Einführung in die Komplexität von Daniel 11
In unserer fortlaufenden Betrachtung des Buches Daniel kommen wir heute zu Kapitel 11. Das wird der schwierigste Bibelstudientag der letzten zwanzig Jahre werden. Dieses Kapitel ist sehr kompliziert. Ich habe noch nie eine Predigt über Daniel 11 gehört.
Einmal habe ich einen Vortrag auf Französisch über Daniel 11 gehalten und mich schon davor gefragt: Wie soll man das rüberbringen? Das ist so schwierig. Viel einfacher ist es, ein Buch zu lesen. Ich habe ja das Buch „Weltgeschichte im Visier des Propheten Daniel“ geschrieben, und darin behandle ich nur die erfüllte Prophetie aus dem Buch Daniel.
Dabei geht es nicht um alles, was wir jetzt in diesen Bibelstudentagen betrachtet haben. Denn in den vergangenen Treffen haben wir uns sehr mit der zukünftigen Prophetie im Buch Daniel auseinandergesetzt, neben der erfüllten. Ich habe das mal ausgezählt: Das Buch Daniel enthält über zweihundert erfüllte Prophezeiungen über Weltgeschichte.
Diese betreffen das alte Weltreich Babylonien, dann die Nachfolgerweltreiche Medopersien und Griechenland, sowie Großsyrien, Ägypten, Israel, Jerusalem und den Messias. In Kapitel fünf meines Buches behandle ich unter dem Titel „Von Cyrus bis Antiochus Epiphanes“ Daniel 11.
Dort ist es viel einfacher, denn man kann sein eigenes Tempo wählen. Man hat gleich den Bibeltext und jeweils eine kurze Erklärung dazu. Und jetzt, wie soll ich das machen als Bibelstudientag? Da habe ich mir gesagt: Ja gut, wir gehen einfach den Text des Buches durch und ich erkläre noch ein bisschen dazu.
Also das wäre dann so, wie wir das Buch eben zusammen zuhause lesen würden.
Überblick über Daniel 11 und seine historische Einordnung
Daniel 11,1-35 ist die Prophetie über die Zeit des persischen Königs Kyros ab seinem dritten Regierungsjahr, das heißt 537 v. Chr. Diese Zeitangabe wird, wie wir gesehen haben, in Kapitel 10 genau datiert. Die Kapitel 10, 11 und 12 bilden eine Einheit.
Letztes Mal haben wir Kapitel 10 durchgenommen. Dort haben wir gesehen, wie ein Engel zu Daniel kommt und ihm verschiedene Dinge erklärt, die Kapitel 11 vorbereiten. Am Schluss von Kapitel 10, das wir letztes Mal noch gelesen haben, sagt der Engel, warum er zu Daniel geschickt worden ist. Ich möchte das gleich zitieren: Wir haben gesehen, dass er drei Wochen zu spät kam. Das ist schon tröstlich, dass sogar Engel mal zu spät kommen können. Aber gut, er war aufgehalten.
Dann steht in Daniel 10, Vers 21: "Doch will ich dir kundtun, was in dem Buch der Wahrheit verzeichnet ist." Dieses Buch der Wahrheit gab es im Himmel. Der Engel wusste um den Inhalt und bekam den Auftrag, diesen Inhalt Daniel mitzuteilen. Daraus entstanden dann die Kapitel 11 und 12.
Zuerst beschreibt der Engel die Zeit von Kyros 537 v. Chr. bis in die Makkabäerzeit 164 v. Chr. sehr detailliert. In diesen Versen finden wir über 150 erfüllte Prophezeiungen, die nachweislich in der Weltgeschichte eingetreten sind. Das lässt sich mit der Geschichtsliteratur sehr gut und einfach belegen.
In meinem Buch habe ich viele Fußnoten, in denen die Quellen aus der Fachliteratur angegeben sind, wo man das alles nachlesen und belegen kann. Die Fußnoten sind ganz wichtig. Manche kennen noch Professor Flusser von der Hebräischen Universität Jerusalem. Er war Jude und hat sich intensiv mit dem Neuen Testament und Jesus Christus auseinandergesetzt. Wenn es um kritische Dinge ging, fragte er immer: "Wo sind die Fußnoten? Wo sind die Fußnoten?" Das ist der Punkt: Man kann nicht einfach etwas behaupten, man muss die Dinge belegen. Deshalb sind die Fußnoten so wichtig.
Diese findet man im Buch "Über 150 erfüllte Prophezeiungen". Das ist eigentlich der Todesstoß für den Atheismus, weil man sehr einfach beweisen kann, dass das Buch Daniel tatsächlich vor den Ereignissen geschrieben worden ist.
In der liberalen Theologie sagt man oft, Daniel 11 sei nach 164 v. Chr. geschrieben und als Prophetie ausgegeben worden. Doch wenn man das Hebräische des Buches Daniel liest, kann man genau sagen, aufgrund der Rechtschreibung, der Grammatik und des Satzbaus, aus welchem Jahrhundert das stammt. Es ist genau das Hebräisch aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus, also aus der Zeit, in der Daniel geschrieben wurde, um 537 v. Chr.
Das Hebräisch im zweiten Jahrhundert vor Christus, also um 164 v. Chr., ist ganz anders. Die Rechtschreibung ist anders, der Satzbau ist anders. Es ist so offensichtlich, dass man, wenn man einen unbekannten Text bekommt, innerhalb von Sekunden sagen kann, ob er aus dem zweiten oder sechsten Jahrhundert stammt. Das ist so klar.
Auch in der späteren Zeit kamen immer mehr Fremdwörter ins Hebräische. Im Buch Daniel finden sich jedoch keine Fremdwörter aus späterer Zeit, die ein Beweis für eine spätere Entstehung wären. Das Hebräisch in Daniel 11 ist reines Hebräisch. Keine Fremdwörter aus späterer Zeit sind darin enthalten. Das ist fantastisch und sehr gut belegbar.
Noch etwas: Die Prophetie im Buch Daniel geht über das Jahr 164 v. Chr. hinaus. In Kapitel 9 haben wir bereits die Prophezeiung der 69 Jahrwochen bis zum Kommen des Messias als Fürst behandelt. Diese Prophezeiung erfüllte sich am Palmsonntag 32 n. Chr. Auch die Kreuzigung wurde vorausgesagt: Der Messias wird ermordet werden.
Danach wird gesagt, dass das Volk des kommenden Fürsten die Stadt und das Heiligtum zerstören wird. Das geschah im Jahr 70, als die Römer Jerusalem und den zweiten Tempel dem Erdboden gleichmachten.
Man kann also sagen: Liberale Theologen, was wollt ihr? Die Prophetie von Daniel geht ja darüber hinaus. Dann müsste man sagen, das Buch Daniel sei nach 70 n. Chr. geschrieben worden. Aber das geht wirklich nicht, denn aus den Höhlen von Qumran hat man mehrere Daniel-Manuskripte, die bis ins zweite Jahrhundert vor Christus zurückreichen. Also ist das ausgeschlossen.
Es tut mir leid, wer atheistisch oder liberal sein will: Das Buch Daniel zerstört diese Positionen. Ich könnte nicht gut schlafen, wenn ich liberaler Theologe oder Atheist wäre. Mit gutem Gewissen könnte ich nicht schlafen, weil die Fakten da sind. Ich wäre immer beunruhigt. Dabei schlafe ich so gern gut.
Es ist auch wichtig als Ausgleich, gut zu schlafen. In Daniel 11,35 springt die Prophetie in die Endzeit. Ab Daniel 11, Vers 36 bis 45 geht es ausschließlich um die Endzeit.
Wir gehen nun der Reihe nach durch den Text. Wichtig ist: Wir werden jetzt etwas Kompliziertes studieren. Niemand muss denken: "Oh, ich habe schon wieder vergessen, was im vorigen Vers war." Das ist normal. Das kann niemand einfach so erfassen. Auch große Akademiker wiederholen die Dinge immer wieder, bis sie sitzen. So geht das.
Es gibt nur wenige Genies, die etwas einmal lesen und es dann wissen. Wir machen es jetzt einfach so, dass wir durchgehen und uns freuen, die Präzision der Prophetie zu sehen, ohne uns zu sagen: "Das muss ich jetzt festhalten können." Nein, das kann niemand.
Dafür gibt es ja das Buch. Man kann es übrigens sogar gratis als PDF bei clv.de herunterladen. Der CLV meint nicht, dass man die Bücher dort nicht kaufen soll. Sie bieten alle ihre Bücher als PDF an, weil man ein Buch vor dem Kauf erst anschauen möchte. So kann man das PDF herunterladen, reinschauen und merken, dass es wirklich ein gutes Buch ist.
PDFs zu lesen bringt nicht viel. Es geht nichts über eine Hardcopy, ein richtiges Buch in der Hand. Aber so weiß man, ob man das Buch überhaupt kaufen soll. Ich würde vorschlagen: Ladet es herunter, schaut es euch an und vielleicht kauft ihr es. Es ist sowieso ganz billig, weniger als fünf Franken. Dann kann man es nochmals durchlesen und sich langsam die Dinge aneignen.
Jetzt gehen wir einfach durch. Ich habe mir gesagt: So, als hätte man Alzheimer. In der Frühphase ist das so, wenn man Predigten hört. Das ist ganz normal, man vergisst nachher alles, was man gehört hat. Aber im Moment kann ein Gläubiger, der durch schwierige Zeiten gehen muss, sich am Wort freuen.
Es ist wichtig, dass wir uns einfach am Wort freuen können, auch wenn man die Dinge später wieder vergisst. Das ist so wie beim Duschen: Das Wort Gottes wird mit Wasser verglichen, das uns reinigt. Wenn wir uns duschen, erinnern wir uns auch nicht an jeden Strahl, aber danach sind wir sauber.
So ist es auch mit dem Wort Gottes: Es hat eine reinigende Wirkung auf uns und verändert uns. Gerade das Erlebnis, die Freude am Wort Gottes zu haben, ist wichtig. So steht es in Jeremia 15,16: "Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und sie waren mir zu Wonne und Freude meines Herzens."
Beginn der Prophetie: Die persischen Könige und der Kampf im Himmel
Daniel 11, Vers 1 ist ein Schreibfehler. Es heißt richtig in Vers 1: „Und auch ich stand im ersten Jahr Darius des Meders ihm bei als Helfer und Schutz.“
Dieser Engel, der Daniel erklärt, was im Buch der Wahrheit im Himmel steht, sagt, er sei im Vers vorher in einer schwierigen Situation dem Erzengel Michael zu Hilfe geeilt. Das war im ersten Jahr Darius des Meders. Dieses erste Jahr entspricht übrigens dem ersten Jahr von Kyros im Jahr 539 v. Chr.
Das war der Moment, als die Perser und Meder Babylon erobert hatten. Dadurch ging das Wort Gottes über den Untergang des babylonischen Reiches nach siebzig Jahren in Erfüllung, wie es in Daniel 2,7 vorausgesagt wurde. Und in Daniel 5,29 ging es dann tatsächlich in Erfüllung.
Gleichzeitig fand im Himmel ein Kampf zwischen den Engeln Gottes und den Engeln Satans statt. Der Engel, der Daniel alles mitteilt, sagt, er sei damals dem Erzengel Michael zu Hilfe gekommen. Das war ein entscheidender Moment, nämlich drei Jahre zuvor.
Dieses Jahr war sehr wichtig, denn Babylon wurde erobert, und gleich darauf gab Kyros den Juden die Erlaubnis, zurückzukehren. Man kann das nachlesen: „Israel, ihr dürft alle wieder nach Hause gehen, baut Jerusalem wieder auf und auch den Tempel.“ Daraufhin gingen Tausende von Juden wieder heim.
Offensichtlich wollte der Teufel das verhindern. Deshalb fand im Himmel ein Kampf zwischen den Engeln Gottes und den Engeln der Finsternis genau in diesem entscheidenden Wendepunkt der Geschichte statt.
Darius der Meder war übrigens ein Unterkönig von Kyros. Kyros, der Perser, beherrschte das gesamte persische Weltreich. Das Gebiet von Babylonien, im heutigen Südirak, stand unter der Herrschaft von Darius dem Meder.
Die Meder sind ein interessantes Volk, weil die Kurden wissen, dass sie auf die Meder zurückgehen. Wer mit Kurden zu tun hat, sollte ihnen unbedingt sagen: „In der Bibel steht etwas von euch, im Koran nicht, aber in der Bibel.“
Dieser Darius der Meder ist auch der Darius aus Daniel 6, der Daniel, ohne dass er es wollte, in die Löwengrube warf. Das war ein Meder. Das ist interessant, um Kurden eine Brücke zur Bibel zu bauen.
Der Perserkönig Kyros lebte übrigens von etwa 590 oder 580 v. Chr. bis 530 v. Chr., das genaue Geburtsjahr ist nicht bekannt.
Nun zum zweiten Vers: „Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun. Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum erlangen als alle. Und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen.“
Diese Prophezeiungen erhielt Daniel zur Zeit des Königs Kyros, so steht es in Daniel 10,1. Somit sind unter den vier Königen Persiens, die hier in der Weissagung gemeint sind, folgende Herrscher zu verstehen:
Zunächst kommen noch drei Könige, und der vierte wird besonders reich sein. In der Geschichte ist der nächste König Cambyses, der von 530 bis 522 v. Chr. regierte. Dann folgt Gaumata, auch bekannt als Pseudosmerdis. Er regierte nur wenige Monate im Jahr 522 v. Chr.
In vielen Büchern ist er nicht bekannt, aber man muss ihn kennen, sonst passt die Geschichte nicht. Er war tatsächlich der Nachfolger von Cambyses und hat den Thron an sich gerissen.
Drittens kommt Darius I. Hystaspes, der von 522 bis 486 v. Chr. regierte. Danach folgt Xerxes I., der von 486 bis 465 v. Chr. regierte. Dieser Mann wurde sagenhaft steinreich und ist übrigens der Mann von Esther.
Im Buch Esther beginnt es mit: „Im dritten Jahre der Regierung des Königs Ahasveros.“ Ahasveros ist im Hebräischen die Bezeichnung für den Perserkönig Xerxes I.
Auf dem Blatt, das ich ausgeteilt habe, habe ich noch hinzugefügt: Kyros wird in Esra 4,3 erwähnt, und Cambyses wird in Esra 4,6 erwähnt. Er heißt im Hebräischen Ahasveros, aber man darf ihn nicht mit dem Ahasveros aus der Zeit von Esther verwechseln.
Gaumata heißt im hebräischen Text von Esra 4,7 Atasaster. Man darf ihn jedoch nicht mit einem späteren Atasaster verwechseln, dem sogenannten Artaxerxes Longimanus aus Nehemia 2,1.
Darius wird in Esra 4,5 erwähnt. Also alle Könige werden dort genannt. Und dann kommt eben Xerxes I., der Ahasveros aus Esther 1,1. Er war sprichwörtlich steinreich.
Man sollte Esther 1 lesen, dort wird beschrieben, wie er eine Party veranstaltete, die ein halbes Jahr dauerte. Er wollte seinem Volk seinen ganzen Reichtum zeigen und lud alle zum Fest ein.
Das ist beeindruckend. Wenn wir einen Bundesrat hätten, der die ganze Schweiz einlädt, wäre das auch bemerkenswert. Xerxes baute eine riesige und hervorragend ausgestattete Armee auf, wie man sie in der Geschichte zuvor nie gesehen hatte. Unglaublich!
Doch dieser Xerxes stürzte sich in die sogenannten Perserkriege gegen Griechenland. Vielleicht haben wir das im Geschichtsunterricht schon mehrmals behandelt.
Die Perser verloren schmachvoll gegen das heldenhafte Volk der Griechen, obwohl das Persische Reich bis nach Pakistan bis an den Indus reichte und eine unvorstellbare Überlegenheit hatte.
Die Griechen wehrten sich mutig und besiegten die Perser. Im Buch Esther findet während des großen Festes im dritten Regierungsjahr von Xerxes, also von Ahasveros, ein entscheidendes Ereignis statt: Er verstößt seine Ehefrau Vasti.
Seine Minister raten ihm, eine bessere Frau zu heiraten. Wir wissen, wie es weiterging: Esther, eine jüdische Frau, steigt zum Königtum auf, obwohl Xerxes nicht wusste, dass sie Jüdin war. Er wusste es nicht, als er sie heiratete.
Das zeigt, dass die Bibel nicht nur Beispiele enthält, die wir nachahmen sollen, sondern auch solche, die wir nicht nachahmen sollen.
Er heiratete Esther, aber das Merkwürdige ist, dass dies erst im siebten Jahr seiner Regierung geschah, wie in Esther 2 beschrieben.
Das bedeutet, dass zwischen dem dritten und siebten Jahr vier Jahre liegen. Warum hat er so lange gewartet? Nicht wegen Geduld, sondern weil in dieser Zeit die Perserkriege stattfanden. Er hatte also keine Zeit.
Das Buch Esther erzählt zwar nichts über die Perserkriege, setzt sie aber voraus. Man erkennt das an der präzisen Datierung, die zeigt, dass keine Geschichten erfunden wurden, wie liberale Theologen behauptet haben.
Das Buch ist authentisch geschrieben. Hier haben wir also genau die Prophezeiung: Der vierte König wird größeren Reichtum erlangen als alle.
Und wenn er durch seinen Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufregen. Das tat er auch, doch es wurde eine Katastrophe für ihn.
Die Prophetie sagt hier nur, dass er gegen Griechenland vorgehen wird, und zwar mit seiner ganzen Militärmacht.
Das griechische Reich und Alexander der Große
Jetzt kommen wir zum nächsten Vers, Vers 3: "Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln."
Hier ist nun Alexander der Große gemeint, wie wir gleich noch sehen werden, aus Griechenland.
Ich zitiere aus meinem Buch: Obwohl die Schlacht bei Salamis ein ungeheurer Triumph für die Griechen darstellte – sie hatten die Perser besiegt – hinterließ sie dennoch tiefe Narben in diesem Volk. Etwa hundertfünfzig Jahre später machte sich daher Alexander der Große auf, um sich an den Persern zu rächen. Diese Prophetie finden wir übrigens schon in Daniel 8,6-7; das möchte ich hier nicht noch einmal wiederholen.
In der atemberaubenden Zeit von dreizehn Jahren brachte Alexander der Große das gesamte medopersische Weltreich bis nach Indien in seine Gewalt.
Warum wird in Vers 3 plötzlich Alexander eingeführt, nach der Perserschlacht von Xerxes? Hier wird gezeigt, dass der Alexanderfeldzug, hundertfünfzig Jahre später, eigentlich ein Rachefeldzug war – gegen das, was Esters Mann den Griechen angetan hatte.
Hier sehen wir eine Münze aus der Zeit mit dem Kopf von Alexander dem Großen. Er regierte von 336 bis 323 v. Chr. und eroberte von Griechenland in Europa ausgehend über Landstriche Afrikas alles in Asien bis zum Indus. Unglaublich! Wir haben sogar eine Art "Foto" von diesem Mann.
Nun zum nächsten Vers, Vers 4: "Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden. Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein, und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat, denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteilwerden – mit Ausschluss von jenen," das heißt, von seinen eigenen Nachkommen.
Der Kommentar dazu: Die Glanzzeit Alexanders des Großen dauerte lediglich etwas mehr als zehn Jahre, nämlich dreizehn Jahre. Um 323 v. Chr. erlag er offenbar einem Malariafieber. Er befand sich damals in Babylon und wollte den Turm von Babel wieder aufbauen. Dann wurde er krank und starb.
Bei seinem Tod hinterließ er einen Sohn namens Herkules. Ein weiterer Sohn wurde kurz darauf geboren, da seine Frau schwanger war. Beide wurden jedoch später ermordet.
So teilten die Generäle Alexanders und deren Nachfolger das große Erbe nach harten Kämpfen unter sich auf. Das griechische Weltreich wurde aufgesplittert und, wie der Bibeltext sagt, nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt.
Jedes Wort hat sich erfüllt. Sobald er aufgestanden ist, das heißt, sobald er herrschte, ging es nicht lange, und dann zerfiel alles wieder. Dreizehn Jahre später stürzte das Alexanderreich ein.
Das Reich war schnell erobert, doch nach seinem Tod brachen jahrelange Bürgerkriege aus. Diese nennt man die sogenannten Diadochenkriege. Es waren griechische Bürgerkriege, die das Alexanderreich auseinandergerissen haben – hauptsächlich in vier Blöcke.
Es heißt, das Reich wurde "nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt". Hier sehen wir:
Das Reich des Ptolemäus, der erste Herrscher über Ägypten, im Süden.
Das Reich des Seleukus, Herrscher über Großsyrien, von Syrien und Libanon bis nach Pakistan. Die Nachkommen weiterer Herrscher nennt man Seleukiden. Seleukos war der erste.
Das Reich des Kassander in Mazedonien, also in Griechenland, im Westen.
Das Reich des Lysimachos in Thrakien, über Teile der Westtürkei und Bulgarien. Dieses Gebiet erstreckt sich nördlich und zeigt, dass das Reich nach der nördlichen Himmelsrichtung hin ausgebreitet war.
Man stelle sich vor, in der Antike gab es nicht solche Weltkarten wie heute, auf denen man genau hätte einstufen können, was wo liegt und welches Gebiet am nördlichsten ist. Trotzdem stimmt diese Einteilung genau mit dem Bibeltext überein.
Die Auseinandersetzung zwischen Ägypten und Syrien um Israel
Und jetzt gehen wir weiter. Als Einleitung zu den folgenden Versen beschäftigt sich die Prophetie Daniels nur noch mit Syrien, also mit Großsyrien, dem Reich des Seleukos, und Ägypten. Diese beiden Länder spielen in der Geschichte des Volkes Israel, dem auserwählten Volk Gottes, eine sehr bedeutende Rolle.
Das Land Israel wurde in der Zeit nach Alexander von diesen beiden Großmächten wie ein Spielball hin und her geworfen. In dieser Zeit hatten die Juden unsäglich viel zu leiden. Von Israel aus gesehen lag Syrien im Norden, deshalb wird der jeweilige Herrscher dieses Landes bei Daniel als „König des Nordens“ bezeichnet. Analog dazu wird der jeweilige Herrscher Ägyptens als „König des Südens“ betitelt.
Hier auf der Karte sehen wir in Syrien und Libanon den König des Nordens, und in Ägypten, südlich von Israel, den König des Südens. Das Faszinierende ist nun Folgendes: Wenn wir Schritt für Schritt durch die Verse von Daniel 11 gehen, werden Generation um Generation von diesen Königen in Ägypten und Syrien in der Prophetie genau vorausgesagt.
In Ägypten haben wir zuerst von 323 bis 185 v. Chr. Ptolemäus der Erste Soter. Dann folgt Ptolemäus der Zweite Philadelphus. Unter diesem König wurde übrigens die Bibel zum ersten Mal auf Griechisch übersetzt, die sogenannte Septuaginta, die oft im Neuen Testament zitiert wird. Danach kommen Ptolemäus der Dritte, der Vierte, der Fünfte und der Sechste. Damit sind wir schon bis zum Jahr 145 v. Chr.
Parallel dazu in Syrien gab es zuerst Seleukus den Ersten Nikator, dann Antiochus den Ersten, Antiochus den Zweiten, gefolgt von Seleukus dem Zweiten und Seleukus dem Dritten. Der nächste König heißt Antiochus der Dritte, der Große, dann Seleukus der Vierte Philopator und schließlich Antiochus der Vierte Epiphanes. Dieser Herrscher wird ganz besonders ausführlich behandelt. Seine Regierungszeit erstreckt sich von 175 bis 163 v. Chr. – das ist die Zeit der Makkabäer.
Die Juden mussten in dieser Zeit sehr leiden, weil Syrien und Ägypten ständig miteinander Streit hatten. Dazwischen lag das Land Israel. Es ist wichtig zu wissen, dass es in dieser Zeit keine Schriftpropheten mehr gab. Der letzte Schriftprophet des Alten Testaments war Maleachi, etwa um 400 v. Chr. Danach gab es keine Propheten mehr. Das war eine traurige Zeit.
So kann man es im ersten Buch Makkabäer, Kapitel 9, nachlesen. Dieses Buch gehört zwar nicht zur Bibel, wurde aber von einem Juden in der Zeit zwischen dem Alten und dem Neuen Testament verfasst. Dort steht in der Luther-Übersetzung: „Und war solch Trübsal in Israel, dergleich nicht gewesen, seitdem man keine Propheten mehr hatte.“
Keine Propheten mehr – aber man hatte die Bibel. Man wusste, dass man warten muss, bis endlich der Messias kommt. Daniel hat ja gesagt, wie viele Jahrwochen es bis zum Kommen des Messias sind. Die wartenden Juden konnten Daniel 11 lesen und wussten: „Oh, jetzt sind wir in Vers 4, ja, aber die Ereignisse dort entsprechen Vers 5.“ Natürlich gab es damals keine Verseinteilung. Doch man konnte sagen: „Jetzt kommt dieser Satz, jetzt der nächste.“ So konnten sie sich von Generation zu Generation genau orientieren, wo man im Text steht. Alles wurde schön nacheinander aufgezeigt und erfüllte sich.
Jetzt verstehen wir, dass das Buch Daniel ein ganz besonderer Trost für die Juden in dieser schweren Zeit war. Keine Propheten mehr, man wartet auf den Messias, aber geht durch viel Not hindurch. Dennoch wussten sie: Gott hat alles in der Hand. Er hat im Voraus gesagt, wie es kommen wird, und er wird uns trotzdem ans Ziel führen.
Das ist wirklich fantastisch. Es ist ein gutes Argument gegen diejenigen, die sagen, biblische Prophetie sei nur im Rückblick verständlich. Sie behaupten, man könne im Voraus nicht wissen, was kommt. Doch das stimmt nicht. Die Menschen damals lebten davon, dass sie lesen konnten, was als Nächstes kommt. Sie konnten genau wissen, was als Nächstes geschehen wird.
Ich hoffe, bis hierher ist das verständlich geworden.
Die Herrscher Ägyptens und Syriens im Detail
Ja, nun kommen wir zum nächsten Vers, Vers 5. Dort steht: „Und der König des Südens wird stark werden.“
Mit dem König des Südens ist hier Ptolemäus I. Soter gemeint. Er war einer der begabtesten Generäle Alexanders des Großen. Nach dessen Tod machte er sich zum Herrscher über Ägypten und gründete so die ptolemäische Dynastie. Im Gegensatz dazu entstand in Syrien die seleukidische Dynastie.
Um 320 vor Christus eroberte Ptolemäus I. Phönizien, das heutige Libanon, sowie Teile von Syrien, Israel und Kölä Syrien. Dadurch dehnte er seine Macht aus. Nachdem er Israel erobert hatte, wussten die Juden in Israel, dass der König des Südens stark werden würde. Seine Macht erstreckte sich von Ägypten aus bis nach Libanon und Kölä Syrien.
Jetzt folgt die Beschreibung eines Herrschers im Norden, also in Syrien. Nachdem wir Ägypten betrachtet haben, wenden wir uns der anderen Seite zu. Es geht hier um Seleukus I. Nikator (312–281 v. Chr.). Einer seiner Obersten wird stark werden und über ihn hinaus herrschen. Seine Herrschaft wird groß sein.
Seleukus I. Nikator war ein früherer Feldherr des Königs Ptolemäus I. Genau übersetzt heißt es: „Einer von seinen Obersten, von dem von Ägypten noch, wird stark werden über ihn hinaus und wird herrschen.“
Um 312 vor Christus machte er sich unabhängig und erlangte die Herrschaft über Syrien, also Großsyrien. Bis nach Pakistan begründete er die Dynastie der Seleukiden. Sein Reich war das größte der Diadochenreiche.
Diadochen bedeutet Nachfolger, also die Nachfolger Alexanders des Großen. Die vier Reiche, die ich gezeigt habe, sind die vier Diadochenreiche. Nun geht es um die zwei Diadochenreiche Ägypten und Großsyrien.
Im nächsten Vers geht es um Ptolemäus II. Philadelphus (285–246 v. Chr.) und Antiochus II. Theos (261–246 v. Chr.), also Ptolemäus in Ägypten und Antiochus II. in Syrien.
Ich lese den Text der Bibel: „Und nach Verlauf von Jahren werden sie sich verbünden. Und die Tochter des Königs des Südens wird zu dem König des Nordens kommen, um einen Ausgleich zu bewirken.“
In diesem Vers geht es nicht mehr um die beiden Könige aus Vers 5, sondern um deren Nachkommen. Doch auch sie werden weiterhin König des Südens beziehungsweise König des Nordens genannt, wie ihre Vorgänger.
Der zeitliche Sprung wird durch „nach Verlauf von Jahren“ angedeutet. Um den jahrelangen blutigen Kriegskonflikten zwischen Ägypten und Syrien ein Ende zu setzen, versuchten sich die beiden Königshäuser zu verbinden.
Das kennen wir auch aus der europäischen Geschichte: Ständig wurden Königstöchter hin und her geschoben, um politische Bündnisse zu schmieden. So auch hier: Die Tochter des Königs von Ägypten heiratete den König von Syrien, um einen Ausgleich zu bewirken.
Im Jahr 252 v. Chr. verstiess Antiochus II. seine Frau Laodike und heiratete Berenike, die Tochter von Ptolemäus II. Das war keine akzeptable Handlung. Er schickte seine erste Frau weg, um politisch diesen Schachzug mit Ägypten zu machen.
Was sahen die Juden? Sie erkannten, dass hier etwas Übles geschah. Doch in der Bibel steht, dass dies so kommen wird. Das nächste zeigt, dass diese ethisch unhaltbaren Friedensbemühungen letztlich in einer Katastrophe endeten.
Laodike ließ aus Rache ihren früheren Mann Antiochus II. einige Jahre nach dessen Heirat mit Berenike vergiften. Ebenso vergiftete sie den kleinen Sohn aus dieser Ehe. Daraufhin floh Berenike, die ägyptische Königstochter, mit einigen Getreuen nach Daphne bei Antiochia.
Antiochia liegt in Syrien, nahe der heutigen Grenze zur Türkei. Früher war es syrisch, doch nach dem Ersten Weltkrieg gelang es Atatürk, diese Region der Türkei zuzuschlagen.
Berenike flüchtete also dorthin. Seleukus II., der Sohn von Laodike, folgte ihr, nahm die Stadt ein und brachte Berenike samt ihrem Gefolge um.
In dieser Zeit starb auch Ptolemäus II., der Vater Berenikes in Ägypten. All dies wurde in 11,6b und 11,6c vorausgesehen.
Ich lese: „Aber sie, Berenike, wird die Kraft des Armes nicht behalten.“ Sie musste ja fliehen. Gemeint ist auch Antiochus II., der nicht bestehen wird, ebenso wenig seine Macht. Er wurde ja vergiftet.
Berenike und diejenigen, die sie unterstützten, darunter ihr Vater Ptolemäus II., werden dahingegeben werden. Das war eben jener Antiochus II.
Wenn man den Text nur liest, klingt er ziemlich geheimnisvoll. Doch sobald die Ereignisse geschehen sind, erkennt man, dass jedes Wort erfüllt wurde und jede Aussage ein Volltreffer ist.
Gehen wir weiter. Man vergisst schnell, was zuvor war. So ist das eben. Man freut sich im Moment und liest später noch einmal nach.
Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Ägypten und Syrien
Ptolemäus der Dritte, Euagetes, kommt jetzt ab 246 v. Chr. an die Reihe, ebenso Seleukos der Zweite, Kalinikos, ebenfalls ab 246 v. Chr. Doch einer von den Schösslingen ihrer Wurzeln wird an seiner Stadt aufstehen. Er wird gegen die Heeresmacht kommen, in die Festungen des Königs des Nordens eindringen, mit ihnen nach Gutdünken verfahren und siegen. Das ist Vers 7.
Die Geschichte verlief so: Ptolemäus III. übernahm die Herrschaft von seinem Vater Ptolemäus II., der gerade gestorben war. Als Bruder Berenikes – das heißt hier „einer von den Schösslingen ihrer Wurzeln“ – ist nicht ein Nachkomme, sondern jemand gemeint, der auf die gleiche Wurzel zurückgeht, aus der die Schösslinge hervorgehen. Man sieht, wie präzise beschrieben wird, dass es der Bruder Berenikes war, der sich rächen wollte. Er mobilisierte ein mächtiges Heer und besiegte in einer Reihe von Kämpfen Seleukos II. von Syrien.
Dabei eroberte Ptolemäus III. unter anderem auch die syrische Festung Seleukia. Hier steht: Er wird gegen die Heeresmacht kommen, in die Festungen des Königs des Nordens eindringen, mit ihnen nach Gutdünken verfahren und siegen. Genau so geschah es.
Nun wird Ägyptens Kriegsbeute beschrieben: Er wird auch ihre Götter samt ihren gegossenen Bildern und ihren kostbaren Geräten, Silber und Gold, nach Ägypten in die Gefangenschaft führen. Außerdem wird er jahrelang standhalten vor dem König des Nordens. Die Juden wussten, dass es eine Zeit geben würde, in der es etwas stabiler ist, in der es nicht ständig hin und her geht – einige Jahre lang.
Als in Kyrene ein Aufstand ausbrach, musste Ptolemäus III. nach Ägypten zurückkehren. Allerdings nahm er eine riesige Beute mit sich. Unermessliche Schätze holte er in Syrien, zahllose Heiligtümer und Götzenbilder eroberte er und nahm diese Götzenbilder ebenso wie viele Gefangene von hoher Stellung in Syrien mit. In der Folge ruhte der Kampf zwischen Syrien und Ägypten für einige Jahre.
Das hat sich also genau so erfüllt: Die Götter, kostbare Bilder, kostbare Geräte, Silber und Gold kamen alle nach Ägypten, und dann folgten einige Jahre Ruhe. Aber als Bibelleser wusste man, dass es weitergeht. Es kommt zu Syriens Gegenschlag – aber erst nach Jahren.
Vers 9 sagt: „Und dieser wird in das Reich des Königs des Südens kommen, aber in sein Land zurückkehren.“ Man wusste also, dass Syrien Ägypten angreifen wird, aber es wird nicht gerade erfolgreich sein. Um 242 v. Chr. startete Seleukos II. von Syrien einen militärischen Gegenschlag, doch er hatte keinen Erfolg. Ägypten behauptete die Vorherrschaft.
Jetzt geht es weiter mit der nächsten Generation: Seleukos der Dritte und Antiochus der Dritte, der Große. Dort steht: „Aber seine Söhne werden sich zum Krieg rüsten und eine Menge großer Heere zusammenbringen.“ Die beiden Söhne des syrischen Königs Seleukos II., nämlich Seleukos III. und sein Bruder Antiochus III., wollten den Kampf gegen Ägypten fortsetzen. Dazu warben sie Massen von Söldnern an, um ein riesiges und kampftüchtiges Heer aufzustellen. Genau so war es.
Zwei Brüder, seine Söhne, rüsten sich und bringen ein riesiges Heer zusammen. Das hat sich so erfüllt. Man sieht, wie gefährlich es ist, einfach eine Prophetie zu machen. Hier war es gerade so, dass zwei Brüder zusammenarbeiteten und nicht einer im Alleingang. Die Geschichte zeigt das klar, wie man an den Jahreszahlen sieht. Zuerst war der eigentliche Herrscher Seleukos III., danach kam Antiochus III. Aber sie bereiteten den Krieg gemeinsam vor.
Nun lesen wir über Syriens Erfolge: „Und einer wird kommen.“ Aha, nicht beide. Man sieht, beide machen die Vorbereitungen und bringen das Heer zusammen, aber einer wird kommen. Einer wird kommen und überschwemmen – man beachte das Wort „überschwemmen“. Das wird noch mehrmals vorkommen und steht immer wieder in Verbindung mit dem syrischen König. Überschwemmen, überschwemmen.
Dieses Stichwort werden wir auch in der Endzeitprophetie finden. Wenn wir sehen, dass es sich auf das bezieht, was heute IS genannt wird, dann wird dieser auch alles überschwemmen, also plötzlich ganze Landstriche überrennen. Das meint „überschwemmen“. Schon hier steht es vom König des Nordens: Einer wird kommen, überschwemmen, über die Grenze gehen, zurückkehren und Krieg führen bis zu seiner Festung.
In Vers 10b ist plötzlich nur noch von einem der Söhne die Rede. Seleukos der Dritte wurde nämlich um 223 v. Chr. mit Gift ermordet. Das ist die Erklärung, warum nicht beide kamen. Das Folgende bezieht sich nur noch auf Antiochus III.
Um 221, 219 und 218 v. Chr. griff er dreimal Ägypten an und überschritt dabei die Grenze, wie es hier heißt: „Er wird kommen, überschwemmen, über die Grenze gehen.“ Im Jahr 221 v. Chr. wurden seine Angriffe durch die ägyptischen Befestigungen im Libanon aufgehalten. Zwei Jahre später gelang es ihm jedoch, diesen Verteidigungsgürtel zu durchbrechen und dabei auch Tyrus und Akko einzunehmen. Akko liegt nördlich von Haifa.
Daniel 11, Vers c nimmt Bezug auf seine wiederholten Angriffe auf die ägyptischen Befestigungen im Libanon: „Er wird wiederkommen und Krieg führen bis zu seiner Festung.“ Diese Prophezeiungen haben sich genau so erfüllt.
Ägyptens Gegenwehr und Syriens erneute Angriffe
Jetzt geht es um Ptolemäus IV. in Ägypten. Die Ptolemäer waren die Herrscher Ägyptens. Als Antiochus III. bei seiner dritten Offensive um 218 v. Chr. Teile des Landes Israel eroberte, kam es zu einem besonderen Zornausbruch Ägyptens.
Ptolemäus IV. Philopator schlug zu und besiegte Antiochus III. im entscheidenden Kampf von Raphia bei Gaza im Jahr 217 v. Chr. Diese Ortschaft ist bekannt als Rafa bei Gaza. Er verstand es jedoch nicht, diesen Sieg auszunutzen, und ließ Antiochus III. einfach abziehen.
Dies wurde in Daniel 11,11-12 vorausgesagt. Der König des Südens, hier Ptolemäus IV., wird sich erbittern, was einen Zornausbruch bezeichnet, und gegen den König des Nordens, Antiochus III., ausziehen und mit ihm streiten. Antiochus III. wird eine große Streitmacht aufstellen, aber diese Menge wird in die Hand von Ptolemäus IV. fallen.
Nachdem die Truppen von Antiochus III. aus dem Weg geräumt sind, wird sich das Herz von Ptolemäus IV. erheben. Er wird Zehntausende niederwerfen, aber nicht zu Macht kommen. So hat sich die Prophezeiung erfüllt, doch Ägypten konnte diesen Sieg nicht ausnutzen. Trotz des militärischen Erfolgs wird Ptolemäus IV. nicht zu Macht gelangen.
Im nächsten Vers wird Syriens erneuter Angriff um 201 v. Chr. beschrieben. Der König des Nordens wird zurückkehren und eine Streitmacht aufstellen, die größer ist als die frühere. Nach Verlauf von Jahren, man beachte diese Zeitangaben, wird er mit einem großen Heer und umfangreicher Ausrüstung kommen.
Im Jahr 204 v. Chr. starb Ptolemäus IV. Ihm folgte sein Sohn Ptolemäus V. Epiphanes als noch kleines Kind auf den Thron. Diese Situation wollte Antiochus III. ausnutzen, um sechzehn Jahre nach seiner Niederlage in Raphia einen neuen Angriff gegen Ägypten zu starten. Er kommt also nach Verlauf von Jahren, nach sechzehn Jahren, mit einem großen Heer.
Der nächste Vers spricht von Ptolemäus V. Epiphanes. In jenen Zeiten werden viele gegen den König des Südens aufstehen. Die Juden wussten beim Lesen, dass dies eine Art Revolution in Ägypten bedeutet. Zudem werden Gewalttätige aus dem Volk Israels sich erheben. Das war ein Schock für Daniel.
„Und Gewalttätige deines Volkes“, sagt der Engel zu Daniel, „werden sich erheben, um das Gesicht, die Vision zu erfüllen, und werden zu Fall kommen.“ Der Zeitpunkt, den Antiochus III. für seine neue Offensive gegen Ägypten wählte, war auch aus einem weiteren Grund günstig. Das ägyptische Reich war durch innere Unruhen und Thronstreitigkeiten geschwächt.
In Israel, das unter der Oberhoheit Ägyptens stand, schloss ein Teil der Juden einen Bund mit Syrien gegen Ptolemäus V. Das war keine gute Entwicklung, aber vorausgesagt. Gewalttätige eines Volkes werden sich erheben und einen Bund mit den Heiden in Syrien schließen, um sich vom ägyptischen Joch zu befreien.
Um 200 v. Chr. schlug Ägypten jedoch zurück. Unter dem Feldherrn Skopas attackierten sie die Syrer und gewannen Israel wieder zurück. Das war keine Katastrophe für die Aufständischen in Israel.
Nun werden Syriens Kriegserfolge beschrieben. Der König des Nordens wird kommen, einen Wall errichten und eine befestigte Stadt einnehmen. Die Streitkräfte des Südens werden nicht standhalten. Selbst ein auserwähltes Volk wird keine Kraft haben, um sich zu verteidigen.
Es wird nicht gesagt, welche Stadt gemeint ist, aber es ist klar, dass eine starke, befestigte Stadt mit Mauern erobert werden wird. Auch hochgestellte Personen werden keine Kraft haben, um standzuhalten.
Antiochus III. griff von Norden her an. Um 198 v. Chr. schlug er die ägyptische Armee, die wiederum von Skopas angeführt wurde, an der Jordanquelle bei Banyas. Wer war schon dort? Banyas liegt am Fuß der Golanhöhen in Nordisrael.
Dort fand die vorausgesagte Schlacht statt. Die ägyptische Armee unter Skopas wurde geschlagen. Die Jordanquelle bei Banyas entspringt aus einem Felsen. Banyas ist auch bekannt als Caesarea Philippi im Neuen Testament, Matthäus 16, wo Petrus das Bekenntnis ablegte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Skopas floh daraufhin nach Sidon, einer Stadt im Libanon. Antiochus III. folgte ihm dorthin und nahm die Stadt nach einer Belagerung ein. Die Juden erkannten, dass die befestigte Stadt, die eingenommen wurde, Sidon sein musste.
Der Versuch der drei ägyptischen Führer Neropas, Menakles und Damoyenus, den Feldherrn Skopas in Sidon zu befreien, schlug fehl. Antiochus III. trieb alle ägyptischen Streitkräfte zurück in ihr Land.
Wie vorausgesagt, konnten die Streitkräfte des Südens nicht standhalten. Selbst das auserwählte Volk hatte keine Kraft, um Widerstand zu leisten. Die Elitekämpfer Europas, Menakles und Damoyenus, konnten Skopas nicht in Sidon befreien.
Israel unter syrischer Herrschaft und politische Heiratsallianzen
Im nächsten Vers geht es um Israel unter syrischer Fremdherrschaft. Derjenige, der gegen ihn kommt – das heißt den König des Südens – wird nach seinem Gutdünken handeln. Niemand wird vor ihm bestehen können, und er wird seinen Stand im Land der Zerde einnehmen. In seiner Hand wird Vertilgung sein.
Da wussten die Juden im Voraus: „Oh, jetzt wird es schwierig, sie kommen nach Israel.“ Das Land der Zerde ist in der Bibel immer das Land Israel, das auserwählte Land. Dort findet Vertilgung statt.
Die Erfüllung: In dieser Zeit unterwarf sich Antiochus III. ganz Israel, eben das Land der Zerde. Wir haben diesen Ausdruck schon in Kapitel 8, Vers 9 für das Land Israel gefunden. Kölle, Syrien und Phönizien – also wieder Libanon, Syrien, nördlich von Israel – wurden ebenfalls unterworfen. Bis zum Jahr 143 v. Chr. kamen die Juden somit unter syrische Vorherrschaft.
In den eroberten Gebieten schaltete Antiochus III. alle Gegner aus. Das hat sich also genau so erfüllt. Nun begann eine lange Epoche, in der Israel unter syrischer Herrschaft bleiben sollte.
Jetzt geht es wieder zum Thema Heiraten. Es geht um eine Verheiratung mit Kleopatra. Allerdings ist es natürlich nicht die Kleopatra von Julius Caesar, die ja viel später in der Geschichte lebte, sondern eine andere ägyptische Frau.
Ich lese zuerst Vers 17 vor: „Er wird sein Angesicht darauf richten, mit der Macht seines ganzen Reiches zu kommen, indem er einen Ausgleich im Sinn hat.“ Ausgleich – das hatten wir schon mal, ja? Damit Berenike.
„Indem er einen Ausgleich im Sinn hat, wird er ihn bewirken und ihm eine Tochter von den Frauen geben, zu ihrem Verderben. Sie wird nicht standhalten und wird nichts für ihn sein.“
Um circa 194 vor Christus versuchte Antiochus III. durch eine Heirat – jetzt macht es der Syrerkönig, früher war es der Ägypterkönig, der es mit einer Tochter versucht hatte – syrischen Einfluss auf Ägypten auszuüben. So gab er Ptolemäus V. seine Tochter Kleopatra zur Frau.
Antiochus III. versprach dabei, ihr Kölle, Syrien, Phönizien und Israel als Mitgift zu geben. Nicht schlecht, das sind noch Heiratsgeschenke!
Doch der weitere Verlauf der Geschichte brachte die Machtpläne des syrischen Königs Antiochus III. zum Scheitern. Zudem ergriff Kleopatra nach der Heirat sogleich Partei für ihren Ehegatten.
Ja, so geht’s – man löst sich von zu Hause ab. Aber das heißt natürlich nicht, dass man in der Familie streiten muss. Das geht wirklich nicht. Aber eben: Die politischen Pläne scheiterten daran.
Mit einer Heirat wird eine ganz neue Zelle gebildet, und so wird ihr klargemacht, dass sie nicht standhalten wird und nichts für ihn sein wird. Sie wird also nicht die Position des Vaters halten, es wird dem Vater nichts nützen. So war es.
Der nächste Vers zeigt uns neue Erfolge Syriens: „Er wird sein Angesicht nach den Inseln hinwenden und viele einnehmen.“
Dort finden wir übrigens den interessanten hebräischen Ausdruck Iyim, der ja so oft vorkommt, beginnend in 1. Mose 10, durch das ganze Alte Testament hindurch, sehr oft in Jesaja. Iyim wird normalerweise mit Inseln übersetzt. Aber der Begriff – das wurde schon im Kommentar von Keil und Delitzsch, zwei der größten Hebräischkenner im 19. Jahrhundert, im Kommentar zum Alten Testament, Band 1, zu Kapitel 10 – bezeichnet die Inseln des Mittelmeers auf der europäischen Seite.
Und das Gebiet von Kleinasien, also der heutigen Türkei, bis nach Spanien. Iyim ist in der Bibel ganz speziell der Ausdruck für Europa im weitesten Sinn.
Jetzt sehen wir, was da geschehen ist: Er wird sein Angesicht nach den Iyim hinwenden und viele einnehmen – nicht alle, aber noch etwas davon.
Die Erfüllung: Nach dem Friedensschluss mit Ägypten konzentrierte sich Antiochus auf andere Gebiete, um sie zu erobern. Zunächst riss er Thrakien an sich – das haben wir ja schon gehabt. Thrakien war das nördliche der Diadochenreiche, also Gebiete im heutigen Bulgarien, Griechenland und der Türkei.
Schließlich unterwarf er sich einen großen Teil der griechischen Inseln. Da sehen wir genau: Er reichte bis nach Europa und zu den griechischen Inseln.
Jetzt kommt eine neue Person ins Visier der Prophetie: der Feldherr Lucius Scipio Asiaticus. Man muss sich das vorstellen: Er dringt also vor in griechische Inseln und europäische Gebiete. Wer hat da keine Freude? Wir werden es gleich sehen.
Durch seine Eroberungszüge nach Westen forderte Antiochus III. jedoch den Zorn der Römer gegen sich heraus.
Um 190 vor Christus wurde Antiochus III. in der Entscheidungsschlacht bei Magnesia in Kleinasien durch den römischen Feldherrn Lucius Scipio Asiaticus vollständig geschlagen. Genau wie es dort steht: Ein Feldherr wird seinem Hohn ein Ende machen.
Er musste Griechenland räumen und auch ganz Kleinasien bis an den Taurus abtreten. Antiochus III. wurde gezwungen, alle Elefanten herzugeben.
Ja, Elefanten – das war quasi die Superwaffe, nicht wahr? Wir kennen das aus der späteren Geschichte mit Hannibal. Hannibal vor den Toren Roms war der Schock für Rom, als der Mann aus Nordafrika mit Elefanten über die Alpen kam und dann nach Rom zog. Aber das ist später in der Geschichte.
Nun, dieser Antiochus hatte also Elefanten. Er musste sie alle hergeben, eine hohe Kriegsentschädigung zahlen und zudem zwanzig Geiseln stellen. Dazu noch seinen Hohn zurückgeben – das ist darin enthalten.
Das ist jetzt ganz wichtig mit diesen Geiseln, denn sie sind entscheidend für die Fortsetzung der Geschichte und ganz entscheidend für Israel.
Unter diesen Geiseln befand sich auch sein jüngerer Sohn, der später unter dem Namen Antiochus IV. Epiphanes Bedeutung erlangen sollte.
Die Römer legten Antiochus III. zudem einen sehr hohen jährlichen Tribut auf. Mit den Überresten seines zerschlagenen Heeres kehrte Antiochus III. darauf in seine Heimat zurück. All sein Stolz, Ruhm und seine Ehrsucht waren in den Staub gedrückt.
Jetzt kommt der Tod des syrischen Königs Antiochus III.: „Er wird sein Angesicht nach den Festungen seines Landes hinwenden.“ Oh, was hat er jetzt im Sinn? Irgendetwas will er mit seinen eigenen Festungen machen.
Er wird straucheln und fallen und nicht mehr gefunden werden.
Die Geschichte zeigt uns alles: Um die hohen Tributkosten der Römer bezahlen zu können, raubte Antiochus III. befestigte Städte und Tempel seines eigenen Landes aus. Das ist eine gefährliche Sache für einen Herrscher.
Als er 187 v. Chr. den Beel-Tempel zu Elimais plündern wollte, brachte er die Bevölkerung gegen sich auf. Wütend kamen sie in Scharen, um ihr Heiligtum zu verteidigen, und ermordeten ihren König.
Also wirklich, jedes Wort ist ein Volltreffer.
Die Herrschaft von Seleukus IV. und die Intrigen am Hof
Jetzt geht es weiter mit Seleukius, dem vierten Philopator. An seiner Stadt wird ein Mann aufstehen, der einen Eintreiber der Abgaben durch die Herrlichkeit des Reiches ziehen lässt. Doch schon in wenigen Tagen wird er zerschmettert werden – und zwar weder durch Zorn noch durch Krieg. Diese Formulierung ist wieder etwas geheimnisvoll, aber man versteht, was gemeint ist: Ein Steuereintreiber wird durchs Land ziehen, doch es kommt zu einer Katastrophe.
Als Nachfolger setzte sich Seleukius IV. Philopator, ein Sohn von Antiochus III., auf den syrischen Thron. Durch seinen Schatzmeister Heliodorus ließ er in seinem Reich hohe Steuern eintreiben. Warum? Um die aufgrund des Friedensvertrags mit den Römern geforderten Tributgelder bezahlen zu können. Diese Sache mit den Römern war politisch sehr ungünstig – sie mussten ständig zahlen und zahlen.
Unter anderem sandte Seleukius IV. seinen Schatzmeister auch nach Jerusalem, um den Tempelschatz auszunehmen. Diese Begebenheit wird im geschichtlichen Buch Zweiter Makkabäer Kapitel 3 beschrieben. Übrigens schreibt der Verfasser von Zweiter Makkabäer ganz am Schluss des Buches, dass es sich dabei nur um Unterhaltungslektüre handelt. Er meint, es sei nicht lustig, immer nur Wasser zu trinken, aber auch nicht lustig, immer nur Wein zu trinken. Ab und zu Wasser, ab und zu Wein – so sei es auch mit der Lektüre unterschiedlicher Texte. Es solle eine abwechslungsreiche Erbauungsliteratur sein.
Erst die katholische Kirche erklärte im Konzil von Trient im 16. Jahrhundert, im Zuge der Gegenreformation, dass verflucht sei, wer diese Bücher nicht als Gottes Wort anerkenne. Doch da kamen sie zu spät, denn das Alte Testament wurde ja den Juden anvertraut, wie es in Römer 3 heißt. Das musste nicht die Kirche in Rom zweitausend Jahre später noch einmal ändern.
Zurück zur Geschichte: Nach nur zwölf Jahren Regierungszeit seines Vaters herrschte Seleukus IV. fünfunddreißig Jahre. Doch er wurde von seinem eigenen Schatzmeister Heliodorus hinterlistig durch Vergiftung ermordet. Heliodorus hoffte, dadurch selbst an die Macht zu gelangen. Man sieht also: Seleukus starb nicht, weil Heliodorus wütend auf ihn war oder einen Krieg gegen ihn führte, sondern weil er ihn heimlich vergiftete, um Nachfolger zu werden.
Antiochus IV. Epiphanes – Aufstieg und Grausamkeit
Und jetzt kommen wir zu diesem schrecklichen Mann: Antiochus IV. Epiphanes, der von 175 bis 164 v. Chr. herrschte. Über ihn haben wir bereits einiges in der Prophetie in Daniel 8,21 gehört: „Und an seiner Stadt wird ein Verachteter aufstehen, auf den man nicht die Würde des Königtums legen wird, aber er wird mitten im Frieden kommen und durch List sich des Königtums bemächtigen.“
Die Juden wussten damals, dass so jemand kommen würde, der sich auf hinterhältige Weise einschleicht. In dieser Zeit ließen die Römer ihre verachtete Geisel Antiochus IV., einer von zwanzig Geiseln, den Bruder des Königs Seleukius IV., aus der Gefangenschaft in Rom in seine Heimat zurückkehren.
Antiochus war keineswegs als König vorgesehen – er war ein Verachteter, auf den man nicht die Würde des Königtums legen würde. Die Söhne seines Bruders Seleukius IV., Demetrios und Antiochos, waren eigentlich Anwärter auf den Thron. Doch Antiochus IV. verstand es durch Schmeicheleien und vorgetäuschte Freundlichkeit, sich die Herrschaft zu sichern. König Eumenes II. von Pergamon, im heutigen Westtürkei, unterstützte ihn dabei. Auch Heliodorus musste vor Antiochus IV. weichen.
Er wusste sich mit seinen Schmeicheleien und Ränken durchzuschlängeln. Und jetzt wird es schlimm: In Vers 22 heißt es: „Und die überschwemmenden Streitkräfte werden von ihm weggeschwemmt und zertrümmert werden, und sogar ein Fürst des Bundes.“
Oh, ein Fürst des Bundes! Das ist ein wichtiger Ausdruck. Alles, was sich gegen den Usurpator – das heißt jemand, der sich unrechtmäßig die Gewalt an sich reißt – Antiochus IV. Epiphanes stellte, wurde aus dem Weg geräumt. Nichts konnte sein Durchsetzungsvermögen hindern.
Daniels Prophetie weist in 11,22 noch auf ein für das Volk Israel besonders bedeutsames Ereignis hin: Um 175 v. Chr. setzte Antiochus IV. den Hohenpriester Onias III. ab – und das ist eben der „Fürst des Bundes“. Hohepriester werden in der Bibel als Fürsten bezeichnet, und der Bund ist der Bund vom Sinai. Onias wurde abgesetzt und ins Exil nach Daphne bei Antiochia geschickt. Ich habe erklärt, dass Daphne beim südlichsten Zipfel der Türkei, an der Grenze zu Syrien, liegt. So wurde er „weggeschwemmt“, ins Exil verbannt.
Um 171 v. Chr. wurde Onias III. schließlich ermordet, also „zertrümmert“. Der Bibeltext ist sehr genau: Von ihm wird gesagt, dass er „weggeschwemmt“ und „zertrümmert“ wurde. Unter denen, die weggeschwemmt und zertrümmert werden, ist also sogar ein Hoherpriester.
Und genau so geschah es: Exil und Tötung.
„Bündnis mit Syrien, denn von der Zeit an, da ein Bündnis mit ihm bestehen wird, wird er Trug üben“ (Daniel 11,23).
In Jerusalem gab es zu dieser Zeit eine vom orthodoxen Judentum abgefallene, hellenistisch gesinnte Partei. Modern ist also keineswegs modern – das ist Schnee von gestern. Das waren Leute, die sagten: „Ach, diese sturen Orthodoxen, die genau nach der Bibel leben wollen – wir sind heute weltoffen und interessieren uns für griechisches Denken und Philosophie, nicht nur für die Bibel.“
Diese hellenistisch geprägte Partei wurde von Jason, dem Bruder Onias III., angeführt. Onias III. war der treue Hohepriester aus der zadokidischen Linie, also ganz authentisch. Im ersten und zweiten Tempel waren bis dahin immer nur die Zadokiden Hohepriester, so wie Gott es festgelegt hatte. Doch sein Bruder war ein Liberaler.
Der Einfluss dieser liberalen Partei war in Israel sehr stark. So gelang es ihnen, mit Antiochus Epiphanes ein Bündnis zu schließen. Sie wollten heidnische Lebensgewohnheiten in Israel einführen und hofften, dass dadurch ihr Zusammenleben mit den anderen Völkern friedlicher und angenehmer würde. Sie sagten: „Ja, wir passen uns an die Gesellschaft rundherum an, dann wird es für uns auch einfacher.“ Das Gegenteil trat ein.
Die anfängliche Freundlichkeit des syrischen Königs Antiochus Epiphanes gegenüber den Juden war nichts anderes als Täuschung und Betrug.
An dieser Stelle machen wir eine Pause. Wir sind bei Daniel 11,23a stehen geblieben. Wir haben gesehen, wie vorausgesagt wurde, dass es zwischen der liberalen Partei in Israel ein Bündnis mit dem Verführer, dem König des Nordens, nämlich Antiochus Epiphanes, geben würde.
Übrigens könnte man das, was wir jetzt sehen, in einer Predigt ganz praktisch übertragen. Man stelle sich die Situation einer Gemeinde vor, in der es zwei Parteien gibt: Die einen sagen, wir sollten weltoffener werden und uns mehr der Gesellschaft anpassen. Die anderen sagen: Nein, das geht nicht, wir kommen sonst vom Wort Gottes ab.
Genau das wird hier beispielhaft dargestellt. Zuerst müssen wir jedoch die Prophetie verstehen und was sie damals bedeutete. Danach wäre es sinnvoll, sich zu fragen, was ich persönlich daraus lernen kann.
Das könnte man bei jedem Vers machen – praktische Anwendungen finden. Hier ist es besonders deutlich und sehr naheliegend.
Antiochus Epiphanes' Machtübernahme und Grausamkeiten
Wir lesen in Daniel 11, Vers 20b, dass jemand hinaufziehen wird und mit wenig Volk Macht gewinnt. Nach dem Abschluss seines ersten Ägyptenfeldzugs zog Antiochus Epiphanes auf seinem Heimweg durch Israel und ging nach Jerusalem hinauf.
Jerusalem liegt im Bergland von Judäa, bis zu 743 Meter über dem Meeresspiegel. Auf seinem Heimweg durch Israel ging er nach Jerusalem hinauf, um dort seine Macht zu festigen. Während seines Aufenthalts in Ägypten hatte es in der Stadt große militärische Unruhen gegeben. Dafür sollten die Juden büßen.
Er nahm die Stadt problemlos ein, denn die ihm wohlgesinnte hellenistische Partei der Juden öffnete ihm die Tore. Antiochus plünderte daraufhin den Tempel und richtete ein grausames Blutbad an.
In der Übertragung auf eine Gemeinde ist Antiochus natürlich ein Bild des Teufels. Einige öffnen ihm die Tür, und dann kann die Gemeinde verwüstet werden. Es folgt Raub und Beute.
Raub und Beute
Vers 24 zeigt uns Folgendes: Unversehens wird er in die fruchtbarsten Gegenden der Landschaft eindringen und tun, was weder seine Väter noch die Väter seiner Väter getan haben. Raub, Beute und Gut wird er ihnen wegnehmen und wieder Festungen bauen. Er wird seine Pläne schmieden, und zwar für eine gewisse Zeit.
Die Erfüllung: Antiochus Epiphanes beutete Israel mehr aus als seine Vorfahren. Die früheren Seleukiden hatten dies nicht in diesem Ausmaß getan. Die hellenistisch gesinnte Partei der Juden, die hinter ihm stand, wurde von ihm durch Geldzuwendungen und Ämterschacher belohnt. Diese Partei kam so an bessere Positionen. Auch griechische Offiziere und Beamte profitierten von seiner Beute.
Die befestigte Stadt Jerusalem hatte unter seiner Grausamkeit unsäglich zu leiden. Auch hier hat sich jedes Wort erfüllt.
Vers 25: Und er wird seine Kraft und seinen Mut gegen den König des Südens erwecken mit einem großen Heer.
Nun eine wichtige Strukturerklärung: Die Verse 22b bis 24 beschreiben die Untaten des syrischen Königs Antiochus Epiphanes gegen die Juden in der Zeit von 175 und folgenden Jahren vor Christus. Dabei greifen die Verse 23b und 24 zeitlich gegenüber den Versen 25 bis 27 vor. Aber die Verse 28 und folgende machen dann die genaue zeitliche Abfolge deutlich.
Das finden wir auch in der biblischen Geschichte manchmal so, dass ein Rückgriff oder ein Vorausgriff gemacht wird. Das geschieht hier, aber im weiteren Textzusammenhang wird die Reihenfolge dann deutlich.
Um 170 vor Christus eröffnete Antiochus Epiphanes mit einer gewaltigen Armee den sogenannten, also in der Geschichte sogenannten, Sechsten Syrischen Krieg gegen Ägypten. Zu diesem Zeitpunkt war sein noch minderjähriger Neffe Ptolemäus VI. Philometor auf Ägyptens Thron. Dies schien Antiochus Epiphanes eine günstige Gelegenheit, um sein Reich zu erweitern.
Die Familien waren durch Heirat verbunden, und jetzt hoffte er, die Macht in Ägypten zu bekommen. Es geht hier um Ptolemäus VI. Philometor (181 bis 145 v. Chr.). Der König des Südens, also der ägyptische König, wird sich zum Krieg rüsten mit einem großen und überaus starken Heer. Aber er wird nicht bestehen, denn man wird Pläne gegen ihn schmieden.
Ja, die, die seine Tafelkost essen, werden ihn zugrunde richten, und sein Heer – damit ist das Heer von Antiochus Epiphanes gemeint – wird überschwemmen. Viele Erschlagene werden fallen. Das „Überschwemmen“ bezieht sich wieder auf den Syrer.
Die Erfüllung: Um 170 vor Christus unterlag Ptolemäus VI. in der Schlacht bei Pelusium. Er versuchte zu fliehen, aber es gelang ihm nicht, den Händen seines Onkels zu entkommen. Die Stadt Alexandria, ganz im Norden von Ägypten, die im Gegensatz zu einem großen Teil Ägyptens von Antiochus Epiphanes nicht erobert werden konnte, rief daraufhin verräterisch den jüngeren Bruder von Ptolemäus VI. zum König aus.
Wie hier gesagt wird, wird er nicht bestehen. Man wird Pläne gegen ihn schmieden.
Wie geht es weiter? Es kommt zu betrügerischen Abmachungen.
Vers 27: Und die beiden Könige, ihre Herzen werden auf Bosheit bedacht sein, und an einem Tisch werden sie Lügen reden. Aber es wird nicht gelingen, denn das Ende verzögert sich noch bis zur bestimmten Zeit.
Hier sehen wir, was oft Politik ist: Man sitzt an einem Tisch, und jeder lügt den anderen an.
Ptolemäus VI. schloss zwar mit Antiochus Epiphanes einen Unterwerfungsvertrag, hielt sich jedoch keineswegs daran. Es gelang ihm, sich mit seinem jüngeren Bruder zu einigen. Im Zusammenhang mit Alexandria stellte er sich wieder entschieden gegen seinen Onkel Antiochus.
Die Vereinbarungen zwischen Ägypten und Syrien erreichten nicht ihr Ziel. Rückkehr nach Syrien.
Rückkehr nach Syrien und der Hass auf den Heiligen Bund
Kapitel 11,28: Und er wird mit großem Reichtum in sein Land zurückkehren. Antiochus Epiphanes zog mit einer sagenhaften Kriegsbeute aus Ägypten ab. Er hätte zwar gerne auch Alexandria eingenommen, doch Berichte über Unruhen in Syrien veranlassten ihn, vom Kriegsschauplatz abzuziehen.
So kehrt er also in sein Heimatland zurück, um dort für Ordnung zu sorgen. Der Weg nach Syrien führt jedoch durch das Land Israel hindurch. Das ist nun schrecklich, denn sein Herz wird gegen den Heiligen Bund gerichtet sein, und er wird handeln, bevor er in sein Land zurückkehrt.
Der Heilige Bund ist der Bund, den Gott am Sinai mit dem Volk Israel geschlossen hatte. Dieser Mann hasste alles, was vom wahren Gott kam.
Die Erfüllung: Auf seiner Rückkehr zog Antiochus Epiphanes an Jerusalem vorbei. Welche Untaten er in seinem Hass gegen den Glauben an den Gott der Bibel dort anrichtete, haben wir bereits bei der Besprechung der Verse 23 und 24 gesehen. Es war eben dieses Blutbad, das er angerichtet hatte, weil die liberale Partei ihm die Türen geöffnet hatte.
Es gibt nun einen zweiten Feldzug 1129. Zur bestimmten Zeit wird er zurückkehren und gegen den Süden ziehen, gegen Ägypten. Doch es wird zuletzt nicht sein wie am Anfang.
Der sogenannte Sechste Syrische Krieg in der Geschichte ging weiter: Um 168 v. Chr. startete Antiochus Epiphanes eine neue Offensive gegen Ägypten. Dazu veranlasste ihn unter anderem die Nachricht von der Versöhnung seiner beiden Neffen.
Jedoch wurde aus diesem Angriff alles andere als ein Erfolg. Die Prophetie deutet bereits an, dass es zuletzt nicht sein wird wie am Anfang. Man wird nicht mehr die Erfolge wie damals erleben.
Rom greift ein,
Der Eingriff Roms und die Demütigung Antiochus' Epiphanes
Vers 30: Denn Schiffe von Kittim werden gegen ihn kommen, und er wird verzagen und umkehren.
Als Antiochus mit seinem Heer nach Alexandria vorrückte, trat ihm eine römische Gesandtschaft entgegen. Diese bestand aus römischen Schiffen von der Insel Zypern, die in der Bibel Kittim genannt wird. Die Schiffe der Kittim waren nach Ägypten gefahren und trafen ihn dort in Alexandria an.
Jetzt wird es wirklich spannend. Die Gesandtschaft wurde vom Konsul Gaius Popilius Lenas angeführt. Er überbrachte Antiochus eine ultimative Forderung, die auf den Senat in Rom zurückging. Popilius hatte diese Gesandtschaft von Zypern nach Ägypten geschickt, um die Aufforderung zu übermitteln, Ägypten innerhalb einer bestimmten Frist zu räumen. Das war neu, denn zuvor gab es keine solche Forderung.
Als sich der ränkevolle syrische König Antiochus Bedenkzeit erbat, erinnert das an moderne Politik, etwa die Verhandlungen mit dem Iran bezüglich der Atomenergie. Auch dort wird oft um Bedenkzeit gebeten. Das ist nichts Neues, sondern Schnee von gestern.
Während Antiochus um Bedenkzeit bat, zog der Konsul Popilius mit einem Stab einen Kreis in den Sand und sagte zu ihm: „Hier, entscheide dich!“ Heute weiß man, was man bei den Verhandlungen in Genf hätte tun sollen: Einen Kreis auf den Boden zeichnen und zur Entscheidung auffordern.
So war es damals. Antiochus Epiphanes, zerknirscht und erfüllt von ohnmächtiger Wut, sah sich gezwungen, sich dem eisernen und unbeugsamen Willen der römischen Macht zu unterwerfen. In dieser Zeit wurde Rom immer stärker und erhielt zunehmend den Charakter eines Tieres mit eisernen Zähnen, wie es in Daniel 7 beschrieben wird – eine Armee, die alles zertritt.
Antiochus sah keine Chance mehr und fühlte sich gezwungen, der römischen Macht zu beugen. Man muss kein Psychologe sein, um zu wissen, was dann geschehen kann: Die Wut wird an anderen ausgelassen. Das kennt man vielleicht aus der Schule, wenn jemand seine Wut an einem Lehrer oder anderen Personen auslässt.
In diesem Fall richtete sich die Wut gegen die gläubigen Juden. Der Bibeltext sagt in der weiteren Vershälfte: „Und er wird gegen den Heiligen Bund ergrimmen und handeln, er wird umkehren und sein Augenmerk auf diejenigen richten, welche den Heiligen Bund verlassen.“ Er hasste also den Bund Gottes mit Israel.
Das ist ähnlich wie heute, wenn man vom auserwählten Volk Israel spricht – dann kocht bei vielen sofort der Dampfkochtopf hoch, weil sie das nicht ertragen können. Auch Antiochus hasste diesen Heiligen Bund, hatte aber ein besonderes Augenmerk auf die Liberalen unter den Juden, die nicht mehr so auf die Bibel achteten.
Antiochus Epiphanes kehrte tief gedemütigt heim. In der Folge ließ er jedoch all seinen Zorn und Grimm an den Juden aus. Dabei war ihm die abtrünnige Partei der Juden wieder sehr von Nutzen.
Der Gräuel der Verwüstung und der Widerstand der Makkabäer
Jetzt kommt es zu dem Gräuel der Verwüstung, und Streitkräfte von ihm werden dastehen. Sie werden das Heiligtum, die Befestigung, entweihen und das beständige Opfer abschaffen. Außerdem werden sie den verwüstenden Gräuel aufstellen.
Wenn man versteht, was da in der erfüllten Prophetie geschehen ist, versteht man die Zukunftsprophetie viel besser. Denn von einem Gräuel der Verwüstung spricht auch der Herr Jesus für die Endzeit in Matthäus 24,15. Hier können wir anhand der erfüllten Prophetie schon einmal wissen, was genau damit gemeint ist.
Um 167 v. Christus sandte Antiochus seinen Steuereintreiber Apollonius mit einer mächtigen Armee nach Jerusalem. Dieser überfiel Jerusalem auf gemeine, hinterlistige Weise, plünderte die Stadt, entfachte Brände und ermordete unzählige Juden. Frauen und Kinder, soweit sie nicht fliehen konnten, ließ er wegführen. Er riss die Stadtmauern von Jerusalem nieder und errichtete eine Terrorherrschaft über die Stadt.
Die Davidsstadt auf dem Südabhang des Tempelberges ließ er befestigen und baute die sogenannte Akra am Südende des Tempelplatzes. Dort legte er eine Besatzung hinein. Der Tempel war damals ein 500 Ellen Quadrat und war von mächtigen Schutzmauern umgeben. Darum wird hier vom Heiligtum, der Befestigung gesprochen. Das ist dieses befestigte 500 Ellen Quadrat, das damals unter Nehemia (Nehemiah 2) gebaut wurde. Dort wird die Burg genannt, aber die Akra ist ganz speziell eben diese Schutzmauer des 500 Ellen Quadrats des Tempels.
Am Südende baute Antiochus diese Burg, die Akra. Das war strategisch einmalig, denn von dort aus konnte er den ganzen Tempelplatz ständig überwachen. Ich will gleich noch zeigen, wie Gott das so führte, dass die Syrer schließlich besiegt werden konnten. Danach rissen die Juden die Akra ab. Um zu verhindern, dass je wieder so etwas geschehen würde, erweiterten sie das Südende des Tempelplatzes. So konnte man nie mehr an dieser strategisch einzigartigen Stelle eine solche Burg bauen.
Für diejenigen, die den Tempelplatz kennen: Der Eingang zur Schönen Pforte vom Ofel her führt durch den Tunnel unter der El-Aksa-Moschee genau dort hindurch, wo früher die Akra gebaut worden war. Das nur so nebenbei, damit man genau versteht, worum es geht.
In der Folge wurde der Gottesdienst im Tempel abgeschafft. Das war im Dezember 168 v. Chr. Bei Todesstrafe wurde das Einhalten der göttlichen Gebote des Alten Testaments verboten. Man durfte die Kinder nicht mehr beschneiden, keinen Sabbat mehr einhalten und so weiter.
Der Brandopferaltar wurde zu einem Zeusaltar umfunktioniert, und man schlachtete ein Schwein darauf – welche Gotteslästerung! Zudem wurde ein Götzenbild des Zeus aufgestellt, das, wohlverstanden, die Gesichtszüge von Antiochus Epiphanes trug. Das war der Gräuel der Verwüstung.
Gräuel ist in der Bibel oft ein Ausdruck für Götzen, den Gräuel der Verwüstung. Antiochus ließ sich als Jupiter verehren. Das ist sehr interessant, weil die Prophetie sagt, dass es für den kommenden Diktator aus Europa ebenfalls so sein wird, dass er sich als Jupiter verehren lassen wird. Aber davon später mehr.
Verführung zum Abfall.
Verführung zum Abfall und der Makkabäische Widerstand
Vers 32 sagt: "Und diejenigen, die sich als Jupiter verehren lassen, werden nicht mehr verliebt, sondern nur welche, die gottlos handeln gegen den Bund, werden durch Schmeicheleien zum Abfall verleitet." Antiochus Epiphanes versuchte nicht nur durch Gewalt, sondern auch durch Schmeicheleien, die Juden zum Abfall von dem Gott der Bibel zu bringen. Bei denen, die schon früher keine Entschiedenheit für die göttlichen Offenbarungen der Bibel, des Alten Testaments, an den Tag gelegt hatten, kam er auch zu seinem Ziel.
Da sehen wir eben Offenheit für diese Welt, für das Liberale, für das Freiheitliche, weg von der Bibel. Das gibt dem Feind die Gelegenheit, erst recht in diese Bresche hineinzuschlagen.
Jetzt kommt der makkabäische Widerstand. In der zweiten Hälfte von Vers 32 steht: "Aber das Volk, welches seinen Gott kennt, wird sich stark erweisen und handeln." Es gab in Israel eine große Anzahl Juden, die auch in der größten Not dem Gott ihrer Väter, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die Treue halten wollten.
Der Priester Matathias aus dem Städtchen Modein eröffnete zusammen mit seinen fünf Söhnen Johannes Gaddis, Simon Tasi, Judas Maccabi, al-Azhar Awaran und Jonathan Afus den Widerstand gegen den Abfall. Wenn man vom Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv, also bei der Autobahn, rauf fährt nach Jerusalem, sieht man nach einiger Zeit links eine Ausfahrt Modein. Von dort kommt er hierher. Ja, also so auf dem Weg zwischen Tel Aviv und Jerusalem ist Modein.
Ein Vater mit fünf Söhnen – eine tolle Sache. Ja, wenn die mitmachen! Er zog mit seinen Söhnen und allen, die sich ihnen anschlossen, in die Wildnis und führte von da aus einen Guerillakrieg gegen die syrische Besatzungsmacht und auch gegen die abgefallenen Juden. Sie vernichteten auch, soweit möglich, die Götzenaltäre.
Nach dem Tode des Priesters Matathias 166 v. Chr. führten seine Söhne Simon und Judas den entschiedenen Kampf weiter. Der Aufstand der Makkabäer – so wurden eben diese Widerstandskämpfer genannt, was auf den Namen von Judas Maccabi zurückgeht – hatte einen phänomenalen Erfolg.
Die gesetzestreuen Juden schlugen die syrischen Heere in vielen Schlachten so zurück, dass Jerusalem schließlich wieder unter ihre Kontrolle gebracht werden konnte. Und dann, das war ganz besonders: Am 4. Dezember 164 v. Chr. wurde auch der Tempel wieder neu eingeweiht.
Dadurch, dass eben der Syrerkönig ein Schwein geschlachtet und ein Götzenbild aufgestellt hatte, war der Tempel unrein, und so wurde das Opfer unmöglich gemacht. So hat er die Opfer abgeschafft. Das ist wichtig, weil in der zukünftigen Prophetie des Buchs Daniel gesagt wird, dass so etwas in der Endzeit wieder geschieht. Die Opfer im dritten Tempel werden gestoppt, weil ein Gräuel aufgestellt wird. Hier wird beispielhaft gezeigt, worum es sich handelt.
Ich muss noch erklären: Um 164 v. Chr. wurde der Tempel wieder eingeweiht, und seitdem hat man im Judentum ein neues Fest eingeführt, das Fest der Tempelweihe. Dieses wurde dem Laubhüttenfest, das ja im Oktober stattfindet (vgl. 3. Mose 23), nachgebildet.
Man hat in den Dezembertagen nochmals ein Fest eingefügt, das auch acht Tage dauert, wie das Laubhüttenfest. Das Laubhüttenfest dauert eigentlich sieben Tage, und dann wird noch ein achter spezieller Tag angehängt (vgl. 3. Mose 23). Dieser achte Tag hat sowieso eine ganz besondere Bedeutung.
Der Herr Jesus ging später auch zum Tempel, auch zu diesem Tempelweihfest, das im Alten Testament nirgends zu finden ist, weil es aus dieser Zwischentestamentlichen Zeit stammt. Man feierte also immer acht Tage und quasi wie das Laubhüttenfest noch einmal.
Ich lese aus Johannes 10, Vers 22: "Es war aber das Fest der Tempelweihe in Jerusalem. Und es war Winter, natürlich, es geht ja auf das Dezemberfest zurück, und es war Winter. Jesus wandelte in dem Tempel in der Säulenhalle Salomons. Da umringten ihn die Juden und sprachen zu ihm: 'Bis wann hältst du unsere Seele hin? Wenn du der Christus bist, so sage es uns frei heraus.'"
Jesus antwortete ihnen: "Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich in dem Namen meines Vaters tue, diese zeugen von mir, aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen, wie ich auch gesagt habe. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren, ewiglich, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben. Ich und der Vater sind eins."
Jesus war an diesem Fest, und man hat also acht Tage gefeiert. Ich muss erklären: Am Laubhüttenfest war das so im Tempel, da hat man nachts diese großen Leuchter im Frauenvorhof entzündet, jede Nacht, nicht wahr? So war der Tempel festlich geschmückt. Nachts hat man auch diese Leuchter entzündet. Das war etwas Besonderes, denn normalerweise findet der Tempeldienst nachts nicht statt. Alle Feste, alle Opfer, alles nur tagsüber, nachts ist Ruhe.
Aber am Laubhüttenfest war 24 Stunden Betrieb, und eben nachts hat man die Leuchter angezündet.
Der Herr Jesus erklärte in Johannes 8, gerade im Zusammenhang mit dem Laubhüttenfest, das in Johannes 7 beschrieben wird, und das war dann der achte Tag, dieser besondere Tag (Johannes 8): "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln."
Man muss sich vorstellen: An diesem Tempelfest waren wieder diese Lampen. Und man wusste, dass Jesus erklärt hatte, was diese Lampen bedeuten: "Ich bin das Licht der Welt."
Es kann ja wirklich kalt sein in Jerusalem, es kann sogar Schnee auf dem Tempelplatz liegen in dieser kalten Zeit, die an diese dunkle, finstere Zeit unter Antiochus Epiphanes erinnert. Da wusste man: Selbst in der Dunkelheit ist der Herr Jesus unser Licht.
Es ist so schön zu sehen, dass Jesus in Johannes 10 genau an diesem Fest sagt: "Meine Schafe hören meine Stimme und sie folgen mir." Da gibt er Heilssicherheit und Heilsgewissheit: Niemand wird sie aus meiner Hand rauben, sie gehen nicht verloren, ewiglich.
Vor kurzem hat mich eine Frau gefragt: "Ich habe immer irgendwie Angst, vielleicht gibt es ja in der Ewigkeit wieder einmal einen Sündenfall." Ja, dann stellen wir uns vor, wie in dem Lied "Amazing Grace", "how sweet the sound" – erstaunliche Gnade, wie wunderbar klingt das! Und dann steht doch: Wenn wir nach zehntausend Jahren in der Herrlichkeit sind – ja, man muss sich vorstellen, das war mal die erste Etappe – und wenn dann wieder ein Abfall käme nach zehntausend Jahren oder nach einer Million Jahre?
Aber der Herr Jesus sagt hier: Sie gehen nicht verloren. Im Griechischen wird das sogar betont durch das doppelte "οὐ" (ou), also nicht nur "gehen nicht verloren", sondern ewiglich. Also auch nicht nach, wie in dem Lied, nach zehntausend Jahren, nein, auch nicht nach einer Million Jahre, nein, sie gehen nicht verloren ewiglich.
Das ist, weil wir als Wiedergeborene in der Hand Gottes sind, und das ist definitiv unsere Rettung. Man muss nie Angst haben, es käme irgendwann später einmal in der Ewigkeit wieder ein Abfall. Das gibt es nicht.
In Offenbarung 21, im Neuen Himmel und auf der neuen Erde, steht: "Und der Tod wird nicht mehr sein und keine Tränen." Wenn wir nach zehn Jahren wieder einen Abfall hätten, dann gäbe es wieder Tränen. Aber sicher, die Bibel sagt: Nie mehr Tränen.
Also, wenn wir nach zehn Jahren schon sicher sein können, da muss man auch nicht denken: In zwei Jahren. Wir sind wiedergeboren für die Ewigkeit, und das sagt der Herr Jesus an diesem Fest, acht Tage.
Jetzt versteht man, warum der Chanukka-Leuchter, den man in den Häusern weltweit in jüdischen Familien findet, nicht sieben Leuchter hat, sondern neun. Eben wegen der acht Tage. Eine Lampe ist der Anzünder, und mit der Anzünderlampe zündet man die acht Lampen an.
Man macht das am ersten Tag eine Lampe, am zweiten Tag kommt die zweite hinzu, dann die dritte, vierte, fünfte bis zur achten. Dann ist das Fest fertig, und darum braucht es eben neun Lampen.
Also, der Tempel wurde wieder neu eingeweiht am 4. Dezember 164 v. Chr. Die Spuren finden wir in Johannes 10, im Neuen Testament.
Die Rolle der Verständigen (Maskilim) und die Verfolgung der Treuen
Jetzt hören wir etwas über die Verständigen. Vers 33: „Und die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen.“
Das Wort „die Verständigen“ heißt hier maskilim, die Mehrzahl von maskil. Maskil ist ein sehr schönes Wort und gehört zu meinen Lieblingswörtern. Es hat drei Bedeutungen:
Erstens kann maskil „ein Verständiger“ bedeuten. Zweitens kann es „einer, der verständig macht“ bedeuten, also jemand, der andere unterweist und ihnen zeigt, wie man verständig nach der Bibel lebt. Drittens bedeutet maskil auch „einer, der verständig handelt“, also jemand, der nicht nur theoretisch weiß, was in der Bibel steht, sondern auch danach lebt.
Alles ist im Wort maskilim enthalten. Es ist so schön, weil dieser Ausdruck, die Maskilim, wie wir beim nächsten Mal sehen werden (Daniel 12), für die Treuen in der Endzeit verwendet wird. Diese sind die Maskilim.
Hier sehen wir, dass die Maskilim des Volkes die Vielen – das ist die Masse des jüdischen Volkes – unterweisen werden. Die Makkabäer haben also nicht nur gesagt: „Wir können diesen Feind nicht dulden unter dem Volk Gottes“, sondern sie haben auch gelehrt: „Was sagt die Bibel?“ Sie haben unterwiesen.
Aber dann lesen wir weiter: „Und die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen, aber sie werden fallen durch Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Raub eine Zeit lang.“
Doch die Zeit der Not ist genau in Gottes Hand. Alles war durch Daniel vorausgesagt: eine „Zeit lang“.
Den bibeltreuen Juden, den Verständigen, lag viel daran, die Masse des jüdischen Volkes zur Treue gegenüber dem lebendigen Gott und seinem Wort aufzurufen. Unzählige mussten in dieser Zeit der Wirren ihre Hingabe an Gott mit dem Leben bezahlen.
Die grausamsten und verschiedensten Torturen wurden ihnen auferlegt. Außerbiblisch wird davon berichtet, zum Beispiel in 2. Makkabäer 6,18 bis 7,42. Dort ist eine ganz bewegende Geschichte beschrieben: Eine Mutter mit ihren Söhnen wird von den Syrern aufgefordert, dass alle Söhne vom Glauben abfallen und sich lossagen sollen. Andernfalls würden sie in einem Topf gekocht.
Die Mutter ruft ihre Kinder auf und sagt: „Ich habe dich neun Monate unter meinem Herzen getragen, tu das ja nicht, dass du jetzt abfällst.“ Sie ermutigt ihre Söhne, treu zu bleiben. Alle wurden gekocht und getötet.
Das wird im Hebräerbrief 11,35b aufgenommen. Dort wird von den Glaubenshelden im Alten Testament gesprochen. Zu den meisten Dingen finden wir eine Stelle im Alten Testament, aber hier heißt es von solchen, die die Befreiung nicht annahmen, damit sie eine bessere Auferstehung erfahren würden.
Das ist genau darauf bezogen. Diese Mutter hat ihren Söhnen gesagt: „Bleibt treu, denn ihr werdet einmal ewiges Leben haben können.“ Das ist der Hinweis auf die bessere Auferstehung.
So heißt es also, dass sie die Befreiung nicht annahmen. Man fragt sich: Warum? Wenn man im Gefängnis sitzt, ist es doch gut, wenn man plötzlich die Meldung bekommt: Ihr seid frei.
Ja, aber frei werden hätte bedeutet, vom Glauben abzufallen. Deshalb heißt es dort: Sie nahmen die Befreiung nicht an, weil sie eine bessere Auferstehung erwarteten.
Dann kommt die kleine Hilfe. Vers 34 sagt: „Und wenn sie fallen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden.“
Wie wir schon gesehen haben, hatten die treuen Juden enorme militärische Erfolge zu verzeichnen. Die Makkabäer, wie wohl auch viele von ihnen, mussten in dieser Zeit das Martyrium erleiden.
Diese Erfolge, die schließlich dazu führten, dass die Syrer samt und sonders aus dem Land geworfen wurden, bezeichnet die Prophetie Daniels als „kleine Hilfe“.
Das ist erstaunlich, nicht wahr? Aber es ist relativ. Die große Hilfe für Israel, die große Befreiung, wird erst kommen, wenn der Messias, der Herr Jesus, in die Weltgeschichte eingreift und eine weltweite Friedensherrschaft aufrichtet.
Darum geht es dann in Daniel 12. Im Kontrast zur großen Hilfe, wenn der Herr Jesus persönlich zurückkehren wird und als der Letzte auf der Erde stehen wird, wie es in Hiob 19,25 heißt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, als der Letzte wird er auf der Erde stehen.“ Das ist die große Hilfe.
So war dieser phänomenale militärische Erfolg relativ gesehen eine kleine Hilfe.
Übrigens: In den Sendschreiben im Neuen Testament spricht der Herr Jesus zur Gemeinde von Philadelphia, die so treu war und sein Wort festhielt. Er sagt: „Du hast eine kleine Kraft.“
Man muss manchmal ein Gespür entwickeln. Wir haben gesagt: Das ist eine kleine Kraft. Jetzt frage ich mich, hängt das zusammen mit Daniel 11?
Ich habe in der Septuaginta, der ältesten griechischen Übersetzung, nachgeschaut. Dort wird „kleine Hilfe“ tatsächlich mit „kleiner Kraft“ übersetzt.
Also deutet der Herr Jesus im Sendschreiben an Philadelphia in Offenbarung 3 wirklich auf diese Stelle hin: „Du hast eine kleine Kraft.“
Das heißt nicht, dass Philadelphia, dieser treue Überrest aus der Erweckungszeit, prophetisch gesehen einfach so ziemlich nichts macht und nicht viel Kraft hat.
Nein, die Erweckungszeit, auf die das prophetisch hinweist, ist die Zeit, in der auch die Weltmission wieder ganz neu entdeckt wurde. Neue Bibelübersetzungen wurden gemacht, und es wurde viel Bibelstudium betrieben.
Aber das nennt der Herr Jesus eine kleine Kraft im Vergleich zu dem, was dann kommen wird, wenn er zur Entrückung erscheint.
Dann werden wir ihn sehen, wie er ist, von Angesicht zu Angesicht. Die stückweise Erkenntnis wird weggenommen, und das, was wir als Gläubige jetzt haben können, ist eine kleine Kraft im Vergleich zu der großen Kraft, wenn er kommt.
Heuchler und Mitläufer
So ist es immer. Vers 34b: Und viele werden sich ihnen mit Heuchelei anschließen.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass die glänzenden Siege der Makkabäer viele untreue Juden dazu veranlassten, sich ihnen aus unlauteren Motiven anzuschließen. Ihre Herzen waren jedoch nicht für die Wahrheit des lebendigen Gottes erwärmt.
Diese Mitläufer wählten nur den Weg, der ihnen äußerlich als der günstigere erschien. So ist es immer: Es gibt Menschen, die sich einfach dort anschließen, wo sie sehen, dass etwas geschieht. Ob ihre Herzen jedoch wirklich ergriffen sind, ist eine andere Frage.
Ansporn.
Ansporn und Läuterung
Wir kommen zu 35a und den Verständigen, also nochmals zu den Maskilinen. Einige von ihnen werden fallen, um sie zu läutern, zu reinigen und weiß zu machen bis zur Zeit des Endes.
Die Verfolgungen dieser Zeit erreichten in keiner Weise das Ziel der syrischen Macht. Die Glaubenstreue derer, die das Martyrium erdulden mussten, führte vielmehr bei einer großen Zahl zu einer Neubesinnung und einer noch entschlosseneren Haltung im Blick auf den geoffenbarten Willen Gottes in der Heiligen Schrift.
Die Glaubenstreue der Juden dieser Zeitepoche blieb durch die Jahrhunderte hindurch und bis heute für viele Gläubige ein Ansporn zum Ausharren in Verfolgung und Schwierigkeiten. Es hat also dazu geführt, dass die Gläubigen erst recht noch treuer wurden. Das ist gemeint mit „um sie zu läutern, zu reinigen, weiß zu machen“.
Genau diese Erfahrung machten unsere Geschwister in der ehemaligen Sowjetunion. Es ist unglaublich, was die Christen ab 1922 erlebt haben, als die Sowjetunion gegründet wurde. Gleich zu Beginn hatte der Staat die Vernichtung des Christentums als Programm. Besonders ein Dorn im Auge der Kommunisten waren die evangelikalen Baptisten.
Durch die Jahrzehnte wurden sie geplagt und furchtbar verfolgt. Immer wieder, wenn ich mit solchen Geschwistern in Kontakt komme, versuche ich, sie auch ein bisschen auszufragen, wie das damals war.
Vor kurzem habe ich wieder mit zwei älteren Brüdern gesprochen, die die Verfolgungszeit in der Sowjetunion erlebt haben. Ich wollte wissen, wie das war und wie es mit den Kindern war. Das ist schon unglaublich. Sie sagen, die Kinder haben alle mitgemacht. Es fing schon an, wenn sie in die Schule kamen. Dort mussten sie einen Leninknopf tragen. Für die Gläubigen war aber klar: Man trägt keinen Leninknopf.
Die Kleinkinder mussten nur sagen: „Ich will den nicht“, und sie weigerten sich. Sie haben sich geweigert. Später kam dann die kommunistische Weihe mit dem roten Halstuch, und sie mussten sich vor der kommunistischen Fahne verbeugen. Auch das war für die Gläubigen klar: Da machen wir nicht mit.
Dafür wurden sie geplagt, von Schulkollegen zusammengeschlagen, und die Lehrer schauten weg. Das alles haben sie erlebt. Was mich so erstaunt, ist, dass die Jugend mitgemacht hat.
Wie ist es bei uns? Wenn man sagt: „Schau, nein, da kannst du nicht mitmachen“, dann sagt man: „Das geht, aber das kann ich doch nicht.“ „Ja, ja, ja, das kann ich doch nicht.“ Da geschieht ja nichts. Man kommt nicht ins Gefängnis, und der Vater wird nicht nach Sibirien deportiert.
Das war wirklich schrecklich, wenn die Väter abtransportiert wurden und sich von ihren Frauen verabschiedeten. Sie wussten nicht, ob sie sich jemals wiedersehen würden.
Ein Bruder hat mir Bilder gezeigt. „Schau, das war der Bruder sowieso. Den haben sie furchtbar gequält und erhängt. Sie sagten, er hätte Selbstmord begangen.“ Doch sie sind festgeblieben. Es ist wie hier: Das hat sie noch treuer gemacht.
Da muss man sich fragen: Können wir nicht von ihnen lernen? Für diesen Widerstand gegen die Gesellschaft, den wir heute haben, und gegen die ganze Verführung der Welt, können wir einfach sagen: Nein, und wir werden nicht einmal dafür bestraft.
So können wir von den Treuen schon damals bei den Makkabäern lernen und eben auch von all diesen Treuen in der Sowjetunion.
Die Zeit des Endes und der Übergang zur Endzeitprophetie
Und jetzt die Zeit des Endes
In Vers 35b heißt es: Eben diese Entwicklung der Hingabe und Treue geht weiter bis zur Zeit des Endes, denn sie zieht sich noch bis zu einer bestimmten Zeit hin. Die Prophetie macht hier also einen Schnellgang durch die Geschichte bis in die Endzeit.
Wir werden gleich sehen, dass ab Vers 36 die Endzeit beginnt. Ab diesem Vers hat sich kein einziges Wort jemals erfüllt; alles liegt noch in der Zukunft. Dieser Vers macht deutlich, dass die makkabäische Verfolgungszeit noch nicht die Zeit des Endes ist, also nicht die Zeit der weltweiten Herrschaft des Messias. Es sollten noch Zeiten vergehen, bis die Verheißung des Ewigen in Verbindung mit der Endzeit ihre Erfüllung finden würde.
Die Verse 36 und folgende machen nun einen zeitraffenden Sprung. Das wird durch Vers 40 nochmals bestätigt. Der König in 11,36 kann unmöglich Antiochus Epiphanes sein. Er wird nämlich in Vers 40 von dem König des Nordens und dem König des Südens unterschieden. Das ist eine andere Person. Das haben wir heute Morgen angeschaut.
Es handelt sich vielmehr um den Antichristen, den noch zukünftigen Führer Israels.
Dann würde ich sagen, fahren wir beim nächsten Mal mit dem Antichristen in Israel ab Vers 36 fort und lesen durch bis Kapitel zwölf zum Schluss. Das bildet eine wunderbare Einheit.
Schlussgebet
Wollen wir an dieser Stelle aufhören? Zum Schluss möchte ich noch beten, und danach singen wir gemeinsam ein Lied.
Herr Jesus Christus, danke, dass dein Wort so vollkommen ist! Durch erfüllte Prophetien dürfen wir erkennen, dass es Gottes Wort ist, dass alles durch deinen Geist inspiriert ist und es unmöglich Menschenwort sein kann. Danke, dass wir unseren Glauben sowie unsere Heilsgewissheit und Sicherheit einfach auf dein Wort und deine Zusagen stützen können.
Wir dürfen mit dem Apostel Paulus sagen: Ich weiß, wem ich geglaubt habe. Herr Jesus, du bist glaubwürdig, dein Wort ist glaubwürdig. Darum dürfen wir vertrauen, auch wenn die ganze Welt dagegen tobt.
Danke, Herr Jesus, dass wir dieses Wort als Führer durch die Zeit haben, dieses Licht, das dein Licht ist. Danke, dass du das Licht der Welt bist und uns auch durch diese schwierige Zeit des Endes hindurchführst.
Wir bitten dich um Treue und Hingabe, denn das haben wir nicht aus uns selbst. Wir brauchen deine Kraft, und wir preisen dich dafür.
Amen!