Einführung in die Prophetie Jeremia 33
Wir stehen in unserem Gang durch das Alte Testament beim Propheten Jeremia. Dabei wollen wir uns noch die Stelle in Jeremia 33 anschauen. Wir lesen Jeremia 33,14-26:
„Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da erfülle ich das gute Wort, das ich über das Haus Israel und über das Haus Juda geredet habe. In diesen Tagen und zu dieser Zeit werde ich dem David einen Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen lassen. Er wird Recht und Gerechtigkeit im Land üben. In jenen Tagen wird Juda gerettet, und Jerusalem wird in Sicherheit wohnen.
Und das wird sein Name sein, mit dem man ihn benennt: Der Herr unsere Gerechtigkeit. Denn so spricht der Herr: Nie soll es dem David an einem Mann fehlen, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt. Und den Priestern, den Leviten, soll es nie an einem Mann fehlen, der Brandopfer opfert, Speisopfer in Rauch aufgehen lässt und Schlachtopfer zubereitet, alle Tage.
Und das Wort des Herrn geschah zu Jeremia: So spricht der Herr: Wenn ihr jemals meinen Bund mit dem Tag und meinen Bund mit der Nacht brechen könnt, sodass Tag und Nacht nicht mehr zu ihrer Zeit sind, dann kann auch mein Bund mit meinem Knecht David gebrochen werden. Dann wird er keinen Sohn mehr haben, der auf seinem Thron König ist. Ebenso kann mein Bund mit den Leviten, den Priestern, meinen Dienern, gebrochen werden.
Wie das Heer des Himmels nicht gezählt und der Sand des Meeres nicht gemessen werden kann, so werde ich die Nachkommen meines Knechtes David und die Leviten zahlreich machen, die mir dienen.
Und das Wort des Herrn geschah zu Jeremia: Hast du nicht gesehen, was dieses Volk redet, indem es sagt: ‚Die beiden Geschlechter, die der Herr erwählt hatte, die hat er verworfen‘? Und wie sie mein Volk schmähen, indem sie sagen, dass es vor ihnen keine Nation mehr sei.
So spricht der Herr: Wenn mein Bund mit dem Tag und der Nacht nicht mehr besteht, wenn ich die Ordnungen des Himmels und der Erde nicht festgesetzt habe, dann werde ich auch die Nachkommen Jakobs und meines Knechtes David verwerfen. Dann werde ich nicht mehr von seinen Nachkommen Herrscher nehmen über die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs. Denn ich werde ihr Geschick wenden und mich über sie erbarmen.“
Parallelen in den biblischen Texten und ihre Bedeutung
Kapitel 23 – schlagen wir das kurz auf – hatten wir bereits ausführlich angesehen. Du liest gerade 5. und 6. Vers. Wir hatten in der Vergangenheit bereits bis Vers 8 behandelt. Jawohl! Das sind Paralleltexte im Alten Testament.
Wir sind es gewohnt, dass es parallele Texte im Neuen Testament gibt, besonders ausgeprägt bei den Evangelien. Welche Evangelien sind das? Die Synoptiker. Es gibt vier Evangelien, aber die meisten Parallelen finden sich bei den Synoptikern. Das sind Matthäus, Markus und Lukas. Das Wort „Synoptiker“ bedeutet „die mit dem gleichen Blickwinkel“. Die ersten drei Evangelien behandeln sehr viel gemeinsamen Erzählstoff, allerdings immer mit einem anderen Akzent. Jedes Evangelium hat eine besondere Botschaft: Matthäus beschreibt den König, Markus den Knecht als Kontrast, Lukas den wahren Menschen und Johannes im Gegensatz dazu den wahren Gott. Besonders die ersten drei Evangelien sind so parallel.
Das gibt es auch im Alten Testament. Dort finden sich ebenfalls viele Paralleltexte. Besonders ausgeprägt sind diese im Buch Mose. Wo gibt es da viele Parallelen? Im fünften Buch Mose. Auch im dritten und fünften Buch Mose gibt es viele Parallelen. Das hängt damit zusammen, dass Mose am Ende der Wüstenwanderung noch einmal einen Rückblick gibt. Zuerst blickt er auf die Vergangenheit Israels seit dem Auszug aus Ägypten zurück. Dann erklärt er die Gebote, die bereits für Israel gegeben wurden – in zweiter, dritter und vierter Mose – und erläutert, wie sie angewendet werden sollen, wenn das Volk im Land lebt. Die Parallelen ergeben sich daraus.
Das sind jedoch keine bloßen Wiederholungen, sondern es geht um die Anwendung der Gebote in der neuen Situation des Landes. Daraus lernt man auch, dass die Gebote Gottes ihre Bedeutung nicht verlieren, wenn sich die Umstände ändern. Manche denken, die heutige Zeit sei ganz anders, deshalb könne man das Neue Testament nicht mehr so leben wie damals vor zweitausend Jahren. Gerade das Beispiel des fünften Buches Mose im Vergleich mit den Büchern davor zeigt, dass das nicht so ist. Das Wort Gottes hat seine Gültigkeit und Anwendung in allen möglichen Situationen, ob im Leben in der Wüste, im nomadischen Leben oder jetzt im Land mit einer Agrargesellschaft, also einer Gesellschaft, die den Boden bebauen muss. Das Wort Gottes gilt auch in der neuen Situation.
Wo finden wir noch ausgeprägte Parallelen im Alten Testament? Bei den Königs- und Chronikbüchern. Was ist der Unterschied? Die Wiederholungen sind nie bloße Wiederholungen, sondern haben immer eine Bedeutung. Was ist der Sinn der Königsbücher und der Chronikbücher? Wo liegt der Unterschied?
Die Chronikbücher sind später geschrieben worden, nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft. Die Königsbücher sprechen nicht einmal von dieser Rückkehr. Zeitlich besteht also ein Unterschied. Das zeigt sich auch an der Rechtschreibung. Zum Beispiel wird der Name David in den Königsbüchern noch in der alten Schreibweise mit Konsonanten geschrieben: d-v-d. Die neue Schreibweise beginnt, Lesemütter einzuführen, das heißt, bestimmte Konsonanten sollen Vokale andeuten. So wird David dort als d-v-j-d geschrieben, um zu zeigen, dass man „David“ und nicht „Da wat“ oder „Da wet“ liest. Anhand der Rechtschreibung, die sich ständig änderte, kann man also erkennen, aus welcher Epoche ein Buch stammt. Die späteren Bücher haben eine etwas andere Schreibweise als die früheren.
Inhaltlich betrachtet: Die Chronikbücher schreiben nur über die jüdischen Könige, also nur über das Haus Davids. Es geht um die Nachkommen der Königslinie Davids, also um das Südreich. Im Buch der Könige dagegen geht es um das zwölfstämmige Volk Israel. Dort werden sowohl das Südreich als auch das Nordreich beschrieben. Auch in der Datierung wird ständig die Korrelation, also die Verknüpfung der beiden Chronologien, angegeben.
Der Blickwinkel ist also ganz anders: In den Chronikbüchern geht es um die Verheißung an David, dass seine Nachkommen Könige sein sollen und dass diese Linie schließlich zum Messias führen wird. In den Königsbüchern geht es um das gesamte Volk Israel.
Ein weiterer Unterschied: In den Chronikbüchern liegt der Akzent mehr auf der Gnade Gottes, während in den Königsbüchern eher die Verantwortung betont wird. Das sind jedoch nur unterschiedliche Akzente. Die Gnade findet man selbstverständlich auch in den Königsbüchern. Deshalb versteht man vielleicht besser, warum der spätere Abfall Salomos, der in 2. Könige 11 berichtet wird, in den Chronikbüchern nicht erwähnt wird. Es ist ein anderer Blickwinkel: mehr die Gnade in den Chronikbüchern, mehr die Verantwortung in den Königsbüchern.
Leider gibt es meines Wissens auf Deutsch kein Buch, das alle diese Parallelen zusammenstellt. Evangelharmonien gibt es zur Genüge, bei denen die Texte in parallelen Spalten aufgeführt werden. Auf Hebräisch gibt es das von Abba ben David: „Parallels in the Bible – magbilot bam Mikra“, zweisprachig herausgegeben auf Englisch und Hebräisch. Das ist jedoch nur der hebräische Text mit allen Parallelen.
Man wundert sich, es gibt doch viel mehr als das, was wir hier aufgezählt haben – auch innerhalb der Propheten und der Psalmen finden sich sehr viele solche Texte. Bei diesen Parallelen muss man immer darauf achten, was die besondere Aussage ist. Die Bibel wird nie einfach bloß wiederholt.
Unterschiede zwischen Jeremia 23 und 33
Wurde beim Lesen beachtet, was der Unterschied zwischen Jeremia 23,5-6 und 33,14-15 ist? Ist das nicht aufgefallen? Dann sollte vielleicht jemand nochmals Jeremia 23,5-6 vorlesen, und die anderen lesen parallel Jeremia 33,14-16 mit.
Peter liest nochmals Jeremia 23,5: „Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da ich dem David einen gerechten Spross erwecken werde.“ In Kapitel 33 steht: „Da werde ich das gute Wort erfüllen, welches ich über das Haus Israel und über das Haus Juda geredet habe.“
In Kapitel 23 geht es also speziell um die Verheißung an David persönlich, während es in Kapitel 33 um Gottes Verheißung an das ganze Volk Israel geht. Dort wird gesagt: „Dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: ‚Herr, unser Gerechtigkeit‘.“
Was sind noch weitere Unterschiede? Der Name „Herr, unsere Gerechtigkeit“ bezieht sich in Kapitel 23 auf ihn, auf den Messias, auf den Herrn. In Kapitel 33 jedoch, auf wen bezieht er sich? Nein? Richtig, auf Jerusalem. Im Hebräischen ist „lah“ weiblich, deshalb bezieht es sich eindeutig auf die Stadt. Die Stadt ist im Hebräischen, wie auch im Deutschen, weiblich. Deshalb werden Städte immer wieder mit Frauen verglichen, wie die „Tochter Jerusalems“ oder die „Tochter Babylons“. Hier bezieht sich der Text auf die Stadt.
In Kapitel 23 wird betont, dass der Messias „Herr, unsere Gerechtigkeit“ heißt. In Kapitel 33 erhält seine Stadt, in der er regieren wird, ebenfalls diesen Namen, „Herr, unsere Gerechtigkeit“. Denn er wird dort regieren, und die Gerechtigkeit Gottes wird in Jerusalem herrschen und von dort aus über die ganze Welt ausgehen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied: In Jeremia 33,16 steht, dass Jerusalem in Sicherheit wohnen wird, während in Kapitel 23 einfach von Israel die Rede ist. Hier liegt der Akzent also auf der Stadt, der Königstadt.
Noch ein Unterschied: In Kapitel 23 heißt es, dass Gott „dem David einen gerechten Spross erwecken“ wird. In Kapitel 33 dagegen steht, dass ein „Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen“ wird. Das „Erwecken“ meint den Anfang, das Hervorsprossen den Entwicklungsprozess, die Entfaltung.
Kapitel 23 betont, dass ein Nachkomme von David geboren wird, der König sein wird. In Kapitel 33 sind wir bereits im Tausendjährigen Reich, und der Nachkomme Davids wird dann seine Friedens- und Gerechtigkeitsregierung voll entfalten und hervorsprossen lassen.
Das heißt: Kapitel 23 bezieht sich mit der Aussage „dem David einen gerechten Spross erwecken werde“ auf das erste Kommen vor etwa zweitausend Jahren. Dort wurde der Messias als Mensch, als Nachkomme von David über die Linie von Maria geboren. Im Tausendjährigen Reich aber wird er kommen, um seine Herrschaft anzutreten und seine Regierung über die ganze Welt auszubreiten.
Die Fortsetzung ist dann wieder anders. Damals haben wir uns in Kapitel 23 mit der Verheißung beschäftigt, wie die Juden heimkehren werden, insbesondere aus dem Land des Nordens. Dabei ging es um die Rückführung aus dem äußersten Norden, aus Russland beziehungsweise der Sowjetunion. Das war das wichtigste Rückkehrland, seit die Juden 1882 begannen zurückzukehren. Mehr als ein Drittel aller Juden, die von allen fünf Kontinenten zurückkehrten, kamen aus dem Land des Nordens, das in Jeremia 23,8 besonders hervorgehoben wird.
Nun kommt eine interessante Verheißung für David. Liest jemand nochmals Vers 17? Dort steht: „Denn so spricht der Ewige: ‚Nie wird dem David ein Mann abgeschnitten sein, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt.‘“
Was wird hier verheißt? Ein fortdauernder Segen. Genauer: Ein fortdauernder Segen, dass der Tempel erhalten bleibt, weil Simon König war. Das Königtum Davids bleibt erhalten, ebenso das Priestertum der Leviten.
Es ist wichtig, den Text genau zu betrachten. Wörtlich steht in Vers 17: „Kichwa Maradonai“, „Denn so spricht der Ewige: ‚Nie wird dem David ein Mann abgeschnitten sein, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt.‘“
Man könnte, wie es üblich übersetzt wird, auf eine falsche Idee kommen: „Nie soll es dem David an einem Mann fehlen, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt.“ Das könnte so verstanden werden, dass es eine ununterbrochene Abfolge von Königen aus der Linie Davids geben soll.
Der Text sagt das aber nicht aus. Vielmehr heißt es: „Nicht wird abgeschnitten sein ein Mann, dem David, der auf dem Thron sitzt.“ Das bedeutet, dass die Königsthrone Davids niemals ausgelöscht werden, sodass ihre Fortsetzung unterbrochen wird.
Historischer Hintergrund und die Bedeutung des Bundes mit David
Die Zeit von Jeremia war eine sehr tragische Epoche. Um 586 v. Chr., also zu Jeremias Lebzeiten, zerstörten die Babylonier Jerusalem und den Tempel. Die Juden wurden nach Babylon deportiert, und das Königtum des Hauses Davids endete damals.
Welcher König war der letzte in der Linie von David, Salomo und Rehabeam? Hier muss man präzisieren, denn Rehabeam gehörte bereits zu einer Seitenlinie. Der letzte König aus der geraden Königslinie war Konja, auch Jechonja genannt.
Von ihm hatten wir bereits früher gelesen und ausführlich gesprochen. Ich erinnere an 2. Könige 22,24-30. Dort sagt Gott zu Jechonja, dass er, weil er ein unwürdiger und schlechter König war, verflucht sei: Kein Nachkomme von Jechonja wird jemals auf dem Thron Davids sitzen. Damit wurde die gerade Königslinie von Gott verflucht. Aus dieser Linie wird es nie wieder einen König geben, der auf dem Thron Davids sitzt.
Der allerletzte König war dann Zedekia, ein Onkel von Jechonja. Er wurde von Nebukadnezar eingesetzt. Hätte er sich gehorsam Babylon, der Weltmacht, untergeordnet, hätte das Königreich weiterbestehen können. Doch er rebellierte, verbündete sich mit Ägypten und hoffte, dass Ägypten helfen würde, Babylon zu stürzen. Doch die Ägypter kamen nicht.
So kam es zur Zerstörung Jerusalems im Jahr 586 v. Chr. Zedekia wurde geblendet und nach Babylon deportiert. Damit war das Königtum beendet.
Gerade in dieser Zeit stellte sich die große Frage: Wo bleiben die Verheißungen gegenüber David? Die Linie ist abgeschnitten und sogar verflucht. Wir haben uns damit schon ausführlich beschäftigt. Vielleicht sollten wir noch einmal Psalm 89 aufschlagen. Dieser Psalm stammt von Ethan, dem Esrachiter, einem Zeitgenossen von David und Salomo. Er schrieb ihn noch zu den guten Zeiten des jüdischen Königtums.
Dort heißt es in den Versen 1 bis 4:
Ein Maskill von Ethan dem Esrachiter: Die Gnadenerweise des Herrn will ich ewig besingen, von Geschlecht zu Geschlecht. Mit meinem Mund will ich deine Treue verkündigen, denn ich sagte: Auf ewig wird die Gnade gebaut werden, in den Himmeln wirst du deine Treue festgründen. Einen Bund habe ich mit meinem Auserwählten geschlossen, habe David, meinem Knecht, geschworen: Bis in Ewigkeit will ich deiner Nachkommenschaft Bestand geben und für alle Geschlechter deinen Thron bauen.
Gott verheißt David, dass sein Königtum nicht untergehen wird. Doch gerade in der Zeit Jeremias erlebte man das Ende des Königtums. Die große Frage lautete nun: Wenn der letzte aus der geraden Königslinie verflucht ist, wie kann Gott dann seine Verheißung an David erfüllen? Wie soll der Thron Davids weiterbestehen?
Eigentlich hätte das in Jeremias Zeit keine Überraschung sein sollen, denn dieser Psalm spricht bereits von dieser Katastrophe des Abbruchs. Lesen wir nochmals ab Vers 38:
Du aber hast verworfen und verstoßen, du bist sehr zornig gewesen gegen deinen Gesalbten. Du hast den Wunsch deines Knechtes verlassen, seine Krone zu Boden entweiht, alle seine Mauern niedergerissen und seine Festungen in Trümmer gelegt. Alle, die des Weges vorübergehen, spotten über ihn; er ist zum Hohn seiner Nachbarn geworden. Du hast die Rechte seiner Bedränger erwirkt und alle seine Feinde erfreut. Du hast die Schärfe seines Schrittes zurückgewandt und ihn im Kampf nicht gestärkt.
Du hast seinen Glanz aufhören lassen und seine Krone zur Erde gestürzt. Du hast die Tage seiner Jugend verkürzt und ihn in Schmach bedeckt. Bis wann, Jehova, wirst du dich immerfort verbergen? Wie ein Feuer brennt dein Grimm.
Hier sehen wir die ganze Enttäuschung der Juden zur Zeit Jeremias, die Jahrhunderte zuvor prophetisch aufgeschrieben wurde. Was für die Menschen damals eine Katastrophe war, hätten sie schon seit Jahrhunderten erwarten müssen. Sie mussten mit diesem Abbruch rechnen, und die Zweifel kamen auf: Wo ist die Treue Gottes?
Wer hat David einen Bund geschworen? Wer hat mit David einen Bund geschlossen? Psalm 89, Vers 3 sagt: Einen Bund habe ich mit meinem Auserwählten gemacht, habe David, meinem Knecht, geschworen, dass er ewig Bestand haben soll.
Und nun die Frage: Bis wann, Herr, willst du dich immerfort verbergen? Du hast alles verworfen und in Trümmer gelegt.
In Vers 49 heißt es:
Wer liest das nicht? Wo ist deine Treue? Gedenke, Herr, des Hohnes deiner Knechte! Ich trage den Spott vieler Völker in meinem Bogen, mit dem deine Feinde deinen Gesalbten verhöhnen.
Ich muss noch erklären: Das Wort „Gütigkeiten“ in der alten Elberfelder Übersetzung, das anderswo auch als „frühere Gnaden“ oder „Gütigkeiten“ übersetzt wird, steht im Hebräischen für „Chesed“. Dieses Wort bezeichnet treue Loyalität gegenüber Abmachungen. Es meint speziell, sich an einen Vertrag oder eine Vereinbarung zu halten.
Darum die Frage: Wo sind, o Herr, deine früheren Chesed, deine Gütigkeiten, die du David in deiner Treue geschworen hast? Du hast gesagt, dass dieses Königtum bis in Ewigkeit weiterbestehen soll, und jetzt ist es abgeschnitten.
Doch dann folgt der Ruf in Vers 50: Gedenke, Herr! Er soll eingreifen und dieses Problem lösen.
Der allerletzte Vers des Psalms ist nicht mehr von Frustration und Enttäuschung geprägt, sondern von Lobpreis:
Gepriesen sei der Herr ewiglich! Amen, ja, Amen.
Die Erfüllung der Verheißung in Jesus Christus
Und wie hat Gott das Problem gelöst? Maria stammte aus der Linie Davids, wie man aus ihrem Geschlechtsregister in Lukas 3 entnehmen kann. Allerdings gehörte sie nicht zur Königslinie, sondern war Nachkomme eines Sohnes Davids namens Nathan, einem Bruder Salomos. Diese Linie war keine Königslinie.
Joseph hingegen, dessen Geschlechtsregister in Matthäus 1 aufgeführt ist, kam aus der geraden Königslinie von David über Salomo und Rehabeam bis Jechonia. Er selbst hätte jedoch nie König in Israel werden können, da er ein Nachkomme Jechonias war. Jeremia 22 sagt: „Nie wird ein Same von Jechonia auf dem Thron sitzen.“
Da Joseph Maria heiratete, wurde er der gesetzliche Vater Jesu. Dadurch erhielt Jesus Christus als Mensch das Anrecht auf die Königslinie. Obwohl Joseph selbst kein Same Jechonias war, war er dennoch ein Nachkomme Davids. Maria wiederum stammte biologisch über Nathan von David ab. Die beiden mussten heiraten, damit sich beides erfüllte.
So wurde David ein gerechter Spross erweckt. Jesus Christus wird bei seinem zweiten Kommen als König erscheinen. Dann erfüllt sich Jesaja 11, Vers 1 und Vers 15: „Und zu jener Zeit werde ich dem David einen Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen lassen, und er wird Recht und Gerechtigkeit üben im Land.“ Der Herr Jesus wird von Jerusalem aus herrschen. Die Stadt wird den Namen „Adonai Zekenu“ tragen, das heißt „der Herr unserer Gerechtigkeit“. Er wird tausend Jahre lang über die ganze Erde regieren, danach wird Gott diesen Kosmos auflösen.
So wird die Prophetie erfüllt: Es wird David nie ein Mann abgeschnitten werden, der auf seinem Thron sitzt. Allerdings wird es einen langen Unterbruch geben. Das war schon lange vor der Zerstörung durch die Babylonier prophezeit.
Dazu müssen wir unbedingt nochmals Jesaja 11 aufschlagen. Das haben wir schon früher behandelt, auch die zwei Linien von Joseph und Maria. Das ist Wiederholung, aber wie die alten Römer sagten: Repetitio mater studiorum est – die Mutter des Lernens ist die Wiederholung.
In Jesaja 11, Vers 1 heißt es: „Und es wird ein Zweig hervorgehen aus dem Stumpf Isais, und ein Schössling hervorbrechen aus seinen Wurzeln. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rats und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Er wird sein Wohlgefallen haben an der Furcht des Herrn. Er wird nicht nach dem Augenschein richten, noch nach dem Hörensagen Recht sprechen, sondern er wird die Armen mit Gerechtigkeit richten und den Elenden im Land ein unparteiisches Urteil sprechen.“
Hier wird der Messias bereits als König beschrieben.
Wichtig ist, dass in Vers 1 von einem Reis aus dem Stumpf Isais gesprochen wird. Isai war der Vater Davids. Der Stumpf Isais beschreibt den Stammbaum Isais als abgeholzten Baum, von dem nur noch Stumpf und Wurzeln übrig sind. Das war die Situation zur Zeit Jeremias. Der Baum der Königslinie war gefällt worden.
Jesaja sprach dies schon lange, etwa hundert Jahre oder etwas mehr vor Jeremia: Ein Reis wird aus dem Stumpf Isais hervorgehen. Die Königslinie wird also abgeschlagen, aber es bleibt Hoffnung. Wenn ein Baum gefällt wird, ist nicht alle Hoffnung verloren. Ein Schössling kann aus dem Wurzelstock neues Leben bringen.
So kommt der Messias aus diesem abgeholzten Stammbaum hervor. Im Tausendjährigen Reich wird er als König gerecht über die Welt herrschen.
So versteht man die Verheißung bezüglich der Nachkommenschaft Davids korrekt.
Interessant ist auch Jeremia 33, wo Gott die Sicherheit dieses Bundes beschreibt. Dort heißt es in Vers 19 bis 21: „So spricht der Herr: Wenn ihr jemals meinen Bund mit dem Tag und meinen Bund mit der Nacht brechen könntet, so dass Tag und Nacht nicht mehr zu ihrer Zeit sind, dann kann auch mein Bund mit meinem Knecht David gebrochen werden.“
Der Bund meint hier Gottes feste Abmachung bezüglich der Naturgesetze, dass es Tag und Nacht gibt. Sollte der Mensch das brechen können, würde Gott auch seine Verheißungen bezüglich der Nachkommenschaft Davids aufgeben. Damit wird gesagt: Dieser Bund wird nie gebrochen werden, auch wenn es Probleme mit dem abgeholzten Stammbaum gibt.
Diese Verheißung wird in Erfüllung gehen. Der Messias wird aus dieser Linie kommen und mit Recht auf dem Thron Davids sitzen.
Bedenken wir auch die Botschaft des Engels Gabriel in Lukas 1 an Maria. Er sagt, sie solle ihrem Sohn den Namen Jesus geben und dass er auf dem Thron seines Vaters David sitzen werde.
Lukas 1, Verse 30-33 lautet: „Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird regieren über das Haus Jakobs in Ewigkeit. Sein Reich wird kein Ende haben.“
Hier wird klar gesagt: Sein Vater ist David, also sein Vorfahr David. Außerdem wird betont, dass dieses Reich nicht nur auf tausend Jahre beschränkt sein wird.
Das Tausendjährige Reich wird in Offenbarung 20 beschrieben. Danach folgt die Auflösung des Weltalls, wie 2. Petrus 3 sagt, wenn die Elemente in Brand aufgelöst werden.
Gott wird dann einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Dort beginnt das ewige Reich unseres Herrn Jesus Christus, wie es in 2. Petrus 1 genannt wird. Er wird herrschen in alle Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
Die Bedeutung des Fluchs gegen Jechonia und die Geschlechtsregister
Ja, gehen wir zurück zu Jeremia 33. Gerne.
Bezüglich des Fluches gegen Jechonia, wie er in Jeremia 22 beschrieben wird: In Vers 30 heißt es, dass der Mann als kinderlos geschrieben werden soll – so steht es zumindest in einer Übersetzung. In Matthäus 1 wird jedoch berichtet, dass er Nachkommen hatte, als wäre nichts geschehen. Das bedeutet, dass er bereits Nachkommen zum Zeitpunkt des Fluches hatte, sonst entstünde ein Widerspruch.
Lies noch einmal die Verse 29 und 30 in Jeremia 22: „Von seinen Nachkommen wird nicht einer gedeihen.“ Das setzt voraus, dass Nachkommen vorhanden sind. Ja, klar, aber er wird quasi so verzeichnet, als sei er kinderlos. Das bedeutet, seine Stammlinie wird abgeschnitten, es wird keine gedeihenden Nachkommen mehr geben. Er gehört also zu der Kategorie, bei der alle Nachkommen kein Gedeihen haben werden. Keiner von ihnen wird jemals auf dem Thron Davids sitzen.
Der Vers selbst erläutert, was mit „kinderlos“ gemeint ist.
Nun zu Jeremia 33, Vers 21: Wenn man die Naturgesetze bezüglich Tag und Nacht verändern könnte – die ja dadurch entstehen, dass die Erde sich in 24 Stunden um ihre eigene Achse dreht – dann würde Gott seine Verheißung gegenüber David brechen, dass er keinen Sohn habe, der auf seinem Thron König sei.
Dazu kommt noch ein Versprechen in Bezug auf den Stamm Levi und die Leviten, die Priester, Gottes Diener. Gott verspricht hier also nicht nur, dass die davidische Linie nie enden wird, sondern auch die levitische Linie erhalten bleibt.
Damals gab es noch die Leviten. Der Tempel wurde später zerstört, und sie waren während der babylonischen Gefangenschaft Priester ohne Funktion. Aber ab 539 v. Chr. konnten sie zurückkehren und bauten den zweiten Tempel. Dort waren die Leviten wieder als Tempeldiener und Priester tätig. Alle Nachkommen Aarons sind Priester. Im Jahr 70 n. Chr. kam es zur erneuten Zerstörung des Tempels – und diesmal dramatischer, denn der Tempel wurde nie mehr aufgebaut, auch in den folgenden Jahrhunderten nicht und bis heute nicht.
Gott verspricht hier nicht, dass der Tempel niemals untergehen wird. Vielmehr heißt es, dass die Nachkommenschaft der Leviten nie untergehen wird.
Dramatisch war im Jahr 70 n. Chr., dass die Geschlechtsregister, die in Jerusalem zentral gelagert wurden – von jedem Juden im Land –, durch die Römer verbrannt wurden. Das war ein einschneidendes Ereignis, denn vor dem Jahr 70 konnte jeder Jude im Prinzip nachweisen, aus welcher Linie er stammt, aus welchem Stamm und aus welchem Vaterhaus.
Übrigens ist es wichtig zu wissen, dass Matthäus sein Evangelium noch vor dem Jahr 70 veröffentlicht hat. In Kapitel 1 schreibt er, dass Joseph aus der Königslinie Davids und Salomos stammt. Das war eine gefährliche Sache, denn sobald man Bücher veröffentlicht, wird man angreifbar. Das merkt man als Bücherschreiber: Wenn man nichts sagt, hat man Ruhe. Wenn man aber gewisse Dinge sagt, kann man stark angegriffen werden.
So war es auch mit der Veröffentlichung der Evangelien. Sie gaben den Feinden Angriffsfläche. Wichtig ist, dass alle vier Evangelien noch im ersten Jahrhundert geschrieben wurden, und die synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas ganz deutlich vor dem Jahr 70.
Damals konnte jeder überprüfen: Stimmt es, dass Joseph wirklich aus dieser Linie stammt? Ist Jesus Christus wirklich ein Sohn Davids über die Linie von Maria? Wenn da etwas nicht gestimmt hätte, hätten die Pharisäer das sofort aufgegriffen und das entstehende Christentum mit Argumenten sofort ausrotten können – nicht durch Verfolgung, wie es später geschah.
Auch andere Aussagen in den Evangelien, zum Beispiel die Geburt Jesu in Bethlehem, wurden damals veröffentlicht, als noch Augenzeugen lebten. Das war riskant. Es ist vergleichbar mit heutigen Leugnungen der Judenvernichtung im Nazireich: Die Augenzeugen sind noch unter uns und können bezeugen, was geschehen ist. Das macht es schwer, solche Leugnungen durchzusetzen.
Ähnlich verhält es sich mit den Evangelien: Sie wurden zur Zeit der Augenzeugen verfasst. Diese hätten sagen können: „Nein, Jesus wurde in Nazaret geboren und nicht in Bethlehem.“ Damit hätte man das Christentum widerlegen können. Interessanterweise findet man solche Argumente im Talmud nicht.
Auch die Wunder Jesu werden im Talmud von orthodox-jüdischer Seite nicht geleugnet. Dort wird gesagt, die Wunder kämen aus einer finsteren Quelle. Das entspricht dem Argument, das man in Matthäus 12 findet, wo die Pharisäer behaupten, Jesus treibe Dämonen aus durch Beelzebub, den Obersten der Dämonen. Der Vorwurf lautet also Magie.
Die Wunder selbst werden also nicht geleugnet. Auch von heidnischer Seite wurde das Christentum angegriffen, zum Beispiel durch Celsus, einen neuplatonischen Philosophen im zweiten Jahrhundert. Er griff das Christentum an, aber nicht mit solchen Argumenten.
Damals hätte man noch mit Fakten argumentieren können: „Wir wissen doch genau, wie es war, und die Geschlechtsregister stimmen nicht.“ Aber so wurde nicht argumentiert. Solche Argumente stammen erst aus dem 20. und 21. Jahrhundert, wenn Leute Romane schreiben, die offensichtlich wenig von Geschichte verstehen.
Das ist eigentlich peinlich, aber diese Leute meinen plötzlich, Dinge besser zu wissen. Damals konnten die Gegner solche Argumente nicht vorbringen.
Das ist ein wichtiges Argument – gerade zur Weihnachtszeit, wenn in Medien und Zeitungen wiederholt behauptet wird, Jesus sei nicht in Bethlehem geboren worden und die Wissenschaft habe das widerlegt. Diese Behauptungen haben keine historischen Grundlagen.
Wenn Menschen verunsichert werden, ist es wichtig zu erklären: Die Evangelien wurden zur Zeit der Augenzeugen verfasst und nie auf der Ebene der Fakten angegriffen. Der Angriff kam hauptsächlich vom orthodoxen Judentum durch Verfolgung – wir denken an Saulus, der die Judenchristen verfolgte.
So haben wir hier einen wichtigen Beleg: Die Geschlechtsregister waren bis ins Jahr 70 noch vorhanden und überprüfbar, danach gingen sie verloren. Deshalb versteht man, warum im Judentum später gesagt wurde, jemand sei garantiert Jude, wenn er eine jüdische Mutter hat.
Die väterliche Linie war zwar wichtiger, die mütterliche Linie aber auch von Bedeutung. Ohne Geschlechtsregister war der Nachweis der Mutterschaft einfacher als der des Vaters. Die Mutter kann sagen: „Dieses Baby ist bei mir geboren.“ Das ist eindeutig, während die Vaterschaft schwieriger nachzuweisen ist.
Deshalb gilt im Judentum: Wer die mütterliche Linie nachweisen kann, gilt als Jude. Bei der väterlichen Linie muss man zusätzlich prüfen, ob die Person das Judentum lebt. Das nur als Nebeninformation.
Besonders die aus dem Stamm Levi pflegten in ihren Familien die Weitergabe, dass sie aus dem Priesterstamm stammen. Später, im Mittelalter, als Familiennamen eingeführt wurden, nannten sich diese Familien Lewi, Lewin, Lewinsky oder Kohen. „Kohen“ heißt auf Hebräisch Priester, und davon gibt es Ableitungen wie Kohn, Kahane oder Kogut. So bewahrten sie die Tradition, aus dem Stamm Levi zu stammen.
Heute tragen viele Juden weltweit diese Namen, was ein Beleg dafür ist, dass diese Linie nie abgeschnitten werden soll, sondern bis heute erhalten bleibt.
Vor einigen Jahren erschien in Nature ein sensationeller Artikel: Bei Leuten mit dem Namen Kohen wurde eine spezielle Markierung im Erbgut nachgewiesen, die sie als Aroniten ausweist. Diese Markierung geht auf einen gemeinsamen Stammvater zurück, der vor mehr als hundert Generationen lebte – passend zu Aaron und der biblischen Chronologie.
Dieses besondere Mutationsmuster im Y-Chromosom kann bei einem hohen Prozentsatz der Kohanim nachgewiesen werden. Damit gibt es heute einen zusätzlichen wissenschaftlichen Nachweis für die Verheißung, dass der Bund mit Levi nie abgebrochen wird.
Lesen wir noch kurz weiter Vers 22: „Wie man das Heer des Himmels nicht zählen und den Sand am Meer nicht messen kann, so will ich den Samen meines Knechtes David mehren und die Leviten, meine Diener.“
Gott sagt also, dass die Abstammungslinien von David und vom Stamm Levi nie untergehen sollen. Es wird so viele Nachkommen geben, dass man sie nicht zählen kann.
Das ist auch heute so: Man kann zahlenmäßig nicht erfassen, wie viele der 14 Millionen Juden weltweit von diesen Linien abstammen. Auch von der Linie Davids gibt es noch Nachkommen. Diese Linie ist nie ausgestorben. Nur hatte sie kein Anrecht mehr auf das Königtum – das ging nur bis zum Herrn Jesus.
Die Linie ist also noch da, und ein unbekannt großer Prozentsatz innerhalb des Judentums stammt von David, dem gemeinsamen Urvater.
Wer weiß, vielleicht kann man in Zukunft auch bei dieser Linie mit Genforschung einen gemeinsamen Ursprung feststellen, wie es jetzt bei den Aroniten gelungen ist. Die Forschung macht enorme Fortschritte.
Im Moment kann man nur die gerade Vaterlinie oder Mutterlinie ohne Seitenabzweigungen untersuchen. Ein Bekannter von mir, Professor in Schweden und auf dieses Gebiet spezialisiert, meinte, dass man in den nächsten Jahren auch Seitenlinien erforschen können wird. Ein sehr interessantes neues Forschungsfeld.
Was sagt Gott weiter? Man kann die Nachkommen von David und Levi nie zählen, genauso wenig wie man den Sand am Meer zählen kann. Das ist eine unzählbare Menge.
Das heißt übrigens nicht, dass es genauso viele Nachkommen wie Sterne gibt, sondern dass es unmöglich ist, die Anzahl zu erfassen. In der Antike dachte man noch, man könne die Sterne zählen, denn unter besten Sichtverhältnissen sieht man etwa 3000 Sterne am Himmel der Nordhalbkugel und weitere 3000 am Himmel der Südhalbkugel – also ungefähr 6000 Sterne.
Der erste Mensch, der mit einem Fernrohr die Sterne beobachtete, war Galileo Galilei im Jahr 1610. Er erkannte, dass es etwa zehnmal so viele Sterne sind, wie man mit bloßem Auge sieht.
Heute schätzt man die Zahl der Sterne auf mindestens 10^22. Man hat im Weltall Ausschnitte systematisch ausgezählt, die Anzahl der sichtbaren Galaxien geschätzt – etwa eine Billion (10^12) – und jede Galaxie enthält durchschnittlich etwa 100 Milliarden Sterne, also nochmals etwa 10^11.
Das ergibt eine Zahl von ungefähr 10^22 Sternen im sichtbaren Universum. Auch den Sand des Meeres hat man geschätzt, und die Größenordnung liegt ungefähr in derselben Größenordnung von etwa 10^22.
Wir machen jetzt eine Pause von zwanzig Minuten.
Wir sind in Jeremia 33 stehen geblieben und haben Gottes Verheißung bezüglich der Nachkommenschaft Davids und Levis gesehen.
Übrigens gibt es im Judentum auch Familien, die über Generationen hinweg ihre Nachkommenschaft bis auf David zurückverfolgen. Es gibt also heute noch bekannte Daviden aus dieser Linie.
Interessant ist, dass von den über fünfzig falschen Messias, die im Judentum seit dem Kommen des Herrn bis heute aufgetreten sind – der letzte war Rabbi Mendel Schneersohn aus New York – keiner behauptete, aus der davidischen Linie zu stammen. Diese Personen haben zum Teil große Teile des Judentums hinter sich gebracht.
Noch ein Punkt: Vers 18 sagt: „Auch den Priestern und den Leviten soll es nie an einem Mann fehlen vor meinem Angesicht, der allezeit Brandopfer darbringt, Speisopfer anzündet und Schlachtopfer zubereitet.“
Hier ist dieselbe Formulierung wie bei David: „Nicht soll ein Mann abgeschnitten sein.“ Das bedeutet, diese Linie wird nicht einfach enden. Es wird immer Männer aus dieser Linie geben, die Brandopfer, Speisopfer und Schlachtopfer darbringen.
Aber in den vergangenen 2000 Jahren gab es keinen Tempel mehr, und alle aus dem Stamm Levi waren in dieser Aufgabe arbeitslos.
Allerdings wurde im Judentum so praktiziert, dass, wenn in einer Synagoge ein Herr Lewi anwesend war, er bei der Lesung der Tora bevorzugt wurde. Auch privat, wenn jemand zu Besuch war, wurde er gebeten, das Tischgebet zu sprechen. So hatte dieser Stamm eine bevorzugte Stellung durch die Jahrtausende.
Hier wird aber klar gesagt, dass es aus dieser biologischen Linie weiterhin Menschen geben wird, die wirklich Opfer darbringen.
Das zeigt, dass die Behauptung mancher, es werde nie mehr Opfer im Judentum geben, falsch ist. Die Gemeinde hat zwar alle Verheißungen übernommen, aber Israel als Volk hat weiterhin eine heilsgeschichtliche Bedeutung – und es wird wieder einen Tempel mit Opfern geben.
Diese Stelle macht deutlich: Wenn ihr meinen Bund bezüglich Tag und Nacht brechen könnt, dann werde ich den Bund mit David und den Leviten brechen. Das bedeutet, dass diese Opfer wiederkehren müssen.
Das wird auch in Hosea 3 deutlich, einer wichtigen messianischen Stelle. Wir kommen später noch darauf.
Hosea 3, Verse 4 und 5: „Danach werden die Kinder Israel umkehren, ihren Gott und David, ihren König, suchen. Sie werden sich zitternd wenden zu dem Herrn und zu seiner Güte.“
Hier wird die lange Zeit der Staatenlosigkeit vorausgesagt. Die Kinder Israel werden viele Tage ohne König und Fürsten bleiben.
Der jüdische Staat ging endgültig im Jahr 135 nach der Niederschlagung des zweiten Aufstandes durch Kaiser Hadrian unter. Aber 1948 wurde der Staat wieder gegründet – ein Ereignis, das kaum jemand für möglich gehalten hätte.
Am 14. Mai 1948 hatten sie wieder Fürsten.
Die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben, nicht ewig, sondern viele Tage. Es musste wieder ein Staatswesen kommen.
Dann heißt es weiter: „Und ohne Schlachtopfer.“ Das macht klar, dass Israel fast 2000 Jahre lang ohne Schlachtopfer war. Das hat sich erfüllt, denn nach dem Gesetz Mose darf man nur in Jerusalem auf dem Tempelplatz opfern.
Aber der Tempelplatz ging ab dem Jahr 70 dem Judentum verloren – bis zur Rückeroberung 1969. Allerdings stehen heute noch Moscheen an diesem Ort, weshalb es bis heute keine Opfer gibt.
Der Text macht klar: Das Opferfehlen ist nur vorübergehend, nicht ewig. Es wird wieder zurückkehren.
Weiter steht dort: „Ohne Bildsäule“ – hebräisch Therafin – das heißt ohne Gedenksäule, zum Beispiel für Baal. Das bedeutet, dass das Judentum in der Zeit der Staatenlosigkeit nicht dem Götzendienst verfallen wird.
Das wurde vorausgesagt, denn im Alten Testament war Götzendienst ein ständiges Problem – vom goldenen Kalb bis zu Salomo, der Götzenbilder einführte.
In der Zeit der Staatenlosigkeit wird es keine Bildsäulen und keinen Ahnenkult geben. Therafin bezeichnet speziell Ahnenbilder, die man in Häusern aufstellte und die Gesichtszüge der Vorfahren zeigten.
In den vergangenen 2000 Jahren hat das Judentum keine Bildsäulen und keine Ahnenverehrung praktiziert. Das ist erstaunlich.
Im Judentum war man durch die Jahrhunderte hindurch schockiert über die Verehrung von Bildern in der katholischen und orthodoxen Kirche. Das ist im Judentum ein Gräuel.
Trotzdem hatte das Judentum ein Problem mit dem Messias. Das wird hier ausgedrückt.
Vers 5 sagt weiter: Nach der langen Zeit der Staatenlosigkeit kehren die Kinder Israel zurück ins Land und suchen den Herrn, ihren Gott, und David, ihren König.
Im berühmten rabbinischen Kommentar Mezudat David zu Hosea 3, Vers 5 heißt es, dass David, ihr König, der Messias ist.
Im Judentum versteht man unter David, ihrem König, den Messias, der ein Nachkomme Davids sein wird.
David wird auch „der Geliebte“ genannt, wie in Epheser 1, Vers 7.
Hier wird gesagt, dass nach der langen Zeit der Staatenlosigkeit die Kinder Israel heimkehren und David, ihren König, den Messias, suchen werden.
Das bedeutet, dass es in der Zeit der Staatenlosigkeit ein Problem mit dem Messias gab. Sonst müsste man ihn ja nicht in der Endzeit suchen.
Schließlich heißt es: „Sie werden sich zitternd wenden zu dem Herrn und zu seiner Güte am Ende der Tage“, also in der Endzeit.
Die Endzeit ist in der Bibel immer die Zeit, wenn die Juden aus allen Völkern heimkehren ins Land ihrer Väter.
Das macht diese Stelle so aktuell.
Sie macht auch klar: Schlachtopfer fehlen nur viele Tage, aber sie werden zurückkommen.
Dann wird deutlich, dass all die Stellen über einen künftigen Tempel, wie in Joel 1, 2, 4, in 2. Thessalonicher 2, Offenbarung 11 und natürlich Hesekiel, die Opfer beschreiben, die von den Nachkommen Aarons dargebracht werden, sich auf die Zukunft beziehen.
Diese Opfer werden wirklich dargebracht werden.
Die Bedeutung der Opfer im Neuen Bund und im Tausendjährigen Reich
Roger, darf ich eine Frage stellen? Ja? Wie bringt man das jetzt aber in Zusammenhang mit Hebräer 9, wo es heißt, dass diese ganzen Schlachtopfer, Brandopfer … das Blut von Tieren eigentlich kein vollkommenes Opfer war, sondern dass Jesus selbst für uns im Himmel dieses Opfer darbringt?
Warum braucht es dann noch einmal für das Volk Israel diese Opfer? Lest du gleich Hebräer 10, Verse 11 bis 12? Dort steht: „Und jeder Priester steht da und verrichtet täglich den Gottesdienst und bringt oftmals dieselben Opfer dar, die doch niemals Sünden hinwegnehmen können. Er aber hat sich, nachdem er ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht hat, das für immer gilt, zur Rechten Gottes gesetzt und wartet hinfort, bis seine Feinde als Schemel für seine Füße hingelegt werden.“
Denn mit einem einzigen Opfer hat er die für immer vollendet, welche geheiligt werden. Jawohl, also hier wird ganz klar gemacht: Das einzige Opfer, das Sünden wegnimmt, ist das Opfer des Herrn Jesus. Und das muss auch nicht mehr wiederholt werden, weil es in sich vollkommen ist. Rückwirkend gilt es für die Menschen im Alten Testament, die Buße getan haben, und auch vorauswirkend für alle, die später geboren werden und an das Opfer des Herrn Jesus glauben.
Aber interessant ist jetzt Folgendes: In Vers 11 steht nicht „Und jeder Priester stand täglich da, den Dienst verrichtend“, sondern in der Gegenwartsform. Der Hebräerbrief wurde ja im Jahr 62 geschrieben, das heißt also acht Jahre vor der Zerstörung des Tempels. Der Opferdienst in Jerusalem war noch voll im Gange.
Und darum sagt der Hebräerbrief nicht, die Opfer haben jetzt aufgehört und es gibt nur ein wahres Opfer, das Opfer von Golgatha. Sondern der Hebräerbrief sagt: Die Opfer werden tagtäglich im Tempel dargebracht, aber nur eines kann wirklich Sünden wegnehmen, das ist das Opfer des Herrn Jesus.
Nur sehen wir die Tatsache, dass dort Opfer in Jerusalem dargebracht wurden. Das war kein Problem für den Hebräerbrief. Dieser macht klar, dass diese Opfer nur Symbolbedeutung haben. Und diese Symbolik ging unter im Jahr 70 mit der Zerstörung des Tempels.
Aber dadurch, dass der Herr für die Gemeinde das Abendmahl eingerichtet hatte, blieb die Erinnerung an das Opfer des Herrn durch das Abendmahl erhalten. 1. Korinther 11 sagt: „Ihr verkündet den Tod des Herrn, bis er kommt.“ Das heißt also, das Abendmahl sollte von den Tagen der Apostel durch alle Generationen bis zum Tag der Entrückung der Gemeinde gefeiert werden, bis er kommt.
Aber die große Erweckung in Israel, der gläubige Überrest, der umkehren wird nach Jesaja 10, wird nach der Entrückung der Gemeinde geschehen. Dieser Überrest wird den Messias erkennen, wird erkennen, dass Jesaja 53 Jesus Christus meint, der als Opfer für unsere Sünden gestorben ist.
„Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heil geworden.“ Nun werden diese dann den Opferdienst im dritten Tempel wieder einrichten und verstehen, dass diese Opfer eben symbolische Bedeutung haben und auf das eine Opfer von Golgatha zurückweisen.
Und natürlich erklärt Hebräer 8, dass die Vorschriften des alten Bundes alt geworden sind. Denn in Jeremia 31 steht ja, dass Gott einen neuen Bund machen wird. Indem Gott im Alten Testament von einem neuen Bund spricht, hat er damit den ersten Bund vom Sinai alt gemacht.
Der Hebräerbrief argumentiert, dass das, was alt wird und veraltet, dem Verschwinden nahe ist. Und das schreibt der Hebräerbrief acht Jahre bevor der Tempel in Jerusalem unterging.
Jetzt ist es ganz wichtig zu sehen: In Hesekiel 40 bis 48, wo der Tempel im Tausendjährigen Reich beschrieben wird mit dem Opferdienst der Leviten, des Stammes Levi, wird von wirklichen Opfern gesprochen. Aber die Angaben bei den Opfern unterscheiden sich in Details deutlich von den Opferangaben in 3. Mose.
Das war im Judentum auch ein Problem. Wie kann es sein, dass wir Hesekiel als ein Bibelbuch anerkennen? Es gehört ja zum Kanon der alttestamentlichen Bücher. Aber wie können wir Hesekiel anerkennen?
Ein Kriterium für einen anerkannten Propheten ist ja nicht nur, dass die Prophetie in Erfüllung geht und er sich nie irrt, sondern er muss auch lehrmäßig in Übereinstimmung mit Mose sein. Aber das ist ein Problem, denn Hesekiel widerspricht den Opferanweisungen in 3. Mose.
Die Lösung ist ganz einfach: Gott wird einen neuen Bund schließen mit Israel, am Anfang des Tausendjährigen Reiches. Die Opfer in Hesekiel sind die Opfer des neuen Bundes mit Israel.
Es geht also nicht darum, dass wir lehren, der alte Bund soll wieder eingerichtet werden in der Zukunft. Nein, die biblische Lehre ist klar: Der Herr Jesus hat durch seinen Tod den neuen Bund besiegelt, in seinem Blut.
Dieser neue Bund wird in der Zukunft mit Israel offiziell geschlossen werden. Das haben wir ja letztes Mal ausführlich angeschaut, Jeremia 31 und folgende. Diese Opfer sind die Opfer des neuen Bundes. Man wird verstehen, dass sie nur Symbole sind, genauso wie das Abendmahl.
Das Abendmahl ist keine Wiederholung des Opfers Jesu, sondern eine Erinnerung. Und was auch noch sehr zu Herzen gehen kann: Wenn man den Plan des Hesekiel-Tempels im Tausendjährigen Reich anschaut, sieht man zuerst zwei innere Vorhöfe auf einem 500 Ellen Quadrat, genau auf dem Tempelplatz, auf dem schon Salomo den Tempel gebaut hatte.
Dann kommt ein dritter riesiger Vorhof dazu. Dieser ist 500 mal 500 Ruthen groß. Eine Ruthe ist so groß, dass die Umrechnung etwa eineinhalb Kilometer mal eineinhalb Kilometer ergibt.
Das heißt, man wird einen riesigen Vorhof dazu bauen. Das braucht es, weil im Tausendjährigen Reich die Völker regelmäßig nach Jerusalem kommen werden, um den König anzubeten, den Herrn Jesus.
Ich habe das mal ausgerechnet: Schon damals, zur Zeit des Herrn, war dieser erweiterte Tempelplatz, der Tempelplatz von Salomo, verdoppelt auf 144 Quadratmeter, und das war ein gigantisches Bauwerk.
Aber ich habe mal ausgerechnet, die Fläche des neuen Tempels wird 2.480.625 Quadratmeter sein, also ein Mehrfaches des einstigen Tempels, wie wir das ausmachen. Über zwei Quadratkilometer. Also enorm, nicht wahr?
Das bedeutet, dass das Gebiet rundherum mit eingefasst wird in den Tempelplatz – und der Golgatha-Felsen. Er hat etwa einen Abstand von 500 Metern zum Felsen des Allerheiligsten auf dem Tempelplatz.
Das heißt, der Golgatha-Felsen wird in den dritten Vorhof eingefasst werden. Das kann man auch gerade im Ölberg sehen, oder? Ja, klar. Aber das wird sich sowieso topologisch völlig verändern. Der Ölberg wird gespalten, und Jerusalem wird aufgefaltet werden, sagt Sacharja 14.
Also wird ein großes Gebiet rund um den heutigen Tempelplatz wieder dazugehören, eben auch der Golgatha-Felsen. Das heißt also, die Menschen im Tausendjährigen Reich, die nach Jerusalem kommen und die Opfer im Tempel sehen, wissen, dass das wahre Opfer auf diesem Felsen da im dritten Vorhof stattfand.
Da wird also klar: Das sind nur Symbole, und damit wäre diese Frage beantwortet.
Aktuelle Entwicklungen und die Zukunft des Tempeldienstes
Noch etwas? Gibt es schon Bestrebungen, beziehungsweise wie man das nennen soll, dass die Leviten zum Tempeldienst in Jerusalem ausgebildet werden? Ja, schon seit Jahren werden Leute, die Kohen heißen und so weiter, praktisch für den Opferdienst in einem zukünftigen Tempel ausgebildet. Ganz in Übereinstimmung mit Jeremia 33, nicht wahr?
Als 1948 der Staat Israel gegründet wurde, mit Zustimmung der UNO – die Abstimmung fand am 29. November 1947 statt und die Mehrheit entschied sich für die Schaffung eines Judenstaates in Palästina –, beschloss die UNO, dass Ostjerusalem mit dem Tempelberg nicht dazugehören sollte. Dann kam der totale Krieg, und die Araber, mit Jordanien an der Spitze, konnten Ostjerusalem und den Tempelberg erobern. Die Juden in Ostjerusalem wurden vertrieben oder getötet. Es war ein furchtbarer Krieg. Danach wurde Ostjerusalem durch eine Mauer abgetrennt. Kein Jude konnte mehr nach Ostjerusalem gehen, nicht einmal zum Beten an der Klagemauer, die noch ein Rest des einstigen Tempels ist.
Ja, so war das. Da hätte man sich fragen können: Aber in Jeremia 31 lesen wir, dass sie zurückkehren nach Zion mit Jubel. Wenn wir schon bei Jeremia sind, können wir kurz zurückblättern. Jeremia 31,10-12 lautet: „Hört das Wort des Herrn, ihr Nationen, und meldet es auf den fernen Inseln! Sagt: Der Israel zerstreut hat, wird es wieder sammeln und wird es hüten wie ein Hirte seine Herde. Denn der Herr hat Jakob losgekauft und hat ihn erlöst aus der Hand dessen, der stärker war als er. Und sie werden kommen und jubeln auf der Höhe Zions und herbeiströmen zu all dem Guten des Herrn.“
Ja, da war die Frage offen: Wie kommt es jemals zustande, dass sie nach Zion zurückkehren mit Jubel?
Dann kamen die Sechzigerjahre. Die arabischen Nationen waren bis an die Zähne aufgerüstet, unterstützt durch die Sowjetunion. Sie waren so modern bewaffnet, dass die Überzeugung aufkam: Jetzt schaffen wir die Vernichtung Israels. Da kam es zum Sechstagekrieg. Als Antwort auf diesen zweiten Versuch der Totalauslöschung wurden Ostjerusalem und der Tempelberg erobert. Im Jerusalemgesetz der Knesset von 1980 wurde Jerusalem als ewig unteilbare Stadt festgeschrieben.
Ja, also wie kam das? Man konnte es nicht verstehen. Wie sollte jemals diese Mauer wegfallen und die ganze Situation geändert werden? Die UNO war ja dagegen. Es kam diese Bedrohung der Vernichtung Israels, und das war die Legitimation, um den Tempelberg zu holen. Sonst hätten sie das nicht gemacht.
Jetzt kann man sich zum Beispiel vorstellen – das steht nicht in der Bibel, sondern ist einfach eine Ableitung – eine weitere Situation in der Zukunft: Israel wird ein weiteres Mal in seiner Existenz bedroht, sodass man sagen muss, das gibt uns die Legitimation, um die Moscheen abzubrechen. Das wäre ein Szenario. Aber es muss erst kommen, der Bildtext macht es klar. Und wenn wir das dann in der Zeitung lesen, dann sagt man: „Siehst du, Carlo, ich habe es dir gesagt.“
Ja, aber die Psychologie des Islams ist so: Man muss Stärke zeigen gegenüber dem Gegner. Und wenn der Gegner zu stark ist, dann darf man Frieden schließen. Aber sobald er schwächer ist, muss man wieder zuschlagen. Das heißt also: In einer Extremsituation, in der es wieder um die Auslöschung Israels geht, und der Iran sagt ja – Achman Nechad hat das gesagt –, ich zitiere das jetzt ganz genau: Die Medien haben oft gesagt, er sagte, Israel solle ausgelöscht werden. Kritiker sagten, er habe das gar nicht so gesagt. Er hat ganz genau aus dem Persischen übersetzt gesagt: Israel muss von den Seiten der Geschichte verschwinden.
Ja gut, das ist im Prinzip dasselbe. Israel muss verschwinden, und er arbeitet an einer Atombombe. Das hat jetzt auch die Atomenergiebehörde bestätigt, nicht wahr? Ja, das könnte eine sehr schlimme unmittelbare Bedrohung in der Zukunft sein. So etwas kann eine Legitimation liefern, um dann die Moscheen zu entfernen. Und das ist ein Ausdruck von Stärke.
Ich spreche ja von der Psychologie des Islams. Das führt im ersten Moment zu einer Erschlaffung. Also das wird eben gerade das Feuer im Moment – ich sage nicht für später, sondern im Moment – ganz deutlich löschen. So war es auch 1967. Das führte zu einer unglaublichen Ernüchterung, denn nach sechs Tagen war eine totale Übermacht geschlagen. Man dachte: Der Fehler war, dass sie wussten, wir würden sie vernichten. Jetzt müssen wir es noch einmal versuchen, als Überraschung.
So kam der Jom-Kippur-Krieg 1973. Das war ein totaler Überraschungsangriff. Trotzdem waren nach einiger Zeit alle Fronten geschlagen. Das führte die islamische Welt zu der Erkenntnis: Wir können Israel nicht zerstören. Sie feierten das zwar als Sieg – ich war in Kairo auf der Autobahn, die Sette-Oktober-Autobahn, benannt nach dem 6. Oktober, dem Jom-Kippur – das sei quasi die Siegesautobahn. Israel sei im Jom-Kippur-Krieg geschlagen worden.
Aber danach war Ruhe. Dann begannen Friedensverhandlungen. Es kam der Frieden mit der PLO und Yasir Arafat, dann zuerst der Frieden mit Ägypten und Sadat, danach der Frieden mit der PLO und schließlich mit Jordanien. Komisch, plötzlich schließen alle Frieden. Ja, eben, das ist das islamische Gesetz: Wenn der Feind zu stark ist, dann können wir Frieden schließen. Die Ägypter bekamen dadurch die ganze Sinai-Halbinsel zurück, mit all den Ölfeldern. Sie haben nichts dafür getan, sie sagten nur: Jetzt machen wir Frieden.
Also, so reagiert das. Eine solche Tat, den dritten Tempel zu bauen, würde im Moment eine Beruhigung bringen, aber keine Lösung des Nahostkonflikts.
Ich habe eine Frage dazu: Wem gehört eigentlich der Tempelbezirk im Moment? Israel hat Ostjerusalem mit dem Tempelberg erobert. Mosche Dayan, der Oberbefehlshaber im Sechstagekrieg 1967, machte eine Geste der Versöhnung, um ein weiteres Aufflammen des Krieges zu vermeiden. Er sagte den Muslimen, sie dürften weiterhin den Tempelberg verwalten.
Eigentlich wollte der Militärrabbiner Schlomo Goren damals die Moschee sprengen. Aber im Rang war er als Oberrabbiner über dem Militärrabbiner, und darum musste er sich fügen. Es wäre auch zu früh gewesen, weil man damals noch nicht mit Sicherheit wusste, wo genau das Allerheiligste stand. Man wusste auch nicht genau, wie die Tempelgeräte wiederhergestellt werden müssten. Dafür brauchte es die Zeit der vergangenen Jahrzehnte. Diese Fragen wurden geklärt.
Ich habe gesagt: 1980 hat die Knesset das Jerusalemgesetz verabschiedet. Jerusalem ist die ewige, unteilbare Stadt Israels und Hauptstadt Israels. Man hat also gesagt, dieses Gebiet sei kein besetztes Gebiet, sondern annektiertes Gebiet. Im juristischen Sinn ist das ein großer Unterschied. Ein Gebiet wird militärisch besetzt, solange davon eine Gefahr ausgeht. Dann kann man über eine Rückgabe verhandeln. Aber wenn ein Gebiet annektiert wird, heißt das, es gehört jetzt zum Staatsgebiet. Das ist nicht verhandelbar.
Es ist ein Problem, denn im internationalen Recht müsste diese Annexion durch die Nationen der Welt anerkannt werden – das wurde sie nie. Israel hat annektiert, aber die Welt hat es nicht anerkannt. Darum ist das eine rechtlich offene Frage.
Ja, noch etwas? Wo sind eigentlich die originalen zentralen Tempelgeräte der Vergangenheit, also die Bundeslade, der Schaubrottisch und so weiter?
Zur Bundeslade: Im Alten Testament wird nicht gesagt, dass sie nach Babel kam. Es gibt eine rabbinische Tradition im Talmud, die besagt, dass sie auf dem Tempelberg in einer Kammer untergebracht worden wäre. Aber heute kann man keine Grabungen machen, um sie zu suchen.
Den Schaubrottisch oder wenigstens einen Schaubrottisch gibt es mehrfach. Von den verschiedenen Geräten gibt es etwa eine dreifache Ausführung. Zum Beispiel gab es mehr als einen siebenarmigen Leuchter. Zwei Leuchter kamen nach Rom. Einer davon ist auf dem Titusbogen in Rom abgebildet, auf dem Triumphbogen von Titus, der Jerusalem erobert und den Tempel zerstört hat. Dort findet man auch Überreste des Schaubrottisches abgebildet.
Darum gibt es Vermutungen, dass gewisse Dinge noch in den Räumen des Vatikans vorhanden sein könnten. Darüber besteht jedoch eine Mauer des Schweigens. Darum hat man in Israel beschlossen, nicht auf eine Rückgabe des Vatikans zu hoffen.
Es gab Gerüchte im Zusammenhang mit dem Friedensschluss mit Rabin und Yasir Arafat, dass anlässlich dieses Friedensschlusses der Vatikan Dinge zurückgeben würde. Das sind alles Gerüchte. Also sagt ja niemandem, ich hätte erzählt, das sei so. Auf dieser Ebene sollten wir nicht mit Verschwörungstheorien argumentieren. Das sind Dinge, die man hören kann. Sie können wahr sein oder auch nicht, aber die Basis ist zu dünn.
Darum hat man in Israel auch nüchtern gesagt: Wir machen die Geräte wiederher. Die Bundeslade wurde nicht wiederhergestellt. Im Zweiten Tempel gab es auch keine Bundeslade im Allerheiligsten, und trotzdem konnte der Tempeldienst funktionieren. Am Jom Kippur sprengte der Hohepriester jeweils das Blut in die Vertiefung auf dem Felsen, wo die Bundeslade ursprünglich gestanden hatte.
Ja, wir sind am Ende. Ganz kurz noch Jeremia 33: Lest nochmals Verse 23 und 26 zum Schluss!
Das Wort des Herrn geschah zu denen: Hast du nicht gesehen, was dieses Volk mit dem Lebensstück, den zwei Geschlechtern und den Höfen der Welt gemacht hat? Sie haben es dort verworfen, und so verpackten sie mein Volk, sodass es von ihnen keine Nation mehr ist.
Wenn nicht mein gut geprägtes Tages und danach bestehend in den richtigen Ordnungen des Himmels und der Erde festgesetzt ist, so werde ich auf den Samen Jakobs und Davids, meines Knechtes, verwerfen, dass ich nicht mehr von seinem Samen Herrscher lebe. Und den Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs werde ich ihre Krankheit wenden und die Vierer erwärmen.
Die falsche Lehre vom Ende Israels und die Hoffnung auf Gottes Erbarmen
Es war so, dass die Christen unter dem Römischen Reich verfolgt wurden – bis zur konstantinischen Wende. Als Kaiser Konstantin um 311 nach Christus an die Macht kam, änderte sich alles. Er stellte das Christentum als erlaubte Religion hin und machte es später sogar zur Staatsreligion. Dies geschah im vierten Jahrhundert.
Viele Christen dachten daraufhin: „Oh, jetzt ist die Verfolgung vorbei.“ Von da an war es ein Vorteil, Christ zu sein. Man kam einfacher zu hohen Ämtern im Römischen Reich. Plötzlich waren die Christen die Herrschenden. Daraus entstand eine falsche Lehre: „Seht ihr, jetzt hat das Tausendjährige Reich begonnen.“
Man muss das, was in Offenbarung Kapitel 20 steht, ein bisschen übertragen verstehen. Dort wird zuerst beschrieben, dass der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit zurückkommt (Offenbarung 19). Erst danach, in Kapitel 20, folgt das Tausendjährige Reich. Es war klar: Zuerst kommt Christus als König zurück, nach einer Zeit der Bedrängnis für die Gemeinde. Dann beginnt das Tausendjährige Reich.
Aber manche sagten: „Jetzt ist das Tausendjährige Reich da. Die Kirche herrscht, also Christus herrscht indirekt und unsichtbar vom Himmel her durch die Kirche.“ Und was ist mit Israel? Für sie war alles vorbei. Israel ist vorbei, der Tempel ist zerstört, sie haben keinen Staat mehr. Jetzt hat die Gemeinde – besser gesagt die Kirche – alle Segnungen Israels geerbt. Alle Flüche liegen auf dem jüdischen Volk.
So entstand die Lehre, dass Israel vorbei sei und es nie mehr eine Wiederherstellung des irdischen Volkes Israel geben werde. Alle Prophezeiungen über die Rückkehr der Juden in ihr Land, das Wiederaufrichten des Staates und das Wiederaufblühen der Wüste müssten übertragen verstanden werden.
Das Schlimme daran ist: Die Reformatoren waren zwar sehr reformiert. Sie legten viele Irrtümer beiseite und erkannten, was die Bibel wirklich sagt. Doch sie wussten, dass man nach ihnen noch reformierter werden würde. Denn die Reformatoren sagten: „Ecclesia semper reformanda est“ – die Kirche muss ständig reformiert werden.
So erkannte man nach der Reformationszeit noch mehr Dinge. Nicht nur die grundlegenden Wahrheiten wie „allein durch Gnade“, „allein durch Glauben“ und „allein die Schrift“, sondern auch, was Gott über die Gemeinde und über Israel sagt. Das prophetische Wort wurde neu entdeckt.
Heute gibt es viele Christen, die sagen, richtig reformiert zu sein bedeute, wie die Reformatoren zu glauben: Israel hat als Israel keine Zukunft. Aber darin waren die Reformatoren noch recht katholisch in ihrem Denken.
Schon zur Zeit des Propheten Jeremia gab es Menschen mit dieser falschen Lehre. In Jeremia 23 heißt es: „Und das Wort des Herrn geschah zu Jeremia: Hast du nicht gesehen, was dieses Volk redet, wenn es spricht: ‚Die zwei Geschlechter, welche der Herr erwählt hatte, die hat er verworfen.‘“ Damit sind das Geschlecht Israels und das Haus Davids gemeint. Sie verachteten Gottes Volk so sehr, dass es vor ihnen keine Nation mehr war.
Diese falsche Lehre entstand also nicht erst im vierten Jahrhundert mit der Machtergreifung der Kirche. Schon damals sagten Menschen: „Jetzt ist alles vorbei. Das Königtum liegt am Boden, wir gehen nach Babylon, alles ist endgültig aus. Die Hoffnungen Israels sind zerstört.“
Doch Gott zeigte, dass dies nicht das Ende war. Nach Jahren der Gefangenschaft durften die Juden zurückkehren ins Land und den Tempel wieder aufbauen. Der Messias kam schließlich und erfüllte die Prophezeiungen wortwörtlich: Er wurde in Bethlehem geboren, gekreuzigt, ist auferstanden und vieles mehr.
Trotzdem kam diese Lehre erneut auf. Auch heute behaupten viele Christen, Israel sei vorbei. Doch die Bibel sagt: „Und so verachten sie mein Volk, so dass es vor ihnen keine Nation mehr ist.“ Dieses Wort passt genau auf diese Haltung – es ist eine Verachtung des Volkes, das Gott auserwählt hat.
Gott sagt weiter: Wenn mein Bund bezüglich Tag und Nacht besteht, wenn die Ordnungen des Himmels und der Erde nicht von mir kommen, dann werde ich Israel als Israel aufgeben. Doch im letzten Satz verheißt Gott: „Denn ich werde ihr Schicksal wenden und mich ihr erbarmen.“
Wir leben genau in der Zeit, in der sich das Schicksal Israels wendet. Es ist fast ironisch: Manche sagen, das mit Israel könne man vergessen, es sei nicht wörtlich zu nehmen, sondern müsse übertragen verstanden werden. Doch die Juden kehren aus allen Nationen der Welt zurück, gründen einen Staat, und die Wüste blüht auf.
Mein neuestes Buch, das jetzt fertig ist und bereits ins Portugiesische übersetzt wird, heißt: „Leben wir wirklich in der Endzeit?“. Darin zeige ich mehr als 175 erfüllte Prophezeiungen über die Endzeit von 1882 bis 2011.
Diese Prophezeiungen dürften alle nicht in Erfüllung gehen, wenn man von der Lehre ausgeht, Israel sei vorbei. Trotzdem erfüllen sie sich. Wenn jemand sagt, das sei Zufall, muss man entgegnen: Das sagen auch die Gottlosen bei den 300 Prophezeiungen über das erste Kommen Christi – das sei Zufall.
Jetzt behaupten sie, bei diesen 175 Prophezeiungen sei es Zufall. Doch wenn man nur davon ausgeht, dass es eine 50-prozentige Chance ist, dass all diese unabhängigen Aussagen zutreffen, kommt man auf astronomische Zahlen. Das funktioniert einfach nicht.
In diesen 175 Prophezeiungen sind so viele unabhängige Ereignisse enthalten, dass man klar zeigen kann: Das geht nicht zufällig. Man kann den Gottlosen beweisen, dass das Wort Gottes wahr ist. Und man kann auch Bibeltreuen, die diesen Punkt ablehnen, zeigen, dass ihre Auslegung falsch ist.
Die Erfüllung der Prophetie belegt eindeutig: Eure Auslegung ist falsch.
Schlussgebet
Ja, wir müssen zum Schluss kommen und wollen noch gemeinsam beten.
Wir danken dir für dein Wort. Es ist so kostbar und wunderbar, dass wir dieses Wort bis zum heutigen Tag in unseren Händen halten dürfen. Auch das ist dein Wirken in der Geschichte.
Wir danken dir, dass wir sehen dürfen, wie sich die Prophetie in Bezug auf dein Kommen als Retter der Welt vor über zweitausend Jahren erfüllt hat. Wir dürfen auch erleben, wie sich dein Wort in unserer heutigen Zeit erfüllt. Gleichzeitig dürfen wir auf dein baldiges Kommen warten.
Mache du uns dafür bereit und hilf uns, in der Zeit, in der wir leben, für dich, dein Evangelium und die Glaubwürdigkeit deines Wortes einzustehen. Lass uns eine Einladung sein für viele Menschen, die sich fragen: Wohin geht unsere Welt? Wohin führt dieses Chaos, in dem unsere Welt steckt?
Lass uns wirklich Hoffnung verbreiten in einer Welt der Hoffnungslosigkeit und der dunklen Wolken.
Wir danken dir dafür, dass du gekommen bist und dein göttliches Licht in die Finsternis hast scheinen lassen. Amen!