
Der heutige Gute Rat trägt den Titel „Über die Geduld“. Geduld ist besser als Weisheit. Ein Gramm Geduld ist so viel wert wie ein Pfund Verstand. Alle Menschen loben die Geduld, doch nur sehr wenige üben sie wirklich aus.
Sie ist eine Medizin, die gegen alle Krankheiten hilft. Deshalb lobt sie auch jede alte Frau. Dennoch wachsen nicht in jedem Garten die Kräuter, aus denen sie bereitet wird.
Wenn wir körperliche Beschwerden haben, ist es ebenso natürlich für uns zu murren und zu klagen wie für ein Pferd, den Kopf zu schütteln, wenn es von Fliegen gequält wird. Ebenso ist es natürlich, dass ein Rad rasselt, wenn eine Speiche lose ist.
Doch obwohl dieses Verhalten natürlich ist, sollte die Natur nicht das sein, was das Verhalten der Christen regelt.
Wenn ein Soldat nicht besser kämpft als ein Ackerjunge, dann sollte er schleunigst seine Uniform ausziehen. Wir erwarten ja auch mehr Frucht von einem Apfelbaum als von einem Dornbusch – und damit liegen wir richtig.
Die Jünger eines geduldigen Heilands sollten selbst geduldig sein. „Beiß die Zähne zusammen und ertrage es“ lautet der altmodische Rat. Doch noch besser ist: Öffne die Lippen zum Dank und ertrage es.
Und warum sollten wir das nicht tun? Wir bekommen doch eigentlich nur sehr wenige Schläge, wenn wir bedenken, was für schlechtes Zugvieh wir sind. Und wenn es auch ein wenig schmerzt, so ist es doch bald vorüber. Vergangener Schmerz wird zur Freude und bringt Erfahrung.
Wir sollten uns nicht fürchten, nach Ägypten hinunterzuziehen, wenn wir wissen, dass wir mit silbernen und goldenen Schätzen wieder herauskommen werden – so wie das Volk Israel.
Ungeduldige Menschen begießen ihr Elend eifrig und streichen ihren Trost gleich wieder von der Liste. Leiden sind ungeladene Gäste, doch klagende Gemüter lassen sich mit einem Frachtwagen direkt vor das Haus fahren.
Viele Menschen werden weinend geboren, leben klagend und sterben enttäuscht. Sie kauen die bittere Pille und wüssten doch gar nicht, dass sie bitter ist, wenn sie nur den Verstand hätten, sie mit einem Glas Wasser und Geduld hinunterzuschlucken.
Sie halten die Last anderer Menschen für leicht, während ihre eigenen Federn für sie so schwer wie Blei sind. Ihrer Meinung nach werden sie immer schlecht behandelt. Keiner wird vom schwarzen Ochsen so oft auf die Zehe getreten wie sie. Der Schnee fällt am dichtesten vor ihrer Tür, der Hagel schlägt am lautesten gegen ihre Fenster.
Und doch – wenn die Wahrheit ans Licht käme, würde sich bald zeigen, dass es ihnen mehr in ihrer Einbildung als in Wirklichkeit so schlecht geht.
Viele würden sehr glücklich werden, wenn sie das nur erkennen könnten. Ein kleines Stück von dem Kraut Zufriedenheit, in die dünnste Suppe getan, schmeckt so herrlich wie Schildkrötensuppe auf des Königs Tafel.
Der Pflüger Hans hat das Kraut in seinem Garten. Doch im letzten strengen Winter hat es so sehr gelitten, dass er leider seinen Nachbarn nicht das Geringste davon abgeben kann.
Sie täten daher besser daran, nach Matthäus 25,9 zu verfahren und zu denen zu gehen, die für sich selbst kaufen und verkaufen.
Die Gnade ist ein Boden, in dem dieses Gewächs gut gedeiht. Allerdings muss es immer aus dem Quell der Barmherzigkeit begossen werden.
Arm sein ist nicht immer angenehm, doch es gibt Schlimmeres auf der Welt als das. Enge Schuhe drücken leicht, wenn man einen großen Fuß hat. Wenn wir nur geringe Mittel besitzen, ist es sehr vorteilhaft, auch nur geringe Ansprüche zu stellen.
Armut ist keine Schande, wohl aber ist es eine Schande, unzufrieden zu sein. In mancher Hinsicht sind die Armen sogar besser dran als die Reichen. Wenn ein Armer sich Speise für seinen Hunger suchen muss, ist es wahrscheinlicher, dass er sein Ziel erreicht, als der Reiche, der sich Hunger für seine Speise sucht.
Der Tisch des Armen ist schneller gedeckt. Die besten Doktoren sind Doktor Genügsam, Doktor Gelassen und Doktor Frohmut. Mancher fromme Bauer hat das Glück, von all diesen Herren bei Tisch bedient zu werden.
Schwere Arbeit bringt Gesundheit, und ein Gramm Gesundheit ist so viel wert wie ein Sack voller Diamanten.
Nicht wie viel wir haben, sondern wie viel wir genießen, macht unser Glück aus. In einem Löffel voll Zucker ist mehr Süße als in einer Tonne voll Essig.
Es ist nicht die Fülle der Güter, sondern der Segen Gottes zu dem, was wir haben, der uns wahrhaft reich macht. Die Schalen eines süßen Apfels sind besser als ein ganzer Holzapfel.
Eine Schüssel Kohl ist besser als ein gemästeter Ochse mit Hass. Besser wenig mit der Furcht des Herrn als ein großer Schatz, bei dem Unruhe ist (Sprüche 15,16).
Etwas Holz genügt, um meinen kleinen Ofen zu heizen. Warum soll ich darüber murren, dass ich nicht alle Wälder besitze?
Wenn Leiden kommen, nützt es nichts, Gott mit harten Gedanken über seine Vorsehung zu trotzen. Die Bäume biegen sich im Wind, und so müssen auch wir uns biegen.
Jedes Mal, wenn das Schaf blökt, verliert es einen Mundvoll Futter. Ebenso entgeht uns jedes Mal ein Segen, wenn wir uns beklagen. Murren ist ein schlechtes Geschäft und bringt nichts ein, doch die Geduld hat eine goldene Hand.
Unsere Leiden werden bald vorüber sein. Nach dem Regen kommt heller Sonnenschein. Auch schwarze Krähen haben Flügel. Jeder Winter verwandelt sich in Frühling, jede Nacht geht in den Morgen über, und auch ein heftiger Wind legt sich wieder.
Wird eine Tür zugeschlossen, so wird Gott eine andere dafür öffnen. Geraten die Erbsen nicht, so können dafür die Bohnen geraten. Wenn eine Henne ihre Eier verlässt, wird eine andere sie alle ausbrüten.
Alle Dinge haben eine Licht- und eine Schattenseite. Der treue Gott ist auf allen Seiten gegenwärtig. In der schlimmsten Woge des Ungemachs gibt es irgendwo eine trockene Stelle, auf der die Zufriedenheit festen Fuß fassen kann. Ist das aber nicht der Fall, so würde sie schwimmen lernen.
Freunde, lasst uns Zuflucht nehmen zu Geduld und Wassersuppe, wie die Alten sagten. Statt ins Klagefieber zu verfallen, sollten wir nicht auch andere mit derselben Krankheit anstecken, indem wir Gottes Wege in gottloser Weise kritisieren.
Das beste Heilmittel im Leiden besteht darin, sich in Gottes Willen zu ergeben. Was man nicht ändern kann, muss man tragen. Können wir keinen Speck bekommen, so lasst uns Gott dafür danken, dass wir noch einige Kohlköpfe im Garten haben.
Das Muss ist eine harte Nuss, aber sie hat einen süßen Kern. Denn denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen (Römer 8,28). Alles, was vom Himmel her niederfällt, dient früher oder später zum Besten des Landes. Was von Gott zu uns kommt, ist ein Segen, sollte es auch eine Rute sein.
Von Natur aus können uns Leiden ebenso wenig gefallen, wie sich eine Maus in eine Katze verlieben kann. Durch Gnade kam Paulus jedoch dahin, sich auch der Trübsale zu rühmen. Verluste und Kreuze sind schwer zu tragen. Wenn aber unsere Herzen rechtschaffen sind vor Gott, so ist es wunderbar, wie leicht das Joch wird.
Wir müssen nun einmal auf der Kreuz- und Tränenstraße zur Herrlichkeit gehen. Da uns nicht verheißen worden ist, dass wir in einem Daunenbett zum Himmel gefahren werden sollen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir den Weg hinauf finden, wie ihn unsere Väter vor uns gefunden haben. Ende gut, alles gut.
Darum lasst uns den schwersten Boden im Blick auf die Gaben bei der Ernte pflügen. Wenn andere bei solcher Arbeit murren, so lasst uns lernen, dabei zu singen!
Gelesen von Glaubensgerechtigkeit. Dieses Buch sowie viele weitere Hörbücher, Andachten und Predigten gibt es auf dem Youtube-Kanal von Glaubensgerechtigkeit