Ich möchte alle ganz herzlich begrüßen. Wir kommen zu unserer 35. Folge im Matthäusevangelium und befinden uns momentan in Kapitel 15.
Wir lesen zunächst die Verse 29 bis 31. Darf ich bitten?
Jesus ging von dort weg und kam an den See von Galiläa. Als er auf den Berg gestiegen war, setzte er sich dort. Große Volksmengen kamen zu ihm. Sie brachten Lahme, Blinde, Krüppel, Stumme und viele andere mit sich. Diese legten sie zu seinen Füßen nieder. Jesus heilte sie, sodass die Volksmenge sich verwunderte. Sie sahen, wie Stumme redeten, Krüppel gesund wurden, Lahme umhergingen und Blinde sehen konnten. Daraufhin verherrlichten sie den Gott Israels.
(Matthäus 15,29-31)Die Hinwendung Jesu zu den Heidenvölkern
Wir haben gesehen, dass seit dem Höhepunkt der Ablehnung des Herrn Jesus als Messias in Kapitel zwölf der Herr Jesus ab Kapitel dreizehn begann, sich von Israel abzuwenden und den Heidenvölkern zuzuwenden.
Im Gleichnis in Matthäus 13, gerade am Anfang mit dem vierfachen Ackerfeld, finden wir einen Hinweis auf die Welt. In Kapitel 13 wird nämlich erklärt, dass das Symbol des Ackers die Welt bedeutet. Im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld wird deutlich gemacht, dass Jesus, der Sämann, den Samen, das Wort Gottes, nicht nur in Israel, sondern in der ganzen Welt ausstreuen lässt.
Wir haben dann in Kapitel 15 zum letzten Mal diese Reise des Herrn Jesus gesehen. In Vers 21 ging Jesus aus dem Gebiet von Tyrus und Sidon, das heute dem Libanon entspricht. Dort begegnet ihm eine kanaanäische Frau, die aus jenem Gebiet hergekommen war. Sie schrie und sprach: „Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids!“ Diese Geschichte ist in diesem Zusammenhang ganz wesentlich.
Jesus überschreitet also die Grenzen Israels und geht in das heutige Gebiet des Libanon. Dort erfährt diese Frau als Libanesin die Gnade Gottes. Jesus rühmt auch ihren Glauben. In Vers 28 antwortete Jesus zu ihr: „O Frau, dein Glaube ist groß.“ Das ist ein ganz wesentlicher Glaube im Libanon und ein großer Glaube.
Besonders zu beachten ist, dass es sich um eine kanaanäische Frau handelt, wie Vers 22 sagt. Kanaan lag unter einem Fluch Gottes. Noah hatte Sem in 1. Mose 9 ganz speziell gesegnet und erklärt, dass Gott der Gott Sems ist. Dabei wurde auch klar, dass die messianische Linie, die Linie des Segens, über Sem und dann Israel auf den Messias hinführt.
In 1. Mose 9 wird auch Japheth gesegnet. Er sollte sich weltweit ausbreiten, was durch die Ausbreitung der europäischen Völker nach Amerika, Australien und Fernost auch geschehen ist. Kanaan, der Sohn von Ham, wird jedoch speziell verflucht. Dabei ist wichtig zu beachten, dass nicht Ham verflucht ist, sondern sein Sohn Kanaan.
Dieser Fluch hat nichts mit einem Fluch über die Schwarzen zu tun, die aus der Linie von Ham stammen. Manche Rassisten behaupteten, dass die Linie über Schwarzafrika unter einem Fluch Gottes stehe, doch das stimmt nicht. Die schwarzafrikanische Linie geht über Ham und dann Kusch. Kusch bedeutet übrigens „Schwarz“ und ist im Alten Testament der übliche Name für Äthiopien und Sudan. Von dort aus haben sich die Schwarzafrikaner über den ganzen Kontinent bis in den Süden verteilt.
Sie stehen nicht unter einem Fluch. Aber Kanaan, das kanaanäische Volk, steht unter diesem Fluch. Ausgerechnet eine Frau aus Kanaan wird hier durch den Glauben an den Messias, den Sohn Davids, gesegnet. Das macht klar: Die Gnade Gottes geht über die Grenzen Israels hinaus. Es gibt keine Grenzen.
Auch diejenigen, die unter einem Fluch Gottes stehen, können Gnade erfahren. Der Glaube ist möglich. Jesus sagt: „O Frau, dein Glaube ist groß.“
Rückkehr Jesu durch das Gebiet der Dekapolis
Und nun ist es ganz wichtig, dass der nächste Abschnitt kommt, die Verse 29 bis 31. Der Herr Jesus kommt also wieder zurück aus dem Libanon.
Markus betont in der Parallelstelle noch, dass er dann über den Weg mitten durch die Dekapolis wieder zurückgekehrt ist ins Land Israel. Wir können das kurz aufschlagen, denn das ist eine wichtige Sache. In Markus 7,24-30 findet sich die Parallelstelle. Dort geht es um die kanaanitische Frau, die Syrophönizierin genannt wird. Phönizier ist die Bezeichnung für die Kananiter im heutigen Libanon.
Und dann in Vers 31 liest du bei Matthäus: „Als er aus dem Gebiet von Tyrus und Sidon wieder weggegangen war, kam er an den See von Galiläa, mitten durch das Gebiet der Dekapolis.“
Die Dekapolis hatten wir ja auch schon im Matthäusevangelium. Sie wird ausdrücklich erwähnt in Matthäus 4,25, dann hier in Markus 5,20 und auch noch in Markus 7,31.
Was war die Dekapolis? Worum handelt es sich dabei? „Deka“ heißt zehn auf Griechisch, „Polis“ ist das Wort für die Politik, Regierung, Staat – also zehn Staaten, wenn ich es übersetze. Aber „Polis“ bedeutet eigentlich Stadt. Natürlich kommt das Wort Politik davon, aber „Polis“ heißt Stadt. Also zehn Städte. Zehn Städte waren in einer besonderen Art miteinander verbunden als Dekapolis.
Aber wie war das genau? Was bedeuten diese Städte? Können wir ein paar Städte aufzählen, die zu diesem Gebilde gehörten? Man kann sich vielleicht merken: Eine dieser zehn Städte befindet sich im heutigen Syrien, das ist Damaskus. Zwei befinden sich im heutigen Israel, und der Rest liegt im heutigen Jordanien.
Damaskus liegt in Syrien. Hippos und Skitopolis befinden sich im Land Israel. Hippos liegt in der Mitte des Sees Genezareth auf der Ostseite, also gerade am Fuß der Golanhöhen. Dort befindet sich heute der Kibbutz Ein Gev, ein ehemaliger Fischereikibbutz.
Skitopolis ist besser bekannt als Betschean. Betschean liegt, wenn man vom See Genezareth nach Süden fährt, in Richtung Westjordanland. Etwas weiter südlich vom See Genezareth kommt dann auf der rechten Seite Betschean mit den Ruinen, die dort ausgegraben wurden. Dort wurde Saul nach seinem Tod an den Stadtmauern von den Philistern aufgehängt.
Dann gibt es weitere Städte, die alle im heutigen Jordanien liegen: Gadara, Dion und Pella. Pella ist die Stadt, wohin sich die Christen, also die messianischen Juden, ab dem Jahr 68 nach Christus retten konnten. Als Jerusalem von römischen Truppen umzingelt wurde, sagte Herr Jesus in Lukas 21, dass alle, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen sollen.
Die messiasgläubigen Juden, also die Judenchristen, flohen auf die Berge und dann über den Jordan nach Pella. Dort wurden sie als friedliebende Bürger von König Agrippa II. aufgenommen. Das ist der Agrippa, der in Apostelgeschichte 26 erwähnt wird. Paulus hielt vor ihm eine Verteidigungsrede und überzeugte ihn, dass Christen politisch nicht gefährlich sind, weil sie sich nicht gegen die Regierung stellen. Darum wurden sie auch in Pella aufgenommen.
Weitere Städte der Dekapolis sind Refana, Kenata und Philadelphia. Dabei handelt es sich nicht um Philadelphia in Amerika, sondern um das heutige Amman, die alte Ammoniterstadt Rabbat Ammon. Später wurde daraus Amman, die Hauptstadt Jordaniens. Auch diese Stadt gehörte zu diesem Bündnis.
Bündnis ist allerdings zu viel gesagt. Es waren autonome Stadtstaaten, die direkt von Rom abhängig waren und einen Sonderstatus hatten. Herodes der Große übernahm von Rom die Macht in Israel und herrschte über ein riesiges Reich, das heutiges Israel, besetzte Gebiete bis nach Syrien und Jordanien umfasste.
Diese zehn Städte wurden ihm durch einen Sonderstatus entzogen. Sie waren direkt Rom unterstellt und wurden hauptsächlich von Menschen aus griechisch-römischer Kultur bewohnt. Es gab auch Juden, aber sie waren eine Minderheit.
Wenn wir also lesen, dass der Herr Jesus von Tyrus und Sidon kam und dann zurückkehrte an den See von Nazaret, mitten durch das Gebiet der Dekapolis, sehen wir, dass er nochmals gerade durch das Gebiet von Menschen ging, die nicht zu Israel gehörten, und dann zurückkam an den See von Nazaret.
Die Heilungen und das Lob des Gottes Israels
Die Volksmenge kommt zu Jesus und bringt Lahme, Blinde, Krüppel und andere zu ihm. Er heilt sie. Wie reagiert die Volksmenge darauf? Sie preisen und verherrlichen den Gott Israels. Ja, sie preisen und verherrlichen den Gott Israels. Dieser Name ist dabei ganz besonders wichtig. Es heißt nicht einfach, sie preisen Gott, sondern ausdrücklich den Gott Israels.
Damit wird klargemacht, dass auch wenn es wahr ist, dass der Herr Jesus sich jetzt von der Masse Israels abwendet und sich den Heidenvölkern zuwendet, Israel dennoch nicht vergessen ist. Er bleibt nach wie vor der Gott Israels. Deshalb ist dieser Zusammenhang sehr bedeutsam, insbesondere nach dem vorherigen Abschnitt. Wir werden gleich sehen, dass dies auch im Zusammenhang mit dem nächsten Abschnitt, der Speisung der Viertausend, von großer Bedeutung ist.
Nun lesen wir Jesaja 35, Verse 5 und 6, wo gezeigt wird, wie Jesus sich in besonderer Weise als der Messias Israels erweist. Vielleicht ist es hilfreich, schon ab Vers 3 zu lesen, um den Zusammenhang besser zu verstehen:
„Stärkt die schlaffen Hände und macht fest die wankenden Knie! Sagt zu denen, die zaghaften Herzens sind: Seid stark, fürchtet euch nicht! Siehe, euer Gott kommt, die Rache kommt, die Vergeltung Gottes. Er selbst kommt und wird euch retten. Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch, und jubeln wird die Zunge des Stummen. Denn es brechen Wasser hervor in der Wüste und Bäche in der Steppe; die Luftspiegelung wird zum Teich und das dürre Land zu Wasserquellen.“
Hier wird vom Kommen des Messias gesprochen. Interessant ist, dass es in Vers 4 nicht heißt: „Siehe, der Messias kommt“, sondern „Siehe, euer Gott kommt“. Wir haben hier einen prophetischen Blick auf das Kommen des Messias, wobei das erste und zweite Kommen zusammengefasst werden.
Wenn es heißt: „Siehe, euer Gott kommt, die Rache kommt, die Vergeltung Gottes“, dann bezieht sich das ganz besonders auf das zweite Kommen des Messias, wenn er als Richter der Welt erscheint. Weiter heißt es: „Er selbst kommt und wird euch retten.“ Das bezieht sich sowohl auf das zweite Kommen als auch auf das erste, bei dem er als Retter kommen sollte.
Dann wird gezeigt, dass er diese Wunder tun wird: Verse 5 und 6 sprechen davon, dass die Augen der Blinden geöffnet, die Ohren der Tauben hörend gemacht, der Lahme springen und der Stumme jubeln wird. Diese Wunder beziehen sich besonders auf das zweite Kommen des Messias, wo diese Verheißungen endgültig erfüllt werden.
Im kommenden Zeitalter wird es keine Kranken mehr geben; das Leiden wird vorbei sein. Deshalb nennt der Hebräerbrief in Kapitel 6 die Wunderwerke „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“. Die Wunder beim ersten Kommen Jesu waren ein Hinweis auf das kommende Zeitalter, das tausendjährige Friedensreich, in dem alle Kranken geheilt werden.
Beim ersten Kommen wurden viele geheilt, doch dies geschah zeichenhaft, um zu zeigen, dass Jesus der Messias ist, der gekommen ist, um zu retten. Diese Verheißung wird sich erfüllen, und Krankheit wird endgültig abgeschafft werden. Aber es war wichtig, dass beim ersten Kommen diese Zeichen geschahen, damit die Menschen erkennen konnten: Das ist der Messias.
Die Menschen preisen deshalb den Gott Israels, weil Jesus, auch mit seiner Zuwendung zu den Heidenvölkern, Israel nie vergessen hat. Das bleibt so. In Römer 9 bis 11 zeigt der Apostel Paulus, dass Israel als Nation nur für eine Zeit auf die Wartebank gestellt wurde, wegen der Verwerfung des Messias. Doch Israel wird wieder als das irdische Volk Gottes angenommen und anerkannt werden. Ganz Israel wird gerettet werden, und das ist nur eine Frage der Zeit.
Gottes Plan mit Israel und der Überrest
Der Apostel Paulus macht auch deutlich: Selbst in der Zeit, in der Israel als Nation auf der Wartebank sitzt, gibt es aus Israel einen Überrest nach Wahl der Gnade. Das wollen wir uns kurz anschauen, denn dieses Thema ist sehr wichtig. Es wird nämlich viel Verwirrung durch falsche Bibellehre auf diesem Gebiet gestiftet.
Wir schlagen dazu Römer 11,25-26 auf: „Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Israel ist zum Teil Verhärtung widerfahren, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist. Und so wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: ‚Der Herr wird es erretten.‘“
Der Apostel Paulus erklärt hier, dass Israel zum Teil Verhärtung widerfahren ist. Das haben wir bereits in Matthäus 13 gefunden. Dort führt Jesus die Prophetie aus Jesaja 6 an, in der gesagt wird, dass die Augen des Volkes Israel verblendet werden. Aufgrund der Ablehnung, die der Herr erfahren hat, kommt eine Verblendung über Israel.
Ganz wichtig ist hier: Es heißt nicht, dass das ganze Volk verhärtet ist, sondern nur ein Teil. Natürlich wissen wir, dass ein großer Teil betroffen ist. Aber all die Tausenden – und ich muss sagen, Zehntausende – von Juden in der Zeit der Apostelgeschichte, sie werden tatsächlich als Überrest bezeichnet. In Apostelgeschichte 21 wird gesagt: „Siehe, wie viele Myriaden von Juden es gibt, die glauben, und alle sind eifrig für das Gesetz.“ Myriaden bedeutet nämlich Zehntausende. Es gab also Zehntausende, die bekehrt waren – das ist ein Überrest aus Israel.
Hier sagt Paulus, dass diese Verhärtung anhält, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist. Gott hat also eine bestimmte Anzahl von Millionen Menschen aus den anderen Völkern zuvor erkannte, die zum Glauben kommen werden. Er hat in seiner Souveränität eine genaue Zahl festgesetzt, die zur Gemeinde, zum Leib Christi, gehören sollen. Wenn diese Vollzahl erreicht ist – also wenn der Letzte, der in Gottes Plan zur Gemeinde gehören wird, errettet ist – dann wird ganz Israel gerettet werden.
Das sieht folgendermaßen aus: Zuerst werden sich 144.000 aus Israel bekehren, die speziell versiegelt werden (Offenbarung 7,1-8). Das ist aber nur die Vorhut, die Erstlingsfrucht, wie Offenbarung 14 sagt. Die Haupternte kommt dann in der großen Drangsal, in den letzten dreieinhalb Jahren vor dem Wiederkommen des Herrn Jesus. In dieser Zeit wird ein Drittel der Bevölkerung Israels im Land zur Bekehrung an den Messias kommen. Zwei Drittel werden in dieser schrecklichen Zeit im Krieg ums Leben kommen. Aber ein Drittel wird sich bekehren, und dieser überlebende Drittel wird dann ganz Israel ausmachen.
Darum heißt es hier: „Und dann wird ganz Israel gerettet werden.“ Gott hat Israel nie aufgegeben. Er hat einen Plan für die Zukunft Israels, und zwar unabhängig von der Gemeinde. Aber auch in der heutigen Zeit bekehrt sich zusammen mit der Vollzahl aus den Heiden ein Überrest aus Israel. Dieser Überrest wird in Römer 11,5 erwähnt. Dort heißt es: „So besteht nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Auswahl der Gnade.“
Wenn aber durch Gnade nicht mehr gewirkt wird, dann ist die Gnade nicht mehr Gnade. Noch Vers 7: „Was nun? Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt, aber die Auserwählten haben es erlangt. Die übrigen aber sind verhärtet worden.“ Jawohl.
Klarstellung zum Begriff Israel in der Bibel
Ich muss vielleicht noch warnend erklären: Es gibt Leute, die behaupten, Israel sei definitiv verschwunden. Wenn man dann sagt, dass es doch heißt, „bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist, wird ganz Israel gerettet werden“, wird oft behauptet, Israel meine die Gemeinde, Israel sei jetzt die Gemeinde.
Wie kann man das so vom Tisch wischen? Ganz einfach: Man muss den Bibeltext lesen und sich in seiner Bibel in Römer 9 bis 11 jedes Mal das Wort Israel anstreichen, wenn es vorkommt. Dann merkt man, dass Israel immer Israel bedeutet und nicht die Gemeinde.
An jeder Stelle wird das deutlich. Zum Beispiel lesen wir gerade in Römer 11, Vers 7: „War es nun, was Israel sucht, das hat es nicht erlangt.“ Hier geht es nicht um die Gemeinde, sondern um das bekannte Volk Israel. In Vers 15 heißt es: „Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anders sein als Leben aus den Toten?“ Auch hier bezieht sich Paulus noch auf Israel – „sie“, „ihre Verwerfung“ – und den Kontrast zwischen Israel und der Welt.
In Römer 9, Vers 4 heißt es: „Die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen, deren die Väter sind und aus denen dem Fleisch nach der Christus ist, der über allem ist, Gott gepriesen in Ewigkeit. Amen.“ Hier wird eindeutig über die Israeliten gesprochen. Es sind die Israeliten des leiblichen Volkes Israel, aus denen Christus dem Fleisch nach hervorgegangen ist. Als Mensch stammt er aus diesem Volk.
In Kapitel 9, Vers 24 heißt es: „Uns, die er auch berufen hat, nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen.“ Das Wort „Juden“ wird hier im wörtlichen Sinn für das jüdische Volk benutzt und nicht für die Gemeinde.
Auch in Vers 27 steht: „Jesaja aber ruft über Israel: ‚Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden.‘“ Hier wird klar, dass Israel das irdische Volk meint.
In Vers 31 heißt es: „Israel aber, einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebend, ist nicht zu diesem Gesetz gelangt.“ Warum? Weil es nicht aus Glauben, sondern aus Werken geschah. Gemeint ist nicht die Gemeinde, sondern Israel.
So geht es auch in Kapitel 10 weiter. Vers 12 sagt: „Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn derselbe Herr ist reich für alle, die ihn anrufen.“ „Jude“ meint hier tatsächlich die Juden, und „Grieche“ die Griechen – im Kontrast zueinander.
In Vers 21 heißt es: „Von Israel aber sagt er: ‚Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volk.‘“ Das ist nicht die Gemeinde, sondern Israel.
In Kapitel 11, Vers 1, Mitte, steht: „Denn auch ich bin ein Israelit aus dem Geschlecht Abrahams, vom Stamm Benjamin.“ Ein Israelit ist jemand, der von Abraham abstammt, und zwar wörtlich „aus dem Samen Abrahams“ – also biologisch von Abraham über den Stamm Benjamin.
All diese Stellen zeigen eindeutig: Israel heißt Israel, und Nationen heißen Nationen. Das müssen wir ganz klar festhalten.
Gott hat einen Plan mit Israel. In der heutigen Zeit gibt es einen Überrest nach Wahl der Gnade. Das sind alle bekehrten Juden in der Zeit der Gemeinde. Sie gehören zur Gemeinde, zum Leib Christi, wie es in Römer 12, Vers 13 heißt: ein Leib aus Juden und Griechen.
In der Zukunft wird Gott dieses Volk als irdisches Volk Israel wieder aufnehmen. Ganz Israel, alle, die überleben, werden gerettet werden.
Das soll auch hier betont werden, zum Beispiel in Matthäus 15, Verse 29-31. Jesus hat nicht aufgehört, der Messias Israels zu sein.
Das hat auch eine praktische Konsequenz: Soll man Juden mit dem Evangelium erreichen oder nicht? Was sagt der Apostel Paulus dazu? Er stellt sich weder als Heide, Grieche, Jude oder Sklave dar – damit sind eigentlich alle gleich. Alle haben die Möglichkeit, durch den Glauben zum Leib Christi zu gehören, ob Juden oder Griechen. Das steht auch in Galater 3: „Da ist nicht Jude noch Grieche, ihr seid alle einer in Christus.“ Das gilt für die heutige Zeit und eben auch für Juden.
Judenmission und Widerstand in Israel
Aber eine ganz klare Stelle zur Judenmission – das ist in Israel ein Reizwort. Judenmission ist dort ein sensibles Thema. Da muss man aber fragen: Was sagt der Apostel Paulus zum Thema Judenmission, als Jude?
Römer 1,16 sagt: "Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl den Juden zuerst als auch dem Griechen."
Es gibt ja einen Kanal in Israel, der heißt One Israel. Dieser Kanal hat unglaubliche Aufrufzahlen – Millionen. Immer mehr Juden in Israel werden aufmerksam auf den Messias Jesus.
Das hat jetzt dazu geführt, dass vor nicht vielen Tagen eine Klage von orthodoxen Juden gegen die Betreiber dieses Kanals eingereicht wurde. Sie fordern, dass alle Videos gelöscht werden und dass die Betreiber 250 Dollar Abgeltung an die Orthodoxen zahlen.
Warum reagieren sie so? Sie sind völlig außer sich, weil so viel Interesse unter Israelis für die Wahrheit besteht.
Gerade vor kurzem gab es ein Video – momentan nur auf Hebräisch, aber es wird noch übersetzt – ein Gespräch, eine Debatte zwischen Eitan Bar, einem messiasgläubigen Juden, und einem sehr bekannten Rabbi Sheitrit.
Es geht um das Thema Tradition, die Überlieferung der Ältesten, also das sogenannte mündliche Gesetz. Genau dieses Thema haben wir in Matthäus 15,1-20 betrachtet. Dort haben wir gesehen, dass der Herr Jesus sich ganz klar gegen diese Tradition gerichtet hat, wenn sie dem Wort Gottes widerspricht.
In dieser Debatte konnte Eitan Bar sehr deutlich machen, dass das Alte Testament nirgends von einem mündlichen Gesetz spricht, das angeblich auf Mose zurückgeht. Er entlarvte es als Menschenwort.
So wie wir es in Matthäus 15 finden: Der Herr Jesus zitiert dort in den Versen 7 bis 9 Jesaja: "Treffend hat Jesaja über euch geweissagt, indem er spricht: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren."
Das ist ein Zitat aus Jesaja 29,13. Der Prophet sagt voraus, dass das Problem im Volk Israel sein wird, dass Lehren, die in Wirklichkeit nicht auf Mose zurückgehen, sondern Menschengebote sind, gelehrt werden.
Der Rabbi Sheitrit versuchte, das darzustellen, wurde aber so klar widerlegt, dass das Alte Testament immer von den Geboten spricht, die aufgeschrieben sind – also vom Geschriebenen – und nie vom Mündlichen.
Das ist natürlich eine Sensation. Das Gespräch blieb bis zum Schluss freundlich. Die beiden gingen friedlich auseinander; es war kein böses Gespräch, sondern ein informatives.
Das hat natürlich Reaktionen in Israel ausgelöst: Endlich erklärt uns einer, dass dieses mündliche Gesetz gar nicht standhält!
Diese Arbeit muss sein, denn der Apostel Paulus sagt: "Ich schäme mich nicht des Evangeliums, denn es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen."
Es wird sogar von einer Priorität der Evangeliumsverkündigung für Juden gesprochen, und das ist ganz wichtig.
Wenn man sieht, wie Menschen so glücklich werden und sagen: "Endlich verstehen wir das!" – das ist doch einfach wunderbar.
Das ist nur ein Beispiel von der gesegneten Arbeit, die in Israel und auch weltweit unter den Diasporajuden geleistet wird. Viele, die das wirklich am Herzen haben, sind daran beteiligt.
So ist es wichtig, weil Gott auch in dieser Zeit einen Überrest aus Israel hat. In der Zukunft wird das Volk selbst aber wieder als Volk eingesetzt werden.
Dabei geht es um die Herrlichkeit des Gottes Israels (Matthäus 15,31).
Die Speisung der Viertausend
Und jetzt gehen wir weiter zu den Versen 32-39. Du liest aus Matthäus:
Als Jesus aber seine Jünger herzurief, sprach er: „Ich bin innerlich bewegt über die Volksmenge, denn schon drei Tage weilen sie bei mir und haben nichts zu essen. Ich will sie nicht hungrig entlassen, damit sie nicht etwa auf dem Weg verschmachten.“
Die Jünger antworteten ihm: „Woher sollen wir in der Einöde so viele Brote nehmen, um eine so große Volksmenge zu sättigen?“
Jesus fragte sie: „Wie viele Brote habt ihr?“ Sie antworteten: „Sieben und wenige kleine Fische.“
Er befahl der Volksmenge, sich auf der Erde zu lagern. Dann nahm er die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie den Jüngern. Diese aber verteilten sie an die Volksmengen. Alle aßen und wurden satt. Danach sammelten sie die Brocken auf: sieben Körbe voll.
Die, die aßen, waren viertausend Männer, ohne Frauen und Kinder. Als er die Volksmenge entlassen hatte, stieg er in das Schiff und kam in das Gebiet von Magdala.
Jetzt sehen wir eine große Volksmenge, die gekommen ist, weil sie Hunger nach dem Wort haben. In Markus 8 wird gesagt, dass einige von ihnen von weit her gekommen waren – also sowohl aus der Nähe als auch von weit her (Markus 8,3). Der Herr sagt: „Wenn ich sie hungrig nach Hause entlasse, werden sie auf dem Weg verschmachten, und einige von ihnen sind von weit her gekommen.“ Ja, von weit her. Aber woher genau? Nun, von weit her eben.
Wir wissen aus Matthäus 4 genaueres über diese Volksmengen, die so großes Interesse zeigten. Schauen wir kurz in Matthäus 4, eine Wiederholung, Verse 23 bis 25:
„Und Jesus zog durch ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen, predigte das Evangelium vom Reich und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk. Die Kunde von ihm verbreitete sich bis nach ganz Syrien, und man brachte ihm alle Leidenden, die von verschiedenen Krankheiten und Qualen geplagt waren, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie. Große Volksmengen folgten ihm aus Galiläa, der Dekapolis, Jerusalem, Judäa und von jenseits des Jordans.“
Alle waren Juden. Aber schon in Matthäus 4 wird erwähnt, dass der Ruf des Herrn Jesus bis ins Ausland drang – hier nach Syrien, das sind die Aramäer. Sie kamen damals schon und hörten seiner Predigt zu. Gerade weil der Herr in Galiläa sprach, wo Aramäisch verbreitet war, sprach er auch Aramäisch, und sie verstanden ihn ebenso wie die Juden. Damals sprach man in Israel sowohl Hebräisch als auch Aramäisch.
Diese Menschen kamen also aus Syrien, und weiter lesen wir von der Dekapolis. Das sind die zehn Städte, die in Israel, Syrien, Damaskus und Jordanien liegen. Dort waren also auch Heiden dabei, die damals schon die Wahrheit suchten.
Wenn wir jetzt zurückgehen zu Matthäus 15, sieht der Herr diese Volksmenge und erkennt, dass sie für das Irdische nicht vorgesorgt hatten, weil offensichtlich ein großer Hunger nach Gottes Wort herrschte. Darum sagt der Herr in Vers 32:
„Ich bin innerlich bewegt über die Volksmenge, denn schon drei Tage weilen sie bei mir und haben nichts zu essen. Ich will sie nicht hungrig entlassen, damit sie nicht etwa auf dem Weg verschmachten.“
Die Gefahr war also, dass einige auf der Heimreise – sagen wir in die Dekapolis oder wo sie auch immer herkamen – zusammenbrechen würden. Deshalb geschah dieses zweite Brotvermehrungswunder, die Speisung der Viertausend.
Noch zu dem Ausdruck „Ich bin innerlich bewegt“: Wie oft kommt das in den Evangelien vor? In Matthäus etwa drei- bis fünfmal. Zum Beispiel das erste Mal in Matthäus 9,36:
„Als er die Volksmengen sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und hingestreckt waren wie Schafe ohne Hirten.“
Das steht im Zusammenhang mit der Speisung der Fünftausend, also wichtig im Zusammenhang mit beiden Speisungen. Dann unsere Stelle Matthäus 15,32 und weitere Stellen wie Matthäus 18,27 und 20,34. Im Markus-Evangelium kommt es dreimal vor, im Lukas-Evangelium ebenfalls dreimal. Es ist ein Ausdruck, der sich meist auf den Herrn Jesus bezieht – der gute Hirte, der sich erbarmt über die verlorenen Schafe.
Ganz ähnlich wie bei der Speisung der Fünftausend, wo ein kleiner Junge fünf Brote und zwei Fische hatte, ist hier eine kleine Menge vorhanden: sieben Brote (Vers 34) und wenige kleine Fische. Auch im anderen Fall, in Johannes 6, wird deutlich gesagt, dass es kleine Fische waren.
Welche Fische aus dem See Genezareth sind das? Die Sardinen, also Süßwassersardinen. Im See Genezareth gibt es verschiedene Arten: den Petrusfisch, Barben und andere, sowie den Katzenfisch, der jedoch nicht koscher war – das hatten wir schon bei Matthäus 13 betrachtet. Es gibt unglaublich viele Süßwassersardinen, die damals die übliche Nahrung um den See Genezareth waren: Brot und Süßwassersardinen.
Die Sardinen wurden in großen Mengen gepökelt und in Türmen gelagert. Die Ortschaft Magdala, in der Mitte an der Westseite des Sees Genezareth, ganz nahe bei Tiberias, heißt auf Aramäisch „Migdol“ und auf Hebräisch „Turm“. Magdala bedeutet also „Turm“ auf Aramäisch. Das weist auf solche Türme hin, in denen gepökelte Fische gelagert wurden.
Dort waren also einige dieser kleinen Fische vorhanden. Der Herr dankte zuerst (Vers 36) und ist damit ein Beispiel dafür, dass wir nicht einfach essen, sondern Gott zuerst danken für das, was er uns gibt. Er brach das Brot und gab es weiter. Alle wurden satt, sogar Überfluss entstand, denn Brocken wurden gesammelt – wie viele Körbe? Sieben Körbe (Vers 37).
Wie viele Körbe waren es bei der Speisung der Fünftausend? Zwölf Körbe (Kapitel 14, Vers 20). Das ist ein wichtiger Unterschied. Übrigens ist das Wort für „Korb“ nicht dasselbe. In Matthäus 14,20 heißt es „zwölf Handkörbe voll“. Hier sind es sieben Körbe.
Auf Griechisch ist das nicht dasselbe: Bei den Handkörben heißt es „kophinos“, hier benutzt Matthäus das Wort „spyris“. „Spyris“ ist größer als der Handkorb. Darum wird das eine mit „Handkorb“ übersetzt, das andere einfach mit „Korb“. Es waren also weniger Körbe, aber dafür größere – die sieben.
Und nun: Die Zahl zwölf hat uns letztes Mal worauf hingewiesen? Auf die zwölf Stämme Israels. Jesus ist der Messias, der nach Psalm 132 seinem Volk Brot gibt. Aber was bedeutet die Zahl sieben symbolisch? Vollkommenheit, aber im Zusammenhang mit den Menschen? Vollständigkeit, Vollkommenheit.
Wenn wir an 5. Mose 7 denken, haben Zahlen symbolische Bedeutung, ähnlich wie Wörter, die ein Bedeutungsfeld haben. In einem bestimmten Zusammenhang steht dann eine Bedeutung im Vordergrund.
Die Zahl sieben steht für Vollkommenheit – sieben Schöpfungstage, und dann war alles vollkommen und sehr gut. Aber in 5. Mose 7,1 lesen wir:
„Wenn der Herr, dein Gott, dich in das Land bringt, wohin du kommst, um es in Besitz zu nehmen, und viele Nationen vor dir vertreibt, die Hetiter, Girgasiter, Amoriter, Kananiter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter – sieben Nationen, größer und stärker als du – und der Herr, dein Gott, sie vor dir hingibt und du sie schlägst, so sollst du sie ganz und gar vertreiben. Du sollst keinen Bund mit ihnen schließen, keine Gnade gegen sie üben und dich nicht mit ihnen verschwägern. Deine Tochter sollst du nicht seinem Sohn geben, und seine Tochter sollst du nicht für deinen Sohn nehmen, denn sie würden deine Söhne von mir abwendig machen, dass sie anderen Göttern dienten, und der Zorn des Herrn würde entbrennen und dich schnell vertilgen.“
Danke. Nun zählt jemand schnell durch diese Nationen, die vertrieben werden sollten? Sieben: Hetiter, Girgasiter, Amoriter, Kananiter, Perisiter, Hewiter, Jebusiter – sieben Nationen.
Während zwölf auf die zwölf Stämme im verheißenden Land hinweist, steht die Zahl sieben für die nichtisraelitische Bevölkerung, die nie vollständig vertrieben wurde, sondern unter Israel blieb.
Jetzt müssen wir wieder an Hippos denken, das liegt auf der anderen Seite des Sees Genezareth, ungefähr auf gleicher Höhe wie Magdala. Hippos ist eine der Dekapolis. Beccian war auch nicht weit entfernt, südlich vom See Genezareth. Dort lebten Heiden mitten in Israel.
Die Dekapolis war geprägt von Heiden inmitten Israels. In Galiläa gab es übrigens noch andere Städte mit heidnischer Bevölkerung, zum Beispiel Sepphoris. Das ist eine Stadt ganz in der Nähe von Nazaret. Sie war damals sehr wichtig, mit einem römischen Theater und sehr weltlich. Aber es war eine heidnische Stadt.
Caesarea lag am Mittelmeer und war damals der Hauptsitz der römischen Armee. Es war der große Hafen für die Römer und hatte die Funktion des alten Jaffa übernommen.
Wir sehen also, dass diese sieben Körbe darauf hinweisen, dass der Messias Brot gibt – nicht nur für Israel, sondern auch für die Heiden, für alle, auch für die, die unter dem Fluch standen. Und alle wurden gesättigt.
Darum ist es so wichtig, dass es diese beiden Geschichten gibt: die Speisung der 5.000 und die Speisung der 4.000.
Interessant ist, dass dazwischen eine Auseinandersetzung mit Pharisäern und Schriftgelehrten aus Jerusalem stattfand, die sich störten, dass die Jünger – wir lesen nochmal in Matthäus 15,1-2:
„Dann kamen Pharisäer und Schriftgelehrte von Jerusalem zu Jesus und sagten: ‚Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.‘“
Diese Überlieferung der Ältesten entspricht der talmudischen Überlieferung, beziehungsweise dem sogenannten mündlichen Gesetz, das angeblich auf Mose zurückgehen soll. Aber das ist überhaupt nicht wahr.
Man kann es auch an der Sprache merken, wenn man den Talmud liest. Die Mischna ist auf Hebräisch verfasst, aber es ist ein Hebräisch, das damals gesprochen wurde, vor zweitausend Jahren in Israel. Es ist nicht dasselbe Hebräisch wie im Alten Testament.
Wenn man Hebräisch lernt, um das Alte Testament zu lesen, den Talmud zu studieren oder heute in Israel sprechen zu wollen, muss man die Unterschiede kennen: alttestamentliches Hebräisch, Mischna-Hebräisch und modernes Hebräisch sind verschieden.
Die Sprache der Mischna entspricht überhaupt nicht dem Hebräisch der fünf Bücher Mose. Es ist ein viel späteres Hebräisch und passt nicht zusammen.
Diese Pharisäer und Schriftgelehrten störten sich daran, dass die Jünger ihre Hände nicht rituell wuschen, bevor sie Brot aßen. Dabei ging es um die rituelle Waschung, die ich beim letzten Mal erklärt habe: mit einem Gefäß wäscht man eine Hand und dann die andere, genau nach Vorschrift. Das war eine Erfindung der Rabbiner, Menschengebote, die Mose nicht geboten hatte und die der Herr nirgends anordnete.
Sie störten sich daran, und was machten diese Pharisäer und Schriftgelehrten aus Jerusalem in Galiläa? Sie kamen mit dem Auftrag, dem Herrn zu widerstehen.
Es hatte sich herumgesprochen, dass dort fünftausend Leute mit Brot ernährt wurden und dass sie in der Einöde die Hände nicht rituell wuschen. Der Messias sollte das sein, der seinem Volk Brot gibt, und die Jünger hielten sich nicht an das mündliche Gesetz.
Nach Kapitel 15, mit diesem Problem der Überlieferung (Verse 1 bis 20), folgt wieder eine Brotvermehrungsgeschichte. Diese Menschen waren am Verhungern, hatten drei Tage nichts gegessen, nichts dabei, nicht einmal einen Lunch.
Sie mussten mit sieben Broten und wenigen kleinen Fischen ernährt werden und hatten auch nicht die Möglichkeit, sich rituell die Hände zu waschen.
Das hat alles seine Bedeutung, aber es geht darum: Jesus ist wirklich die Erfüllung der Verheißung im Alten Testament, dass der Messias seinem Volk Brot gibt.
Er zeigt aber auch, wie man Brot essen soll – ob nach dem mündlichen Gesetz oder nicht. Diese Konfrontation zwischen der Führerschaft, die an menschliche Gebote gebunden war, und denen, die dem Messias, dem Herrn Jesus, nachfolgen und seinem Wort gehorchen wollten, wird noch stärker werden.
Die Volksmenge wird danach entlassen. Wohin geht der Herr? Nach Magdala. In manchen Übersetzungen steht „Magadha“. Die Mehrheit der griechischen Handschriften hat hier „Magdala“, das aramäische Wort für „Turm“ und für diese Stadt am Seeufer.
„Magadha“ ist archäologisch nicht nachzuweisen. Man kann einfach das „A“ streichen und ein „La“ anhängen, dann ist es korrekt: Magdala.
In Markus 8 heißt es, dass Jesus in das Gebiet von Dalmanuta kam (Markus 8,10). Dalmanuta kann man aus dem Altsyrischen ableiten mit der Bedeutung „Hafen“. Das war der Hafen von Magdala, Dalmanuta bei Magdala.
Nun sehen wir, dass es dort wieder eine Konfrontation mit Pharisäern und Sadduzäern gibt (Kapitel 16, Vers 1). Aber das sparen wir uns für nach der Pause.
Jetzt machen wir zehn Minuten Pause.
Die Forderung nach einem Zeichen und die Antwort Jesu
Wir fahren weiter mit Matthäus 16 und lesen die Verse 1 bis 4:
„Und die Pharisäer und Sadduzäer kamen herzu und um ihn zu versuchen, baten sie ihn, ihnen ein Zeichen aus dem Himmel zu zeigen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Wenn es Abend geworden ist, sagt ihr: Heiteres Wetter, denn der Himmel ist feuerrot. Und früh morgens: Heute stürmisches Wetter, denn der Himmel ist feuerrot und trübe. Das Aussehen des Himmels wisst ihr zwar zu beurteilen, aber die Zeichen der Zeiten könnt ihr nicht beurteilen. Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen Jonas.“ Und er verließ sie und ging weg.
Wir befinden uns also im Gebiet von Magdala. Es erstaunt, dass hier Pharisäer und Sadduzäer zusammenkommen, denn diese Gruppen waren hauptsächlich in Judäa, im Süden, konzentriert. Sie mussten also extra nach Galiläa, nach Magdala kommen. Das war ihre Mission, wie wir bereits in Kapitel 15, Vers 1 sehen, wo Pharisäer und Schriftgelehrte von Jerusalem zu Jesus kamen und Widerstand leisteten. Auch hier zeigen sie Widerstand.
Jetzt wollen sie ein Zeichen aus dem Himmel sehen. Dabei hat der Herr Jesus bereits viele Zeichen vollbracht, die ihn als Messias auswiesen. Doch sie verlangen noch mehr. Es ist oft so, dass Menschen, denen anhand des Evangeliums klare Begründungen für die Wahrheit der Heiligen Schrift gegeben werden, alles als falsch, unlogisch oder als Märchen abtun und dennoch noch mehr Zeichen fordern. Dabei liegt das Problem nicht bei den Argumenten, sondern im Herzen der Menschen.
Ich hatte einmal einen jüdischen liberalen Mitschüler, der mir sagte: „Auch wenn alles stimmen würde, würde ich es nicht glauben.“ Das war nach vielen Gesprächen und Argumenten für die Wahrheit der Heiligen Schrift. Für mich war das sehr aufschlussreich, denn es wurde klar, dass das Problem sein Wille war. Er sagte: „Ich würde es auch dann nicht glauben, wenn es stimmt.“ Es ist ein Problem des Willens.
Jesus sagt in Johannes 7, Vers 17: „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede.“ Hier geht es um den Willen Gottes und den Willen des Menschen. Der Herr sagt: Wenn jemand seinen Willen tun will – also die persönliche Entscheidung trifft, das zu tun, was Gott will – dann wird er erkennen, ob die Lehre von Gott kommt.
Ein kleiner Exkurs: Das Johannesevangelium wurde als Kampfschrift gegen die gnostische Irrlehre geschrieben, die sich am Ende des ersten Jahrhunderts stark ausbreitete. Diese Irrlehre behauptete, dass Jesus Christus nicht wirklich Mensch geworden sei. Sie leugneten, dass Jesus im Fleisch gekommen ist (siehe 1. Johannes 4,1-3). Sie leugneten auch seine ewige Gottheit und Sohnschaft und behaupteten, Gott habe alle Menschen bestimmt, einige zur Verdammnis und andere zur Errettung. Dabei komme es nicht auf den Willen des Menschen an.
Darum ist es wichtig, im Johannesevangelium genau darauf zu achten, wo von Wille und Wollen die Rede ist. Johannes zeigt, dass der Mensch einen Willen hat und verantwortlich ist. Er ist nicht einfach dem Schicksal der Prädestination ausgeliefert – das ist eine falsche Lehre. Der Mensch hat einen Willen und ist verantwortlich. Deshalb sagt Jesus auch in Matthäus 23 zu denen, die ihn in Jerusalem ablehnten: „Ihr habt nicht gewollt.“
Hier sagt Jesus: „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede.“ Wenn jemand die Bereitschaft hat, das zu tun, was Gott möchte, gibt Gott Licht zum Verstehen. Wenn jemand nicht will, gibt Gott kein Licht. Es ist nicht so, dass das Licht nicht leuchtet, sondern dass sich der Wille gegen Gottes Willen stellt.
Das ist das Problem bei den Pharisäern und Sadduzäern aus Matthäus 16, Vers 1. Sie wollten nicht glauben und verlangten noch ein zusätzliches Zeichen aus dem Himmel – ein offenkundiges Zeichen von Gottes direktem, übernatürlichem Eingreifen.
Jesus sagt: Im normalen menschlichen Bereich des Denkens seid ihr auf der Höhe. Wenn es um Wetterprognosen geht, könnt ihr das erkennen. Vers 2: „Wenn es Abend geworden ist, sagt ihr: Heiteres Wetter, denn der Himmel ist feuerrot.“ Das entspricht dem alten Sprichwort: „Abendrot, Schönwetterbot“ – oder auch: „Rot der Himmel am Morgen bringt Kummer und Sorgen.“
Der Herr sagt weiter: „Und früh morgens: Heute stürmisches Wetter, denn der Himmel ist feuerrot und trübe.“ Wie ist die wissenschaftliche Erklärung dafür? Warum ist Abendrot ein Bote für schönes Wetter am nächsten Tag?
Wenn man es erklären will, ist es kompliziert. Es hat mit Luftschichten, Verdunstung, Helligkeit des Sonnenlichts und anderen Faktoren zu tun. Grundsätzlich weist Abendrot auf eine stabile Atmosphäre hin. Es gibt keine Aufwärtswinde, der Staub bleibt in der Atmosphäre unten. Die Lichtstrahlen der untergehenden Sonne werden an den Staubpartikeln reflektiert, was die rötliche Farbe verursacht. Diese Staubpartikel deuten auf ruhiges, stabiles Wetter hin.
Beim roten Himmel am Morgen ist die Atmosphäre ebenfalls stabil, aber die tiefen Wolken weisen auf eine mögliche Wetteränderung hin – von schön zu regnerisch. Das erklärt die Aussage „früh morgens feuerrot und trübe“ als Hinweis auf Regenwetter.
Der Herr sagt: Diese Zeichen am Himmel könnt ihr deuten, aber die Zeichen der Zeit könnt ihr nicht erkennen. Hier geht es nicht um die Endzeit, wie wir oft meinen, sondern um die Zeit des ersten Kommens des Messias. Sie hätten die Prophezeiungen im Alten Testament erkennen müssen, die auf den leidenden Messias hinweisen, der für unsere Sünden stirbt (siehe Jesaja 53), und später als Herrscher kommen wird. Doch sie konnten diese Zeichen der Zeit nicht beurteilen.
Insgesamt gibt es über dreihundert Hinweise aus dem Alten Testament, die sich bei Jesu erstem Kommen erfüllt haben. Sie haben sie nicht erkannt.
Übrigens, in Lukas 12 finden wir weitere Zeichen als Wetterboten. Lukas 12, Verse 54-56: „Er sprach aber auch zu den Volksmengen: Wenn ihr eine Wolke von Westen aufsteigen seht, sagt ihr sogleich: Ein Regenguss kommt, und es geschieht so. Und wenn ihr den Südwind wehen seht, sagt ihr: Es wird Hitze geben, und es geschieht. Ihr Heuchler, das Aussehen der Erde und des Himmels wisst ihr zu beurteilen; wie aber kommt es, dass ihr diese Zeit nicht beurteilt?“
Das sind weitere Zeichen vom Himmel, Wetterprognosen. Eine Wolke von Westen aufsteigen zu sehen, ist auch heute in Nord- und Südisrael ein Hinweis auf kommenden Regen. Der Südwind, der Hitze bringt, heißt Chamsin. Er wird oft fünfzig Tage lang wehen und bringt trockenes Wetter mit sich. Die Feuchtigkeit kann auf fünf Prozent fallen, was bei vielen Menschen starke Kopfschmerzen verursacht. Es gibt sogar Sicherheitshinweise für gefährdete Personen.
Diese Zeichen sind klar und verlässlich – und doch funktioniert das Erkennen geistlicher Zeichen nicht mehr. Das zeigt sich auch im Umgang mit dem Evangelium. Man kann mit intelligenten Menschen sprechen, die scharf denken können, aber sobald sie nicht wollen, glauben sie die unmöglichsten Dinge.
Zum Beispiel wissen Chemiker, dass riesige Moleküle, wie sie für die erste Zelle notwendig sind, in der Natur nicht einfach so entstehen können. Proteine und DNA können nicht spontan entstehen. Trotzdem glauben Evolutionisten, dass das Leben vor Milliarden Jahren so entstanden ist.
Ein Professor aus Montpellier in Südfrankreich, Professor Kahn, sagte einmal: „Die Idee, dass eine Zelle von selbst entsteht, ist völlig absurd, aber ich glaube dennoch daran, weil ich es mir anders nicht vorstellen kann.“ Das zeigt die Verschiebung im Verstand.
Ähnlich war es bei Stephen Hawking. Jahrelang sagte er nicht klar, dass er Atheist sei. In seinen Büchern konnte man noch vermuten, dass er an Gott glaubt. Doch 2011 veröffentlichte er ein Buch mit einer neuen Sicht der Welterschaffung, in dem er klar sagt, dass er Atheist ist und das Universum sich selbst gebildet hat. Wie das gehen soll, wenn zuerst nichts war und dann das Universum entstand, ist unverständlich und absurd. Trotzdem verkündete er es.
Das zeigt, dass das Denken versagt, wenn es um geistliche Beurteilungen geht. Die Pharisäer konnten das Wort Gottes auf die Zeit nicht richtig beziehen. Jesus sagt, das liegt an ihrem geistlichen Zustand: „Die Zeichen der Zeit könnt ihr nicht beurteilen. Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht soll auch kein weiteres Zeichen bekommen.“ Es nützt nichts, ihnen noch ein Zeichen zu geben.
Das ist traurig, wenn man das mit den Männern aus dem Stamm Issachar vergleicht, die in der Armee von König David dienten. In 1. Chronik 12, Vers 32 lesen wir: „Von den Kindern Issachar, Männer, die Einsicht hatten in die Zeiten, um zu wissen, was Israel tun musste, ihre Häupter zweihundert, und alle ihre Brüder folgten ihrem Befehl.“
Männer aus dem Stamm Issachar hatten eine besondere Einsicht in die Zeiten. Die Elberfelder Bibel erklärt in der Fußnote, dass sie ein richtiges Urteil in der Erwägung der Zeitverhältnisse hatten. Sie konnten erkennen, wo Israel als Volk Gottes stand, welche Gefahren drohten, und daraus praktische Entscheidungen ableiten. Auch heute gibt es viele Gläubige, die sagen: „Wir leben nicht in der Endzeit.“ Sie können die Zeichen der Zeit nicht beurteilen und sehen nicht die erfüllte Prophetie, dass es 180 erfüllte Endzeitprophezeiungen gibt, die sich in unserer Zeit erfüllt haben.
Andere sagen, wir seien schon in der Drangsalzeit, oder dass das kommende Ereignis das Malzeichen des Tieres sei. Sie bringen alles durcheinander und können die Zeichen der Zeit nicht richtig beurteilen.
Es ist wichtig, dass das Volk Gottes weiß, was zu tun ist. Die zweihundert Männer aus Issachar hatten diese Einsicht, und alle ihre Brüder folgten ihrem Urteil und den daraus resultierenden Konsequenzen.
Jesus sagt, es gibt nur das Zeichen Jonas. Was bedeutet das?
Jonah war drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches. Jesus hat das schon in Matthäus 12, Verse 38-40 erklärt: „Dann antworteten ihm einige der Schriftgelehrten und Pharisäer und sprachen: Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen Jonas des Propheten. Denn wie Jonah drei Tage und drei Nächte im Bauch des großen Fisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein. Männer von Ninive werden aufstehen im Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen, denn sie taten Buße auf die Predigt Jonas hin, und siehe, mehr als Jonah ist hier.“
Wir sehen die Wiederholung: Nachdem Jesus bereits ein besonderes messianisches Zeichen gegeben hatte – die Heilung eines besessenen Stummen –, wollten die jüdischen Führer noch ein Zeichen. Jesus antwortete, dass ein böses und ehebrecherisches Geschlecht kein weiteres Zeichen bekommen wird, weil es nichts nützt. Sie wollen nicht glauben.
Hier erklärt Jesus, was das Zeichen Jonas bedeutet: So wie Jonah drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Messias drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein – er wird sterben und auferstehen.
Jonah ging in die Tiefen des Mittelmeers. In Jonah 2 lesen wir, wie er im Bauch des Fisches betet. Vers 1: „Und der Herr bestellte einen großen Fisch, um Jonah zu verschlingen. Und Jonah war im Bauch des Fisches drei Tage und drei Nächte.“
Vers 2: „Ich rief aus meiner Bedrängnis zu dem Herrn, und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Schoß des Scheol; du hörtest meine Stimme. Denn du hattest mich in die Tiefe, in das Herz der Meere geworfen, und der Strom umschloss mich, alle deine Wogen und deine Wellen fuhren über mich hin.“
Vers 3-6 schildern, wie Jonah sich in den Tiefen des Meeres befindet. Vers 7 sagt: „Da führtest du mein Leben aus der Grube herauf, Herr, mein Gott!“ Das Wort „Grube“ bedeutet auch „Grab“ im Hebräischen. Das Wasser war sein Grab, das wird als „Schoß des Scheol“ bezeichnet.
Scheol ist das hebräische Wort für das Totenreich, im Griechischen Hades. Scheol bezeichnet sowohl das Grab im Diesseits, wo der Körper hingeht, als auch das Jenseits, wo Seele und Geist hingehen – für Gläubige ins Paradies und für Ungläubige an den Ort der Qual (siehe Lukas 16).
Jonah ging also hinab ins Totenreich. Der Fisch spie ihn schließlich ans Land, nach Israel (Jonah 2,11). So kam er aus dem Scheol hervor, wie eine Auferstehung.
Kann es sein, dass Jesus auch an Psalm 69 gedacht hat, als er vom Zeichen Jonas sprach? Psalm 69, Verse 15 ff. zeigen ähnliche Sprache. Psalm 69 weist prophetisch auf die Leiden des Herrn am Kreuz und sein Sterben hin. Jesus macht diesen Zusammenhang deutlich, der alttestamentlich vorgegeben war.
Das Zeichen Jonas betrifft also drei Tage und drei Nächte. Im Hebräischen gibt es, wie im Deutschen, nicht zwei verschiedene Wörter für einen 24-Stunden-Tag und für einen Tag im Sinne von Sonnenlicht. Das Wort „jom“ kann beides bedeuten.
Später wurde im Hebräischen der 24-Stunden-Tag mit „jemama“ bezeichnet. Ähnlich im Holländischen gibt es zwei Wörter: „dag“ für den Tag und „etmaal“ für den 24-Stunden-Tag.
Wenn man im Hebräischen klar sagen wollte, dass es um einen Kalendertag geht, sagte man „Tag und Nacht“. Im Judentum war es üblich, einen Tag auch dann als Tag zu zählen, wenn er nur angebrochen war. Das wird im Talmud, Traktat Nasir 15b-16a, so beschrieben. Gleiches gilt für Jahre: Auch wenn nur ein Teil davon relevant war, wurde es als volles Jahr gezählt.
Das ist wichtig, weil manche sagen, Jesus spricht von drei Tagen und drei Nächten, das passe nicht zu Kreuzigung am Freitag und Auferstehung am Sonntag. Doch das geht, denn Freitag war der 15. Nisan, der Sabbat der 16. Nisan, und der erste Tag der Woche, der Auferstehungstag, war der 17. Nisan. Drei Tage und drei Nächte werden so gezählt, auch wenn nicht alle voll sind.
Damit ist das scheinbare Problem geklärt.
Jesus sagt also: Israel, die Führerschaft, die ihn ablehnt und nicht will, bekommt nur noch ein Zeichen – das Zeichen, dass er sterben und am dritten Tag auferstehen wird.
Das ist sensationell, wenn man an die Jünger denkt, die anfangs furchtsam waren. Doch ab Pfingsten traten sie unerschrocken auf, auch gegenüber dem Sanhedrin, und bezeugten die Auferstehung Jesu.
Der Sanhedrin wurde von Caiaphas geleitet, einem Sadduzer. Sadduzäer glaubten nicht an ein Leben nach dem Tod, nicht an Engel und so weiter. Sie waren die Naturalisten der damaligen Zeit. Dass das Leben nach dem Tod bestritten wird, ist so altmodisch wie damals.
Die Jünger konnten als Augenzeugen dem Sanhedrin gegenübertreten und sagen: „Wir haben ihn gesehen, er ist am dritten Tag auferstanden, das Grab ist leer.“ Sie hatten keine Argumente dagegen, außer Geld.
In Matthäus 28 lesen wir, dass die Soldaten, die das Grab bewachten, bestochen wurden, um zu sagen, der Leib sei gestohlen worden. Geld und Korruption.
Das zeigt, dass Jesus Recht hat: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht ist bereit, die Wahrheit mit Geld zu zerstampfen, nur um sich nicht zu beugen. Das ist böse und treulos.
Warnung vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer
Jetzt fahren wir mit Vers fünf bis zwölf fort.
Als die Jünger an das jenseitige Ufer kamen, hatten sie vergessen, Brote mitzunehmen. Jesus aber sprach zu ihnen: „Gebt Acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.“ Sie aber überlegten bei sich selbst und sagten: „Weil wir keine Brote mitgenommen haben.“
Als Jesus das erkannte, sprach er: „Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige, weil ihr keine Brote mitgenommen habt? Versteht ihr noch nicht? Erinnert ihr euch nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wie viele Handkörbe ihr aufgehoben habt, noch an die sieben Brote für die viertausend und wie viele Körbe ihr aufgehoben habt? Wie versteht ihr nicht, dass ich euch nicht von Broten sagte, sondern hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer?“
Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sich zu hüten vor dem Sauerteig der Brote, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Das Thema Brot zieht sich einfach durch die Kapitel hindurch, nicht wahr? In Kapitel 13 hatten wir das Gleichnis vom Sämann, so beginnt die Geschichte des Brotes. Dort hatten wir auch das Gleichnis von dem Teig, unter dem eine Frau Sauerteig mischt, bis er völlig durchsäuert war.
In Kapitel 14 hatten wir die Speisung der Fünftausend. In Kapitel 15 die Diskussion über das Waschen vor dem Essen von Brot und schließlich auch die Speisung der Viertausend mit Brot.
Jetzt war es so, dass die Jünger vergessen hatten, Brot mitzunehmen. Sie waren in der gleichen Situation wie die Leute, die eben kein Brot dabei hatten, als sie die Predigt des Herrn Jesus verfolgen wollten. Herr Jesus gibt ihnen eine Ermahnung in Vers sechs: „Gebt Acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.“
Doch sie verstehen nicht, dass er hier eine geistliche Botschaft weitergeben will. Sie meinten, es hänge mit den Broten zusammen, die sie vergessen hatten, und der Herr nennt sie Kleingläubige (Vers 8). Kleinglaube führt eben auch dazu, dass man nicht gut versteht.
Der Herr sagt in Vers 9: „Versteht ihr nicht?“ Wenig Glaube führt auch zu einem Mangel an Verständnis im Wort Gottes. Verbunden damit ist auch ein fehlendes Erinnerungsvermögen. Er sagt: „Erinnert ihr euch nicht an die fünf Brote für die Fünftausend, die sieben Brote für die...“ Ja, sie hätten diese Ereignisse eigentlich abgespeichert gehabt. Aber Erinnern bedeutet, dass man zurückdenkt und Verknüpfungen macht.
Wenn aber der Glaube ein Kleinglaube ist, dann kommen auch diese nötigen Verknüpfungen nicht zustande, die es braucht, um Dinge zu verstehen. Der Herr sagt nochmals erstaunt: „Wie versteht ihr nicht, dass ich euch nicht von Broten sagte, hütet euch!“
Schließlich verstanden sie. Man sieht die Geduld des Herrn mit seinen Jüngern. Später sieht man in der Apostelgeschichte, wie sie das Wort Gottes mit Freimütigkeit, Klarheit und Bestimmtheit weitergaben. So heißt es von der frühen Gemeinde in Apostelgeschichte 2: Sie verharrten in der Lehre der Apostel.
Diese Mühe, zu verstehen, hatte etwas Gutes. Dadurch hatten die Apostel später auch Verständnis für andere Gläubige, die nicht mitkamen oder nicht verstanden. Das war ja bei uns auch so. Wir haben erkannt, dass es Hindernisse in unseren Herzen gab, und diese mussten entfernt werden. Dann kam man zur Wahrerkenntnis.
Der Herr sagt, der Sauerteig ist ein Bild für die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer. Wir haben ja damals bei Matthäus 13 gesehen, dass überall, wo im Alten und Neuen Testament der Sauerteig vorkommt, er in einem negativen Zusammenhang steht.
Der Sauerteig hat die Fähigkeit, als alter, gesäuerter Teig, sich auszubreiten und alles zu durchdringen, sobald man ihn in einen neuen Teig gibt. Das spricht davon, dass das Böse ansteckend ist und sich verbreitet.
Darum wird auch in 1. Korinther 5 der örtlichen Gemeinde von Korinth gesagt, sie müssen den Sauerteig, das Böse – in dem Fall Unmoral in der Gemeinde – ganz klar hinaustun und sich distanzieren, sonst verbreitet sich das. In 1. Korinther 5 ist Sauerteig ein Bild von Unmoral, im Galaterbrief ist es ein Bild von falscher Lehre.
In Galater 5 geht es um die Irrlehre. Die Galater sollten von Irrlehren unter das Gesetz Mose gestellt werden, unter den Bund von Sinai. Das ist vollkommen gegen die Wahrheit des Evangeliums. Das Gesetz war nur für Israel gegeben und nicht für die Gemeinde.
Der Apostel Paulus sagt in Galater 5, Vers 9 (im Zusammenhang ab Vers 7): „Ihr liefet gut, wer hat euch aufgehalten, dass ihr der Wahrheit nicht gehorcht? Die Überredung ist nicht von dem, der euch beruft. Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.“
Die Galater hatten sich bekehrt, und am Anfang lief es sehr gut. Es war nichts faul bei den Galatern am Anfang. Man hätte sagen müssen: „Ja, aber Paulus hat es wohl nicht gemerkt, am Anfang war doch etwas faul bei den Galatern.“ Nein, er kann sagen: „Ihr liefet gut.“ Aber dann kamen andere.
Wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen? Da kamen Leute, die sie mit falscher Lehre beeinflussten. Paulus erklärt: „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.“ Es braucht gar nicht viel, und dann geht das durch. Die ganzen galatischen Gemeinden wurden wirklich beschmutzt mit dieser falschen Lehre. Sie wurden auch verwirrt, sagt er in Vers 10: „Wer euch aber verwirrt, wird das Urteil tragen, wer auch sei.“
Das ist das Schlimme am Sauerteig: Er breitet sich so aus. Darum muss man ihn hinaustun, wie beim Passafest, wo man allen Sauerteig aus den Häusern wegtun musste, um das Passafest mit Freude feiern zu können.
Nun erklärt der Herr Jesus, dass die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer auch so ein Sauerteig ist. Wie können wir das charakterisieren? Was war typisch für die Lehre der Pharisäer? Sie fügten menschliche Gebote hinzu. Diese waren eine Hinzufügung zum Wort Gottes.
Anstatt das Wort allein stehen zu lassen, erfanden sie Zusatzgebote und gingen über das Wort Gottes hinaus. Bis hin dazu, dass durch ihre Zusatzgebote sogar die eigentlichen geschriebenen Gebote aufgehoben wurden. Das haben wir konkret an einem Beispiel in Matthäus 15 gesehen.
Das Problem der Sadduzäer war, dass sie die Schrift nicht anerkannten, nur die ersten fünf Bücher. Sie erkannten das Alte Testament nicht als inspiriertes Wort Gottes an. Das waren die Liberalen von damals.
Das heißt, die fünf Bücher Mose anerkannten sie, aber den Rest des Alten Testaments lehnten sie ab. Man konnte nicht mit Hesekiel, Jesaja oder Daniel kommen – das sei alles nicht Gottes Wort.
Man kann sagen: Pharisäer = Bibel plus, Sadduzäer = Bibel minus. Dieses Problem zieht sich durch die Kirchengeschichte von zweitausend Jahren.
Zum Beispiel hat die katholische Kirche viele Gebote und Traditionen erfunden, die dem Wort Gottes widersprechen. Dann kam die Reformation, und man erkannte: Nein, wir müssen diese ganze Tradition über Bord werfen – außer das, was richtig ist.
Natürlich war nicht alles in der Tradition falsch. Zum Beispiel die Auffassung, dass Gott dreieinig ist – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das, was die Konzilien von Nicaea (325) und Konstantinopel (382) beschlossen haben, entsprach der Bibel.
Darum sagten die Reformatoren: Wir wollen keine Konzilien als Autorität anerkennen, nicht was der Papst oder die Kardinäle bestimmen. Aber wenn ein Konzil etwas Richtiges gesagt hat, dann anerkennen wir das Richtige als richtig. Nicht etwa, weil ein Konzil das gesagt hat, sondern weil es mit dem Wort Gottes übereinstimmt.
Sie haben nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Sie haben ganz klar gesagt: Was biblisch ist, halten wir fest. Alles, was darüber hinausgeht, verwerfen wir.
So ist es auch mit der Tradition der Ältesten im Judentum. Nicht alles im Talmud ist falsch. Es gibt viel Hintergrundinformation, die nützlich ist. Ich habe gerade vorhin eine solche Information gebraucht, dass man Tage zählt, auch wenn sie angebrochen sind.
Wir könnten noch tausend andere Dinge erwähnen, die hilfreich sind. Man muss nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Aber alle Hinzufügungen zum Wort Gottes gehen überhaupt nicht. Die talmudische Tradition ist nicht inspiriert, überhaupt nicht.
Wir müssen auch das, was falsch ist, ganz klar als falsch bezeichnen und davor warnen. So hat der Herr die Jünger vor der Lehre der Pharisäer gewarnt – vor Hinzufügungen.
Die Reformatoren haben das verstanden: Das Wort soll stehen bleiben, ohne Zusatz. So steht es im Martin-Luther-Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“. Das bedeutet: Sie sollen die Bibel so stehen lassen, wie sie ist, ohne Hinzufügungen durch Tradition oder Philosophie von Platon und Aristoteles.
Das war die Philosophie der Kirche gewesen, die brauchen wir nicht – nur das Wort. Dafür müssen wir ihnen nicht noch extra danken, wenn sie die Bibel so stehen lassen. Sie sollen das Wort stehen lassen und keinen Dank dafür haben.
Mit der Reformation, die ein Werk Gottes war, hat sich das im Lauf der Zeit verloren. Mit der Aufklärung kam die liberale Theologie hinein, die die ganze Heilige Schrift zerstören wollte. Das sind die Pharisäer und Sadduzäer von heute, die das Wort herunterreißen.
Das ist Sauerteig, und von Sauerteig muss man sich klar trennen. Wenn man nur ein bisschen davon zulässt, auch in den Gemeinden, breitet es sich aus. Man kann nicht ein bisschen liberal sein oder ein bisschen mit Gesetzlichkeit, wo man Menschliches noch hinzufügt. Das breitet sich aus.
Davor warnte der Herr die Jünger, die zu dem Zeitpunkt so schwer im Verstehen waren. Das hing damit zusammen, dass ihre Herzen verhärtet waren.
Das steht in Markus 8, im gleichen Zusammenhang, es geht um den Sauerteig. Lies Markus 8, Vers 17: „Als Jesus es erkannte, spricht er zu ihnen: Was überlegt ihr, weil ihr keine Brote habt? Begreift ihr noch nicht und versteht auch nicht? Habt ihr euer Herz verhärtet? Augen habt ihr und seht nicht, und Ohren habt ihr und hört nicht? Erinnert ihr euch nicht, als ich die fünf Brote für die Fünftausend brach, wie viele Handkörbe voll Brocken ihr aufgehoben habt?“
Und dann noch Vers 21: „Und er sprach zu ihnen: Versteht ihr noch nicht? Habt ihr euer Herz verhärtet?“
Der Herr spielt hier auf Jesaja 6 an, was die Masse des Volkes betrifft, die den Messias abgelehnt hatte, die blind werden sollten: Augen, die nicht sehen, Ohren, die nicht hören. Er sagt: „Augen habt ihr und seht nicht.“
Man sieht, auch Gläubige können verblendet werden und verstehen einfach nicht mehr. Aber das Problem liegt im Herzen. Das Herz kann auch beim Gläubigen hart werden, und dann versteht man nicht.
Was kann man tun? Man muss das Problem erkennen, dem Herrn bekennen und wirklich zu ihm zurückkehren. Dann kann er uns sein Licht schenken und Klarheit für das Wort geben.
An dieser Stelle wollen wir für heute schließen. Nächstes Mal geht es weiter mit dem wunderbaren Bekenntnis von Petrus in Caesarea Philippi, ab Matthäus 16, Vers 13.
