Einführung und Rückblick auf den Gottesdienst
Ich möchte mit euch gerne aus dem ersten Timotheusbrief aufschlagen. Gestern haben wir im Gottesdienst die Verse 1 bis 8 im zweiten Kapitel behandelt. Ich lese jetzt aus dem ersten Timotheusbrief, Kapitel 2, ab Vers 9, und zwar zunächst von Vers 9 bis zum Ende des Kapitels. Dabei geht es insbesondere um die Rolle der Frau.
Wir hatten gestern damit abgeschlossen, dass besonders die Männer ermahnt wurden, allezeit zu beten. Dabei sollen sie die Hände erheben, und zwar heilige Hände. Das geschieht ohne Zorn und Zweifel. Zorn und Zweifel habe ich als die wichtigeren Aussagen hervorgehoben, nicht das bloße Aufheben der Hände. Ohne Zorn zu beten bedeutet, nicht im Hass, Ärger oder Streit zu beten, um Gott für die eigenen Gefühle einzuspannen. Gleichzeitig sollen sie ohne Zweifel beten, also Gott zutrauen, worum sie ihn bitten.
Übrigens wird das Aufheben der Hände noch näher mit „heilige Hände“ beschrieben. Die Frage ist: Was bedeutet das? Woran erkennt man heilige Hände, wenn man seine eigenen betrachtet?
Heilig heißt ausgesondert für Gott. Hier soll deutlich werden: Du kannst und sollst deine Hände nur dann zu Gott erheben, wenn du auch so lebst. Wir sprechen ja auch davon, sich die Hände schmutzig zu machen. Damit ist nicht die normale Arbeit gemeint. Wer sich die Hände schmutzig macht, meint manchmal, dass jemand unsaubere Geschäfte macht. Genau das soll hier vermieden werden.
Deine Hände, also deine Handlungen, sollen von Gott gekennzeichnet sein. Du sollst kein Doppelleben führen, etwa beruflich oder privat gottlos sein und am Sonntagmorgen fromm erscheinen. Wenn das der Fall ist, dann lass deine Hände lieber unten und bete lieber nicht, sondern bring zuerst dein Leben in Ordnung.
Die Rolle der Frau im ersten Timotheusbrief
Aber dann geht es eben um die Frauen ab Vers 9. Ebenso sollen sich die Frauen in ehrbarem Anstand mit Schamhaftigkeit und Zucht schmücken. Nicht mit Haarflechten oder Gold oder Perlen oder aufwändiger Kleidung, sondern durch gute Werke, wie es sich für Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen.
Eine Frau soll in der Stille lernen, in aller Unterordnung. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren. Auch nicht, dass sie über den Mann herrscht, sondern sie soll sich still verhalten. Denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva. Adam wurde nicht verführt, die Frau aber wurde verführt und geriet in Übertretung.
Sie soll aber davor bewahrt werden durch das Kindergebären, wenn sie bleiben im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung samt der Zucht.
Bedeutung von Ehrbarem Anstand, Schamhaftigkeit und Zucht
Gehen wir dem Schritt für Schritt nach. Zunächst wurden die Männer angesprochen. Ebenso, wie die Männer ermutigt wurden, sollen auch die Frauen ermutigt werden. Und zwar wozu?
Die Frauen sollen sich mit ehrbarem Anstand und Schamhaftigkeit schmücken. Das ist der erste Teil der Aufforderung.
Was bedeutet dieser erste Begriff, ehrbarer Anstand? Das sind Begriffe, die wir heute nicht mehr so häufig in unserer Alltagssprache verwenden. Gemeint ist vor allem das Äußere, das Verhalten. Insbesondere auch Dinge wie Kleidung werden mit diesen Begriffen beschrieben.
Man könnte sagen: Die Frauen sollen ihre Kleidung ehrbar tragen. Sie sollen eine angemessene Kleidung wählen und nicht durch auffällige Kleidung hervorstechen. Mit dem ehrbaren Anstand ist also das äußere Auftreten der Frauen gemeint, das nicht zu sehr in den Vordergrund treten soll.
Als Nächstes folgen die Begriffe Schamhaftigkeit und Zucht.
Schamhaftigkeit bedeutet hier so viel wie Zurückhaltung, Demut und Bescheidenheit. Zucht meint Selbstbeherrschung. Das heißt, jemand, der seine Gefühle unter Kontrolle hat und sich nicht nur von seinen Emotionen treiben lässt.
Diese positiven Aufforderungen sind das, wonach eine Frau streben soll. Natürlich gilt das auch für einen Mann, das ist vollkommen klar.
Genauso wie zuerst die Männer ermahnt wurden zu beten, so sollen auch die Frauen beten, zweifellos.
Abgrenzung gegen äußere Schmuckformen
Gestern habe ich gesagt, dass hier wahrscheinlich eine besondere Schwäche der Männer angesprochen wird. Männer wollen oft sehr selbständig und aktiv sein, sie wollen selbst bestimmen und lassen sich nicht gern etwas sagen. Außerdem fällt es ihnen schwer, Schwäche einzugestehen. Deshalb werden sie besonders dazu aufgefordert, zu beten und sich auf Gott zu verlassen.
Hier hingegen werden die Frauen angesprochen. Paulus schreibt nicht nur, was sie positiv tun sollen, sondern grenzt auch ab, was sie nicht tun sollen. Es scheint, als ob Paulus hier zwei Gegensätze gegenüberstellt. Das eine ist, sich relativ unauffällig zu verhalten, sich unter Kontrolle zu haben, zurückhaltend, demütig und bescheiden zu sein.
Er hat offenbar Frauen vor Augen, die es in der Gemeinde in Ephesus gab und die sich nicht so verhielten. Was haben sie getan? Paulus sagt, dass sich die Frau nicht mit dem schmücken soll, was hier genannt wird. Der Begriff „schmücken“ wirkt in diesem Zusammenhang ungewöhnlich. Wenn ich sagen würde, „du sollst bescheiden sein“, verstehen viele, was gemeint ist. Wenn ich aber sage, „du sollst dich mit Bescheidenheit schmücken“, klingt das etwas merkwürdig.
Warum gebraucht Paulus diesen Begriff? Weil er schon weiter denkt und Frauen vor Augen hat, die in ihrem Leben auf ganz andere Dinge sehr großen Wert legen. Dabei fällt das, was er fordert, hinten runter und verliert an Bedeutung. Darauf will er hinaus.
Deshalb spricht er hier nicht nur darüber, was Frauen nicht tun sollen, sondern er sagt auch, womit sie sich nicht schmücken sollen: nicht mit Haarflechten, Gold, Perlen oder aufwendiger Kleidung. Es werden einige Dinge genannt, die Frauen nicht tun sollen. Diese stehen im Gegensatz zu den Forderungen, die Paulus an die Frauen stellt.
Diese Aussage ist also keine absolute, die neutral irgendwo im Raum steht. Paulus sagt vielmehr: Seid so und nicht so. Die Dinge, die er aufzählt – sowohl die, die Frauen tun sollen, als auch die, die sie nicht tun sollen – sind nur stellvertretende Beispiele. Das heißt, es handelt sich nicht um vollständige Aufzählungen.
Sonst könnten wir ja sagen: Ihr dürft euch nicht mit Haarflechten, Gold, Perlen oder aufwendiger Kleidung schmücken, aber mit Silber oder Platin schon, denn das steht ja nicht da. Auch von Ohrringen, Ketten oder Ringen ist keine Rede. Ebenso wenig von aufwendigen Hüten.
Ihr merkt, worauf ich hinaus will: Hier werden nur Beispiele genannt. Es geht eigentlich darum, dass es generell wichtig ist, auf das Innere zu achten und nicht in erster Linie auf das Äußere. So könnte man es ganz kurz zusammenfassen.
Doch Paulus macht es an bestimmten Dingen fest, weil viele von uns, wenn man es so vereinfacht sagt, denken: „Ja, das tue ich ja sowieso.“ Und legen dann trotzdem sehr viel Wert auf das Äußere.
Deshalb nennt Paulus hier einige konkrete Beispiele, damit das deutlicher wird. Es geht nicht darum, sich nur an diesen Beispielen festzuhalten und dann irgendwo einen Ausweg zu finden, um weiterzumachen wie bisher, aber diese vier Punkte zu beachten.
Nein, es geht um etwas ganz anderes. Es geht darum, dass Menschen – hier insbesondere Frauen – stärker darauf achten, sich innerlich zu verändern und nicht in erster Linie äußerlich.
Warum richtet sich diese Ermahnung besonders an Frauen?
Hier stellt sich die Frage: Warum sagt Paulus das eigentlich über Frauen? Habt ihr eine Antwort darauf? Einige lächeln hier vorne schon etwas. Ist die Sache vielleicht zu selbstverständlich oder zu offensichtlich?
Wenn ich jetzt an meine Töchter zu Hause denke, besonders die, die gerade in der Pubertät sind, dann ist das Äußere erst einmal das Wichtigste. Zumindest wird dort der meiste Zeitaufwand betrieben. Gerade heute war eine meiner Töchter bestimmt eine Viertelstunde vor dem Spiegel. Sie sagte zu mir: „Papa, ich bekomme einen Pickel, so einen richtig fetten, und der tut auch noch weh.“ Ich schaute mir den an und musste fast ein Mikroskop nehmen, um ihn überhaupt zu sehen.
Zugegeben, wahrscheinlich ist das bei Mädchen in diesem Alter manchmal etwas stärker ausgeprägt als im späteren Leben. Es hat ja durchaus auch seine Vorteile, wenn man alle zwei Wochen die Haarfarbe ändert und manchmal das Make-up etwas zu dick aufträgt. Mit der Zeit lernt man dann, dass dünneres Make-up oft sogar besser aussieht. Das sind sicherlich eher experimentelle Phasen. Die meisten Frauen, die heute Abend hier sind, haben diese Zeit wahrscheinlich längst hinter sich gelassen.
Aber Paulus hat den Eindruck, dass es in vielen Frauen ein Stück weit steckt, das Äußere stark zu betonen. Zumindest wenn wir der Werbung für Kosmetikprodukte glauben dürfen, muss da irgendwas dran sein. Ich vermute nicht, dass Millionen in Werbung investiert werden, wenn das Zeug keiner kauft. Wenn du mal in einer Drogerie bist, dann ist das Angebot für Frauen, was Kosmetik und allerlei Produkte angeht, viel, viel größer.
Und was ist mit den Männern? Männer sollen langsam aufholen, wahrscheinlich weil der Markt für Frauen schon ausgeschöpft ist. Jetzt sollen die Männer auch noch irgendwie versuchen, sich zu verschönern: Wachstumsgel auf die Haare schmieren, die nicht mehr da sind, Facelifting machen oder eine Schönheitsmaske auflegen, damit die Haut zart bleibt. Das kommt bei Männern scheinbar auch langsam in Gang, aber noch nicht so stark übernommen wie bei Frauen.
Frauen hingegen – wenn ihr mal in Büchern über Kulturgeschichte nachlest, ist das ja interessant – war das zu allen Zeiten und in allen Kulturen unheimlich wichtig. Wusstet ihr, dass Frauen zur Zeit des Neuen Testaments, bei den Römerinnen, sich schon die Haare gefärbt haben? Besonders blond, weil die Römerinnen meist dunkelhaarig waren. Man wollte natürlich gerade das, was man nicht hatte.
So wie unsere beiden Töchter schöne, lange, lockige Haare haben – wahrscheinlich von meiner Frau übernommen, die auch lockige Haare hat. Aber ich weiß nicht, ob das bei euch auch so ist. Bei uns in der Gegend sind gerade glatte Haare modern. Deshalb verbringen sie stundenlang Zeit damit, ihre Haare zu glätten – mit Glätteisen, schön gerade, bloß keine Locken. Ich komme dann immer wieder zu ihnen und sage: „Deine Locken sind doch so schön.“ Aber sie antworten: „Papa, du verstehst das nicht.“ Vielleicht verstehe ich das wirklich nicht, das kann sein.
Ihr merkt schon an meinen Ausführungen, dass mir das wahrscheinlich nicht ganz so liegt. Paulus erwähnt aber, dass Frauen scheinbar einen Schwachpunkt haben: Sie achten stark auf Äußerlichkeiten. Und er ermahnt sie, das in Schranken zu halten. Das darf nicht ausufern, denn die Gefahr ist, wenn du zu sehr auf das Äußere schaust, dass das Innere vernachlässigt wird. Meistens kann man nur das eine oder das andere machen.
Und jetzt nicht, dass die Frauen, die hier besonders schön angezogen und frisiert sind, in Depressionen fallen. Ihr dürft ja schön sein, und es ist auch gar nichts dagegen einzuwenden. Entschuldigung, das war nicht die richtige Wortwahl. Ich wollte sagen: Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass ihr so seid.
Lest euch zum Beispiel mal Sprüche 31 durch, das Loblied der tüchtigen Hausfrau. Da steht viel darüber, wie die vorbildliche Frau im Alten Testament beschrieben wird. Die Schönheit wird auch erwähnt, aber ganz am Ende, in den letzten Versen. Dort steht, dass sie hübsch ist und was sie für sich tut. Das ist gut und schön, aber ihr werdet hoffentlich selbst einsehen – wenn nicht, fragt eure Männer –, dass das Schönsein gut ist, aber in der Ehe noch viel wichtigere Dinge eine Rolle spielen.
Da könnt ihr die ganzen Sprüche durchlesen. Da stehen schöne Verse drin wie „Besser ein undichtes Dach als ein zänkisches Weib.“ Ja, solche Sprüche kenne ich. Und tatsächlich ist es so: Wenn deine Frau zu Hause immer nur herumnörgelt, dann kann sie noch so hübsch aussehen, noch so schön geschminkt und gekleidet sein – dann hofft man nur, dass sie endlich schweigt.
Darauf will Paulus genau hinaus. Er will auf diesen Punkt aufmerksam machen: Das Innere muss verändert werden, das ist das Eigentliche. Das Äußere, natürlich – wir sollten unseren Körper pflegen. Den wenigsten Frauen muss man das sagen, das tun sie ganz von selbst. Ich habe sogar den Eindruck, viele Frauen haben das eher angeboren.
In einem Buch haben wir mal gelesen: Männer wohnen in ihrem Körper, Frauen wohnen mit ihrem Körper. Männer sehen ihren Körper häufig mehr als Maschine, die geschmiert werden muss und laufen soll. Wenn etwas kaputt ist, geht man halt zum Arzt.
Frauen hingegen sind häufig viel stärker körpersensibel. Männer können das nicht immer ganz nachvollziehen. Aber dass Frauen auf ihren Körper achten, ist wahrscheinlich angeboren und gut. Paulus fordert hier nur: Halte es in Grenzen.
Aufforderung zu guten Werken als wahrem Schmuck
Er schreibt dann auch in Vers 10 noch weiter, woran die Frauen sich erkennen lassen sollen. Sie sollen also nicht durch besonders extravagante Auftritte auffallen, sondern durch gute Werke, wie es sich für Frauen gehört, die sich zur Gottesfurcht bekennen.
Hier werden die gläubigen Frauen angesprochen. Es wird gesagt: Als gläubige Frau weißt du doch sowieso, dass das, was Gott schätzt, dein Verhalten und dein Tun sind. Die Werke spielen dabei eine wichtige Rolle. Wenn du also in deiner Umgebung auffallen willst, dann tue das dadurch, dass du vorbildlich lebst.
Wie das im Einzelnen aussehen kann, wird in den folgenden Kapiteln noch beschrieben. Zum Teil geschieht das als Qualifikation der Ältesten oder für die Witwen, die später erwähnt werden. Paulus nennt dort solche Dinge wie anderen Dienen, Barmherzigkeit zeigen, Gastfreundschaft üben und Ähnliches. Das sind ganz konkrete Beispiele für gute Werke, die hier im Blick stehen.
Es geht also einerseits darum, an der eigenen Persönlichkeit innerlich zu arbeiten und andererseits durch gute Werke nach außen hin Gott zu loben. Gleichzeitig soll dadurch gezeigt werden, was Gott im eigenen Leben getan hat. Dabei geht es nicht darum, das nur durch das rein Äußere zu vermitteln.
Das ist, glaube ich, heute schwierig und war vielleicht zu allen Zeiten schwierig. Ich habe aber den Eindruck, dass es heute noch schwieriger ist. Wenn man sich in der nichtchristlichen Umgebung umschaut, dann ist es doch gerade so, dass das Äußere scheinbar alles ist. Es kommt darauf an, wie du in dem Moment ankommst, wie du dich darstellst und präsentierst. Das andere fällt dabei häufig hinten runter.
Meine Frau hat neulich etwas bemerkt. Ich weiß gar nicht mehr genau, wo das war. Sie fuhr, glaube ich, im Auto, und im Radio wurde etwas erzählt – irgendetwas über einen Fußballer, glaube ich nach der Weltmeisterschaft, der sich verheiratet hat oder heiraten wollte. Ich weiß nicht mehr genau, wie das war.
Auf jeden Fall wollte ich darauf hinaus, dass gefragt wurde: „Was war seine Freundin?“ Und jetzt könnt ihr mal raten. Meiner Frau ist das in den letzten Jahren häufiger aufgefallen, wenn Schauspieler heiraten. Da war doch auch dieser dänische König oder so ähnlich, oder war es Schweden? Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls waren es vielfach Frauen, die Models waren.
Vielleicht ist das auch schon einmal aufgefallen: Es gibt ja durchaus intelligente Models, es gibt fleißige Models und sogar studierte Models. Aber Models sind nur ein ganz kleiner Ausschnitt von Frauen. Das sind nur wenige. Warum suchen sie gerade Models aus?
Da liegt doch nahe, dass das Äußere hier das Dominierende ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass viele dieser Ehen nicht lange halten. Dann merkt man, dass das schöne Aussehen allein doch nicht reicht.
Die Aufforderung zum Lernen und zur Unterordnung der Frau
Nun geht es weiter. Hier wird noch mehr über die Frau gesagt, nämlich dass eine Frau in der Stille lernen soll, in aller Unterordnung. Manche lesen zuerst die Worte „Unterordnung“ und „Stille“. Doch das Erste, was Paulus hier betont – und das möchte ich auch hervorheben – ist, dass eine Frau lernen soll.
Damit ist nicht gemeint, dass Männer nichts mehr zu lernen hätten. Paulus kümmert sich hier in erster Linie um die Frauen. Es wird etwas ganz Neues für die damalige Zeit ausgesagt. Zum einen ist der Begriff „Lernen“ hier nicht etwas Fakultatives, das heißt, wer es gerne möchte, darf es tun, wie wissbegierige Frauen. Vielmehr ist dies eine sprachliche Imperativform, eine Befehlsform. Damit sagt er: Ihr Frauen, ihr sollt lernen – und zwar geistliche Dinge, die hier gemeint sind.
Das war etwas vollkommen Neues. In der jüdischen Umwelt lernten Frauen nicht; sie lernten weder lesen noch schreiben, weil man sagte, die Männer müssten lesen und schreiben können, um das Alte Testament als Juden lesen zu können. In der Synagoge wurde vorgelesen, die Frauen hörten höchstens zu, meist abgetrennt irgendwo auf einer Empore. Hier ist es ganz anders: Die Frauen in der christlichen Gemeinde sind von Anfang an mit dabei. Sie sind Teil der Gemeinde.
Das Neue ist: Ihr Frauen, ihr sollt euch auch mit Glaubensdingen auseinandersetzen. Das war bei jüdischen Männern und Familien eine reine Männersache. Auch im Griechentum war das vor allem eine Männerangelegenheit. Hier aber heißt es: Frauen, lernt! Setzt euch mit biblischen Inhalten auseinander!
Gleichzeitig kommt aber auch ein „Aber“ dazu: Lernt, aber in einer besonderen Art und Weise – lernt in Stille und in Unterordnung. Warum muss Paulus das besonders hervorheben? Er war ja in Ephesus gewesen und hat den Frauen wahrscheinlich schon Ähnliches gesagt. Wir müssen aber davon ausgehen, dass einige Frauen das Lernen offenbar mit dem Wunsch verwechselt haben, die Leitung der Gemeinde zu übernehmen.
Denn im direkten Anschluss an diese Ermahnung der Frauen folgt die Qualifikation der Ältesten. Daraus schließe ich, dass einige Frauen ihre Kompetenzen überschritten und sich in die Gemeindeleitung eingemischt haben. Deshalb sagt Paulus: Ihr sollt lernen, das steht fest, aber die Gemeindeleitung ist nicht eure Aufgabe. Darum lernt in Stille.
Und was bedeutet Unterordnung hier? Die Frau soll sich wem unterordnen? Einerseits soll sich jede Frau ihrem Mann unterordnen. Das lesen wir unter anderem im 1. Korinther 11. Das ist aber nicht nur dort zu finden, sondern zieht sich durch die ganze Bibel – von Adam und Eva bis zur Offenbarung. Es ist sozusagen ein wörtlicher Ausdruck der Schöpfungsordnung, die nach dem Sündenfall weiterhin gilt und auch in den alttestamentlichen Geboten verankert ist.
Diese Familienordnung ist also nicht nur an dieser Stelle erwähnt, sondern zieht sich durch die gesamte Bibel. Neben dem Mann soll sich die Frau auch der Ältestenschaft unterordnen. Die Ältesten sind, wie wir später noch lesen werden, Männer – und zwar besonders qualifizierte Männer.
Wenn hier steht: „Ordne dich unter“, heißt das, ich erlaube der Frau nicht, über den Mann zu herrschen, sondern sie soll sich still verhalten. Das, was danach folgt, ist der Ausdruck dieser Unterordnung. Unterordnung bedeutet nicht, dass eine Frau sich unter jeden Mann unterordnen muss. Sondern die Bibel fordert die Unterordnung unter den eigenen Mann, sofern sie verheiratet ist, und in der Gemeinde unter die Ältesten.
Hier wird es den Frauen besonders gesagt, was nicht heißt, dass die Männer sich nicht ebenfalls unterordnen sollen. Ebenso wie die Männer zum Beten ermahnt werden, sollen die Frauen natürlich auch beten. Aber an dieser Stelle wird es besonders für die Frauen hervorgehoben.
Eine Frau soll also in Stille und Unterordnung lernen. Das bedeutet, sie soll nicht dominieren. Paulus schreibt: „Ich erlaube einer Frau nicht zu lehren und auch nicht, dass sie über den Mann herrscht, sondern sie soll sich still verhalten.“ Hier beschreibt er das Problem der Frauen in Ephesus genauer.
Offenbar gab es dort Frauen, die aufgrund der neuen Freiheit in der christlichen Gemeinde versuchten, über die Männer zu herrschen. Entweder über ihre eigenen Männer oder sie setzten die Familienordnung außer Kraft. Paulus macht das zum Beispiel im Epheserbrief deutlich, wo es um die Haustafel geht: Der Mann ordnet sich Christus unter, die Frau ordnet sich dem Mann unter, die Kinder den Eltern, der Sklave dem Herrn und so weiter.
Dort wird genau aufgezählt, wie sich Gott die Reihenfolge und Form der Unterordnung vorstellt. Unterordnung bedeutet hier natürlich nicht Versklavung oder blinden Kadavergehorsam. Das ist allen klar. Denn auch Christus ordnet sich dem Vater unter. Damit ist nicht gemeint, dass Jesus ein Sklave Gottes sei, sondern dass Unterordnung bedeutet, bereit zu sein, eine gewisse Autorität zu akzeptieren.
Natürlich darf man dort Mitverantwortung tragen und wird das auch tun, aber in Unterordnung. Dann steht hier: „Ich erlaube nicht der Frau zu lehren.“ Was ist damit gemeint? Im Griechischen gibt es verschiedene Aspekte von Verben. Hier ist ein durativer Aspekt gemeint, der andeutet, dass jemand etwas fortwährend tut, also dauerhaft. Das meint normalerweise eine berufliche Tätigkeit.
Wenn hier steht, „Ich erlaube nicht einer Frau zu lehren“, dann bedeutet das das fortwährende Lehren, nicht Tag und Nacht, aber als ihr Amt. Dieses Amt kann die Frau nicht ausüben. Warum? Weil das Lehren das Amt der Ältesten ist. Das wird später noch erwähnt.
Die Verantwortung für die Lehre in der Gemeinde liegt nicht bei den Männern allgemein, sondern bei der Gemeindeleitung, die aus Ältesten besteht. Deshalb heißt es hier: Ich erlaube der Frau nicht, dauerhaft in der Gemeinde zu lehren, weil sie nicht Älteste sein kann. Wenn sie keine Älteste ist, sollte sie diese Lehraufgabe nicht regelmäßig übernehmen.
Ich halte es für wichtig, darauf zu achten, dass hier das regelmäßige Lehren gemeint ist. Denn natürlich lehrt jede fromme Frau auch, was kein Problem ist. In der Bibel wird mehrfach erwähnt, dass sie zum Beispiel ihre Kinder lehren soll. Von den älteren Frauen wird gesagt, dass sie die jüngeren lehren sollen.
Im weiteren Verlauf des Timotheusbriefs wird auch von Witwen in der Gemeinde gesprochen, die sich besonders um andere Frauen kümmern und sie lehren sollen. Darüber hinaus, wenn eine Frau im Gottesdienst ein Zeugnis gibt – und das ist mir besonders wichtig – dann ist darin auch eine Art Lehre enthalten.
Aber es ist nicht das regelmäßige Lehren und Unterweisen, das Aufgabe der Ältesten ist, die als Leitung die Linie vorgeben. Das Entscheidende ist hier, dass Frauen sich keine Stellung aneignen sollen, die den Ältesten vorbehalten ist.
Dass dies etwas Negatives beinhaltet, zeigt auch die Formulierung, dass sie nicht über den Mann herrschen soll. Der Begriff „Herrschaft“ stammt eher aus der Politik, etwa die Herrschaft eines Königs oder einer Regierung. Das heißt, der eine hat das Sagen, der andere muss gehorchen. Das soll eine Frau hier nicht tun.
Sie soll sich in die Gemeinde einbringen, lernen und hat Zugang zu Gott. Sie hat auch etwas beizutragen. Im 1. Korinther 12 und 14 lesen wir, dass jeder in der Gemeinde von Gott Gaben erhalten hat, die er einbringen soll – natürlich auch Frauen.
Aber sie soll ihre Position nicht überschreiten. Ihre Position ist hier die Unterordnung unter ihren Mann und unter die Ältesten. Dann heißt es, sie soll sich still verhalten. Dieses „still“ bedeutet nicht, kein Wort zu sagen, sondern bezieht sich auf das, was vorher gesagt wurde: still in Bezug auf Lehre und Herrschaft.
In diesem Sinne soll sie still sein. Das heißt nicht, dass sie beim Hineinkommen in die Gemeinde nicht „Guten Tag“ sagen darf. Das sage ich bewusst und möchte es nicht ablehnend oder abwertend meinen.
Es gibt Gemeinden, die das sehr unterschiedlich interpretieren. Manche nehmen die ersten Korintherstellen sehr strikt, Luther übersetzt das mit „Das Weib schweige in der Gemeinde“, und in solchen Gemeinden dürfen Frauen auch nicht beten, keine Zeugnisse geben oder Lieder vorschlagen.
Dort wird es ganz streng ausgelegt. Ich habe aber schon mit Geschwistern gesprochen und gefragt: „Darf eure Frau im Gottesdienst ‚Guten Tag‘ sagen?“ Das war ernst gemeint, und die Antwort war ja. Aber dann schweigt sie ja doch nicht ganz.
Das zeigt das Problem: Paulus meint wahrscheinlich nicht, dass Frauen gar nichts sagen dürfen. Er meint Schweigen in einem bestimmten Zusammenhang und in einer bestimmten Hinsicht.
Diese Hinsicht erklärt er hier zumindest an dieser Stelle: Es bezieht sich auf das regelmäßige Lehren in der Gemeinde und auf das Herrschen über den Mann. In diesen Bereichen soll die Frau schweigen und still sein.
Ich glaube nicht, dass Paulus hier meint, dass sie in der Gemeinde überhaupt nichts sagen darf. Darum geht es hier nicht.
Umgang mit kulturellem Kontext und biblischer Gültigkeit
Das ist eine Seite der Diskussion, bei der man aus meiner Sicht leicht überinterpretieren kann. Es gibt jedoch auch die andere Seite, bei der Leute sagen: „Ach, das war alles nur eine Diskussion in der damaligen Zeit, das gilt heute nicht mehr.“ Warum? Weil es einen kulturellen Bezug hatte, nämlich die Situation in Ephesus zu jener Zeit.
Das ist natürlich keine richtige Umgangsweise mit der Bibel. So sollte man mit der Bibel nicht umgehen, denn in der Bibel ist alles kulturbezogen. Alles wurde in eine bestimmte Kultur hineingeschrieben. Man kann sich nicht einfach aussuchen, welche Kultur einem passt und welche nicht.
Nehmen wir als Beispiel die Taufe. Die Taufe ist stark kulturell eingebunden. Ein damaliger Jude, der Christ wurde, erinnerte sich bei der Taufe an die Taufe des Johannes. Er dachte an die Mikwe, die Taufbäder, in denen man sich durch Reinigungswasser taufen ließ. Außerdem dachte er an die Proselytentaufe, bei der jemand, der nicht Jude war, Jude werden wollte und sich taufen musste, um zu zeigen: „Ich gehöre jetzt zu Gott.“
Heute gibt es außerhalb der christlichen Gemeinde eigentlich keine Taufe im Alltag. Wir baden und duschen, aber das hat nichts mit Taufe zu tun. Oder man geht ins Schwimmbad – formal gesehen ist das ähnlich, man planscht im Wasser herum, aber man merkt sofort, dass es etwas ganz anderes ist. Doch kein Christ käme auf die Idee zu sagen: „Weil die Taufe damals einen kulturellen Zusammenhang hatte und damals häufiger getauft wurde mit einer bestimmten Bedeutung, lassen wir die Taufe heute weg.“ Das würde niemand machen.
Oder das Abendmahl: Wie hat Jesus das Abendmahl eingesetzt? Als Passamahl, das neu interpretiert wurde. Wer von euch feiert heute noch Passa? Ihr kennt den kulturellen Zusammenhang nicht mehr, also wäre das Abendmahl auch nur kulturell bedingt? So kann man doch nicht damit umgehen.
Natürlich ist alles, was Gott sagt, immer in einem kulturellen Kontext geschrieben. Das heißt aber nicht, dass es deshalb nicht mehr gültig ist, weil sich der Kontext ändert. So leicht kann man das nicht machen.
Letztendlich führt das bei den Theologen, die so argumentieren, zu einer vollkommenen Willkür. Sie erklären nur das als kulturell bedingt, was ihnen irgendwie unangenehm ist. Die anderen Dinge, die genauso kulturell bedingt sind, lassen sie stehen. Die unangenehmen hingegen werfen sie raus. Dabei merkt man, dass hier der Wunsch der Vater des Gedankens ist. Das ist keine konsequente bibeltreue Exegese. So kann man nicht vorgehen.
Man kann sehr wohl sagen, eine Sache sei zeitlich begrenzt oder ausschließlich kulturell bezogen auf eine Situation, wenn der Text das auch selbst sagt. Wenn Paulus zum Beispiel sagt: „Bei euch in Ephesus gibt es ein Problem, das zwar alle anderen Gemeinden nicht haben, aber ihr müsst das lösen“, dann ja.
Doch hier, in diesem Kontext, beruft sich Paulus sogar auf die Schöpfungsordnung. Die Schöpfungsordnung gilt nach biblischer Auffassung für alle Zeiten und für alle Menschen. Das ist für ihn die Begründung, warum eine Frau sich so und so verhalten soll. Nicht wegen eines nur in Ephesus vorkommenden Problems, sondern weil es sich um etwas ganz Prinzipielles handelt.
Danach geht es um prinzipielle Wachen weiter, nämlich die Ältestenschaft, die ebenfalls nicht nur kulturell bedingt ist, sondern für alle Zeiten gilt. Das, was vorher zum Umgang mit Schmuck gesagt wird, gilt auch für alle Zeiten. Das ist keine einzige Stelle, sondern findet sich im Alten Testament und im Neuen Testament an verschiedenen Stellen.
Genauso begründet Paulus hier eine allgemeine Sache mit der Schöpfungsordnung, dem Verhältnis zwischen Mann und Frau und der Ordnung der Gemeinde. Deshalb, glaube ich, sollten wir diese Aussagen nicht einfach so über Bord werfen.
Das ist, glaube ich, die andere Gefahr, in der manche stehen, wenn sie diese Stelle auslegen.
Bezug auf die Schöpfungsgeschichte und die Rolle der Frau
Da steht, dass Adam zuerst gebildet wurde, danach Eva – also die Schöpfungsgeschichte in Genesis Kapitel 2. Adam wurde nicht verführt, die Frau aber schon. Die Versuchung fand im Garten Eden statt, wo der Teufel in Form einer Schlange an Eva herantrat. Sie geriet in Übertretung, das heißt, sie hat gesündigt und nicht getan, was Gott von ihr wollte. Später hat der Mann ebenfalls nicht getan, was Gott wollte, aber Paulus will darauf hinaus, dass die Frau durch den Teufel verführt wurde.
Wenn wir die Geschichte weiterverfolgen, sehen wir, dass der Mann durch die Frau verführt wurde. Das ist auch nicht besser, er hat ebenfalls gesündigt und wird deshalb genauso von Gott bestraft. Trotzdem wird hier die Verführung der Frau als Begründung genommen.
Manche Frauen könnten sagen: „Was habe ich denn mit Eva zu tun? Wenn sie so unklug war, warum sollte ich mich darum kümmern?“ Hier gilt, wie bei vielen anderen Stellen, dass man das mit Gott diskutieren muss. Ich kann nur sagen, was hier steht. Ob es einem passt oder nicht, ist eine andere Frage.
Wenn jemand sagt: „Nein, ich habe mit Eva nichts zu tun“, dann meint Paulus genau das Gegenteil. Wenn man das bestreitet, sollte man mit Gott diskutieren. Wenn Gott einem dann etwas anderes sagt, habe ich Zweifel, ob man gut zugehört hat. Die Sache ist relativ eindeutig, auch wenn sie auf den ersten Blick seltsam und missverständlich erscheinen kann.
Es heißt nämlich: „Sie soll aber davor bewahrt werden.“ Hier ist natürlich nicht Eva gemeint, denn Eva ist längst tot, sondern die Frau, die heute lebt. Also soll die Frau, die heute lebt, durch das Kindergebären bewahrt werden.
Manche Bibelübersetzer – ich weiß nicht, wie es bei euch ist – schreiben auch: „Die Frau wird selig durch Kindergebären.“ Ich glaube, Luther hat das so übersetzt, oder „gerettet werden“ steht in der Elberfelder. Diese Übersetzungen sind durchaus korrekt, treffen aber nicht genau den Punkt, um den es eigentlich geht. Denn das Wort „gerettet“ (griechisch sozo) meint an dieser Stelle etwas anderes.
Die Bezeichnung „Die Frau soll gerettet werden durch Kindergebären“ führte in der Kirchengeschichte immer wieder zu Streitpunkten und Missinterpretationen. Besonders auffällig ist das heute bei den Mormonen. Für sie ist dieser Vers eine zentrale Stelle ihres Evangeliums.
Die Mormonen haben neben der Bibel noch weitere Offenbarungen, wie die „Köstliche Perle“, das „Buch Mormon“ und die „Lehren und Bündnisse“. In all diesen Schriften kommt zum Ausdruck, dass eine Frau nach ihrer Auffassung nur in den Himmel kommen kann, wenn sie verheiratet ist und Kinder bekommt. Diejenigen, die keine Kinder bekommen können, müssen heiraten, um dennoch gerettet zu werden.
Außerdem lehrt die mormonische Kirche, dass die Frau mit dem Mann, mit dem sie im mormonischen Tempel „versiegelt“ wurde – also Ehen für die Ewigkeit geschlossen wurden – im Jenseits als Gott und Göttin einen Planeten zugewiesen bekommt. Dort soll sie Kinder zeugen und den Planeten bevölkern.
Das ist eine interessante Geschichte, nicht wahr? Vieles baut auf diesem Vers auf, weil dort ganz deutlich steht: „Die Frau wird selig, wenn sie Kinder bekommt.“ Also muss sie auf der Erde Kinder bekommen und auch im Jenseits Kinder bekommen.
Biblisch ist das natürlich nicht. Übrigens müsste man auch sagen: Das ist seltsam, denn alle Menschen werden gerettet, wenn sie ihre Sünden bekennen – außer Frauen. Die müssen sich nicht bekehren, sondern nur Kinder bekommen. Das erscheint aus männlicher Sicht ungerecht.
Natürlich will ich nicht bezweifeln, dass Kinder bekommen auch schwierig ist, aber warum gibt es Sonderregelungen für Frauen? In Deutschland wird die Hälfte der Bevölkerung gerettet, ohne dass sie je etwas von der Bibel gehört haben. Wir merken, dass das Ganze absurd ist und so nicht gemeint sein kann.
Woran liegt das? Das liegt daran, dass das Wort „sozo“ zwei verschiedene Bedeutungen hat. Die eine Bedeutung ist tatsächlich „gerettet werden“. Die andere bedeutet so viel wie „erfüllt sein“ oder „glücklich sein“. Genau das ist hier gemeint.
Im gesamten Kontext geht es nicht um Rettung, sondern darum, wie eine Frau anständig leben soll. Es wird gesagt: Du sollst nicht deinen Mann beherrschen, du sollst nicht die Gemeinde beherrschen. Sondern: Sieh deine Aufgabe, die Gott dir gegeben hat, und kümmere dich um deine Kinder.
Damals hatten fast alle Frauen Kinder, es sei denn, sie waren unfruchtbar. Es ging nicht darum, aus freien Stücken keine Kinder zu bekommen. Kinder zu haben und Kinder zu gebären war nach biblischer Vorstellung selbstverständlich.
Dann steht da: „Wenn sie – und hier sind die Kinder gemeint – im Glauben, in der Liebe und in der Heiligung, in der Zucht bleiben.“ Das heißt, eine Frau findet oder soll Erfüllung darin finden, wenn sie die von Gott zugewiesene Aufgabe annimmt und Erfolg darin hat.
Wenn die Kinder nicht „gelingen“, dann ist eine Frau nicht glücklich – das ist klar. Wenn die Kinder aber im Glauben, in der Liebe, in der Heiligung und in der Zucht sind, dann freut sie sich und findet Erfüllung.
Hier sind die Frauen gemeint, die Kinder zu Hause haben. Insbesondere sind die kleinen Kinder gemeint, denn wenn die Kinder erwachsen sind und man Großeltern oder Urgroßeltern ist, ist das nicht mehr so stark. Dann können aus Sicht der Frau andere Aufgaben wichtiger werden.
Das wird später noch erwähnt, wenn die Witwen beschrieben werden. Dort sind die Kinder groß, und für diese Frauen gibt es andere Aufgaben.
Aber hier sind die Frauen gemeint, die kleine Kinder zu Hause haben. Es wird gesagt: Kümmere dich darum, das ist die primäre Aufgabe. Später kommen andere Aufgaben hinzu. Und darin kannst du Erfüllung finden.
Genau das ist hier gemeint.
Voraussetzungen für den Ältestendienst
Dann möchte ich gerne etwas weiterlesen. Es geht jetzt um die Voraussetzungen für den Ältestendienst, also das Ältestenamt.
Ich lese erst einmal den Gesamtzusammenhang, das ist Kapitel drei, Verse eins bis sieben. Dort geht es um die Ältesten.
Glaubwürdig ist das Wort. Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit.
Nun muss aber ein Aufseher untadlich sein: Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfreundlich, fähig zu lehren, nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig.
Er soll einer sein, der seinem eigenen Hausgut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält in aller Ehrbarkeit. Wenn aber jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen?
Kein Neubekehrter, damit er sich nicht aufblasen wird und in das Gericht des Teufels fällt.
Er muss aber auch ein gutes Zeugnis haben von denen außerhalb der Gemeinde, damit er nicht in üble Nachrede und die Fallstricke des Teufels gerät.
(1. Timotheus 3,1-7)Bedeutung und Wertschätzung des Ältestendienstes
Also zunächst einmal die Betonung: „Glaubwürdig ist das Wort.“ Diese Formulierungen benutzt Paulus, wenn er die Bedeutung dessen, was jetzt folgt, besonders hervorheben will – und genau das tut er hier. Damit unterstreicht er auch, dass es sich nicht nur um seine eigene Überlegung handelt, sondern dass die Aussage letztendlich von Gott kommt.
Worum geht es? Eigentlich müsste hier ein Doppelpunkt stehen: „Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, begehrt eine vortreffliche Tätigkeit.“ Wenn hier „Aufseherdienst“ steht, dann ist damit genau das Ältestenamt gemeint. Manche Übersetzungen schreiben das auch direkt, sie verwenden den Begriff „Ältestenamt“. Oder man könnte auch sagen „Pressbitteramt“, denn „Pressbitter“ ist ebenfalls der Begriff, der hier gemeint ist. Das sind einfach verschiedene sprachliche Ausdrücke, die dasselbe ansprechen.
Letztlich ist also die Gemeindeleitung gemeint, und zwar im Plural. Was wir hier zuerst wahrnehmen sollten, ist: Es ist gut, nach einem Ältestenamt zu streben. Hier steht eine Aufforderung an Männer: Tut das, das ist eine gute Sache! Man kann hier nicht sagen: „Nein, sei bescheiden und tu das nicht.“ Nein, hier steht ausdrücklich: „eine vortreffliche Tätigkeit“ – tu das, begehre das!
Dieses Begehren meint ein sehr starkes Wollen, eine innere Motivation, die sich auch in äußerer Aktivität zeigt. Das soll man durchaus tun, und der männliche Christ, der die Qualifikation erfüllt, soll das auch tun.
Hier zeigt sich schon ein Schwachpunkt, den ihr wahrscheinlich auch aus der einen oder anderen Gemeinde kennt: Männer scheuen sich heutzutage immer stärker, Verantwortung zu übernehmen. Das wird bei jeder jüngeren Generation stärker. Zum Teil wird das auch staatlich und erzieherisch gefördert, weil man Unterschiede zwischen Mann und Frau angleichen möchte.
Viele Männer sind durch die moderne Gesellschaft verunsichert, was ihre Position und Stellung betrifft. Darüber hinaus sind beruflich engagierte Männer häufig – nicht immer, aber oft – so stark durch ihren Beruf eingebunden, dass sie sich davon sogar auffressen lassen. Für Gemeindeverantwortung bleibt dann wenig Raum.
In manchen Gemeinden ist es sogar so, dass verzweifelt nach irgendjemandem gesucht wird, der schließlich das Ältestenamt übernimmt. Meistens sind das nicht unbedingt diejenigen, die wirklich qualifiziert sind, sondern einfach irgendjemand. Dann darf man sich natürlich in der Gemeinde auch nicht wundern, wenn die Gemeinde irgendwie läuft oder eben nicht.
Hier liegt eine echte Herausforderung für jeden männlichen Christen: sich selbst zu überprüfen und danach zu streben. Es ist erst einmal etwas Gutes, sich für die Sache Gottes einzusetzen.
Offizielle Einsetzung und Auswahl der Ältesten
Übrigens, bevor ich jetzt die Qualifikation anschaue, möchte ich noch ein paar andere Dinge erwähnen, die uns ein umfassenderes Bild über die Ältesten geben können – nur relativ kurz.
So ist es zum Beispiel so, dass die Ältesten offiziell eingesetzt worden sind. Wir lesen das in Titus 1, Vers 5. Dort schreibt Paulus zu Titus: „Ich habe dich zu diesem Zweck in Kreta zurückgelassen, damit du das, was noch mangelt, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste einsetzt, so wie ich dir die Anweisung gegeben habe.“
Also gab es eine scheinbar offizielle Einsetzung der Ältesten. Das lief nicht so ab, dass irgendeine Gemeinde einfach Älteste hatte, sondern es gab eine bewusste Einsetzung. Der Begriff „Einsetzung“ meint hier ein aktives Handeln, das Titus vornahm. Es geht also nicht um eine Wahl. Eine Ältestenwahl wird in der ganzen Bibel nie erwähnt, was auch klar ist. Es geht nicht um eine Abstimmung, bei der entschieden wird, wer gewählt wird, wie es in manchen Gemeinden praktiziert wird und meist nicht gut herauskommt.
Denn oft wählen die Jungen den jungen Kandidaten, weil der für die frischen, neuen Lieder steht. Die, die charismatisch gesonnen sind, wählen den Charismatischen. Die, die eher gesetzter sind, wählen jemanden, der ihre Interessen vertritt. Das ist eine Idee der Demokratie, die auch in der Demokratie nicht schlecht ist, aber es ist keine Vorgehensweise zur Bestimmung von Ältesten, wie sie in der Bibel beschrieben wird.
Es kann natürlich sein, dass die Gemeinde die Qualifikation erkennt. Aber dann sollte man vielleicht eher in der Gemeinde bei der Ältestenbestimmung einen Fragebogen herumreichen. So könnten die Gemeindeglieder, wenn sie sich schon beteiligen, bewusst erkennen, dass es nicht um persönliche Sympathien, Verwandtschaft oder eigene Interessen geht. Sondern darum, dass diejenigen diese Aufgabe erfüllen, die nach den von Gott gegebenen Qualifikationen am besten geeignet sind.
Es wäre eventuell möglich, dass die Ältesten eine Art Probezeit durchlaufen haben. Darauf deutet vielleicht 1. Timotheus 3, Vers 10 hin, wo Ähnliches von den Diakonen gesagt wird. Dort steht: „Diese sollen zuerst erprobt werden; dann sollen sie dienen, wenn sie untadelig sind.“
Bei den Diakonen gab es offenbar vor der Einsetzung eine Probezeit. Und auch bei den Ältesten wird gesagt, dass sie bewährt sein sollen. Das deutet darauf hin, dass auch Älteste eine Art Probezeit durchlaufen konnten. Das klingt zwar etwas ungewöhnlich – Älteste auf Probe –, aber es sollte der Gemeinde oder den bereits bestehenden Ältesten die Möglichkeit geben, die Qualifikation genauer zu erkennen.
Es gab offenbar auch Älteste, die für ihre Arbeit bezahlt wurden. Das werden wir in 1. Timotheus 5, Vers 18 später noch einmal anschauen. Ich möchte es hier nur kurz erwähnen. Dort steht: „Denn die Schrift sagt: ‚Du sollst dem Ochsen, der das Maul nicht verbindet, wenn er drischt‘“ – und: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.“
Direkt nach Vers 17 heißt es: „Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelte Ehre haben, besonders die, welche im Wort und in der Lehre arbeiten.“ Das heißt, ich werde das später noch genauer auslegen, dass es nicht alle Ältesten betrifft, aber einzelne Älteste, die besonders intensiv in der Gemeinde mitarbeiten und deshalb ihre Berufstätigkeit vernachlässigen müssen, von der Gemeinde finanziell entschädigt werden können. Das scheint hier so beschrieben zu sein.
Die Ältesten waren vor Gott verantwortlich für die Gemeinde. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das Lehren. Das sehen wir auch in Kapitel 5, Vers 17, wo steht: „Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgeachtet werden, besonders die, welche im Wort und in der Lehre arbeiten.“
Wort und Lehre bedeutet hier: Wort ist Seelsorge und Predigt, und Lehre ist die systematische Unterweisung im Verständnis des Alten und Neuen Testaments.
Was sollten sie ferner noch tun? Im 1. Thessalonicher 5, Verse 12 und 13 lesen wir, dass sie den Schwachen und Hilfsbedürftigen helfen sollen. In 1. Petrus 5, Verse 1 und 2 steht, dass sie die Gemeinde gut versorgen sollen.
Das nur als Hintergrund für das, was in diesem Zusammenhang noch wichtig wäre: die Aufgabe der Ältesten.
Qualifikationen der Ältesten im Detail
Dann steht da: Nun muss aber ein Aufseher untadelig sein. Dieser Begriff „untadelig“ konnte mehrere Bedeutungen haben. Einerseits konnte er bedeuten, dass ihm juristisch nichts vorgeworfen werden kann. Das wäre so eine Mindestanforderung.
Der Begriff „untadelig“ wurde zum Teil aber auch für Leute benutzt, die nicht nur juristisch unangreifbar sind, sondern denen generell nichts vorgeworfen werden kann. Das würde heißen, die Ältesten sollen frei von allen Fehlern sein.
Jetzt müssen wir natürlich gleich sagen: Okay, Buch zu, damit hat sich die Sache erledigt. Es sei denn, jemand von euch meldet sich und sagt: Also ich bin das. Dann bin ich gespannt, euch kennenzulernen und mal genau ein bisschen reinzuhören, wie das denn nun so aussieht mit der Fehlerlosigkeit. Denn irgendwie habe ich da meine Zweifel. Ich hoffe, ich trete euch dabei nicht zu nahe.
Es könnte sein, dass das jetzt auch wieder so eine Art generelle Formulierung ist, die mit einem Doppelpunkt versehen werden müsste: Er soll also fehlerlos sein, und jetzt kommt, worin er fehlerlos sein soll. Das heißt, er soll vollkommen sein in den Punkten, die jetzt kommen. Das wäre eine Auslegungsmöglichkeit.
Eine andere Auslegungsmöglichkeit, die hier naheliegt, wäre, dass er danach streben soll – und das soll man in seinem Leben auch erkennen. Also er soll danach streben, in allen Sachen vorbildlich und fehlerlos zu sein. Das scheint mir hier auch durchaus denkbar zu sein.
Da es sich nicht nur auf die juristische Variante bezieht, ziehe ich daraus, dass ja die Vorstellung dessen, was nach außen wirkt, ganz am Ende kommt. Also dass er von außen gutes Ansehen haben soll. Hier geht es erst einmal um das Verhalten in der Gemeinde und vor Gott. Deshalb habe ich den Eindruck, es ist mehr gemeint, dass er danach streben soll, in allen Dingen untadelig zu sein.
Dann kommt diese Aussage: Er soll Mann einer Frau sein. Dies ist wahrscheinlich die Aussage, die bei den Auslegern dieses Textes am meisten Raum eingenommen hat, weil da schon seit zweitausend Jahren darüber diskutiert wird, was das denn nun heißt.
Vielleicht sage ich jetzt so: Ist doch ganz einfach! Ja, dann würde ich jetzt fragen: Was ist denn da ganz einfach? Und dann würden wir schon dahin kommen: So einfach ist das ja nicht.
Manche lesen das hier als Verbot der Polygamie, also dass ein Mann nur eine Frau haben darf. Aber hier müssten wir sagen: Hier gilt das etwa nur für die Ältesten. Aha, dann dürfen die anderen sogleich mehrere heiraten? Wer ist hier kein Ältester? Nein, das ist ja nicht gemeint.
Lesen wir irgendwo im Neuen Testament, dass irgendein Christ mehrere Frauen gehabt hat? Wir lesen von keinem einzigen Christen im Neuen Testament, der mehrere Frauen gehabt hat, weil das für die Christen generell nicht üblich gewesen ist. Auch in der kirchlichen Geschichte lesen wir davon nicht.
Es sei denn durch Ehebruch oder als Konkubine oder sonst etwas, aber richtig, das war vorhin verboten. Das heißt, das gab es gar nicht.
Warum wird das hier speziell für die Ältesten erwähnt? Nun, man kann es auch so deuten, wie die orthodoxe Kirche es deutet. Die orthodoxe Kirche sagt, der Mann darf nur einmal verheiratet sein. Das heißt, selbst wenn seine Frau stirbt, darf er nicht noch einmal heiraten.
Weil das eben noch ein Zeichen der Treue seiner Frau auch über den Tod hinaus ist. Und genauso soll er auch Gott treu sein.
Diese Auslegung wird in ähnlicher Weise etwas später für die Witwen angewandt. Denn bei den Witwen in der Gemeinde wird gesagt, dass die Witwen, die eine besondere Position in der Gemeinde haben, nur einmal verheiratet sein dürfen. Wenn sie dann wieder heiraten, ist das erlaubt in der Gemeinde, kein Problem. Aber dann dürfen sie nicht diesen besonderen Witwendienst in der Gemeinde ausfüllen.
Da gibt es also so eine Deutung, die das nahelegt.
Ich habe hier allerdings einen anderen Eindruck. Ich habe den Eindruck, das soll schlichtweg einfach heißen: Ein Ältester soll verheiratet sein. Und dass er nicht mehrere Frauen hat, ist ja selbstverständlich. Dass er nicht in Ehebruch leben soll, ist auch selbstverständlich. Aber ich habe den Eindruck, es soll gesagt werden, er soll verheiratet sein.
Warum? Ich glaube, dass mehrere Sachen auf der Hand liegen.
Nämlich erst mal ist das Ausführlichste, was da steht, die Qualifikation des Ältesten, die sich schon darin zeigt, wie er seiner Familie vorsteht. Das wird ja mehrfach erwähnt.
Und wie will einer, der nicht verheiratet ist, seiner Familie vorstehen? Das heißt, wo ist das Übungsfeld, auf dem er die Qualifikation gezeigt und entwickelt hat, die er jetzt auf größerer Ebene einsetzen soll?
Darüber hinaus, auch wenn es hier im Text nicht steht, ist es ja rein praktisch so: Wie willst du einen Ältesten in der Gemeinde haben? Wie bitte soll der denn in der Lehre und in der Seelsorge Ehefragen, Erziehungsfragen – die ja einen großen Teil des Alltags und der Diskussionen für Verheiratete ausmachen – bearbeiten? Wie soll er dem denn nachgehen? Wie soll er auch unverdächtig Seelsorge an Frauen betreiben?
Wenn man verheiratet ist, dann würde ich auch jedem empfehlen: Man sagt zumindest, Frau, komm mit, wir sprechen zusammen. Wenn du keine Frau hast, was machst du denn dann? Das wird doch sofort verdächtig, nicht nur für die Frau, sondern für alle und für dich vielleicht auch problematisch.
Deshalb glaube ich, hier ist tatsächlich jemand aus seelsorgerlichen, aus lehrmäßigen und auch aus den Punkten, die hier selbst erwähnt werden, nämlich dass er sich ja im Feld der Familie üben soll, um gewisse Qualifikationen zu haben. Hier ist in erster Linie gemeint, dass er verheiratet sein soll.
Jetzt können wir natürlich sagen: Lieber Paulus, da schreibst du, wo ist denn deine Frau? Wir wissen ja, Paulus war nicht verheiratet. Ja, klar, es gibt auch von den Regeln Gottes her erstmal Kriterien, wer Ältester sein darf.
Zweitens ist es allerdings so, dass es unter bestimmten Umständen vielleicht Ausnahmen geben kann. Denn alle Punkte, die hier genannt sind, sind ja das Generelle, was hier steht, was Maßstab sein soll, das gilt auch woanders.
Es kann sein, dass Gott auch eine Ausnahme macht. Nur wir sollten nicht auf die Ausnahmen schauen, sondern auf die Regel.
Was ich damit meine, ist zum Beispiel das Sabbatgebot. Natürlich galt es, aber wie Jesus deutlich macht, wenn er jemanden heilt, sind sie nicht so, dass im Zentrum steht, dass Jesus nicht auch mal am Sabbat jemanden heilen könnte oder die Jünger Essen machen könnten.
Wir müssen aufpassen, dass wir kein Gebot überheben. Aber ich glaube, das generelle Kriterium sollte sein: Ein Ältester soll verheiratet sein an dieser Stelle.
Es gibt eben auch andere Deutungen, aber ich glaube, dass die hier nicht zutreffen.
Nüchtern – was heißt das? Nüchtern verwenden wir ja normalerweise zuerst einmal für Trunkenheit oder besser gesagt die Abwesenheit von Trunkenheit, wobei die Trunkenheit ja nachher noch mal genauer erwähnt wird. Da steht nämlich, er soll nicht der Trunkenheit ergeben sein.
Deshalb glaube ich, dass hier keine Doppelung vorliegt, sondern dass hier ein anderer Aspekt dieses Wortes im Vordergrund steht.
Denn nüchtern konnte auch so viel heißen wie wachsam, aufmerksam, mit klarem Verstand. Er soll kopfdenkfähig sein, seine Sinne beisammen haben, kein Träumer oder Phantast sein.
Das wird hier gemeint sein. Derjenige, der Alkohol hat, sieht die Sachen nicht mehr ganz so klar, sowohl seine Fähigkeit, das Auto zu steuern, als auch im übertragenen Sinn.
Es soll ja manche gegeben haben, die dann bei der Party spät nachts eine Frau angemacht haben, und als sie morgens aufgewacht sind, gemerkt haben, dass die ja plötzlich ganz anders aussieht als am Abend vorher.
Ich meine Christen natürlich nicht, das ist ja vollkommen klar, aber Christen sollten sich auf der Party auch nicht betrinken.
Alkoholische Getränke können das Denken vernebeln, und das ist ja im übertragenen Sinne hier gemeint.
Also ist gemeint: Derjenige soll wachsam, aufmerksam, mit klarem Kopf sein, kein Träumer und Phantast.
Sondern was soll er stattdessen sein? Erst nüchtern, besonnen.
Besonnen meint so viel wie die richtige Priorität haben, Ernsthaftigkeit, vernünftig, umsichtig, selbstbeherrscht.
Das meint besonnen.
Jemand, der sich nicht einfach von seinen Gefühlen mitreißen lässt.
Derjenige ist besonnen.
Was weiß ich, du hast in der Gemeinde eine tolle Idee: Sollen wir nicht jetzt für alle Leute im Krankenhaus beten, dann wären die alle gesund?
Dann denkst du: Super, komm, wir machen das gleich.
Und wie gesagt, die Sache ist vielleicht gar nicht schlecht, aber jetzt besonnen heißt: Lass uns mal darüber nachdenken, lass uns mal darüber beten, jetzt überlegen wir mal, wer könnte denn gehen und wie wollen wir das machen?
Also jemand, der besonnen ist, überlegt erst mal genau und lässt sich nicht so schnell mitreißen.
Dann steht als Nächstes: anständig.
Hier ist das griechische Wort kosmios.
Kosmios meint: Kein Chaos, eine gewisse Ordnung im Leben haben.
Anständig zu sein wird auch so übersetzt: Die Regeln des allgemeinen Umgangs beherrschen.
Das heißt, jemand, der zum Beispiel morgens guten Tag sagt oder so, der also die Regeln des Anstandes beachtet.
Kosmios heißt, dass er sein Leben grundsätzlich geordnet hat, soweit es ihn betrifft.
Es gibt natürlich Dinge, die werfen das Leben durcheinander, auf die man keinen Einfluss hat, aber das soll hier gemeint sein.
Dann gastfreundlich.
Hier muss ich nicht viel sagen, außer, dass Gastfreundschaft natürlich nicht bedeutet, dass du dich besonders häufig mit deinen Freunden triffst.
Es gibt Leute, die haben ständig jemanden zu Hause, sind aber gar nicht gastfreundlich.
Gastfreundschaft meint damals noch mehr als heute, auch Leute aufzunehmen, die einfach in Not sind, die Probleme haben, die Schwierigkeiten haben, auch mal Leute, die dir vielleicht nicht so liegen in der Gemeinde.
Warum? Weil du ihnen etwas Gutes tun willst.
Wer nur Leute einlädt, um seinen Spaß zu haben, das ist keine Qualifikation für Christen und auch keine für Älteste.
Gastfreundschaft heißt hier, die Türen offen zu haben, selbst wenn es nicht um meine eigenen Interessen geht.
So ähnlich sagt Jesus das ja auch in der Bergpredigt.
Da sagt er: Was bildet ihr euch ein, wenn ihr eure Freunde grüßt?
Da sagt Jesus: Das machen die Heiden auch.
Und dann kommt ja die Frage der Nächstenliebe und der Feindesliebe.
Das ist hiermit auch gemeint.
Zur Zeit der damaligen Antike und noch im ganzen Mittelalter war das eine Grundpflicht des Christen.
Erst in der Neuzeit hat sich das aufgehoben, weil im Großteil des Mittelalters gab es ja auch für Reisende gar keine Gasthöfe und so etwas.
Auch in der jüdischen Zeit war das ganz vereinzelt nur.
Das heißt, entweder hast du irgendwo jemanden privat gekannt.
Manchmal gab es solche Gasthöfe, aber das waren meistens auch Nester für Verbrecher und Diebe und so etwas.
Die haben nur gewartet, dass irgendein Reisender vorbeikommt, denn den schützte ja keiner.
Er wurde vom Haus geplündert.
Insofern war das etwas ganz Praktisches.
Auch du tust hier Menschen, die in Not sind, etwas Gutes.
Im Mittelalter gab es sogar eine gesetzliche Verpflichtung, also nicht nur, dass es in der Bibel gefordert worden war.
Zum Beispiel in der Ordnung der Karolinger, der Ständeordnung von Karl dem Großen, stand ganz fest drin: Jeder ist verpflichtet, einen Durchreisenden aufzunehmen, wenn er an die Tür klopft.
Stellt euch solche Situationen mal vor: Kommt am Abend einer, wo ihr euch gerade zu Bett legen wollt, der sagt: Ich komme hier gerade vorbei, ich bin auf der Reise, ich will gerne bei dir schlafen.
Und wenn du es nicht gemacht hast, gab es sogar Strafe im Mittelalter dafür.
Und zwar warum?
Weil man die Forderung aus der Bibel gelesen hat.
Weil man gesagt hat, Gastfreundschaft ist eine grundsätzlich christliche Tugend.
Und weil man ja alle im Mittelalter für Christen hielt, die im Staat waren, sollten das auch alle tun.
Und wenn sie es nicht freiwillig taten, dann half man ein bisschen nach.
Die Klöster hatten das in vorbildlicher Weise getan.
Ich war vor ein paar Monaten auf einer Exkursion mit einigen Leuten in St. Gallen.
In St. Gallen gibt es eines der ältesten Klöster in Mitteleuropa.
Da haben wir das besichtigt und so sind auch Unterlagen vom Kloster St. Gallen.
Sie haben dort im Hochmittelalter am Tag zwischen 50 und 100 Gäste beherbergt.
Und zwar kostenlos.
Das heißt, sie hatten ein eigenes Gästehaus gebaut, wo die Leute gegessen, getrunken und übernachten konnten.
Allerdings merkte man auch, dass manche Leute das dann missbrauchen.
Deshalb gab es dort Regeln.
Man durfte nur eine Nacht bleiben, also nicht sich ewig einquartieren.
Im Laufe des Mittelalters gab es Leute, die das missbrauchten.
Aber hier bedeutet Gastfreundschaft nicht nur, Freunde einzuladen, sondern auch gegenüber anderen Menschen offen zu sein.
Fähig sein zu lehren.
Dazu brauche ich, glaube ich, nicht viel zu sagen.
Sie sollen in der Lage sein, das Wort Gottes systematisch und im Zusammenhang erklären zu können.
Denn das ist ja eine der wichtigsten Aufgaben, die sie haben, wenn sie die Gemeinde leiten.
Sie sollen sie geistlich leiten.
Und dann müssen sie erst mal selbst verstehen, was in der Bibel steht.
Das dann auch vermitteln und erklären können, damit die Gemeinde es versteht.
Das ist eine wichtige Fähigkeit.
Hier steht nicht predigen können.
Denn hinterher wird es auch noch unterschieden: Bei den Ältesten wird gesagt, im Wort und in der Lehre.
Das heißt, es können zwei verschiedene Sachen sein.
Es gibt manche, die können das Wort Gottes systematisch und gut erklären, aber sie können nicht gut predigen.
Denn Predigen ist ja noch mehr als Lehre.
Das heißt, ich wende das Wort Gottes in seelsorgerlicher Weise auf mein Publikum an.
Das ist noch etwas anderes, ein weiterer Schritt.
Den sollen die Ältesten sicherlich auch haben, das ist gut.
Hier wird es nur nicht an dieser Stelle besonders erwähnt.
Sie sollen nicht der Trunkenheit ergeben sein.
Hier habe ich mich immer gefragt oder frage mich jetzt, und auch manches Mal, wenn ich das lese: Was waren das wohl für Typen in der Gemeinde in Ephesus, die Ältester werden wollten?
Denn ich muss sagen, aber das mag vielleicht auch nur meine Position sein: Wenn ich eine Qualifikation der Ältesten aufzählen würde, käme ich wahrscheinlich nicht mal auf diese Sache, weil sie mir so selbstverständlich wäre.
Aber dann muss ich auch wieder sagen: Michael, du irrst dich.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich in meinem Leben nie so sehr mit Alkohol zu tun gehabt habe.
Gerade heute, als wir uns beim Mittagstisch noch unterhalten hatten mit Alex, haben wir gesagt: So wie er die Jugend erlebt und wie ich die Jugend erlebe.
Da habe ich ihm gesagt: Ich war noch nie in meinem Leben betrunken.
Und tatsächlich bin ich auch nicht traurig darüber.
Ich glaube nicht, dass ich dabei irgendwas verpasst habe.
Denn wenn ich mal so ein paar Betrunkene gesehen habe, habe ich gedacht: Das ist kein sehr empfehlenswerter oder erstrebenswerter Zustand, in dem sie sich da befinden.
Aber in Deutschland rechnet man damit, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung alkoholabhängig sind.
Und wenn ihr euch erinnert, was der Säger aus Weißrussland erzählt hat, dann ist das ja noch viel schlimmer.
Was hat er gesagt? Wie viel? Zwölf Liter Alkohol – und jetzt nicht Wein, sondern reiner Alkohol.
Der dann verdünnt in verschiedenen Formen, sonst ja noch viel mehr.
Zwölf Liter reiner Alkohol pro Person pro Jahr.
Und dann sagt er auch, dass massenhaft Leute daran kaputtgehen.
Und dann ist natürlich ganz klar, dass diese Forderung hier drinsteht: Du sollst Vorbild sein, auch in dieser Hinsicht, dass die Leute sich an dir orientieren können.
Und damit hängt auch zusammen: Der, der regelmäßig Alkohol konsumiert, kann meistens weder seine Familie gut vorstehen noch seine Arbeit wirklich gut machen.
Er macht seinen Körper kaputt, er macht sich abhängig von anderen Dingen als von Gott.
Das soll bei dem Ältesten nicht der Fall sein.
Nicht gewalttätig.
Das ist genauso wieder ein Punkt, den ich nicht erwähnt hätte.
Nicht, weil er nicht wichtig ist – der steht ja gerade deshalb da –, sondern weil ich wieder gedacht hätte, das ist doch selbstverständlich.
Ich hatte in der letzten Freizeit ein persönliches Gespräch mit jemandem.
Er sagte, bei ihm in der Gemeinde, wo er Mitältester ist, gibt es tatsächlich jemanden, der, wenn es nicht so läuft, wie er das will, richtig ausflippt.
Der fasst die Leute an und schüttelt sie dabei.
Der hat sich scheinbar nicht unter Kontrolle.
Da habe ich ihm gesagt: Ja, hier, lest mal nach, nicht geeignet für Ältestenschaft.
Es gibt solche Leute, die wirklich ihre Gefühle nicht unter Kontrolle haben und nicht geeignet sind für die Ältestenschaft.
Denn ein Ältester soll führen, aber nicht mit Gewalt.
Hier ist körperliche Gewalt gemeint.
Dass er auch nicht Machtmissbrauch betreiben soll, steht an weiteren Stellen in der Bibel, aber hier ist körperliche Gewalt gemeint.
Und jemand, der das im Privatleben tut, wird das auch irgendwann im Ältestenamt tun.
Deshalb Finger weg.
Wer seine Zunge nicht unter Kontrolle hat und wer seine Gefühle in Form von Aggressivität nicht unter Kontrolle hat, ist ungeeignet.
Dann steht als Nächstes: Nicht nach schändlichem Gewinn strebend.
Auch klar.
Jemand, der in seinem Privatleben wie auch im Leben in der Gemeinde in erster Linie auf Gewinn aus ist – das heißt ja materiellen Gewinn, Geld, Cash –, wird seinen Auftrag nicht gut ausfüllen können.
Warum? Das sagt uns ja Jesus schon: Du kannst nicht Gott dienen und dem Mammon.
Das geht einfach nicht.
Du wirst merken, irgendwann machst du Zugeständnisse.
Du nimmst die Bibel nicht mehr so, wie sie ist, weil dein Gewinnstreben dazu führt, dass das andere untergeordnet wird.
Du findest noch irgendeine Erklärung, warum dieses oder jenes doch noch möglich ist.
Bis dahin, dass es sogar Leute gibt, die die Gemeinde benutzen, um dadurch reich zu werden.
Besonders erschütternd aus meiner Sicht sind dabei die Beispiele zahlreicher amerikanischer Fernsehprediger, die allein dadurch, dass sie einmal pro Woche, manchmal auch zweimal pro Woche im Fernsehen eine Predigt halten, zu Millionären geworden sind.
Da frage ich mich immer wieder, wie anders das zur Zeit von Jesus, Petrus und Paulus war.
Wenn Petrus noch sagt: Silber und Gold haben wir nicht, dann hält er nicht erst die Hand auf und sagt: Für 2000 Euro wirst du geheilt.
Er hätte ja auch reich werden können, gar nicht.
Paulus lehnt sogar ab, von Gemeinden Geld zu bekommen, um nicht in Verdacht zu geraten, irgendetwas wegen des Geldes zu tun.
Er sagt: Lieber nähe ich meine Zelte, um davon zu leben, als irgendwo Geld zu nehmen, in keinem Fall.
Da müssen wir sagen: Das ist im höchsten Maße anrüchig.
Das wird auch im letzten Kapitel des ersten Timotheusbriefes noch einmal erwähnt, weil es Paulus so wichtig ist, dass es so schnell zu Missbrauch von Geld und Finanzen kommen kann, auch in Leitungsämtern.
Deshalb: Pass auf, jemand, der nicht richtig mit Geld umgehen kann, ist nicht geeignet für ein Ältestenamt.
Jemand, der in erster Linie an das Geld denkt oder sich danach ausrichtet, wird nicht gut für die Gemeinde sorgen können.
Er wird schnell Kompromisse machen, vielleicht daran denken, sich persönlich zu bereichern.
Das ist nicht geeignet.
Solche Leute sollten keine Leitungsfunktion in der Gemeinde bekommen.
Dann steht als Nächstes, was er positiv sein soll: Er soll gütig sein.
Gütig meint so viel wie rücksichtsvoll, freundlich, barmherzig, vergebungsbereit, friedfertig.
Das heißt, er soll das Wort Gottes nicht nur buchstabengetreu auslegen, sondern auch seelsorgerliche Fähigkeiten haben.
Ein Ältester ist nicht unbedingt derjenige, der der beste Dogmatiker ist.
Ich weiß nicht, vielleicht kennt die Gemeinde auch Leute, da kommt einer und sagt: Ich habe ein sehr sorgenvoll Problem.
Da sagt er: In der Bibel steht, zack, so ist es.
Oder jemand hat einen Verwandten verloren und fragt: Ist meine Großmutter wohl im Himmel?
Da sagt er: Hat sie sich bekehrt? Nein, sie schmort schon in der Hölle.
Ihr kennt solche Leute, sehr direkt, die sagen: Das ist halt so, muss man akzeptieren.
Das sind aber keine gütigen Menschen und nicht geeignet für die Ältestenschaft.
Diese Wahrheit mag sein, aber es fehlt die Güte, das den Menschen zu vermitteln, ihnen wirklich zu helfen und sie nicht einfach nur vor den Kopf zu stoßen.
Das ist zu wenig.
Das wird übrigens jetzt noch weitergeführt.
Dann steht: Nicht streitsüchtig.
Gerade diese dogmatischen Betonköpfe neigen häufig zu Streitsucht, zu Auseinandersetzungen.
Das ist so: Du musst hier reinhalten, wenn du nicht willst, fliegst du raus, und so weiter.
Nein, Kriterium für Christen ist eher Friedfertigkeit.
Paulus sagt ja im Römerbrief auch: So weit es an euch liegt, lebt in Frieden mit jedermann.
Das gilt natürlich auch in der Gemeinde.
Jetzt nicht, dass ihr mich missversteht: Nicht Frieden um jeden Preis.
Klar, der Älteste soll klare dogmatische Überzeugungen haben.
Aber dann soll er auch überlegen, wie er zum Ziel kommt.
Denn das Ziel ist nicht erreicht, wenn ich nur sage, sondern wenn ich die Gemeinde dazu führe, dass sie erkennt, dass es wahr ist und entsprechend handelt.
Das ist der Auftrag.
Nur das Sagen ist viel zu wenig.
Manchen stößt das einfach ab, andere hören gar nicht zu.
Wie bringe ich sie dazu?
Und dafür darf man nicht streitsüchtig sein.
Das heißt nicht, dass es nicht auch mal Diskussionen in der Gemeinde geben darf, auch in der Ältestenschaft natürlich.
Das gehört mit dazu.
Aber da muss ich auch wieder zur Ruhe kommen können und auch sagen können: Ich ordne mich jetzt unter, auch als Ältester, wenn es nötig ist.
Dann steht hier noch einmal: Nicht geldgierig.
Also nicht nur nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern generell gar nicht geldgierig zu sein.
Mit dem schändlichen Gewinn ist hier immer noch so ein bisschen gemeint, Gewinn und Geld auf einem nicht ganz legalen Weg zu erstreben.
Hier steht sogar noch, dass er generell nicht nach Gewinn schauen soll.
Wenn du reich werden willst, dann wäre das bitte nicht in der Gemeinde.
Du wirst es meistens auch nicht, es sei denn, du gehst nach Amerika.
Dort geht das natürlich, und da geht es am besten, wenn du deine eigene Kirche gründest.
Was viele Leute getan haben.
Übrigens auch Joyce Meyer.
Joyce Meyer hat eine eigene Kirche gegründet, in der sie selbst Pfarrerin ist, die einzige Pfarrerin, die es dort gibt.
Sie hat ihren eigenen Verein mitgegründet.
Sie ist eine der bekannten Fernsehpredigerinnen, die besonders beliebt bei Frauen ist, weil sie manche auch ganz nette Sachen sagt.
Aber hier habe ich den Eindruck, sie ist ganz klar gewinnstrebend.
Oder wie nennt ihr das sonst, wenn jemand etwa zehn Millionen Dollar im Jahr verdient?
Sie könnte ja auch sagen: Ich lebe einfach wie alle anderen auch, und das Geld wird irgendwo hingespendet.
Es wird ja keiner gezwungen, zehn Millionen Dollar zu nehmen, weil das Werk ja eher gehört.
Da kommt ja keiner zu, der sagt: Bitte nimm das Geld unbedingt, wir wissen nicht, wohin damit.
Das scheint mir schon in die Richtung von Geldgier zu gehen.
Einer, der sein eigenes Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält, mit aller Ehrbarkeit.
In erster Linie sind hier natürlich Kinder gemeint, die zu Hause sind.
Das heißt, wenn deine Kinder fünfzig sind und selbst schon wieder Kinder haben, bist du an dieser Stelle nicht mehr für ihr Handeln verantwortlich.
Aber solange sie in deinen vier Wänden sind, solange du Verantwortung für sie hast, soll sich darin zeigen, wie du mit ihnen umgehst.
Eben in Güte, Klarheit, Anleitung, Grenzen zeigen und so weiter.
Dort sollen sich Fähigkeiten zeigen, die auch nötig sind für das Führen einer Gemeinde.
Und wenn du das nicht hinbekommst, dann widme dich erst mal dieser Aufgabe oder übe erst mal darin.
Damit du auf höherer Ebene, in der umfassenderen großen Familie, der Gemeinde, das dann auch tun kannst.
Wenn aber jemand in seinem eigenen Haus nicht vorstehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen?
Die Antwort ist natürlich: Kann er gar nicht.
Wer das im Kleinen nicht tut, kann das im Großen auch nicht.
Kein Neubekehrter, damit er sich nicht aufbläst.
Es gibt ja manchmal Leute, die sich bekehren.
Das ist ja toll.
Die sind richtig begeistert für den Glauben.
Lesen Tag und Nacht in der Bibel, missionieren, evangelisieren.
Dann könnte man manchmal den Eindruck haben: Wow, der ist geeignet.
Hier wird gesagt: Vielleicht ist der geeignet, aber mach es trotzdem nicht.
Denn er muss erst einmal Standhaftigkeit und Bewährung zeigen.
Warum?
Weil die Erfahrung von Paulus damals zeigt und auch von uns heute.
Es gibt Leute, die haben die erste Liebe, so nennt man das dann, auch im Glauben, oder manchmal in Beziehungen zwischen Mann und Frau.
Aber dann nach ein paar Monaten wird das alles flach.
Und dann hast du dich schon als Ältester eingesetzt.
Oh, das ist schlecht.
Nein, nein, warte erst mal.
Lass den seine Aufgaben machen.
Der kann sich ja einbringen, der muss ja nicht Ältester sein.
Und wenn er jetzt mal fünf, sechs, sieben Jahre im Glauben ist und sich gut bewährt hat, kann er es immer noch werden.
Aber kein Neuling.
Warum hier steht: Damit er nicht aufgeblasen wird.
Das heißt, die Gefahr ist viel zu groß, wenn er so rasch in der Gemeinde Karriere macht, dass er viel zu groß über sich denkt.
Das schadet ihm selbst im geistlichen Leben.
Das ist für ihn selbst nicht gut.
Deshalb mach es nicht.
Und für die Gemeinde natürlich auch nicht.
Da steht: Damit er nicht aufgeblasen wird und dem Gericht des Teufels verfällt.
Plötzlich wird er überheblich, denkt zu viel über sich, merkt seine eigenen Grenzen nicht mehr.
Deshalb kein Neuling im Ältestenamt.
Lass ihn erst mal sich bewähren.
Er muss auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die außerhalb der Gemeinde sind.
Damit er nicht in übler Nachrede und in die Fallstricke des Teufels gerät.
Hier wird als letztes Kriterium noch gesagt: Wenn ein Ältester ein Leiter der Gemeinde ist, ist er nicht nur verantwortlich für die Gemeinde, sondern repräsentiert die Gemeinde auch nach außen.
Und jemand, der da Probleme hat, der dauernd im Streit mit Menschen lebt oder unredliche Sachen tut, der kann, auch wenn das nicht in der Gemeinde geschieht, in der Gemeinde nicht sein.
Weil er die Gemeinde schlecht nach außen repräsentiert.
Er wird dazu führen, dass die Leute sagen: Hey, guck mal da, das ist die Gemeinde, so ist das, machen die das also? Das geht nicht.
Natürlich nur, wenn es sich um Dinge handelt, die in der Bibel verboten sind.
Es geht ja nicht darum, dass jemand sagt: Was, der evangelisiert dauernd so böse, wie blöd der ist.
Nein, das ist nicht gemeint.
Sondern wenn Dinge genannt werden, die wirklich sowohl nach den Maßstäben Gottes als auch nach den Maßstäben der Gesellschaft, in der wir leben, negativ gesehen werden müssen, das soll nicht so sein.
Und den Fallstricken des Teufels.
Das heißt, er macht sich angreifbar für den Teufel.
Für Anfechtungen und Angriffe im eigenen Leben.
Deshalb sollte das ausgeräumt sein, soweit es Älteste betrifft.
Kurzüberblick über die Qualifikationen der Diakone
Jetzt sind wir hier eigentlich am Ende. Ich möchte mir allerdings trotzdem die Freiheit nehmen, diese Sache mit dem Diakon in nur zwei Minuten zu Ende zu führen. Ja, ich höre schon euren Unglauben heraus. Aber passt auf: In der ersten Minute lese ich das jetzt vor, in der zweiten erkläre ich es dann.
Gleichermaßen sollen auch die Diakone ehrbar sein, nicht doppelzüngig, nicht mit vielem Weingenuss ergeben und nicht mit schändlichem Gewinnstreben. Sie sollen das Geheimnis des Glaubens in einem reinen Gewissen bewahren. Diese sollen zuerst erprobt werden. Dann sollen sie dienen, wenn sie untadelig sind.
Die Frauen sollen ebenfalls ehrbar sein, nicht verleumderisch, nicht nüchtern, treu in allem. Die Diakone sollen jeder Mann einer Frau sein und ihren Kindern sowie ihrem Haus gut vorstehen. Denn wenn sie ihren Dienst verstehen, erwerben sie sich selbst eine gute Stufe mit viel Freimütigkeit im Glauben an Christus Jesus.
Ihr merkt jetzt schon, warum es einfach ist, das kurz zusammenzufassen: Fast alle Kriterien, die hier stehen, finden sich auch schon über den Ältesten. Das Einzige, was hier noch dazukommt, ist, dass sie nicht doppelzüngig sein sollen. Denn mit dem Gewinnstreben hatten wir bereits, dass sie ein reines Gewissen haben sollen, dass sie erprobt und untadelig sein sollen, ehrbar, nüchtern und treu. Das hatten wir alles hier schon mehr oder weniger. Manche Begriffe kommen nicht vor, wie zum Beispiel lehrfähig. Dafür wird nicht doppelzüngig besonders erwähnt.
Das sollen natürlich die Ältesten auch nicht sein, aber es wird hier besonders hervorgehoben. Woran liegt es, dass sie nicht unbedingt lehrfähig sein müssen? Weil die Aufgabe der Diakone in der Bibel eher die ausführende Instanz im praktischen Bereich ist. Denn Diakonos oder Diakon bedeutet ursprünglich der Diener bei Tisch, also derjenige, der Leute bedient und begleitet.
Und das war ja auch die Aufgabe von Stephanus und den ersten Diakonen: praktische, geistliche Arbeit in der Gemeinde zu verrichten, aber nicht in erster Linie Seelsorge zu übernehmen. Denn das war die Hauptverantwortung der Leitung der Gemeinde, der Ältesten.
Ich weiß nicht, ob es jetzt genau zwei Minuten waren, aber annähernd denke ich schon. Damit schließe ich jetzt auch ab.
Schlussgebet
Ich bete gerne noch mit euch, und morgen machen wir an dieser Stelle weiter. Ich hoffe, dass einige Hinweise für die Sekretärinnen der Ältesten euch in Erinnerung bleiben werden – auch im Hinblick auf eure jeweilige Gemeindesituation.
Dann bete ich:
Herr Jesus Christus, vielen Dank für den ersten Timotheusbrief und für die Hinweise, die besonders unseren Schwestern, den Frauen unter uns, gelten. Ich bitte dich, dass du ihnen deutlich machst, was du damit sagen möchtest und welche Bedeutung das für ihr eigenes Leben hat.
Außerdem bitte ich dich für uns alle, dass wir einen klaren Eindruck von der Ältestenschaft bekommen. Mögen die Männer unter uns ihre Verantwortung in der Gemeinde ernsthaft überprüfen. Und möge es uns allen, als Gemeindegliedern, wichtig sein, dass die Gemeindeleitung in unserer Gemeinde immer mehr so funktioniert, wie du es dir wünschst und wie du es in diesem Brief beschrieben hast.
Vielen Dank für diesen Abend und dafür, dass du mit uns gehst – in diesen Abend und in die Nacht. Amen.