Übergang vom öffentlichen Dienst zur inneren Gemeinschaft
Wir stehen im Johannesevangelium am Schluss von Kapitel 13 und beginnen nun mit Kapitel 14. Wir lesen ab Kapitel 13, Vers 31 bis zum Ende von Kapitel 14. Im Johannesevangelium wird die Darstellung immer intimer.
In den Kapiteln 1 bis 12 sehen wir den öffentlichen Dienst des Herrn Jesus. Vergleicht man dies mit der Stiftshütte, entspricht es dem Vorhof, dem Bereich „unter der Sonne“.
In Kapitel 13 haben wir eine besondere Zusammenkunft: Der Herr ist allein mit den zwölf Aposteln im Obersaal. Er wäscht ihre Füße. Im Vergleich zur Stiftshütte entspricht dies dem Bereich ganz in der Nähe des Heiligtums, dort, wo das Waschbecken steht.
Jetzt kommt eine grundlegende Wende: In Kapitel 13, Vers 30, geht Judas hinaus, um sein Verräterwerk zu tun. Es war Nacht. Danach spricht der Herr plötzlich ganz anders und sehr vertraut mit den elf Aposteln, die die echten, wirklichen Gläubigen waren – im Gegensatz zu Judas. Von ihm sagt der Herr in Johannes 17, dass er der Sohn des Verderbens ist, der verlorengegangen ist.
Ab Kapitel 13, Vers 31, sowie in den Kapiteln 14, 15 und 16 ändert sich die Szene völlig. Der Herr spricht ganz vertraut mit den Jüngern und spricht ausführlich über den Heiligen Geist, der kommen wird und sie in alle Wahrheit einführen wird. Dies entspricht bei der Stiftshütte dem Eingang in das Heiligtum. Dort steht die Menora mit dem siebenfachen Öl, ein Bild des Heiligen Geistes. Das Licht kommt aus dem Heiligtum.
Wenn wir dann zu Kapitel 17 kommen, sind wir wirklich im Innersten angekommen. Hier hören wir das Gebet des ewigen Sohnes zum ewigen Vater. Wir schauen in die Beziehung zwischen Vater und Sohn, die schon vor Grundlegung der Welt bestand. An dieser Stelle können wir sagen, dass wir uns im Allerheiligsten befinden.
Ab Kapitel 18 bis zum Schluss des Evangeliums gehen wir wieder heraus. Wir befinden uns wieder im Vorhof, aber mit Konzentration und Fokus auf den Altar. Hier erleben wir die Passion, den Tod und die Auferstehung Christi.
So ist das Johannesevangelium aufgebaut. Vergleicht man es mit der Stiftshütte, erhalten die Schlussreden des Herrn einen ganz besonders feierlichen Charakter. Sie sind ohne Parallele in den anderen Evangelien.
Prüfung der Jünger und die Grundlage des Glaubens
Nun haben wir uns schon beim letzten Mal etwas damit beschäftigt: Judas, einer der Apostel, kommt zu Fall, aber nicht nur er, sondern auch Petrus. Der Herr kündigt hier an, dass Petrus ihn verleugnen wird – und das noch in allerkürzester Zeit. Das war natürlich auch ein großer Schock für die Jünger im Allgemeinen.
Petrus, der eine führende Stellung unter den zwölf Aposteln hatte, verleugnet seinen Herrn und kommt dadurch zu Fall. Wie das immer so ist, wenn Führer fallen, ist das für das Volk Gottes etwas sehr Erschütterndes. Deshalb sagte Jesus in Johannes 14,1: „Euer Herz werde nicht bestürzt“ – oder erschüttert. Es ist dasselbe Wort wie in Vers 27b: „Euer Herz werde nicht bestürzt oder erschüttert, sei auch nicht furchtsam. Ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich.“
Es ist ganz wichtig, dass unser Glaube niemals auf Menschen gegründet ist, egal wie ausgeprägte Führer sie auch sein mögen. Wenn sie zu Fall kommen, wird unser Glaube ebenfalls ins Wanken geraten. Unser Glaube muss also auf einer direkten Beziehung zu Jesus Christus und zu Gott dem Vater beruhen. „Ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich.“
Ganz am Schluss des Johannes-Evangeliums – dazu kommen wir später – sehen wir, wie Petrus im Gegensatz zu Judas eine Wiederherstellung erfährt. Der Herr Jesus setzt ihn öffentlich vor den anderen Aposteln in seinen Dienst ein. Das war also eine Prüfung sondergleichen.
Judas wird zum Verräter, Petrus verleugnet seinen Herrn, und der Messias, von dem sie alle hofften, dass er das Reich für Israel aufrichten würde, wird gekreuzigt und ermordet. Menschlich gesprochen hätte da jeder Glaube zusammenbrechen müssen. Doch wir sehen das Wunder, wie Gott den lebendigen Glauben der Jünger durch diese Krise hindurch erhält.
Im Blick auf diese Krise sind auch die Kapitel 14, 15 und 16 ganz entscheidend wichtig. Sie bleiben bis heute wichtig für die ganze Geschichte der Kirche. Denn dieses Drama hat sich immer wieder erfüllt: Menschen sind gefallen, Menschen, von denen man dachte, sie seien Vorbilder und Führer. Und da war es immer wichtig, dass der Glaube ganz persönlich auf Gott den Vater und Gott den Sohn gegründet ist.
Die neue Glaubensbeziehung nach Jesu Abschied
Wenn er sagt: „Ihr glaubt an Gott, glaubt auch an mich“, kündigt er damit an, dass er die Erde verlassen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten sie nicht im gleichen Sinn an ihn glauben, wie sie an Gott glaubten, denn sie konnten ihn ja sehen. Gott haben sie nie gesehen, aber an ihn geglaubt.
Jesus Christus hingegen war vor ihnen. Sie haben ihn erlebt, mit ihm gesprochen, ihn berührt, betastet und angeschaut. Ich erwähne das, weil Johannes in seinem ersten Brief genau das betont. Können wir dazu kurz Johannes 1,1 aufschlagen? Dort geht es um Jesus Christus, der in diese Welt gekommen ist, das Wort des Lebens, und damit einen völligen Neuanfang geschaffen hat.
Liest du, Peter, nur Vers 1? „Was von Anfang war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen haben, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, betreffend des Wortes des Lebens.“
Ja, genau. Johannes und die Apostel konnten sagen: „Wir haben ihn gehört, wir haben ihn mit unseren Augen gesehen, wir haben ihn sogar angeschaut.“ Das ist intensiver als nur sehen. „Wir haben ihn betastet.“ Sie haben wirklich erlebt, dass er ein wirklicher Mensch war.
Die meisten Jünger aber, wenn man die ganze zweitausendjährige Kirchengeschichte betrachtet, haben Jesus Christus nie gesehen. Sie mussten also in einer Glaubensbeziehung zu ihm leben.
Der Herr kündigt nun an, dass auch für die Apostel eine Wende bevorsteht. Bisher haben sie ihn gesehen, doch jetzt kommt eine neue Beziehung, in der sie an ihn glauben müssen, ohne ihn zu sehen. Dabei sagt der Herr, dass er im Haus des Vaters Wohnungen bereiten werde.
Das Haus des Vaters und der himmlische Tempel
Frage: Was bedeutet der Ausdruck „das Haus meines Vaters“? Kommt dieser Ausdruck noch an anderen Stellen in der Bibel vor?
Jesus sagt: „Wisset ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“ Wörtlich meint er damit „in den Dingen meines Vaters“, wie er es als Zwölfjähriger in Lukas 2 zu seinen Eltern sagte. Das steht genau in dieser Linie, aber noch etwas ausdrücklicher.
Im Psalm heißt es: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, o Herr!“ Das bezieht sich zwar allgemein auf die Wohnungen des Herrn, aber nicht ausdrücklich auf „das Haus meines Vaters“.
Mit „das Haus meines Vaters“ meine ich wirklich ausdrücklich diesen Begriff, der in Johannes 2 vorkommt und sonst nirgends mehr. Gerade im gleichen Evangelium geht der Herr Jesus in Johannes 2, Vers 13, zum Tempel und jagt die Verkäufer hinaus, die Tier- und Opferverkäufer.
In Vers 16 sagt er: „Er sprach zu denen, die die Tiere verkauften: ‚Nehmt das von hier weg und macht nicht meines Vaters Haus zu einem Kaufhaus.‘“ Hier bezeichnet der Ausdruck „das Haus meines Vaters“ den Tempel in Jerusalem.
Was bedeutet das nun in Johannes? Es kann nicht mehr der irdische Tempel in Jerusalem sein, sondern der himmlische Tempel.
Manche mögen fragen: Gibt es überhaupt einen himmlischen Tempel? Wo steht das? Das lässt sich schwarz auf weiß dokumentieren, auch für diejenigen, die es nicht glauben. Mose hat das Modell gesehen und gezeigt bekommen. Er musste die Vorlage auf dem Berg kopieren, als er die Stiftshütte, den transportablen Tempel, baute.
Ganz ausdrücklich wird der Tempel im Himmel in der Offenbarung erwähnt. Offenbarung 11, Vers 19: „Und es wurde geöffnet der Tempel Gottes im Himmel, und die Lade seines Bundes wurde in seinem Tempel gesehen, und es geschahen Blitze, Stimmen, Donner, ein Erdbeben und ein großer Hagel.“
Hier ist also ausdrücklich der Tempel Gottes im Himmel gemeint. Zweitens finden wir hier sogar den wichtigsten Tempelschatz, die Bundeslade, im Original.
Der Herr Jesus spricht also über den himmlischen Tempel und sagt, dass es dort viele Wohnungen gibt, und dass er eine Stätte für die Seinen bereiten wird.
Gab es im Tempel Wohnungen? Ja, Priesterwohnungen. Im zweiten Tempel war das nördliche Haus, nördlich vom Allerheiligsten, für die diensttuenden Priester reserviert. Dort haben sie übernachtet.
Im Hesekiel-Tempel, also für den dritten Tempel in Jerusalem, gibt es eine ausführliche Bauanleitung für zwei Gebäude, eines im Norden, eines im Süden vom Tempelhaus.
Ich kann das kurz zeigen: Diese Gebäude sind dreistöckig in Galerien gebaut, mit jeweils neunzig Zellen. Das sind die Priesterwohnungen im dritten Tempel in Jerusalem.
Die Stelle findet sich in Hesekiel 42, Verse 1 bis 9 für das Nordgebäude und Verse 10 bis 13 für das Südgebäude. In Kapitel 42 werden die Seitenzimmer beschrieben, zuerst das Nordgebäude und dann das Südgebäude mit den drei Stockwerken in Galerien.
Diese sind die Wohnungen im Haus des Vaters. Im Süden finden wir die Zellen der Priester.
Es kann sein, dass in manchen Ausgaben die genaue Zuordnung etwas unterschiedlich ist, aber die Beschreibung der Wohnungen ist klar.
Der Herr spricht also von konkreten Wohnungen im Himmel, wo alle Erlösten einmal zu Hause sein werden. Wichtig ist, dass man diese als Priesterwohnungen versteht, um Gott als Priester in Ewigkeit zu dienen, als Anbeter im himmlischen Tempel. Das ist die Zukunft der Christen.
Wenn der Herr Jesus sagt, dass er dorthin geht, sagt er in Johannes 14, Vers 3: „Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin.“
Worauf deutet dieses „so komme ich wieder“ hin? Es deutet auf die Entrückung der Gemeinde hin.
Die Entrückung der Gemeinde wird in den Evangelien kaum erwähnt, nur andeutungsweise. Der deutlichste Hinweis steht an dieser Stelle.
Die Entrückung und ihre biblische Grundlage
Normalerweise spricht der Herr Jesus an verschiedenen Stellen über sein Kommen als der Menschensohn auf den Wolken des Himmels zum Gericht. Dieses Kommen ist immer sichtbar, wenn er kommen wird, um das Reich aufzurichten.
Hier jedoch finden wir bereits in den Evangelien eine Andeutung auf die Entrückung. Die Entrückung wird aber erst später, nach Pfingsten, in den Briefen der Apostel ausführlich behandelt. Das hängt damit zusammen, dass der Herr Jesus in Johannes 16,12 sagt: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, so wird er euch in die ganze Wahrheit leiten.“
Darum wird die Entrückung erst nach dem Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten in den Briefen der Apostel und Propheten des Neuen Testaments entfaltet.
Wo wird ausführlich über die Entrückung gesprochen? Schlagen wir zum Beispiel 1. Korinther 15,51 auf. Dort geht es um die Auferweckung und Verwandlung bei der Entrückung der Gemeinde.
Dort heißt es: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden.“ Weiter bis Vers 55: „Und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden; denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: ‚Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?‘ Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber ist das Gesetz.“
Bis hierhin reicht der Text.
Paulus sagt also: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis.“ Mysterion, ein Geheimnis, ist im Neuen Testament eine Wahrheit, die im Alten Testament verborgen war und erst mit dem Kommen des Herrn Jesus und besonders mit dem Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten enthüllt wurde. Das kann man in Epheser 3 nachlesen. Dort erklärt Paulus ausdrücklich, was ein Geheimnis ist: etwas, das in früheren Generationen den Menschen verborgen war und jetzt geoffenbart wird.
Welche Auferstehung meint Johannes in der Offenbarung Kapitel 20? Dort wird die Auferstehung zum Gericht beschrieben. Johannes schreibt, wie die Menschen auferstehen und dann vor den großen weißen Thron kommen, um gerichtet zu werden. Das ewige Gericht wird dort dargestellt.
Er beschreibt die Auferstehung derer, die das Malzeichen nicht angebetet haben. Am Anfang von Kapitel 20 wird die Auferstehung vor dem tausendjährigen Reich beschrieben, am Schluss von Kapitel 20 die Auferstehung nach dem tausendjährigen Reich.
Bezieht sich das vor dem tausendjährigen Reich auf das, was Jesus in Johannes meint? Nein, es wird in Phasen geschehen. Die Gemeinde wird zuerst entrückt werden, dann kommt die große Drangsalzeit. Gläubige Märtyrer der Drangsalzeit werden am Anfang des tausendjährigen Reiches auferweckt werden. Die Verlorenen bleiben tausend Jahre im Tod und werden erst danach auferweckt.
Man kann sagen, die erste Auferstehung – „Glückselig, wer Anteil hat an der ersten Auferstehung“, sagt die Offenbarung – ist die Auferstehung zum Leben. Sie hat verschiedene Phasen: Die erste Phase war, als Christus am dritten Tag auferstanden ist. Er war der Erstling der Entschlafenen. Die nächste Phase ist bei der Wiederkunft Christi für die Gemeinde. Dann folgt eine weitere Phase vor dem tausendjährigen Reich, aber mit nur wenigen Jahren Abstand. Danach bleibt nur noch die zweite Auferstehung zum Gericht.
Wichtig ist, was in 1. Korinther 15 beschrieben wird. Das ist etwas, was wir im Alten Testament nicht finden. Der Herr deutet es nur an, zum Beispiel in Johannes 14. Jetzt wird es ausführlich entfaltet.
Der Zeitpunkt, wann das geschehen soll, ist bei der letzten Posaune beschrieben. Manche denken dabei an die siebte Posaune in der Offenbarung, ganz am Ende der großen Drangsalzeit.
Es gibt jedoch ein Problem: Paulus schrieb den ersten Korintherbrief etwa im Jahr 54, aber die Offenbarung wurde erst um 95 nach Christus verfasst. Die Posaunen in der Offenbarung waren damals noch nicht bekannt.
Paulus spricht hier von der letzten Posaune mit bestimmten Artikeln im Grundtext. Es geht also um etwas Bekanntes. Die letzte Posaune war damals ein bekannter Begriff. Es war die dritte Posaune im römischen Heerwesen.
Im römischen Heer gab es drei Posaunen: Die erste bedeutete, dass die Legionäre das Lager abbrechen mussten, die zweite, dass sie sich in Reih und Glied stellen sollten, und die letzte Posaune bedeutete den Aufbruch.
Dieser Gebrauch der Posaunen war zur Zeit Paulus im römischen Heerwesen üblich. Was Paulus mit den sieben Posaunen in der Offenbarung meint, ist eine andere Sache.
Die letzte Posaune war also ein bekannter militärischer Begriff und bezeichnete die Posaune zum Aufbruch.
Übrigens ist das nicht der einzige militärische Begriff im Zusammenhang mit der Auferstehung. In 1. Korinther 15,23 beschreibt Paulus die Auferstehungsordnung: „Ein jeder aber in seiner eigenen Ordnung. Der Erstling Christus, dann die, welche des Christus sind bei seiner Ankunft, dann das Ende.“ Der griechische Ausdruck für „Ordnung“ meint hier im militärischen Sinne eine militärische Abteilung.
Wir kommen später noch auf 1. Thessalonicher 4 zu sprechen, wo Paulus ebenfalls über die Entrückung spricht. Dort heißt es, dass der Herr mit der Posaune Gottes und mit gebietendem Zuruf kommen wird. Dies ist ein autoritärer Befehl des Generals – wieder ein militärischer Begriff.
Es braucht also nicht zu überraschen, dass Paulus diesen Ausdruck verwendet. Es ist die Posaune zum Aufbruch. Das entspricht eigentlich dem Negro Spiritual „When the Saints go marching in“ und dem Satz „Let me be in that number“, was bedeutet: Wenn die Heiligen einmarschieren, lass mich mit dabei sein.
Das ist dieser Aufbruch.
Die Toten in Christus, die Gläubigen, werden auferweckt werden. Ihr Körper wird aus dem Grab auferweckt. Die, die noch leben, werden verwandelt und erhalten einen unsterblichen Körper.
Dann wird das Wort aus dem Alten Testament erfüllt, das in Vers 54 steht: „Verschlungen ist der Tod im Sieg. Wo ist, o Tod, dein Stachel?“
Die Gläubigen, die noch leben und verwandelt werden, werden den Tod nie erleben. Sie können sagen: „Wo ist, o Tod, dein Stachel?“ – weil der Tod sie nicht niederstechen kann.
Die anderen, die gestorben sind, können sagen: „Wo ist, o Tod, dein Sieg?“ – denn der Zustand des Todes ist nur zeitlich begrenzt.
Zu dieser Stelle gehen wir nun noch kurz zu 1. Thessalonicher 4.
Lesen wir ab Vers 13 bis 5,3:
„Wir wollen euch aber, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Entschlafenen, damit ihr nicht betrübt seid wie die übrigen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus Christus gestorben und auferstanden ist, wird auch Gott die Entschlafenen durch Jesus mit ihm bringen.
Denn dies sagen wir euch in einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen.
Denn der Herr selbst wird beim Befehlsruf, bei der Stimme eines Erzengels und beim Schall der Posaune Gottes vom Himmel herabkommen.
Die Toten in Christus werden zuerst auferstehen, danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft.
So werden wir allezeit beim Herrn sein.
So ermuntert nun einander mit diesen Worten.
Was aber die Zeiten und Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, dass euch geschrieben wird. Denn ihr wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt wie ein Dieb in der Nacht.
Wenn sie sagen: ‚Friede und Sicherheit‘, dann kommt plötzlich Verderben über sie wie die Geburtswehen über die Schwangere, und sie werden nicht entfliehen.“
Hintergrund und Erklärung zur Thessalonicher-Predigt
Ein paar Erklärungen zum Hintergrund:
Die Thessalonicher waren erst vor kurzem zum Glauben gekommen, wie in Apostelgeschichte 17 nachzulesen ist. Es gab Verfolgung, und Paulus musste die Stadt verlassen. Danach schreibt er den ersten Thessalonicherbrief.
In der Zwischenzeit sind einige Gläubige in Thessalonich gestorben, was die Thessalonicher beunruhigte. Sie fragten sich: Was geschieht jetzt mit denen, die entschlafen sind? Wenn Jesus Christus noch einmal mit allen Gläubigen kommen wird, werden die Verstorbenen dann auch dabei sein?
Paulus erklärt daraufhin: Ja, wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Darum glauben wir auch, dass Gott die durch Jesus Entschlafenen – also die als Gläubige Gestorbenen – mit ihm bringen wird. Dies bezieht sich auf sein Kommen in Macht und Herrlichkeit mit allen Erlösten.
Dieses Ereignis wird auch im Alten Testament angekündigt, zum Beispiel in Sacharja 14,4: „Und kommen wird mein Gott und alle Heiligen mit dir.“ Dieses Kommen der Heiligen mit dem Messias ist also eine biblische Verheißung.
Nun stellt sich die Frage: Wie geschieht das? Die Gläubigen sind gestorben und werden einmal mit Jesus kommen. Paulus erklärt in den Versen 15 bis 18, wie das möglich ist. Er sagt, dass es zuvor eine Entdrückung geben wird. Dabei werden die Entschlafenen auferweckt und mit denen, die dann noch leben, in die Wolken dem Herrn entgegen entrückt. Danach kann der Herr sichtbar mit allen Gläubigen erscheinen.
Die Verse 15 bis 18 sind so etwas wie ein klärender Einschub. Sie erklären, wie es möglich ist, dass die Entschlafenen auch mit Jesus kommen werden. Das ist sehr wichtig, denn ab Kapitel 5, Vers 1, geht es wieder um den Tag des Herrn. Dieser Tag ist der Zeitpunkt, an dem Jesus als Richter der Welt erscheinen wird. Das ist nicht die Entdrückung.
Die alte Elberfelder Bibel hat das sehr geschickt markiert. Dort sind die Verse 15 bis 18 in Klammern gesetzt, um dem Leser diesen Hinweis zu geben: Das ist ein klärender Einschub. Kapitel 5, Vers 1 schließt gedanklich direkt wieder an Kapitel 4, Vers 13 an.
In diesem Einschub wird also das Geheimnis der Entdrückung erklärt. Diejenigen, die als Gläubige nicht sterben, sondern bis zum Kommen des Herrn übrig bleiben, haben gegenüber den Verstorbenen keinen Vorteil. Denn der Herr selbst wird kommen mit gebotenem Zuruf – ähnlich wie damals, als Jesus zu Lazarus sagte: „Lazarus, komm heraus!“ Mit diesem militärischen Zuruf wird er alle Gläubigen herausrufen.
Jesus wird mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen. Zuerst werden die gestorbenen Gläubigen auferstehen. Danach werden diejenigen, die noch leben, zugleich mit ihnen in Wolken dem Herrn in die Luft entgegengerückt.
Aufgrund dieses Wortes „entdrückt werden“ hat man den Begriff der Entdrückung geprägt. In der Bibel kommt das Wort als Tätigkeitswort vor: „entdrückt werden“. Harpazzo ist ein sehr starkes griechisches Wort, das einen Räuber beschreibt, der etwas wegreißt.
Darum haben die Engländer diesen Begriff sehr schön ausgedrückt, ebenso die Amerikaner. „Rapture“ drückt deutlich aus, dass es sich um ein „Weggerissenwerden“ handelt. Das ist die Entrückung.
Die drei Wohnorte der Christen und ihr Dienst
Josche hat erstmals erzählt, dass wir vor dem Thron Gottes anbeten. Das ist die eine Seite. Dann, nach Johannes 4, Kapitel 14, sind unsere Wohnungen beim Herrn sicher im Himmel. Und jetzt sagst du, dass wir mit dem Herrn wieder auf die Erde kommen. Das sind ja drei Orte. Wie nennt man das zusammen?
Also meinst du, dass wir eigentlich im Himmel wohnen? Im ersten Kommandement steht, unser Arbeitsfeld ist hier auf dieser Erde. Wie bekommt man nun diese drei Orte richtig zusammen? Kannst du dazu noch ganz einfach etwas sagen?
Als Erlöste werden wir im Himmel wohnen. Dort sind wir zu Hause. Und dort im Tempel haben wir auch unseren Priesterdienst, indem wir Gott anbeten. Das wird sehr schön beschrieben in Offenbarung 4 und 5. Dort sieht man die 24 Ältesten rund um den Thron Gottes, die die Bundeslade sehen und das Lamm Gottes anbeten.
Ich muss erklären: Die 24 Ältesten in Offenbarung 4 bis 5 sind ein Bild von uns Erlösten. Warum? Im Tempel gab es 24 Priesterklassen. Der ganze Tempeldienst war in 24 Klassen aufgeteilt, und an der Spitze jeder Klasse stand ein Ältester. Wenn Johannes in Offenbarung 4 die 24 Ältesten mit Priestergewändern sieht, dann sieht er gewissermaßen die Vertreter der ganzen Priesterschaft.
Im Tempel zu Jerusalem war es normalerweise so, dass nur eine Klasse gleichzeitig Dienst hatte. Jede Klasse hatte eine Woche Dienst. Lukas I. Zacharias war von der achten Klasse, der Klasse Abija, und musste von Sabbat bis Sabbat seinen Dienst in Jerusalem tun. Danach ging er wieder heim. Aber während dieser Woche wohnte er in den Wohnungen im Haus des Vaters.
Ein Jahr hat mehr als vierundzwanzig Wochen, oder? Darum kommen alle 24 Priesterklassen zweimal dran, jeweils eine Woche. So kommen wir auf 48 Wochen. Es bleibt aber noch etwas.
Bei den ganz großen Festen im Jahr – Passafest, Passawoche, Pfingstfest und Laubhüttenfest – mussten alle 24 Priesterklassen antreten. Das waren die Feste, bei denen alle Männer aus Israel nach Jerusalem kommen mussten. Wenn man alle 24 Ältesten der Priesterklassen zusammensieht, erkennt man: Das ganze Volk hat sich am Anbetungsort versammelt. Und das ist eigentlich der Punkt, wo es in der Offenbarung einen Klick machen müsste.
Nach den Beschreibungen der sieben Sendschreiben an die Gemeinden auf der Erde, die ihr Zeugnis geben sollten, wird Johannes in den Himmel hinaufgerufen – also eine Art Entrückung. Dort sieht er die 24 Priesterklassen. Aha, sie sind alle da. Die Heiligen sind einmarschiert.
Erst danach folgen die Gerichte: die Siegelgerichte, Posaunen- und Schalen-Gerichte. In Offenbarung 19, nachdem all diese Gerichte durch sind, kommt Jesus Christus mit den himmlischen Heerscharen aus dem Himmel, um das tausendjährige Reich aufzurichten. Die Märtyrer werden dann noch auferweckt – das sind wir in Kapitel 20.
Dann kommt das tausendjährige Reich, Offenbarung 20. Dort wird die Gemeinde, wie Reinhold angedeutet hat, zusammen mit Christus herrschen. Also: Wir wohnen im Himmel, wir beten im Himmel an und wir werden auf der Erde arbeiten.
Ich sage da immer: Wer Angst hat, es würde einmal in der Ewigkeit langweilig werden, dem sei gesagt, es wird sehr dynamisch sein. Wir werden nämlich ständig so hinauf und hinunter gehen. Nichts von Statik, nichts von so etwas wie Buddha, der das Nirwana sah.
Nirwana heißt ja im Sanskrit „ausgelöscht“. Im Buddhismus sagt man Nibbana, das ist das Gleiche. Buddha sagte, in diesem Zustand kann man weder sagen, dass man ist, noch dass man nicht ist. Darauf kann ich offengestanden verzichten.
Aber wie wunderbar ist die Zukunft der Christen! Wir verlieren nicht unsere Identität, und wir werden nicht mystisch mit Gott verschmelzen. Wir werden ihn anbeten, als Geschöpfe den Schöpfer anbeten. Wir werden ganz konkrete Aufgaben haben, auch im tausendjährigen Reich. Und wenn es um den neuen Himmel und die neue Erde geht, werden wir auch dort an den Menschen auf der Erde tätig sein.
Eine gewaltige Zukunft tut sich auf. Der Herr Jesus spricht in Johannes 14 in diesem vertrauten Kreis der Jünger davon, dass er hingeht. Jetzt kommt eine Zeit, in der man an ihn glauben muss, weil wir ihn nicht mehr sehen. Aber er wird alles zubereiten, und dann kommt der Tag, an dem er erscheint, um uns zu sich zu nehmen. Das Ziel ist: „Wo ich bin, da sollt auch ihr sein“ (Johannes 14,3).
Übrigens steckt noch ein Detail darin. Der Herr Jesus sagt nicht: „So komme ich“, sondern „So komme ich wieder.“ Fällt das auf? Es ist Präsens, also Gegenwart, auch im Grundtext. Das Präsens hat verschiedene Funktionen in der griechischen Sprache. Eine Funktion ist, eine sichere Zukunft auszudrücken.
So kann Präsens Gegenwart ausdrücken, was normal ist. Aber es wird auch gebraucht, um eine sichere Zukunft auszudrücken. „So komme ich wieder“ bedeutet: So komme ich ganz bestimmt wieder. Es ist ähnlich wie in 1. Korinther 15, bis Vers 54. Dann kommt noch Vers 55, dort heißt es: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus.“
Im Blick auf die Entrückung sagt er „den Sieg gibt“, nicht „den Sieg geben wird“. Der Sinn ist: Er wird uns ganz sicher den Sieg geben. Das ist uns völlig gewiss, auch wenn wir an einem offenen Grab stehen. Das ist die christliche Hoffnung und Gewissheit.
Die Verantwortung der Gläubigen und das Gericht
Ich habe schon überlegt, ob ich mit 67 Jahren noch ein Jurastudium anfangen soll. Lieber Griechisch oder Hebräisch? Nein, nein, nein, ich denke an etwas ganz Bestimmtes.
In Esekiel 6,2 heißt es nämlich: "Oder wisset ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?" Das ist schon ganz gewaltig. Und auch in Vers 3 steht: "Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden?" Wir sind ja gewaltig an Kraft, frei nach Psalm 100.
Ja, aber dieses Gericht wird dann nicht nach dem Zivilgesetzbuch (ZGB) in der Schweiz erfolgen. Darum bringt das Studium dann nichts, oder? Sondern es wird nach dem Gesetz Gottes, nach der Bibel, erfolgen.
Ah, darum ist also Bibelstudium besser. Ja, wollen wir eine Pause machen, zwanzig Minuten, und dann weitermachen? Wir sind bis Vers 3 gekommen. So komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen.
Jesus als der Weg zum Vater
Nun meldet sich Thomas, der Apostel Thomas, und möchte den Weg wissen. Der Herr Jesus sagt in diesem Zusammenhang den bekannten Vers: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Der Weg zum Tempel und schließlich zum Allerheiligsten wird hier als Bild auf den Herrn Jesus Christus hingestellt. Der Herr Jesus ist also dieser Weg zum Vater. Übrigens ist es interessant, wenn man die Stiftshütte betrachtet: Von außerhalb der Stiftshütte kommt man durch einen ersten Vorhang in den Vorhof. Dort befindet sich der Altar und das Waschbecken. Danach folgt ein zweiter Vorhang, der hineinführt ins Heilige mit dem siebenarmigen Leuchter, dem Schaubrotisch und dem Räucheraltar aus Gold. Schließlich gibt es nochmals einen Vorhang, der in das Allerheiligste führt. Dort befindet sich wirklich das Herz des Vaters – der Ort der Bundeslade.
Der Herr Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Das erinnert an diese drei Phasen, diese drei Vorhänge in der Stiftshütte. Er ist eben der ganze Weg hin zum Vater.
Ganz erstaunlich ist ein Vers im Judasbrief, der im absoluten Gegensatz zu Johannes 14,6 steht. Der Prophet Judas schreibt in seinem kurzen Brief über den Abfall in der Christenheit, der kommen würde – also das, was wir heute hautnah erleben. Dort heißt es in Vers 11: „Sie gehen den Weg Kains und fallen in den Irrtum des Bileam ungerühmt hin und kommen nun in den Rauch vor Koras.“
Der Weg Kains ist nach 1. Mose 4 bekannt: Dort heißt es, Kain ging von dem Angesicht des Herrn hinweg. Das ist wirklich der Abfall weg von Gott, den wir seit den sechziger Jahren so krass erlebt haben. Das ist der Weg Kains in unserer Gesellschaft.
Dann heißt es, sie haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams überliefert. Bileam war bereit, für Geld schlechten religiösen Rat zu geben. Das zeigt, welche Rolle Geld in der abgefallenen Christenheit spielt. Das ist unglaublich.
Nur so ein praktisches Beispiel: Manchmal kann eine Anekdote etwas sehr Umfassendes schön aufzeigen. Richard Wiskin, der vielen bekannt ist und tolle Vorträge über Schöpfung, Evolution sowie Bibel und Archäologie hält, erzählte, er sei in einer Konfirmationsklasse eingeladen worden, um über Spuren der Sintflut zu sprechen. Das ist ein großartiger Vortrag über die Glaubwürdigkeit der Sintflutgeschichte in der Bibel im Vergleich zur Wissenschaft.
Schon früh in der Vortragsphase merkte er, dass etwas nicht gut lief. Die Jugendlichen kamen nicht richtig mit. Er fragte sie, ob sie von Noah gehört hätten – nein. Sintflut? Nein, sie wussten nicht, was das ist. Auch Abraham war völlig unbekannt. Die Jugendlichen standen kurz vor der Konfirmation und waren ziemlich erstaunt. Er änderte das Programm etwas ab, da er flexibel war.
Nachher sprach er mit dem Pfarrer beim Tee und brachte seine Verwunderung zum Ausdruck, wie wenig die Jugendlichen wussten. Das beeindruckte den Pfarrer und seine Frau nicht. Der Pfarrer sagte, er mache eine wissenschaftliche Arbeit für die Universität Zürich über Pietismus. Richard fragte, wie er das mit seiner Gemeindeaufgabe vereinbaren könne. Der Pfarrer antwortete, er habe ganz bewusst eine kleine Kirchgemeinde gewählt. Dort gebe es wenig Bestattungen und Hochzeiten, und am Sonntag müsse er nur zehn Minuten sprechen. So habe er viel Zeit für seine wissenschaftliche Arbeit.
Dann kam heraus, warum Richard Wiskin eingeladen wurde: Der Pfarrer wollte seinen Konfirmanten mal einen Pietisten vorführen. Das Pfarramt war quasi eine Plattform und Geldquelle, um die Arbeit zu finanzieren. Viele in den sechziger Jahren, als die Linken hoch im Kurs waren, hätten Theologie studiert, weil sie wussten, dass das Einkommen gesichert ist. In Zürich bekam man damals etwa zehntausend Franken im Monat, dazu eine Wohnung, und konnte politische Arbeit leisten. Wenn man nicht viele Besuche machte, ging das gut.
Sie haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams überliefert, und im Widerspruch Koras sind sie umgekommen. Kora hat sich gegen Mose und Aaron aufgelehnt. Mose war der Vertreter des Wortes Gottes und brachte die Tora für Israel. Aaron war der Vertreter der Priesterschaft und vertrat das Volk vor Gott durch das stellvertretende Opfer.
Der Widerspruch Koras ist also die Rebellion gegen die Autorität der Bibel und die Ablehnung des Opfers von Jesus Christus. Ich war einmal bei einem Podiumsgespräch im Zusammenhang mit der Stiftshüttenausstellung in Lausanne, wo über hunderttausend Leute kamen. Dort äußerte sich ein Theologieprofessor ganz klar: Der Gedanke des Opfers sei für den modernen Menschen überhaupt nichts mehr – vorbei. Das ist der Widerspruch Koras.
Die ganze liberale Theologie hat die Bibel vollkommen zerfetzt und als das autoritative Wort Gottes abgelehnt. Das ist der Widerspruch Koras.
Nun schauen wir mal: Sie sind den Weg Kains gegangen. Sie haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams überliefert. Und im Widerspruch Koras sind sie umgekommen, gestorben. Das ist wirklich genau das Gegenteil, der Gegensatz zu dem Vers: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Der Weg zum Vater ist das Gegenteil von ihrem Weg, der weg von Gott führt – die Wahrheit und das Leben.
Judas und Jakobus als neutestamentliche Propheten
Niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn man diesen Vers vor diesem Hintergrund betrachtet, gewinnt er noch mehr Bedeutung. In Johannes 14,6 heißt es: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich."
Herr Libit, in meiner Bibel steht, dass dieser Judas ein leiblicher Halbbruder des Herrn gewesen sei. Er war also nicht der Apostel Judas. Vielmehr war er ein Bruder Jesu, ähnlich wie Jakobus. Ganz genau, wie Jakobus. Man kann sagen, dass es sich dabei um neutestamentliche Propheten handelte, aber nicht um Apostel.
Die Gemeinde ist gemäß Epheser 2,20 auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut. Deshalb wurden auch Judas und Jakobus als Wort Gottes im biblischen Kanon anerkannt. Darauf ist die Kirche gegründet, auch auf dem Judasbrief. Allerdings handelt es sich dabei nicht um den Judas aus Johannes 14,22.
Es gab ja noch einen Apostel Judas, nämlich Judas, nicht der Iskariot. Und Judas, der Bruder des Herrn, ist wiederum eine andere Person. Es scheint also, dass dieser Name damals relativ häufig vergeben wurde.
Ganz einfach, das ist ja der Name des Stammes. Judah ist Yehuda, der Name des Stammes Judah. Gut, dann gehen wir weiter in Johannes 14.
Jesus offenbart den Vater
Herr Jesus macht deutlich, dass, wer ihn kennt, auch den Vater kennt. Denn dazu war Jesus in diese Welt gekommen: um Gott wirklich zu offenbaren, dass das, was er im Tiefsten ist, der Vater ist.
Nun bekommt Philippus Sehnsucht. Wer liest nochmals? Wer sagt? Philippus spricht zu ihm: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns.“ Jesus antwortet ihm: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Jawohl, also danke.
Der Herr Jesus hat im Johannes-Evangelium bis dahin etwa hundertfünfzehnmal vom Vater gesprochen. Versteht man, dass einer mal Sehnsucht bekommt? „Herr, zeige uns den Vater!“ Und der Herr Jesus macht deutlich, dass der Vater eben in der Menschwerdung des Sohnes sichtbar geworden ist. Wir Menschen können den Vater erkennen, indem wir den Sohn erkennen.
Wenn wir in Johannes 1, Vers 14 lesen, bezeugt Johannes zusammen mit den anderen Aposteln: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Jawohl, er ist der Sohn Gottes! Wer den Sohn erkennt, erkennt dadurch auch den Vater.
Gott, der Sohn, musste in diese Welt kommen, um wirklich den Vater zu offenbaren. Gott hat früher durch die Propheten gesprochen. So steht es in Hebräer 1: „Nachdem Gott auf vielerlei Weise und auf vielerlei Art ehemals zu den Vätern geredet hat, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn.“
Es ist ganz interessant: Bei den Propheten heißt es „durch die Propheten“ (dia), sie sind das Mittel, das Sprachrohr. Aber dann heißt es „im Sohn zu uns geredet“ (en hyo). Das bedeutet, dass Gott in der Person seines Sohnes zu uns gesprochen hat. Gott hat als Sohn zu uns gesprochen, und darum konnte Gott nun wirklich völlig offenbart werden.
Natürlich kannte man im Alten Testament schon die Tatsache, dass es den Sohn Gottes gibt, zum Beispiel in Sprüche 30. Schlagen wir mal auf! Es war aber noch geheimnisvoll, so geheimnisvoll, dass Agur Ben Jake die Frage stellt, Sprüche 30, Vers 4b. Er spricht über Gott, den Schöpfer und Christus: „Wer ist hinaufgestiegen zum Himmel und herabgefahren? Wer hat den Wind in seine Fäuste gesammelt? Wer hat die Wasser in ein Tuch eingebunden? Wer hat aufgerichtet alle Enden der Erde? Was ist sein Name und was der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“
Jawohl, was ist der Name seines Sohnes? Das war im Alten Testament noch schwieriger zu beantworten, aber der Sohn Gottes ist bekannt. Da sehen wir übrigens auch, dass der Herr Jesus nicht erst Sohn Gottes geworden ist durch seine Menschwerdung und Zeugung durch den Heiligen Geist. Als Mensch wurde er Sohn Gottes, aber als Gott war er von jeher der Sohn Gottes.
Darum schon im Alten Testament: „Was ist sein Name und was der Name seines Sohnes?“ Sein Sohn ist der Eingeborene, der einzige Sohn. Ich kann nicht sagen: „Mein Sohn hat gesagt“, weil ich habe drei Söhne. Ich kann nur sagen: „Einer meiner Söhne hat gesagt.“ Aber wenn es heißt: „Was ist sein Name und der Name seines Sohnes?“, dann ist es der einzige Sohn, der ewige Sohn Gottes.
So ist also der Herr Jesus in diese Welt gekommen. Als man seine Herrlichkeit gesehen hat als Eingeborener vom Vater, hat man damit auch die Herrlichkeit des Vaters gesehen. Gott offenbart sich durch seinen Sohn.
Darum steht in 1. Johannes 2, Vers 23: „Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht. Wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.“ Jawohl! Wer den Sohn Gottes ablehnt, kann nicht sagen: „Ja, ich habe mit Jesus Christus nichts zu tun, aber mit Gott.“ Solche Leute gibt es ja. Aber der Vers macht deutlich: Es geht nicht so. Denn wir kommen nur durch den Sohn zu Gott, dem Vater. Wer den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht. Wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.
Jetzt wird auch klar, warum man nicht sagen kann, im Islam habe man den gleichen Gott. Denn der Sohn wird ja geleugnet. Dann kann man nicht den Vater haben. Im Islam wird ja auch ausdrücklich betont, dass es keinen Vater gibt. Das kommt noch dazu, also sie leugnen sowohl den Vater als auch den Sohn.
Vers 22b: „Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.“ Das ist beim Islam genau der Fall. 1. Johannes 2, 22b. Und man muss bedenken: Johannes schrieb das zwischen 95 und 100 nach Christus, also etwa 500 Jahre vor Mohammed. Er warnt bereits: „Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.“ 500 Jahre später kam er, und heute folgen ihm eine Milliarde Menschen. Das ist schon tragisch. Aber in der Bibel stand es schon längst.
Nochmal: „Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht. Wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.“ Über ihn kommen wir zum Vater. Wer ihn gesehen hat, hat auch den Vater gesehen. Jesus betont hier die Einheit von sich, dem Sohn, mit dem Vater.
Er sagt auch, dass die Werke, die er auf Erden ausgeführt hat, davon Zeugnis ablegen. Vers 11, wer liest das nochmals? Johannes 14, Vers 11: „Der Vater aber, der in mir bleibt, tut die Werke. Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir ist; wenn nicht, so glaubt mir um der Werke selbst.“
Die Werke, die er in seinem Leben gezeigt und offenbart hat, sprechen alle vom Vater. Darin können wir den Vater erkennen. Wir denken an die Brotvermehrung: „Ich bin das Brot des Lebens, das der Vater in diese Welt gesandt hat.“ All diese wunderbaren Werke, die er getan hat.
Dabei müssen wir bei Werken nicht nur an Wunder denken, an Zeichen und Wunder, sondern überhaupt an seine Werke. Denn der Herr sagt in Vers 12: „Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.“
In zweitausend Jahren Kirchengeschichte – wo finden wir diese Leute, die größere Wunder als Jesus Christus getan haben? Da hätten wir Mühe, oder? Echt Mühe! Herr Jesus hat ganz klare Auferstehungswunder vollbracht. Lazarus zum Beispiel – da war wirklich kein Zweifel. Er hatte bereits gerochen, der Verwesungsgeruch war schon da, und der Herr hat ihn auferweckt.
Aber Werke umfassen mehr. Denken wir daran: Jesus hat drei Jahre gepredigt. Und dann an Pfingsten – wie viele waren da zusammen in Jerusalem? Apostelgeschichte 1? Nein, zuerst 120. Ja, eine kleine Gruppe. Das sind nicht unbedingt alle, die in diesen drei Jahren zum Glauben gekommen sind, aber trotzdem eine relativ kleine Schar von 120. Das spricht übrigens Apostelgeschichte 1, Vers 15.
Dann kommt das Pfingstereignis und Petrus’ Predigt. Wie viele kommen zum Glauben? Dreitausend, Apostelgeschichte 2, Vers 41. Einige Monate später, in der Größenordnung, heißt es in Apostelgeschichte 4, Vers 4: „Viele aber von denen, die das Wort gehört hatten, wurden gläubig, und es wurde die Zahl der Männer auf fünftausend erhöht.“
Jetzt sind die Frauen nicht mehr mitgerechnet. Mit Frauen und Kindern kommen wir vielleicht auf zehntausend. Ja, das waren größere Werke, die die Jünger getan haben.
Martin Luther hat keine Zeichen und Wunder getan, aber ganz Europa ist in Bewegung gekommen, und Tausende von Menschen haben das Wort Gottes neu entdeckt. So kann man die Kirchengeschichte sehen und die Visionsberichte, die Erweckungen in China mit Hudson Taylor und anderen. Ja, da hat sich die Verheißung schon erfüllt: „Ihr werdet größere Werke tun als ich.“
Denn der Herr hatte den Auftrag, für Israel zu kommen und die Erlösung zu vollbringen. Der Heilige Geist sollte gesandt werden, und die Jünger sollten in der Kraft des Heiligen Geistes den Auftrag des Herrn missionarisch in die ganze Welt hinaustragen.
Darum spricht Herr Jesus auch ausführlich über den Heiligen Geist, der kommen würde. Er macht Mut in dieser Zeit, in der er weg ist, und die Jünger größere Werke tun werden als er. Dabei werden sie das Gebet ganz neu schätzen lernen.
Vers 13: „Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn. Wenn ihr etwas bitten werdet in meinem Namen, so werde ich es tun.“ Ja, das Gebet sollte eine ganz wichtige Sache für die weitere Zeit werden.
Wenn man schaut, welche Bedeutung das Gebet in den vergangenen zweitausend Jahren hatte, sieht man, dass es ganz spezielle Verheißungen gab: das Gebet in seinem Namen. Das bedeutet übrigens das Gegenteil von selbstsüchtigem Beten. In seinem Namen beten heißt, so beten, dass es wirklich den Interessen des Sohnes Gottes entspricht. Dafür haben wir die Verheißung, nicht für selbstsüchtiges Beten.
Dann Vers 15, wer liest? „Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten, und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit. Denn die Welt kann ihn nicht empfangen, weil sie ihn nicht sieht noch kennt. Ihr aber kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“
Der Jesus spricht hier über den Heiligen Geist, den Geist der Wahrheit, und nennt ihn Sachwalter. Was ist das? Ein Sachwalter ist jemand, der sich um etwas kümmert, es verwaltet und verantwortlich ist. In euren Bibeln findet ihr verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten.
Das griechische Wort ist Parakletos. Parakletos bedeutet Fürsprecher, Advokat, der Herbeigerufene – das gleiche wie im Lateinischen „Advocatus“ von „Advocare“, der Herbeigerufene. Im Blick auf einen Prozess wird jemand herbeigerufen, der die Person vollständig vertritt, sich mit ihr eins macht, aber das Gesetz kennt, den Überblick hat und sich zum Guten für die Person einsetzt.
So sagt Herr Jesus: „Ich gehe zwar weg, aber der Heilige Geist wird kommen, und er wird sich für euch einsetzen wie ein Advokat für seinen Mandanten.“ Er wird bei euch sein in Ewigkeit, das heißt, er wird euch nie verlassen. Noch mehr: Er wird nicht nur bei euch sein, sondern in euch, Vers 17.
Diese Nähe hatten die Jünger nie zum Herrn. Er war bei ihnen, aber nicht für ewig; er musste weggehen. Der Heilige Geist aber sollte kommen und bei ihnen sein in Ewigkeit. Dieses „bei“ ist noch enger: Der Heilige Geist wird in den Gläubigen wohnen.
Im Alten Testament kam der Heilige Geist auf bestimmte Propheten und verließ sie wieder. Zum Beispiel sieht man das sehr eindrücklich bei Hesekiel. Plötzlich kommt der Geist Gottes in ihn, zum ersten Mal in Hesekiel 2. Aber in späteren Kapiteln sieht man, wie der Heilige Geist wieder von ihm weicht. Das war das Normale.
Darum musste auch David als Prophet Angst haben nach der Sünde mit Bathseba. In Psalm 51 betet er: „Nimm den Geist deiner Heiligkeit nicht von mir.“ Schlagen wir auf, Psalm 51, Vers 11 und 12. Lest jemand? „Verwirf dein Angesicht nicht von meinem Grund und täusche nicht alle meine Missetaten. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen gewissen Geist.“
Und jetzt der nächste Vers: „Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir.“ Jawohl! Dieses Gebet muss kein Gläubiger heute beten, denn wir haben die Zusage: Der Geist geht nicht mehr weg.
Aber was möglich ist – vielen Dank – ist, dass wir den Heiligen Geist betrüben können. Epheser 4, Vers 30: „Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, durch welchen ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung! Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung seid von euch weggetan, samt aller Bosheit! Seid aber gegeneinander gütig, mitleidig, einander vergebend, gleichwie auch Gott in Christus euch vergeben hat.“
Also diese Dinge wie Bitterkeit, Wut, Zorn betrüben den Heiligen Geist, ebenso fehlende Vergebungsbereitschaft.
Dann haben wir 1. Thessalonicher 5, da geht es nicht um den Einzelnen, sondern um die Gemeinde. Vers 19: „Den Geist dämpft nicht.“ Oder hat jemand eine andere Übersetzung? „Den Geist löscht nicht aus.“ Jawohl, „spenümi“ ist das Wort, das man braucht, um eine Lampe auszuschalten.
Es hat natürlich eine Anspielung auf den siebenarmigen Leuchter. Man kann das Wirken des Geistes Gottes in der Gemeinde auslöschen, sodass er kein Licht mehr gibt. Aber das ändert nichts an der Tatsache: Er wird bei euch sein in Ewigkeit, er wird in euch sein.
Doch Sünde kann ihn dämpfen, sein Wirken auslöschen. Das wird eine Kraft sein, die die Welt nicht sieht und nicht kennt, Vers 17. Aber für die Gläubigen ist es etwas ganz Selbstverständliches: „Ihr aber kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“
Die Bedeutung der Gebote Jesu
Wir haben noch nicht den Anfang von Vers fünfzehn behandelt: "Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote." Da stellt sich die Frage: Warum spricht der Herr hier von Geboten? Das hat doch mit dem Gesetz Mose zu tun und mit Israel, das unter dem Gesetz stand. Aber wir sind ja nicht unter dem Gesetz. Warum also spricht der Herr von Geboten?
Er hat in Vers 34 das Gebot aus Kapitel 13 gelesen: "Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt." Jawohl, das ist auch wieder ein Gebot. "Haltet meine Gebote!" Vielleicht meint er die aus der Bergpredigt? Wir können es umfassend sagen, zum Beispiel in Galater 5 und Galater 6 – gerade in dem Brief, in dem die Gesetzlichkeit bekämpft wird.
Gesetzlichkeit muss ich erklären: Die Lehrer wollten die nichtjüdischen galatischen Christen unter das Gesetz vom Sinai bringen. Dagegen kämpft der Apostel Paulus vehement, denn das darf nicht geschehen. Die Gemeinde, die Christen, sind nicht unter dem Gesetz vom Sinai. Das war eine Abmachung mit Israel. Die Gemeinde ist keine jüdische Sekte, sie ist etwas ganz Neues.
Die Gemeinde ist nicht gesetzlos. In Galater 6, Vers 2 heißt es: "Einer trage des anderen Lasten, und auf diese Weise erfüllt ihr das Gesetz des Christus." Jetzt finden wir diesen Ausdruck "das Gesetz des Christus". Für geübte jüdische Ohren ist das ein interessanter Ausdruck, denn man kennt ihn aus der rabbinischen Literatur, zum Beispiel im Midrasch Kohelet, der berühmten Auslegung zum Buch Prediger. Dort steht: Die Tora, die wir heute in dieser Zeit lernen, kann nicht verglichen werden mit der Tora, die der Messias bringen wird, wenn er kommt.
Im Judentum war also schon die Erwartung da, dass der Messias eine neue Tora, ein neues Gesetz bringt. Dort findet man den Ausdruck "Torato Schel Maschiach", das heißt "das Gesetz des Messias", des Christus. Genau diesen Ausdruck braucht Paulus in Galater 6.
Jesus hat für die Gemeinde im Neuen Testament viele Gebote gegeben, und sie sind höher als die Gebote von Sinai. Er sagt im Neuen Testament nicht nur: "Du sollst nicht Ehe brechen", sondern in Epheser 5,25: "Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleich wie Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat." Das ist viel höher!
Das Gesetz von Sinai sagte: "Du sollst nicht stehlen." Aber das Gesetz des Christus in Epheser 4 sagt: "Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Dürftigen mitzuteilen habe." (Epheser 4,28) Nicht nur einfach nicht stehlen, sondern arbeiten, um den Armen etwas geben zu können. Das ist viel mehr, das ist viel höher.
So könnte man alle möglichen Gebote der Tora durchgehen und sehen, dass viele auch im Gesetz des Christus zu finden sind, aber ganz neu formuliert und auf einer höheren Stufe. Denn das Gesetz vom Sinai war an Menschen gerichtet, die zur Hauptsache gar nicht wiedergeboren waren. Das Gesetz des Christus richtet sich an wiedergeborene Menschen, und weil der Heilige Geist in ihnen wirkt – ein wichtiges Thema im Galaterbrief – können sie Gottes Willen, das Gesetz des Christus, erfüllen.
Das hat also nichts damit zu tun, dass man die Gemeinde wieder unter die Gebote vom Sinai bringen würde. Es hat nichts damit zu tun, dass man die Gemeinde jetzt ins Passafest, Laubhüttenfest und so weiter einführen muss. Nein, das war für Israel, nicht für die Gemeinde.
Aber das Gesetz des Christus haben wir im Neuen Testament. Ich habe zum Beispiel im ersten Timotheusbrief alle direkten Befehlsformen mit einer Farbe angestrichen. Dort habe ich etwa dreißig Gebote gefunden – nur im kleinen ersten Timotheusbrief. Das ist das Gesetz des Christus.
Im Judentum hat man die ganze Tora systematisiert und die Gebote zu 613 Geboten, den 613 Mitzwot, zusammengefasst. Im ersten Timotheusbrief habe ich schon dreißig Gebote gefunden, im zweiten Timotheusbrief ebenso, etwa dreißig Befehlsformen, und im Titusbrief nochmals etwa dreißig. Allein in diesen drei kleinen Briefen sind es schon neunzig Gebote.
Wenn jemand sagt, das Christentum sei nicht konkret, eher schwammig, so ein bisschen lieb sein und dann sei es fertig, dann stimmt das überhaupt nicht. Es ist sehr konkret, sehr deutlich.
Jetzt wollen wir mit den längeren Briefen weitermachen. Die Gebote sind schon da, sehr deutlich zum Beispiel in 1. Korinther 14. Am Schluss sagt Paulus, die Frauen sollen in der Gemeinde, also im Gottesdienst, schweigen. Er sagt: Wenn jemand geistlich ist oder ein Prophet, erkenne er, dass dies ein Gebot des Herrn ist. Eines der Gebote aus der Tora des Messias.
So gibt es viele Gebote, aber der Herr Jesus sagt ganz allgemein – und da meint er das Gebot der Liebe aus Kapitel 13, Vers 34, und alle anderen Gebote: "Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote." Und weiter in Vers 21: "Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt." Und noch weiter, in welchem Vers war das? Lesen Sie:
Jesus antwortete und sprach zu ihm: "Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen." (Johannes 14,23) Und nach Vers 24: "Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat."
Echte, wahre Liebe zum Sohn Gottes zeigt sich im Gehorsam seinem Wort gegenüber. Hier haben wir noch eine Steigerung. In Vers 23 haben wir nicht wie in 21 und 16 "meine Gebote", sondern "mein Wort". Was ist der Unterschied zwischen "mein Wort halten" und "meine Gebote halten"?
Das Wort ist wahrscheinlich die Gesamtheit dessen. Das Festhalten an dem Wort Gottes als Ganzem, ohne Abstriche zu machen. Da sehen wir, dass jegliche bibelkritischen Einwände am Wort Gottes das Christentum verfehlt haben.
"Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten." Halten, tereo, heißt bewahren, einhalten, beobachten. Es umfasst noch mehr. Wir haben ganz direkte, klare Befehle im Neuen Testament. Aber manchmal gibt es Situationen, in denen wir keine Stelle finden, die genau diese Situation direkt anspricht.
Auch da können wir zur Klarheit kommen, was Gottes Wille ist, durch die Gesamtheit der Aussagen des Wortes Gottes. Ein Knecht, der genau die Aufträge seines Herrn ausführt, hält seine Gebote. Wenn ein Knecht sieht, ohne einen bestimmten Auftrag, dass noch etwas zu erledigen ist, und er hat die Augen offen beim Arbeiten, dann hält er das Wort seines Herrn. Er weiß genau, dass der Herr ihm sagen würde: "Das wäre auch noch zu machen."
Christen sind also gekennzeichnet dadurch, dass sie nicht nur einzelne Gebote halten, sondern den Willen ihres Herrn kennen. Dazu brauchen wir natürlich den Heiligen Geist, der uns sein Wort öffnet, verständlich macht und die Zusammenhänge im ganzen Wort Gottes klar macht.
Jesus erklärt, wer so sein Wort hält, erlebt eine ganz außergewöhnliche Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Erinnern Sie sich noch an Vers 23? Jesus antwortete und sprach zu ihm: "Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen."
Das ist eine unglaubliche Zusage der tiefsten Gemeinschaft, die möglich wird mit dem Vater und seinem Sohn. Das Einhalten des Wortes hat nichts mit einer niedrigen, sklavischen Gesinnung zu tun. Es ist vielmehr die Gesinnung, die zur tiefen Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn führt – auch zu einer inneren Freude, die niemand sonst geben könnte.
Eine Gemeinde, die wirklich das Wort des Herrn bewahrt hat – so verstehe ich das bei Philadelphia, wo es heißt: "Du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen festgehalten." Solche Gemeinden sind sicher sehr, sehr rar. Aber genau das erwartet der Herr von allen Erlösten als das Normale.
Gut, wir stoppen hier und fahren nächstes Mal mit dem Schluss von Kapitel 14 weiter und beginnen mit Johannes 15. Zum Schluss wollen wir noch beten.
