Ich freue mich, heute Morgen hier stehen zu dürfen, um über das Thema Jesus, den wahren hohen Priester, zu sprechen.
Ich dachte so bei mir: Wenn man die Dagmar fragt, kann sie einem so richtig viel über Tupperware erzählen. Kennt ihr solche Frauen, die bei sich zuhause Partys geben und sich genau auskennen? Dann mit dem Punktesystem und den neuen Produkten? Also, wenn du etwas über Tupperware wissen willst, musst du die Dagmar fragen.
Wenn du etwas zur Bundesliga wissen willst, dann fragst du am besten den Wolfgang Bühne. Da hat er richtig viel zu sagen. In Sachen Illuminati und Freimaurer könnte man vielleicht den Ulrich Sambraks fragen. Da hat er ebenfalls viel zu sagen. Und in Sachen Kindererziehung, Ehe und Führung kann man den Ebi und die Erika Platte fragen. Die haben richtig viel zu sagen.
Aber wer hier unter uns hätte heute Morgen wirklich viel zu sagen über den Hohen Priester? Im Hebräerbrief – wir wissen nicht genau, wer ihn schrieb – schreibt der Autor im Kapitel 5: „Über ihn haben wir viel zu sagen.“ Und ihm reicht der Platz fast nicht. Hebräer 5,11 spricht von fünf Kapiteln, und trotzdem sagt er, er hätte noch mehr zu sagen.
Deshalb wird das heute Morgen auch eine etwas komplizierte Predigt, denn wie soll man den ganzen Stoff bewältigen? „Über ihn haben wir viel zu sagen.“ In Hebräer 8 heißt es sogar im ersten Vers: Das ist die Hauptaussage, das Kernstück, die Quintessenz: Jesus, das ist unser hoher Priester.
Darum geht es heute Morgen.
Einführung in das Thema und persönliche Begegnungen
Gestern Abend, auf dem Nachhauseweg, ging ich neben einer jungen Schwester, die auch hier ist. Ich fragte sie nach ihrem Beruf und so weiter. Sie stammt aus meiner alten Heimat, aus dem Hunsrück oder zumindest aus der näheren Umgebung. Dann sagte sie: „Mein Leben besteht eigentlich aus zwei Dingen – aus Arbeit und aus Jesus. Über meine Arbeit rede ich nicht gerne. Was bleibt denn noch übrig? Deshalb rede ich viel und gerne von Jesus.“
Das geht manchen Leuten ein bisschen auf den Zeiger, und das finde ich klasse. Wenn unser Herz erfüllt ist von dem, was wir hier hören, von dem Einzigartigen, Unvergleichlichen, dann ist das etwas Besonderes.
Ich muss ehrlich sagen, zu diesem Thema habe ich gar nicht so viel zu sagen. Jesus, der hohe Priester – Priester? Ist das nicht eher katholisch oder zumindest alttestamentlich? Ich finde es beschämend, dass viele Christen da auch einen großen Nachholbedarf haben.
Ich war am Dienstag in der Psychiatrie. Ich wollte einen Mann besuchen, der dort mit einer Psychose eingeliefert wurde. Nachdem ich mich durch die Stationen gefragt hatte, kam ich an einen abgesperrten Bereich und klingelte. Da kam die Stationsleitung und fragte: „Ja, was wünschen Sie?“
Ich antwortete: „Ich möchte den Mann besuchen.“
Daraufhin fragte sie: „Sind Sie Betreuer oder Priester?“
Nach der Vorbereitung auf diesen Vortrag konnte ich sagen: „Ja, ich bin Priester.“
Ist uns das wirklich bewusst?
Aufbau der Predigt und persönliche Erfahrungen
Ich möchte den heutigen Vortrag in drei Teile gliedern. Dabei solltet ihr euch nicht erschrecken, denn der erste Teil ist deutlich länger als die beiden anderen.
Der erste Teil trägt den Titel „Jesus als König, Priester und Prophet“. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Frage: „Was bedeutet das konkret für uns, dass Jesus Priester ist?“ Im dritten Teil geht es um „Unsere Berufung als Priester“ – also darum, was es bedeutet, dass Jesus König, Priester und Prophet ist.
Was bedeutet es, dass Jesus Priester ist? Welchen Nutzen oder welche Bedeutung hat das für mich persönlich? Im dritten Teil möchte ich darauf eingehen, dass auch wir Priester sein sollen.
Zunächst möchte ich euch eine kleine Geschichte erzählen. Vor einigen Jahren waren wir zum ersten Mal in Schweden im Urlaub. Eine Familie hatte uns auf eine Schäreninsel eingeladen. Diese Insel war insgesamt nur so groß wie vielleicht das Gelände vom Felsengrund. Sie maß etwa hundert mal hundert Meter, mehr nicht.
Dort wohnten wir mit zwei Familien und unseren Kindern. Das war fast der schönste Urlaub meines Lebens. Die Kinder waren den ganzen Tag mit Spielen beschäftigt. Ich stellte mir einen alten, verwitterten Tisch auf und darauf einen Holzhocker. So hatte ich eine Art Kanzel – aber nicht zum Predigen. Ich wollte draußen auf dieser Insel, in der schönen Natur mit Blick aufs Meer, die Bibel studieren.
Dabei verfolgte ich ein bestimmtes Ziel: Ich wollte alle vier Evangelien am Stück durchgehen und die Spur suchen, wo wir finden, dass Jesus König, Priester und Prophet ist. Das hat mich begeistert und so in Bann geschlagen, dass meine Familie sich während des Urlaubs fast verloren fühlte.
Ich wünsche euch ebenfalls solche Inseln – solche intensiven Zeiten allein mit dem Meister.
Jesus als König, Priester und Prophet in den Evangelien
Und was ich damals auf dieser Insel entdeckt habe, ist ein wesentlicher Bestandteil der Botschaft von heute Morgen. Während ich die Evangelien durchgegangen bin, stellte sich mir die Frage: War Jesus tatsächlich König, Priester und Prophet? Finden wir das so in den Evangelien?
Beim Lesen stieß ich auf eine Stelle in Matthäus 12, und dort stockte mir der Atem. In Matthäus 12 finden wir dreimal die Aussage, dass Jesus behauptet, jemand sei größer, bedeutender oder besser. Dreimal wird das in einem Kapitel erwähnt.
In Matthäus 12 sagt Jesus: Hier ist jemand, der ist mehr als Jona. Was steht noch? Hier ist jemand, der ist mehr als Salomo. Und das Dritte: Mehr als der Tempel, größer als der Tempel.
Jona – was war seine Berufung? Er war ein Prophet. Salomo – was war seine Berufung? Er war ein König. Und dann sagt Jesus noch, hier ist jemand, der ist größer als der Tempel, größer als das ganze Tempelpersonal und die Priester.
Aber ist euch jemals aufgefallen, dass Jesus sich niemals selbst Priester nennt? Oder irre ich mich? Mehrfach nennt er sich selbst Prophet. Als er seinen Dienst begann und in der Synagoge stand, wurde ihm die Schriftrolle gereicht. Er las aus dem Propheten Jesaja und sagte: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat. Ich bin der Messias, der Gesalbte.“
In Lukas 4, vielleicht schlagen wir es auf, steht in Vers 21: „Er fing an zu ihnen zu sagen: Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.“ Alle gaben ihm Zeugnis und wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen. Sie fragten: „Ist das nicht der Sohn Josephs?“
Er antwortete ihnen: „Ihr werdet jedenfalls dieses Sprichwort zu mir sagen: ‚Arzt, heile dich selbst!‘“ Und dann in Vers 24 sagt er: „Wahrlich, ich sage euch, kein Prophet ist in seiner Vaterstadt angenehm.“ Danach nennt er zwei Beispiele von Propheten, Elijah und Elisa.
Die Leute erkannten, dass da jemand war, der gewaltig redete und Vollmacht hatte. In Lukas 13 lesen wir, dass Jesus von sich selbst sagt, in Vers 33: „Es geht nicht an, dass ein Prophet außerhalb Jerusalems umkomme. Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Küken, aber ihr habt nicht gewollt.“
Er nennt sich also Prophet, und er wird oft so genannt – quer durch die Evangelien. Die Frau am Brunnen zum Beispiel, wir sahen gestern das Bild, als sie erkannte, wer er ist. Sie rannte zurück in ihre Stadt und rief die Leute zusammen: „Ist das nicht etwa der Messias? Dieser ist wahrhaftig der Prophet.“
Jesus nennt sich auch selbst König, zum Beispiel in Lukas 23 während seines Verhörs. Die Leute sagen, er habe behauptet, er sei der Christus, ein König. Pilatus fragte ihn: „Bist du der König der Juden?“ Er antwortete: „Du sagst es.“ Er lässt sich auch „Sohn Davids“ nennen.
Aber sein Priestertum bleibt verborgen. Kennt ihr eine Stelle in den Evangelien, wo Jesus Priester genannt wird? Das ist ein Geheimnis.
Das verborgene Priestertum Jesu und seine Bedeutung
Aber genau das ist das Zentralste, genau das Kostbarste, das Gottkostbarste, das Verborgene: Gott, der in das Verborgene sieht, für den ist es das Kostbarste, dass sein Sohn bereit war, unser hoher Priester zu werden.
Es gibt eine Schlüsselstelle im Johannesevangelium, nämlich auf dem Zenit der Popularität unseres Herrn. In Johannes 6, nachdem er die Tausende sattgemacht hat – und der Kurt kann das vielleicht nachempfinden, was es bedeutet, hier zweihundert Leute satt zu machen – hier werden zehntausend Menschen satt in Johannes 6. Die Leute sind außer sich, als sie von diesem Brot gegessen haben.
Dann heißt es in Johannes 6, Vers 14: Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus tat, dieses Brotwunder, da sprachen sie: „Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll, den Mose schon vorausgesagt hat, ein Prophet gleich mir.“
Da nun Jesus erkannte, dass sie kommen und ihn ergreifen wollten, damit sie ihn zum König machten, da entwich er auf den Berg, er selbst allein. Merkt ihr was? Sie erkennen ihn als den Propheten und wollen ihn mit Gewalt sofort zum König machen. Aber da fehlt doch etwas. Was haben sie außer Acht gelassen? Er muss erst noch Priester werden.
Und in diesem Moment, wo sie ihn zum König proklamiert hätten, zieht sich der Herr zurück. Wohin? Allein auf einen Berg. Ich glaube, hier wird schon Golgatha angedeutet, der einsamste Berg der Weltgeschichte.
Und was hat er da? In Johannes steht es nicht, aber im Matthäusevangelium, Matthäus 14, Vers 23, bei derselben Begebenheit heißt es: Als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er auf den Berg allein, um zu beten, er selbst allein.
Wir sehen Jesu Priestertum nur dann ein wenig, nur angedeutet, wenn er betet. Denn das ist das Erkennungskriterium eines Priesters: Er betet. Ganz besonders sehen wir das natürlich in Johannes 17, wo er uns vor dem Vater vertritt, bevor er bereit ist, der Hohepriester zu werden, sich selbst hinzugeben als Schlachtopfer. Dort, in Johannes 17, sehen wir ihn als Hohen Priester vor dem Vater. Aber es steht nicht explizit, dass er der Priester ist.
Es gibt in Matthäus 16 eine bewegende Stelle, wo der Herr nach der langen Zeit, die er bei seinen Jüngern war, mal so eine Meinungsumfrage macht: Was denken die Leute, wer ich bin?
In Matthäus 16, Vers 13 fragt er die Jünger und sprach: „Wer sagen die Menschen, dass ich der Sohn des Menschen sei?“ Sie aber sagten: Manche behaupten, Johannes der Täufer, andere Elija, der wiederkommen soll. Andere sagten Jeremia oder einer der Propheten.
Merkt ihr, was man in Jesus erkannt hat? Einen Propheten: Johannes, Elija, Jeremia, irgendeiner der Propheten – das haben die Leute alle gemerkt, dass er ein Prophet war.
In Vers 15 sagt er aber zu ihnen: „Ihr aber, was sagt ihr, dass ich sei?“ Simon Petrus antwortete und sprach: „Du bist der Christus, der Gesalbte, Gott des Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Und dann gebot er seinen Jüngern, dass sie niemandem sagten, dass er der Christus sei. Es ist noch nicht so weit.
Von der Zeit an zeigt der Herr den Jüngern etwas ganz Besonderes. Er zeigt ihnen, dass er noch Priester werden muss. In Vers 21 heißt es: „Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und hohen Priestern und Schriftgelehrten vieles leiden, getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse.“ Hier nimmt er seine Jünger mit hinein in dieses Geheimnis.
Und Petrus sagt: „Nur das nicht! Wir brauchen dich doch noch für unsere Welteroberungspläne!“
In Johannes 7 ganz ähnlich: Dort steht Jesus im Tempel. In Johannes 7, Vers 33 sagt er: „Noch eine kleine Zeit bin ich bei euch, und ich gehe hin zu dem, der mich gesandt hat. Ihr werdet mich suchen und nicht finden, und wo ich bin, könnt ihr nicht hinkommen.“ Sie verstanden nicht, wovon er sprach, nicht mal die Jünger verstanden das. Auch nicht in seiner Abschiedsrede im Obersaal, da sagt er das noch mal, und sie hatten keine Ahnung.
Dann heißt es dort in Johannes 7, Vers 40: „Etliche nun aus der Volksmenge sagten, als sie diese Worte hörten: ‚Dieser ist wahrhaftig der Prophet.‘ Andere sagten: ‚Das ist der Christus.‘ Andere sagten: ‚Nein, der Christus kommt doch nicht aus Galiläa, der kommt doch aus Judäa, aus dem Haus Davids.‘“ Und so entbrannte ein Streit: Woher kommt der Christus? Ist er nun Prophet oder König?
Aber sein Priestertum blieb unerkannt, obwohl er das damals im Tempel ausrief, in Vers 28. Und ich glaube, man kann es in folgendem Satz zusammenfassen: Sein Prophetentum wurde anerkannt, sein Priestertum blieb unerkannt, und sein Königtum wurde aberkannt.
Das ist quer durch die Evangelien zu erkennen. Und das ist noch heute auch in den Weltreligionen so: Jesus, ja, das war ein Prophet – selbst der Islam könnte das unterschreiben. Aber sie können niemals eingestehen, dass er es war, der am Kreuz das Sühnopfer wurde für uns.
Nur im Hebräerbrief finden wir das, und das ist das Thema für heute Morgen. Wir finden das in Hebräer Kapitel 5 bis Vers 10 fast ausschließlich: Jesus, unser hoher Priester. Dort wird es entfaltet, und dort wird dieses Geheimnis gelüftet.
Bedeutung des Messias und die Einheit von König, Priester und Prophet
Ich möchte noch ganz kurz etwas dazu sagen: Was bedeutet eigentlich Messias, ein Gesalbter?
Schon seit jeher war es so, dass in Gottes Volk die höchsten Würdenträger durch eine Salbung in ihren Dienst genommen wurden. Das waren der König, der Priester und der Prophet. Sie wurden mit einem Horn, das mit Salböl gefüllt war, zum Dienst gesalbt. Das Horn war ein Symbol der Macht. Tiere, die Hörner haben, sollte man besser meiden. Dieses Horn war gefüllt mit Salböl, einem Symbol für Gottes Geist und für Gottes Kraftausrüstung.
Der König, der Priester und der Prophet sollten von Gott eingesetzt und autorisiert sein. Sie empfingen ihre Würde von Gott. Sie waren die ranghöchsten Gewalten in der damaligen Gesellschaft. Es gab nichts Höheres. Deshalb gab es auch damals schon eine Art Gewaltenteilung: Dem König wurde der Prophet beigeordnet, was in manchen Fällen sehr sinnvoll war, ebenso der Priester.
Bei uns im Freizeitheim Schoppen kam vor einiger Zeit ein Anruf von einer Schwester, die spastisch gelähmt ist. Sie sitzt im Rollstuhl und rief an: „Andreas, ich weiß nicht, wie ich von München zu euch kommen soll. Kennst du vielleicht jemanden, der mich mitnehmen kann?“ Für Rosi war es schwierig, im Rollstuhl zu uns zu kommen.
Dann fiel mir eine Lösung ein: Da gibt es auch noch den blinden Robert aus München. Er weiß ebenfalls nicht, wie er zu uns kommen soll. Aber in Kombination ist das durchaus sinnvoll: Er schiebt den Rollstuhl, und Rosi ist für ihn wie seine Augen. So bringt er sie zum Zug, und die beiden kommen gut in Schoppen an. Er mit seiner Kraft, sie mit ihren Augen.
So ähnlich war es auch von Gott gedacht. Einige wurden zu Königen gemacht, andere zu Priestern, wieder andere zu Propheten – eine Art Gewaltenteilung. Aber Gottes Gedanke von Anfang an, den wir in Epheser 1,10 lesen, ist ein anderer.
Was ist Gottes Ziel? Er möchte diese Gewaltenteilung bald auflösen. Dort heißt es: Er möchte alles unter ein Haupt zusammenbringen – in Christus, in dem Gesalbten. Alles, was im Himmel und auf der Erde ist, soll in ihm vereint werden. So ist er das alles in Personalunion.
Wir merken das quer durch das Alte Testament und auch in den Evangelien: Die Juden wussten nicht genau, ob der Messias ein prophetischer, ein priesterlicher oder ein königlicher Messias sein würde. Das sehen wir auch in Matthäus 22,42. Dort heißt es: Als aber die Pharisäer versammelt waren, fragte Jesus sie und sagte: „Was haltet ihr vom Christus? Wessen Sohn ist er? Welcher Abstammung wird er sein? Was meint ihr? Könnt ihr dieses Rätsel lösen?“
Jesus vereint in seiner Person alles, was die damaligen Juden nicht zusammenbrachten. Er vereint das, was im Alten Testament noch getrennt war, in sich – in seinem Wesen. Er ist König, Priester und Prophet in Personalunion.
Es ist einzigartig zu sehen, dass er sowohl der Prophet ist, der Bote, als auch die Botschaft. Er ist das Wort und der Bote. Er ist der Tempel, der Priester und das Opfer. Er ist das Reich mitten unter uns und der König. Er ist Objekt und Subjekt der Gedanken Gottes. Er ist die Tat und der Täter. Er ist der Heiland und das Heil. Alles ist in ihm vereint. Er ist der Würdenträger aller Würden, einzigartig und unvergleichlich.
Wir in unserer Zeit empfinden es oft als abstoßend, wenn jemand so viele Ämter in einer Person vereint und alles an sich reißt. Aber bei dem Herrn Jesus ist es so, weil wir das brauchen. Ein solcher hoher Priester geziemt uns, sagt Hebräer 7,26. So einen brauchten wir.
Die Notwendigkeit des dreifachen Amtes Jesu
Warum und was bedeutet das?
Wir brauchten Rettung – und zwar von der Unwissenheit über unsere Sünde. Dafür brauchten wir den Propheten, der uns die Gedanken Gottes offenbart, der uns zeigt, wie Gott wirklich über uns denkt. Wir brauchten ihn wegen der Unwissenheit über die Sünde.
Doch wir brauchten ihn auch wegen der Schuld unserer Sünde. Was nützt uns ein Prophet, wenn wir die Sünde nicht aus der Welt schaffen können? Deshalb wurde er auch unser Priester, der für die Schuld unserer Sünde eintritt.
Und wir brauchen ihn auch als König. Wegen der Herrschaft der Sünde – damit sie aufhört und wir einer neuen Macht unterstehen, unserem König.
Genau das ist der Auftakt im Hebräerbrief, in Hebräer 1. Dort lesen wir in den ersten drei Versen genau diese drei Gedanken: Gott hat zu uns geredet im Sohn. Nach den vielen Propheten des Alten Testaments sandte er ihn. Gott hat in ihm, dem Herrn Jesus, als Prophet geredet.
Aber mehr noch: Er hat auch die Reinigung unserer Sünden bewirkt, als Priester. Und er hat sich gesetzt zur Rechten Gottes, als Majestät, der König.
So beginnt der Hebräerbrief – mit diesem Dreiklang gleich in den ersten drei Versen.
Symbolik der Kleidung Jesu und seine priesterliche Rolle
Ich möchte jetzt einen kurzen Exkurs machen, der mich sehr bewegt hat. Dazu habe ich hier eine Staffelei mitgebracht, um etwas zu demonstrieren.
Was wissen wir von den Kleidern Jesu? Wer kann dazu etwas sagen? Sein Untergewand war in einem Stück durchgewebt. Was wissen wir noch? Da hat jemand den Telefonjoker eingelöst. Wie? Genau, es waren Quasten an seinem Gewand, wie es damals ein strenger Jude trug, als Erinnerung an das Gesetz Gottes.
In der Offenbarung lesen wir etwas über seine Kleidung, über seine Robe. Allerdings erfahren wir nur wenig darüber. Wir wissen, dass er wahrscheinlich eher ein grobes Gewand trug als ein weiches. Denn als einmal Menschen zu ihm kommen, sagt er in Bezug auf Johannes den Täufer: „Was seid ihr ausgegangen zu sehen? Einen Menschen in weichen Kleidern? Siehe, die in weichen Kleidern sind, die sind in den Häusern der Könige.“ Jesus hatte wahrscheinlich ein schlichtes äußeres Gewand, rau, aber sein Untergewand war ganz edel, in einem Stück durchgewebt.
Ich möchte unsere Blicke auf den letzten Tag unseres Herrn als Mensch auf dieser Erde lenken, unter seinen Jüngern. Dabei wird auch der Fokus auf seine Kleider gerichtet. Das hier ist mein Kleiderständer. Ich möchte gleich etwas demonstrieren, damit uns das haften bleibt.
Wir lesen an diesem letzten Tag, dass Jesus zweimal angespuckt wurde und zweimal Ohrfeigen bekam – zweimal. Bei welchen Gelegenheiten war das? Genau, bei den zwei Prozessen: beim religiösen Prozess und beim Prozess vor Pilatus, also vor der irdischen Gerichtsbarkeit, der römischen Justiz.
Beide Male kamen Diener, Niedriggestellte, schlugen ihn und spuckten ihn an. An dieser Stelle wird häufig darüber gesprochen, was Jesus trug. Ich bin überzeugt, dass er beim ersten Prozess als der Prophet verspottet wurde und beim zweiten Prozess als der König.
Jesus schweigt, und sie kamen gar nicht auf die Idee, dass der Priester vor ihnen steht. Er kam undercover, inkognito – sie merkten es nicht. Es ist so bemerkenswert, dass niemand in dem Moment, als er bereitsteht, als der Priester in das Heiligtum zu gehen, um das vollgültige Sühneopfer zu bringen, auf die Idee kam, wer er wirklich ist. Es war vor ihren Augen verborgen. Wir dürfen es sehen, weil wir den Hebräerbrief haben.
Bei diesem letzten Prozess sind mehrere Hohepriester zugegen – das ist schon ein Unikum. Nach dem Alten Testament dürfte das eigentlich nicht sein. Der Hohepriester merkt gar nicht, was er tut, als er vor Entsetzen seine Kleider zerreißt. Ich möchte es jetzt nicht vormachen, meine Frau ist hier, aber der Hohepriester zerreißt sein Kleid und sagt, Jesus habe Gott gelästert.
Kaiphas merkt nicht, dass er in diesem Moment das alte Priestertum zerfetzt, das aaronitische. In 3. Mose 21,10 lesen wir: „Der Hohepriester, auf dessen Haupt das Salböl gegossen worden ist, um die heiligen Kleider anzulegen, der soll seine Kleider nie zerreißen.“ Kaiphas tut genau das, als er vor dem wahren Hohenpriester steht. Er zerreißt seine Kleider und löscht damit sein Priestertum aus.
Es ist genau der Moment, in dem er vor dem wahren Priester steht. In Matthäus 26,62-65 lesen wir: „Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts? Was zeugen diese gegen dich? Jesus aber schwieg. Und der Hohepriester hob an und sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes. Jesus spricht zu ihm: Du hast es gesagt. Doch ich sage euch, von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels. Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat gelästert! Was brauchen wir noch Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr Lästerung selbst gehört. Was denkt ihr? Sie aber antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.“
Dann beginnt die Prozedur: Die Diener verhüllen Jesus das Haupt, geben ihm Backenstreiche und sagen: „Weissage! Wer ist es, der dich schlug?“ Sie wollen herausfinden, ob er ein wirklicher Prophet ist, ob er auf dem Kopf sagen kann, wer es war. In Markus 14,65 heißt es: „Etliche fingen an, ihn anzuspucken, sein Angesicht zu verhüllen und ihn mit Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: Weissage! Na, bist du ein Prophet?“ Er ist der Prophet, aber man lehnt ihn ab.
Es ist wie damals bei dem Propheten Micha am Königshof von Ahab und Josaphat. Als Micha den Königen Unheil prophezeit, kommt Zedekiah und gibt ihm einen Schlag ins Gesicht und sagt: „Ist von uns etwa der Geist Gottes gewichen?“ Genau die gleiche Situation: Jesus wird als der Prophet abgelehnt. In 1. Könige 22,24 lesen wir: „Da trat Zedekiah, der Sohn Kenaans, herbei, schlug Micha auf die Backe und sprach: Ist denn der Geist Gottes von uns gewichen?“
Beim zweiten Prozess ereignet sich etwas ganz Ähnliches: wieder die gleichen Misshandlungen, wieder wird er angespuckt und wieder bekommt er Backenstreiche. In Matthäus 27,27-31 lesen wir: „Da nahmen die Kriegsknechte des Landpflegers Jesus mit in das Prätorium, versammelten über ihn die ganze Schar, zogen ihn aus, nahmen ihm sein Gewand und legten ihm einen Purpurmantel um.“
Warum taten sie das? Sie legten ihm einen Purpurmantel um, der größer war. Sie zeigen, dass er ein König sei – Purpur war königlich. Sie bringen ihm alle Insignien eines Königs: eine Krone, einen Zepter, einen Umhang. Sie treiben Spott mit ihm als König, verlästern und verhüllen ihn als den König.
Aber ich bin überzeugt, darunter trug er sein Priestergewand, sein nahtloses, feines Leinenkleid. Sie merken nicht, dass der Priester vor ihnen steht. Und als sie ihn gekreuzigt hatten, kamen sie auf die Idee, seine Kleider unter sich zu teilen.
Sein äußeres Gewand, das alle sahen und kannten, wurde in vier Teile zerteilt. Aber als sie dann an sein priesterliches Gewand kamen, hielten sie inne. „Lass uns darüber besser losen, das ist zu schade für einen Putzlappen, das sollten wir besser heil lassen.“ Sie merken nicht, dass sie damit die Schrift erfüllen.
Sein Priestertum ist unzerstörbar, ewig, endgültig und ein für alle Mal. Der Hohepriester Kaiphas hatte sein Kleid gerade zerfetzt, aber Jesu Gewand bleibt ohne Naht und ohne Riss – es bleibt heil.
Jesus erfüllt in diesem Moment buchstäblich, was er selbst in der Bergpredigt gefordert hat, wo er sagt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen, sondern wer dich auf deinen rechten Backen schlägt, dem biete auch den anderen dar.“ Sowohl vor dem religiösen Gericht als auch vor dem römischen Gericht hielt er schweigend seine Wange hin.
Und weiter: „Und wer mit dir vor Gericht gehen wird und deinen Leibrock fordert, dem lass auch den Mantel.“ Und er tat es.
Doch etwas fehlt noch: Er wurde verspottet als der Prophet und als der König. Finden wir einen Hinweis darauf, dass er auch der Priester ist? Ja, in seiner letzten Nacht mit seinen Jüngern.
Dann sagt er in Johannes 13: „Ihr nennt mich Lehrer und Herr, ihr nennt mich Prophet und König, Lehrer und Herr. Und ich bin es, aber ich bin noch mehr. Ihr Jünger habt es noch nicht verstanden, ihr könnt es jetzt noch nicht fassen.“
Dann nahm er eine Leinenschürze und umbürtet sich damit. In Hebräer 1 haben wir gelesen, wer er ist. Er bückt sich und wäscht den Jüngern die Füße. Er hatte die Schürze vorher umgebunden, trug sie um seinen Leib und wusch ihnen zart die Füße.
Petrus kann das nicht fassen: „Mein König, das geht doch nicht, meine Majestät!“ Doch! Petrus, du kannst es jetzt noch nicht fassen. Ich muss Priester werden.
Jesus zog in diesem Moment sein Obergewand aus. Wir können uns vorstellen, dass er nur sein leinernes Untergewand trug. Für einen Juden war es anstößig, so herumzurennen. Es galt als nackt. Er sah aus wie König David, als dieser damals das leinene Efort trug, als er die Herrlichkeit Gottes nach Jerusalem zurückbrachte.
Michael fand das verächtlich, albern. Aber so hat auch unser Hohepriester die Herrlichkeit Gottes zurückgebracht. An diesem Abend kam er seinen Brüdern, seinen Jüngern, segnend entgegen – mit Brot und Wein, wie Melchisedek, der ewige Priester.
Noch fassen sie das alles nicht.
Eberhard Platte hat mich auf etwas aufmerksam gemacht: Normalerweise hatte der Hohepriester dieses feierliche Ornat, bunte Kleider und die Edelsteinplatte auf seiner Brust. Herrliche Kleider – so tat normalerweise der Priester seinen Dienst.
Aber an einem Tag im Jahr, am Jom Kippur, 3. Mose 16, ging der Priester ins Heiligtum, bis ins Allerheiligste, in weißen Kleidern, in seinen Leinenkleidern gekleidet. Genau so sehen wir unseren Priester hineingehen in das Heiligtum.
Ich finde die Stelle in Lukas 1 so bewegend, wo Zacharias den Priesterdienst vor Gott tun darf und in den Tempel geht. Draußen vor dem Tempel steht die wartende Menge. Sie kennen das Ritual und denken: „Naja, der ist in zwölf Minuten wieder da.“ Sie gucken auf die Uhr, doch er kommt nicht. Sie werden unruhig.
Wo bleibt unser Priester? Es wird wohl etwas passiert sein. Vielleicht hat er sich versündigt, vielleicht eine Leiche berührt, vielleicht hat Gott ihn geschlagen, vielleicht ist heiliges Feuer auf ihm gekommen. Sie werden unruhig.
Dann geht die Flügeltür auf und Zacharias kommt heraus. Das Volk wartet draußen, um den priesterlichen Segen zu empfangen.
Ich glaube, das ist ein wunderbares Bild für unsere Situation heute. Wir sind die Menge der Gläubigen, die vor dem Tempel wartet. In Lukas 1 waren es nur wenige Getreue. Wir lesen nur von Simeon und Anna, die im Tempel ausharrten, weil sie auf den Trost Israels warteten.
Auch heute sehen wir, dass viele Christen gar nicht mit der Ankunft Jesu rechnen, dass unser Hoherpriester kommt zu unserem Segen, zu unserem Heil.
Aber wohl, wenn wir Knechte sind, die ihren Herrn erwarten, die mit Erwartung dastehen, wenn er kommt.
Die Bedeutung von Jesu Priestertum für unser Leben
Jetzt kommt ein zweiter kurzer Punkt und noch ein dritter, der noch kürzer ist. Ich möchte etwas dazu sagen: Was bedeutet es für uns, dass Jesus der Priester ist? Welchen Wert hat das für uns?
Ist euch jemals aufgefallen, dass in Jesaja 53 – einem Kapitel, das wir vielleicht alle auswendig können und deshalb oft nicht mehr genau hinhören – der beschriebene Knecht Gottes nur einmal seinen Mund öffnet, um etwas zu sagen? Wir lesen, wie er misshandelt wird, verachtet, geschlagen, wie er Schmerzen trägt und verhöhnt wird. Doch in Vers 7 ist er wie ein Lamm, das seinen Mund nicht auftut, wenn es zur Schlachtung geführt wird, wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scheren.
So sehen wir auch den Herrn Jesus am Kreuz als das Lamm, das stumm ist. Und das lesen wir hier in Vers 12: Er hat die Sünde vieler getragen und für die Verbrecher Fürbitte getan. Das ist das Einzige, was wir lesen, wo er aktiv redet. Er schweigt, wenn es um ihn geht, aber er redet, wenn es um andere geht.
Das ist unser hoher Priester. Er rechtfertigt sich nicht, verteidigt sich nicht, sondern bittet für uns. Er hat für die Verbrecher Fürbitte getan. Und das sehen wir am Kreuz ganz deutlich: wie er an Maria denkt, an Johannes, wie er an den Mitgekreuzigten denkt, wie er die Frauen sieht, die um ihn klagen, und wie er selbst den Römern vergibt. Er tut Fürbitte – das ist unser Priester. Er lebte priesterlich und er starb priesterlich.
Als wir hier nach Zabelstein kamen, da unten aus den Niederungen des Nebels – ich weiß nicht, wie der Ort da unten heißt, ganz tief im Tal – fährt man diese Serpentinen hoch bis nach Zavelstein. Habt ihr das auch gesehen? In einer Kurve, in so einer Haarnadelkurve, lag eine Notrufsäule umgefahren. Da müssten wir aufpassen beim Autofahren. Ich dachte, das ist ein gutes Bild: eine Notrufsäule, die umgefahren wurde. Das ist ja kurios. Da ist mal was passiert, und dann klappt das Ding nicht.
Aber das ist unser Jesus. Wir haben ihn überfahren, wir haben ihn zugrunde gerichtet durch unsere Schuld. Aber das Telefon klappt immer noch. Er ist immer noch bereit, für uns Fürsprache zu tun. Das ist der Sinn! Wie schnell sind wir Menschen beleidigt! Aber er ist unser Fürsprecher, unsere Notrufsäule!
In Johannes 5 sagt Jesus, Johannes 5, Vers 45: „Denkt doch nicht, dass ich euch beim Vater verklagen würde. Da ist einer, der euch verklagt, Mose, und da ist noch einer, der Verkläger der Brüder, aber Jesus doch nicht.“
In Römer 5, Vers 10 heißt es: „Denn wenn wir, als wir noch Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, wie viel mehr werden wir jetzt, wo wir Versöhnte sind, durch sein Leben gerettet werden?“ Versteht ihr diesen Gedanken? Wenn er schon bereit war, für Sünder zu sterben, wie viel mehr wird er jetzt sein Leben einsetzen zu unseren Gunsten? Versöhnt – und sein Leben soll uns retten. Seine Fürsprache ist jetzt unser Heil. Das ist mein ganzer Trost.
Deshalb heißt es auch hier in Hebräer 7, Vers 25: „Daher kann er auch völlig erretten, die sich durch ihn Gott nahen, weil er immer lebt, um sich für sie zu verwenden.“ Er verwendet sich für mich, er spricht für mich, er will sich für mich einsetzen. Ich habe Beziehungen zu Gott, weil er sich für mich verwendet.
Und in Römer 8 klingt es so triumphal, am Ende: „Wer ist es, der verdammt? Christus ist es doch, der gestorben, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und der sich auch für uns verwendet.“ Das ist der Sinn, warum wir diesen hohen Priester brauchen. Er ist unser Fürsprecher beim Vater.
Mir ist vor kurzem etwas aufgefallen, das mich tief bewegt hat: im ersten Johannesbrief finden wir genau diesen Gedanken. Dort heißt es dreimal „Gesetz der Fall“ (in meiner Bibel als Fußnote vermerkt). In 1. Johannes 1, Vers 6: „Wenn wir aber sagen, wir haben Gemeinschaft mit ihm, aber wandeln in der Finsternis, dann lügen wir und tun nicht die Wahrheit.“
Dann heißt es in Vers 8: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst.“ Und noch ein Vers später in Vers 10: „Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir Gott zum Lügner.“ Dreimal wird hier gesagt: „Gesetz der Fall“, da ist Sünde.
Aber habt ihr gemerkt? Dreimal steht dazwischen Jesus. In 1. Johannes 1, Vers 6 steht: „Wenn wir sagen...“ aber in Vers 7: „Das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“ In Vers 8 heißt es: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben...“ aber dann kommt Vers 9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht.“
Ich begreife diese Gerechtigkeit Gottes nicht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Das ist unser hoher Priester.
Und dann, wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, da ist es im ersten Vers von Kapitel 2: „Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, haben wir einen Beistand, einen Helfer, einen Fürsprecher bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.“ Versteht ihr das? Sünde ist da, aber da ist auch unser hoher Priester. Und Sünde wird wiederkommen, aber da ist unser hoher Priester.
Und wenn wir sagen, dass wir nicht sündigen, da ist einer, unser Beistand beim Vater. Er wird uns durchbringen durch unser Leben, er wird für uns Fürbitte tun. Er konnte am Kreuz rufen: „Es ist vollbracht.“ Ich habe die Sünde besühnt. Er wird dafür sorgen, dass wir auch ans Ziel kommen.
Das hat mich elektrisiert. In Jesaja 53 steht genau dieser Gedanke, nachdem wir ausführlich lesen, was er erduldet, wie Gott ihn schlägt. Dort heißt es, und es steht alles im Präsens, alles ist geschehen: Jesaja 53. Wir lesen, dass er bei Gottlosen ins Grab kommt, dass er bei einem Reichen ist in seinem Tod und dass er Nachkommen sehen wird. Und dann kommt der schönste Vers, in Vers 11 am Ende: „Er wird den Vielen zur Gerechtigkeit verhelfen, und ihre Sünden wird er sich selbst aufladen.“
Präsenz oder Zukunft – er ist noch immer unser Fürsprecher. Er hat damals alle Sünden gesühnt und auf sich genommen, aber noch immer wird er dafür sorgen, dass unsere Sünden nicht das Hindernis sein müssen, zu Gott zu kommen.
Das ist unser hoher Priester.
Unsere Berufung als Priester
Zum Schluss: Wir sollen Priester sein. Lebst du priesterlich?
Auf der Hinfahrt hier nach Zavelstein habe ich meine Frau verbal angefahren. Ich war patzig und ärgerlich, weil wir uns verspätet hatten, und ich habe sie das spüren lassen. Meine Tochter rief von der Rückbank: „Papa, streitet euch doch nicht!“ Puh, ich soll einen Vortrag halten über priesterliches Leben. Was hören unsere Kinder bei uns? Priesterliche Worte?
Hiob ist ein Beispiel dafür, wie er für seine Kinder betet. Als sie eine große Party feiern, betet er, falls sie sich vielleicht versündigen. Er tritt für sie priesterlich ein (Hiob 1,5). Lebst du priesterlich?
Im Buch Maleachi wird dieser Gedanke Gottes dargestellt: Wie soll eigentlich ein Priester sein? Da heißt es in Maleachi 2: „Ja, mein Bund mit Levi, das war das Leben, so war das gedacht.“ Ein Priester, der so ist, das ist Leben und Friede.
Weiter heißt es in Maleachi 2,6: „Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Mund.“ Bist du ein Priester? Ist das Wort Gottes auch in deinem Mund, gerade für deine Angehörigen? „Und Unrecht fand ich nicht auf seinen Lippen, er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit und brachte viele von ihren Ungerechtigkeiten zurück.“ Das ist ein Priester, der es schafft, andere von ihren Ungerechtigkeiten zurückzubringen. Das ist ein Priester – das sollen wir sein.
In deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Dort durften die Priester stehen, in den Vorhöfen. „Ich will lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes, als zu wohnen in den Zelten der Gottlosen.“ Warum an der Schwelle stehen? Ein Bruder hat mal gesagt, das ist ein schöner Platz. Da sieht man einen zerknirschten Sünder kommen, der sich fragt, ob er überhaupt so vor Gott hintreten darf. Dann geht er über die Schwelle.
Wenig später kommt er zurück, erleichtert, weil er eine Sünde losgeworden ist. Ein schöner Platz an der Schwelle, um zu sehen, wie Menschen ihre Last bei Jesus ablegen. Bist du so ein Priester, der andere auf diesem Weg begleitet? Bist du so ein Priester für deine Mitwelt?
Ein Stück dieses Priestertums lesen wir im 1. Timotheusbrief 2, gleich am Anfang: „Ich ermahne euch nun vor allen Dingen, dass ihr eure Gebetsstunde nicht verpasst.“ Das ist ein großer Missstand. Wie ist das bei euch zu Hause? Bist du immer dabei? Das ist priesterliches Leben.
„Ich ermahne euch nun vor allen Dingen, dass ihr keine Maleachi-Konferenz schwänzt. Ich ermahne euch vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten und Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst. Denn das ist gut und angenehm vor unserem Heilandgott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn Gott ist einer und einer ist Mittler zwischen Gott und den Menschen.“
Merkt ihr diese Gedankenbrücke? Ihr sollt Fürbitte tun, seid in den Gebetsstunden, seid Beter! Denn da ist ein Ermittler, da ist ein hoher Priester, der es euch vormacht.
Und ihr? Wenn das ein kleiner Effekt der Maleachi-Konferenz wäre, dass wir treuere Beter würden, dass wir in den Gebetsstunden nicht fehlen – das wäre schon unendlich viel.
Abschluss und Segensgebet
Ich komme zum Schluss. Stephen Harding, ein Freund von mir, hat einmal gesagt – und ich finde, es ist ein sehr schönes Zitat: Sei ein König, denn ein König bestimmt seine Umgebung und wird nicht so sehr von ihr bestimmt. Sei ein Priester, lebe in der Gegenwart Gottes und bringe andere dorthin. Sei ein Prophet, habe eine Botschaft für diese Welt.
Sei ein König, bestimme mehr deine Umgebung, als dass du von ihr bestimmt wirst. Sei ein Priester, der in der Gottesgegenwart lebt und andere dorthin bringt. Sei ein Prophet, der eine Botschaft für seine Welt hat.
Ihr Familienväter, ihr seid das. Ihr seid Könige, Priester und Propheten für eure Familie nach Gottes Gedanken. Oder ihr Großeltern, vielleicht auch für eure Enkel. Erklärt ihnen Gottes Willen, macht ihnen die Bibel lieb – das ist prophetisch leben. Macht sie zu Anbetern Gottes und betet für sie – das ist priesterlich leben.
Kennen deine Kinder dich nur schimpfend und im Streit mit der Frau? Oder haben sie dich schon einmal erwischt, wie du auf den Knien bist? Sei auch ein König, gib klare Richtlinien und Regeln, stelle eine Autorität in deiner Familie auf und lebe auch königlich!
Vielleicht habt ihr jetzt bemerkt, dass ich gar nicht Hebräer 5 und 10 ausgelegt habe. Aber vielleicht können wir mit diesem Vorwissen diese Kapitel einfach noch einmal ruhig lesen und vielmehr verstehen, was es bedeutet, dass wir da einen Beistand haben beim Vater, der noch ganz verborgen hinter dem Vorhang seinen Dienst tut – für die Welt unsichtbar und unerkannt.
Ich möchte gern noch zum Schluss beten. Wir stehen dazu auf.
Herr Jesus, du bist der höchste aller Würdenträger, und doch kamst du so verächtlich. Du hast dich in dieses Taufwasser hineingestellt, in den Jordan, mitten unter die Sünder. Die Bibel sagt, dass das deine Salbung war. Wie verächtlich!
Herr Jesus, du gingst in das Haus eines Aussätzlichen hinein, und dort kam eine Sünderin, um dich zu salben. Was für ein Gesalbter, Herr Jesus, im Haus des Aussätzlichen von einer Sünderin gesalbt zu werden! Aber du wurdest zu unserem Priester gesalbt, der hinging, um für uns zu sterben.
Und, Jesus, du wurdest als Toter noch einmal gesalbt, um bald als unser König zu kommen. Damals salbten dich Joseph von Arimathäa und Nikodemus, die das Reich Gottes erwarteten. Wir möchten auch diesen König erwarten, unseren Bräutigam, unseren Heiland, und wir beten, dass wir eine wartende Menge sind, die darauf wartet, dass sich der Vorhang bald öffnet und der Priester kommt.
Amen.
