Abschied und letzte Anweisungen des Paulus
Und zwar gerade nachdem Paulus in den Versen sechs bis acht, die wir letztes Mal noch behandelt haben, ankündigt, dass er unmittelbar vor seinem Tod steht. Er wusste, dass er durch Kaiser Nero enthauptet werden würde und in die himmlische Herrlichkeit eingehen würde.
Nun kommen wir zu Vers neun. Darf ich bitten, Jerry?
Befleißige dich, bald zu mir zu kommen, denn Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat, und ist nach Thessalonich gegangen. Creszenz ist nach Galatien, Titus nach Dalmatien gegangen. Lukas ist allein bei mir.
Nimm Markus und bring ihn mit dir, denn er ist mir nützlich zum Dienst. Tychikus aber habe ich nach Ephesos gesandt.
Den Mantel, den ich in Troas bei Karpus zurückließ, bringe mit, wenn du kommst, ebenso die Bücher, besonders die Pergamente.
Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses erwiesen. Der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken. Vor ihm hüte auch du dich, denn er hat unseren Worten sehr widerstanden.
Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern alle verließen mich. Es werde ihnen nicht zugerechnet. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Predigt vollbracht würde und alle, die aus den Nationen hören möchten.
Ich bin gerettet worden aus dem Rachen des Löwen. Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und bewahren für sein himmlisches Reich, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Grüße Priska und Aquilla und das Haus des Onesiphorus. Erastus blieb in Korinth, Trophimus aber habe ich in Milet krank zurückgelassen.
Befleißige dich, vor dem Winter zu kommen. Es grüßen dich Eubulus und Pudens und Linus und Claudia und die Brüder alle.
Der Herr Jesus Christus sei mit deinem Geist. Die Gnade sei mit euch. Amen.
Verbindung zwischen Tod und Dienst
Es ist wichtig, den Zusammenhang der Gedanken in einem Abschnitt zu erfassen. Man könnte denken, ab Vers 9 beginnt ein ganz anderes Thema. In den Versen 6 bis 8 spricht Paulus über sein Sterben, und dann scheint er über etwas völlig anderes zu reden.
Wir wollen jedoch gleich den Zusammenhang zwischen Vers 8 und 9 herausarbeiten. Lies du nochmals vor, Jerry, Verse 6 bis 8:
Denn ich werde schon als Trankopfer dargebracht, und die Zeit meines Abscheidens ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt. Fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag – nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieben.
Paulus sagt, dass er das Ziel erreicht hat. Er sagt: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet.“ Das Leben des Christen wird hier als eine sportliche Hochleistung auf der Rennbahn gesehen. Wenn wir kurz hineinschauen in 1. Korinther 9, zum Beispiel, wird das Bild vom Sportkampf an verschiedenen Stellen verwendet.
Darf ich bitten, Jerry, 1. Korinther 9, Verse 24 bis 27:
Wisst ihr nicht, dass die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis empfängt? Lauft nun so, dass ihr ihn erlangt! Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem. Jene freilich, damit sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche. Ich laufe daher nicht wie aufs Ungewisse, ich kämpfe nicht wie einer, der in die Luft schlägt, sondern ich zerschlage meinen Leib und führe ihn in Knechtschaft, damit ich nicht etwa, nachdem ich anderen gepredigt habe, selbst verwerflich werde.
Hier wird dargestellt, dass die Gläubigen in der Rennbahn sind und alles geben müssen. So besteht die Möglichkeit, am Ende eine Belohnung für den Lauf zu erhalten. Wenn von der Krone die Rede ist – im Griechischen „Stephanos“ – kann das eine Königskrone oder ein Siegeskranz im Sportkampf sein. Hier wird klar eine unvergängliche Krone, besser gesagt ein unvergänglicher Siegeskranz, gemeint.
Dieser Abschnitt zeigt auch, wie man versagen kann. Paulus kann jedoch im Jahr 66 oder 67, als er in der Todeszelle in Rom war, in diesem schrecklichen, unterirdischen, lichtlosen Verlies, sagen: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet.“
Außerdem haben wir letztes Mal gesehen: „Ich habe den Glauben bewahrt.“ Das heißt, er hat den Glauben bis zum Schluss festgehalten und nicht zwischendurch Wahrheiten über Bord geworfen. Er sagt also: „Ich habe den Glauben bewahrt.“ Und er weiß: Fortan liegt bereit der Siegeskranz der Gerechtigkeit.
Der Verrat von Demas und seine Bedeutung
In Vers 9 sehen wir eine sehr frustrierende Feststellung des Apostels Paulus. Er sagt: „Timotheus, bemühe dich, bald zu mir zu kommen, denn Demas hat mich verlassen, weil er die jetzige Welt liebgewonnen hat.“
Wer war Demas, der seinen Missionsdienst in Zusammenarbeit mit Paulus aus Weltliebe aufgegeben hatte? Wo finden wir ihn noch in der Bibel? Schlagen wir Kolosser 4 auf.
Während wir den Kolosserbrief aufschlagen, denken wir daran, dass dieser Brief etwa im Jahr 62 nach Christus geschrieben wurde. Der zweite Timotheusbrief, der letzte von Paulus, entstand etwa 66 oder 67, also vier bis fünf Jahre später.
In Kolosser 4 sendet Paulus Grüße aus. Zuerst grüßt er drei jüdische Brüder. In Vers 10 heißt es: „Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Neffe des Barnabas, und schließlich in Vers 11 Jesus, genannt Justus.“ Von diesen dreien sagt Paulus, dass sie aus der Beschneidung sind, also Juden, die zum Glauben gekommen waren.
Dann folgen Grüße von Nichtjuden. Ab Vers 12 lesen wir: „Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist, ein Knecht Christi Jesu, der alle Zeit für euch ringt in den Gebeten, damit ihr vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes steht. Denn ich gebe ihm Zeugnis, dass er viel Mühe hat um euch und die in Laodizea und die in Hierapolis.“ Weiter grüßt Paulus Lukas, den geliebten Arzt, und Themas.
Diese drei Brüder – Epaphras, Lukas und Themas – sind also keine Juden. Das wissen wir auch aus der frühchristlichen Überlieferung außerhalb der Bibel. Lukas war kein Jude, hatte aber eine so umfassende Kenntnis des Judentums, dass er dessen Feinheiten und Details genau kannte. Das zeigt sich besonders im Lukasevangelium. Er war ein absoluter Kenner der jüdischen Welt, was auch in der Apostelgeschichte sehr deutlich wird.
Dann wird noch Demas erwähnt. Auffällig ist: Paulus sendet nur einen Gruß von Demas, mehr nicht. Zu den anderen hat er immer etwas zu sagen. Von Epaphras betont er, dass er ein Knecht Christi Jesu ist, der ständig für die Gläubigen ringt, damit sie im Glauben fest und vollkommen werden. Epaphras setzt sich mit ganzer Kraft dafür ein, dass die Gläubigen tief in Christus verwurzelt sind.
Auch über Lukas sagt Paulus nur kurz: „Der geliebte Arzt.“ Er nennt ihn nicht „den hochberühmten Arzt“, sondern „den geliebten Arzt“. Das zeigt, dass Lukas in seinem Dienst als Arzt treu war. Es geht nicht darum, große Karrieren zu verfolgen, sondern treu und hingebungsvoll dem Weg zu folgen, den der Herr zeigt.
Darum konnte der Herr Lukas auch gebrauchen, um das Lukasevangelium zu schreiben. Dieses Evangelium stellt Jesus Christus besonders als den wahren Menschen dar, mit Betonung auf die Menschwerdung. Es berichtet am ausführlichsten über die Jungfrauengeburt.
Interessant ist, dass dieses Evangelium von einem Arzt geschrieben wurde, einem Spezialisten für Menschen. Das steht im Kontrast zum Johannesevangelium, das von Anfang an betont, dass Jesus Christus Gott ist. Schon im ersten Satz heißt es dort: „Im Anfang war das Wort.“ Nicht erst im zweiten Vers, wo es heißt: „Und das Wort war Gott“, sondern gleich zu Beginn.
Jeder, der mit dem Judentum vertraut ist, kennt den Begriff Memra, das Wort. In den aramäischen Targumim ist dies ein Ersatzname für den unaussprechlichen Gottesnamen JHWH, der Ewige, der Unwandelbare. In deutschen Übersetzungen wird dieser Name oft mit „Herr“ in Großbuchstaben wiedergegeben. Das macht klar, dass es sich um den Ewigen handelt.
Das Wort Memra d’Adonai bedeutet „das Wort des Herrn“ und ist ein Ersatzwort, um den Gottesnamen nicht auszusprechen. Von Jesus Christus heißt es: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Das Wort war also in Gemeinschaft mit dem ewigen Vater.
Während das Johannesevangelium die Göttlichkeit Jesu hervorhebt, betont Lukas seine Menschlichkeit. Gott konnte diesen geliebten Arzt gebrauchen, um das Lukasevangelium zu schreiben.
Und dann bleibt noch ein Gruß von Demas. Mehr nicht. Offensichtlich geschah es nicht von heute auf morgen, dass Demas alles aufgab und den jetzigen Zeitlauf, den Zeitgeist, liebgewann.
Der Begriff „Zeitlauf“ und seine theologische Bedeutung
Ja, schauen wir uns noch einen Brief an, der gleichzeitig zusammen mit dem Kolosserbrief verschickt wurde, nämlich den Brief an Philemon. Philemon lebt ja in Kolossä. Dort wird auch nochmals gegrüßt. Lies du mal, Jerry, Verse 23 und 24: „Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, Markus, Aristarchus, Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.“
Man kann sagen, von den anderen wird jetzt nicht viel gesagt, abgesehen von Marcus. Aber in dieser Liste ist auch Demas genannt, und es wird einfach gesagt, er ist ein Mitarbeiter. Das ist traurig. Von den anderen erfahren wir in der Bibel noch mehr und noch Positiveres: Markus, Aristarchus und Lukas werden an anderen Stellen ausführlicher erwähnt. Aber hier wird Demas nur als Mitarbeiter des Apostels Paulus genannt.
Vier, fünf Jahre später wird Demas jedoch als jemand beschrieben, der die Welt lieb gewinnt. Was bedeutet dieses Wort „die Welt lieb gewonnen“? Wie könnte man „Zeitlauf“ definieren oder umschreiben, was hier gemeint ist?
Diese Epoche – ja, die Epoche ist das griechische Wort Aion. Es bedeutet Zeitalter. In gewissen Zusammenhängen heißt es sogar Ewigkeit, aber es ist auch das typische Wort für eine geschichtliche Zeitepoche, mit Bezug auf die Gedanken und Strömungen, die eine bestimmte Epoche kennzeichnen. Darum kann man das Wort Aion hier nicht nur mit „jetziger Zeitlauf“ übersetzen, sondern auch mit „jetziger Zeitgeist“.
Das Wort „Zeitgeist“ ist ein phantastisches Wort. Es ist so toll, dass die Amerikaner und Engländer es einfach aus dem Deutschen übernommen haben. Es gibt kein richtig gutes Wort auf Englisch, darum sagen sie „Zeitgeist“.
Demas hat also den Zeitgeist liebgewonnen. Der Zeitgeist, nach der Bibel, wird von Satan gelenkt. Er wird genannt in 2. Korinther 4 als „der Gott dieser Welt“ und in Johannes 12,31 als „der Fürst dieser Welt“. Er verfolgt ein Drei-Punkte-Programm, das er in Variationen durch alle geschichtlichen Zeitepochen hindurchführt, aber immer mit Anpassung an die jeweilige Epoche, die durch bestimmte Modeerscheinungen gekennzeichnet ist.
Lesen wir 1. Johannes 2,14b: „Ich habe euch Jünglinge geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt. Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“
Diese drei Punkte – alles, was in der Welt ist – und „Welt“ meint hier das System, das Satan aufgebaut hat, mit dem er die Menschen beherrscht. Seit dem Sündenfall spielen die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens eine Rolle.
Wir sehen das schon bei der Schlange, als sie Eva versuchte, in 1. Mose 3. Eva kam auf die Idee zu denken, diese Frucht, die verbotene Frucht, sei schön und angenehm anzuschauen. Das war das Problem: das falsche Begehren über die Augen. Die Frucht war objektiv schön, ja, aber das Schöne verlockte sie, etwas zu wollen, was Gott ihr nicht geben wollte. Das war das Problem – es ging über die Augen.
Dann dachte sie, es wäre ein Genuss, diese Frucht zu essen. Das ist die Lust des Fleisches, also ein innerer Impuls, etwas zu wollen, was Gott uns eigentlich nicht geben will. Und das ist Sünde.
Weiter dachte sie, die Schlange habe erklärt, wenn man diese Frucht isst, werde man so weise wie Gott. Höhere Erkenntnis, ein höheres Wissen zu haben – das kann ganz gefährlich sein. Das ist auch das Problem von Esoterik: der Wunsch, sich höheres Wissen anzueignen aus einer Welt, die eine verbotene Welt ist, weil es die Welt der gefallenen Dämonen ist.
Das war bei Eva ein Problem. Man kann die ganze Weltgeschichte durchgehen und sehen, dass die Menschen ständig auf der Grundlage dieser drei Punkte zu Fall kommen: Lust der Augen, Lust des Fleisches, Hochmut des Lebens.
Im ersten Johannesbrief spricht Johannes die Gläubigen an, die schon eine gewisse Entwicklung hinter sich haben. Er nennt sie Jünglinge und sagt: „Ihr seid stark, das Wort Gottes wohnt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.“ Das sind die Grundlagen, um dann weiter ausführen zu können: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist.“ Man lernt, diese Dinge zu hassen, die uns auf diesen drei Ebenen zu Fall bringen können.
Wir sehen, Demas hat diese Dinge liebgewonnen. Für ihn war es dann klar: Ich fahre nicht mehr weiter mit dem Apostel Paulus. Und überhaupt, jetzt ist sowieso Schluss mit dem Mann, der kommt nicht mehr aus diesem Kerker raus. Ich mache also in meinem Leben noch etwas, was der Mann verloren hat.
Das ist der Kontrast zu Vers 8: Paulus sagt nicht nur, er habe das Ziel erreicht, den guten Kampf gekämpft und den Glauben bewahrt. Er bekommt jetzt schließlich den Siegeskranz der Gerechtigkeit. Aber er sagt auch, dass nicht allein er diesen Siegeskranz empfängt, sondern auch alle, die seine Erscheinung lieben oder lieb gewonnen haben.
Das ist ein Perfekt, eine resultative Form. Man kann es umschreiben mit einem Punkt und einer Wellenlinie – also ein Punkt, an dem man etwas lieb gewinnt, und jetzt hat man es auch lieb. Das drückt das griechische Perfekt aus. Das ist etwas ganz anderes als das deutsche Perfekt. Es ist ein Aspekt, den man „resultativ“ nennt.
Man kann sehr schön übersetzen: „sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb gewonnen haben.“ Wir haben beim letzten Mal gesehen, dass „Erscheinung“ (Epiphanäia) ganz speziell das Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit meint, wenn er kommen wird, um all den Hochmut dieser Welt niederzuschlagen und alles, was mit der Lust der Augen und der Lust des Fleisches verbunden ist.
Man kann diese Erscheinung des Herrn Jesus nicht lieben, wenn er kommt als Richter, um hier das letzte Wort zu sprechen – auch über alle Modeerscheinungen in unserer Gesellschaft. Das muss ich jetzt nicht aufzählen, wo wir hier angekommen sind. Geschichtlich hat man das noch in keiner Kultur jemals erlebt: dass Dinge als richtig bezeichnet werden, und wer diese Dinge nicht richtig findet, gilt eigentlich als eine Art Krimineller.
Das hat es in keiner Kultur gegeben, obwohl viele Kulturen einen Punkt erreicht haben, an dem die allgemeine Moral zusammenbrach – und dann folgte auch der Zusammenbruch der Kultur. Das ist ein Gesetz, das sich durch die ganze Weltgeschichte zieht: Wenn eine Kultur diesen Punkt erreicht, ist sie bald am Untergehen. Das wird mit Europa nicht anders sein und mit Nordamerika auch nicht.
Das macht uns das prophetische Wort klar. Aber noch nie war dieser Punkt so erreicht wie heute, wo man sogar die Schöpfungsordnung auf den Kopf stellt.
Jesus Christus wird das letzte Wort sprechen. Er wird denen, die seine Erscheinung lieben, eine Vergeltung geben.
Im Kontrast dazu sehen wir in Vers 19 jemanden, der etwas liebt, aber nicht den Herrn Jesus und seine Herrlichkeit, die er zeigen wird, wenn er auf den Wolken des Himmels mit großer Pracht und Majestät kommt. Nein, er hat den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen – so da unten! Schrecklich!
Das war für den Apostel Paulus eine solche Frustration. Man muss sich vorstellen: Er ist im Todeskerker, weiß, dass jetzt alles fertig ist, und kann nichts mehr reparieren, was auf dem Missionsfeld nicht so gut läuft. Und da ist noch einer bei ihm – Demas. Ah, einer bei ihm ist.
Paulus’ Enttäuschungen und die Abwendung der Gemeinde in Asien
In diesem selben Brief sagt Paulus zum Beispiel in 2. Timotheus 1 – das ist alles Wiederholung – dass er große Frustration erlebt hat. Gemäß der Apostelgeschichte hat Paulus an keinem Ort so lange gewirkt wie in Asia, einer Provinz mit der Hauptstadt Ephesus in der heutigen Westtürkei.
Doch in 2. Timotheus 1, Vers 15 sagt er: „Du weißt, dass alle in Asia sich von mir abgewandt haben, darunter Philetus und Hermogenes.“ Paulus hat extrem viel investiert. In der Apostelgeschichte 20 spricht er gegenüber den Ältesten von Ephesus darüber, wie er sich Tag und Nacht eingesetzt hat. Er hat geweint um die Gläubigen und gekämpft, damit sie im Glauben feststehen. Und jetzt sagt er in seiner Todeszelle, dass alle in Asia sich von ihm abgewandt haben.
Das bedeutet nicht, dass sie den christlichen Glauben aufgegeben haben, aber sie haben den Apostel Paulus zur Seite geschoben. Das ist eine große Enttäuschung. Zudem erwähnt er Leute, die bei ihm sind, wie Demas, und sagt: „Demas hat mich verlassen.“ Das hat noch viel mehr Gewicht als der Verlust eines guten Freundes. Das ist furchtbar, aber in dieser Situation noch viel schlimmer.
Paulus ist nach Thessaloniki gegangen, also von Rom in Italien nach Griechenland. Irgendwie hat er gewusst, dass er dort etwas findet, das ihm zusagt. Doch auch von Rom gingen weitere Personen weg. Crescens ging nach Galatien, einer Region in der heutigen Türkei, genauer gesagt Südgalatien. Das ist der Ort, den Paulus auf seiner ersten Missionsreise besucht hat, mit den Städten Lystra, Derbe und Ikonion. Dort wuchs auch Timotheus auf, der durch die Missionsarbeit des Apostels Paulus als Jude zum Glauben an den Messias kam.
Crescens ging nach Galatien, nicht weil er die Gegend liebgewonnen hatte, sondern weil er dort eine Aufgabe sah. Auch er musste weggehen. Das war für Paulus nicht einfach. Er musste jemanden gehen lassen, aber für eine gute Arbeit.
Dann gibt es Titus, einen Mann, der in der Apostelgeschichte nie erwähnt wird, aber in mehreren Briefen im Neuen Testament als ein treuer und hingebungsvoller Mitarbeiter beschrieben wird. Titus ging nach Albanien. In meiner Bibel steht Dalmatien, nicht Albanien.
Wie kommt man auf Albanien? Dalmatien war eine römische Provinz, die weite Teile des heutigen Kroatien umfasste, aber auch Bosnien, Herzegowina, Kosovo, Serbien, Montenegro und eben Nordalbanien. Es gibt also mehr als nur Albanien, alles ist darin enthalten. Man muss mit Leuten aus dieser Region sprechen, um zu erfahren, was die Bibel über das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien sagt.
Das ist ein Missionsgebiet der allerersten Stunde der Christenheit, und der Apostel Paulus selbst hat dort gewirkt. Wo steht das? In Römer 15. Dort steht zwar nichts von Dalmatien, aber wir können das nachlesen.
Paulus spricht in diesem Kapitel über seinen Missionsdienst und wie wichtig es ihm war, gerade dort den Messias Jesus zu verkündigen, wo noch niemand zuvor gearbeitet hatte. Er wollte Pionierarbeit leisten. Lies ab Vers 18: „Denn ich werde nicht wagen, etwas zu reden, was Christus nicht durch mich gewirkt hat, zum Gehorsam der Nationen durch Wort und Werk, in der Kraft von Zeichen und Wundern, in der Kraft des Geistes Gottes, so dass ich von Jerusalem an und ringsumher bis nach Illyrien das Evangelium des Christus völlig verkündigt habe.“
Er betont, dass er das Evangelium nicht dort predigen will, wo Christus bereits bekannt ist, „damit ich nicht auf fremdem Grund baue, sondern wie geschrieben steht: ‚Denn nicht von ihm verkündigt wurde, die sollen sehen, und die, die nicht gehört haben, sollen verstehen.‘“
Paulus wollte dort dienen, wo noch keine Verkündigung stattgefunden hatte. Dabei bezog er sich auf Jesaja 52, wo der leidende Messias prophezeit wird. Dieses großartige Kapitel über den Gottesknecht beginnt in Jesaja 52, Vers 13: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln. Er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein.“ Es wird beschrieben, dass er entstellt und leiden wird. Die Nationen werden davon hören, staunen und Dinge erfahren, die sie zuvor noch nie gehört haben.
Dort heißt es auch: „Die, denen nicht von ihm verkündigt wurde, sollen sehen, und die, die nicht gehört haben, sollen verstehen.“ Das sind die Nichtjuden, die zum Glauben an den Messias kommen sollen. Paulus hat genau das getan, unter anderem in Illyrien, bis nach Illyrien, wie es in Vers 19 heißt.
Illyrien ist ein anderer Ausdruck für die Region, die sich mit Dalmatien überschneidet. Illyrien umfasst Nordalbanien, Kroatien, das Flusstal der Sava sowie Montenegro, Bosnien und Herzegowina. Diese Begriffe überschneiden sich in großen Teilen.
Das macht deutlich, dass Paulus noch mehr getan hat, als in der Apostelgeschichte beschrieben wird. Er wirkte bis nach Illyrien, also im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Nun im Gefängnis kann er das nicht mehr.
Doch Titus, sein treuer Mitarbeiter, hat Paulus zurückgelassen, weil er wusste: Die Arbeit muss weitergehen. Titus ging nach Ex-Jugoslawien, um dort den Dienst fortzusetzen.
Lukas als treuer Begleiter und Historiker
Und dann kommt dieser Satz: Lukas ist allein bei mir. Das ist dieser geliebte Arzt, der Mann, der das Lukas-Evangelium geschrieben hat. Ein Mann, der akribisch gearbeitet hat. Er war eben nicht nur ein guter Arzt, sondern auch ein ausgezeichneter Historiker.
Wenn wir kurz in Lukas 1 aufschlagen, den Beginn seines Evangeliums, sehen wir, was sein Anliegen war. Dort lesen wir Verse 1 bis 4: „Da es ja viele unternommen haben, eine Erzählung von den Dingen zu verfassen, die unter uns völlig geglaubt werden, so wie es uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, hat es auch mir gut geschienen, der ich allen von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nachzuschreiben, damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.“
Lukas war ja nicht einer der zwölf Apostel, aber er ist den Augenzeugen, die all diese Ereignisse des Lebens des Herrn Jesus selbst miterlebt haben, nachgegangen und hat all dieses Material gesammelt. Er sagt: „Ich habe das hier zusammengestellt, vortrefflichster Theophilus.“ Der Ausdruck „vortrefflichster“ ist ein Titel, der für ganz hohe Politiker im Römischen Reich verwendet wurde. Zum Beispiel wird in der Apostelgeschichte dieser Titel nochmals für den Landpfleger Felix verwendet, der von Seiten der Römer über die Juden regierte – „vortrefflichster Felix“. Hier ist es „vortrefflichster Theophilus“, also ein ganz hochgestellter Mann im römischen Reich, an den Lukas sein Evangelium richtet.
Er sagt, er ist den Augenzeugen genau gefolgt und hat alles gesammelt. Er wollte es, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach aufschreiben. Das griechische Wort „Katexes“ bedeutet in geordneter Reihenfolge – nach Zeit, Raum und Logik. Das heißt nicht, dass er alles genau in zeitlicher Reihenfolge aufschreiben musste. Die Hauptsache war die Reihenfolge, aber manches hat er eben nach einer inneren Logik geordnet.
Das Lukas-Evangelium ist so aufgebaut, dass es fünf Teile umfasst, und jeder Teil hat in der Mitte eine Spiegelachse. Die Geschichten in jedem Teil spiegeln sich. Das haben wir damals gesehen, als wir das Lukas-Evangelium in einer langen Seminarserie durchgenommen haben. Fantastisch, unglaublich! So hat Lukas als Historiker gearbeitet. Das Ganze hat er mit einer Struktur aufgeschrieben, die einfach umwerfend ist.
Durch die Spiegelung legt ein Abschnitt den anderen aus, durch die Parallele. So erklärt sich das Lukas-Evangelium durch das Lukas-Evangelium selbst. Und das hat er so gemacht mit dem Ziel, wie es in Vers 4 heißt: „damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.“ Es ging also darum, die Zuverlässigkeit des Glaubens, der Grundlage des Glaubens – das Leben des Messias – darzulegen.
Die Fortsetzung war der zweite Teil des Doppelwerkes, nämlich die Apostelgeschichte. Dort lesen wir kurz in Kapitel 1, Verse 1 bis 3: „Den ersten Bericht habe ich verfasst, o Theophilus, von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren, bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde, nachdem er den Aposteln, die er sich auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte, denen er sich auch nach seinem Leiden in vielen sichtbaren, sicheren Kennzeichen lebend dargestellt hat, indem er ihnen vierzig Tage hindurch erschien und über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen. Und als er mit ihnen versammelt war, befahl er ihnen, sich nicht von Jerusalem zu entfernen, sondern auf die Verheißung des Vaters zu warten, die ihr gehört habt; ihr habt von mir gehört.“
Hier schreibt Lukas also wieder an Theophilus. Er sagt, er hat den ersten Bericht verfasst – das ist das Lukas-Evangelium – und jetzt geht es weiter. Sein Ziel ist, wie in Vers 3 beschrieben, dass Jesus sich „nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt hat“. Das griechische Wort für „Kennzeichen“ ist „Tekmeros“. „Tekmeros“ bedeutet „durchschlagender Beweis“. Es ging ihm um die Fakten.
Das Grandiose ist: Im 19. Jahrhundert hat ein gewisser William Ramsay sich gesagt, er möchte Forschungsarbeit im Osmanischen Reich machen – die Türkei gab es ja noch nicht, aber das war das Gebiet der heutigen Türkei. Er wollte den Reisen des Apostels Paulus folgen, wie sie in der Apostelgeschichte beschrieben werden. Ramsay war damals geprägt von der Tübinger Schule, einer liberal-theologischen Schule, die sagte, alles sei ein Märchen, die Apostelgeschichte sei nicht von Lukas geschrieben und alles Fiktion. Die beschriebenen Reisen habe es gar nicht gegeben.
Ramsay machte archäologische Forschungen und schrieb im Alter ein Buch, in dem er feststellte, dass Lukas, was seine Präzision als Historiker anbetrifft, zu den besten Historikern der Antike gehört. Er stellte fest, dass die Apostelgeschichte die Dinge sehr präzise beschreibt und sammelte viel Material, das das klar macht. Er kam zur Überzeugung, dass die Apostelgeschichte einfach fantastisch glaubwürdig ist.
Inzwischen ist einiges vergangen. Wenn ich also alte Leute aus dem 19. Jahrhundert zitiere, könnte man sagen, das ist Schnee von gestern. Doch die Forschung ging weiter. Ein gewisser Colin Hemer hat auf der Grundlage von Ramsays Arbeit ein Buch geschrieben, das ungefähr „The Book of Acts in the Setting of Hellenistic History“ heißt. Er sammelte weiteres Material. Lukas beschreibt in den richtigen Städten genau die richtigen Beamtennamen.
Das war im Römischen Reich sehr kompliziert. Nicht überall gab es Prokonsule, Lektoren, also Rutenträger, und so weiter. Aber Lukas wusste genau, wo er von Konsuln sprach, gab es auch tatsächlich Konsuln. Wo er von Rutenträgern in Philippi sprach, gab es genau dort diese Rutenträger. Hemer hat ein riesiges Material zusammengetragen. Das Buch ist staubtrocken. Wenn man etwas Langweiliges lesen will, dann sollte man Colin Hemer lesen. Aber das soll nicht die Motivation sein.
Wenn jemand etwas gegen das Lukas-Evangelium oder überhaupt die Evangelien sagt, oder gegen die Apostelgeschichte, dann muss man fragen: „Hast du Colin Hemer gelesen?“ „Nein, wer ist das?“ „Okay, lies doch das Buch, und dann sprechen wir nochmal.“ Dann sieht die Sache ganz anders aus.
Dieser Lukas war nicht nur ein phantastischer Arzt, der Jesus Christus als Mensch in seinem Evangelium vorstellt. Er war auch ein Historiker, der die Fakten im Detail genau darstellte – auch das, was man als Nebensache ansehen würde. Wenn die Nebensachen schon so genau sind, dann erst recht die Hauptsachen.
So hat dieser Lukas also gearbeitet. Und jetzt sehen wir, Paulus sagt: „Lukas ist allein bei mir.“ Dieser Mann, der den Herrn liebte, der die Wahrheit liebte und dem es ein Anliegen war, Menschen von der Wahrheit zu überzeugen und sie in der Wahrheit zu befestigen. Darum schreibt er diesem vortrefflichsten Theophilus, damit er erkennt, wie zuverlässig die Dinge sind, die er im Glauben gelernt hat. Dieser Mann war bei Paulus. Und das war eben nicht einfach irgendein Freund.
Wahre Freundschaft in schweren Zeiten
Schlagen wir einmal auf, was die Bibel über wirkliche Freunde sagt. Sprüche 17,17: „Der Freund liebt zu aller Zeit, und als Bruder für die Bedrängnis wird er geboren.“ Ja, das war so einer, dieser Lukas. Ein Freund liebt nicht nur, wenn alles gut läuft, sondern auch in schwierigen Zeiten ist er abrufbar.
Und noch mehr: Nicht nur zu aller Zeit, sondern als Bruder für die Bedrängnis wird er geboren. Er ist von Gott eingesetzt worden, um gerade in der Not zu helfen. Er ist wirklich dazu geboren, ein Bruder für die Bedrängnis zu sein.
Dann möchte ich noch einen Vers aus Sprüche 18,24 lesen: „Ein Mann vieler Freunde wird zugrunde gehen, doch es gibt einen, der liebt und anhänglicher ist als sein Bruder.“ Es gibt Leute, die haben 825 Freunde auf Facebook, aber das sind oft nur oberflächliche Bekanntschaften. Manche verachten sogar diejenigen, die keine Freunde haben, und sagen ihnen: „Hast du keine Freunde?“ Das ist ein Vorwurf, der sehr verletzend sein kann.
Hier wird aber gesagt, was wahre Freunde ausmacht: Ein Mann, der viele Freunde hat, wird zugrunde gehen. Das sind nicht die Freunde, die zu jeder Zeit da sind, sondern nur oberflächliche Bekannte. Doch es gibt einen, der liebt und anhänglicher ist als ein Bruder. Solche Freunde sind selten, nicht hunderte, sondern nur wenige.
Wir sehen auch, dass Verwandte eine besondere Verantwortung haben. Verwandtschaft ist eine Art Versicherung, aber sie funktioniert nicht immer. Man kann große Enttäuschungen durch Verwandte erleben, besonders wenn es schwierig wird und sie einem nicht beistehen.
Aber dann gibt es jemanden, der liebt und anhänglicher ist als ein Bruder. Die Beziehung zu diesem Freund ist enger als eine Verwandtschaftsbeziehung. Das hat Lukas für den Apostel Paulus wirklich ausgemacht. Paulus war enttäuscht, als er im Gefängnis war: „Alle in Asia haben mich verlassen, Demas hat den Zeitlauf liebgewonnen und ist weggegangen, Lukas ist allein bei mir.“
Wir sehen auch, dass Paulus den Wunsch hatte, dass Timotheus zu ihm käme. Das ist der Befehl, den wir in Vers 9 noch nicht angeschaut haben: „Befleißige dich, bald zu mir zu kommen.“ Wo war Timotheus? Zur Zeit des Zweiten Timotheusbriefes war er in Asia, in Ephesus, also am gleichen Ort wie im ersten Timotheusbrief.
Jetzt sollte Timotheus also aus der heutigen Türkei nach Italien reisen. Das war keine kleine Reise, sondern eine Weltreise damals. Paulus sagt: „Befleißige dich, bald zu mir zu kommen“, eben auch, um Lukas zu ergänzen und ihm beizustehen.
Markus und die zweite Chance im Dienst
Und dann gibt er ihm noch eine weitere Anweisung, Vers elf: Was ist der nächste Befehl, außer „befleißige dich zu kommen, bald zu kommen“?
Nimm Markus mit, denn er ist mir nützlich zum Dienst.
Nun hat Paulus den Wunsch, außer Lukas und Timotheus möchte ich gerne auch Markus bei mir haben. Und das hat schon einen besonderen Klang. Es gab einmal ein großes Problem zwischen Paulus und Markus.
Wenn wir zurückdenken an die Apostelgeschichte 13: Dort waren Barnabas und Paulus in der Gemeinde in Antiochia in Syrien. Das ist heute die Südtürkei. Dieser Ort ist die Hochburg der Aramäer, besonders jener Aramäer, die wir heute in Europa haben und die genau von dort stammen. Dort haben sie ein Jahr lang in der Gemeinde gedient.
Dann hat der Heilige Geist, Gott, sie ausgesandt zur ersten Missionsreise. Sie gingen, ausgesandt vom Heiligen Geist. Aber wir lesen in Apostelgeschichte 13, dass sie beschlossen, auch Markus mitzunehmen. Markus hatte aber keine Berufung. Das war ein Problem.
Die Apostelgeschichte beschreibt nicht alles, was richtig war, sondern sie schildert, wie es tatsächlich war. Das ist wichtig. Manche Leute denken: „Was steht in der Bibel? Da stehen ja ganz schreckliche Geschichten.“ Ja, natürlich. Warum? Weil Menschen so schrecklich sein können, und die Bibel beschreibt, wie es war.
Wie man das verstehen muss, zeigen uns die Lehrbücher, zum Beispiel die Briefe im Neuen Testament, die 21, oder das Buch der Sprüche, oder die Tora, das Gesetz Mose. Dort können wir Gottes Gedanken und moralische Prinzipien erkennen und die Geschichten richtig verstehen.
So müssen wir sagen: Für einen Dienst braucht es eine Berufung vom Herrn. Wenn diese nicht da ist, ist es gefährlich.
Tatsächlich reisten sie von Syrien aus einen langen Weg bis in die Türkei, und zwar dort unten am Mittelmeer, bevor man dann über das Gebirge hochgeht nach Antiochien in Pisidien, dem heutigen Türkei.
Das ist heute eine Art Aufstieg für Spitzensportler. Es geht dort vom Mittelmeer aus nur steil, steil, steil hinauf. Es gibt eine Route, die speziell für absolute Spitzensportler gedacht ist.
Und dort lesen wir, dass Markus die Mitarbeit stoppte und wieder nach Hause ging. Das war zu viel für ihn, dieser Aufstieg. Irgendwie wurde es ihm dort zu viel, und er brach die Arbeit ab und ging nach Hause. So wird das Ziel nicht erreicht.
Später, als Paulus und Barnabas zusammen wieder auf die zweite Missionsreise gehen wollten – beschrieben in Apostelgeschichte 15 im letzten Abschnitt –, wollte Barnabas seinen Verwandten Markus mitnehmen, um ihm eine zweite Chance zu geben.
Paulus sagte jedoch: Nein, der, der damals gewichen ist, kommt nicht mit. Der Mann war nicht bewährt für den Dienst. Die beiden verstanden sich nicht.
Beide waren gottesfürchtige Männer, aber es heißt, es gab eine Erbitterung zwischen ihnen, und sie konnten sich nicht einigen. Barnabas nahm Markus mit und ging weg. Dieser Weg wird dann in der Apostelgeschichte nicht weiter beschrieben.
Die Apostelgeschichte berichtet weiter, dass Paulus Silas mitnahm und auf die Missionsreise ging. Das war schon bitter. Zwei so gute Freunde trennten sich, weil sie im Dienst die Sache nicht mehr gleich sahen.
Das kam aber später gut, wie man sieht in 1. Timotheus 9, wenn Paulus über Barnabas spricht – mit großer Hochachtung. Das war Jahre später.
Manchmal braucht es Zeit, wenn man sich in einer so praktischen Sache einfach nicht einigen kann. Jeder sagt: „Ich habe Recht“ und hat Argumente. Jungen Leuten muss man eine zweite Chance geben. Jemand, der nicht bewährt ist, kommt nicht auf die Missionsreise. Wer hat nun Recht?
Später gab es eine Wiederherstellung. Paulus spricht, wie wir in Kolosser 4 sehen, und erwähnt Markus. Er empfiehlt Markus in einem Empfehlungsbrief an die Kolosser. Dort wird Markus als treuer Knecht dargestellt, den man aufnehmen soll, wenn er zu Besuch kommt. Paulus steht hinter ihm!
Jetzt sagt er sogar: „Nimm Markus und bring ihn mit dir, er ist mir nützlich zum Dienst.“
Das ist so schön, wie Dinge sich wandeln können, wie Veränderung möglich ist. Paulus hat in der Todeszelle den Wunsch, Markus muss auch bei mir sein.
Das ist wunderbar: Bring ihn mit, denn er ist mir nützlich zum Dienst.
Tychikus und die Fortsetzung des Dienstes in Ephesus
Und dann kommt als Nächster Tychikus, auch wieder einer, den Paulus hergegeben hat. Obwohl es ihm wichtig war, dass ihn verschiedene in dieser letzten schweren Stunde seines Lebens unterstützen würden, war er bereit, Tychikus in die Türkei gehen zu lassen – von Italien, Rom, nach Ephesus, der Hauptstadt von Asia. Das ist ja das Gebiet, wo er selbst nichts mehr reparieren konnte. Alle, die in Asia sind, „haben mich verlassen“. Es gab nur noch eine Hoffnung: Tychikus. Tychikus musste dorthin gehen.
Dieser Tychikus hatte eine ganz besondere Beziehung zu Ephesus. Warum? Er war offensichtlich der Überbringer des Epheserbriefes. In Epheser 6, Vers 21 heißt es: Paulus hatte ja in der ersten Gefangenschaft in Rom, das war von 60 bis 62 nach Christus, wie gesagt, 2. Timotheus wurde um 66/67 in der zweiten Gefangenschaft geschrieben. Aus der ersten Gefangenschaft wurde er ja wieder frei. Noch bevor er frei wurde, hatte er verschiedene Briefe geschrieben, wie den Epheserbrief, den Kolosserbrief, den Philemonbrief und eben auch den Epheserbrief. Überraschenderweise – das belege ich hier nicht, aber an anderer Stelle – wird auch der Hebräerbrief in diese Zeit datiert.
In Epheser 6,21 sagt Paulus: „Damit aber auch ihr um meine Umstände wisst, wie es mir geht, so wird Tychikus, der geliebte Bruder und treue Diener im Herrn, euch alles kundtun, den ich ebenfalls zu euch gesandt habe, damit ihr unsere Umstände erfahrt und er eure Herzen tröstet.“
Tychikus sollte also nach Ephesus gehen und dort alles erklären, wie es um Paulus in der Gefangenschaft in Rom am Ende dieser ersten Gefangenschaft steht – also eine Information aus erster Hand. Der Mann hat den Epheserbrief gebracht.
Der Epheserbrief beschreibt etwas ganz Eindrückliches. Er zeigt, dass Gott von Ewigkeit her Menschen als seine Kinder, als seine Söhne und Töchter gewollt hat. In Epheser 1 heißt es, dass er die Gläubigen „auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, um heilig und tadellos vor ihm zu sein“. Er hat sie zuvorbestimmt zur Sohnschaft. Das griechische Wort „Hygothesia“ bedeutet eigentlich Adoption, also das Adoptieren als Söhne und Töchter – Hygothesia von Ewigkeit her.
Nun ist es natürlich wichtig, daran zu denken: In 1. Petrus 1, Vers 2 sagt Petrus, dass Gott auserwählt hat aufgrund seines Vorherwissens, seiner Prognose. Das ist vergleichbar mit einer Wetterprognose. Die Wetterprognose trifft keine Entscheidung, dass morgen ab zwei Uhr dreizehn in Aarau Regen fallen muss, sondern erkennt die Entwicklung und kann sagen, dass ungefähr um diese Zeit Regen zu erwarten ist. Diese Vorkenntnis hat aber keinen Einfluss auf den Ablauf des Wetters.
So wusste Gott in seiner Allwissenheit, wer, wenn Gott ihn einmal ziehen wird – denn Gott liebt die ganze Menschheit und hat für die ganze Welt, wie Johannes 3,16 sagt, seinen Sohn gegeben – wer dieses Angebot von Herzen annehmen wird und seine Schuld Gott bekennen und bereuen wird, den bestimmt er zuvor, dass er Sohn beziehungsweise Tochter wird.
In 2. Korinther 6 wird ausdrücklich von Söhnen und Töchtern Gottes gesprochen. Das wäre eigentlich nicht unbedingt nötig, weil das Wort „Söhne“ in der Bibel auch die weibliche Form mit einschließen kann, wenn in der Mehrzahl gesprochen wird. Auch das Wort „Brüder“ im Neuen Testament kann oft – aber nicht immer – nur Männer meinen. Sehr oft bedeutet es jedoch „Brüder und Schwestern“.
Im Deutschen haben wir dafür ein anderes Wort: „Geschwister“. Dieses Wort kommt von „Schwester“, aber die Vorsilbe „Ge-“ ist eine Pauschal- beziehungsweise Kollektivvorsilbe. Wir wissen, dass mit „Geschwister“ sowohl Männer als auch Frauen gemeint sein können.
Die Bibel spricht also ausdrücklich von Söhnen und Töchtern.
Die Bedeutung des Namens Tychikus und die Hoffnung im Evangelium
Nun, der langen Rede kurzer Sinn: Was hat das mit Tychikus zu tun? Ich habe bei ihm extra hinten angefangen – oder man könnte auch sagen, ganz vorne, in der Ewigkeit.
Vorgrundlegender Welt hat Gott Menschen zuvor bestimmt, weil er sie wollte. Tychikus wurde im griechischsprachigen antiken Raum geboren. Seine Eltern gaben ihm diesen Namen: Tychikus. Und was heißt das? Zufallstreffer. Das ist nicht gerade ein toller Name, oder?
Es gibt Eltern, die eine schreckliche Ausdrucksweise haben und sagen: „Dieses Kind war ein Unfall.“ Das ist sehr verletzend. Wenn man verheiratet ist, muss man sich bewusst machen, dass die Ehe der geschützte Rahmen ist, in dem Kinder willkommen sind – ob wir das vorhergesehen haben oder nicht. Kinder dürfen wissen: Wir lieben sie und nehmen sie als Geschenk Gottes an.
Als wir unseren ersten Sohn bekamen, haben wir lange überlegt, wie wir ihn nennen. Es musste ein kurzer, gut aussprechbarer Name sein, kein 0815-Name. So nannten wir ihn Nathan. Das heißt „Geschenk“. Oder: „Er hat gegeben.“ Der Herr, das wäre dann Jonathan, der Ewige, hat gegeben. Nathan bedeutet Geschenk, er hat gegeben – genau das war uns wichtig. Alle Kinder sollen wissen, dass sie erwünscht sind.
Manche Eltern denken jedoch: „Dieses Kind war ein Zufallstreffer.“ Ja, und dann gibt es Leute, die ihren Kindern genau das mitgeben. Man stelle sich vor, wie viele junge Menschen in der Schule lernen: „Wisst ihr, was ihr seid?“ Ein kluger Lehrer sagt: „Ihr seid Sternenstaub.“ Vor etwa 13,7 Milliarden Jahren – es kommt auf ein paar Wochen nicht an – hat es geknallt: der Big Bang. Danach folgte eine lange Entwicklung über Milliarden von Jahren. Sternenstaub entstand, Sterne explodierten, aus Sternenstaub entstanden Planeten. Schließlich, vor etwa 4,7 Milliarden Jahren, entstand die Erde.
Vor etwa drei Milliarden Jahren entwickelte sich durch Zufall Leben auf der Erde. Doch von der Amöbe bis zu Goethe war es ein weiter Weg. Alles ist also eigentlich lauter Zufall, ohne Plan dahinter.
Das hat Auswirkungen. Es ist kein Wunder, dass viele Jugendliche ein riesiges Problem mit ihrem Selbstwertgefühl haben. Warum gibt es Jugendliche, die sich ritzen? Die sagen: „Ich spüre mich nicht, ich möchte mich spüren.“ Was passiert da? Das sind Früchte dieser üblen Lehre.
Darum brauchen wir eine frohe Botschaft, ein Evangelium. Wir können sogar Menschen sagen: „Meine Eltern haben mich nie gewollt.“ In der Seelsorge hört man solche Dinge – schrecklich. „Meine Eltern haben mich nicht gewollt.“ Oder jemand sagt: „Mein Vater hat mich abgelehnt.“ Das ist furchtbar.
Aber in den Psalmen lesen wir: „Wenn mein Vater und meine Mutter mich verlassen, so nimmt mich der Herr auf.“ Das ist das Wunderbare.
Tychikus wuchs auf und kam mit dem Evangelium in Berührung. Er lernte sogar den Epheserbrief kennen, dessen Überbringer er sein sollte. Damit zeigte er den Ephesern: Gott hat uns von jeher gewollt. Das ist fantastisch.
Auch wenn es in Beziehungen und Familien schreckliche Dinge gibt – wenn Eltern abgelehnt haben oder Druck herrscht – kann man darüber hinwegsehen und erkennen: Der ewige Vater hat mich gewollt. Ich war in seinem Plan. Ich bin kein Zufallsprodukt.
Das ist so fantastisch. Man denke daran: Tychikus überbringt den Epheserbrief. Vier, fünf Jahre später, als alles schlimm wird und die Epheser sich von Paulus losgelöst haben, schickt Paulus nochmals Tychikus nach Ephesus, um, wenn möglich, etwas zu reparieren.
Ausblick auf den nächsten Abschnitt
Ja, und dann würde ich sagen, fahren wir beim nächsten Mal mit dem Mantel in Troas und den Büchern weiter. Das ist auch so fantastisch.
Es gibt Leute, die sagen: Wenn ihr an die Inspiration der Bibel glaubt, also dass jedes Wort von Gott inspiriert ist, dann hat ja jedes Wort eine Bedeutung und einen Sinn. Natürlich.
Schaut mal, in 2. Timotheus 4 sagt Paulus: „Den Mantel, den ich in Troas bei Kápus zurückließ, bring mit, wenn du kommst, und die Bücher, besonders die Pergamente.“
Was hat das für eine Bedeutung für heute? Das war ja nur für damals. Und das steht in der Bibel. Das ist doch überflüssig?
Okay, dann bis zum nächsten Mal.
