Liebe Geschwister, liebe Freunde!
Ich freue mich sehr, heute Morgen hier sein zu dürfen. Das Generalthema lautet ja „Prophetie zweitausend“. Ich werde heute Morgen, an diesem Karfreitagmorgen, nicht über die Erfüllung der Prophetie ab dem Jahr zweitausend sprechen, sondern vielmehr darüber, wie sich Prophetie vor zweitausend Jahren erfüllt hat.
So setze ich diesen Morgen unter den Untertitel: So entstand das Christentum – die Welt der Evangelien und der Apostelgeschichte wird völlig neu erlebt.
Wir wollen zurückkehren in die Vergangenheit. Dabei werden wir die Ergebnisse der modernen Archäologie zu Hilfe nehmen. Außerdem stützen wir uns auf schriftliche Quellen, sowohl biblische als auch außerbiblische.
Die wichtigsten Quellen sind natürlich die biblischen des Neuen Testaments. Das Neue Testament ist uns heute in etwa fünf griechischen Handschriften überliefert. Verschiedene Manuskripte reichen zeitlich nahe an die Originale heran. So haben wir die Möglichkeit, Handschriften aus dem ersten Jahrhundert zu benutzen.
Auf diese Weise kommen wir den Ereignissen sehr nahe. Es ist also nicht so, wie Lessing einmal gesagt hat, dass uns ein unüberwindbarer Graben von den Ereignissen vor zweitausend Jahren trennen würde.
Historische und prophetische Grundlagen der Zeit Jesu
Vor zweitausend Jahren wurde hier in Bethlehem der Herr Jesus, der Messias, geboren. Ein Blick auf die Hirtenfelder zeigt uns diese Zeit. Wir wollen diese Zeit gemeinsam genau unter die Lupe nehmen. Dazu gehen wir zunächst vierhundert Jahre weiter zurück.
Um 400 vor Christus lebte der letzte Prophet des Alten Testaments, Malachi. Der Talmud sagt – ich habe es an mehreren Stellen gefunden –, dass nach dem Tod der Propheten Haggai, Sacharja und Malachi der Heilige Geist von Israel wich. Um 400 vor Christus gab es einen bedeutenden Einschnitt: Die gewohnte Folge der Schriftpropheten endete.
Doch der letzte Prophet Malachi hatte, wie seine Vorgänger, vom Kommen des verheißungsvollen Erlösers, vom Messias, gesprochen. In Malachi 3,1 lesen wir: „Siehe, ich sende meinen Boten, dass er den Weg bereite vor mir her. Und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr suchet, und der Bote des Bundes, den ihr begehret. Siehe, er kommt, spricht der Herr der Heerscharen.“
Der Messias, der Bote des Bundes, wird hier angekündigt. Plötzlich, überraschend, wird er zum Tempel nach Jerusalem kommen. Die Schriftpropheten endeten um 400 v. Chr., doch das spornte die Menschen umso mehr an, sich intensiv mit den Rollen des Alten Testaments auseinanderzusetzen. Sie studierten die Schriften genau, kopierten sie sorgfältig und erwarteten das Kommen des Erlösers.
Es war eine spannende Zeit des Wartens, und die Aufregung wurde immer größer.
Politische und kulturelle Voraussetzungen für das Kommen des Messias
Um 336 v. Chr. brach ein zwanzigjähriger Junge aus Griechenland mit einer Armee von zehntausend Soldaten in den Osten auf. Es war Alexander, den ihr in der Schule als Alexander den Großen kennt. Innerhalb von dreizehn Jahren zerschlug er das gesamte mesopersische Weltreich und eroberte ein neues Weltreich bis nach Indien, über den Indus hinaus. Unglaublich, was da geschehen war!
Alexander verbreitete dadurch die griechische Sprache in diesem gesamten Weltreich – von Europa bis nach Indien. Griechisch wurde von da an zur Weltsprache, also etwa so wie Englisch heute. Wir sehen jetzt, dass dies alles ganz entscheidende Vorbereitungen für das Kommen des Erlösers waren, Vorbereitungen für das Christentum und das Evangelium.
Etwas später, um 280 v. Chr., wurde in Ägypten, in Alexandria, das Alte Testament ins Griechische übersetzt. Stellen Sie sich vor: Zum ersten Mal wurde das Alte Testament, die hebräische Bibel, in einer heidnischen Sprache zugänglich – und zwar in der damaligen Weltsprache.
Diese Übersetzung soll in der berühmten Universitätsbibliothek von Alexandria entstanden sein. Diese Bibliothek existiert heute nicht mehr, deshalb habe ich hier symbolisch die heutige Universitätsbibliothek in Alexandria fotografiert. Die Bibel wurde dadurch für die Heidenwelt zugänglich.
Wir gehen weiter in der Entwicklung: Das Alexanderreich zerfiel in einem langen Prozess immer mehr. Doch von Westen her breitete sich langsam, aber unaufhaltsam ein neues Reich aus: das römische Reich.
Um 30 v. Chr. zerbrachen die letzten Reste des Alexanderreiches. Das neue Weltreich, das nun stand, war das römische Reich. Übrigens marschierte um 63 v. Chr. Pompeius mit seinen römischen Legionen in Jerusalem ein. So kam das Land Israel unter römische Herrschaft.
Die Römer fassten den gesamten Mittelmeerraum zu einer politischen Einheit zusammen. Das führte dazu, dass dieses riesige Gebiet von Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika zu einem Friedensgebiet wurde. Die Pax Romana, der römische Frieden, wurde ein fester Begriff.
Durch all diese Gebiete konnte man reisen, ohne Angst haben zu müssen, in Kriegsgebiete zu geraten. Wir werden sehen, dass dies eine wichtige Vorbereitung für die Ausbreitung des Evangeliums war.
Herodes und der Tempel als Zentrum der jüdischen Welt
Jetzt gehen wir zeitlich weiter zurück. Um 19 vor Christus schlug König Herodes, eigentlich schon ein wenig früher, vor, den jüdischen Tempel in Jerusalem vollständig umzubauen. Herodes war bereit, aus seinem unermesslichen Reichtum das Geld dafür zu spenden.
Eben um 19 vor Christus begann man mit diesem massiven Umbau des Tempels in Jerusalem. Herodes war ein Edomiter, ein Nachkomme von Esau, und herrschte über das Volk Jakobs. Er war bei den Juden sehr verhasst und galt als blutrünstiger Drache. Um sich dennoch bei den Juden beliebt zu machen, unterbreitete er dieses gewaltige Geldangebot.
Das jüdische Volk nahm das Angebot an, und der Tempel wurde massiv erweitert. Im Norden wurde das Bezethertal künstlich aufgeschüttet. Auch im Westen und Süden erfolgten Erweiterungen, sodass schließlich eine Plattform von 144 Quadratmetern entstand. Man hätte alle Kathedralen, selbst alle alten Kathedralen Englands, hier unterbringen können und hätte noch Raum übrig gehabt. Es war das größte Heiligtum in der damaligen alten Welt.
Der Tempel damals war herrlicher als zur Zeit Salomos. Gerade in der Zeit des Messias erreichte Jerusalem ihre größte Blüte. Und plötzlich sollte der Messias zum Tempel kommen, so sagte es doch der letzte Prophet.
Geburt und frühe Kindheit Jesu im historischen Kontext
Und wirklich, vor zweitausend Jahren wurde der Herr Jesus Christus in Bethlehem geboren. Die Hirten in der Umgebung von Bethlehem waren die Ersten, die davon erfuhren.
Damit erfüllte sich, was im achten Jahrhundert vor Christus bei Micha 5,2 prophezeit wurde: „Und du, Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Tausenden von Juda, aus dir wird mir hervorgehen, der Herrscher über Israel sein soll. Und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.“
Das Gesetz Mose verlangte, dass eine Frau nach der Entbindung nach Jerusalem zum Tempel reisen musste, um für sich ein Reinigungsopfer darzubringen. Das war unter anderem der Grund, warum Maria und Joseph etwas mehr als einen Monat nach der Geburt nach Jerusalem gingen.
Hier sehen wir den Tempelbezirk von Norden, von der Nordmauer aus. Dieses zweite Tor hier, das große Tor, ist das Frauentor. Dort ging Maria hinein zum Altar und brachte ein Opfer dar – Tauben, das Opfer der Armen.
So kam der Messias, etwas mehr als einen Monat alt, zum ersten Mal plötzlich zum Tempel. Wer hat das damals realisiert? Einige wenige, aber nicht viele.
Wenn wir all das betrachten, erkennen wir die Realisierung, die Tatsache, die in Galater 4,4 beschrieben wird: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz.“
Ja, die Zeit war wunderbar vorbereitet in einem langen Prozess. Der Messias, der Erlöser, kam genau zum richtigen Zeitpunkt – vor zweitausend Jahren.
Zusammenfassung der politischen und kulturellen Voraussetzungen
Wir fassen zusammen:
Als die Zeit erfüllt war, sehen wir, dass ab 280 vor Christus das Alte Testament auf Griechisch in die Weltsprache der Heiden übersetzt wurde. Viele Griechen und Heiden begannen sich für die Bibel zu interessieren.
Gleichzeitig setzte in dieser Zeit ein Prozess ein: Synagogen wurden von Juden gebaut, die im ganzen Mittelmeerraum Handel trieben. Dadurch konnten Heiden an den Gottesdiensten teilnehmen und lernten etwas über den einen wahren Gott.
Wir haben auch gesehen, dass Griechisch damals zur Weltsprache aufstieg. Die Verständigung war einfach. Der Mittelmeerraum wurde durch die Römer zu einer politischen Einheit zusammengefasst. Man konnte schnell reisen, ohne Angst vor Krieg zu haben.
Es gab schließlich ein Netz von Heeresstraßen im Römischen Reich, das etwa 80 Kilometer voneinander entfernt war. Dieses Straßennetz konnte auch für die Verbreitung des Evangeliums genutzt werden. Hinzu kam ein entwickelter Schifffahrtsverkehr im Römischen Reich, der ebenfalls die Verbreitung des Evangeliums förderte.
Genau in dieser Zeit entstand unter den Heiden im Römischen Reich ein allgemeiner Trend der Enttäuschung über die beschränkten griechisch-römischen Götter. Diese Götter wurden als beschränkt und unmoralisch empfunden. Viele hatten genug von solchen Göttern.
Die Sehnsucht wuchs bei vielen, einem ewigen, unendlichen und heiligen Gott zu begegnen.
Zeitliche Einordnung der Geburt Jesu
Wir lesen aus der Weihnachtsgeschichte in Lukas 2: Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben.
Wir fragen uns: Wann war dieser Erlass von Kaiser Augustus? Es gibt verschiedene Möglichkeiten.
Es gab nämlich eine Steuereintreibung unter Augustus in den Jahren neun bis acht vor Christus, sechs bis sieben nach Christus und dreizehn bis vierzehn nach Christus. Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Am fünften Februar zwei vor Christus gab es ein Jubiläum – 25 Jahre Augustus. Er wurde zum Pater Patriae, zum Vater des Vaterlandes, ausgerufen. Jeder im römischen Reich musste damals einen Treueeid auf den Kaiser ablegen.
Nun, wie kann man das nachweisen? Das musste in Listen erfasst werden, selbstverständlich. Interessant ist Folgendes: Lukas verwendet in seinem griechischen Evangelium für die Einschreibung nicht den Fachausdruck für Steuereinschreibung, sondern einen allgemeineren Begriff, der einfach „Eintragung in Listen“ bedeutet.
Es könnte also sehr gut sein, dass die Geburt Jesu damals im Jahr zwei vor Christus stattgefunden hat. Und das stimmt auch mit vielen Zeugnissen aus der Antike überein. Die Geburt Jesu um zwei vor Christus wird bezeugt durch Clemens von Alexandria, der von 150 bis 215 nach Christus lebte, sowie durch Iulius Africanus, Tertullian, Hippolytus, Origenes, Eusebius, Hieronymus, Chrysostomos und andere. Sie alle bezeugen dasselbe: zwei vor Christus.
Vielleicht erscheint das eigenartig, denn Herodes war ja noch am Leben zur Zeit der Geburt Jesu. Wenn man in Bibellexika nachliest, steht dort, dass Herodes vier vor Christus gestorben ist. Falls das stimmt, woher kommt diese Jahresangabe?
Dieses „vier vor Christus“ stammt von einem Geschichtsschreiber aus dem ersten Jahrhundert, Josephus Flavius. Er schreibt, dass es vor dem Tod von Herodes eine Mondfinsternis gab. Im Jahr vier vor Christus fand eine partielle, teilweise Mondfinsternis statt. Im Januar des Jahres eins vor Christus gab es jedoch eine vollständige Mondfinsternis. Somit kommen sowohl vier vor Christus als auch eins vor Christus als Todesjahr für Herodes in Frage.
Es gibt sogar gute Argumente dafür, dass die Mondfinsternis im Jahr eins vor Christus besser zum Tod Herodes passt. Das ist interessant, wenn wir noch Folgendes betrachten: In der Geschichte gibt es kein Jahr Null. Das ist ungewöhnlich, aber es ist einfach so.
Sie sehen hier auf der Grafik, dass von eins vor Christus bis eins nach Christus nur ein Jahr liegt. In der Astronomie wird jedoch ein Jahr Null benötigt. Darum sagt man geschichtlich „zwei vor Christus“, was astronomisch „eins vor Christus“ entspricht.
Wenn der Herr Jesus also zwei vor Christus geboren wurde, sagen wir in der zweiten Jahreshälfte, grob geschätzt, dann wäre das unmittelbar vor dem astronomischen Jahr Null. Das würde bedeuten, dass unsere Zeitrechnung gar nicht so falsch ist.
Dann wären wir nämlich tatsächlich im Jahr zweitausend. Gerechnet ab der Geburt Jesu wären wir heute immer noch im Jahr zweitausend.
Darum ist unser Titel sehr gut gewählt als Generalthema „Prophetie zweitausend“. Wir werden das im Laufe dieses Vortrags noch etwas mehr vertiefen.
Der Geburtsort Jesu und seine Bedeutung
Jetzt gehen wir nach Bethlehem, dem Geburtsort des Erlösers. Wo wurde der Herr Jesus geboren? Die meisten Menschen, wenn sie nach Bethlehem reisen, besuchen die Geburtskirche. Im allgemeinen Denken bibeltreuer Christen ist das jedoch sicher nicht der richtige Ort, denn dieser zieht uns nicht wirklich an.
Es gibt jedoch gute Argumente, dass dies genau der richtige Ort ist – und zwar aus folgendem Grund: Die messianischen Juden zu Beginn des zweiten Jahrhunderts wussten, dass die Geburt Jesu in einer Hirtenhöhle stattfand. Im Jahr 135 nach Christus, als Kaiser Hadrian den zweiten jüdischen Aufstand brutal und blutig niederschlug, kamen dabei mehr als eine Million Juden ums Leben.
Hadrian wollte die Juden schockieren und plagen, wo immer er konnte. So ließ er, um die messianischen Juden zu erschüttern, an dem Ort der Geburtshöhle einen Adonis-Götzentempel errichten. Dadurch blieb die Tradition erhalten. Als die Kaisermutter Helena im vierten Jahrhundert hierherkam, um die Geburtskirche zu bauen, ließ sie sie genau an der Stelle des Adonistempels errichten. So blieb die Tradition des richtigen Ortes erhalten.
Ganz in der Nähe von Bethlehem finden wir das Herodion. Das ist kein Vulkan, obwohl es so aussieht. Es war ein Palast von Herodes, dem Kindermörder von Bethlehem. Ursprünglich war dieser Hügel nur ein kleiner Hügel, wie viele andere in der jüdischen Wüste. Doch durch Sklavenarbeit ließ Herodes diesen Hügel zu einem Vulkankegel aufschütten, in den er einen Sicherheitspalast baute.
Herodes hatte viele Paläste, denn er lebte ständig in Angst, jemand könnte ihm seinen Thron streitig machen. Genau das war seine Situation: Herodes war so erschrocken, als er von den Weisen aus dem Morgenland erfuhr, dass der König der Juden geboren worden sei. Deshalb ließ er den Kindermord anordnen – diesen schrecklichen Massenmord. Das gehörte genau zu seiner Lebensweise: ständig in Angst zu leben.
Wir stehen hier am Südende des Toten Meeres. Dort erhebt sich der Masada-Felsen aus der Tiefebene. Es ist ein praktisch uneinnehmbarer Felsen. Auch hier baute Herodes einen Sicherheitspalast. Niemand sollte ihm das Königtum streitig machen.
Anlässlich der Filmaufnahmen für den Film "Der Untergang von Masada" wurde dieser Ort bekannt. An dieser Stelle befand sich der Palast von Herodes, der wie ein Geierhorst oder Adlerhorst wirkte. Man kann den Palast noch immer besuchen. Es sind sogar Malereien aus der damaligen Zeit erhalten geblieben. Auch das Badezimmer von Herodes ist zugänglich.
Man denke daran: Ich war noch nie im Badezimmer von Kohl oder Clinton, aber ich war im Badezimmer von König Herodes. Das zeigt uns, wie uns die biblische Zeit so nah sein kann. Diese zweitausend Jahre können uns näher sein als die Zeitgeschichte. Nichts von einem garstigen Graben, wie Lessing ihn bezeichnete.
Flucht nach Ägypten und Kindheit in Nazareth
Die Eltern Maria und Joseph mussten nach Ägypten fliehen. Nach dem Tod von Herodes konnten sie aus Ägypten zurückkehren. Dabei erfüllte sich die Prophezeiung aus Hosea 11,1: „Ich habe meinen Sohn aus Ägypten gerufen.“
Joseph wollte sich in Judäa ansiedeln, wahrscheinlich in Bethlehem. Er dachte, das sei ein guter Ort für den Messias, um aufzuwachsen. Doch dann erfuhr er, dass Herodes kurz vor seinem Tod in einem Wutanfall nochmals sein Testament geändert hatte. Er hatte einen seiner schrecklichsten Söhne als Nachfolger eingesetzt, der ähnlich blutrünstig wie der Vater war.
Joseph sagte sich daraufhin: „Nein, ich muss weg.“ Er ging in den Norden nach Galiläa, zurück in seine alte Heimatstadt Nazaret. So wuchs der Herr Jesus in Nazaret auf. Man könnte sich fragen: Warum nicht in Bethlehem? Die Propheten hatten es vorausgesagt, zum Beispiel Sacharja 3,8: „Siehe, ich will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen.“
Nazaret heißt auf Deutsch „Sprosslingen“, denn es stammt von der Wortwurzel „Nezer“, was im Hebräischen „Spross“ oder „Zweig“ bedeutet. Weil der Herr Jesus dort aufgewachsen war, nannte man ihn nicht „Jesus, der Betlehemit“, sondern „Jesus von Nazareth“ oder den „Nazaräer“ beziehungsweise „Nazarener“ – alles dasselbe: der Spross.
So erfüllte sich die Prophetie, und Gott benutzte den Wutanfall eines bösen Menschen, um seine Pläne zu verwirklichen.
Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu
Der Herr Jesus hat den Beruf eines Zimmermanns gelernt. Er hat viel mit Holz und Nägeln gearbeitet.
Dann lesen wir in Lukas 3,1: „Aber im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Landpfleger von Judäa war...“ Lukas berichtet uns, wie der Vorläufer, den Malachi bereits angekündigt hatte (Malachi 3,1), Johannes der Täufer, als Prediger auftrat. Er rief zur Buße auf und vollzog die Taufe der Buße für alle, die umkehren wollten.
Tiberius war Kaiser nach Augustus. Augustus starb im Jahr 14 nach Christus. Das fünfzehnte Jahr seiner Regierung bedeutet also 14 plus 15, was uns zum Jahr 29 nach Christus führt. Diese Angabe ist für unsere Berechnungen interessant, wie wir gleich sehen werden.
Ich habe kein Foto von Kaiser Tiberius gefunden, aber hier sehen wir sein Bild auf einem Denar. So nahe ist uns die Zeit, dass wir sogar wissen, wie er ungefähr aussah und welche Nase er hatte.
Johannes taufte und predigte in der Wüste Judäa, zunächst am Jordan, ganz in der Nähe von Qumran. Hier befinden wir uns an dieser Stelle. Die Menschen, die umkehren und sich auf das Kommen des Messias vorbereiten wollten, bekannten hier ihre Sünden.
Dann kam Jesus von Nazareth und ließ sich ebenfalls hier taufen. Er machte sich eins mit dieser Taufe und all denen, die auf ihn warteten.
In Lukas 3,23 lesen wir: „Und er selbst, Jesus, begann, ungefähr dreißig Jahre alt zu werden und war, wie man meinte, ein Sohn des Joseph, des Eli usw.“ Er begann, dreißig Jahre alt zu werden, war es aber noch nicht ganz.
Jetzt können wir wieder rechnen. Es gibt sogar eine antike Überlieferung, die besagt, dass Jesus bei der Taufe des Johannes neunundzwanzig Jahre und zehn Monate alt war. Jedenfalls war er nicht ganz dreißig Jahre alt.
Nun können wir unsere Rechnung vervollständigen: Neunundzwanzig minus dreißig ergibt minus eins. Ja, das ist eine merkwürdige Rechnung, aber so rechnen Historiker. Da es kein Jahr null gibt, bestätigt sich hier die Berechnung.
Wenn wir 29 Jahre und zehn Monate rechnen, kommen wir etwa auf den Herbst des Jahres zwei vor Christus. Vom Herbst dieses Jahres bis jetzt rechnen wir das Jahr zweitausend.
Jesu Wirken in Galiläa und die Bedeutung von Kapernaum
Nach der Taufe zog der Herr Jesus von Nazaret nach Kapernaum, in diese idyllische Gegend am See Genezareth. Dort begann er öffentlich zu predigen und das Evangelium zu verkünden.
Ein Luftbild zeigt die Ausgrabungen in Kapernaum mit der Synagoge. Kapernaum bedeutet „Dorf des Trösters“. Das passt gut, denn der Herr Jesus verkündigte vor allem eine Botschaft des Trostes für all jene, die ihr Leben vor Gott ordnen und es ernst meinen wollten.
Hier sehen wir die Fundamente der Synagoge in Kapernaum. Diese Synagoge stammt aus der Zeit vom zweiten bis vierten Jahrhundert nach Christus. Leider ist das nicht die Synagoge, in der der Herr Jesus nach den Evangelien gepredigt hat. Doch die Fundamente hier aus Basalt gehören zur früheren Synagoge aus dem ersten Jahrhundert. Dort hat der Herr Jesus gepredigt.
Nochmals sehen wir die Grabungen unter dem Boden der späteren Synagoge. Genau dort hat der Herr Jesus in Kapernaum seine Botschaft weitergegeben, wie es die Evangelien berichten.
Manche seiner Jünger waren Fischer. Es ist daher interessant, dass vor einigen Jahren ein Boot aus dem Boden des Sees Genezareth ausgegraben wurde – ein Fischerboot aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Das gibt uns einen konkreten Eindruck davon, wie es war, wenn der Herr Jesus mit seinen Jüngern oft auf dem See Genezareth unterwegs war.
Einmal war er mit ihnen im Boot und schlief, während ein Sturm aufzog. Ein anderes Mal waren sie ohne ihn im Boot, und es kam ebenfalls ein Sturm auf. Doch dann kam er zu ihnen und rettete sie aus der Not.
Diese Geschichten zeigen, was kommen sollte. Die folgenden zweitausend Jahre sollten nämlich so verlaufen: Die Jünger, die Nachfolger des Herrn Jesus, gehen durch eine Welt voller Stürme. Doch sie wissen, dass unser Herr bei ihnen im Boot ist. Manchmal scheint es, als würde er schlafen und nicht eingreifen. Doch er ist wirklich da, und er wacht auf und greift ein. Das dürfen wir immer wieder neu erleben.
Jesus hat gesagt: „Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir in dieser Zeit oft ganz allein im Boot sind, während der Herr Jesus auf dem Berg betet und wir durch den Sturm gehen. Ja, er, der Sohn des Menschen, ist nicht mehr als Mensch auf der Erde. Er ist im Himmel zur Rechten Gottes und betet für uns.
Doch wir wissen, der Tag wird kommen, an dem er plötzlich erscheinen wird, um uns aus den Stürmen des Lebens zu entrücken.
Die Gründung der Kirche und ihre Bedeutung
Der Herr Jesus ist viel mit seinen Jüngern umhergereist. Ich möchte auf eine besondere Episode eingehen. Er kam in den Norden, nach Caesarea Philippi, eine herrliche Gegend, die man mit der Schweiz vergleichen kann.
Dort stellte der Herr Jesus seinen Jüngern eine Frage: „Was sagen die Menschen, wer ich bin?“ Die Jünger gaben verschiedene Antworten, die im Volk kursierten. Dann fragte er sie direkt: „Wer sagt ihr, dass ich bin?“ Simon Petrus antwortete: „Du bist der Christus, der Messias, das heißt, du bist der Sohn des lebendigen Gottes.“
Darauf antwortete Jesus: „Auch ich sage dir, dass du Petrus bist.“ Auf Griechisch heißt Petrus „Petros“, was „Stein“ bedeutet. „Auf diesen Felsen (griechisch Petra) werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“
Hier spricht Jesus Christus zum ersten Mal in der Bibel über die Kirche, über die Gemeinde, die Ekklesia – die Herausgerufene. Das sind alles Begriffe für dasselbe. Es ist egal, wie man es übersetzt, wichtig ist nur, dass man das Richtige meint.
Das Alte Testament sagt bereits, dass Gott allein der Fels ist. Dieser Fels ist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Auf diesem Fundament wird Jesus Christus die Kirche bauen. Petrus ist zusammen mit allen anderen gläubigen Nachfolgern ein „Stein“ in diesem Bauwerk.
Doch hier hören wir auch die Zusage: „Und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“ Interessant ist, dass Jesus diese Frage gerade in Caesarea Philippi stellte. Dort gab es nämlich einen Kaisertempel, und der Kaiser wurde als Gott, als Sohn Gottes verehrt.
Jesus fragte also: „Wer sagt ihr, dass ich bin?“ Petrus antwortete: „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes“ – nicht der Gott von Rom. Du bist der Herrscher, der Messias.
In Caesarea Philippi gibt es ein großes Felsmassiv. Jesus sagt: „Auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ Unter diesem Felsen entspringt eine der Jordanquellen, die Banjasquelle. Wasser aus dem Felsen – das kennen wir aus dem Alten Testament, schon nach dem Auszug aus Ägypten. Wasser aus dem Felsen steht für die Erfrischung durch den Heiligen Geist, die nur der Messias Jesus geben kann.
Am Fuß dieses Felsmassivs befindet sich eine Götterhöhle. Hier wurden von den Heiden verschiedene Götter verehrt. Man sieht noch die Nischen, in denen einst Figuren standen, die heute verschwunden sind. Diese Höhle illustriert die Aussage: „Und die Pforten des Hades“, also die Mächte der Finsternis, „werden die Kirche nicht überwältigen.“
Wir feiern heute die Prophetie vor zweitausend Jahren und können zurückblicken: Die Kirche, die Gemeinde Jesu, wurde massiv verfolgt. Hunderttausende wurden ermordet, doch sie konnte nicht untergehen. Das Wort des Erlösers vor zweitausend Jahren ist bis heute wahr geblieben.
Der Herr Jesus sprach später erneut über die Gemeinde, zum Beispiel in Matthäus 18,20: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“
Das ist die zweite und letzte Stelle in den Evangelien, in der Jesus ausdrücklich über die Ekklesia spricht. In Matthäus 16 haben wir die weltweite Gemeinde gesehen, hier in Kapitel 18 geht es um den örtlichen Ausdruck der Gemeinde.
Das ist ganz einfach: Zwei oder drei versammelt in seinem Namen. Die Jünger staunten. Die Rabbiner hatten doch immer gesagt, dass mindestens zehn Männer nötig sind, um eine Synagoge an einem Ort zu gründen. Diese Zahl leiteten sie unter anderem aus 1. Mose ab, aus dem Gericht über Sodom.
Abraham sprach zu Gott: „Wenn es fünfzig Gerechte in dieser Stadt gibt, dann verschone sie. Wenn es fünfundvierzig sind, ja, vierzig und so weiter, bis auf zehn.“ Gott sagte: „Wenn es zehn Gerechte gibt, werde ich Sodom verschonen.“ Daraufhin gingen Abraham und Gott auseinander.
Aus diesem Grund leiteten die Rabbiner ab, dass ein glaubwürdiges Zeugnis in einer Stadt mindestens zehn Gerechte benötigt. Aber der Herr Jesus sagt: Bei der Gemeinde ist es noch einfacher. Zwei oder drei versammelt, wörtlich „zu meinem Namen hin“. Er muss der alleinige Mittelpunkt und Anziehungspunkt sein.
Dann können wir mit seiner Gegenwart rechnen, mit der göttlichen Schechina.
Der letzte Weg Jesu und seine Verurteilung
Drei Jahre lang ist der Herr Jesus im ganzen Land und darüber hinaus umhergereist. Schließlich machte er sich auf seinen letzten Weg nach Jerusalem. Aus den Evangelien wissen wir, dass er zunächst nach Jericho ging, der tiefsten Stadt der Welt, etwa 400 Meter unter dem Meeresspiegel.
Dort heilte er noch Blinde. Danach ging er hinauf nach Jerusalem. Auf dem Bild sehen Sie die Römerstraße, die von Jericho nach Jerusalem führt. Der Herr Jesus ging diesen Weg. Das ist sehr ergreifend, denn wir können so den letzten Gang Jesu nach Jerusalem ganz konkret nachvollziehen.
Wenn ich dieses Bild sehe, denke ich: Für mich gingst du nach Golgatha. Er hat an mich gedacht, er hat an dich gedacht damals. Er wusste: „Ich gehe hinauf nach Jerusalem, um das Werk der Erlösung zu vollbringen.“
Am Palmsonntag zog er triumphierend in Jerusalem ein, gefeiert als Messiaskönig. Doch nur fünf Tage später stand er hier in der Königlichen Säulenhalle im Tempel. Dort sehen wir den Hohen Rat versammelt, unter dem Vorsitz des Hohen Priesters Kajafas.
Der Herr Jesus stand vor ihnen, und der Hohepriester verurteilte ihn zum Tod. Der Hohepriester verurteilte das wahre Opfer zum Tod – im Tempel, in der Königlichen Säulenhalle. Das ist sehr ergreifend.
Dieses Luftbild des Tempelplatzes ist ebenfalls beeindruckend. Dort, an der Südlänge des Tempelplatzes, wo heute die El-Aksa-Moschee steht, befand sich die Königliche Säulenhalle. Der Sanhedrin, der oberste Gerichtshof, versammelte sich ab dem Jahr 30 hier in dieser Ecke gegen Osten.
Dort stand mein Herr und wurde zum Tod verurteilt – wegen mir, wegen dir. So konkret hat sich die Prophetie von vor zweitausend Jahren erfüllt.
Archäologische Funde und ihre Bedeutung für die biblische Geschichte
Vor ein paar Jahren wurde in Jerusalem eine große Grabkammer mit zahlreichen Ossuarien, also Knochenbehältern, entdeckt. Diese sind eine Art Sarg. Unter diesen Ossuarien befand sich ein besonders kunstvoll verzierter Sarg. Man erkannte sofort, dass es sich um das Grab eines sehr berühmten Mannes handeln musste. Es handelte sich um ein Grab aus dem ersten Jahrhundert.
Auf der Seite war sogar noch eine Inschrift zu erkennen, vielleicht können Sie sie lesen: „Jehoseph Bar Kaffa“. Das bedeutet „Joseph, Sohn“ oder „Mitglied der Kaffa- bzw. Kajafas-Familie“. Josephus Flavius, der jüdische Geschichtsschreiber aus dem ersten Jahrhundert, schrieb, dass der Hohepriester Kajafas den Vornamen Josef trug. Nun haben wir sein Ossuarium gefunden.
In dem Behälter lagen Knochen mehrerer Personen, darunter Frauen, und ein Männerskelett eines etwa sechzigjährigen Mannes. Offensichtlich handelt es sich dabei um das Skelett von Kajafas. Was macht es dort? Es wartet auf die Auferstehung. Auf welche Auferstehung? Wer den Erlöser verwirft, kann nur mit der Auferstehung zum ewigen Gericht rechnen – da könnte einem ein kalter Schauer über den Rücken laufen.
Sein Skelett ist hier, aber der Herr Jesus ist gestorben, und wir wissen, dass er am dritten Tag auferstanden ist. Seinen Leib können wir nirgends mehr auf Erden finden. Auf dem Ossuarium steht die Inschrift „Josef, Sohn oder Mitglied der Kajafas-Familie“, erst vor ein paar Jahren entdeckt.
Der Herr Jesus wurde hier in der Königlichen Säulenhalle zum Tod verurteilt. Anschließend wurde er zu Pilatus gebracht. Sein Prätorium befand sich an der Stelle, wo heute das Jaffator steht. Die Überreste dieser drei Türme sind noch sichtbar und zeugen vom Ort der Verurteilung.
Pilatus war nicht, wie oft angenommen, in der Burg Antonia. Dort waren nur die Legionäre stationiert. Sein Sitz war tatsächlich hier, beim heutigen Jaffator. Danach wurde der Herr Jesus durch das Gartentor hinausgeführt zu einem ausgedienten Steinbruch namens Golgatha. Dort kreuzigten die Römer.
In den Jahren nach der Kreuzigung wurde ein weiterer Mauerring gezogen, sodass Golgatha in den Stadtbereich Jerusalems eingegliedert wurde. Deshalb liegt Golgatha heute nicht mehr außerhalb, sondern innerhalb der Altstadt.
Ein jüdisches Modell von Jerusalem zeigt Golgatha als diesen ausgedienten Steinbruch außerhalb des Gartentors. Dort gab es einen zwölf Meter hohen Felsen, der zu weich war, um als Baumaterial verwendet zu werden. Deshalb ließ man ihn stehen, und die Römer kreuzigten darauf an einer belebten Straße, um ein Schauspiel zu liefern.
Dabei denke ich an den Vers aus Psalm 118: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden.“ Der Herr Jesus starb auf einem verworfenen Baustein und legte damit die Grundlage für die Gemeinde. Er ist der Eckstein der Gemeinde.
Im Psalm 22 hat David vor Christus die Leiden des Messias am Kreuz vorausgesagt. Im rabbinischen Kommentar Pessikta Rabbatti wird Psalm 22 auf den Messias bezogen. Dort heißt es, der Messias leide für die Nachkommen Abrahams.
„Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt.“ Bei der Kreuzigung werden unter dem Eigengewicht des Gekreuzigten die Gelenke auseinandergerenkt.
„Meine Kraft ist vertrocknet wie ein Scherben, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen.“ Aus medizinischen Gründen entsteht bei der Kreuzigung ein unvorstellbarer Durst, besonders unter der orientalischen Sonne.
„In den Staub des Todes legst du mich, eine Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt, sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben, sie schauen und sehen mich an, sie teilen meine Kleider unter sich und über mein Gewand werfen sie das Los.“ Jeder Punkt aus Psalm 22 hat sich erfüllt.
Das rabbinische Buch Pessikta Rabbatti erklärt, dass dies für die Nachkommen Abrahams geschah. Aus dem Neuen Testament wissen wir, dass jeder Gläubige ein Sohn oder eine Tochter Abrahams ist.
Leider ist der richtige Ort von Golgatha dort, wo die Grabeskirche steht. Das ist ein Schock, besonders an Karfreitag, wenn ich das erzähle. Doch es überrascht uns nicht wirklich.
Kaiser Hadrian entweihte die Geburtsstätte in Bethlehem durch einen Götzentempel. Er tat dasselbe mit dem Allerheiligsten auf dem Tempelberg, wo er einen Jupiter-Tempel errichtete. In Bethesda, Johannes V., dem Ort der Heilung, ließ er einen Tempel für Esculap bauen, den Gott der Medizin. Und auch auf Golgatha ließ er einen Götzentempel errichten.
Es verwundert daher nicht, dass im vierten Jahrhundert die Kaisermutter Helena einen weiteren Götzentempel errichten ließ – einen christlichen Götzentempel. Der Feind hat offenbar ein geschichtliches Interesse daran, wichtige Orte zu entweihen und zu Gräuelstätten zu machen.
Vor einigen Jahren, als man im jüdischen Viertel ausgraben durfte, wurde tatsächlich das Gartentor gefunden, ganz in der Nähe von Golgatha. Man muss einige Meter, etwa fünf bis sechs, über den Schutt von zweitausend Jahren hinabsteigen. Ich werde gleich noch zeigen, wie das Gartentor aussieht.
Hier sehen wir einen Ausschnitt des Felsens innerhalb des Steinbruchs, wo gekreuzigt wurde. Vor ein paar Jahren wurden dort Umbauarbeiten durchgeführt. Dabei fand man im Felsen einen Steinring, einen typischen Ring, wie die Römer ihn benutzten, um Kreuze zu befestigen.
Ich behaupte nicht, dass dies der Kreuzesring Christi ist. Aber es bestätigt, dass die Römer an diesem Ort gekreuzigt haben. Hier sieht man noch etwas von dem Steinbruch von damals.
Ganz in der Nähe befinden sich Gräber aus dem ersten Jahrhundert. Das Grab im Gartengrab beim Damaskustor ist vom Typus Eisenzeit und stammt etwa aus dem siebten Jahrhundert vor Christus, aus der Zeit der Könige.
Dieses hier ist ein Grab aus dem ersten Jahrhundert, in den Felsen geschlagen. Die Evangelien berichten, dass der Herr Jesus das Grab von Joseph von Arimathia erhielt, ganz in der Nähe des Kreuzigungsortes.
Ich sage nicht, dass dies das Grab Christi ist, aber es ist eines der Gräber bei Golgatha. Ich habe es symbolisch fotografiert – es ist leer. Der Herr Jesus ist am dritten Tag auferstanden und erschien über 500 Augenzeugen.
Auftrag und Ausbreitung der Kirche nach der Auferstehung
Und dann, schließlich nach 40 Tagen, ist er mit den Jüngern hier auf diesen Berg östlich vom Tempelberg Zion gegangen. Dort hat der Herr Jesus das Mandat, den Auftrag für die Weltmission, gegeben – ein Vierpunkte-Programm.
„Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“
Ein Vierpunkte-Programm. Was ist geschehen? Das Evangelium ist in den letzten zweitausend Jahren bis zu den Enden der Erde gekommen. Es gibt Bibelübersetzungen in über zweitausendeinhundert Sprachen. Zudem gibt es Botschaften des Evangeliums auf Kassette heute in über fünf Sprachen und Dialekten. Die frohe Botschaft ist zu allen Nationen der Welt gekommen, wenn auch nicht zu allen Stämmen.
Das urchristliche Quartier befand sich hier auf dem Südwesthügel von Jerusalem, einem Nachbarhügel des Tempelberges Zion. In nachbiblischer Zeit wurde dieser Berg Zion genannt. Wenn man heute nach Jerusalem geht und man sagt Ihnen, das ist der Berg Zion, dann wissen Sie, es ist der Berg Zion, aber nicht der biblische. Der Tempelberg ist in der Bibel der Zionsberg.
Dieser Berg ist aber auch ganz wichtig, denn hier befand sich das urchristliche Quartier in Jerusalem. Dort findet man diese Synagoge aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Man sieht den Thoraschrein – das ist eine Synagoge. Synagogen sind weltweit nach Jerusalem ausgerichtet. In Jerusalem selbst sind die Synagogen nach dem Tempelberg, nach dem Allerheiligsten, ausgerichtet.
Diese hier ist jedoch eigenartig: Sie ist nach Golgatha ausgerichtet. Das beweist, dass es sich um eine christliche Versammlungsstätte der ersten messianischen Juden handelt. Wie waren sie versammelt? Für sie war es zentral: „Für mich gingst du nach Golgatha.“ Das war die Botschaft, die sie erfüllte – und das ist die Botschaft, die uns heute noch erfüllt.
Dann kam, zehn Tage nach der Auffahrt, nach der Himmelfahrt, Pfingsten. Petrus predigte so eindrücklich, ausgerechnet an diesem Tempelfest, bei dem die meisten Besucher aus dem Ausland kamen. Die Zeit um Pfingsten war in der Antike die idealste Zeit für Weltreisen. Darum kamen viele Menschen aus allen möglichen Nationen: Juden aus Rom, Juden aus dem Irak usw.
Der Heilige Geist kam über die Jünger, und sie sprachen in fremden Sprachen. Nebenbei gesagt: Sie haben also nicht gelallt, sondern sie sprachen sogar in den richtigen Dialekten. Stellen Sie sich vor, ein Ausländer spricht Schweizerdeutsch mit unserem Akzent – das ist gewaltig und sehr selten. So war es hier: Sie sprachen perfekt und beherrschten die Sprachen. Dieses Zeichen bedeutete, dass die Botschaft Gottes jetzt nicht mehr nur in einer Sprache, Hebräisch, zu einem Volk, Israel, gesandt wird, sondern dass Gott viele Sprachen spricht – für alle Völker. Das wurde hier demonstriert.
Die Menschen waren erschrocken, viele, die gekommen waren. Gerade um neun Uhr morgens, denn da wurde das Morgenbrandopfer im Tempel geschlachtet, und die Tempeltüren gingen auf. Immer um neun Uhr, wenn das Opfer geschlachtet wurde, öffneten sich die Türen. Der Herr Jesus wurde übrigens auch um neun Uhr gekreuzigt und hat uns dadurch den Zugang zu Gott geöffnet.
Die Menschen kamen, wurden vom Pfingstereignis ergriffen, und Petrus predigte die frohe Botschaft von dem Tod und der Auferstehung Christi. Dreitausend Menschen bekehrten sich und ließen sich taufen. Kritiker fragten: „Wo haben die sich taufen lassen? In Jerusalem gibt es doch keinen Fluss und keinen See.“
Hier, gerade unterhalb der Schönen Pforte, bei den Ausgrabungen auf dem Ofel, befand sich die Schöne Pforte. Man hat siebzig Ritualbäder ausgegraben, denn Juden mussten sich zuerst reinigen, wenn sie zum Tempel gingen. Dort konnte also ideal eine Massentaufe mit dreitausend Menschen durchgeführt werden – alles wunderbar eingerichtet.
Wir sehen also: Wichtig sind das Bereuen der Sünde, der Glaube an das Opfer des Herrn Jesus und dann das Zeugnis der Taufe. Von da aus ging das Evangelium weiter in die heidnische Welt.
Verkündigung des Evangeliums in der heidnischen Welt
Ich schließe mit diesem Bild: Ethnien bei Neid. Athen in der Nacht. Das Evangelium kam auch hierher. Die Menschen waren tief im Götzendienst verstrickt. Doch der Apostel Paulus fand auch dort noch einen Überrest, an den er mit der Frohen Botschaft anknüpfen konnte.
Das ist ein Beispiel dafür, wie wir auch heute, nach zweitausend Jahren, in einer dunklen Welt, die der Finsternis verfallen ist, die Frohe Botschaft verkündigen dürfen. Es geht um den Einen, der vor zweitausend Jahren gekommen ist. Um den Einen, der hinaufging nach Golgata – für mich und für dich.
Im Bewusstsein dessen ging er hinauf, um für meine und deine Schuld zu sterben.
Schlussgebet
Wir wollen gemeinsam beten.
Herr Jesus, es ist einfach wunderbar, dass wir sagen dürfen: Für mich bist du nach Golgatha gegangen. Vor zweitausend Jahren hast du an jeden von uns gedacht. Du bist im Bewusstsein hinaufgegangen, dass all die Schrecken des Gerichts Gottes über dich kommen würden.
Der Zorn des Allmächtigen hat dich in den Stunden der Finsternis getroffen. Herr Jesus, du hast geschrien: „Eli, Eli, Lama Schawagdani?“ – mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Herr Jesus, für jeden von uns bist du von Gott verlassen worden. Wir möchten dich preisen und dir die Ehre geben, die dir gebührt, Herr Jesus. Niemand ist mit dir zu vergleichen. Wir sind dir so dankbar für das, was du getan hast.
Dankbar sind wir, dass wir zweitausend Jahre später so zurückblicken dürfen. Wir dürfen auf diesem Fundament, auf dem Felsfundament von Golgatha, vor Gott stehen – gerechtfertigt aus Gnade, gerechtfertigt durch Glauben allein.
Herrlichkeit und Ehre dir, Lamm Gottes. Amen.