Da sagt er zu Ezra: Bestelle nach der Weisheit deines Gottes, die bei dir ist, Richter und Rechtspfleger.
Hier erkennt ein Heide die Weisheit Gottes an. Er anerkennt, dass diese Weisheit Gottes, die man in der Bibel findet, bei Ezra vorhanden war. So erfahren wir, je mehr wir im Bibeltext voranschreiten, immer mehr darüber, wer dieser Mann wirklich war.
Nun, gerade nach dem Empfehlungsschreiben bis Vers 26, wie gesagt, wechselt die Sprache. Es folgt ein Gebet von Ezra. Man kann Menschen durch ihr Gebet kennenlernen. Wenn man vor anderen Menschen betet, drückt man grundsätzlich ein großes Vertrauen aus, weil man andere in sich hineinschauen lässt.
Besonders in diesen Gebeten, die wir noch öfter bei Ezra finden werden, erfahren wir, wer er war. Ich lese sein Gebet in Vers 27:
"Gepriesen sei der Herr, der Gott unserer Väter, der dieses in das Herz des Königs gegeben hat, um das Haus des Herrn zu verherrlichen, das in Jerusalem ist, und der mir Güte zugewandt hat vor dem König und seinen Ratgebern und allen mächtigen Fürsten des Königs."
Das war es. Es war kein Gebet von vierzig Minuten, auch nicht von zehn Minuten. Aber es zeigt uns die Herzensverbindung, die Ezra mit dem Herrn hatte.
Er dankt hier für das Wunder dieses Empfehlungsbriefes, dass der König so etwas geschrieben hat. Man glaubt es kaum, dass ein heidnischer König sich so hinter die Sache Ezras stellte – man muss sagen, hinter die Sache des wahren Gottes. Gott hatte sein Herz wirklich gelenkt wie Wasserbäche.
Dann bezeugt Ezra: „Und ich erstarkte, weil die Hand des Herrn meines Gottes über mir war, und ich versammelte Häupter aus Israel, dass sie mit mir hinaufzogen.“
Hier erkennt man übrigens, dass Ezra der Autor des Buches Ezra ist, weil er in der Ich-Form spricht. Genauso wie man zum Beispiel in der Apostelgeschichte ab Kapitel 16 die sogenannten Wir-Stellen findet, wo Lukas zum Missionsreiseteam von Paulus hinzustößt und plötzlich „wir, wir“ sagt, weil er mit dabei ist.
Hier sagt Ezra „ich“. Allerdings war es ab Kapitel 7, Vers 1 anders, da hatten wir gelesen „er, Ezra“ – wir haben also beides.
Man muss verstehen: Die Ich-Stellen machen klar, dass er der Schreiber ist. Die Er-Stellen bedeuten nicht, dass er es nicht geschrieben hat. Das ist zum Beispiel auch ganz wichtig bei den fünf Büchern Mose. Mose sagt nie „ich“, sondern er schreibt über Mose in der dritten Person.
Ich war zum Beispiel, um etwas herauszunehmen, bei 4. Mose 12, wo Miriam und Aaron gegen Mose redeten. Dort wird beschrieben, wie Mose reagiert hat – in der Er-Form. Das ist nicht ungewöhnlich.
Zum Beispiel in der lateinischen Literatur hat Cicero den Gallischen Krieg geschrieben. Er beginnt mit „Gallia est omnis divisa in partes tres“ („Gallien ist gänzlich in drei Teile geteilt“) und spricht immer in der Er-Form über Julius Caesar, obwohl er es selbst geschrieben hat.
Das ist also ein Schreibstil, der nicht nur in der Bibel zu finden ist, sondern auch außerhalb biblischer Texte: Man berichtet über sich selbst, aber nicht in der Ich-Form, sondern in der Er-Form.
In der Bibel finden wir aber auch zuweilen die Ich-Form, wie es hier der Fall ist.
Ist es nicht schön? Ezra sagt: „Und ich erstarkte, weil die Hand des Herrn meines Gottes über mir war.“ Diese Erfahrung, wie Gott einfach so eingegriffen hat.
Ezra hatte die Absicht: „Ich kehre zurück aus Babel und möchte andere motivieren, mit mir zu kommen.“ Er wurde so vom König unterstützt. Das hat ihm Mut gemacht für die weiteren Schritte.
Und so ist es auch in unserem Leben wichtig, dass man die Freundlichkeiten des Herrn immer wieder erkennt. Das macht Mut. Dazu passt der bekannte Psalm 103,1 von David: „Preise den Herrn, meine Seele, und all mein Inneres seinen heiligen Namen! Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht alle seine Wohltaten.“
David spricht hier zu sich selbst. Er macht sich Mut, indem er seine Seele anspricht, das heißt sein Ich. Er sagt sich selbst, dass er den Herrn preisen soll und dass er nicht vergessen darf, alle seine Wohltaten zu bedenken. Wenn man im Leben all die Momente sammelt, in denen man die Hilfe und das Eingreifen des Herrn erlebt hat, stärkt das den Glauben.
Wir sehen hier auch wieder den Lieblingsausdruck von Esra: „die Hand des Herrn, meines Gottes, die über ihm war.“ Esra sagt weiter: „Und ich versammelte Häupter aus Israel, dass sie mit mir hinaufzügen.“ Es war ihm wichtig, nicht allein die Aliyah aus der Provinz Babel zu machen, die damals zum Persischen Reich gehörte, und zurück nach Jerusalem zu gehen. Er wollte andere motivieren, denselben Weg zu gehen.
Dabei müssen wir die Dramatik erkennen. Gott hat im fünften Buch Mose einundzwanzig Mal den Ort erwähnt, den er aus einem der Stämme erwählen wird, um seinen Namen dort zu setzen. Dieser Ort wird 21 Mal genannt, teilweise dreimal oder sieben Mal. Erst später, in der Zeit von David, offenbart Gott, dass dieser Ort Jerusalem ist. Deshalb hat Davids Sohn Salomo dort den Tempel gebaut und den Opferdienst sowie den Dienst der Anbetung eingerichtet.
So haben die Israeliten in der Königszeit gemäß Gottes Gedanken in Jerusalem angebetet. Doch durch Untreue haben sie alles verloren und mussten nach Babel gehen – Babel, die Stadt der Götzen. Dort gerieten sie in die babylonische Gefangenschaft.
Das hat die Christenheit ebenfalls erlebt. Wenn man an die Apostelgeschichte denkt, wie alles begann – an Pfingsten und in der folgenden Zeit –, sieht man, wie die Gläubigen zusammenkamen, das Brot brachen und den Herrn so anbeteten, wie er es in den örtlichen Gemeinden wünschte.
Zum Beispiel in Apostelgeschichte 20: Paulus kam sieben Tage vorher und blieb bis zum ersten Tag der Woche. Dann heißt es: „Am ersten Tag der Woche, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen...“ Es war ihm sehr wichtig, dieses Brotbrechen am Auferstehungstag noch in Troas zu erleben. Er verkündete bis Mitternacht und dann weiter bis zum frühen Morgen. Danach ging er zu Fuß weiter. Er wollte diesen Gottesdienst einfach noch miterleben.
Das war alles so schön, frisch und echt. Doch in der Kirchengeschichte sieht man, wie die Christenheit in die babylonische Gefangenschaft geriet. Dabei muss man an Offenbarung 17,18 denken. Dort wird über die Hure Babylon gesprochen, im Gegensatz zur Braut des Lammes, dem neuen Jerusalem. Das ist die wahre Gemeinde.
Wer ist die Hure Babylon, die auf sieben Hügeln sitzt? Offenbarung 17 sagt es: Es ist die falsche Kirche von Rom, die als Babylon bezeichnet wird. Das Wort „Babylon“ bedeutet auf Deutsch „Verwirrung“ und steht im Kontrast zur wahren Gemeinde.
Gott sieht jedoch alle wahren Gläubigen dort drin. Deshalb heißt es in Offenbarung 18,4: „Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und nicht empfangt von ihren Plagen. Denn ihre Sünden sind bis zum Himmel aufgestapelt, und Gott hat ihr Unrecht gerichtet.“
Gott sieht sein Volk in Babylon. So sieht er die wahren Erlösten in der katholischen Kirche, der Kirche von Rom. Es gibt viele Parallelen zu dieser Kirche, wie sie in Offenbarung 17 beschrieben wird.
Im Internet gibt es eine ausführliche Serie über die Kapitel der Offenbarung – nicht nur die kurzen vier Teile, sondern eine umfassende Serie. Doch auch die kurze Vier-Teile-Serie reicht aus, um die Kapitel 17 und 18 zu verstehen. So erkennt man im Detail, dass Babylon tatsächlich Rom meint – die Stadt auf sieben Hügeln.
Es ist wichtig zu erkennen, dass Gott die wahren Gläubigen sieht. Ein Beispiel dafür ist Luther. Er war bekehrt und wiedergeboren. Als er noch in der Kirche war, verließ er sie nicht sofort, um dann ein wahrer Gläubiger zu werden. Vielmehr bekannte er seine Sünden Gott, bereute sie und gewann durch das Wort immer mehr Verständnis.
Während er noch in der Kirche war, erkannte er, dass der Mensch nur durch den Glauben an Jesus Christus und nicht durch Werke errettet wird. Doch der Tag kam, an dem er nicht freiwillig hinausging, sondern hinausgetan wurde.
Viele Tausende von Mönchen und Nonnen erkannten ebenfalls die Gnade Gottes. Sie blieben zunächst in der Kirche, gingen dann aber hinaus und wurden glücklich.
Wir müssen uns nicht selbst quälen oder versuchen, uns durch Werke etwas zu verdienen. Jesus Christus hat alles vollbracht. Deshalb ist es so schön, wenn es heißt: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk!“ Gott sieht sein Volk, die wahren Erlösten, die noch in der Kirche sind, und ruft sie dazu auf, das System zu verlassen.
Mit der Reformation kam das Ende der babylonischen Gefangenschaft der Christenheit. Über Jahrhunderte waren die Gläubigen im Papsttum und in dunklen Lehren gefangen, die von der Bibel abwichen. Doch durch die Reformation öffnete sich die Tür, und unzählige Menschen gingen hinaus.
Aus dieser Erweckung entstanden auch die Freikirchen. Daraus erwuchs der Wunsch, den Gottesdienst wieder so zu feiern, wie es ursprünglich im Neuen Testament gezeigt wird: ein einfaches Zusammenkommen im Namen des Herrn Jesus.
Wer ist es, der anzieht und versammelt? Es ist Jesus, der alle Gläubigen zu Priestern gemacht hat – nicht nur eine bestimmte Klasse. Diese Wahrheiten hatten auch die Reformatoren erkannt, doch sie setzten sie nicht immer in die Praxis um. Es wurde gesagt, es wäre eigentlich schon so, aber es fehlten die Menschen.
Doch wenn man darüber nachdenkt, kann man es dennoch umsetzen. Und genau das geschah.
Und so können wir sehen, dass dieses Hinausgehen aus Babel zurück an den Ort der Anbetung nach Gottes Gedanken genau dem entspricht, was wir hier haben, als in Ezra 1 ein großer Strom aus Babel hinausging. Chores befahl: „Geht zurück und baut das Haus Gottes in Jerusalem!“
Jahre später bricht Ezra erneut auf. In Ezra 7,6 heißt es: „Und Ezra zog herauf von Babel aus der Verwirrung.“ Er geht zurück, doch es ist ihm ein Anliegen, andere mitzunehmen. Deshalb steht in Ezra 7,28: „Ich erstarkte und versammelte Häupter aus Israel, dass sie mit mir hinaufzogen.“
Dann folgt Kapitel 8, Verse 1 bis 14. Dort habe ich auf dem Skript geschrieben: „Hunderte gingen mit Ezra zurück an den Ort des Gottesdienstes gemäß Gottes Gedanken.“
Ich lese ein bisschen daraus vor: „Und dies sind die Häupter ihrer Väter und ihr Geschlechtsverzeichnis, nämlich der, die unter der Regierung des Königs Artaxerxes mit mir aus Babel heraufzogen: von den Söhnen des Penehas, Gershom; von den Söhnen Ittamas, Daniel; von den Söhnen Davids, Hattusch; von den Söhnen Shekanias, von den Söhnen Paros, Zecharja. Mit ihm waren verzeichnet an Männlichen hundertfünfzig. Von den Söhnen Bachad-Moabs Eljoinai, der Sohn Serachias, und mit ihm zweihundert Männliche; von den Söhnen Shekanias, der Sohn Jechaziels, und mit ihm dreihundert Männliche“ und so weiter.
Man kann das zusammenzählen: Hunderte gingen mit Ezra zurück. Er ermutigte also andere, Babel zu verlassen und sich wieder ganz dem Gottesdienst nach Gottes Gedanken zu widmen.
In diesem Sinn müssen wir es auch sehen, wie Esra Gold und Silber mitbrachte, um Opfer zu kaufen und den Gottesdienst zu unterstützen, damit dieser zur Ehre Gottes ausgeführt werden kann.
Ich möchte nun in Kapitel 8, Vers 15 weitermachen: „Und ich versammelte sie am Fluss, der nach Ahawa fließt.“ Wir lagerten dort drei Tage. Ich sah mich unter dem Volk und unter den Priestern um und fand keinen von den Söhnen Levis dort.
Esra war motiviert und hatte die Leute an einem bestimmten geografischen Ort versammelt, nämlich am Fluss Ahawa, wie er später genannt wird. In Vers 31 heißt es: „Und wir brachen vom Fluss Ahawa auf am zwölften des ersten Monats, um nach Jerusalem zu ziehen. Die Hand unseres Gottes war über uns, und er rettete uns von der Hand des Feindes und der am Weg lauernden.“
Hier wird also vom Fluss Ahawa gesprochen. Die Leute warteten dort drei Tage. Esra hatte ein Anliegen: Wo sind die Priester? Wo sind die Söhne Levis? Er fand keinen.
Wer sucht nach Fehlenden? Das ist Hirten-Dienst. Esra war ein Hirte und suchte nach den Fehlenden. Er stellte fest, wo die Leviten waren, die gerade für den Tempeldienst wichtig gewesen wären, denn sie unterstützen die Priester in ihrem Dienst.
In Vers 16 lesen wir: „Da sandte ich nach Elieser, Ariel, Schemaja und Elnathan, und Jarib und Elnathan und Nathan und Sacharja und Meshullam, den Häuptern, und Joarib und Elnathan, den einsichtigen Männern.“
Esra schickte Gesandte zu bestimmten Männern, von denen er wusste, dass sie gute, einsichtige Menschen waren. Diese sollten zu Iddo, dem Haupt in der Ortschaft Kasiphia, gehen. Er legte ihnen Worte in den Mund, die sie zu Iddo und seinem Bruder, den Nettinim in Kasiphia, sprechen sollten, damit sie Diener für das Haus Gottes bringen.
Sie brachten uns, weil die gute Hand unseres Gottes über uns war, einen einsichtigen Mann von den Söhnen Machlis, des Sohnes Levis, des Sohnes Israels, sowie Scherebia und seine Söhne und Brüder, achtzehn an der Zahl, und so weiter.
Esra suchte also nach Leuten und ermöglichte, dass solche, die in Babel zurückgeblieben waren, wirklich kommen konnten. Er motivierte zum Dienst. Dabei sah er es nicht als sein Verdienst, sondern erkannte, dass die gute Hand Gottes über ihnen war und deshalb alles möglich wurde.
In Vers 21 heißt es weiter: Nachdem er so gesucht und ermutigt hatte, rief er: „Kommt mit, wir gehen aus Babel hinaus, wir gehen zurück an den Ort des Gottesdienstes, nach Gottes Gedanken.“
Am Fluss Ahawa rief Esra ein Fasten aus, um sich vor Gott zu demütigen und von ihm einen geebneten Weg zu erbitten – für sich selbst, für die Kinder und für alle Habe.
Bevor die Reise losging, wurde also gebetet. Das kann man übrigens auch im Auto machen, bevor man losfährt. Esra motivierte wirklich zum Beten und dazu, sich unter Gottes Führung zu stellen, das heißt, sich vor Gott zu demütigen und um einen geraden, geebneten Weg zu bitten.
In Vers 22 erklärt er einen Hintergedanken: „Denn ich schämte mich, vom König eine Heeresmacht und Reiter zu erbitten, die uns gegen den Feind auf dem Weg beistehen sollten.“
Sie hatten mit dem König gesprochen und gesagt: „Die Hand unseres Gottes ist über allen, die ihn suchen zum Guten, aber seine Macht und sein Zorn sind gegen alle, die ihn verlassen.“
Man kann sich fragen: Ist es falsch, Polizeischutz zu bekommen? Esra sagt hier, er habe sich geschämt, quasi Polizeischutz zu erbitten.
In der Antike waren Armee und Polizei nicht getrennt, sondern die Armee übernahm auch Polizeiaufgaben. Das sieht man auch im Neuen Testament. Die Soldaten, die dort erwähnt werden, wie zum Beispiel Cornelius, der Hauptmann, gehörten zur römischen Besatzungsmacht. Diese Soldaten hatten militärische, aber auch polizeiliche Aufgaben in Israel.
Esra hatte ein Problem: Er kannte König Artaxerxes und konnte ihn nicht bitten, eine Heeresmacht und Reiter zu schicken.
Aber ist es falsch? Wenn man nachdenkt, wie es damals war, als Vater Jakob in Ägypten gestorben war: Er sollte durch die Wüste Sinai, Negev nach Hebron gebracht werden zum Begräbnis. Dort lesen wir, dass der Pharao ein großes Armeekontingent mitschickte – Armee und Polizeischutz.
Auch Paulus wurde verhaftet in Jerusalem (Apostelgeschichte 21 und folgende). Schließlich sahen die Römer, also der hohe Offizier, der Chiliach der Burg Antonia, und die Führerschaft der Juden, dass sie Paulus umbringen wollten, wenn er weiter in Jerusalem blieb. Daraufhin ließ man ihn mit Hunderten von Soldaten in einer Nachtaktion von Jerusalem nach Caesarea Maritima überführen.
Caesarea ist übrigens der Ort, wo Netanyahu ein Ferienhaus hat, das mit einer Drohne beschossen wurde, weil man den Ministerpräsidenten umbringen wollte.
Paulus wurde also mit großem Polizeischutz, mit hunderten Soldaten, geschützt. War das falsch? Nein, das war richtig.
Hier ging es aber um Folgendes: Esra hatte einen Konflikt gesehen. Er hatte dem König im Voraus erklärt, dass die Hand Gottes über allen sei, die ihn suchen. Er sprach evangelistisch zu ihm: Der Mensch muss Gott suchen. Es gibt die Verheißung in Jeremia 29, dass man Gott von ganzem Herzen suchen soll, dann wird er sich finden lassen.
Der König sagte: „Die Hand Gottes ist über allen, die ihn suchen.“ Aber er sagte nicht: „Ich gebe dir noch ein paar hundert Soldaten mit.“ Das hätte er sagen können, und es wäre alles okay gewesen.
Esra hatte nun den Konflikt: Einerseits sagte er dem König, Gott ist da und wacht über die, die ihn suchen. Andererseits sollte er ihn bitten, ihm Soldaten zu schicken. Das war das Problem.
Deshalb sagte Esra: Das mache ich nicht, um das Zeugnis des Willens zu bewahren. Stattdessen rief er ein intensives Fasten aus.
Fasten bedeutet, nichts zu essen. Die Zeit für Nahrungsbeschaffung, Zubereitung, Kochen und Abwaschen entfällt. So betete Esra intensiv mit allen Versammelten, dass der Herr sie bewahren möge – auch ohne Armeeschutz.
In Vers 23 heißt es: „Und so fasteten wir und erbaten dies von unserem Gott, und er ließ sich von uns erbitten.“
Das war wirklich ein Risiko.
In Vers 31 lesen wir: „Und wir brachen vom Fluss Ahawa auf am zwölften des ersten Monats, um nach Jerusalem zu ziehen. Die Hand unseres Gottes war über uns, und er rettete uns von der Hand des Feindes und der am Weg lauernden.“
Sie hätten ständig überfallen werden können in diesen Monaten, in denen sie aus Persien zurückkehrten.
Das war eine unglaubliche Reise.
Ein Flugzeug benötigt zwar vielleicht zwölf Minuten von Persien, vom heutigen Iran, nach Israel. Aber so schnell war niemand unterwegs.
Drohnen brauchen einige Stunden. Sie können unterwegs abgeschossen werden, indem man eine F-35 oder F-16 schickt, die sie unterwegs abfängt.
Es war ein langer Weg.
Man ging nicht den direkten Weg von Persien über den Irak und Jordanien nach Israel, weil das gefährliches Wüstengebiet ist.
Man musste den fruchtbaren Halbmond berücksichtigen. Deshalb ging man hinauf nach Norden, ins Gebiet von Euphrat und Tigris im Irak, dann weiter nach Norden bis Richtung Südtürkei und von dort hinunter über Syrien oder Libanon ins Land der Verheißung.
Das war ein Weg von mehreren Monaten.
Sie hätten ständig überfallen werden können, und sie hatten viel Gold und Silber dabei.
Das waren unglaubliche Mengen, wenn man sich das vorstellt.
In Vers 26 heißt es: „Und ich wog in ihrer Hand ab 650 Talente Silber.“ Ein Talent entspricht ungefähr 40 Kilogramm.
Rechnet man das aus, ist das eine enorme Menge.
Dazu kamen hundert Talente silberner Geräte und hundert Talente Gold.
Das war ein großes Risiko, das Esra einging.
Er hatte ein Gewissensproblem und sagte: Wir müssen ganz intensiv beten, dass der Herr uns bewahrt.
Und er wurde bewahrt.
In den Versen 24 bis 30 habe ich im Skript notiert, dass es um Ezras Auftrag geht, ausgewählte Diener mit Gold und Silber nach Jerusalem zu senden. Ezra hatte die Oberaufgabe, mit diesen enormen Geldwerten treu umzugehen. Er setzte weitere wirklich treue Leute ein und gab ihnen das Gebot, in Vers 29: „Seid wachsam und bewahrt es, bis ihr es abwiegt vor den Obersten der Priester und der Leviten und den Obersten der Väter Israels in Jerusalem, in die Zellen des Hauses des Herrn.“
Das ist eine ganz wichtige Sache, wenn es um das Thema Geld und Geist geht – um auf einen Titel von Jeremias Gotthelf anzuspielen. Wenn es um Glauben und Geld geht, ist das ein sehr heikles Thema.
Das sehen wir auch eindrücklich in Apostelgeschichte 11, im letzten Abschnitt. Dort geht es um die Gemeinde in Antiochia in Syrien. Dieses Gebiet liegt heute bereits in der Südtürkei. Im Ersten Weltkrieg konnte Atatürk im letzten Moment das Gebiet um Antiochia auf seine Seite bringen. Ursprünglich gehört es aber zu Syrien. Interessanterweise leben dort heute noch viele Aramäer. Ich habe kürzlich mit einem Aramäer gesprochen und gefragt, woher er kommt. Er sagte: „Aus dem Gebiet um Antiochia.“ Auf die Bemerkung, dass das eigentlich Syrien sei, antwortete er: „Ja, natürlich ist das Syrien.“ Aber eben, die Türken hatten das Gebiet damals noch zu sich geschlagen.
In Antiochia hat man in Apostelgeschichte 11 beschlossen, die armen Geschwister in Judäa, in Israel, wegen einer Hungersnot zu unterstützen. Es wurde ein großer Gabentransport organisiert – von der heutigen Südtürkei nach Israel. Das war gefährlich, vor allem wenn irgendetwas veruntreut worden wäre.
Leiter dieses Transports waren Barnabas, von dem es heißt, er sei ein guter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens (Apostelgeschichte 11), zusammen mit einem weiteren treuen Bruder, Saulus, der später Paulus heißt. Es war also sehr wichtig, dass diese Sache von wirklich bewährten Leuten getragen wurde.
Ich schlage nun 2. Korinther 8 auf. Dort geht es darum, dass die Korinther mit Gaben unterstützen sollten. Wie werden diese Gaben transportiert? Paulus schreibt in 2. Korinther 8, Vers 16:
„Gott aber sei Dank, der denselben Eifer für euch in das Herz des Titus gegeben hat. Denn er nahm zwar das Zureden an, aber weil er sehr eifrig war, ist er von sich aus zu euch gegangen. Wir haben aber den Bruder mit ihm gesandt, dessen Lob im Evangelium durch alle Gemeinden verbreitet ist. Aber nicht allein das, sondern er ist auch von den Versammlungen zu unserem Reisegefährten gewählt worden, mit dieser Gnade – Freigebigkeit, Liebesgabe, die von uns bedient wird zur Herrlichkeit des Herrn selbst und als Beweis unserer Bereitschaft. Dabei suchen wir zu vermeiden, dass uns jemand übel nachredet wegen dieser reichen Gabe, die von uns bedient wird. Denn wir sind auf das bedacht, was ehrbar ist, nicht allein vor dem Herrn, sondern auch vor den Menschen. Wir haben aber unseren Bruder mit ihm gesandt, den wir oft in vielen Stücken erprobt haben als einen, der eifrig ist, nun aber noch viel eifriger durch das große Vertrauen zu euch.“
Was Titus betrifft, so ist er Paulus’ Genosse, also wirklich ein Freund, mit dem er Dinge teilen kann. Und in Bezug auf die Gemeinde sind es unsere Brüder, Gesandte der Gemeinden Christi, Gesandte der Herrlichkeit Christi. So erbringt ihnen gegenüber, angesichts der Versammlungen, den Beweis eurer Liebe und unseres Rühmens über euch.
Wir sehen also, Paulus achtete darauf, dass dieser ganze Geldtransport wirklich von Brüdern begleitet wurde, die bewährt sind. So entsteht nicht einmal der Anschein, man könnte übel über die Sache reden – etwa, dass Gelder veruntreut würden.
Genau dieses Prinzip erfüllte auch Ezra. Er sorgte dafür, dass bei diesen riesigen Schätzen nichts schiefgeht. Paulus sagt: „Wir sind darauf bedacht, nicht nur das, was ehrbar ist, vor dem Herrn zu tun, sondern auch vor den Menschen.“ Das hat Ezra schon alttestamentlich sehr schön vorgezeigt.
Und dann lesen wir in Esra 8,35-36: Die aus der Gefangenschaft Zurückgekehrten, die Kinder der Wegführung, brachten dem Gott Israels Brandopfer dar: zwölf Stiere für ganz Israel, sechsundneunzig Widder, siebenundsiebzig Schafe und zwölf Böcke zum Sündopfer. Das Ganze war als Brandopfer dem Herrn dargebracht.
Sie übergaben auch die Anordnung des Königs, den Satrapen des Königs und den Statthaltern diesseits des Stroms. Diese unterstützten das Volk und das Haus Gottes.
So sind sie schließlich diesen langen Weg gegangen, mehrere Monate, und haben alles übergeben. Dann kam es zu diesem besonderen Gottesdienst mit den zwölf Stieren, siebenundsiebzig Schafen und zwölf Böcken.
Warum zwölf Stiere? Wir haben gelesen: für ganz Israel. Esra fühlte sich mit dem ganzen Volk Gottes verbunden, nicht nur mit den Stämmen Juda und Benjamin, sondern mit allen zwölf Stämmen, dem gesamten Volk Gottes. Für ihn war es wichtig, das ganze Volk Gottes zu sehen.
Das erinnert uns an den Epheserbrief – als Hausaufgabe gilt es, alle Stellen herauszusuchen, wo es heißt „mit allen Heiligen“. Der Epheserbrief steht im Kontrast zum ersten Korintherbrief, der die örtliche Gemeinde behandelt, also die Gemeinde an einem bestimmten Ort als Ausdruck der weltweiten Gemeinde.
Der Epheserbrief dagegen hat weniger die örtliche Gemeinde im Blick, sondern die weltweite Gemeinde. Darum wird dort auch in Epheser 2,20 gesagt, dass die Gemeinde auf dem Fundament der Apostel und der neutestamentlichen Propheten aufgebaut ist.
Ja, dort wird die weltweite Gemeinde als ein Tempel Gottes gesehen, der ständig wächst. Es geht um die weltweite Gemeinde – und zwar auch um die Gemeinde zu allen Zeiten. Deshalb wird dort auch gesagt, dass dieser Tempel immer noch im Wachsen ist.
Auch die, die später dazukommen, gehören zu dem gleichen Haus Gottes. Es gilt, alle Stellen herauszusuchen, in denen Paulus von „allen Heiligen“ spricht. Dort wird gezeigt, wie wichtig es ist, nicht nur die Liebe in der örtlichen Gemeinde untereinander zu haben, sondern eine Liebe zu allen Erlösten weltweit und zu allen Zeiten.
Deshalb haben sie hier zwölf Stiere für ganz Israel geopfert. Wenn das Buch Esra hier enden würde, wäre das ein gelungenes, schönes Ende.
Aber dann kamen große Probleme auf Esra zu, mit denen er überhaupt nicht gerechnet hatte.
Kapitel 9, Vers 1
Und als dies ausgerichtet war, traten die Obersten zu mir und sprachen: Das Volk Israel, die Priester und die Leviten haben sich nicht von den Völkern der Länder nach deren Gräueln abgesondert, nämlich von den Kananitern, den Hethittern, den Peresittern und den Jebusittern, den Ammonitern, den Moabitern, den Ägyptern und den Amoritern. Denn sie haben von ihren Töchtern für sich und für ihre Söhne genommen, und so hat sich der heilige Same mit den Völkern der Länder vermischt. Die Hand der Obersten und der Vorsteher ist in dieser Treulosigkeit die erste gewesen.
Was ist geschehen? Jetzt ist Esra zurück, an dem Ort, weg von Babel und dieser Verwirrung, und dann trifft er dort am richtigen Ort eine totale Verwirrung an. Man sieht das Prinzip: Eine Erweckung dauert erfahrungsgemäß nicht länger als zwanzig Jahre, und danach geht es wieder bergab. Und was muss man dann machen? Wieder neu aufwecken.
In dem künftigen Mittwochseminar nach der Josephserie werden wir die Erweckungskönige behandeln, acht Könige aus Juda. Ihre Taten, was Recht war in den Augen des Herrn. Dort sieht man die Prinzipien, wie man wieder neues Leben erleben kann, einen Neuanfang und einen neuen Aufbruch.
So war das auch: Sie sind zurückgekehrt, voll Enthusiasmus und Freude. Esra I, ich habe gesagt etwa 200 Leute, kamen, um den Altar wieder aufzurichten an der Stelle des früheren, um den Tempel wieder aufzubauen und den Gottesdienst nach Gottes Gedanken wieder einzurichten. Aber jetzt sind wir einige Jahrzehnte später, und es ging wirklich abwärts wie eine Schweizer Seilbahn. Natürlich geht die Seilbahn vorher auch rauf, aber eben nachher wieder runter.
Und so schlimm: Viele haben sich mit götzdienerischen Frauen verheiratet. Sie haben Gottes Anweisungen für Heiraten nach Gottes Gedanken völlig über Bord geworfen. Aber wäre das unmöglich? Ich meine, Boas hat eine Ruth, die Moabitin, geheiratet, und das wird ja positiv dargestellt im Buch Ruth. Natürlich, aber diese Ruth hat mit ihren Götzen gebrochen. Sie wollte mit ihrer Schwiegermutter Noomi zurückkehren nach Bethlehem und wirklich Zuflucht suchen unter den Flügeln des Gottes Israels. So ist sie übergetreten in das Volk Gottes.
Aber das geschah damals nicht. Das war eine echte Katastrophe.
Schauen wir die Reaktion von Esra an, nachdem auch gesagt wird, dass gerade die Obersten, die Führer, in dieser Sache führend waren.
Vers 3: Und als ich diese Sache hörte, zerriss ich mein Gewand und mein Oberkleid und raufte mir die Haare meines Hauptes – er hat sich Haare ausgezerrt – und meines Bartes. Das macht ziemlich weh. Und ich saß betäubt da, hinstarrend. Das hat ihn so erschüttert. Der Mann war wirklich außer sich.
Zu mir versammelten sich alle, die vor den Worten des Gottes Israels zitterten wegen der Treulosigkeit der Weggeführten. Ich saß betäubt da bis zum Abendspeisopfer.
Das Beispiel von Esra zeigt, dass ihn das so schlimm traf, dass es auch andere ermutigte. Sie sahen, dass das wirklich schlimm war, was geschehen ist. Sie hatten bewusst gegen Gottes Gedanken verstoßen und versammelten sich zu ihm.
Man sieht das an einem Mann oder einem Menschen. Es gibt auch Frauen, die mit Treue vorangehen, wie Deborah zum Beispiel, und das zieht andere wieder an. Sie kommen zu ihm, und zwar alles Leute, die vor der Bibel zittern. Das heißt, sie haben eine innere Hochachtung vor dem, was Gottes Wort sagt.
Es gibt eine Verheißung in Jesaja, auf die ich blicken möchte: „Auf den will ich blicken, der vor meinem Wort zittert“, der das ganz ernst nimmt, was die Bibel sagt. Wie oft habe ich das schon erlebt? Das ist keine Wortklauberei, wenn man das so genau nimmt. Das stimmt nicht! Gott sagt: „Auf den will ich blicken, der vor meinem Wort zittert.“
Esra ist dort bis um wie viel Uhr? Fünfzehn Uhr. Wieso? Das Abendopfer, das Abendspeisopfer, zusammen mit dem Abendbrandopfer, wird im Durchschnitt um drei Uhr, der neunten Stunde nach Sonnenaufgang, auf dem Altar aufgelegt. Das ist der Moment, in dem der Herr Jesus am Kreuz gestorben ist (Matthäus 27). Um die neunte Stunde – sechs plus neun ergibt fünfzehn Uhr.
Also war er bis zum Moment des Sterbens des Herrn Jesus dort, wo Jesus sagte: „Es ist vollbracht.“ So lange war er da, und dann ist er aufgestanden.
Und beim Abendspeisopfer, Vers 5: „Ich stand auf von meiner Demütigung, nachdem ich mein Gewand und mein Oberkleid zerrissen hatte, und ich beugte mich auf meine Knie nieder und breitete meine Hände aus zu dem Herrn, meinem Gott.“
Jedes Mal, wenn es heißt „der Herr, sein Gott“ oder hier „der Herr, mein Gott“, zeigt das, wie Esra eine tiefe persönliche Herzensbeziehung zu dem Herrn hatte. Und jetzt sehen wir ihn wieder beten.
Er lässt in sein Herz hineinblicken. Mit den folgenden Versen erfahren wir, wer Esra war. Er betet und betet bis zum Schluss des Kapitels:
„Mein Gott, ich schäme mich und scheue mich, mein Angesicht zu dir, mein Gott, zu erheben; denn unsere Ungerechtigkeiten sind uns über den Kopf gewachsen, und unsere Schuld ist groß geworden bis an den Himmel. Von den Tagen unserer Väter an sind wir in großer Schuld gewesen bis auf diesen Tag, und um unserer Ungerechtigkeiten willen sind wir, unsere Könige, unsere Priester, der Hand der Könige der Länder übergeben worden, nach dem Schwert, der Gefangenschaft, dem Raub und der Beschämung des Angesichts, wie es an diesem Tag ist. Und nun ist uns für einen kleinen Augenblick Gnade von Seiten des Herrn, unseres Gottes, zuteil geworden, indem er uns Enttronnene übriggelassen und uns einen Pflock gegeben hat an seiner heiligen Stätte, damit unser Gott unsere Augen erleuchte und uns ein wenig aufleben lasse in unserer Knechtschaft usw.“
Was auffällt in diesem Gebet: Er spricht über die Heilsgeschichte. Zum Beispiel in Vers 7 spricht er über die Zeit der Könige. Er schaut also zurück, wie das mit der Heilsgeschichte in früheren Zeiten war, und überschaut überhaupt die Geschichte Israels. Das bringt er ins Gebet mit ein und zeigt, dass diese Zeit, in der er lebte, eine Zeit war, in der Gott quasi ein Aufleben gegeben hat – und trotz dieses Auflebens diese Treulosigkeit.
In Vers 10 sagt er: „Und nun, unser Gott, was sollen wir nach diesem sagen? Denn wir haben deine Gebote verlassen.“
Esra war ja ein treuer, vollkommener Schriftgelehrter, der darauf aus war, das auch umzusetzen. Warum sagt er „wir haben verlassen“? Hier sieht man, dass Esra sich mit dem ganzen Volk Gottes eins macht. Er selbst hat sich überhaupt nicht verschuldet, und trotzdem sagt er „wir“, genauso wie Nehemia in Nehemia 1 oder Daniel in Daniel 9, die die Sünde des Volkes Israel bekennen.
Was bedeutet das? Das bedeutet, wenn wir die Christenheit überschauen und nicht nur die Namenschristen, sondern speziell die wahren Christen, und wir sehen ein Abweichen von Gottes Wort, dann kann man sagen: Wir Gläubigen haben versagt in unserem Zeugnis. Dieses Sich-Eins-Machen kommt hier so zum Ausdruck.
Und das haben wir gesehen: Vers 35 – zwölf Stiere für ganz Israel, zwölf Böcke zum Sündopfer. Er macht sich eins.
Und dann lese ich weiter in Kapitel 10:
Als Esra betete, bekannte er seine Schuld weinend und lag vor dem Haus Gottes ausgestreckt auf dem Boden, im innersten Vorhof des Tempels. Zu ihm versammelte sich eine sehr große Versammlung von Männern, Frauen und Kindern aus Israel, denn das Volk weinte sehr.
Jechanja, der Sohn Jechiels von den Söhnen Elams, erhob sich und sprach zu Esra: „Wir haben treulos gegen unseren Gott gehandelt und fremde Frauen aus den Völkern des Landes heimgeführt. Gibt es denn noch Hoffnung für Israel in dieser Sache? Lasst uns jetzt einen Bund mit unserem Gott schließen, dass wir alle Frauen und die, die von ihnen geboren sind, nach dem Rat meines Herrn und dir, die vor dem Gebot unseres Gottes zittern, hinaustun. Es soll nach dem Gesetz gehandelt werden.“
Er forderte Esra auf: „Steh auf, denn dir obliegt die Sache, und wir werden mit dir sein. Sei stark und handle!“ Da stand Esra auf.
Das ist eindrücklich: Der Mann weint. In unserer Kultur haben manche den Eindruck, Männer dürften nicht weinen. Aber wir müssen uns nicht nach unserer Kultur richten – auch in anderen Hinsichten nicht. Das ist überhaupt nicht der Maßstab. Wir müssen uns nach dem Wort Gottes richten. Dort sehen wir Männer, die weinen, vom ersten Buch der Bibel an, über Esra bis ins Neue Testament. Jesus vergoss Tränen (Johannes 11,37).
Er war so innerlich von dieser Sache ergriffen, dass dies andere ermutigte, zu erkennen, was los war. Sie begannen ebenfalls zu weinen (Vers 1 am Schluss).
Schließlich wird der Vorschlag gemacht: Es gibt doch Hoffnung. Wir müssen das Problem lösen. So machen Esra 9 und 10 Mut einer Gemeinde, in der es gegenüber dem Wort Gottes schiefgelaufen ist. Man soll nicht denken, jetzt sei alles vorbei. Stattdessen müssen wir nach Gottes Wort handeln.
Die Schuldigen werden Fall für Fall einzeln betrachtet. Es wird nicht pauschal gehandelt. Wenn man weiterliest, sieht man, dass man sich Zeit genommen hat, um die Sache seelsorgerlich zu klären – Fall für Fall. Das geschah während der Regenzeit. Man zitterte in Jerusalem, es war sehr kalt.
Das war im neunten Monat nach jüdischer Zählung, am zwanzigsten Tag des Monats. Das ist natürlich nicht September, sondern die kalte Winterzeit (Vers 9). Das ganze Volk saß auf dem Platz des Hauses Gottes, zitternd wegen der Sache und wegen der Regengüsse.
Ich kann das gut nachvollziehen. Ich habe so eine Erfahrung fast noch in meinen Knochen: Im Februar in Jerusalem hat es geregnet, und ich war völlig durchnässt. Es ist furchtbar. Ich stelle mir vor, wie es im Juni oder Mai in Jerusalem gewesen sein muss. Ach, so schön ist es dort, aber wenn man richtig durchnässt und kalt ist! Ich sehe mich noch vor den Ausgrabungen am Ofel, im Südabhang des Tempelbergs, und ich hatte es so kalt. Ich kann nicht verstehen, wie sie gezittert haben – auch wegen dieser Sache. Wie schlimm!
Und es wird alles geregelt. Wie? Viele meinen, Esra hätte verlangt, dass sie sich scheiden lassen müssen. Das stimmt nicht.
Auf meiner Homepage gibt es schriftliche Fragenbeantwortungen, wo man nachlesen kann zu Esra 9 und 10. Dort habe ich mir Mühe gegeben, mit all den hebräischen Wörtern, die dort verwendet werden, ganz genau zu analysieren, was gesagt wird. Es ist klar: Es gab keine Ehescheidung.
Aber die Männer, die fremde Frauen, Götzendienerinnen in den jüdischen Siedlungen hatten, mussten diese Frauen hinaustun aus den jüdischen Siedlungen. Sie mussten also außerhalb der jüdischen Siedlungen wohnen. Die Ehe jedoch blieb bestehen.
Die Ehe kann nicht einfach aufgelöst werden, nur weil der Ehepartner ungläubig ist. Das macht auch 1. Korinther 7 deutlich, außer der Ungläubige geht. Aber man soll ihn gewinnen, sagt 1. Korinther 7. Das steht nicht im Gegensatz zu Esra 9 und 10.
Das Alte und das Neue Testament widersprechen sich auch in der Ehefrage nie. Das ist ganz wichtig, denn die Ehe ist eine Einrichtung Gottes in der Schöpfung. Sie hat durch das Neue Testament keine Änderung erfahren. Denn auch die Gläubigen des Neuen Testaments, obwohl ein himmlisches Volk, sind Menschen auf dieser Erde. Die Grundsätze für die Ehe gelten auch im Neuen Testament.
So zeigt sich hier: Es war nur eine Maßnahme, dass die fremden Frauen mit ihren Kindern aus den jüdischen Siedlungen hinausgetan wurden. Aber die Ehen blieben bestehen.
Und dann sollte ich ja zum Schluss kommen – das mache ich auch. Wir sehen, dass es nach einem Totaleinsatz eine Lösung gibt. Weiter wird Ezra noch im Buch Nehemiah erwähnt.
Jahre später kam nämlich Nehemiah aus Persien nach Jerusalem, um die Stadtmauern von Jerusalem endlich aufzubauen. Der Tempel war bereits aufgebaut, aber die Stadtmauern noch nicht.
Dann sehen wir in Ezra 8 noch einmal und in Nehemiah 8 noch einmal Ezra. Die Stadtmauern waren aufgebaut, und erst später wurden die Häuser in großer Zahl wieder aufgebaut.
Dann lesen wir in Nehemiah: „Und als der siebte Monat herankam und die Kinder Israel in ihren Städten waren, da versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann auf dem Platz, der vor dem Wassertor liegt.“ Im Folgenden wird gesagt, dass es am ersten Tag des siebten Monats war.
Welcher Tag ist das? Der siebte Monat ist Tischri, und der erste Tischri ist Rosh Haschanah, der Neujahrstag. Am Neujahrstag versammelten sie sich am Wassertor.
Das ist gerade dort, wo ich so gefroren habe. Genau dort stand ich. Unten sieht man das Wassertor von der Straße, das Wassertor von Jerusalem. Und das wird hier erwähnt. Da, auf dem Platz vor dem Wassertor, standen sie.
Sie sprachen zu Esser, dem Schriftgelehrten, dass er das Buch des Gesetzes Mose bringen sollte, das der Herr Israel geboten hatte. Am ersten Tag des siebten Monats brachte Ezra, der Priester, das Gesetz vor die Versammlung – sowohl vor Männer als auch vor Frauen und vor alle, die Verständnis hatten, um zuzuhören.
Er las auf dem Platz, der vor dem Wassertor liegt, vom lichten Morgen bis zum Mittag, in Gegenwart der Männer, der Frauen und derjenigen, die Verständnis hatten. Die Ohren des ganzen Volkes waren auf das Buch des Gesetzes gerichtet. Ezra stand auf dem Holzgerüst.
In der Folge wurde das gelesene Wort auch genau erklärt. Das Ganze löste eine Erweckung in Israel aus. Jahre später, nachdem alles in Ordnung gebracht war, ging es wieder bergab, und hier geht es wieder bergauf – weil Ezra das Wort Gottes nahm, es vorlas und dafür sorgte, dass es genau erklärt wurde, so dass die Leute daraus kamen.
Ich lese noch Vers 8: „Sie lasen in dem Buch des Gesetzes Gottes deutlich und gaben den Sinn an, so dass man das Gelesene verstand.“ Also: deutlich vorlesen, nicht so schnell und nicht verschlucken. Das Wort Gottes deutlich vorlesen und dann genau erklären, so dass alle, die zuhören, daraus kommen – die Erwachsenen und auch die Kinder, die schon zuhören können.
Das Ganze löst eine unglaubliche Erweckung und große Freude aus. In Vers 10 heißt es: „Jetzt komme ich wirklich zum Schluss.“ Am Ende von Vers 10 steht: „Betrübt euch nicht, denn die Freude an dem Herrn ist eure Stärke.“
Eine Fußnote erklärt, dass Stärke hier Festung oder Schutzwehr bedeutet. Die Freude im Herrn ist wie ein Schutz um unsere Person herum.
In Vers 17 heißt es schließlich: „Und es war eine sehr große Freude. Man las im Buch des Gesetzes Gottes Tag für Tag, vom ersten Tag bis zum letzten Tag.“ Das war dann während des Laubhüttenfestes. Zuerst war Neujahr, dann das Laubhüttenfest.
So hat dieser Mann Ezra eine unglaubliche Wirkung gehabt. Warum? Weil er eine solche Herzensbeziehung zu dem Herrn hatte, der seine Hilfe war. Ezra war dem Volk Gottes eine große Hilfe.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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