Einführung in die literarische Form von Hesekiel 19
Welche literarische Form liegt uns hier in Ezechiel 19 vor? Um was für eine Art Text handelt es sich?
Es ist ein Gleichnis.
Und was könnte man noch dazu sagen? Übrigens auch ein Gleichnis?
Also eine Art Allegorie, sogar zweifach. Zwei Gleichnisse, ja. Genau.
Was könnte man noch als Form bezeichnen? Eine Bildergeschichte.
Ja, das würde man mit Gleichnis ausdrücken, genau.
Eine Fabel?
Nein, eine Fabel wäre eher, wenn die Tiere selbst sprechen würden. Gibt es Fabeln in der Bibel?
Ja.
Hast du ein Beispiel?
Ich kann es nicht genau benennen, aber es gibt sie. So viele sind es nicht.
Nein, bei Bileam ist es keine Fabel, weil es historisch ist. Der Esel hat gesprochen.
Genau dasselbe gilt für die Schlange im Garten Eden. Das sind keine Fabeln, aber eine Fabel in der Bibel?
Der Dornstrauch und die Zeder sprechen doch.
Ja, der Dornstrauch – das ist Jothams Fabel im Buch der Richter.
Wir können das kurz klären: Das ist eigentlich die einzige Fabel in der Bibel, Richter 9,7.
Beispiel einer biblischen Fabel: Jothams Gleichnis
Wir lesen nicht einfach nur das Ganze als Beispiel. Wer liest Richter 9,7? Gleich Isidor. Und was berichtete Jotham?
Da ging er hin, stellte sich auf den Gipfel des Berges Garizim, erhob seine Stimme, rief und sagte zu ihnen: „Hört auf mich, Bürger von Sichem, dann wird Gott auf euch hören.“
Einst gingen die Bäume hin, um einen König über sich zu salben, und sie sagten zum Olivenbaum: „Sei König über uns.“ Da antwortete der Olivenbaum: „Sollte ich meine Fettigkeit aufgeben, die Götter und Menschen an mir in Ehren halten? Sollte ich hingehen, um über den Bäumen zu herrschen?“
Und die Bäume wandten sich zum Feigenbaum und sagten: „Komm du, sei König über uns!“
Ja, und so weiter.
Also, die Bäume sprechen – das ist eine Fabel.
Das Problem der Fabeln im Neuen Testament
Wie kann man das Problem lösen, wenn im Neuen Testament ganz negativ über die Fabeln gesprochen wird? Zum Beispiel heißt es: „In den letzten Tagen werden die Menschen die Ohren abwenden von der Wahrheit und sich den Fabeln zuwenden“ (2. Timotheus 4). Oder Petrus schreibt: „Wir sind nicht künstlich erdichteten Fabeln gefolgt, sondern als die der Augen Zeugen waren“ (2. Petrus 1).
Warum gibt es diese negativen Stellen im Neuen Testament zum Thema Fabeln? Dafür gibt es eine Erklärung: Die dort genannten Fabeln sind künstlich erfunden, während die hier genannten aus dem Wort Gottes stammen.
Der Ausdruck im Griechischen heißt „Mythos“ und wurde mit „Fabel“ übersetzt. Mythos meint jedoch nicht die Art von Fabeln, in denen Tiere sprechen. Vielmehr bezeichnet Mythos eine religiöse Lehre, die nicht in Raum und Zeit, also in der Wirklichkeit, verwurzelt ist.
Die Bibel legt großen Wert darauf, dass Gottes Offenbarung nicht überhistorisch ist, sondern in Raum und Zeit stattgefunden hat. Gott spricht zu uns auch durch Gleichnisse. Gleichnisse sind zwar nicht tatsächlich geschehen, aber sie sind Vergleiche mit Dingen, die im Leben geschehen könnten.
Ebenso kann Gott durch eine Fabel sprechen, um Realitäten zu veranschaulichen. Die biblische Heilsgeschichte selbst ist jedoch immer verwurzelt in Raum und Zeit.
Mythos und Mythologisierungstheologie
Darum werden Mythen im Neuen Testament ganz massiv abgelehnt. Es ist erstaunlich, dass in den 1960er Jahren die Entmythologisierungstheologie mit Robert Bultmann aufkam.
Damals wurde behauptet, die Menschen zur Zeit des Neuen Testaments seien sehr mythologisch in ihrem Denken gewesen. Die modernen, aufgeklärten Menschen müssten nun diesen mythologischen Überbau entfernen, um so zu den Überresten des historischen Jesus zu gelangen.
Doch das ist ein großes Unrecht, denn es wird dem Neuen Testament überhaupt nicht gerecht. Der Schreiber betont, dass sie Augenzeugen waren. Lukas sagt, er sei genau den Augenzeugen nachgegangen, habe die Dinge nachgeforscht und sie dann geordnet zusammengestellt. Petrus erklärt, sie hätten nichts mit Mythen zu tun gehabt, sondern seien Augenzeugen gewesen.
Paulus warnt davor und zeigt, dass in den letzten Tagen die Menschen von der Wahrheit weggehen und sich den Mythen zuwenden werden. All diese Anhänger haben mit dem Neuen Testament und der damaligen Realität nichts zu tun.
Interessanterweise ist die Entmythologisierungstheologie heute kaum noch aktuell. Das interessiert kaum noch einen Theologen. Stattdessen ist heute mythisches Denken aktuell. Das New-Age-Denken ist auch in die Theologie eingedrungen, und man konzentriert sich heute auf mythisches Denken.
Es ist bemerkenswert, dass sich das Blatt innerhalb weniger Jahrzehnte so vollständig gewendet hat. Man interessiert sich jetzt für Mythen in anderen Religionen. Genau das aber verurteilt das Neue Testament und sagt voraus, dass in den letzten Tagen die Menschen sich den Mythen zuwenden werden.
So, das in Klammern, um deutlich zu machen, dass Jothams Fabel damit nichts zu tun hat.
Hesekiel 19 als Klagelied und Gleichnis
Und jetzt haben wir hier so ein Gleichnis vor uns. Im Text wird es jedoch nie als Gleichnis bezeichnet. Wie wird es stattdessen genannt? Klagelied. Also, es ist ein Lied, und wir sehen, dass ein Lied auch gleichzeitig ein Gleichnis sein kann.
Warum betone ich das so oder möchte ich das zunächst einmal deutlich machen? Hebräer 1, Vers 1. Können wir das aufschlagen? Wer liest?
„Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn, den er gesetzt hat zum Erben aller Dinge, durch den er auch die Welten gemacht hat.“
Das reicht schon. Es geht mir darum, hier wird das Alte Testament so kurz zusammengefasst: nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten – vielfältig und oftmals.
Ja, wir haben selbst bei Hesekiel gesehen, wie immer wieder der Herr zu Hesekiel gesprochen hat, aber so durch das ganze Alte Testament hindurch. Und dann wird betont: auf vielerlei Weise.
Wir haben jetzt bei Hesekiel schon wiederholt Gleichnisse gehabt, dann direkte Ansprachen, weiter haben wir Visionen gefunden und so weiter. Diese Vielfältigkeit kommt gerade darin zum Ausdruck. Es können auch Lieder sein, es können Gleichnisse sein, manchmal eben ein Gleichnis und ein Lied in einem.
Dann haben wir historische Erzählungen: Erstes Buch Mose, Bücher Samuel, Könige und so weiter. Dann Gedichte, Sprüche und so weiter. Diese Vielfältigkeit ist etwas ganz Wichtiges.
Darum lohnt es sich eben, beim Lesen der Bibel darauf zu achten: Was habe ich jetzt für eine Art von Text vor mir? Das ist auch wichtig für die Auslegung.
Ist dazu noch etwas, eine Frage oder eine Ergänzung? Gut, dann gehen wir zum Gleichen, zum Ersten.
Das Löwengleichnis: Symbolik und Bedeutung
Worum geht es hier? Es handelt sich um ein Löwengleichnis.
Was bedeutet der Löwe in der Bibel symbolisch? Oft steht er für König oder Herrscher. Im Volksmund wird der Löwe als „König der Tiere“ bezeichnet. Gibt es eine ähnliche Bezeichnung in der Bibel? Ja, beispielsweise der „Löwe von Juda“.
Doch zunächst ohne Übertragung: Wo wird der Löwe mit einem ähnlichen Titel genannt? In Sprüche 30,29-31 finden wir einen sogenannten Zahlenspruch, eine besondere literarische Form. Dort heißt es:
„Drei haben einen stattlichen Gang und vier gehen stolz einher: Der Löwe, mächtig unter den Tieren, kehrt vor niemandem um; der stolze Hahn, der Widder und der König, wenn er ein Heer anführt.“
Hier wird der Löwe als Held unter den Tieren beschrieben, der vor niemandem zurückweicht. Die Verse umfassen Sprüche 30,29-31.
Was kann der Löwe nun bedeuten? Isidor hat bereits auf den „Löwen aus dem Stamm Juda“ hingewiesen. Welche Stelle ist gemeint? Offenbarung 5. Dort steht in Vers 5:
„Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, um das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen.“
Hier wird Jesus Christus als der „Löwe aus dem Stamm Juda“ bezeichnet. Warum wird der Stamm Juda besonders erwähnt? Weil Juda von Jakob bei seinem prophetischen Segen als Löwe bezeichnet wurde.
Damit steht Juda in Verbindung mit dem Königtum. Nach Gottes Rat sollten nur Könige aus diesem Stamm Israel herrschen. Jesus Christus ist deshalb der „Löwe aus dem Stamm Juda“, der am Kreuz überwunden hat und das Recht auf Weltherrschaft besitzt.
Dies wird in der Offenbarung weiter entfaltet. Am Ende kehrt er in Offenbarung 19 als „König der Könige und Herr der Herren“ zurück, um sein Königtum auf Erden auszuüben.
Der Löwe als Symbol für Satan im Neuen Testament
Was kann der Löwe sonst noch bedeuten? Gerade im Neuen Testament. Ja, wo? 1. Petrus 5,8: "Seid nüchtern und wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann." Das könnt ihr gleich nachlesen.
Hier wird Satan mit einem brüllenden Löwen verglichen. Warum ist das so? Wenn das Symbol des Löwen Herrschaft bedeutet, was hat Satan mit Herrschaft zu tun? Er ist der Fürst dieser Welt. In Johannes 14,31 steht, dass er es war, der Jesus bei der Versuchung auf dem Berg gesagt hat: "Wenn du vor mir niederfällst, werde ich dir alle diese Reiche geben; denn sie gehören mir, und ich gebe sie, wem ich will."
Das zeigt, dass Satan durch den Sündenfall die Herrschaft über die Menschheit erlangt hat. Doch der Löwe aus dem Stamm Juda hat ihn besiegt.
So sehen wir, dass der Löwe zwar manchmal positiv dargestellt wird, aber auch negativ. Das liegt daran, dass das Grundsymbol des Löwen Herrschaft ist. Herrschaft kann sowohl positiv als auch negativ sein oder ins Negative verdreht werden.
Das Gleichnis als Klagelied über die Könige Israels
Gut, also mit diesem Vorwissen wenden wir uns nun dem Gleichnis zu. Es wird als Klagelied „über die Fürsten Israels“ bezeichnet. Der Ausdruck „Fürst“ kann im Alten Testament, wie wir bereits in Hesekiel 12,10 gesehen haben, auch für einen König gebraucht werden. Es sind also die Fürsten Israels oder die Könige Israels gemeint.
Dann heißt es: „Welch eine Löwin war deine Mutter!“ Das bezeichnet das Königreich Juda. Es wird mit einer Löwin verglichen, und die einzelnen Könige werden als ihre Kinder betrachtet.
Nun müssen wir uns noch klarmachen, was es bedeutet, dass sie „zwischen Löwen lagerte“ und „unter jungen Löwen ihre Jungen großzog“. Wer sind die anderen Löwen da rundherum? Die anderen Königreiche, genau! Israel war ursprünglich keine Monarchie, sondern erst zur Zeit von Samuel wünschten sie sich einen König mit der Begründung, sie möchten so sein wie die anderen Völker. Von da an wurde Israel eine Königsmonarchie. Also sind die anderen Löwen andere Nationen, die ebenfalls Königreiche sind.
In Vers 3 wird dann ein spezieller Löwe erwähnt, der raubte und Menschen fraß. Er wurde gefangen genommen und nach Ägypten geführt. Wer ist damit gemeint? Es ist der König aus Israel gemeint.
Wir befinden uns bei Hesekiel in der Endzeit, in der Schlusszeit des Königtums des jüdischen Staates. Wenn wir nun in 2. Könige 23 nachschlagen, finden wir einen der letzten Könige beschrieben, auf den genau diese Gleichnisbeschreibung passt: Joachas, der viertletzte König. Danach ging das Königtum unter, und die Juden wurden nach Babylon deportiert.
Joachas war ein Sohn des gottesfürchtigen Josia. Wer 2. Könige 23,31-35 liest, findet Folgendes: Joachas war 23 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte drei Monate in Jerusalem. Der Name seiner Mutter war Hamutal, die Tochter Jirmejas aus Libna. Er tat, was böse war in den Augen des Herrn, nach allem, was seine Väter getan hatten.
Der Pharao Necho setzte ihn in Ribla im Land Hamath gefangen, sodass er nicht mehr König in Jerusalem war. Er legte dem Land eine Geldbuße von hundert Talenten Silber und einem Talent Gold auf. Das ist bei mir Tag dreißig.
Weiter heißt es: Der Pharao Necho machte Eliakim, den Sohn Josias, zum König anstelle seines Vaters Josia und änderte seinen Namen in Jojakim. Das war ein Bruder von Joachas, richtig? Joachas aber nahm er mit sich, und er kam nach Ägypten, wo er starb.
Das Silber und Gold gab Jojakim dem Pharao, doch er musste das Land schätzen, um das Geld nach dem Befehl des Pharao abzuliefern. Vom Volk des Landes, von jedem nach seiner Schätzung, trieb er Silber und Gold ein, um es dem Pharao Necho zu übergeben.
Hier wird Joachas also als ein gottloser König beschrieben, der tat, was böse war in den Augen des Herrn. So wird sein Leben kurz zusammengefasst.
In Hesekiel wird er als Löwe dargestellt, der in Vers 3 raubte und Menschen fraß. Dann hörten die Völker von ihm, er wurde gefangen genommen und nach Ägypten geführt – genau so, wie es bei Joachas beschrieben wird.
Übrigens war der Pharao Necho, der zweite in dieser Geschichte, derjenige, der das um 609 v. Chr. tat. Damit lässt sich das zeitlich einordnen. 586 v. Chr. war dann die Zerstörung Jerusalems und des Tempels.
So befinden wir uns also in den dramatischen Schlussjahren des Königreiches Juda.
Das Schicksal weiterer Könige: Jojakin und Zedekia
Und jetzt lesen wir weiter in Hesekiel 19, Vers 5. Da hat die Löwenmutter was gemacht? Ja, sie hat ein anderes genommen und es zu einem jungen Löwen gemacht. Und da wissen wir nun auch schon, wer das war. Also aus der gleichen Linie, ein Bruder Jojakims. Aber der wäre auch nicht besser. Jetzt lesen wir über Jojakim.
Er hat also auch das Land zerstört, herumgebrüllt wie wild. Und dann, wer hat ihn weggeführt? Jawohl, er kam nach Babel, also nicht nach Ägypten.
Jetzt schlagen wir auf, 2. Könige 23,36. Jojakim war fünfundzwanzig Jahre alt, als er König wurde, und er regierte elf Jahre in Jerusalem. Der Name seiner Mutter war Sebudar, die Tochter Bedanias aus Bruma. Er tat, was böse war in den Augen des Herrn, nach allem, was seine Väter getan hatten.
Jetzt weiter. In seinen Tagen zog Nebukadnezar, der König von Babel, herauf, und Jojakim war drei Jahre sein Knecht. Dann wandte er sich wieder ab und empörte sich gegen ihn. Der Herr sandte gegen ihn Streifscharen der Chaldäer, Streifscharen Arams, Streifscharen Moabs und Streifscharen der Söhne Ammon.
Er sandte sie gegen Juda, um es zugrunde zu richten, nach dem Wort des Herrn, das er durch seine Knechte, die Propheten, geredet hatte. Je nach dem Befehl des Herrn geschah das gegen Juda, um es von seinen Augen zu entfangen wegen der Sünden Manasses, nach allem, was er getan hatte. Auch wegen des unschuldigen Blutes, das er vergossen hatte, sodass er Jerusalem mit unschuldigem Blut angefüllt hatte. Das wollte der Herr nicht vergeben.
Und die übrige Geschichte Jojakims und alles, was er getan hatte, ist das nicht geschrieben im Buch der Geschichte der Könige von Juda? Jojakim regierte nach seinen Vätern, und sein Sohn Jojachin wurde an seiner Stelle König.
Doch der König von Ägypten zog fortan nicht mehr aus seinem Land, denn der König von Babel hatte von dem Bach Ägyptens an bis zum Strom Euphrat alles genommen, was dem König von Ägypten gehört hatte.
Aber jetzt gehen wir noch weiter, jetzt kommen wir zu Jojachin. Also unter Jojachin kamen die Babylonier und machten sie zu Knechten. Aber jetzt kommt die Wegführung nach Babylon.
Jojachin war achtzehn Jahre alt, als er König wurde, und er regierte drei Monate in Jerusalem. Der Name seiner Mutter war Nehuschtan, die Tochter Elnatans aus Jerusalem. Er tat, was böse war in den Augen des Herrn, nach allem, was sein Vater getan hatte.
In jener Zeit zogen die Knechte Nebukadnezars, des Königs von Babel, nach Jerusalem herauf, und die Stadt kam in Belagerung. Nebukadnezar, der König von Babel, ging selbst gegen die Stadt vor, während seine Knechte sie belagerten.
Jojachin, der König von Juda, ging zum König von Babel hinaus, er und seine Mutter, seine Knechte, seine Obersten und seine Hofbeamten. Der König von Babel nahm ihn gefangen im achten Jahr seiner Königsherrschaft.
Jawohl, und da wird er weggeführt nach Babylon. Und das wäre nun eben dieser Löwe hier, der nach Babel weggeführt wird mit Nasenringen.
Hesekiel 19,9: Und sie setzten ihn mit Nasenringen in den Käfig und brachten ihn zu dem König von Babel.
Dieser Jojachin war der letzte König aus der Königslinie von Salomo. Nachher kommt ja noch Zedekia, aber das war nicht ein Sohn, sondern eine Seitenlinie, die quasi noch die letzten paar Jahre auf dem Thron saß. Aber die eigentliche Königslinie endet mit Jojachin.
Darum ist dieses Gleichnis so wichtig. Es sind nicht irgendwelche Könige, sondern es zeigt wirklich den Abschluss – wie Jojachin nach Ägypten kommt und dann nach Babylon – um uns zu zeigen, wie das Königreich Juda untergegangen ist.
Aus dieser Linie kam kein König mehr, jahrhundertelang nie mehr.
Jesus Christus kommt ja durch Maria, seine Mutter, auch aus der Linie von David, aber nicht aus der Königslinie. Er kommt über eine Seitenlinie, ein Bruder von Salomo hieß Nathan. Aus dieser Linie kommt der Herr Jesus.
Sein juristischer Pflegevater stammt aus der Linie von Jojachin. Aber Jojachin war verflucht in Jeremia 22, dass nie ein Same von ihm jemals auf dem Thron sitzen würde.
Das macht deutlich: Joseph hätte nie ein Recht gehabt, obwohl er aus der authentischen Königslinie von David und Salomo gekommen war, über Jojachin. Er hätte nie König sein dürfen in Israel.
Aber dadurch, dass Joseph und Maria sich verheiratet haben, ist der Herr Jesus durch Maria ein Nachkomme von David. Das musste ja sein, um König und Messias sein zu können.
Durch Joseph hat er juristisch Anspruch auf diese Königslinie, auf diese Löwenlinie, ist aber nicht ein biologischer Nachkomme von Jojachin, der verflucht war, dass nie ein Same von ihm jemals auf dem Thron sitzen sollte.
So haben wir hier den Untergang des Königtums. Aber das Neue Testament klärt dann das Geheimnis, wie es doch möglich werden sollte, dass der Messias Anspruch bekommt auf die Königslinie und den Königstrom.
Ich glaube, so wird deutlich, warum dieses Gleichnis sehr wichtig ist. Es zeigt den Untergang der jüdischen Königslinie, die aber später durch den Herrn Jesus wieder gerettet wird.
Das Gleichnis vom Weinstock: Symbolik und biblische Verankerung
Nun wenden wir uns dem nächsten Gleichnis zu, dem vom Weinstock, oder noch etwas Vorangehendem. Beim letzten Mal hatten wir ein ganz anderes Thema in Hesekiel 18. Dort ging es darum, dass jeder für seine eigene Schuld selbst verantwortlich ist. Wenn ein Vorfahre gesündigt hat, dann hat der Nachkomme keine Chance, sondern jeder wird vor Gott für seine eigenen Taten zur Rechenschaft gezogen. Das haben wir ausführlich besprochen.
Hier besteht ein Zusammenhang: Joachas war der Sohn eines gottesfürchtigen Königs, Josia. Dennoch war er so gottlos, wurde gerichtet und floh nach Ägypten. Das ist eine Illustration im Kapitel 19 von dem, was theoretisch in Kapitel 18 dargestellt wurde: Jede Generation ist für ihre eigenen Sünden verantwortlich. Wenn der Vater oder ein weiterer Vorfahre gottesfürchtig war, hat das keine positiven Auswirkungen, wenn die nächste Generation sich nicht selbst bekehrt.
Gibt es dazu noch etwas? Dann kommen wir zum Gleichnis vom Weinstock, ab Vers 10. Es wird wieder ganz ähnlich erzählt: „Deine Mutter war ein Weinstock“ – und vorher „Deine Mutter, welche eine Löwin war“. Wofür steht der Weinstock in der Bibel als Symbol? Für Israel.
Können wir das irgendwie in Jesaja 5 zum Beispiel nachschlagen? Oder noch etwas Einfacheres? Nein, das ist gut. Schauen wir in Jesaja 5. Liest du gerade, Isidor, vielleicht die Verse 1 und 2?
„Ich will singen von meinem Freund das Lied meines Liebsten von seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einem fetten Hügel. Er grub ihn um, jätete ihn von Steinen und bepflanzte ihn mit edlen Reben. Er baute einen Turm in seine Mitte und hieb auch eine Kelter darin aus. Dann erwartete er, dass er Trauben bringe, doch er brachte schlechte Beeren.“
Denn „der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind die Pflanzungen seiner Lust. Er wartet auf Rechtsspruch, und siehe da, Rechtsbruch; auf Gerechtigkeit, und siehe da, Geschrei über Schlechtigkeit.“
Dieser Weinberg ist ein Bild für Israel, und die Pflanzungen darauf – die Weinstöcke – sind ein Bild für die Menschen aus dem Stamm Juda.
Oder noch Psalm 80, um deutlich zu machen, dass wir bei der Auslegung nicht phantasieren dürfen, sondern dass es biblisch verankert sein muss. Psalm 80, Vers 8 oder 9, je nach Bibelausgabe:
„Einen Weinstock hast du aus Ägypten ausgegraben, du vertriebst Nationen und pflanztest ihn ein. Du machtest Raum vor ihm, und er schlug Wurzeln und erfüllte das Land.“
Hier im Psalm geht es um die Geschichte Israels, die mit einem Weinstock verglichen wird, der aus Ägypten geführt wurde, so wie Israel aus Ägypten geführt wurde und dann ins verheißene Land eingepflanzt wurde. Das erklärt, was es bedeutet, wenn gesagt wird: „Deine Mutter war wie ein Weinstock, gleich dir an Wassern gepflanzt, am Jordan, fruchtbares und fruchtbares Land.“
Dann Vers 11: „Und er bekam starke Zweige zu Herrscherzeptern.“ Es vergingen Jahrhunderte, und dann, in der Zeit von Samuel, wurde das Königtum eingesetzt. Aus diesem Weinstock wuchsen Herrscherzepter hervor.
Sein Wuchs erhob sich bis zwischen die Wolken und wurde sichtbar durch seine Höhe. Ein Höhepunkt im Glanz des Königreiches Israel war unter David und Salomo, ganz besonders unter Salomo. Das wurde von weit her von allen Völkern beachtet, sogar die Königin von Saba aus dem heutigen Jemen kam, weil sie von der Herrlichkeit Salomos gehört hatte. Er wurde sichtbar durch seine Höhe.
Dann Vers 12: „Da wurde er ausgerissen im Grimm, zu Boden geworfen, und der Ostwind dörrte seine Frucht.“ Hier sehen wir den Untergang des Königreiches Juda durch den Ostwind.
Worauf weist der Ostwind hin? Auf die Meder und Babylonier? Eigentlich ja. Der Irak liegt im Osten. Aber die Angreifer kamen von Norden. Sie mussten die syrische Wüste umgehen. Die Attacke kam von Norden her, doch ihr Ursprungsland war Osten, weshalb hier vom Ostwind die Rede ist.
Seine Frucht, die starken Zweige, wurden abgerissen und dürr. Feuer verzehrte sie. Nun ist er in der Wüste gepflanzt, sie wurden deportiert in den Irak, nach Babylonien, in ein dürres und durstiges Land.
„Und ein Feuer ist ausgegangen von den Zweigen seiner Ranken, hat seine Frucht verzehrt, und an ihm ist kein starker Zweig mehr, kein Zepter zum Herrschen.“
Interessant ist, dass es heißt, das Feuer sei von ihm selbst ausgegangen, Vers 14. Das ist ein Hinweis auf den letzten König Zedekia, denn das Feuer zum Untergang hat er selbst gelegt. Das können wir nachlesen.
Zedekia hat in den Rücken des babylonischen Königs gefallen. Er war eigentlich tributpflichtig, hat aber Umtriebe gemacht. Er hat eine Revolte organisiert, die zur Zerstörung Jerusalems und des Tempels führte.
Schauen wir kurz in 2. Könige 24,8.10-20 nach. Liest das noch jemand?
„Einundzwanzig Jahre alt war Zedekia, als er König wurde, und er regierte elf Jahre zu Jerusalem. Seine Mutter hieß Hamutal, eine Tochter von Jeremiah aus Libna. Er tat, was dem Herrn missfiel, wie Joahas getan hatte. So geschah es mit Jerusalem und Juda um des Zornes des Herrn willen, bis er sie von seinem Angesicht wegstieß. Zedekia wurde abtrünnig vom König von Babel.“
Nun noch einige Verse aus Kapitel 25:
„Im neunten Jahr seiner Herrschaft, am zehnten Tag des zehnten Monats, zog Nebukadnezar, der König von Babel, mit seiner ganzen Macht gegen Jerusalem. Sie belagerten die Stadt und bauten Bollwerke um sie herum. So wurde die Stadt belagert bis ins elfte Jahr des Königs Zedekia.
Am neunten Tag des vierten Monats wurde der Hunger in der Stadt so stark, dass das Volk nichts mehr zu essen hatte. Da brach man in der Stadt ein. Der König und alle Kriegsmänner flohen beinahe durch das Tor zwischen den zwei Mauern auf dem Weg zum Garten des Königs.
Aber die Chaldäer lagen um die Stadt, und der König floh zum Jordantal hin. Die Kriegsleute der Chaldäer jagten den König nach und holten ihn im Jordantal von Gerichow ein. Alle Kriegsleute, die bei ihm waren, zerstreuten sich von ihm.
Die Chaldäer nahmen den König gefangen, führten ihn zum König von Babel nach Ribla und sprachen das Urteil über ihn. Sie erschlugen die Söhne Zedekias vor seinen Augen, blendeten Zedekia die Augen, legten ihn in Ketten und führten ihn nach Babel.“
Zedekia hat also das Feuer selbst gelegt durch seine Revolte. Wäre er Babylon gegenüber loyal geblieben, wäre nichts geschehen. Doch mit seiner Revolte wurde der Untergang des Königreiches endgültig besiegelt.
Das ist eine traurige Sache. Das Königtum Israels begann schon traurig mit Saul und endete ebenso traurig mit Leuten wie Joahas und Zedekia.
Möchte noch jemand dazu etwas sagen?
Hoffnung trotz Untergang: Gottes Bund und zukünftige Herrschaft
Es klingt zwar zunächst sehr negativ, aber eigentlich folgt darauf die frohe Botschaft, die Jesaja verkündete. Gott sagte: Ich habe Israel zwar ausgerissen, aber ich will über sie wachen und einen neuen Bund mit ihnen schließen.
Die Zukunft sieht also nicht so katastrophal aus, wie es in diesem Text zunächst den Anschein hat. Das gehört unbedingt noch dazu. Hier wird gewissermaßen gezeigt, was die Verantwortung des Menschen betrifft – und dass er alles kaputt gemacht hat. Wenn es weitergeht, dann nur durch Gnade.
Das ist der entscheidende Punkt: Wenn es allein auf unsere Verantwortung ankäme, könnte Gott uns nicht segnen. Das wird hier deutlich gemacht.
Das Traurige ist: Eigentlich hätten die Löwen aus Juda etwas von der Würde und Majestät Gottes in der Welt darstellen sollen. Doch was sie gemacht haben, waren wilde, grausame Bestien. Sogar heidnische Völker kamen schließlich zu dem Schluss, dass sie mit ihnen Schluss machen mussten.
Übertragen wir das auf die Kirchengeschichte: Wie denken Nichtchristen über dieses Volk? Erkennt man in der Kirchengeschichte etwas von der Größe, Würde und Majestät Gottes? Das ist die Parallele. Und es ist genauso traurig, wie es mit Israel war, so traurig war es auch mit der Kirche.
Die einzige Hoffnung ist Jesus Christus selbst, der König aus dem Stamm Juda, der Löwe aus dem Stamm Juda. Er wird Gottes Herrlichkeit einmal vollkommen auf dieser Erde darstellen.
Was außerdem deutlich wird: Gott hat dem Menschen Macht und Autorität gegeben. Bei den Königen Judas sehen wir jedoch, wie diese Macht oft pervertiert wurde.
In der Kirchengeschichte ist es genauso. Sobald Menschen Macht bekamen, was haben sie meist getan? Sie haben die Macht pervertiert. Irgendwie sind wir unfähig, Macht richtig auszuüben.
Das zeigt umso mehr, wie wichtig es ist, gerade für Führer unter dem Volk Gottes zu beten.
Biblische Ermahnungen zur Führerschaft und Gebet für Leiter
Wenn wir Hebräer 13 aufschlagen, sehe ich einige Hände da hinten. Ich komme gleich darauf zurück. Ja, warte noch kurz, damit wir diesen Gedanken zu Ende führen können.
Hebräer 13,17 lautet: „Gehorcht euren Lehrern und folgt ihnen, denn sie wachen über eure Seelen, und dafür müssen sie Rechenschaft geben, damit sie das mit Freuden tun und nicht mit Seufzen. Denn das wäre nicht gut für euch.“
In der Lutherübersetzung steht hier „Lehrer“. Der griechische Ausdruck bedeutet eigentlich „Führer“. Also: Gehorcht euren Führern.
Noch einmal finden wir das Wort „Führer“ in Vers 7: „Gedenkt an eure wieder Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben. Schaut an ihr Ende und folgt ihrem Glauben nach.“
Und ein drittes Mal wird in Vers 24 erwähnt: „Grüßt alle eure Lehrer und alle Heiligen. Jetzt grüßen euch die Brüder aus Italien.“
Auch hier wäre es eigentlich wieder: „Grüßt alle eure Führer.“
Den Ausdruck „Führer“ finden wir auch in Apostelgeschichte 15. Dort wird zudem etwas über den moralischen Charakter dieser Führer damals gezeigt.
Apostelgeschichte 15,22 sagt in der Mitte: „Von Judas, genannt Barsabbas, und Silas.“ Wer liest das? „Dann erschien es den Aposteln und den Ältesten samt dem gesamten Gemeindekollegium, Männer aus ihrer Mitte zu erwählen und sie mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu senden: Judas mit dem Beinamen Barsabbas und Silas, Männer, die Führer unter den Brüdern waren.“
Diese Führer werden dann in Vers 26 beschrieben: „Leute, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus.“
Es handelt sich also nicht um machtgierige Menschen oder Machtmenschen, sondern um Menschen, die ihr Leben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus hingegeben haben.
Es ist also biblisch belegt, dass es Führerschaft gibt. Gleichzeitig zeigt uns das Gleichnis in Hesekiel 19, wie wichtig es ist, für Führer zu beten.
Denn Autorität darf ihnen nicht zum Fallstrick werden, weil wir Menschen so schnell in die Irre gehen können.
Fragen und Ergänzungen zur Bedeutung von Hesekiel 19
Edst Reinhold, du hattest noch etwas?
Ja, ich habe eine Frage zu diesem neunzehnten Kapitel. Es zeigt uns doch eigentlich den großen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit oder des Volkes Israel an. Denn ab diesem Zeitpunkt hört Israel auf, der Sitz und die Wohnung Gottes auf Erden zu sein – und das für viele Jahrhunderte. Wie kann man das ab Kapitel neun so sehen?
Hier wird nicht direkt gesagt, dass der große Unterbruch kommt. Vielmehr wird gewissermaßen der Abriss der Herrschervolge deutlich gemacht. Andere Stellen zeigen das noch klarer, dass Gott das Königtum lange am Boden lässt. Dennoch wird in Vers 14 gesagt: „Und an ihm ist kein starker Zweig mehr, kein Zepter zum Herrschen.“ Das macht den Bruch deutlich.
Deutlicher wird der Untergang des Königtums in Psalm 89 beschrieben. Dort wird in Vers 35 daran erinnert, dass Gott David geschworen hat, dass sein Nachkomme, der Messias, ewig auf dem Thron herrschen wird. Das war die Hoffnung Israels. Doch danach folgt plötzlich der Untergang des Königreiches und damit der Glaubenszweifel: Wie soll es jetzt weitergehen? Alles liegt am Boden. Wie kann es sein, dass Gottes Zusage in Erfüllung geht?
Liest jemand ab Vers 35?
„Einmal habe ich geschworen bei meiner Heiligkeit: Wenn ich dem David lüge, wird sein Same ewig sein und sein Thron wie die Sonne vor mir. Ewiglich wird er feststehen wie der Mond; wie der Zeuge in den Wolken ist, ist er treu.“
Das ist Gottes Zusage. Nun folgt ein Sela, ein musikalisches Zwischenspiel, das zum Nachdenken einlädt.
Und jetzt, was ist geschehen?
„Du aber hast verworfen und verstossen, bisher zornlich gewesen gegen deinen Gesalbten. Du hast verworfen den Bund deines Knechtes, hast zu Boden entweiht seine Krone. Du hast niedergerissen alle seine Bauern, hast seine Festen in Trümmern gelegt. Es haben ihn beraubt alle, die des Weges vorübergingen. Er ist zum Hohn geworden seiner Nachbarn. Du hast erhöhte Rechte seiner Bedränger, was erfreut alle seine Feinde. Doch hast du zurückgewandt die Schärfe seines Schwertes und hast ihn nicht bestehen lassen im Kampfe.“
So wird der Untergang Judas beschrieben.
Lesen wir noch Vers 49:
„Wo sind, o Herr, deine früheren Gütigkeiten, die du David zugeschworen hast in deiner Treue?“
Das jüdische Königtum liegt am Boden. Nun stellt sich die Frage: Wo ist die Zusage Gottes?
Nach dem Untergang des jüdischen Königtums 586 v. Chr. gab es jahrhundertelang keine Könige mehr. Dann kam Jesus Christus. Durch die Verbindung von Joseph und Maria entstand eine einzigartige Situation, in der ein jüdischer Mann Anrecht auf den Thron Salomos erhielt. Doch dieser wurde ermordet.
Man versteht vielleicht noch besser, wenn man an die Emmausjünger in Lukas 24 denkt, die sagten: „Wir hofften, dass er der sei, der Israel erlösen sollte.“ Alles lag am Boden.
Im Jahr 70 wurde der Tempel erneut zerstört, Jerusalem fiel, und das jüdische Volk wurde zweitausend Jahre lang in alle Welt zerstreut. In dieser Zeit entwickelte die katholische Kirche sogar das Dogma, dass das jüdische Volk ewig verworfen sei und keine Hoffnung mehr habe.
Doch dann kommt die Frage: „Wo sind, o Herr, deine früheren Gütigkeiten, die du David zugeschworen hast in deiner Treue?“
Der Herr Jesus hat zu seinen Lebzeiten auf Erden gesagt, dass er wiederkommt als König der Könige und die Herrschaft übernehmen wird. Das löst die Spannung in Psalm 89: Einerseits hat Gott das Königtum zugesagt, andererseits hat der Mensch in seiner Verantwortung alles verloren.
Heute sind wir Zeugen, wie Gott Israel beginnt, wiederherzustellen. Das ist die Wegbereitung auf den Tag, an dem der Herr Jesus als König der Könige, der Löwe aus dem Stamm Juda, die Herrschaft übernehmen wird.
Dabei stehen Christen und auch Menschen des Islam diesem Vorhaben oft im Wege.
Ja, ganz genau. Wenn die Politik Land für Frieden fordert – das kleine Land Israel – und noch mehr Land weggeben will, nur um in Ruhe zu leben, ist das schon pervers.
Absolut, absolut! Aber Gott hat seinen Ratschluss, und den zieht er durch.
Gebet für geistliche Leiter als Notwendigkeit
Sie haben noch eine Bemerkung. Ich wollte eigentlich noch etwas zu Ihrer vorherigen Bemerkung sagen, dass wir mehr für die Männer und die Lehrer beten sollten.
Ich glaube, dass die Männer Gottes, die an der Front stehen, ganz besonders von Satan angegriffen werden – und zwar weltweit. Das hören wir immer wieder in Berichten aus Südafrika, Amerika, Deutschland und überall sonst. Dann kommen die Christen und fragen: „Wie kann das passieren?“ Sie schimpfen und kritisieren. Aber vorher haben sie nie wirklich für diese Männer Gottes gebetet. Sie haben sich an sie gehängt und genossen, was sie ihnen alles vermittelt haben.
Dass aber jemand wirklich für diese Männer Gottes betet, damit sie stark bleiben können, wenn Satan auf sie kommt, das fehlt, glaube ich, bei uns sehr. Und ich denke, das wird auch sehr wenig gelehrt. Ich höre jedenfalls wenig darüber.
Daher wollte ich mal fragen, ob es eine Bibelstelle gibt, die uns zeigt, wie wir für unsere Lehrer beten sollen. Es gibt zwar eine Bibelstelle, die sagt, dass wir für die Obrigkeit beten sollen, aber das wird oft vernachlässigt. Aber wo steht, dass wir für unsere Lehrer beten sollen?
Paulus sagt doch immer wieder: „Betet für uns!“ Er war ein Führer unter den Brüdern, als Apostel sowieso. Apostel haben wir heute keine mehr. Aber wenn sogar jemand, der eine solche Autorität vom Herrn hatte, Gebet nötig hatte, wie viel mehr andere?
Zum Beispiel heißt es in Epheser 6,18: „Zu aller Zeit betet mit allem Gebet und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit und fleht für alle Heiligen und auch für mich.“ Paulus bittet hier um Fürbitte. Diese Bitte wiederholt er immer wieder in seinen Briefen.
Ich glaube, es wird weltweit sehr vernachlässigt, dass wir diesen Vers ernst nehmen. Wenn wir das täten, wären viele danach nicht so verunsichert. Dann würden sie nicht mit dem Finger auf andere zeigen und sagen: „Aha, die Christen!“ – und genau das passiert so oft.
Ich habe in der Kirchengeschichte viel Trauriges gesehen. Aber auf der anderen Seite, wenn man offene Augen hat, sieht man auch wirklich leuchtende Edelsteine – Männer, die fürwahr waren und die Macht nicht missbraucht haben, sondern zum Segen des Volkes Gottes.
Doch die großen Linien, das, was die Menschheit so schnell an der Kirche sieht, ist oft die Perversion der Macht, wie es auch im Königreich Juda der Fall war.
Wir sollten dankbar sein und für diese Männer beten. Zum Schluss möchte ich noch sagen, wie Paulus darum bittet, dass ihm das Wort gegeben wird, wie er reden soll. Das zeigt, dass er wirklich in Abhängigkeit vom Herrn war – nicht seine eigenen Gedanken, sondern so zu reden, wie es Gott will.
Das steht in Kolosser 4,2-3: „Wachet im Gebet und seid darin wachsam mit Danksagung. Betet auch für uns, dass Gott uns eine Tür öffne für das Wort, damit wir das Geheimnis Christi kundmachen.“
Gut, wir machen jetzt zwanzig Minuten Pause.
Prophetische und historische Aspekte des Gleichnisses
Bevor wir zu Kapitel zwanzig in Hesekiel kommen, noch etwas: In der Pause wurde deutlich, dass etwas nicht ganz klar ist.
Ist dieses Gleichnis prophetisch oder rückblickend gemeint? Was ist es? Oder besser gesagt: Diese Gleichnisse – sind sie beides?
Ja, es ist sowohl als auch. Hesekiel lebt in einer kritischen Übergangszeit, in der das jüdische Königtum untergeht. Joachas gehört bereits der Vergangenheit an, doch der endgültige Untergang mit Zedekia liegt für ihn noch in der Zukunft.
Es handelt sich also um eine Mischung aus historischem Rückblick und prophetischer Vorausschau.
Der Weinstock im Alten und Neuen Testament
Noch zum Weinstock: Der Herr Jesus greift dieses Bild in den Evangelien wieder auf und bezeichnet sich als den wahren Weinstock. Das müssen wir in diesem Zusammenhang verstehen. In Johannes 15,1 sagt er nicht einfach: „Ich bin der Weinstock“, sondern: „Ich bin der wahre Weinstock“. Damit stellt er sich dem israelischen Weinstock gegenüber, der versagt hat.
Wir hatten übrigens schon früher vom Weinstock in Hesekiel gehört. Ich erinnere nochmals an Kapitel 15, wo das jüdische Volk mit einem Weinstock verglichen wird. Dort wird gefragt: Was kann man mit dem Holz der Rebe machen? Es wird deutlich gemacht, dass man handwerklich nichts damit anfangen kann. Kein Schreiner nimmt Holz des Weinstocks. Stimmt das? Ja, mit diesem Holz kann man nichts anfangen. Man kann es nicht weiterverarbeiten, es eignet sich nur zum Verbrennen – das ist das Einzige.
Hesekiel 15 will klar machen: Der Weinstock, wenn er keine genießbare Frucht bringt, hat sein Lebensziel verfehlt. Das wird hier besonders betont. Israels Weinstock sollte Frucht bringen, die Gott ehrt, die Gott erfreut. Doch das war nicht der Fall.
Jetzt kommt der Herr Jesus, auf dem jahrhundertelang die jüdische Königslinie am Boden lag, und er sagt: „Ich bin der wahre Weinstock.“ Seine Nachfolger bezeichnet er als die Reben. Wenn wir mit ihm verbunden sind, können wir diese königliche Frucht bringen.
Das ist ein wichtiger praktischer Gedanke. Der Herr Jesus sagt in Johannes 15,5: „Wer in mir bleibt und ich in ihm“, also wie die Rebe organisch mit dem Weinstock verbunden, „der bringt viel Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ Die Geschichte Israels hat gezeigt: Getrennt von mir könnt ihr nichts tun.
Symbolik des Weinstocks im Tempel und im Neuen Testament
Dann kommt noch etwas dazu: Herr Lebstock muss doch schon früher ein Gleichnis, ein Symbol gewesen sein. Sie hatten uns in dem Diavortrag gezeigt, dass es an den Säulen des Tempels bereits eingebaut und symbolisiert war.
Der Eingang zum Heiligtum, zum eigentlichen Tempelhaus, war zur Zeit der Evangelien mit einem goldenen Weinstock verziert. Der Weinstock wuchs, weil jeder, der dem Tempel etwas spenden wollte, Geld geben konnte. So wurden neue Trauben und Blätter hinzugefügt.
Das war jedoch zur Zeit der Evangelien. In Hesekiel sind wir Jahrhunderte früher. War das im alten Salomonstempel nicht auch schon so? Dort wird nichts darüber berichtet. Wir wissen nur vom Tempel zur Zeit des Herrn, dass es einen goldenen Weinstock gab.
Die Symbolik stammt natürlich aus dem Alten Testament, zum Beispiel aus Psalm 80, Jesaja 5, Hesekiel 15 und so weiter. Der Weinstock war also im Tempel vorhanden.
Darüber gab es noch ein Weingeschenk: eine Krone, eine goldene Krone aus der Zeit von Sacharja. Ich kann das kurz aufschlagen. Es geht mir nur darum zu zeigen, dass diese Kombination von Krone und Weinstock das Königtum symbolisiert – so wie wir es hier auch hatten, mit dem Löwen und dem Weinstock.
Hinweis auf den kommenden Messias in Sacharja 6
In Sacharja 5, ab Vers 9, und Sacharja 6, Vers 9, wird eine wichtige prophetische Szene beschrieben. Die Ereignisse spielen um 520 v. Chr.
Im Sacharja 6, Vers 9 heißt es: „Und das Wort des Herrn geschah zu mir also: Nimm von den Weggeführten, von Chaldäa, von Tobija, von Jedaia und Gedalja. An selbigen Tagen geh in das Haus Josias, des Sohnes Zephanias, wohin sie aus Babel gekommen sind, und nimm Silber und Gold. Mache eine Krone und setze sie auf das Haupt Josuas, des Sohnes Jotsadaks, des Hohenpriesters. Sprich zu ihm und sage: So spricht der Herr der Heerscharen: Siehe, ein Mann, sein Name ist Spross, und er wird von seiner Stelle aufsprossen und den Tempel des Herrn bauen.“
In Vers 13 wird weiter ausgeführt: „Ja, er wird den Tempel des Herrn bauen, und er wird Herrlichkeit tragen. Er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen. Er wird Priester sein auf seinem Thron, und der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein. Die Throne sollen dem Chelem, Tobija, Jedaia und der Güte des Sohnes Zerbanjas zum Gedächtnis im Tempel des Herrn dienen.“
Dieser Text ist ein Hinweis auf den kommenden Messias, wie ihn auch die Rabbiner verstanden haben. Er wird einmal König und Priester in einer Person sein. In Vers 13 heißt es ausdrücklich, dass er auf seinem Thron sitzen und herrschen wird und zugleich Priester sein wird. Das konnte nur der Messias sein, der sowohl König als auch Priester in einer Person vereint.
Im Alten Testament gab es eine klare Gewaltentrennung: Priester stammten aus dem Stamm Levi, Könige aus dem Stamm Juda. Dies sollte verhindern, dass zu viel Macht in einer Hand lag. Doch Jesus wird beides in seiner Person zusammenführen.
Der Name „Spross“ ist bedeutungsvoll. Nazaräer bedeutet „der von Sprosslingen“, und Jesus wird als der Nazaräer bezeichnet. Die Krone, die gemacht wurde, sollte zum Gedächtnis im Tempel aufbewahrt werden. Das sieht man in Vers 14: „Die Krone soll dem Chelem usw. zum Gedächtnis im Tempel des Herrn dienen.“ Diese Krone wurde auf dem goldenen Weinstock über dem Eingang des Tempels aufgestellt.
Jesus als der wahre Weinstock im Neuen Testament
Und nun wenden wir uns dem Neuen Testament zu, Lukas 21,5-6:
„Und als einige vom Tempel sagten, dass er mit schönen Steinen und Weihgeschenken geschmückt sei, sprach er: Diese Dinge, die ihr seht, werden Tage kommen, an denen nicht ein Stein auf dem anderen bleiben wird, der nicht abgebrochen wird.“
Hier bewunderten die Leute, darunter auch die Jünger, die schönen Steine und die Weihgeschenke. Letztere umfassen den goldenen Weinstock und die goldene Krone aus der Zeit des Zacharja. Diese waren damals noch im Tempel vorhanden. Der Talmud erwähnt diese Krone ausdrücklich.
Beide, der goldene Weinstock und die goldene Krone, wiesen eigentlich auf den Herrn Jesus hin. Er ist der wahre König und der wahre Weinstock.
Das Gleichnis vom Weinberg im Tempel
Jetzt noch etwas: Wir kennen doch alle das Gleichnis, oder fast alle – das Gleichnis vom Weinstock, beziehungsweise vom Weinberg. Wo hat der Herr Jesus dieses Gleichnis gesprochen? Im Ölberg? Nein. War er im Tempel? Das wird vermutet. Ja, es ist eine Vermutung oder eher eine Behauptung. Die eigene Vermutung war zu schwer.
Schlagen wir also mal nach: Dieses Gleichnis kommt in allen synoptischen Evangelien vor, also in Matthäus, Markus und Lukas. Schauen wir in Markus nach, denn dort kann man die Chronologie der letzten Woche vor der Kreuzigung sehr genau nachvollziehen.
Es war sogar am Dienstag. Wer Markus 11,20 liest, findet dort: „Und als sie am Morgen an dem Feigenbaum vorbeigingen, sahen sie, dass er verdorrt war bis zur Wurzel.“ Jawohl, das war am frühen Morgen. Da gehen sie an dem Feigenbaum vorbei.
Dann lesen wir weiter in Markus 11,27: „Und sie kamen wieder nach Jerusalem, und als er im Tempel umherging, kamen zu ihm die Hohenpriester und Schriftgelehrten und Ältesten und fragten ihn.“ Also war der Herr im Tempel. Dort trifft er die hohen Leute des Gerichtshofes.
Dann folgt Markus 12,1: „Und er fing an, zu ihnen in Gleichnissen zu reden“, bis Vers 12. Dort heißt es: „Ein Mensch pflanzte einen Weinberg, zog einen Zaun darum, grub eine Kelter und baute einen Turm. Dann verpachtete er ihn an Weingärtner und ging ins Ausland. Als die Zeit kam, sandte er einen Knecht zu den Weingärtnern, damit dieser von den Weingärtnern seinen Teil an den Früchten des Weinbergs hole. Sie nahmen ihn aber, schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. Er sandte nochmals einen anderen Knecht; den schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn. Einen weiteren sandte er; den töteten sie. Viele andere sandte er, von denen einige sie schlugen, andere töteten. Schließlich hatte er noch einen, seinen geliebten Sohn. Den sandte er als Letzten und sagte sich: ›Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen.‹ Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: ›Dies ist der Erbe, kommt, lasst uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein.‹ Sie nahmen ihn, töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg. Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen, die Weingärtner umbringen und den Weinberg anderen geben. Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen? ›Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen und es ist ein Wunder vor unseren Augen.‹“
Sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, fürchteten sich aber vor dem Volk, denn sie verstanden, dass er diese Gleichnisse auch gegen sie gerichtet hatte.
Das ist eindeutig im Tempel. Dort, wo wir den goldenen Weinstock haben, ganz zentral. Der Tempel war eingezäunt; gewissermaßen ist das dieser Weinberg. Das Ganze spielt sich auf dem Berg Zion ab – das ist der Weinberg. Die Leute, die Weingärtner, die von Gott eingesetzt waren, das sind die Juden und ganz besonders die Führer: die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten.
Hier haben wir die ganze Geschichte des Alten Testaments: Der Besitzer schickte Knechte, das waren die Propheten, und die wurden immer wieder getötet. Am Schluss sandte er seinen geliebten Sohn, der auch in den Tempel kommt, zu den Weingärtnern. Diese sagen: „Das ist der Erbe, der das Recht hat auf die Krone. Lasst uns ihn töten!“
Das brachte das Ende für Israel damals. Denn der Herr sagt, dass ihnen dann der Weinberg weggenommen wurde und anderen gegeben wurde. So hat Gott gewissermaßen die Verantwortung, die er Israel übergeben hatte, der Kirche übergeben.
Wir sehen also, dass das Gleichnis vom Weinstock nicht nur für Israel Bedeutung hat, sondern auch für die Kirche. Aber was wir nach zweitausend Jahren Kirchengeschichte sagen müssen, ist, dass es traurig ausgegangen ist – genauso wie mit Israel. Sie waren nicht besser.
Unter diesem Gesichtspunkt muss man wieder sehen: „Ich bin der wahre Weinstock.“ Man kann nur Frucht bringen, wenn man in lebendiger Gemeinschaft und Verbindung mit dem Herrn Jesus steht.
Ich denke, unter diesem Blickwinkel wird dieses altbekannte Gleichnis noch aktueller, wenn man sieht, dass der Herr es angesichts des goldenen Weinstocks gewissermaßen innerhalb der Einzäunung des Tempels gesagt hat.
Gut, dann gehen wir zu Hesekiel 20.
Die Trennung von König und Priesteramt im Alten Testament
Ist die Zweiteilung dieser Ämter zwischen Christus und König zufällig von Menschen gemacht, oder hat Gott sie so geboten? Gott hat ja David erwählt, nachdem er Saul verworfen hatte, und gesagt: „Ich habe David gefunden, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird.“
Damit hat Gott die jüdische Linie als die wahre Königslinie erwählt, nachdem Saul verworfen war. Gleichzeitig hat Gott Aaron als ersten Hohenpriester eingesetzt, aus dem Stamm Levi. Beides war von Gott so angeordnet: Die Könige, die Nachkommen Davids, sollten aus Juda kommen, und die Priester, die Nachkommen Aarons, aus dem Stamm Levi.
Heißt das nun, dass Gott eigentlich keinen König wollte, sich aber trotzdem auf die Wünsche der Menschen eingelassen hat und für diese Dinge, die er eigentlich gar nicht wollte, Regeln aufgestellt hat? Nein, man muss es so sagen: Gott hatte diesen Plan, Könige einzusetzen, aber erst zu seiner Zeit. Das Volk ist ihm eigentlich zuvorgekommen, allerdings aus ganz falschen Motiven. Sie wollten so sein wie die anderen Völker.
Es ging ihnen nicht darum, dass Gott wirklich in ihrer Mitte herrscht. Die Theokratie, die Gottesherrschaft, bedeutete ihnen nichts. Sie hatten so viele Probleme, dass sie dachten, wenn sie einen ganz starken Mann hätten, würde er ihnen helfen. So kam Saul, der einen Kopf größer war als alle anderen.
Doch das Buch Samuel zeigt uns: Das geht nur so lange gut, bis die Probleme größer sind als dieser große Übermensch. Dann kam Goliath, und Saul hatte keine Chance. Der Mann war sechseinhalb Ellen hoch, also circa drei Meter, und Saul war machtlos.
In diesem Zusammenhang kam dann die Erwählung Davids. Samuel musste zu Isai nach Hause, und der brachte alle seine Söhne vor. Einer nach dem anderen wurde geprüft, und Samuel fragte: „Sind das alle deine Söhne?“ Isai antwortete: „Ich habe noch einen Kleinen, der hütet die Schafe.“ Der kam zunächst nicht in Frage.
Doch genau der Kleine, der kleine David, war es. Das ist wieder so interessant: Der große Saul konnte Israel nicht gegenüber dem noch größeren Goliath retten, aber Gott wählte einen ganz Kleinen aus. Durch ihn ließ Gott Goliath schlagen.
Das zeigt, dass die Kraft zum Überwinden allein in Gott liegen muss. David war jemand, der den Willen Gottes tun wollte. So konnte Gott seine Theokratie durch David wirken lassen. Doch dann sehen wir den traurigen Zerfall der Königsdynastie Davids.
Abschluss und Ausblick
Noch etwas Gut. Jetzt ist es eigentlich schon siebzehn Uhr. Es lohnt sich also gar nicht mehr, mit Kapitel zwanzig anzufangen. Oder gibt es zu Kapitel neunzehn noch eine Frage?
In der Neuen Guten Nachricht steht zum Schluss: „Dies ist ein Klagelied, es bleibt nur noch die Klage.“ Was soll das heißen? Es wird zum Klagelied. Das bedeutet, wenn schließlich alles in Erfüllung geht, dass also auch Zedekia zu Fall kommen wird, dann wird man dieses Lied als Klagelied verwenden. Es wird zum Klagelied und dann eben auch als solches gebraucht. Das ist der Sinn.
Noch etwas Gut, dann machen wir nächstes Mal mit Kapitel zwanzig weiter.