungsamt strebt, sondern von Gott dafür vorbereitet und eingesetzt wurde – als Leiter, nicht nur dieser Gemeinde, sondern generell.
Dann steht: Vernachlässige diese Gabe nicht. Es gibt manche Leute, die haben die Begabung, Leitung zu übernehmen, denn Leitung ist ja eine Geistesgabe (vgl. 1. Korinther 12), aber sie setzen sie nicht ein. Diese Leitungsgabe soll eingesetzt werden. Die Frage ist, auf welcher Ebene. Es ist klar, nicht jeder, der die Leitungsgabe hat, muss auch Ältester sein. Aber dann setze deine Befähigungen ein.
Denn nicht nur für das, was wir falsch machen, werden wir Rechenschaft ablegen vor Gott, sondern auch für das, was wir nicht machen. Wenn Gott dir eine Gabe gegeben hat, erinnert euch an die Gleichnisse Jesu, wo er die anvertrauten Talente oder Pfunde erwähnt (vgl. Matthäus 25). Er sagt, die hat er den Leuten gegeben, jetzt sollen sie damit handeln, bis er wiederkommt. Am Ende kommt er zurück und fragt, was sie damit gemacht haben. Die einen haben die Gabe eingesetzt, die anderen nicht.
Hier ist die Herausforderung, die genau an dieser Stelle gilt: Wenn Gott dich begabt hat – hier Timotheus –, dann setze die Gabe auch ein. Das ist deine Verantwortung. Für dich gilt das heute genauso. Wenn du hier bist, Gott hat dich begabt. Die Frage ist, wofür? Das wirst du mit der Zeit sehen.
Wodurch wirst du das sehen? Nicht indem du einen zehnten Gabentest machst, sondern indem du dich in der Gemeinde einsetzt. Dann wirst du merken, wo deine Begabung liegt. Das kommt meistens nicht beim Sitzen auf dem Sofa, sondern beim Arbeiten in der Gemeinde heraus. Wenn du dann erkennst, wo deine Begabung ist, sollst du sie auch einsetzen.
Wer etwas Gutes weiß zu tun und es nicht tut, dem ist es eine Sünde. Auch das ist biblisch ganz klar. Sünde ist nicht nur das, was wir falsch machen, also Dinge, die nicht richtig sind, sondern auch das, was wir nicht tun, obwohl wir es aus Sicht Gottes tun sollten. Auch da haben wir Verantwortung.
An diese erinnert Paulus hier. Und das wird auf mehrfache Weise gesagt: Erstens hast du diese Berufung, das siehst du an deinem Leben. Denn wie er lebt, wird vorher gesagt: Der Heilige Geist hilft ihm, ein Vorbild zu sein.
Zweitens hat er diese Gabe unter Weissagung bekommen, also eine Prophetie vom Himmel. Drittens haben die Ältesten das erkannt und für ihn gebetet, als sie ihm die Hände auflegten.
Paulus sagt also: Du siehst doch, hier sind drei äußere Beweise, dass du wirklich befähigt bist, diese Leitungsfunktion auszuüben. Also mach es auch.
Scheinbar war Timotheus nicht jemand, der sich groß als Held darstellte und deshalb gerade diese Ermutigung brauchte.
„Dies soll deine Sorge sein, darin sollst du leben, damit dein Fortschritt in allen Dingen offenbar sei.“ Was soll deine Sorge sein? Dass du die Gabe, die Gott dir gegeben hat, richtig einsetzt. Darin sollst du leben, also deine Aufgabe als Leiter ernst nehmen und dich engagieren.
Warum sollst du das tun? Damit deine Fortschritte in allen Dingen offenbar seien. Hier wird speziell jemand angesprochen, der Leitungsfunktionen in der Gemeinde hat. Interessanterweise wird gesagt, der ist noch nicht am Ende, sondern in dessen Leben soll auch Fortschritt sichtbar sein.
Das ist die Herausforderung für alle, die Leitungsfunktionen haben: Bleibt nicht stehen, wo du mal hingekommen bist, sei das noch so geistlich. Das ist gut, aber die Gemeinde, die Leute, mit denen du arbeitest, sollen in deinem Leben Fortschritt sehen.
Das gilt für Leitungen auf jeder Ebene. Es muss nicht nur die Ältestenschaft sein, es kann auch uns alle betreffen. Das ist eine wichtige Herausforderung.
Manche Leute in der Gemeinde predigen heute das, was sie auch schon vor zehn Jahren gepredigt haben. Ich meine nicht inhaltlich, dass sie ein neues Evangelium haben, sondern dass immer wieder dieselben Gedanken kommen. Es gibt nichts Neues, was zeigt, dass sie sich selbst noch intensiver mit dem Wort Gottes beschäftigen.
Das ist schade, denn eigentlich sollte jeder, auch der Gemeindeleiter, noch in der Lage sein, aus der Bibel neue Dinge zu erkennen. Nicht jetzt Überzeugungen wie: Jesus ist gestorben, das darf man nicht vergessen, aber man sollte merken, dass jemand noch um die Bibel ringt und neue Dinge entdeckt.
Sonst predigen manche immer wieder dasselbe, egal welcher Text dran ist. Die Themen sind dieselben wie vor zehn Jahren. Da merkt man, hier ist kein Wachstum, kein Vorankommen mehr.
Wie soll der Älteste dann erwarten, dass die Junggläubigen in der Gemeinde Wachstum erleben und vorankommen? Hier soll auch der Leiter in der Gemeinde erkennbar wachsen. Die anderen sollen sehen, dass in seinem Leben Veränderung und Wachstum da sind.
Christsein ist kein statischer Zustand, bei dem man einmal so ist und dann war es das. Christsein ist ein Wachstumsprozess zu Jesus hin, eine Veränderung des Lebens und der Erkenntnis. Das soll auch bei Timotheus so sein.
Dann heißt es: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre.“ Hier eine Zusammenfassung dessen, was er in seinem Leben tun soll. Hab Acht auf dich heißt: Lass dich nicht verführen. Wovon? Von der Sünde, vom Hochmut, von Selbstzentriertheit oder auch im moralischen Bereich.
Ich habe gestern gehört, dass es scheinbar welche gibt, die gut angefangen haben und dann abgefallen sind. Da soll er Acht geben, dass das bei ihm nicht passiert. Und auch auf die Lehre soll er achten.
Die Lehre ist erst mal wichtig für ihn selbst, damit er nicht auf einen falschen Weg gerät. Aber weil er Leiter ist, ist die Lehre natürlich auch wichtig für die Gemeinde, die er anleitet und die das, was er sagt, übernimmt.
Bleibe beständig dabei. Das heißt, auf sich zu achten, nicht zu sündigen, und auf die Lehre in der Gemeinde zu achten.
Wenn du das tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören. Dieses Retten hatten wir schon öfter im 1. Timotheusbrief, zum Beispiel bei den Frauen, wo steht, dass sie durch Kinder bekommen gerettet werden (1. Timotheus 2,15).
Hier ist es auf derselben Ebene gemeint. Dieses Retten heißt nicht, dass du dadurch erlöst wirst. Das wäre auch unsinnig, denn das würde einen großen Teil der Bibel widersprechen, die sagt, unsere Sünden werden vergeben, weil wir Jesus darum bitten.
Hier steht aber, dass Sünden vergeben werden, wenn du auf die Lehre achtest und auf dich selbst und sogar auf die, welche auf dich hören. Wie soll das gehen? Bedeutet das, der Gemeindeleiter muss fromm sein, und dann wird die ganze Gemeinde errettet? Wäre ja schön, aber so ist es natürlich nicht.
Vielmehr ist gemeint: Du erlebst die Erfüllung, die Gott für dich vorgesehen hat, wenn du seinem Willen entsprechend lebst. Genauso wie vorher gesagt wird: Eine Frau erlebt ihre Erfüllung darin, wenn sie nicht herumzieht von einer Wohnung in die andere, nicht üble Nachrede betreibt oder die Ältesten anschwärzt, sondern wenn sie die Aufgabe erfüllt, die Gott für sie vorgesehen hat, nämlich sich um die Kinder zu kümmern und sie zu erziehen – wenn das gelingt.
Hier ist es ähnlich: Der Leiter erlebt die Erfüllung seiner Aufgabe, wenn er darauf achtet, nicht in Sünde zu fallen und die Lehre gut weiterzugeben. Dann merkt er: Ich bin nicht angewiesen auf große Anerkennung von anderen, sondern ich mache genau das, was Gott will.
Dann gibt es diese innere Erfüllung. Ich weiß nicht, ob ihr diese innere Erfüllung im geistlichen Dienst schon erlebt habt. Ich kenne das aus mehreren Situationen, wo es gar nicht darauf ankommt, ob man äußerlichen Beifall bekommt oder nicht.
Das erste Mal habe ich das empfunden, als ich mit 14 zum Glauben kam und gleich danach in einen Sommereinsatz ging, in Österreich. Dort war es nicht immer leicht, denn manche Leute waren ziemlich gegen den Glauben eingestellt. Trotzdem war ich innerlich froh, weil ich wusste: Hier ist genau der richtige Platz, das, was ich tue, ist genau im Sinn Gottes.
So ähnlich meint Paulus das hier: Du erlebst eine innere Erfüllung, weil du weißt, dass das, was du jetzt tust, genau das ist, was Gott von dir erwartet.
Das hat dann auch Auswirkungen auf die anderen. Denn du bist als Leiter ein Vorbild. Sie orientieren sich an dir und handeln ähnlich. Das ist hier an dieser Stelle gemeint.
Kapitel 5: Umgang mit verschiedenen Altersgruppen in der Gemeinde
Kommen wir nun zu Kapitel fünf. In den ersten beiden Versen werden uns zunächst einige psychologische beziehungsweise seelsorgerliche Hinweise für den richtigen Umgang in der Gemeinde mit Menschen verschiedener Generationen gegeben.
Einen älteren Mann soll man nicht hart anfahren, sondern ihn wie einen Vater ermahnen. Hier ist die Rede von einem Gemeindeleiter, der Verantwortung trägt. Als Leiter musst du manchmal auch unangenehme Dinge ansprechen. Das kann man allerdings nicht einfach so tun, als würde man wie der alttestamentliche Prophet Elija sagen: „Der Sünder kehre um!“ Das wäre eine zu harte und unpersönliche Art.
Stattdessen soll man sich in die Situation des Menschen hineinversetzen, dem man etwas sagen möchte. Ein guter Leiter kann sich auf die Menschen einstellen und redet nicht mit jedem auf dieselbe Weise. Wichtig ist, dass er nie von oben herab spricht.
Was bedeutet das konkret? Einen älteren Mann fährt man nicht hart an, aber das heißt nicht, dass man ihn nie ermahnt. Es kann durchaus vorkommen, dass du als Gemeindeleiter Menschen ermahnen musst, die älter sind als du. Doch wie soll das geschehen? Wie mit einem Vater. Das heißt, du versuchst dir vorzustellen, du sprichst mit deinem eigenen Vater und möchtest ihm etwas erklären, das er falsch macht. Dann wirst du wahrscheinlich vorsichtiger und einfühlsamer reden, weil du weißt, dass es sonst zu Problemen kommen kann.
Du trittst also nicht mit großer Selbstsicherheit auf, sondern mit Respekt und Vorsicht. Denn Kinder sollen gegenüber ihren Eltern Gehorsam und Ehrfurcht zeigen. Natürlich sind diese älteren Männer nicht wirklich deine Eltern, aber du begegnest ihnen so, als würdest du mit deinem Vater sprechen.
Falls du aus einem schlechten Elternhaus kommst und deinen Vater nur respektlos behandelt hast, ist das hier nicht gemeint. Du musst erst lernen, wie man richtig mit seinem Vater umgeht, und das dann auch auf den älteren Mann in der Gemeinde übertragen.
Warum ist das wichtig? Weil das Ziel der Ermahnung ist, dass derjenige sie annimmt. Du sollst es so tun, dass es ihm möglichst leichtfällt, die Kritik anzunehmen. Deine Verantwortung endet nicht damit, dass du etwas gesagt hast. Dein Ziel ist erst erreicht, wenn er es verstanden und angenommen hat. Deshalb sollst du alles, was dem im Weg stehen könnte, minimieren.
Paulus ist hier sehr klug, denn er weiß, dass sich ältere Menschen nur ungern von Jüngeren etwas sagen lassen. Das kennt ihr wahrscheinlich auch aus eurer eigenen Familie: Nur wenige Eltern lassen sich von ihren Kindern etwas sagen, auch wenn die Kinder manchmal recht haben. Die meisten Eltern tun sich schwer damit, weil sie ihre Kinder großgezogen haben und gewohnt sind, den Ton anzugeben.
Diese Herausforderung betrifft auch euch, wenn eure Kinder älter werden und euch Wahrheiten sagen. Aus der Sicht der Jüngeren wird hier empfohlen, die Ermahnung einfühlsam, liebevoll und ehrfurchtsvoll zu gestalten, damit sie leichter angenommen wird.
Das gehört zur Leitung dazu: Nicht nur die Wahrheit sagen, sondern sie so vermitteln, dass sie auch angenommen werden kann.
Weiter heißt es, einen Jüngeren soll man wie einen Bruder ermahnen. Das betrifft vor allem jüngere Männer. Auch hier gilt: Nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe, wie mit einem Bruder, den man liebt. Auch hier ist das Ziel, dass das Wort Gottes zum Ziel kommt und derjenige wirklich Veränderung in seinem Leben vollzieht.
Eine Jüngere soll man ermahnen wie eine Schwester beziehungsweise die Frauen wie eine Mutter. Auch hier besteht eine gewisse Ehrfurchtsbeziehung. Paulus fügt hinzu, dass man die jüngeren Frauen in aller Keuschheit ermahnen soll. Er richtet sich hier an Männer und weiß, dass falsche Gedanken entstehen können, wenn ein Mann mit einer jüngeren Frau spricht, besonders wenn er sie als Schwester bezeichnet.
Wenn du dich mit deiner Schwester gut verstehst, kannst du sie auch mal umarmen und herzlich grüßen. Doch wenn du eine jüngere Schwester ermahnen sollst, musst du darauf achten, nicht in Sünde zu fallen oder falsche Gedanken zu bekommen. Deshalb spricht Paulus hier von Keuschheit.
Bei älteren Frauen oder Männern ist die Gefahr solcher Gedanken meist geringer. Deshalb empfehle ich meinen Schülern, sich als Männer möglichst aus der Seelsorge mit Frauen herauszuhalten, weil die Gefahr zu groß ist, dass etwas schiefgeht. Ebenso sollten Frauen nicht so viel Seelsorge bei Männern machen. Seelsorge sollte möglichst außerhalb der Spannung zwischen Mann und Frau stattfinden.
Jedes Jahr, wenn ich in Gemeinden unterwegs bin, kommen Schüler zu mir und sagen: „Ich verstehe mich mit den Frauen so gut.“ Das ist verständlich, denn die Spannung zwischen Mann und Frau hat oft etwas Prickelndes. Das ist nicht schlecht, aber bei Seelsorge geht es häufig um tiefe persönliche Geheimnisse und Herzensangelegenheiten. Deshalb sollte man möglichst eine gewisse Distanz wahren.
Ein oder zwei Gespräche sind in Ordnung, am besten in einer öffentlichen Situation, wo andere dabei sind. Bei langfristiger Betreuung sollte ein Mann entweder eine Frau dazunehmen oder den Ehemann, wenn es um Ehefragen geht.
Man kann solche Beziehungen nicht unbegrenzt führen. Warum? Weil du nicht nur dir selbst schadest, indem du auf falsche Gedanken kommen kannst, sondern auch der Frau. Wenn sie große Probleme mit ihrem Ehemann hat und dir das erzählt, kann sie den Eindruck bekommen, dass du sie besser verstehst als ihr Mann. Dann entstehen leicht neue Probleme, die eigentlich nicht beabsichtigt sind.
Deshalb ist Seelsorge zwischen den Geschlechtern eine heikle Angelegenheit, auch wenn man heute in Schule, Beruf oder Alltag gut miteinander auskommt. Seelsorge ist etwas Besonderes und erfordert besondere Vorsicht.
Denkt daran, wie viele Männer Gottes in der Kirchengeschichte gefallen sind, weil sie diese Dinge nicht beachtet haben.
Vor einigen Wochen war ich in einer Gemeinde, und jemand erzählte mir von seiner Ausbildung an der Florida Bible School in den USA. Das war damals eine der größten konservativen Bibelschulen dort. Der Leiter war eine sehr eindrucksvolle Persönlichkeit, die viele geprägt hat.
Eines Tages ist er mit einer seiner Schülerinnen durchgebrannt. Er hatte die Schülerin gut gekannt und oft Tennis mit ihr gespielt. Plötzlich waren beide verschwunden. Was geschah dann? Die ganze Bibelschule ging daran zugrunde.
Das hätte nicht passieren müssen, aber der Leiter war so dominant, dass niemand den Ausfall auffangen konnte. In den Gemeinden sank dadurch der Ruf der Bibelschule stark.
Stellt euch vor, ihr kommt nach Hause und erfahrt, dass Matthias Rüther mit einer Schülerin durchgebrannt ist und seine Frau allein zurückblieb. Das würde ein schlechtes Licht auf die Bibelschule Brake werfen. Wenn ihr dann nicht mehr vor Ort seid und das nur aus der Ferne mitbekommt, denkt ihr vielleicht: „Was ist das für eine Schule?“ und das Image der Schule leidet.
Solche Vorfälle entstehen oft nicht plötzlich, sondern durch ständige Nähe und Berührungen, die falsche Gedanken fördern können. Deshalb die Warnung: Die jüngeren Schwestern ermahne man in Keuschheit. Pass auf, wie du mit ihnen redest, und überlasse die Seelsorge besser anderen Frauen.
Das wird in den folgenden Kapiteln noch ausgeführt. Seelsorge unter Frauen sollten vor allem ältere Frauen übernehmen, insbesondere die Witwen, die dort erwähnt werden.
Ehre die Witwen: Anerkennung und Unterstützung in der Gemeinde
Jetzt kommen wir zu einem nächsten Abschnitt, und der ist ganz spannend. Ich habe wieder nicht daran gedacht, meinen Wecker mitzunehmen, aber ich kann noch im nächsten Abschnitt weitermachen.
Es geht jetzt um eine spezifische Sache, nämlich die Frage der Witwen. Da steht: Ehre die Witwen. Eigentlich sollte uns das selbstverständlich sein, wobei "Ehre" hier mehrerlei bedeutet. Ehre heißt nämlich, einer Person Anerkennung entgegenzubringen. Das bedeutet, nicht böse oder schlecht über sie zu reden, sondern ihr Respekt zu zeigen.
Ehre meint an dieser Stelle aber sehr wahrscheinlich auch, eine Position in der Gemeinde zu haben und möglicherweise finanzielle Unterstützung zu bekommen. Woraus ziehe ich das? Weil im nächsten Abschnitt, im Vers 17, steht: "Die Ältesten sollst du doppelter Ehre wert halten." Das wäre Anerkennung, und es wird erklärt, was Ehre ist: "Der Arbeiter ist seines Lohnes wert." Im nächsten Vers ist also auch eine Stellung in der Gemeinde gemeint, eine Anerkennung, die auch finanzielle Unterstützung beinhalten kann.
Bei den Witwen ist das noch naheliegender als bei den Ältesten, denn Witwen in der Antike waren rechtlos und mittellos. Frauen gingen zwar manchmal einer begrenzten Berufstätigkeit nach, die sie neben dem Haushalt ausüben konnten. Wir sehen das zum Beispiel in Sprüche 31, wo eine Frau Gürtel näht und sie an Händler verkauft. Solche Tätigkeiten gab es damals, aber davon konnte man nicht leben.
Wenn der Mann weg war, war die Frau aufgeschmissen. Deshalb gab es schon im Alten Testament Regeln, die Witwen und Waisen versorgen sollten. Das wird zum Beispiel sehr schön beschrieben im Buch Rut, wo sie am Rande des Ackers die Ähren einsammelt und davon leben darf. Das war im Alten Testament gesetzlich festgeschrieben und galt natürlich auch im Neuen Testament.
Wenn hier steht "Ehre die Witwen", dann ist damit nicht die allgemeine Unterstützung der Bedürftigen gemeint. Die Gemeinde hat das sowieso getan. Wir wissen aus der Gemeinde des ersten und zweiten Jahrhunderts, dass die ersten Christen nicht nur für ihre eigenen Leute gesorgt haben, sondern auch finanziell Obdachlose und Kinder unterstützt haben, die gar nicht zur Gemeinde gehörten.
Also geht es hier nicht in erster Linie darum, weshalb Paulus dann auch noch den Satz nachschiebt: "Die wirklich Witwen sind." Anscheinend gibt es in dieser Darstellung echte und falsche Witwen.
Was sind das für welche? Die einen, die ihre Männer umgebracht haben, und die anderen, deren Männer echt gestorben sind? Natürlich nicht. Das ist nicht gemeint. Hier sind Leute gemeint, und das ist für manche von uns vielleicht etwas ganz Neues. Es gab in der Gemeinde das Amt des Ältesten, das Amt des Diakons und das Amt der Witwe.
Habt ihr davon schon mal gehört? Deshalb gehen wir diesen Abschnitt durch, dann könnt ihr das in eurer Gemeinde einführen. Heute gibt es nicht mehr so viele Witwen, weil Männer nicht mehr so schnell sterben. Gibt es bei euch schon? Ja, das stimmt.
Ich bin in Bad Meinberg als Jugendlicher aufgewachsen, damals waren noch viele Kurleute da. Die meisten, bestimmt 80 Prozent der Kurleute, waren Frauen, weil die Männer verstorben sind, wenn man ins höhere Alter kommt. Männer sterben statistisch gesehen früher. Aber es sind nicht diese allgemeinen Witwen gemeint, sondern bestimmte qualifizierte Witwen. Wir werden sehen, dass diese Witwen geistlichen Qualifikationen entsprechen müssen, um das Amt in der Gemeinde auszuüben.
Deshalb steht hier: "Die, die wirklichen Witwen sind." Nachher wird erklärt, dass die wirkliche Witwe nicht nur einen Mann haben muss, der gestorben ist, sondern noch andere Kriterien erfüllen muss. Sie soll dann einen geistlichen Auftrag in der Gemeinde ausfüllen. Welchen, das werden wir gleich sehen.
Hier geht es also um die Witwen. Dass die Witwe im Alten Testament versorgt worden ist, lesen wir zum Beispiel in 2. Mose 22,21ff. oder 5. Mose 27,19. Darauf will ich jetzt aber nicht näher eingehen. Ich werde euch zunächst den ganzen Text bis Vers 16 im Zusammenhang vorlesen, dann gehen wir die einzelnen Verse durch:
"Ehre die Witwen, die wirklich Witwen sind. Wenn aber eine Witwe Kinder oder Enkel hat, so sollen diese zuerst lernen, am eigenen Haus gottesfürchtig zu handeln und den Eltern Empfangenes zu vergelten, denn das ist gut und wohlgefällig vor Gott. Eine wirkliche und vereinsamte Witwe aber hat ihre Hoffnung auf Gott gesetzt und bleibt beständig im Flehen und Gebet Tag und Nacht. Eine Genusssüchtige jedoch ist lebendig tot. Sprich das offen aus, damit sie untadelig sind. Wenn aber jemand für die Seinen, besonders für seine Hausgenossen, nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlimmer als ein Ungläubiger. Eine Witwe soll nur in die Liste eingetragen werden, wenn sie nicht weniger als sechzig Jahre alt ist, die Frau eines Mannes war und ein Zeugnis guter Werke hat: wenn sie Kinder aufgezogen, Gastfreundschaft geübt, die Füße der Heiligen gewaschen, Bedrängten geholfen hat und sich jedem guten Werk gewidmet hat. Jüngere Witwen aber weise ab. Denn wenn sie gegen den Willen des Christus begehrlich geworden sind, wollen sie heiraten und kommen damit unter das Urteil, dass sie die erste Treue gebrochen haben. Zugleich lernen sie auch, untätig zu sein, indem sie in den Häusern herumlaufen und nicht nur untätig, sondern auch geschwätzig und neugierig sind und reden, was sich nicht gehört. So will ich nun, dass jüngere Witwen heiraten, Kinder gebären und den Haushalt führen und dem Widersacher keinen Anlass zur Lästerung geben. Denn etliche haben sich schon abgewandt dem Satan nach. Wenn ein Gläubiger oder eine Gläubige Witwen hat, so soll er sie versorgen, und die Gemeinde soll nicht belastet werden, damit diese für die wirklichen Witwen sorgen kann."
Hier wird der Begriff "Witwe" in zweifacher Weise gebraucht. Es gibt die normalen Witwen, die man finanziell versorgen soll, also die, die ihren Mann verloren haben. Dann gibt es die wirklichen Witwen, und in den Versen ab neun und zehn werden die Kriterien genannt, die sie erfüllen müssen.
Denkt jetzt nicht, die Witwen hätten nur finanzielle Unterstützung bekommen, wenn sie ganz fromm waren. Das stimmt nicht. Wir wissen, dass auch diejenigen, die gar nicht gläubig waren, mitversorgt wurden.
Die Sache hier ist, dass wir zwei Dinge auseinanderhalten müssen: Die Versorgung der Bedürftigen, die keine finanziellen Mittel mehr haben, und die besondere Stellung, die die wirklichen Witwen in der Gemeinde einnehmen, mit einer Ehre, die auch finanzielle Leistungen beinhalten kann.
Wir haben Vers 3 bereits behandelt, wo steht, dass Kinder oder Enkel zuerst lernen sollen, am Haus gottesfürchtig zu handeln und den Eltern Empfangenes zu vergelten. Dieser Gedanke wird in Vers 8 nochmal aufgegriffen, wo es heißt, die Hausgenossen sollen zuerst sorgen. Und in Vers 16 steht: Wenn ein Gläubiger eine gläubige Witwe hat, soll er sie versorgen.
Mit Versorgung ist hier die selbstverständliche Pflicht gemeint. Wenn du Eltern oder Großeltern hast, die obdachlos sind oder hungern, bist du verpflichtet, sie zu ernähren und für sie zu sorgen.
Dieser Text hat für uns in Deutschland heute etwas an Aktualität verloren, weil wir ein ausgefeiltes Sozialsystem haben. Heute gibt es kaum alte Menschen, die verhungern. Damals gab es das schon. Manchmal kümmerte sich niemand um alte Menschen, nicht einmal die Angehörigen, obwohl es gesellschaftlich vorgesehen war.
Hier soll gesagt werden: Wenn eine Witwe Kinder oder Enkel hat, soll die Gemeinde sie nicht als echte Witwe in die Liste aufnehmen, sondern die Familie soll sie finanziell unterstützen. Die Begründung ist, dass sie zuerst lernen sollen, geistlich zu handeln.
Prinzipiell könnte die Gemeinde das auch unterstützen. In Vers 16 wird gesagt, die Gemeinde soll nicht über Gebühr belastet werden, wenn es nicht nötig ist. Zuerst sollst du für deine eigenen Verwandten sorgen. Das ist eine Art Bewährung im Glauben.
Denn da steht, sie sollen zuerst lernen, am eigenen Haus gottesfürchtig zu handeln. Das sind genau die Kriterien, die wir für die Ältestenschaft oder die Leitung haben. Sie sollen ihrem Haus gut vorstehen. "Haus" meint hier die ganze Familie, für die man Verantwortung trägt.
Das heißt auch, für Eltern oder Mütter, die allein zurückgeblieben sind, weil der Mann gestorben ist, soll man sich geistlich einsetzen.
Eine zusätzliche Begründung wird noch gegeben: Du sollst ihnen das, was sie dir Gutes getan haben, zurückzahlen. Das ist gut und wohlgefällig vor Gott.
Natürlich kann es sein, dass Eltern schlecht zu ihren Kindern waren. Dann gilt das hier nicht. Aber grundsätzlich geht man davon aus, dass Eltern sich um ihre Kinder gekümmert haben. Kinder setzen sich normalerweise für ihre Eltern ein.
In diesem Denken sollst du deinen Eltern begegnen, die über Jahre oder Jahrzehnte für dich gesorgt, gebetet und dich versorgt haben. Jetzt wird gesagt, du sollst ihnen das Empfangene vergelten. Das ist gut und wohlgefällig vor Gott.
Also tu es erst einmal aus Liebe zu Gott und als Vorbild. Wenn dich das nicht motiviert, mach es wenigstens, um ein Stück weit zurückzuzahlen, was deine Eltern in dich investiert haben, indem du sie versorgst, wenn sie in Not sind.
Dann steht: Eine wirkliche und vereinsamte Witwe hat ihre Hoffnung auf Gott gesetzt und bleibt beständig im Flehen und Gebet Tag und Nacht.
Man könnte sagen, hier ist die Witwe gemeint, die niemand anderen hat, der für sie sorgt. Das Einzige, was ihr bleibt, ist, auf Gott zu vertrauen. Vielleicht nicht ganz freiwillig, aber was soll sie sonst tun? Keiner kümmert sich um sie.
Eine andere Möglichkeit ist, dass diese wirklichen Witwen die Aufgabe in der Gemeinde hatten, mit Gebet, später auch mit Seelsorge, sich Gott zu widmen.
Solche Witwen kennen wir zum Beispiel von Hanna im Neuen Testament, die als Prophetin im Tempel vorgestellt wird und Jesus auf den Arm nimmt. Sie war Tag und Nacht im Tempel, wachte und betete.
So etwas gab es auch im Judentum vor dem Neuen Testament, und das wird hier übernommen.
Eine ältere Frau, über sechzig, die ihre Aufgaben gut erfüllt hat, investiert sich nun ganz fürs Reich Gottes, indem sie sich intensiv Zeit für Gebet nimmt.
Das ist das Kriterium der wahren Witwe. Sie betet und fleht nicht nur für ihre eigenen Anliegen, sondern widmet sich ganz Gott.
Das ist die besondere Witwe, die hier als wirkliche Witwe bezeichnet wird. Um sie geht es später auch.
Eine Aufgabe dieser Witwe ist, intensiv die Aufgabe des Gebets in der Gemeinde wahrzunehmen.
Dann steht: Eine Genusssüchtige jedoch ist lebendig tot.
Hier geht es nur um Gläubige, nicht um Ungläubige.
Was meint genusssüchtig? Zum Beispiel die, die nur auf ihren Status aus sind, ein unmoralisches Leben führen oder, wie später beschrieben, in den Häusern viel schwätzen und reden.
Diese ist für die geistliche Aufgabe nicht geeignet.
Genusssüchtig heißt, dass jemand in erster Linie Wert darauf legt, sein Leben angenehm zu gestalten.
Das ist prinzipiell möglich, aber für diese geistliche Aufgabe disqualifiziert es.
Wenn du als Witwe vor allem an deinen Genuss denkst, kannst du dich nicht intensiv der Gemeinde widmen.
Das soll hier vor Augen geführt werden.
Dann heißt es: Sprich das offen aus, damit sie untadelig sind.
Das bedeutet, die ehrlichen Gründe sollen offen ausgesprochen werden, wenn jemand abgelehnt wird.
Zum Beispiel: "Nein, du kannst das Witwenamt nicht ausüben, weil du so und so lebst."
So wie Älteste und Diakone ermahnt werden sollen, sollen auch die Witwen ermahnt werden.
Offen zu sprechen schafft klare Kriterien und verhindert Kungelei.
Damit sind die Witwen, die antreten, uneingreifbar und untadelig gegenüber Vorwürfen.
Dann steht: Wenn aber jemand für die Seinen, besonders für die Hausgenossen, nicht sorgt, hat er den Glauben verleugnet und ist schlimmer als ein Ungläubiger.
Paulus geht hier darauf ein, dass wenn die Familie ihrer Verpflichtung zur finanziellen Versorgung nicht nachkommt, sie schlimmer als Ungläubige ist.
Dadurch wird das Prinzip der Nächstenliebe verleugnet.
Nächstenliebe heißt: Liebe Gott über alles und den Nächsten wie dich selbst.
Der Nächste ist im wörtlichen Sinn die Person, mit der du zu tun hast: Eltern, Kinder, Arbeitskollegen.
Du sollst sie versorgen, wenn nötig.
Heute ist das vielleicht weniger materiell, weil der Staat viel übernimmt, aber auch in anderen Bereichen kann man Anerkennung zeigen.
Das ist manchmal schwierig, weil Eltern oft hohe Erwartungen an ihre Kinder haben, die nicht immer realistisch sind.
Man muss ehrlich vor Gott zeigen können, dass man diese Anerkennung oder nötige materielle Versorgung den Eltern entgegenbringt.
In Griechenland gab es seit dem Herrscher Solon Gesetze, die besagten, dass jemand, der seine Eltern nicht versorgte, sein Bürgerrecht verlor.
In Athen gehörten freie Bürger zur Elite, während Sklaven und Frauen keine Bürgerrechte hatten.
Wer seine Eltern nicht versorgte, verlor den Status als freier Bürger und wurde zum Unfreien.
Darauf bezieht sich Paulus, wenn er sagt: Ihr seid schlimmer als Ungläubige.
Die ungläubigen Griechen sorgten für ihre Angehörigen, wenn auch unter gesetzlichem Druck.
Ihr solltet noch besser sein, weil ihr Kinder Gottes seid.
Manchmal gibt es Eltern mit überhöhten Ansprüchen. Ich habe jemanden erlebt, der über Jahre seinen Vater gepflegt hat. Der Vater erwartete, dass die Tochter Tag und Nacht am Bett ist, was nicht möglich ist.
Man muss einen Ausgleich finden. Es kann nicht sein, dass man sich gar nicht kümmert, aber auch nicht, dass man sich völlig aufopfert.
Das fordert uns heraus, sonst sind wir schlimmer als Ungläubige.
Das ist eine Erklärung zu dem, was vorher steht: Wenn deine Eltern kein Geld haben, sollst du dich für sie einsetzen.
Jetzt zurück zur Witwe: Sie soll nur in die Liste eingetragen werden, wenn sie nicht weniger als sechzig Jahre alt ist und die Frau eines Mannes war.
Diese Liste ist die derjenigen, die in der Gemeinde anerkannte Witwenaufgaben erfüllen.
Nicht, dass andere keine finanzielle Unterstützung bekommen, aber diese Witwen haben eine besondere Stellung in der Gemeinde.
In der sogenannten Apostolischen Konstitution aus dem dritten Jahrhundert wird das Amt der Witwe noch einmal erwähnt.
Dort heißt es, diese Witwen sollen beten, Fürbitte halten, Umoffenbarungen für die Gemeinde erbitten, kranken Frauen beistehen, umsichtig und verschwiegen sein.
Sie sollen den Ältesten mitteilen, wo Hilfe nötig ist, wenn sie in die Häuser kommen.
Bis zum dritten und Anfang des vierten Jahrhunderts gab es dieses offizielle Amt der Witwen in den Gemeinden.
Sie sollten bescheiden, ruhig, freundlich, aufrichtig sein, nicht zornig, nicht geschwätzig, nicht laut, nicht hastig, nicht zänkisch, nicht doppelzüngig und sich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen.
Da sie in der persönlichen Betreuung der Leute auch vertrauliche Dinge erfahren, sollen sie schweigen und nicht tratschen, sondern beten und sich einsetzen.
Das Amt des Gebets, der Seelsorge, der Begleitung zu Hause und der Krankenbesuche war die Aufgabe dieser Witwen bis ins vierte Jahrhundert.
Hier soll die Witwe eingetragen werden, wenn sie nicht weniger als sechzig Jahre alt ist.
Warum sechzig Jahre? In der griechischen Welt galt man mit siebzig als endgültig aus dem normalen Leben heraus.
Man war Senior, man konnte sich neu entscheiden, was man macht, und sich ganz Gott widmen.
Paulus sagt das bewusst, denn die jüngeren Witwen sollen andere Aufgaben übernehmen.
Nur die Älteren, mit Lebenserfahrung, können richtig Seelsorge betreiben und anderen weiterhelfen.
Deshalb wird hier auch gesagt: Frau eines Mannes.
Das bedeutet wahrscheinlich nicht, dass sie nicht mehrere Männer hatte oder Ehebruch begangen hat. Das wird selbstverständlich vorausgesetzt.
Es heißt, sie war mit einem Mann verheiratet und ist ihm auch nach seinem Tod treu geblieben.
Nicht, dass sie noch verheiratet wäre, denn sie könnte ja heiraten, wie Paulus den jüngeren Witwen sogar rät.
Aber sie hat diese enge Bindung gehabt und sich nicht auf einen anderen Mann eingelassen.
Das wird auch von Hanna im Neuen Testament berichtet. Sie war viele Jahre verheiratet und dann über 80 Jahre Witwe.
Sie ist dabei geblieben, und das war auch ein Kriterium in der jüdischen Welt vor dem Neuen Testament, das hier aufgenommen wird.
Später wird auch gesagt, wenn sie heiratet, ist sie ihrem Gelübde untreu geworden.
Welchem Gelübde? Dass sie außer ihrem Mann sich nur noch für Jesus einsetzt.
Das ist damit gemeint.
Also die Frau, die einen Mann hatte, der gestorben ist, und die schon in einem Alter ist, in dem sie sich nicht mehr nach einem neuen Mann umsieht, ist qualifiziert.
Weiter soll sie ein Zeugnis guter Werke haben.
Man soll in ihrem Alltag sehen können, dass sie fromm ist.
Das wird näher erklärt.
Welche Werke sind das? Erstens, dass sie Kinder gut aufgezogen hat.
Das setzt voraus, dass sie Kinder hatte.
Vielleicht denkt ihr, das sei ungerecht für Frauen, die keine Kinder bekommen konnten.
Aber das richtet sich nicht an sie, sondern an Frauen, die in der Antike oft keine Kinder haben wollten.
Das war weit verbreitet, weil sie das Leben genießen wollten und Kinder als störend empfanden.
Hier wird gesagt: Nein, du bist nicht geeignet, wenn du dein Leben nur auf deinen eigenen Genuss ausgerichtet hast.
Du bist nur geeignet, wenn du immer auch einen Blick für andere hattest und dich investiert hast, indem du Kinder hattest und sie aufgezogen hast.
Weiter heißt es: Wenn sie Gastfreundschaft geübt hat.
Das hatten wir schon als Qualifikation der Ältesten erwähnt.
Das heißt, sie hat Leute aufgenommen, die Obdach suchten, nicht nur Freunde oder Bekannte.
Mir fällt dabei eine Geschichte ein, die mich besonders herausgefordert hat.
Ich war in Basel, frisch verheiratet, und unsere Gemeinde machte regelmäßig Evangelisation in der Fußgängerzone.
An einem Nachmittag sprach ich mit Leuten, als ein älterer Mann auf mich zukam.
Er hatte einen verfilzten langen Bart, lange Haare, fremdländisches Aussehen.
Er stellte sich als Dino vor, kam aus dem ehemaligen Jugoslawien, genauer Mazedonien.
Er war Christ, neu zum Glauben gekommen, und Gott hatte ihm aufs Herz gelegt, in seiner Stadt das Evangelium zu verkünden.
Er war in die Schweiz gekommen, um Geld zu verdienen, damit er Material kaufen und zurückgehen konnte.
Er wollte nicht spenden, sondern arbeiten.
Er wusste nicht, wo er hingehen sollte.
Ich sagte ihm, es gibt ein Männerheim von der Heilsarmee.
Er war schon dort, aber sie hatten ihn nicht aufgenommen.
Ich stand da mit einem Suchtabhängigen, der Christ war.
Mir kamen viele Gedanken: Könnte er ein Penner sein, der nur vorgibt, Christ zu sein, um irgendwo reinzukommen? Könnte er gefährlich sein? Ich war unsicher.
Nach langem Ringen entschied ich mich, ihm zu helfen, und brachte ihn mit nach Hause.
Meine Frau war überrascht, aber wir beherbergten ihn für etwa zwei Wochen in unserem Wohnzimmer.
Er wusch sich, aß mit uns, und daraus entstand eine Beziehung für die nächsten drei Jahre.
Er fand eine Stelle auf einem Bauernhof, verdiente Geld, ging zurück nach Mazedonien und kam später wieder.
Er brachte sogar seine Frau mit, die wir kennenlernten.
Soweit ich weiß, begann er später mit Missionsarbeit in Mazedonien.
Das ist für mich ein Beispiel, wo ich unsicher war, aber im Nachhinein den Eindruck hatte, richtig gehandelt zu haben.
Manchmal fragen wir uns, wie wir handeln sollen.
Meine Frau erlebte neulich beim Einkaufen eine Frau mit Hund, die um Geld bat.
Sie lud die Frau ein, gab ihr etwas zu essen, bot ihr an, bei uns zu übernachten.
Die Frau lehnte ab und wollte frei bleiben, ohne Einschränkungen.
Meine Frau ließ ihr das Essen da und wünschte ihr alles Gute.
So etwas gibt es auch.
Die Herausforderung von Gastfreundschaft und Offenheit für Menschen in Not ist hier eine Auszeichnung der wahren Witwen.
Dann steht: Sie hat die Füße der Heiligen gewaschen.
Das ist etwas Besonderes.
Man kann sich fragen, warum jemand ein Amt in der Gemeinde bekommt, weil sie die Füße der Heiligen wäscht.
Welche Heiligen sind gemeint?
Sehr wahrscheinlich die anderen Christen in der Gemeinde, denn Heilige im katholischen Sinn gab es damals noch nicht.
Was heißt Füße waschen?
Bibelkenner wissen, dass das eine Sklavenaufgabe war.
Wenn man in ein Haus kam, hatte man staubige Füße, die der Sklave wusch.
Jesus hat das auch mit seinen Jüngern getan.
Hier soll gesagt werden, dass eine Frau, die bereit ist, einfache Arbeiten zu tun, auch für Christen, qualifiziert ist.
Wenn sie Bedrängten geholfen hat, also Menschen in Not, und sich jedem guten Werk gewidmet hat, also ein vorbildliches Leben geführt hat, ist sie geeignet.
Bei jüngeren Witwen heißt es, sie sollen abgewiesen werden.
Denn wenn sie gegen den Willen Christi begehrlich geworden sind, wollen sie heiraten und kommen damit unter das Urteil, dass sie die erste Treue gebrochen haben.
Das klingt vielleicht merkwürdig: Jüngere Witwen sollen abgewiesen werden, weil sie heiraten wollen.
Was heißt das?
Wir versetzen uns in die Situation: Eine Witwe, deren Mann gestorben ist, ist traurig und weiß nicht, wie es weitergeht.
Sie ist fromm und will den Rest ihres Lebens für Jesus investieren.
Paulus sagt aus Erfahrung, dass jüngere Frauen das meist nicht durchhalten.
In der ersten Emotion versprechen sie etwas, das sie später nicht halten können.
Es ist verständlich, dass eine Frau mit dreißig nach der Trauerzeit wieder heiratet.
Paulus fordert hier auf, das ruhig zu tun.
Schlimm ist, wenn sie in der ersten Phase versprechen, Witwe in der Gemeinde zu bleiben und nur zu beten, und später heiraten.
Das ist schlecht für das Ansehen des Witwenamts und für die Frau selbst.
Sie hat ein Versprechen gegeben, das sie nicht hält, und fühlt sich Jesus untreu.
Das ist damit gemeint.
Es ist nicht, dass Heiraten generell schlecht ist, sondern dass Heiraten nicht mehr in Frage kommt, wenn jemand sein Leben ganz Jesus gewidmet hat als echte Witwe.
Deshalb die Altersgrenze.
Zugleich lernen sie, untätig zu sein, indem sie in den Häusern herumlaufen, nicht nur untätig, sondern auch geschwätzig und neugierig sind und reden, was sich nicht gehört.
Das sind die jüngeren Witwen.
Nehmen wir die dreißigjährige Witwe.
Wenn die Gemeinde sie einsetzt und bezahlt, dass sie betet und wacht, schafft sie das kaum.
Jüngere Frauen suchen oft Kontakt und Gemeinschaft.
Ohne tägliche Verpflichtung, für die die Gemeinde zahlt, ist die Versuchung groß, in den Häusern herumzulaufen, zu reden und Ratschläge zu geben.
Das ist für das Witwenamt nicht geeignet.
Die Witwen sollen still und ruhig sein, beten, tragen, helfen und den Ältesten bei der Seelsorge unterstützen.
Das geht nicht, wenn sie in den Häusern tratschen.
Deshalb sagt Paulus in Vers 14: "So will ich nun, dass jüngere Witwen heiraten, Kinder gebären, den Haushalt führen und dem Widersacher keinen Anlass zur Lästerung geben."
Wenn eine jüngere Witwe ist, ist es besser, dass sie heiratet.
Wenn sie vorher verheiratet war, hat sie nicht die Gabe der Ehelosigkeit, die Paulus für sich in Anspruch nimmt.
Sie hat Sehnsucht nach einem Mann gehabt, war verheiratet und ist jetzt ohne Mann.
Das führt früher oder später dazu, dass sie wieder heiraten will.
Deshalb soll sie lieber gleich heiraten, anstatt ein Versprechen zu geben, ewig ledig zu bleiben und nur im Witwendienst zu beten.
Dann heißt es, sie soll Kinder bekommen und den Haushalt führen, damit der Widersacher keinen Anlass zur Lästerung hat.
Damit soll verhindert werden, dass Leute sagen: Die Frau hat gut angefangen, hält sich aber nicht daran.
Dann mache ich den Rest etwas schneller.
Denn etliche haben sich schon abgewandt dem Satan nach.
Das heißt, Frauen wurden als Witwen eingesetzt, hielten sich aber nicht daran und heirateten wieder.
Deshalb rät Paulus, es gleich richtig zu machen.
Wenn ein Gläubiger oder eine Gläubige Witwen hat, für die er verantwortlich ist, soll er sie versorgen.
So wird die Gemeinde nicht belastet und kann für die wirklichen Witwen sorgen, die geistliche Dienste ausüben.
Jetzt habt ihr heute noch etwas Zusätzliches kennengelernt:
In der Urgemeinde gab es nicht nur Älteste und Diakone, sondern auch wahre Witwen.
Diese hatten einen geistlichen Auftrag: Sie besuchten Menschen in den Häusern, pflegten Kranke, leiteten jüngere Frauen an, beteten intensiv und trugen die Anliegen der Gemeinde vor Gott.
Diese Witwen sollten bestimmte Qualifikationen haben.
An dieser Stelle bete ich gerne mit euch und schließe diesen Teil des Abends ab:
Vater im Himmel, vielen Dank, dass du Menschen berufst, unabhängig vom Lebensalter, so wie den Timotheus.
Ich bitte dich, uns zu zeigen, wo unsere Position ist, wo du uns begabt hast und wo unsere Aufgabe in der Gemeinde liegt.
Hilf uns, diese Aufgabe nicht zu vernachlässigen, sondern ihr nachzukommen, damit die Gemeinde besser funktionieren kann.
Ich bitte dich auch, wenn wir in der Seelsorge mit Menschen anderen Geschlechts oder Alters zu tun haben, dass wir das mit Weisheit tun.
Dass Ermahnungen und Ratschläge ihr Ziel erreichen und Menschen Veränderung erleben.
Dass wir zeigen, dass sie uns am Herzen liegen und wir sie nicht nur über sie stellen.
Ich bitte dich besonders für die Ämter in der Gemeinde.
Vielleicht gibt es heute Frauen hier oder in der Gemeinde, die sehen, wo sie sich als echte Witwen oder anders einsetzen können.
Danke, dass du auch für Frauen in Gemeinden einen Platz hast, wo sie sich engagieren können.
Segne diejenigen, die in diesen Diensten tätig sind, damit sie zum Wohl der Gemeinde wirken – im Gebet, Flehen, in Besuchen und im Sorgen für Bedürftige und Arme.
Für alle, die noch nicht so weit sind, bitte ich dich, besonders für die Frauen heute Abend, dass sie so leben, wie du es willst.
Dass sie sich um Kinder, Familie und Bedürftige kümmern und sich in der Gemeinde engagieren, wie du es beschrieben hast.
Danke, dass du für jeden von uns einen Platz hast und uns alle gebrauchen willst, egal wie begabt wir sind und in welchem Bereich.
Danke, dass du mit uns diesen Abend gehst.
Segne unsere Gespräche, unsere Gedanken und auch unseren Schlaf.
Amen.