Einführung in das Thema und Abrahams Berufung
Guten Morgen, ich möchte alle herzlich zu diesem Bibelstudientag heute Morgen begrüßen. Das Thema ist sehr speziell: Israel zwischen Segen und Fluch – Archäologie in Sichem und Nahostpolitik.
Wir beginnen mit Abrahams Berufung in Ur in Chaldäa. Gemäß der strengen biblischen Chronologie, bei der alle Zahlen der Bibel berücksichtigt und keine ignoriert werden, wurde Abraham im Jahr 2111 vor Christus in Ur geboren. Doch viel später in seinem Leben erschien ihm der Schöpfergott.
1. Mose 12,1: Da haben wir die Berufung: „Der Herr nun hatte zu Abram gesagt“ – Abram war der frühere Name von Abraham – „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen. Ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen. In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“
Gott ruft Abraham aus einer götzenanbetenden Kultur heraus. Abraham, der ursprünglich auch ein Götzenverehrer war, wie Josua 24 sagt, kehrte den Götzen von Ur den Rücken und war gehorsam, auszuziehen aus dem heutigen Südirak, wie man hier sieht.
Die Route führte nicht durch die gefährliche Wüste, sondern entlang des fruchtbaren Halbmonds. Sie führte hinauf bis nach Haran, im heutigen Südosten der Türkei, und von Haran schließlich wieder über das fruchtbare Gebiet hinunter ins Land der Verheißung, ins Land Kanaan.
Gott hatte von Anfang an Abraham versprochen, dass durch ihn beziehungsweise durch seine Nachkommenschaft ein Segen für die ganze Welt ausgehen würde. Abraham sollte zu einer großen Nation werden – nicht nur das, sondern zu dem auserwählten Volk Israel, aus dem einmal der Messias hervorkommen sollte, der Retter der Welt.
Die erste Landzusage und die Bedeutung von Sichem
In 1. Mose 12,6 lesen wir, wie Abraham gerade im Land Kanaan angekommen ist und den ersten namentlich genannten Ort erreicht. Dort heißt es: „Und Abraham durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zur Terebinte Mores. Und die Kanaaniter waren damals im Land.“
Der Herr erschien Abram und sprach: „Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Daraufhin baute Abraham dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar.
Wir halten fest: Die erste geografische Erwähnung einer Ortschaft im verheißenen Land ist Sichem. Wie man auf der Karte sehen kann, befindet sich dieser Ort im nördlichen, sogenannten besetzten Westjordanland – also an einem heute politisch sehr brisanten Ort.
Noch mehr fällt auf: In diesem Text wird gesagt, dass Gott Abraham dort erschienen ist und ihm versprochen hat, dass sein Same – das heißt seine Nachkommenschaft, mit anderen Worten das Volk Israel – dieses Land erhalten wird.
Bemerkenswert ist, dass diese Verheißung nicht irgendwo anders gegeben wurde, etwa an dem Ort des heutigen Haifa, was politisch weniger brisant wäre, oder in Tel Aviv. Nein, Gott macht diese Landzusage in Sichem, im sogenannten besetzten Westjordanland.
Noch etwas: Wir haben gelesen, dass Abraham als Dank dort in Sichem einen Altar baute, um Gott für diese Verheißung zu danken. Er glaubte, dass Gott dies auch so ausführen würde. Nach biblischer, strenger Chronologie war das im Jahr 2036 vor Christus.
Hier sehen wir einige der Ruinen der alttestamentlichen Stadt Sichem. Sie befinden sich heute innerhalb der modernen Stadt Nablus und ihrer Vororte. Nun wird langsam klar, wie brisant das ist, denn Nablus ist eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland.
Diese Ruinen von Sichem wurden im 20. Jahrhundert ausgegraben. Besonders verdient gemacht hat sich Ernst Sellin, der 1913 ausgiebig hier gegraben hat – also kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Die Ausgrabungen wurden dann unterbrochen, doch in den folgenden zwanzig Jahren setzte er seine Arbeit hier fort.
Später beschrieb Sellin sein gesamtes Material ausführlich schriftlich, doch leider wurde dieses Material im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ernst Sellin war ein deutscher Archäologe. Andere Forscher haben die Arbeiten später weitergeführt und seine Forschungen fortgesetzt.
Hier sind wir jetzt unten bei den Ausgrabungen. Dieses Bild habe ich vom Berg Garizim aus mit Zoom aufgenommen. Nun gehen wir in die Ausgrabungen hinein. Man sieht hier den Bereich, wo die Terebinte Mores stand.
Wir wissen also genau, wo Abraham diese Landzusage erhalten hat und wo er den Altar gebaut hat. Im Nachhinein wurde hier eine Art Heiligtum errichtet. Die sogenannte Mauer 900, wie Sellin sie nannte, ist eine mächtige Mauer, die diesen Bezirk Abrahams abgrenzte.
Hier eine andere Ansicht: Nochmals ist die Mauer 900 zu sehen. In diesem heiligen Bereich stand der Altar Abrahams. Die Überreste stammen aus der mittleren Bronzezeit IIa, also aus der Zeit zwischen 2000 und 1750 vor Christus.
Diese Tempelanlage wurde gebaut, nachdem Abraham den Altar errichtet hatte. Nun sehen wir also, dass das biblische Sichem heute Nablus und seine Vororte umfasst. Diese große Stadt liegt zwischen dem Berg Garizim und dem Ebal.
Schon im Altertum war dies eine wichtige Passstraße, die zwischen diesen beiden Bergen hindurchführte. Heute leben hier etwa 146.000 Palästinenser. Im gesamten Distrikt Nablus sind es mehr als 200.000.
Im Distrikt Nablus gibt es zudem 14 israelische Siedlungen. Nach dem Willen der UNO und der Weltgemeinschaft darf es im Westjordanland keine jüdischen Siedlungen geben. Diese werden als Verstoß gegen internationales Recht betrachtet.
Politische Situation im Westjordanland und persönliche Erfahrungen
Im Zuge der Oslo-Verträge von 1996 wurde das Westjordanland in drei verschiedene Zonen aufgeteilt: Zone A, B und C. Die Zone A umfasst Gebiete, die Israel vollständig in palästinensische Autonomie und Selbstverwaltung übergeben hat. Nablus gehört beispielsweise zu Zone A.
Man muss sehr vorsichtig sein, wenn man mit dem Auto durch das Westjordanland fährt. Ein Beispiel ist die Straße Nummer 60 von Jerusalem nach Shiloh und dann weiter nach Sichem. Diese Straße wird heute von der Armee gesichert. Sobald man jedoch davon abweicht und in einzelne Dörfer hineinfährt, trifft man an der Straße, bevor man ins Dorf gelangt, häufig auf eine rote Tafel. Darauf steht eindeutig: "This road leads to area A." Diese Straße führt in die Zone A unter palästinensischer Selbstverwaltung.
Weiter heißt es: "The entrance for Israeli citizens is forbidden." Der Eintritt für israelische Bürger ist verboten. "Dangerous to your lives and is against the Israeli law." Es gefährdet ihr Leben und verstößt gegen israelisches Gesetz. Diese Orte sind also, um einen Ausdruck der Nazis zu verwenden, judenrein.
Davon hört man in den Medien kaum etwas. Stattdessen wird immer wieder behauptet, Israel betreibe Apartheidpolitik. Doch in den arabischen Dörfern innerhalb Israels gibt es keine solchen Warnschilder. Araber dürfen in alle jüdischen Dörfer hineingehen. Dort gibt es keine roten Tafeln, die Araber davor warnen, dass sie möglicherweise nicht mehr lebend herauskommen. So ist die Realität vor Ort.
Aus diesem Grund habe ich in den vergangenen Jahren diese Gebiete gemieden wie die Katze den heißen Brei. Nun war es mir jedoch wichtig, nach Nablus zu kommen. Im vergangenen April bin ich deshalb zusammen mit meiner Frau und einem palästinensischen Führer aus Bethlehem in das Gebiet gefahren. Wir hatten ein palästinensisches Nummernschild, um durch die Zonen zu gelangen. Ganz ohne Probleme war es jedoch nicht, denn in Israel werde ich immer wieder gefragt: Sind Sie Rabbiner? In Zone A hingegen fragen die Leute nicht nach dem Schweizer Pass, sondern nach anderen Dingen.
Hier sieht man noch den Eingang zu den Ausgrabungen des alten Sichem, dem sogenannten Tel Balata. "Tel" bedeutet auf Arabisch und Hebräisch "Zivilisationsschutthügel".
Man erkennt dort die Aufschrift "State of Palestine", also Staat Palästina. Obwohl völkerrechtlich noch nicht eindeutig geklärt ist, ob es überhaupt einen Staat Palästina gibt, steht diese Bezeichnung an dem Ort, an dem Gott gesagt hat: "Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben."
Der Bundesschluss mit Abraham und seine Bedeutung
Aus Galater 3,17 erfahren wir, dass das, was hier in Sichem geschehen ist, mit einem Bundesschluss in 1. Mose 12 zusammenhängt. Gott hat mit Abraham einen Bund geschlossen. In Galater 3,17 heißt es, dass 430 Jahre später Gott mit Israel den Bund am Sinai geschlossen hat. Dieser später geschlossene Bund hat den ersten Bund mit Abraham nicht ungültig gemacht.
Wenn man chronologisch die Bibel betrachtet, liegen 430 Jahre genau zwischen dem Bundesschluss mit Abraham und dem Auszug aus Ägypten sowie dem Bundesschluss am Sinai. Das Jahr 1606 ist genau das Jahr des Auszugs und des Bundes am Sinai.
In Sichem hat Gott den Bund mit Abraham geschlossen. Dieser Bund wurde immer wieder bestätigt, wie Galater 3,17 ebenfalls aussagt. In 1. Mose 12,6 wurde der Bund mit Abraham gemacht. In den Kapiteln 13, 14 bis 18 wurde er Abraham gegenüber nochmals bestätigt. Auch in Kapitel 15 und Kapitel 17, wo die Beschneidung hinzugefügt wird, sowie in Kapitel 22,16-18 bei der Opferung Isaaks, wird der Bund bekräftigt. Dort wird verheißen, dass alle Völker durch den Nachkommen Abrahams, den Messias, gesegnet werden sollen.
In Kapitel 26,3-5 und 24 finden wir die Bestätigung dieses Bundes gegenüber Isaak. Der Bund wurde nicht mit Ismael, einem weiteren Sohn Abrahams, geschlossen, sondern ausdrücklich nur mit der Linie Isaaks. Das wird auch in 1. Mose 17 deutlich gesagt. Ismael ist ausgeschlossen.
Daher wird in Kapitel 26 der Bund nochmals ausdrücklich Isaak gegenüber bestätigt. In Kapitel 28,13 und folgenden sowie in Kapitel 35,9 und folgenden wird der Bund gegenüber Jakob bestätigt. Die Erzväter waren Abraham, Isaak und Jakob. Jakob hatte zwölf Söhne, die die Väter der zwölf späteren Stämme Israels wurden.
Grundlegende Inhalte des Bundes und seine Einseitigkeit
Und nun zu wichtigen, grundlegenden Inhalten dieses Bundes:
Der Messias wird von Abraham, Isaak und Jakob abstammen. Er wird aus dem Volk Israel hervorgehen und ein Segen für die ganze Welt sein. Es steht nicht, dass er für alle Menschen sein wird, aber es heißt, dass er für alle Geschlechter oder auch für alle Stämme sein wird.
Tatsächlich sagt das Neue Testament, dass Menschen aus allen Nationen, allen Völkern und aus allen Stämmen und Sprachen gerettet werden. Nirgends steht in der Bibel, dass alle Menschen automatisch gerettet werden. Nur diejenigen, die sich bekehren, ihre persönliche Schuld Gott im Gebet bekennen, bereuen und das Opfer von Jesus Christus in Anspruch nehmen, können gerettet werden.
So heißt es in Johannes 3,16: Gott hat die Welt geliebt und seinen einzigen Sohn gegeben, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Es gibt also keine automatische Errettung der Welt. Jeder einzelne Mensch muss sich bekehren und an den Sohn Gottes glauben.
Darum sagt die Bibel, dass der Messias ein Segen für alle Stämme der Welt sein wird. Es gibt etwa zweihundert Nationen, aber etwa zehntausend Völker und noch mehr Stämme. Aus allen Stämmen und Sprachen werden Menschen gerettet. Heute zählen wir etwa sechs verschiedene Sprachen ohne Dialekte. Manchmal haben nur ganz kleine Minderheitsgruppen eine eigene Sprache.
Weiter ist festzuhalten: Dieser Bund mit Abraham war ein einseitiger Bund. Das werde ich gleich noch im Detail erklären. Es war ein ewiger Bund, wie es in 1. Mose 17,8 heißt. Er ist zeitlich nicht begrenzt, und das bestätigt auch das Neue Testament.
Die Landverheißung umfasst das ganze Land Kanaan, wie in 1. Mose 17,8 beschrieben. Dazu gehört auch das Westjordanland und noch mehr. In 1. Mose 15,18 heißt es, dass das Land vom Nil bis zum Euphrat reicht.
Das Ritual des einseitigen Bundes und seine Bedeutung
Jetzt schauen wir uns das genauer an: Es war ein einseitiger Bund. In Kapitel 15 wird dieser Bund aus Kapitel 12 bestätigt. Gott sagt zu Abraham, er solle eine junge Kuh, eine Ziege, ein Schaf und eine Taube nehmen. Diese Tiere soll er schlachten und in zwei gleiche Hälften zerschneiden. Anschließend legt er die Stücke so auf den Boden, dass jeweils zwei entsprechende Teile einander gegenüberliegen, dazwischen eine „Straße“.
Wer die Kultur des Alten Orients kennt, weiß, dass dies das übliche Ritual für einen Bundesschluss war. Im Nahen Osten des zweiten Jahrtausends vor Christus war es weit verbreitet. Zum Beispiel schloss ein König einen Bund mit einem Vasallen, einem Unterkönig oder Unterfürsten. Das Ritual verlief so: Tiere wurden geschlachtet und bildeten eine Bundesstraße – nicht eine Autobahn, sondern eine symbolische „Straße“. Dann wurde die Abmachung laut verlesen. Danach mussten beide Parteien zwischen den Opferstücken hindurchgehen.
Hier sieht man übrigens, wie Abraham die Geier vertrieb, die diese Opferstücke fressen wollten. Im Fall von Abraham war es jedoch anders. Nicht beide Parteien gingen hindurch, wie es sonst üblich war. Damit sagten die Parteien: Wenn wir uns nicht an die Abmachung halten, soll dasselbe mit uns geschehen wie mit diesen Tieren. Das ist eine sehr deutliche Aussage.
Erster Mose 15 berichtet, dass Abraham in einen tiefen Schlaf fiel. Im Hebräischen ist das dasselbe Wort wie in 1. Mose 2, als Gott Adam in einen Narkoseschlaf versetzte, um ihm eine Rippe zu entnehmen – schmerzlos und ohne bleibende Verletzung. Also fällt Abraham in einen Tiefschlaf. Dann heißt es, dass eine Feuerflamme zwischen den Opferstücken hindurchging.
Es wird gesagt: „Damals, an jenem Tag, hat der Herr mit Abraham den Bund geschlossen.“ Das bedeutet, dass nur eine Partei alle Verantwortung übernimmt, damit die Zusagen in diesem Bund erfüllt werden. Mit anderen Worten: Die Erfüllung hängt nicht von Abraham oder seinen Nachkommen ab, nicht von ihrem Verhalten. Gott übernimmt alle Garantien.
Auf der Karte sehen wir den Nil und den Euphrat. Das gesamte Land dazwischen wurde Abraham und seinen Nachkommen zugesagt. Dazu gehören auch die Sinai-Halbinsel, der Gazastreifen, das Westjordanland, die Golanhöhen und noch mehr – auch Gebiete im heutigen Libanon, Syrien und Jordanien.
Nun wird deutlich: Die UNO und die Bibel passen nicht zusammen. Das ist ein Konflikt, eine Inkompatibilität. Denn die UNO sagt, die Juden hätten im Westjordanland jedenfalls nichts zu suchen.
Die Balfour-Erklärung und das Mandat Palästina
Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es einmal die Balfour-Erklärung gab. Diese wurde von der englischen Regierung herausgegeben und war ein Versprechen an die Juden während des Ersten Weltkrieges. England erklärte, sich dafür einzusetzen, in Palästina eine nationale jüdische Heimstätte zu schaffen.
Die Juden hatten seit fast 2000 Jahren keinen eigenen Staat mehr. Sie waren über alle Völker zerstreut und hatten keine Heimat. Nun, im Ersten Weltkrieg, hatten England und Frankreich gemeinsam das Osmanische Reich, das den gesamten Nahen Osten beherrschte, besiegt. Am Ende des Krieges wurde das Osmanische Reich aufgelöst.
Bereits während des Krieges kam diese Erklärung an die Juden heraus. Ich lese kurz daraus: Here is Majesty's Government. „You will favour the establishment in Palestine of a national home for the Jewish people and will use their best endeavours to facilitate the achievement of this object.“ Die königliche Regierung betrachtet es mit Wohlwollen, dass in Palästina eine nationale jüdische Heimstätte errichtet werde und wird sich nach ihren Möglichkeiten dafür einsetzen, damit dieses Ziel auch erreicht werden kann.
Nun, das war natürlich keine völkerrechtlich verbindliche Erklärung – die Balfour-Erklärung an sich nicht. Aber nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Völkerbund gegründet, der Vorgänger der UNO. Der Völkerbund sollte verhindern, dass jemals wieder ein Weltkrieg geschehen würde.
Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg in der gesamten Menschheitsgeschichte, bei dem alle fünf Kontinente betroffen waren. Doch man wollte, dass so etwas nie mehr passiert. Deshalb gründete man den Völkerbund.
Der Völkerbund übernahm die Balfour-Erklärung und machte daraus internationales Recht. Er übertrug England das Mandat, also den Auftrag, für Palästina zu sorgen. England sollte dafür sorgen, dass Palästina eine gute Zukunft bekommt.
Man muss wissen, dass das Palästinamandat das gesamte Gebiet Palästinas umfasste. Das heißt, das heutige Land Israel, inklusive Gazastreifen und Westjordanland, sowie das heutige Jordanien. Alle Menschen in diesem Gebiet hießen Palästinenser, egal ob Juden oder Araber.
Es gab damals nicht den Begriff eines palästinensischen Volkes der Araber. Das gab es nicht. Palästinenser waren einfach Bewohner von Palästina, egal ob Juden oder Araber. Alle erhielten in diesem Gebiet eine Identitätskarte von den Engländern, auf der Palästina stand. Bei allen Juden stand ebenfalls Palästina.
Man wusste also, dass alle Juden im Land damals Palästinenser waren, genauso wie die Araber. Doch dann sagten sich die Engländer nach dem Krieg: Wir wollen nicht nur für die Juden eine nationale Heimstätte in Palästina schaffen, sondern auch für die arabischen Palästinenser.
So wurde 1921 alles östlich des Jordans abgeschnitten. Dieses Gebiet wurde den palästinensischen Arabern übergeben – 77 Prozent von Palästina. Zuerst nannte man es Transjordanien, und 1946 wurde es unabhängig. So entstand der unabhängige Staat Jordanien als der große ostpalästinensische Staat.
Seitdem gibt es also einen Palästinenserstaat. Man darf nicht denken, die Araber hier seien andere Araber als auf der anderen Seite. Das waren alles Palästinenser. Heute haben die Palästinenser einen Staat mit 77 Prozent von Palästina. Das ist nicht schlecht, da könnte man eigentlich zufrieden sein.
Der Teilungsplan der UNO und der Unabhängigkeitskrieg Israels
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Völkerbund aufgelöst, da er nicht in der Lage war, einen weiteren Weltkrieg zu verhindern. Deshalb musste eine bessere Organisation geschaffen werden. So wurde die UNO gegründet. Eine der ersten Sitzungen der UNO fand im November 1947 statt. Dort stimmte die Mehrheit der Mitglieder dafür, dass die Juden einen Staat in Palästina gründen können.
Diese Abstimmung wurde als zweiter Teilungsplan für Palästina vorgestellt. Von den verbliebenen 23 Prozent des Gebietes sollten die Juden 12,6 Prozent erhalten. Das bedeutet, sie bekamen im Norden die dunklen Gebiete, zwei Landstreifen, und südlich von Beerscheba den größten Teil der Negev-Wüste. Aus dem restlichen Gebiet sollte später ein zweiter palästinensischer Staat für die Araber gegründet werden.
Die Juden akzeptierten diesen Plan wohl oder übel, denn sie wollten lieber dies als gar nichts. Die islamische Welt jedoch tobte und lehnte strikt ab. Es dürfe keinen Judenstaat geben, so die Meinung. Dabei kam es nicht darauf an, wie viele Quadratkilometer der Staat umfassen sollte, sondern gar kein Quadratkilometer dürfe an Juden fallen. Das islamische Gesetz, formuliert von Al-Mawardi im zwölften Jahrhundert auf Grundlage des Korans, besagt: Ein Gebiet, das einmal durch die Scharia, das islamische Recht, regiert wurde, darf niemals von Nichtmuslimen beherrscht werden. Juden und Christen könnten Untertanen in einem arabischen Gebiet sein, aber niemals selbst herrschen.
So wurde beschlossen, dass schließlich 87,4 Prozent des Gebietes den palästinensischen Arabern zufallen sollten, während 12,6 Prozent den Juden gehören sollten. Der Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 gegründet. Die Mehrheit hatte für den Teilungsplan gestimmt, unter dem Eindruck der Vernichtung von sechs Millionen Juden kurz zuvor im Zweiten Weltkrieg.
Die islamische Welt lehnte den Plan jedoch völlig ab. Deshalb kam es in der Nacht vom 14. auf den 15. Mai 1948 zum sogenannten Unabhängigkeitskrieg. Jordanien, Irak, Syrien, Libanon, Ägypten sowie Kontingente aus Saudi-Arabien und Jemen, zusammen mit einer aufgerüsteten palästinensischen Armee, eröffneten einen Vernichtungskrieg gegen Israel. Anfangs verfügte Israel kaum über schwere Waffen. Doch nach einem Jahr hatte Israel überlebt und ging als Sieger aus diesem Krieg hervor, trotz des Angriffs fast zehn Armeen.
Im Juli 1949 drängte die UNO auf einen Waffenstillstand. Der Krieg hatte jedoch auch negative Folgen für die Juden. Das Westjordanland wurde „judenrein“ gemacht. Die Araber töteten oder vertrieben die Juden aus diesem Gebiet, obwohl Juden dort seit Jahrhunderten, genauer gesagt seit über 2000 Jahren, gelebt hatten – auch in Hebron und Ostjerusalem.
Jordanien annektierte das Westjordanland 1950 zusammen mit Ostjerusalem und dem Tempelberg. Der Tempelberg wurde durch eine Mauer vom übrigen Jerusalem abgetrennt. Diese Annexion bedeutete nicht nur eine kriegerische Besetzung, sondern auch, dass das Gebiet nun als jordanisches Staatsgebiet galt. International wurde diese Annexion jedoch nicht anerkannt.
Die arabischen Palästinenser im Westjordanland erhielten jordanische Pässe. Jahre später erklärte Jordanien schließlich, auf die Annexion zu verzichten und den arabischen Palästinensern in diesem Gebiet die Möglichkeit zu geben, einen eigenen Staat zu gründen.
Die Araber hatten den Krieg verloren, doch sie rüsteten sich mit Hilfe der Sowjetunion und moderner Waffen auf. Sie sagten sich, wenn sie stark genug sind, würden sie Israel vernichten und die Juden ins Meer treiben.
Der Sechstagekrieg und die Bedeutung der Landeroberungen
Und so kam es zum Sechstagekrieg vom 5. bis 10. Juni 1967. Dies war der zweite Versuch, Israel vollständig zu vernichten. Genau das wurde gesagt, was prophetisch in Psalm 83, Vers 4 steht: „Kommt, lasst uns sie vertilgen, dass sie keine Nation mehr seien, dass nicht mehr gedacht werde des Namens Israel.“
Nach sechs Tagen waren alle arabischen Armeen besiegt. An allen drei Frontabschnitten herrschte Ruhe. Die Folgen waren folgende: Israel eroberte in diesen sechs Tagen die gesamte Sinai-Halbinsel, die zu Ägypten gehörte. Außerdem wurde der Gazastreifen erobert – dieser Landstreifen, den Ägypten bis dahin als ägyptisch betrachtete. Das war zwar international nicht anerkannt, weshalb ich es hier in Anführungszeichen gesetzt habe. Im Gegensatz zur Sinai-Halbinsel, die völkerrechtlich als ägyptisch galt.
Weiterhin eroberte Israel das gesamte Westjordanland und trennte es so von Jordanien ab – auch hier in Anführungszeichen, denn diese Annexion wurde völkerrechtlich nie anerkannt. Zudem wurden die Golanhöhen von Syrien weggenommen. Das war deshalb wichtig, weil von den Golanhöhen aus die Bewohner der Kibbuze in der Zeit vor dem Sechstagekrieg mit schweren Waffen beschossen wurden. Nun herrschte Ruhe.
Der Sinn dieser Landeroberungen war folgender: Die Sinai-Halbinsel und der Gazastreifen sollten als Schutz gegen die Gefahr durch Ägypten dienen. Die Golanhöhen waren ein Schutz gegen die Gefahr durch Syrien – und heute auch gegen die Gefahr durch den IS. Das Westjordanland sollte als Schutz gegen Jordanien dienen.
Dies war ein kleiner Exkurs, um die Bedeutung von Sichem im Westjordanland vor dem Hintergrund der heutigen weltpolitischen Situation besser verstehen zu können.
Der Bund am Sinai und das Gesetz als Spiegel der Sünde
Aber wir waren ja stehen geblieben beim Bund Gottes mit Abraham, der eindeutig ein einseitiger Bund war. Gott hat alle Verantwortung auf sich genommen. Die Feuerflamme, die Schechina, ging zwischen den Opferstücken hindurch, während Abraham schlief.
Die Nachkommen von Jakob zogen wegen einer großen Hungersnot im Nahen Osten als Großfamilie nach Ägypten hinab. Dort durften sie sich im östlichen Nildelta, in diesem fruchtbaren Gebiet, ansiedeln. Die Ägypter waren sehr großzügig und gewährten ihnen Asyl.
In 215 Jahren entwickelte sich aus der Großfamilie ein Volk. Das entspricht einem Bevölkerungswachstum, wie man es aus dem zwanzigsten Jahrhundert kennt, zum Beispiel in bestimmten Zeiten in Brasilien oder jüngst in Afghanistan. Die Bibel sagt tatsächlich in 2. Mose 1, dass die Israeliten sehr, sehr fruchtbar waren und sich stark vermehrten. So wurde in Ägypten Israel ein Volk.
Doch ein späterer Pharao war nicht mehr so großzügig wie der Pharao zur Zeit von Joseph. Er sah in den Israeliten eine militärische Gefahr und versklavte sie. Sie mussten Pitom und Ramses als Städte bauen.
In dieser Zeit wurde Mose geboren. Dann kamen die zehn Plagen über Ägypten, die das Reich zum Zusammenbruch brachten. So durfte Israel im Jahr 1606 vor Christus aus Ägypten ausziehen, aus Pithom und Ramsesstadt, durch das Rote Meer – auch Schilfmeer genannt – in die Sinaiwüste.
Das war ein ganz wichtiger Moment. Am Sinai, auf dem Weg ins verheißene Land, schloss Gott mit dem Volk einen Bund. Dieser Bund war zweiseitig. Gott gab die Zehn Gebote als Zusammenfassung der hunderten von Geboten, die man in den fünf Büchern Mose nachlesen kann, und zwar genau ab 2. Mose 19 und folgende.
Diese hunderten von Geboten regelten das ganze Alltagsleben und auch die Beziehung des Menschen, des Volkes, zu Gott. Dreimal hat Israel sich lautstark verpflichtet mit den Worten: „Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun.“ Das kann man in 2. Mose 19,8; 24,3 und 7 nachlesen.
Als Zeichen des Bundes bekam Mose zwei steinerne Tafeln mit den Zehn Geboten. Man muss sich das nicht so vorstellen, dass fünf Gebote auf einer Tafel und fünf auf der anderen standen, sondern zehn Gebote auf einer Tafel und zehn Gebote auf der anderen. Es war ja ein zweiseitiger Bund.
Das ist wie heute: Wenn wir einen Vertrag abschließen, braucht es doch zwei Exemplare, die Abmachungen in doppelter Ausführung. So wurden diese zwei Exemplare, diese zwei Tafeln, in die Bundeslade gelegt – die Bundeslade als Symbol dieses zweiseitigen Bundes.
In dieser Zeit wurde auch der transportable Tempel, die Stiftshütte, gebaut. Im Allerheiligsten war die Bundeslade, und in der Bundeslade das Zeichen des Bundes, der eben 430 Jahre nach dem Bund mit Abraham geschlossen worden war.
Aber nochmals erinnern wir uns: Galater 3,17 sagt, dass dieser Bund, der 430 Jahre später am Sinai geschlossen wurde, den früheren Bund mit Abraham, den einseitigen Bund, nicht aufgehoben hat. Jetzt gehen also diese beiden Bündnisse parallel weiter. Das ist sehr wichtig.
Während der 40-jährigen Wüstenwanderung am Sinai lernte Israel als Volk sich selbst kennen. Es war eine Zeit des Ungehorsams und häufiger Rebellionen gegen Gott. Dabei wurde deutlich, dass eigentlich niemand fähig ist, das Gesetz wirklich einzuhalten.
Das Gesetz erwies sich als ein Spiegel, der dem Menschen zeigt: Ihr seid Sünder, ihr seid gar nicht fähig, Gottes Gebote zu erfüllen. Beachtet mal: Immer wenn Gott sagt „Du sollst“, macht sich in uns ein Trieb bemerkbar, der genau das Gegenteil will. Wenn Gott sagt „Du sollst“, dann kommt der Drang: „Genau das will ich nicht.“
Woher kommt das? Die Tora, das Gesetz, ist ein Spiegel, der beweist, dass wir eine sündige Natur haben. Wie die Bibel in Römer 5,12 und folgende sagt, haben wir diese von Adam geerbt. Die Bibel beweist, dass wir Sünder sind, denn wir tun tatsächlich genau das Gegenteil von dem, was diese Gebote sagen.
Die Eroberung Kanaans und die Bedeutung von Ebal und Garizim
Am Ende der Wüstenwanderung
Als Israel in Moab ankam – das ist das Gebiet des heutigen Jordanien auf der anderen Seite des Jordans, direkt gegenüber von Jericho, nahe beim Toten Meer – hielt Mose dort seine acht Abschiedsreden. Diese sind alle im fünften Buch Mose in der Bibel aufgeschrieben.
Mose erklärt nochmals, wie man die Gebote vom Sinai auf die neue Situation im Land anwenden muss. In Kapitel 11 und auch in Kapitel 27 sagt Mose, dass die Israeliten, wenn sie über den Jordan hinübergehen, in das Gebiet des Berges Ebal und des Berges Garizim ziehen müssen.
Auf dem Berg Garizim sollen sie Israel segnen. Wenn Israel sich an das Gesetz hält, soll dieser Segen über sie kommen. Auf dem Berg Ebal hingegen sollen sie Israel verfluchen, das heißt den Fluch aussprechen, der über Israel kommt, falls sie die Gebote nicht einhalten.
In 5. Mose 28,64 finden wir einen der Flüche der Tora: „Und der Herr wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde.“ Was wird hier angekündigt? Es wird gesagt, dass Israel, wenn es sich nicht an den Bund vom Sinai hält, das verheißene Land verlieren und weltweit als heimatloses Volk zerstreut werden wird.
Das „Ende der Erde“ – wo ist das? Ganz einfach: Das sind die Teile des Festlandes, die am weitesten von Israel entfernt sind, zum Beispiel Tierra del Fuego in Südamerika. Tatsächlich wurden die Juden ab dem Jahr 17 nach Christus weltweit zerstreut – von Chile und Argentinien bis nach China, Thailand und den Philippinen. Und von Kanada und den USA bis nach Australien und Neuseeland sowie von Norwegen, Schweden und Finnland bis nach Südafrika. Es ist wirklich so gekommen, wie Mose es angekündigt hat.
Doch wir müssen wissen: Galater 3,17 macht klar, dass der Bund vom Sinai den einseitigen Bund von Abraham nicht aufgehoben hat. Das muss uns immer im Gedächtnis bleiben.
Mose starb und wurde begraben noch auf der anderen Seite des Jordans. Danach ging Joshua als neuer Volksführer mit dem Volk über den Jordan. Die erste Festung, die Israel entgegengestellt wurde, war Jericho. Die Geschichte kennen wir aus Joshua 6: Die Mauern fielen herunter und bildeten eine Rampe, so dass die Israeliten rundherum hinaufsteigen und die Stadt erobern und verbrennen konnten.
Nach strenger biblischer Chronologie geschah dies 1566 v. Chr. Dort begannen die Eroberungen unter Joshua bis 1560 v. Chr. Die Mauern von Jericho werden in der säkularen Archäologie auf circa 1550 v. Chr. datiert.
Hier sehen wir den unteren Teil der Mauer und daneben die riesige Tonziegelmauer, die oben auf den Steinen stand und nach außen heruntergefallen ist. Man sieht die untere Mauer und die heruntergefallenen Tonziegel, die eine etwa sechs Meter hohe Mauer umfassten. Interessant ist, wie die säkulare Archäologie und ihre Datierung im zweiten Jahrtausend vor Christus wunderbar mit der strengen Chronologie übereinstimmen.
Die Bibel beschreibt in Joshua 6 und 7, wie Jericho erobert wurde. Die nächste Stadt war Ai, bereits im Gebirgsland des Westjordanlandes. Übrigens gehört auch Jericho zum Westjordanland.
In dieser Zeit zog das gesamte Volk Israel nach Norden, über das ganze Gebiet des Westjordanlandes hinweg, zum Garizim und zum Ebal. Auf dem Bild sieht man sehr schön den Berg Ebal und den Garizim. Dazwischen liegt Sichem, heute Nablus. Dieser Ort hat phantastische akustische Eigenschaften, fast wie ein Theater.
Mose hatte schon in 5. Mose 11 und 27 gesagt, dass die Israeliten in der Talmitte die Bundeslade aufstellen mussten. Diese war natürlich mit einem blauen Tuch aus blauem Purpur bedeckt, denn niemand durfte die Bundeslade sehen, wenn sie nicht im Allerheiligsten war.
Daneben standen die Priester, und neben ihnen sechs Stämme, auf der anderen Seite sechs weitere Stämme entlang des Gebirges und dann die Abhänge hinauf. Die sechs Stämme auf dem Garizim mussten Israel segnen. Israel wird von Gott gesegnet, wenn das Volk auf die Bibel hört und die Gebote einhält.
Auf der anderen Seite, auf dem Ebal, mussten die sechs Stämme Israel verfluchen, falls sie sich nicht daran hielten. Auffällig ist, dass der Ebal 940 Meter hoch ist, der Garizim nur 881 Meter. Der Berg des Fluches ist also höher als der Berg des Segens.
Wenn man zum Beispiel Kapitel 28 im fünften Buch Mose betrachtet, behandeln die ersten 14 Verse den Segen, die Verse 15 bis 68 den Fluch. Das Verhältnis spiegelt sich also auch in der Höhe der Berge wider.
Israel hat diesen Bund angenommen und sich ihm unterstellt.
Im fünften Buch Mose finden wir ein zentrales und sehr wichtiges Gebot: die Ankündigung, dass der Messias als großer Prophet kommen wird. In 5. Mose 18,15 heißt es: „Einen Propheten aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, gleich mir, wird der Herr, dein Gott, dir erwecken; auf ihn sollt ihr hören.“
Mose war ein Prophet und gab die ersten Bücher der Bibel. Er war auch Priester und durfte jeden Tag ins Allerheiligste hineingehen. Der Hohepriester Aaron durfte dies nur einmal im Jahr mit Opfern. Als alleiniger Oberführer Israels war Mose zudem eine Art König.
Der Messias sollte also ein Prophet sein wie Mose – also König, Priester und Prophet in einer Person.
Weiter heißt es in Vers 18: „Einen Propheten gleich dir will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erwecken“, sagt Gott, „und ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen reden alles, was ich ihm gebieten werde. Und es wird geschehen: Der Mann, der nicht hört auf meine Worte, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich es fordern.“
Israel wurde also gewarnt: Wenn der Messias kommt, müsst ihr alle auf ihn hören. Wenn ihr nicht hört, wird Gott es fordern, indem er einen Fluch über Israel bringt.
Noch kurz zu 5. Mose 27,26: Dort wird erwähnt, wie die Leviten zwölf spezielle Flüche aussprechen mussten. Das ganze Volk, also alle zwölf Stämme, mussten dann laut „Amen“ sagen – Männer und Frauen, alle.
In 5. Mose 27,26 heißt es: „Verflucht sei, wer nicht aufrecht hält die Worte dieses Gesetzes, sie zu tun!“ Und das ganze Volk sagte: „Amen, so sei es!“
Israel hat also diesen Fluch mit „Amen“ anerkannt.
Doch was bedeutet das? Wer ein Gebot der Tora bricht, steht automatisch unter dem Fluch. So brachte das Gesetz, die Tora, automatisch jeden, der unter diesem Bund stand, unter den Fluch Gottes.
Was kann man da noch zu hoffen haben? Das werde ich gleich nach der Pause erklären.
Der Altar auf dem Ebal und die Hoffnung auf Erlösung
Wir sind vor der Pause bei dem Dilemma des Bundes vom Sinai stehen geblieben. Jeder, der sich unter diesen Bund stellt, kommt automatisch unter den Fluch Gottes. Das wird auch in Galater 3 ganz eindrücklich dargestellt.
Nun stellt sich die Frage: Gibt es einen Ausweg aus diesem Dilemma?
Das Schöne ist, dass in 5. Mose 27, ausgerechnet in dem gleichen Kapitel, das so deutlich macht, dass Israel automatisch unter dem Fluch steht, gesagt wird: Wenn ihr ins Land kommt, sollt ihr auf dem Berg Ebal einen Altar bauen.
Die Erfüllung davon zeigt sich nach Jericho und Ai. Das Volk zog nach Norden und führte das mit dem Segen und dem Fluch auf Ebal und Garizim durch. Der Bibeltext berichtet, dass damals Joshua auch einen Altar auf dem Ebal gebaut hat.
Dieser Altar wurde vor wenigen Jahren entdeckt, und zwar von Adam Zertal. Er ist ein israelischer Archäologe, der in den 1980er Jahren diesen Altar gefunden hat. Zertal war ursprünglich Atheist und Kibuznik, doch diese Entdeckung hat sein Leben revolutioniert. Heute hat er eine ganz andere Haltung zur Bibel, die sich durch seine eigene archäologische Arbeit entwickelt hat.
Betrachtet man diesen Altar, fällt eine Rampe auf – keine Stufen, sondern eine Rampe. Das entspricht genau der Vorschrift in 2. Mose 20. Israel darf keinen Altar mit Treppen bauen. Dies steht im Gegensatz zu den kananitischen Tempeln. Dort gibt es beispielsweise in Megiddo einen runden Altar mit Stufen nach oben.
Israel durfte keine Stufen verwenden, weil in 2. Mose 20 gesagt wird: Wenn ein Priester hinaufsteigt, soll man nicht das Fleisch seiner Beine sehen. Der Grund dafür ist, dass dies einen Kontrast zum kananitischen Kult darstellen sollte. Der Kult der Kananiter war immer mit Prostitution verbunden.
Damit beim Gottesdienst der Israeliten keine Anspielung auf diesen abscheulichen Kult entsteht, sollten die Priester über eine Rampe hinaufsteigen.
2. Mose 20 schreibt außerdem vor, dass die Steine unbehaun sein müssen. Es darf kein Eisenwerkzeug verwendet werden, um diese Steine zu bearbeiten. Hier sieht man, dass alle Steine unbehaun und natürlich sind.
Die Rabbiner haben später erklärt, dass Eisen in Kriegen eingesetzt wird, um Menschen zu töten. Der Altar hingegen ist die Quelle des Lebens. Deshalb sollen die Altarsteine nicht mit Eisen bearbeitet werden, dem Mittel, mit dem so viele Menschen getötet werden.
Der Altar besitzt außerdem eine Rundlauframpe auf einer Erhöhung. Das entspricht ebenfalls den Altarbeschreibungen in der Bibel.
All dies macht ganz deutlich: Das ist ein israelitischer Altar.
Man hat etwa dreitausend Knochen und viel Asche gefunden. Unter den Knochen waren keine unreinen Tiere, sondern nur koschere, vor allem Schafe und Ziegen. Die Philister schlachteten Schweine und andere unreine Tiere.
So lässt sich auch erkennen, ob es sich um einen kananitischen Altar handelt. Da dieser Altar den Reinheitsvorschriften aus 3. Mose 11 entspricht, wird klar: Das ist wirklich der Altar von Joshua.
Hier haben wir eine kleine Andeutung, dass es Hoffnung gibt für die, die unter dem Fluch stehen. Diese Hoffnung besteht durch das Opfer, das stellvertretend gebracht wird.
In Jesaja 53 wird angekündigt, dass der Messias kommen wird. Er wird wie ein Opfertier zur Schlachtbank geführt werden. Er wird sterben – der Gerechte für die Ungerechten –, um uns zu Gott zu führen. Er wird unsere Sünden auf sich laden.
Das ist der Hinweis: Das Gesetz sollte die Menschen auf die Notwendigkeit eines Erlösers vorbereiten, der für unsere Sünden stirbt.
Darum ist dieser Altar auf dem Ebal so interessant – nicht auf dem Garizim, sondern auf dem Ebal, dem Berg des Fluches.
Das Land wurde nach und nach unter Joshua erobert. In Shiloh wurde die Stiftshütte aufgestellt (Joshua 18). Diese lag übrigens auch inmitten des Westjordanlandes.
Die Mauern, die die Stiftshütte umgaben, sind in Shiloh heute noch zu sehen.
Archäologische Funde in Sichem und die Richterzeit
Jetzt gehen wir weiter nördlich nach Sichem. Wenn man in der archäologischen Fachliteratur nachliest, findet man bei den Ausgrabungen in der mittleren Bronzezeit IIb sehr deutliche Zerstörungsspuren in Sichem. Diese datieren etwa auf das Jahr 1550 v. Chr.
Das entspricht genau der Zeit von Josua. In dieser Zeit wurde auch der kanaanitische Tempel hier zerstört. Der Tempel hatte fünf Meter dicke Mauern und war eine richtige Festung. Man sieht hier auch die Festungsmauern von Sichem aus der Zeit von 1650 bis 1550 v. Chr. Dann kam die Zerstörung. Das war also die Stadt, die Josua erobert hatte.
Hier sieht man das Stadttor, das Nordwesttor von Sichem, das ebenfalls um 1550 zerstört wurde. Nun sieht man eine Übersicht, auf der die Überreste der Mauern zu erkennen sind, die Josua zerstört oder überwunden hat. Hier ist das Nordwesttor, und hier der massive Tempel. Vor dem Tempel befindet sich eine Steinaufschüttung mit einem Denkmal. Dieses Denkmal wurde später in einen heiligen Bereich eingefügt. Das ist wieder die Mauer aus dem Jahr 900 v. Chr., in diesem heiligen Bereich hatte Abraham seinen Altar.
Ganz am Ende seines Lebens versammelte Josua schließlich alle zwölf Stämme zum Landtag in Sichem. Das ist nicht dasselbe wie die Verkündigung von Segen und Fluch, die noch zu Beginn auf Ebal und Garizim stattfand. Nach sechs Jahren der Landnahme versammelt Josua also alle Stämme in Sichem. Diesen Landtag werden wir gleich näher betrachten.
An diesem Landtag sagt Josua nochmals deutlich: Ihr müsst euch an das Gesetz Mose halten, sonst werdet ihr die Konsequenzen tragen müssen. Ihr müsst euch heute entscheiden, welchen Göttern ihr dienen wollt: den Göttern, denen Abraham in Ur und Chaldäa gedient hat – das waren sumerische Götter –, oder den ägyptischen Göttern, denen die Israeliten in Ägypten tatsächlich gedient hatten, oder den Göttern der Kanaaniter und Amoriter in diesem Land.
Dann sagt Josua: „Ich aber und mein Haus, wir werden dem Herrn dienen.“ Und das ganze Volk antwortet: „Das wollen wir genau so.“ Am Schluss dieser Rede, in der der Bund vom Sinai nochmals in Sichem bestätigt wurde, lesen wir in Josua 24,26:
„Und Josua schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes, das Buch des Gesetzes Gottes. Und er nahm einen großen Stein und richtete ihn dort auf, unter der Terebinthe, die bei dem Heiligtum des Herrn steht. Und Josua sprach zu dem ganzen Volk: Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein, denn er hat alle Worte des Herrn gehört, die er mit uns geredet hat, und er soll Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet.“
Hier wird also gesagt, dass dieser Stein unter der Terebinthe aufgerichtet wurde, die bei dem Heiligtum des Herrn steht. Das heißt, dieser Stein wurde am gleichen Ort aufgestellt, wo die Terebinthe von More stand, wo Abraham seinen Altar gebaut hatte. Diese Stelle macht also klar: Der Stein gehört an denselben Ort wie der Altar.
Ich werde gleich noch zeigen, dass dieser Stein tatsächlich in Sichem zu finden ist. Aber merken wir uns schon einmal: An diesem Ort kommen zwei Bündnisse zusammen. Der Altar von Abraham steht für den einseitigen Bund, man kann auch sagen den Gnadenbund. Der Stein von Josua bei der Terebinthe steht für den Sinai-Bund, den Bund der Verantwortung des Menschen, den Bund des Fluches.
Dieser Stein soll Zeugnis ablegen gegen Israel. Er soll sagen: Seht her, wenn ihr das Wort nicht befolgt und den Messias ablehnt, werdet ihr das Land verlieren.
Noch einmal zur Übersicht: Das ist der heilige Bereich aus früherer Zeit, wo Abraham bei der Terebinthe seinen Altar baute. Später bauten die Kanaaniter diesen Festungstempel hinein. Josua zerstörte diesen Festungstempel und stellte den Stein bei der Terebinthe auf.
Es wird gleich noch klarer werden. Hier sieht man gut den zerstörten Tempel und den Stein auf der Auffüllung oben, innerhalb des alten Heiligtums. Dort heißt es ja, dass Josua ihn „unter der Terebinthe, die bei dem Heiligtum des Herrn steht“, aufrichtete.
Also muss dort ein Heiligtum gewesen sein. Abraham hatte nur einen Altar gebaut, aber später wurde ein Heiligtum darum herum errichtet. Das ist nicht die Stiftshütte, denn die Stiftshütte war in Silo.
Dieser Stein muss also in diesem Heiligtumsbereich von Sichem stehen, und genau dort befindet er sich.
Die Zeit der Richter und der Baal-Berit-Tempel
Aber es wird noch klarer werden. Joshua starb, und nach einigen Jahren begann die Richterzeit, vierzehn Jahre nach seinem Tod. Die Richterzeit von 450 Jahren war eine Zeit des ständigen Abfalls von Gott. Die Israeliten begannen, die Götter der Kananiter zu übernehmen.
In einer dieser Abfallgeschichten im Buch der Richter lesen wir von einem gewissen Abimelech, einem Sohn von Gideon, der zum Rebell wurde. Er ließ alle seine siebzig Brüder umbringen. Das Geld für die Mörder holte er aus dem Tempel des Ba'al-Berit in Sichem. Dieses Tempelgebäude wurde, wie die Spuren zeigen, später nach dieser Zerstörung wieder aufgebaut.
Der Tempel Ba'al-Berit wird in Richter 9, Vers 4 erwähnt: „Und sie gaben ihm siebzig Schekel Silber aus dem Hause Ba'al-Berit, und Abimelech diente damit losen und übermütigen Männern, und sie folgten ihm nach.“ So wurden die siebzig Söhne umgebracht, außer einem, Jotham, der fliehen konnte.
Nun sehen wir, dass dieser Ba'al-Berit-Tempel zur rechten Zeit wieder aufgebaut war. Der Name heißt Baal, einer der höchsten Götter der Kananiter, und Brit bedeutet Bund – der Baal des Bundes. Man hat also an dem Ort, wo Gott den Bund mit Abraham geschlossen hatte und wo Joshua den Bund Gottes vom Sinai nochmals bestätigt hatte, diesen Bund mit dem Gott Baal in Verbindung gebracht. Quasi wurde der Bund mit Baal anstatt mit dem Herrn verknüpft.
Das ist ganz ähnlich wie beim goldenen Kalb. Nach dem Auszug aus Ägypten machten die Israeliten das goldene Kalb. Was sagten sie? „Morgen ist ein Fest dem Herrn, Jachwe.“ Das Kalb war der Apis-Stierkult aus Ägypten. Doch sie brachten es mit dem Herrn in Verbindung. Sie verbanden Apis, eine Erscheinung des Sonnengottes, mit dem Gott der Bibel. „Morgen ist ein Fest dem Herrn.“
Übrigens änderte sich damals auch die Musik. Es war nicht mehr der schöne Gesang nach dem Durchzug durchs Rote Meer, als die Israeliten das Lied der Erlösung sangen. Als Joshua das hörte, meinte er, das sei Kriegsmusik. Mose sagte hingegen: „Nein, das ist keine Kriegsmusik, das ist Wechselgesang.“
Doch was ist typisch für Kriegsmusik? Der stampfende Rhythmus, bei dem jeder Schlag ganz genau gleich bleibt. Damit brachten sie die Leute in Fahrt. So hatte sich die Musik damals geändert. Das zeigt, wie die Vermischung von Religionen geschah. Diese fand in der rechten Zeit ganz massiv statt.
Ich lese noch aus Richter 9, Vers 6: „Und alle Bürger von Sichem und das ganze Haus Millo versammelten sich und gingen hin und machten Abimelech zum König bei der Terrebinte des Denkmals, die zu Sichem ist.“
Hier sehen wir zwei Eliten aus Sichem: die Bürger von Sichem und die Leute vom Haus Millo. Millo bedeutet Aufschüttung. In Sichem gibt es eine massive Steinaufschüttung beim Ba'al-Berit-Tempel inmitten des alten Heiligtums. Dort war die Elite ansässig. Die Leute, die dort wohnten, gehörten zum Haus Millo, dem Haus der Steinauffüllung.
Diese machten Abimelech zum König in Sichem – und zwar bei der Terrebinte. Die Terrebinte ist der Ort, an dem Abraham seinen Altar gebaut hatte (1. Mose 12,7), bei der Terrebinte Mores. Hier wird auch ein Denkmal erwähnt. Natürlich ist das das Denkmal, das Joshua aufgestellt hatte und das dann für den Ba'al-Berit-Tempel missbraucht wurde.
So bringen diese Stellen alles zusammen, sodass man das eine mit dem anderen gleichsetzen kann: Wo war der Ort von Abraham, wo war der Ort des Ba'al-Berit-Tempels, wo war der Stein von Joshua?
Hier noch eine Ansicht von hinten von diesem Ba'al-Berit-Tempel. Ebenfalls sieht man das Osttor aus der Richterzeit.
In der archäologischen Literatur wird berichtet, dass Sichem um circa 1300 v. Chr. wieder zerstört wurde. Genau das lesen wir in Richter 9, wie Abimelech schließlich die ganze Stadt Sichem verwüstete. Auch hier stimmt die Chronologie genau überein, denn nach der strengen biblischen Chronologie lebte Abimelech um 1290 v. Chr. – das passt wunderbar!
Sichem wurde danach eine Zeit lang leicht besiedelt. Die archäologische Literatur sagt, dass es dann eine Neubesiedlung und einen Neuaufbau von Sichem um ca. 975 v. Chr. gab.
Das ist genau das, was die Bibel sagt: Nach der Richterzeit von 450 Jahren bis zu Samuel kam König Saul. Die Bibel sagt, vierzig Jahre danach kam König David, dann vierzig Jahre später König Salomo.
Weil Salomo sich vom wahren Gott abwandte und so den Fluch des Gesetzes auf sich und Israel brachte, kam es nach seinem Tod zu einer Spaltung. Das zwölfstämmige Volk spaltete sich in zehn Stämme im Norden und zwei Stämme im Süden.
Die Spaltung fand nach strenger biblischer Chronologie 976 v. Chr. statt – und nicht, wie manchmal gelesen wird, bei der weniger strengen Chronologie, die gewisse Zahlen als irrtümlich ansieht, nämlich 930 v. Chr.
Das Nordreich Israel und die Samariter
Und jetzt kommt der Hammer: Die Bibel sagt, der erste König im Nordreich war Jerobeam I. Jerobeam baute Sichem wieder auf und machte es zu seiner Königsstadt. Sichem war die erste Königsstadt der zehn Stämme, und zwar ab circa 975 v. Chr. Das entspricht genau der historischen Tatsache.
Hier haben wir also das Nordreich der zehn Stämme mit der Hauptstadt Sichem. Im Gegensatz dazu steht das Südreich der Stämme Juda und Benjamin mit der Hauptstadt Jerusalem. Dort regierten die Nachkommen von König David.
Sichem wurde zur Königsstadt von Jerobeam I. Danach folgten im Nordreich insgesamt neunzehn Könige bis zum Jahr 721 v. Chr. Jerobeam ließ ein Höhenheiligtum in Dan ganz im Norden der zehn Stämme errichten und ein weiteres in Bethel im Süden des Nordreichs. Er sagte den Leuten: Geht ja nicht mehr nach Jerusalem hinauf zum Tempel zu den Festen. Er hatte Angst, dass sie sich später wieder mit dem Haus Davids vereinigen würden.
Jerobeam meinte, das sei viel zu weit für sie. Stattdessen könnten sie an den beiden neu errichteten Orten anbeten. Das Höhenheiligtum in Dan wurde archäologisch ausgegraben. Dort fand man das goldene Kalb von Jerobeam. In Bethel gab es ein weiteres goldenes Kalb. So verführte er die zehn Stämme zum Abfall von Gott.
Schließlich musste der Fluch eintreten: 722 v. Chr. kam es zum Untergang des Nordreiches. Die assyrische Armee eroberte das Nordreich, zerschlug es und deportierte die zehn Stämme nach Assyrien, ins heutige Nordirak.
In 5. Mose 28,25 lesen wir den ersten von drei Landverlustflüchen. Es gibt im Gesetz drei Landverlustflüche; hier ist der erste: „Der Herr wird dich schlagen vor deinen Feinden dahingeben, und du wirst ein Schrecken sein allen Königreichen der Erde.“ Das bedeutet, sie werden weggeführt und unter die Königreiche zerstreut. Das war die Wegführung der zehn Stämme, die nicht mehr zurückkehrten.
Heute beginnen zwar einige Reste, die sich noch zu den zehn Stämmen zählen, zurückzukehren. Doch in den weiteren Jahrtausenden gab es keine Wiederherstellung dieser Wegführung.
Die Assyrer führten nicht nur die Leute weg, sondern brachten auch andere Völker in das Gebiet des ehemaligen Nordreichs Israel, um es zu besiedeln. In 2. Könige 17 wird beschrieben, wie diese Völker deportiert und dort angesiedelt wurden. Sie vermischten sich mit den Überbleibseln der zehn Stämme, vor allem aus der Unterschicht, die nicht deportiert worden waren. Daraus entstand das Volk der Samariter.
Die Samariter übernahmen die fünf Bücher Mose, lehnten aber den Rest des Alten Testaments ab. Ihr Heiligtum bauten sie auf dem Berg Garizim, dem Berg des Segens. In den fünf Büchern Mose steht noch nichts von Jerusalem. Dort heißt es nur einundzwanzigmal: „An dem Ort, den der Herr erwählen wird, in einem eurer Stämme, dort sollt ihr eure Brandopfer darbringen.“
Erst unter David wurde durch prophetische Mitteilungen klargemacht, dass dieser auserwählte Ort aus dem fünften Buch Mose Jerusalem ist, genauer der Tempelberg Zion. Die Samariter sagen jedoch: Nein, das ist nicht Zion, sondern der Garizim, der Berg des Segens.
Tatsächlich gibt es etwa fünfundzwanzig Quellen auf dem Garizim. Der Berg ist ganz anders als der trockene Ebal. Wir wissen, wie der Herr Jesus in Johannes 4 der samaritischen Frau am Jakobsbrunnen bei Sichem begegnet ist. Die Frau sagte: „Ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg, dem Garizim, angebetet, und ihr sagt, dass in Jerusalem der Ort sei, wo man anbeten müsse.“ Sie erkannte in Jesus einen Propheten, der den Streit zwischen Juden und Samaritern klären könnte, wo der richtige Ort der Anbetung sei.
Diese Samariter gibt es heute noch, allerdings sind sie durch Kriege im Lauf der Geschichte stark dezimiert. Es gibt heute noch etwa siebenhundert Exemplare. Die Hälfte lebt auf dem Berg Garizim, die andere Hälfte in Cholon südlich von Tel Aviv. Sie heiraten immer nur untereinander. Dadurch sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung behindert, da die Gene durch die nahe Verwandtschaft geschwächt sind.
Sie leben also immer noch auf dem Garizim. Im April hatte ich ein Treffen dort. Zuerst hieß es, der Hohepriester würde uns empfangen, Miriam und mich. Als wir hingingen, war es jedoch nur der Bruder des Hohenpriesters, Jephet Kohen. Hier sieht man ihn mit der samaritanischen Tora-Rolle daneben.
Er erklärte uns, dass das der richtige Ort sei. Nach samaritanischer Ansicht wurde dort auch Isaak dargebracht, nicht bei Jerusalem. Moria, das ist der Garizim. Er erklärte auch, dass Bethel nicht dort unten sei, sondern auf dem Garizim.
Hier sind wir im Museum der Samariter, oben auf dem Garizim. Im Museum wird die Geschichte vom barmherzigen Samariter aus Lukas 10 mit Bildern vorgestellt. Die Samariter sind sehr stolz darauf, dass der Herr Jesus im Neuen Testament von ihnen spricht. Auch die Geschichte der Samariterin am Jakobsbrunnen (Johannes 4) wird thematisiert.
Außerdem wird die Geschichte von Philippus und der Erweckung in Samaria erwähnt (Apostelgeschichte 8), als viele Samariter zum Glauben an Jesus Christus kamen. Sie waren vorbereitet durch die fünf Bücher Mose. Die Samariter erwarteten auch den Messias, wie in 5. Mose 18,15 angekündigt: „Der Prophet.“ So bekehrten sich damals viele Samariter.
Ich habe Jephet, dessen Name wie der Sohn Noahs ist, mein Buch „Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel“ geschenkt. Es behandelt etwa zweihundert erfüllte Prophezeiungen aus dem Buch Daniel. Das Buch Daniel wird von den Samariten als Gottes Wort abgelehnt. Jephet erkannte jedoch die erfüllten Prophezeiungen, die in der richtigen Reihenfolge nachweislich in der Geschichte eingetroffen sind.
Im Buch wird zudem auf ein weiteres Buch verwiesen: „Der verheißene Erlöser“. Ich habe eine Widmung auf Hebräisch hineingeschrieben. Seine Assistentin im Museum, eine nette Muslimin, führt die Besucher durch das Museum. Sie sagt immer: „Die Samariter sagen so und so, aber nicht: So ist es.“ Die Assistentin nahm dann das Büchlein mit und verschwand. Ich wollte noch die Widmung machen, aber im Büro war sie am Pult und las das Büchlein.
Die Samariter-Mission ist also auch ein Thema. Man kann wirklich eine Brücke zum Neuen Testament schlagen.
Übrigens, hier sieht man eine Kirche aus dem 20. Jahrhundert. Dort befindet sich der Brunnen von Sichar, an dem der Herr Jesus der Samariterin begegnet ist. Ein Bild von dem Brunnen ist in der Sakristei der griechisch-orthodoxen Kirche zu sehen.
Vom Berg Garizim herab habe ich eine Übersicht fotografiert. Man sieht den Jakobsbrunnen, die Distanzen zum Josefsgrab, dessen Gebeine beim Auszug aus Ägypten mitgenommen wurden, sowie Sichem auf dem Feld, das Jakob gekauft hatte und wo Josef beigesetzt ist. Das Josefsgrab ist mit einer weißen Kuppel markant sichtbar.
Man sieht auch das alte Sichem mit den Ausgrabungen und dahinter die Ortschaft Askar. Es fällt auf, dass in den Namen die gleichen Konsonanten vorkommen wie in Sichar. Im Griechischen wird das „k“ ausgesprochen, sodass Sikar heute Askar entspricht.
Die Frau ging damals aus Sikar hinaus, um Wasser zu schöpfen. Sikar hat eine Quelle, aber sie wollte nicht unbedingt bei den Leuten sein. Sie nahm den Weg bis hierher auf sich, obwohl sie ganz nahe am alten Sichem war. Das alte Sichem war damals nicht mehr besiedelt. Es wurde etwa um 100 v. Chr. aufgegeben.
Hier sieht man nochmals besser das Josefsgrab mit Zoom. Es war also keine Audienz beim Hohenpriester, wie zuerst gedacht. Danach fuhren wir mit dem Auto weg. Wer saß da auf der Bank? Der Hohepriester Ovadja Ben Asher, der gerade auf einem Spaziergang war. Wir stiegen aus, begrüßten ihn und machten ein Foto.
Wo sind wir stehen geblieben? Bei der Spaltung Israels und ihrem Abfall. Dabei können wir gleich erklären, woher eigentlich das Volk der Samariter kommt.
Das Südreich Juda und das babylonische Exil
Nun betrachten wir die Könige von Juda im Südreich. Rehabiam war ein Sohn Salomos und ein Enkel Abijams. So setzte sich die Linie fort, insgesamt gab es zwanzig Könige, bis auf Zedekia im Jahr 586. In diesem Jahr wurde schließlich Jerusalem von den Babyloniern zerstört.
Die Juden wurden von den Babyloniern ins Exil nach Babylon deportiert. Dort erfüllte sich der zweite Fluch des Landverlusts aus 5. Mose 28. Nicht mehr Vers 25, der für die zehn Stämme galt, sondern jetzt Vers 36: „Der Herr wird dich und deinen König, den du über dich setzen wirst, zu einer anderen Nation wegführen, und du wirst dort anderen Göttern dienen.“ Die Juden wurden also nach Babylon gebracht, im heutigen Südirak, und auch nach Assyrien im Nordirak.
Dabei wurden sie nicht unter alle Völker zerstreut, sondern zu einer anderen Nation weggeführt – und das, als sie noch Könige hatten. Der letzte König war Zedekia, unter dessen Herrschaft die Deportation stattfand. Die Bibel stellt einen Kontrast zu den zehn Stämmen her, die nicht zurückkehrten. Die Stämme im Süden, die man fortan „Juda“ nannte, kehrten zurück – zusammen mit Überläufern aus den zehn Stämmen. Das können wir in den Chroniken und Königen nachlesen, wo viele aus den zehn Stämmen zum Süden überliefen.
So gab es schließlich im Süden Menschen aus allen zwölf Stämmen, doch der führende Stamm war Juda. Deshalb nennt man sie alle „Juda“ und schließlich alle zusammen „Juden“. Dennoch sind alle zwölf Stämme vertreten.
Im Gegensatz zu den zehn Stämmen sagte Jeremia, dass die Juden aus Babylon zurückkehren würden. Siebzig Jahre würde die Weltherrschaft Babylons dauern, so Jeremia in Kapitel 25 und 29. Diese Zeitspanne reichte von 609 bis 539 v. Chr. Danach kehrten etwa zweihunderttausend Juden zurück – aus allen zwölf Stämmen. Sie bauten den zweiten Tempel und wussten, dass sie heimkehrten, um dem Messias im Land Israel zu begegnen.
Sie kannten zum Beispiel Micha 5, wonach der Messias im Land Israel erscheinen würde – nicht in Babylon. Er würde in Bethlehem geboren, zwölf Kilometer südlich von Jerusalem. Außerdem kannten sie die Prophetie aus Daniel 9,25, in der sogar der Zeitpunkt vorausgesagt wurde: „So wisse denn und verstehe, vom Ausgehen des Wortes Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Jahrwochen und zweiundsechzig Jahrwochen, insgesamt neunundsechzig Jahrwochen.“
Man musste ab dem Moment rechnen, als Jerusalem 586 v. Chr. zerstört wurde und der salomonische Tempel dem Erdboden gleichgemacht war. Daniel erhielt die Prophetie, als alles noch in Staub und Asche lag. Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wieder aufzubauen, musste man rechnen, um den Zeitpunkt des Kommens des Messias als Fürst zu bestimmen.
Das war im Jahr 445 v. Chr., als Nehemia von den Persern die Erlaubnis erhielt, die Stadtmauer wieder aufzubauen. Ein Teil der originalen Mauer, das bräunliche Stück, stammt von Nehemia. So kann man ab 445 v. Chr., dem Erlass, Jerusalem wieder aufzubauen, rechnen – übrigens im Monat Nisan, der März oder April entspricht.
Nun kann man die sieben Jahrwochen und 62 Jahrwochen berechnen, dann kommt der Messias. Nach den Evangelien erschien Jesus am Palmsonntag als Fürst in Jerusalem im Jahr 32 n. Chr. Palmsonntag war damals der 6. April, also im Monat Nisan, März oder April.
Diese Jahrwochen kann man in Jahre umrechnen: Eine Jahrwoche dauert sieben Jahre. 69 Jahrwochen mal sieben ergibt 483 Jahre. Die prophetischen Jahre der Bibel dauern immer 360 Tage. So kann man umrechnen: 69 mal sieben mal 360 Tage ergibt 173.000 Tage. Das passt genau vom 14. März 445 v. Chr., dem Neujahr am ersten Nisan, bis zum Palmsonntag, dem 6. April 32 n. Chr.
An diesem Tag ritt Jesus auf einem Esel vom Ölberg durchs Kidron-Tal auf den Zionsberg nach Jerusalem ein und wurde vom Volk als Messias gefeiert.
Der Bibeltext sagt in Vers 26: „Und nach den 62 Jahrwochen, die direkt auf die sieben ersten folgten – das war die Zeit des Wiederaufbaus, 49 Jahre zuerst – dann kommen die 62 Jahrwochen. Aber nachher geschieht etwas: Nach den 62 Jahrwochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben.“ „Jikarät“ bedeutet sogar, dass er ausgerottet wird, gewaltsam umgebracht.
Tatsächlich wurde Jesus fünf Tage nach Palmsonntag auf dem Golgatha-Felsen außerhalb des Palastes des Hohenpriesters gekreuzigt. Der Messias wurde von seinem eigenen Volk verworfen. Doch Gott hatte die Verantwortung übernommen. Die Flamme ging zwischen den Opferstücken hindurch; Gott war bereit, zum Opfer zu werden für die Schuld der anderen Partei, die keine Verantwortung übernehmen musste im Abrahamsbund. So erfüllte sich, was der Altar von Josua auf dem Ebal ausdrückte.
Es gibt eine Möglichkeit, wie der Fluch weggenommen werden kann, aber nur durch das Opfer des Stellvertreters. So sehen wir den tiefen Sinn des Todes des Messias im Jahr 32.
Daniel 9,26 sagt noch dazu: „Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“ Tatsächlich kamen im Jahr 70 n. Chr. die Römer und zerstörten Jerusalem und den zweiten Tempel. Das war ein Fluch des Gesetzes, wenn man nicht auf die Propheten hört: „Von dem werde ich es fordern.“
Nun gibt es in 5. Mose 28 noch einen dritten Landverlust-Fluch in Vers 64: „Und der Herr wird dich unter die Völker, unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde.“ Also von Chile bis China, von Nordamerika bis Australien und Neuseeland, von Schweden bis Südafrika. Genau das ist geschehen: Ab dem Jahr 70 verlor Israel das Land und wurde heimatlos unter allen Völkern.
In 5. Mose 28, Vers 65 heißt es: „Man könnte meinen, Mose sei in den Konzentrationslagern gewesen. ‚Und unter jenen Nationen wirst du nicht rasten, und deine Fußsohle wird keine Ruhestätte finden. Der Herr wird dir dort ein zitterndes Herz geben, erlöschende Augen und verschmachtende Seele, und dein Leben wird schwebend vor dir hängen. Und du wirst dich fürchten Nacht und Tag und deinem Leben nicht trauen. Am Morgen wirst du sagen: Wäre es doch Abend! Und am Abend wirst du sagen: Wäre es doch Morgen! Wegen der Furcht deines Herzens, womit du dich fürchtest, und wegen des Anblicks deiner Augen, den du erblicken wirst.‘“
Das hat sich durch die Jahrhunderte hindurch erfüllt. Vom Jahr 70 bis ins 20. Jahrhundert wurde das jüdische Volk ständig verfolgt – eine Blutspur von dreizehn Millionen Toten. Jedes Wort hat sich erfüllt.
Es ist so, dass der Chasan, der Vorleser in der Synagoge, weltweit immer am gleichen Sabbat die gleichen Kapitel vorliest. Wenn weltweit die Lesung an 5. Mose 28 dran ist, weiß jeder Chasan, dass er den Text nur mit gedämpfter Stimme vortragen darf. Sonst liest man zum Beispiel in 1. Mose 1, Vers 1 laut vor, aber bei 5. Mose 28 nur gedämpft, weil man weiß, dass sich jedes Wort schrecklich erfüllt hat.
Da fragt man sich: Gibt es für dieses Volk unter dem Fluch des Gesetzes eine Hoffnung? Ja, natürlich. Joshua sagte: „Dieser Stein wird Zeuge gegen euch sein.“ Interessanterweise fand Ernst Sellin genau in dem Jahrhundert, als die Juden ab 1882 begannen, wieder ins Land der Väter zurückzukehren, diesen Stein. Er symbolisiert, dass die Juden alle Rechte auf das Land verloren haben.
Doch der Stein liegt bei der Terbinthe des Heiligtums, dort, wo Abraham den Altar gebaut hatte. Dort, wo Gott bedingungslos gesagt hatte: „Deinem Samen gebe ich dieses Land.“ Das Alte Testament betont immer wieder, dass Gott seines Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob gedenken wird.
Deshalb verkünden die Propheten aufgrund des Bundes, dass Gott in der Endzeit Israel vergeben wird. Man lese die letzten Verse von Micha 7 und am Schluss von Amos 9: „Und ich werde das Schicksal meines Volkes Israel wenden. Sie werden die verwüsteten Städte aufbauen und bewohnen, Weinberge pflanzen und deren Wein trinken, Gärten anlegen und deren Frucht essen. Ich werde sie in ihrem Land pflanzen, und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Land, das ich ihnen gegeben habe, spricht der Herr, dein Gott.“
Warum ist es möglich, dass das Volk zurückkehren darf? Warum gibt es eine Wende? Sie hatten mit ihrer Verantwortung alles verloren, doch es gibt Gnade aufgrund des Bundes mit Abraham. Und weil der Messias gekommen ist und alle Verantwortung am Kreuz übernommen hat – er wurde ausgerottet, so wie die Opferstücke von Abraham geschlachtet wurden.
Manche sagen, das habe sich erfüllt, als die Juden aus Babylon zurückkehrten. Nein, das bezieht sich nicht darauf, denn hier steht: „Ich werde sie in ihrem Land pflanzen, und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Land.“ Sie kamen aus Babylon zurück, um dem Messias zu begegnen. Als der Messias abgelehnt wurde, wurden sie weltweit zerstreut. Aber jetzt kehren sie zurück.
Einen vierten Landverlust-Fluch gibt es nicht in der Bibel, nur die drei. Aber es gibt die Verheißung, dass Gott sein Volk zurückführt. Hesekiel 36 sagt: „Nicht weil sie ein gutes Volk sind, sondern Gott wird sie wegen seines Namens, wegen seiner Versprechen zurückführen. Um seines Namens willen, um der Ehre Gottes willen führt er sie zurück – als ein unreines Volk.“
Erst im Land wird das Volk später gereinigt werden. So sagt Hesekiel 36 und 37 voraus, dass es eine Erweckung in Israel geben wird. Schließlich wird ein Drittel von Israel zum Glauben kommen. In den Nöten der großen kommenden Drangsal wird nur dieser Drittel überleben.
Deshalb sagt Paulus in Römer 11: „Dann wird ganz Israel gerettet werden.“ Dieser Drittel wird dann das ganze Israel ausmachen, aber ein Volk nur aus Wiedergeborenen.
In Hesekiel 36,24 lesen wir im Zusammenhang: „Ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern und euch in euer Land bringen.“ Man sieht sie noch mit den Kleidern aus den Konzentrationslagern. Dann kam diese Wiederherstellung – so gewaltig.
Es gibt also den Weg der Gnade. Aufgrund menschlicher Verantwortung verlieren wir alles vor Gott. Aber es gibt den Weg der Gnade. Jesaja 55,6 sagt: „Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, während er nahe ist! Der Gesetzlose verlasse seinen Weg und der Mann des Frevels seine Gedanken und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich seiner erbarmen und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung.“
Der Mensch muss Gott suchen. Für alle Menschen gilt: Nicht nur Israel kann die Forderung Gottes erfüllen. Jeder Mensch, der versucht, die zehn Gebote zu leben, weiß, dass er scheitert.
Es reicht nicht, nur zu denken, man habe nicht getötet. Jesus erklärt in Matthäus 5, dass bereits der Hass im Herzen das Gebot „Du sollst nicht töten“ verletzt. Ehebruch ist auch nicht erst vollzogen, wenn man tatsächlich fremdgeht, sondern Jesus sagt, allein schon in Gedanken ist Ehebruch Ehebruch.
Die Bibel sagt, niemand kann durch die Maschen des Gesetzes hindurchkommen. Aber es gibt den Weg der Umkehr. „Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, während er nahe ist.“ Das gilt nicht ewig! Die Bibel sagt, mit dem Tod ist die Chance endgültig vorbei.
Es kann sogar während des Lebens zu spät sein. Der Pharao in Ägypten hatte sechs Mal die Chance, sein Herz zu verhärten. Beim siebten Mal verhärtete Gott sein Herz. Vorher hätte er sich bekehren können, danach nicht mehr.
Wenn Gott das Herz verhärtet, kann der Mensch nicht sagen, er könne sich bekehren, wann er wolle. Wir können uns nur bekehren, solange Gott uns die Möglichkeit gibt und uns ruft. Doch es kann morgen schon zu spät sein.
Manche sagen: „Ich bin kein Gesetzloser. Ich habe zwar gesündigt, aber nicht große Sünden.“ Doch der Gesetzlose, der Rascha, ist der, der das Wort Gottes missachtet. Die Bibel nennt ihn Gesetzlosen, der über Gottes Wort hinweggeht.
So heißt es: „Der Gesetzlose, der Rascha, verlasse seinen Weg, und der Mann des Frevels seine Gedanken, und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich seiner erbarmen und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung.“
Es gibt keine Sünde, die Gott nicht vergeben würde.
Mose sagte in seiner Ansprache am Schluss in 5. Mose 30,15 und 19: „Siehe, ich habe dir heute das Leben und das Glück und den Tod und das Unglück vorgelegt. So wähle das Leben, damit du lebst.“ Israel konnte wählen zwischen Segen und Fluch, zwischen Tod und Unglück.
Doch sie sagten vor Pilatus, die Menge: „Er soll gekreuzigt werden, sein Blut komme auf uns und unsere Kinder.“ Die Konsequenzen sind eingetreten. Aber es ist zu sagen: Viele Juden haben sich bekehrt.
Heute rechnen wir mit 400.000 bis 500.000 bekehrten Juden weltweit. In Israel sind es etwa 15.000, aber in den USA, Kanada, Australien – in Sydney etwa 50.000 – gibt es viele bekehrte Juden. Vor allem im englischsprachigen Raum wurde viel für Juden getan, und viele sind zum Glauben gekommen. Weltweit sind es etwa eine halbe Million.
Diese haben den Fluch des Gesetzes gegen den Segen Abrahams eingetauscht.
Ist es nicht schön zu sehen, dass Gott durch Mose nicht sagt: „So wähle das Leben oder den Tod,“ sondern: „So wähle das Leben, damit du lebst.“ Gott sagt nicht, der Mensch sei frei, ob er sich bekehren will oder nicht. Nein, Gott befiehlt: „Wähle das Leben!“
Paulus sagte auf dem Areopag: „Gott befiehlt heute allen Menschen an allen Orten Busse zu tun.“ Das ist ein Befehl. Es ist keine Option, sich zu bekehren, sondern Gottes Auftrag an den Menschen, sich zu bekehren, weil Gott retten will.
Doch wir sind von Gott getrennt – durch unsere Schuld. Wir alle haben Gottes Gebote gebrochen, und unser Gewissen legt davon Zeugnis ab. Es ist ein Bruch zwischen Gott und Mensch, ein Graben.
Natürlich können wir versuchen, gut zu leben und uns Mühe geben, besser zu sein als gestern. Aber die Bibel macht klar: „Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ (Römer 3,23).
Doch der Satz geht weiter: „Sie werden umsonst gerechtfertigt durch den Glauben an Jesus Christus.“ Jesus Christus ist die Brücke. Er kam von oben und hat das Opfer auf Golgatha für Israel und alle Nationen gebracht.
Darum kann Gott Israel in der Zukunft als Nation vergeben und dieses Volk erneuern. Deshalb führt er sie schon heute zurück ins Land.
Die UNO sagt „Nein.“ Sie stellt sich auf die Seite der Reschaim, der Gesetzlosen, die sich nicht an die Bibel halten. Doch der Gesetzlose wird aufgerufen, sich persönlich zum Herrn zu bekehren. Das ist der Weg, den Gott vorgibt.
Zum Schluss noch einmal: „Dieser Stein“ – nicht nur Steine sprechen heute, sondern Jesus sagt selbst: „Wenn diese schweigen, so werden die Steine schreien.“ Dieser Stein schreit und verkündet eine schreckliche Botschaft: Weil wir vor Gott etwas leisten wollen, verlieren wir alles. Gott muss uns ewig richten.
Doch der Stein steht dort, wo Gott den Gnadenbund mit Abraham schloss – ein Segen für alle Völker, nicht für alle Menschen, sondern für die, die sich aus allen Völkern, Stämmen und Sprachen bekehren.
Alle sind eingeladen. Gott hat nicht nur einen Teil der Menschheit vorgesehen, sondern bietet es allen an. Jeder kann sich bekehren. Es liegt in unserer Verantwortung, uns zu beugen und Gottes Befehl zu folgen.
Darum heißt es: „So wähle das Leben, damit du lebst.“