Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag begrüßen. Das Thema lautet: „Heute morgen Israel in Ägypten – Realität oder Fiktion?“
Es geht um folgende Frage: Wenn wir in der Bibel lesen und vielleicht schon als Kind in der Sonntagsschule gehört haben, dass Abraham nach Kanaan kommt, dann später Joseph in Ägypten lebt, die Israeliten in der Sklaverei in Ägypten sind, die zehn Plagen über Ägypten kommen, der Auszug aus Ägypten stattfindet und die Eroberung Jerichos erfolgt – sind das alles nur Legenden, wie viele Kritiker heute behaupten? Oder handelt es sich um historische, geschichtliche Tatsachen?
Nun, ich lese aus der Geschichte von Israel in Ägypten, 2. Mose 1, ab Vers 8:
„Da stand ein neuer König über Ägypten auf, der Josef nicht kannte, und er sprach zu seinem Volk: Siehe, das Volk der Kinder Israel ist zahlreicher und stärker als wir.“
Vers 11:
„Und sie setzten Frohnvögte über dasselbe, um es mit ihren Lastarbeiten zu drücken, und es baute dem Pharao Vorratsstädte, Pitom und Ramses.“
Archäologie und biblische Chronologie im 19. Jahrhundert
Im neunzehnten Jahrhundert begann man, sich besonders für die Archäologie Ägyptens zu interessieren. Dieses Jahrhundert war auch die Zeit, in der Champollion, ein junger Franzose, erstmals die Hieroglyphenschrift entziffern konnte.
In diesem Zusammenhang versuchte man, einen Bezug zwischen der biblischen Geschichte und den ersten Ausgrabungen in Ägypten herzustellen. So lesen wir in der Bibel, in 2. Mose 1, dass die Israeliten als Sklaven die Städte Pithom und Ramses gebaut haben.
Daraus zog man den Schluss: Wenn hier eine Stadt namens Ramses genannt wird, muss das wohl etwas mit dem Pharao Ramses zu tun haben. Dabei war natürlich nicht Ramses I., sondern Ramses II. gemeint, der nach üblicher Chronologie von 1279 bis 1213 v. Chr. regierte.
Ramses II., auch Ramses der Große genannt, war ein gewaltiger Baumeister. Daher nahm man an, dass die Israeliten unter seiner Herrschaft diese Stätten erbauen mussten. Daraus folgerte man, dass der Auszug aus Ägypten, der Exodus, unter Ramses II. stattgefunden haben müsse – also ungefähr um 1230 v. Chr.
Diese Datierung setzte sich in den folgenden Jahrzehnten in der Archäologie durch. Man ging davon aus, dass der Exodus der Israeliten um 1230 v. Chr. stattfand. Es ist wichtig, sich klarzumachen, wie diese Datierung entstanden ist: Sie basiert auf dem Bezug aus 2. Mose 1, Vers 11, wo die Stadt Ramses genannt wird, und der Verbindung zu Ramses II.
Ramses II. war tatsächlich der mächtigste Pharao der neunzehnten Dynastie und ein bedeutender Bauherr. Er errichtete unter anderem den berühmten Amun-Tempel in Karnak.
Die biblische Archäologie im zwanzigsten Jahrhundert war über lange Zeiträume hinweg der Bibel gegenüber sehr positiv eingestellt. Die führenden Persönlichkeiten der biblischen Archäologie, also der Archäologie, die sich mit den in der Bibel erwähnten Ländern beschäftigt, waren William Ramsey und William Albright.
William Albright gilt als einer der größten Archäologen des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war kein gläubiger Mann, zeigte sich jedoch der Bibel und ihrer historischen Glaubwürdigkeit gegenüber sehr positiv.
Es war üblich, in der sogenannten "All Right"-Schule davon auszugehen, dass der Exodus unter Ramses II. im dreizehnten Jahrhundert vor Christus stattgefunden habe.
Wandel der archäologischen Sichtweisen im 20. Jahrhundert
Während die Situation in den 1950er Jahren noch recht positiv erschien, hat sich dies in der späteren Zeit deutlich verändert. Es ist eine ganz neue, junge Archäologengeneration herangewachsen, die sich völlig gegen die biblische Darstellung gestellt hat. Immer mehr Zweifel kamen auf, ob es den Exodus aus Ägypten überhaupt gegeben hat, und ob die Landnahme, wie sie die Bibel unter Josua beschreibt, wirklich stattgefunden hat.
Ein bedeutendes Buch, das diese neue Sichtweise vertritt, ist das Werk von Israel Finkelstein und Neil Silberman mit dem Titel „Keine Posaunen vor Jericho – Die archäologische Wahrheit über die Bibel“. Dieses Buch hat große Aufmerksamkeit erregt und wurde in den Medien immer wieder zitiert und besprochen.
Sogar ein israelischer Archäologe wie Israel Finkelstein stellt sich gegen die historische Genauigkeit des Exodus. Die heutige Sichtweise lautet, dass Israel und Ägypten, der Auszug und die Landnahme alles Legenden seien.
Warum? Es gäbe keine archäologischen Spuren von Israel in Ägypten. Zudem soll Jericho zur Zeit von etwa 1200 vor Christus keine Stadt gewesen sein. Es habe keine Stadtmauer gegeben. Deshalb könne man die Geschichte von den gefallenen Stadtmauern von Jericho getrost vergessen. Auch das Lied „Joshua Fit the Battle of Jericho“ und die Erzählung, wie die Mauern einst einstürzten, werden als Märchen abgetan.
Diese Sichtweise hat natürlich dazu beigetragen, dass viele Menschen heute das Vertrauen in die geschichtliche Bedeutung der Bibel verloren haben. Viele denken inzwischen, die Bibel sei nur eine Sammlung von Legenden, Mythen und Märchen.
Die biblische Erzählung von Abraham bis zur Landnahme
Nun, bevor wir diesen Dingen wirklich auf die Spur gehen, möchte ich ganz kurz zusammenfassen, was die Bibel eigentlich über die bereits erwähnten Ereignisse erzählt. Abraham kommt nach Kanaan, Joseph nach Ägypten und so weiter.
Die Geschichte Abrahams wird in der Bibel im 1. Buch Mose ab Kapitel 11, Vers 31 erzählt. Dort sehen wir, wie Abraham von Gott berufen wurde, aus Ur in Chaldäa, im heutigen Südirak, auszuziehen, um in das Land der Verheißung zu gehen. Abraham war sogleich gehorsam und zog aus. Wie man hier auf der Karte sieht, führte ihn sein Weg entlang des Euphratlaufs, also durch den Fruchtbaren Halbmond. Der direkte Weg nach Kanaan durch die syrische Wüste wäre wohl tödlich gewesen und war im Altertum unüblich, da man dort kaum reiste.
So ging Abraham hinauf bis in die heutige Südtürkei nach Harran und von dort aus schließlich wieder über das schwierige Gebiet von Syrien und Libanon. Durch dieses Gebiet zog er dann in das Land Kanaan, das spätere Land Israel.
Ich lese die Berufungsgeschichte von Abraham aus 1. Mose 12, Vers 1:
Und der Herr sprach zu Abram: „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen werde.
Und ich will dich zu einer großen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen groß machen, und du sollst ein Segen sein.
Und ich will segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verfluchen.
Und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“
In 1. Mose 12, Verse 6-7 wird beschrieben, wie Abraham schließlich ins verheißene Land kam:
„Abraham durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zur Terabinthen Maures, und die Kanaaniter waren damals im Land.
Und der Herr erschien Abraham und sprach: Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben.
Und er baute dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar.“
Das ist der erste Ort, der in der Bibel erwähnt wird, nachdem Abraham ins verheißene Land eingezogen war: Sichem. Dort bekam Abraham eine ausdrückliche Verheißung, dass dieses Land seinen Nachkommen, sprich den Israeliten, gehören wird.
Hier liegt natürlich einiger Sprengstoff drin. Sichem ist heute Nablus, die größte Palästinenserstadt im sogenannten besetzten Westjordanland. Die UNO und die Weltgemeinschaft sagen, die Juden hätten hier in diesem Land nichts zu suchen. Aber die Bibel sagt, dass genau dieser Ort der erste namentlich erwähnte Ort ist, an dem Gott Abraham ausdrücklich die Verheißung gab: Deiner Nachkommenschaft, den Israeliten, wird dieses Land gehören.
Wir merken, dass die Frage, ob das alles Legenden sind oder historische Tatsachen, heute sogar von weltpolitischer Bedeutung ist.
Gott hatte Abraham verheißen, dass von ihm das auserwählte Volk Israel abstammen soll, das das Land Israel besitzen würde. Weiterhin sagte Gott, dass aus diesem Volk einmal der Messias kommen würde, der verheißene Erlöser für Israel und alle Völker.
In 1. Mose 22, Vers 18 lesen wir:
„Und in deinem Samen oder in deinem Nachkommen sollen gesegnet werden alle Nationen der Erde.“
Gott verheißt Abraham also den Messias als seinen Nachkommen, durch den einmal Gottes Segen auf alle Völker der Welt kommen sollte.
Wir verstehen auch hier wieder: Wenn das alles Legende wäre, dann stellt das eigentlich die ganze Heilsgeschichte in Frage. Denn hier liegen die Wurzeln des Evangeliums, der frohen Botschaft, dass Gott einmal den Retter schicken würde als Segen für alle Völker.
Abraham bekam einen Sohn, Isaak, dieser wiederum einen Sohn, der diese Linie auf den Messias hin fortsetzte, Jakob. Jakob hatte zwölf Söhne, die die Stammväter der zwölf Stämme Israels wurden.
Diese Brüder, die Söhne Jakobs, hatten ein Problem mit dem zweitjüngsten Sohn namens Joseph. Joseph bekam von seinem Vater einen bunten, ganz speziellen Leibrock. Das machte die Brüder eifersüchtig, denn sie wussten, was dieser bunte Leibrock bedeutete: Er war das Zeichen für den Erben, für den auserwählten Erben.
Eigentlich hätte Ruben, der älteste der zwölf, Haupterbe werden sollen. Aber weil er sich in übler Weise an einer der Frauen Jakobs, seines Vaters, vergangen hatte, wurde er enterbt. So beschloss Jakob, dass Joseph, der älteste Sohn von Rahel – der Frau, die er ursprünglich als einzige wollte – der Erbe werden sollte.
Das löste den Hass seiner zehn älteren Brüder aus. Schließlich verkauften sie Joseph, sodass er als Sklave nach Ägypten kam. Später stieg Joseph dort vom Sklaven zum zweiten Mann in Ägypten auf, also zum Wesir des Pharao.
In dieser Zeit kam eine schreckliche Hungersnot über das Land Kanaan, also das Gebiet von Israel, Libanon und Syrien. Das Land wurde durch Trockenheit heimgesucht. Josephs Brüder sahen nur einen Ausweg in dieser Not: Sie mussten nach Ägypten gehen. Denn Ägypten hatte dank dem Nil, der Wasser aus Schwarzafrika brachte, immer noch zu essen – im Gegensatz zu den anderen nahöstlichen Ländern.
So kamen sie nach Ägypten und kauften dort Korn ein. Sie mussten Korn bei dem Wesir von Ägypten kaufen – das war ihr Bruder Joseph, den sie nicht mehr erkannten.
Eine dramatische Geschichte wird in der Bibel berichtet, bis der Moment kommt, in dem Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gibt. In einer gewaltigen, ergreifenden Szene umarmen sich die Brüder. Die ganze Streitigkeit, die ursprünglich diese Familie charakterisiert hatte, wird durch Versöhnung endgültig beseitigt.
Die Großfamilie Jakobs durfte umziehen und sich im westlichen Nildelta in Goschen ansiedeln. So konnte diese Großfamilie, aus der später das Volk Israel entstehen sollte, in dieser schweren Zeit in Ägypten überleben.
Genau dort in Ägypten wuchs die Großfamilie in den folgenden Jahrhunderten zu einem Volk heran. Doch ein späterer Pharao versklavte dieses Volk Israel, weil er in ihnen eine potenzielle militärische Gefahr sah.
In dieser Zeit wurde Mose geboren. Er erhielt den Auftrag, Israel aus der Sklaverei hinauszuführen. In dieser Zeit kamen die zehn Plagen über Ägypten, die das ägyptische Reich zusammenbrechen ließen. So konnte Israel in die Freiheit gehen.
Hier sehen wir den Weg aus dem Nildelta durch das Rote Meer zum Horeb. Am Berg Horeb erhielt Israel die Tora, das heißt die Gesetze Gottes. Mose übergab ihnen auch die fünf ersten Bücher der Bibel, die fünf Bücher Mose, den Pentateuch.
Nach 40 Jahren Wanderschaft gelangte das Volk Israel in die Ebenen Moabs im heutigen Jordanien, gerade auf der anderen Seite des Jordans gegenüber von Jericho. Dort hielt Mose eine Reihe von Abschiedsreden, insgesamt acht, die alle im fünften Buch Mose überliefert sind.
Dann starb Mose. Unter der Führung von Josua wurde das verheißene Land, das Abraham verheißen wurde, erobert. Hier sehen wir die letzte Lagerung Israels in den Gefilden Moabs, auf der anderen Seite des Jordans. Das Tote Meer liegt gegenüber von Jericho.
Jericho war die erste Station, die im verheißenen Land erobert wurde. Die Bibel berichtet, dass es eine äußerst befestigte Stadt war. Doch durch Gottes Eingreifen fielen die Mauern Jerichos nach außen hin herunter, und die Stadt fiel.
Diskussion um die historische Glaubwürdigkeit und Chronologie
Also stellt sich erneut die Frage: Sind all diese Geschichten nur Legenden? Handelt es sich um Religion, Realität oder Fiktion? Dieses Problem hat viele Gelehrte beschäftigt.
Zum Beispiel hat Immanuel Felikowski vor Jahren ein Buch geschrieben mit dem Titel „Ages im Chaos“ („Zeitalter im Chaos“). Darin wollte er zeigen, dass die ägyptische Chronologie, also die ägyptische Zeitrechnung, große Lücken und Fehler aufweist. Diese müsse man korrigieren, und dann könne man sehen, dass all diese biblischen Geschichten – wie Israel und Ägypten, der Exodus usw. – tatsächlich geschehen sind. Allerdings müsse man die Chronologie revidieren, und dann würde alles aufgehen.
Immanuel Felikowski wurde in der Ägyptologenwelt jedoch nicht ernst genommen, was auch ein wenig verständlich ist, denn er war Tiefenpsychologe. Archäologen sagen sich: Was soll ein Tiefenpsychologe in unserem Fachgebiet? Eine solche Revision der Chronologie können wir niemals akzeptieren.
Dann kam Donovan Courville. Auch er versuchte, eine Revision der ägyptischen Chronologie durchzusetzen und wollte damit zeigen, dass es tatsächlich Parallelen zwischen der Bibel und der Archäologie Ägyptens gibt. Auch er wurde nicht akzeptiert, denn er war Chemiker. Auch hier ist es verständlich, dass Ägyptologen sagen: Wir verstehen etwas von Ägyptologie, nicht unbedingt von Chemie. Aber Chemiker sollen uns in diesem Bereich nicht reinreden.
Später kam David Rohl, ein damals junger Ägyptologe. Er forderte, dass die ägyptische Chronologie unbedingt revidiert werden müsse. Er sagte, sie stehe auf schwachen Füßen, denn es gebe manche Unsicherheiten in der gesamten Chronologie aufgrund der Überlieferung. Er erklärte, wenn man die Chronologie um circa 300 bis 380 Jahre nach unten verschiebt, könne man die biblische Geschichte mit der Archäologie Ägyptens und Kanaans in Übereinstimmung bringen.
David Rohl schloss sich mit Peter van der Veen zusammen, einem Theologen und Archäologen. Doch auch diese beiden konnten keinerlei Gegenliebe erwarten. Es ist ungewöhnlich, wie emotional und heftig in der Fachliteratur auf diese Vorschläge reagiert wurde. Normalerweise sind die Zeitschriften eher sachlich und nüchtern, doch hier wurde gegen David Rohl heftig gewettert.
Die Allgemeinheit akzeptiert es einfach nicht, dass man die ägyptische Chronologie so stark verschiebt. Würde jemand sagen, wir verschieben sie um 100 Jahre, wäre das noch durchgegangen, denn die Unsicherheiten sind vorhanden und man ist bereit, in diesem Bereich etwas zu verschieben. Aber fast 300 bis 400 Jahre – das war einfach undenkbar, das kam nicht durch.
Hier sieht man also, dass selbst ein Ägyptologe wie David Rohl mit seinem Vorschlag nicht durchkommt.
Die biblische Chronologie als Schlüssel zur Datierung
Nun habe ich mir die Frage gestellt: Braucht es eine Revision der Chronologie? Wir müssen die Dinge genau anschauen.
Die Bibel bezeichnet Ramses den Zweiten nirgends als Pharao der Sklaverei. Darum ist das Datum 1232 v. Chr. ein großes Problem. Insbesondere aus folgendem Grund: Dieses Datum steht im Widerspruch zur biblischen Chronologie.
Die Bibel, vor allem das Alte Testament, weist ein durchgängiges chronologisches System auf – von Anfang bis Ende und hinüber bis ins Neue Testament. Ein System, das in sich völlig geschlossen ist.
Wenn man nun schaut, was die Bibel über den Auszug aus Ägypten sagt, dann ist es keinesfalls das Datum 1230 v. Chr. Das heißt, man hat der Bibel im 19. Jahrhundert eine falsche Chronologie untergeschoben. Anschließend versuchte man, in den Schichten, die diese Zeit betreffen, etwas zu finden. Eine junge Archäologengeneration wie Israel Finkelstein sagt: Man findet überhaupt nichts in Ägypten, man findet nichts in Kanaan, was die Bibel bestätigen würde.
Man könnte aber auch sagen: Wenn man das finden würde, dann wäre die Bibel falsch, denn ihre Chronologie würde nicht stimmen. Wenn man also in den Schichten von 1230 v. Chr. Spuren von Israel in Ägypten fände, wäre die Bibel falsch. Denn die Bibel sagt, dass die Israeliten zu diesem Zeitpunkt schon längst draußen waren, wie wir gleich sehen werden.
Ich möchte etwas zur biblischen Chronologie erklären und wie man sie in Beziehung zur außerbiblischen, säkularen Chronologie der Geschichte und Archäologie setzen muss. Der wichtigste Berührungspunkt ist das Jahr 586 v. Chr. – das Jahr der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier unter Nebukadnezar.
Man sieht hier Ausgrabungen in Jerusalem. Ein Turm wurde damals durch den Angriff der babylonischen Armee zerstört. Das sind also Schichten von ungefähr 600 v. Chr. Hier sieht man originale, im Krieg um Jerusalem verwendete Pfeilspitzen. Man hat auch Ascheschichten gefunden – genau die Spuren der Zerstörung Jerusalems, wie sie in der Bibel beschrieben werden.
Dieses Datum 586 v. Chr. ist astronomisch mehrfach abgesichert. Wir haben von den Babyloniern Überlieferungen über Planetenkonstellationen genau in diesem Jahr. Verschiedene astronomische Konstellationen werden beschrieben, genau im Jahr der Regierung Nebukadnezars, wie es auch in der Bibel angegeben ist. Darum kann man die außerbiblische und die biblische Geschichte an diesem Punkt direkt und klar miteinander verknüpfen.
Jetzt können wir all die Jahreszahlen der Bibel in ihrer eigenen Chronologie nehmen und zusammenrechnen bis hinauf zu Abraham. Das ergibt für die Geburt Abrahams das Jahr 2111 v. Chr. Nach der Bibel war der Auszug aus Ur en Chaldäa im Jahr 2111 v. Chr.
Später berief Gott Abraham, aus Ur en Chaldäa auszuziehen. Schließlich kam Abraham in das Land Kanaan, als er 75 Jahre alt war, sagt die Bibel. Das ergibt: 2111 minus 75 gleich 2036 v. Chr. In diesem Jahr kam Abraham nach Kanaan und Gott schloss mit ihm seinen Bund in Sichem (Nablus). Gott versprach ihm, das ganze Land Kanaan seiner Nachkommenschaft zu geben.
Nun können wir ganz einfach das Datum des Exodus aus Ägypten berechnen. In Galater 3,17 wird erklärt, dass 430 Jahre nach diesem Bund, den Gott mit Abraham geschlossen hatte, der Bund mit Israel am Horeb nach dem Auszug aus Ägypten geschlossen wurde.
Daraus ergibt sich: 2036 minus 430 gibt als Exodusjahr 1606 v. Chr. Wenn wir Apostelgeschichte 13,18-20, 4. Mose 9 und Josua 14 mit all den Zahlenangaben hinzunehmen, ergibt sich Folgendes:
Die Wüstenwanderung der Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten dauerte 40 Jahre. Es vergingen 6 Jahre von der Eroberung Jerichos bis zum Tod Josuas. Vom Tod Josuas bis zum ersten Richter vergingen 14 Jahre. Dann dauerte die Zeit der Richter 450 Jahre.
Jetzt können wir rechnen: 1606 minus 40 minus 6 minus 14 minus 450 ergibt das Jahr 1096 v. Chr.
Das Jahr 1096 v. Chr. ist das Jahr, in dem Israel einen König bekam: Saul. Saul regierte gemäß Apostelgeschichte 13,21 40 Jahre, David ebenso gemäß 1. Könige 2,11, und Salomo, sein Sohn, ebenfalls 40 Jahre (2. Chronik 9,30).
So können wir also rechnen: 1096 minus 40 minus 40 minus 40 ergibt das Jahr 976 v. Chr. als Todesjahr von Salomo. Das war auch das Jahr, in dem das Königreich Israel gespalten wurde in zwei Nationen: die zehn Stämme im Norden und die zwei Stämme im Süden.
In Israel und Juda dauerte ab der Spaltung 390 Jahre bis zum Untergang Jerusalems. Hesekiel 4,4-5 spricht ausdrücklich von diesen 390 Jahren. Diese 390 Jahre erhält man auch, wenn man alle Regierungsjahre sauber zusammenrechnet.
Wer gerne mein Skript über die Könige Judas und Israels als Excel-Tabelle haben möchte, kann einfach eine E-Mail an info@roscheliwi.ch schreiben und bekommt es zugeschickt. Dort ist jedes Jahr aufgelistet, sodass genau diese 390 Jahre herauskommen.
Wer auch eine Übersicht über die ganze Chronologie des Alten Testaments möchte, kann diese ebenfalls anfordern. Dort findet man all diese Zahlen und noch viel mehr.
Jetzt können wir rechnen: 976 minus 390 ergibt das Jahr 586 v. Chr. – dieser eindeutige Berührungspunkt zwischen außerbiblischer und biblischer Geschichte, eben das bedeutende Jahr der Zerstörung Jerusalems durch Babylon.
Nun stellen wir Folgendes fest: Wenn der Exodus nach der Bibel 1606 v. Chr. stattfand und nicht circa 1230 v. Chr., ergibt sich eine Differenz von 376 Jahren.
Es ist völlig klar, dass man in einer viel zu späten Zeit nicht nach den Dingen suchen muss, von denen die Bibel sagt, dass sie fast 400 Jahre früher geschehen sind.
Das wäre so, als würden Archäologen in 500 Jahren in Europa Forschungen durchführen und dabei einen Sarkozy in den Archiven der Reformation suchen. Dann würden sie triumphierend sagen: Sarkozy ist eine Legende, denn wir haben keine Spuren im 16. Jahrhundert gefunden.
Man könnte einwenden: Abwesenheit von Evidenz ist keine Evidenz. Wir haben ja nicht alle Archive aus dem 16. Jahrhundert. Vielleicht hat es Sarkozy trotzdem gegeben, aber wir haben einfach keine Dokumente.
Es ist unwissenschaftlich zu sagen: Wir haben nichts gefunden, also hat es ihn nicht gegeben. Besser wäre in diesem Fall zu sagen: Ihr habt in den falschen Archiven gesucht. Ihr müsst im 21. Jahrhundert in den richtigen Schichten und Archiven suchen, dann findet ihr einen Sarkozy, der in dieser Zeit Präsident von Frankreich war.
Genauso ist es mit diesen Unterstellungen gegenüber der Bibel. Heute wird in den Medien verkündet: Alles Legenden, man hat nichts gefunden. Das ist logisch, wenn man am falschen Ort sucht.
Das erinnert mich an eine Anekdote von Dellenbachkari: Er suchte am Boden unter einer Straßenlampe. Ein Polizist, ein Freund und Helfer, kommt vorbei und fragt: Was ist los, kann ich helfen? Dellenbachkari sagt: Ich habe einen Fünfliber verloren. Sie suchen zusammen.
Der Polizist fragt: Wo hast du den Fünfliber ungefähr verloren? Dellenbachkari antwortet: Irgendwo dort oben im Wald. Der Polizist fragt: Warum suchst du denn hier? Dellenbachkari sagt: Dort oben ist es dunkel, aber hier hat es wenigstens Licht.
Sie haben also wirklich am falschen Ort gesucht. Und da ist klar: Man wird das Gesuchte nie finden können.
Mose und der Pharao der dreizehnten Dynastie
Haben wir also den Exodus anhand einer strengen biblischen Chronologie datieren können, bei der alle Zahlen der Bibel berücksichtigt werden? Keine einzige Zahl muss korrigiert werden, denn sie fügen sich alle in ein geschlossenes, stimmiges System ein.
Nun können wir rechnen: Mose war nach der Bibel achtzig Jahre alt beim Exodus. Folglich wurde er 1686 vor Christus geboren, also 1686 plus 80 Jahre. Damit befinden wir uns in der Zeit der dreizehnten Dynastie in Ägypten. Dabei lassen wir die gängige Chronologie Ägyptens einfach stehen.
Natürlich gibt es im Internet manchmal kleine Abweichungen bei den Regierungsdaten der Pharaonen, doch alles liegt ungefähr in der gleichen Größenordnung. Die Zeit der dreizehnten Dynastie ist natürlich etwas ganz anderes als die Zeit Ramses II., der zur neunzehnten Dynastie gehörte. Dort muss man nicht suchen.
Nun fragen wir uns: Wer war eigentlich der Stiefvater von Mose? Aus der Bibel wissen wir, wie die Tochter des Pharao Mose im Nil in einem Körbchen gefunden und adoptiert hat.
Jetzt suchen wir nach diesem Pharao. Es handelt sich um Chanefere Sobekhotep IV. aus der dreizehnten Dynastie. Die Frage ist berechtigt: Ist das der Stiefvater von Mose?
Wir gehen nun von einer völlig anderen Seite an die Sache heran. Artapanus war ein jüdischer Historiker und Geschichtsschreiber vom Ende des dritten Jahrhunderts vor Christus. Er verfasste ein Geschichtswerk über das Judenvolk mit dem Titel Peri-Judaion – Über die Juden.
In diesem Buch sagt er, die Tochter des Pharao, die in der Bibel nicht namentlich genannt wird, habe Meris geheißen. Ihr Mann war Pharao Chenefres.
Chenefres ist natürlich ein ägyptischer Name, aber griechisch ausgesprochen, denn dieser Historiker schrieb auf Griechisch. Das Werk Peri-Judaion ist griechisch, und typisch ist, dass Griechen bei der Aussprache von Namen anderer Völker sehr gerne ein „s“ anhängen.
Zum Beispiel: Von einem Propheten der Bibel namens Jescheia konnten die Griechen den Namen nicht so aussprechen, weil es im Griechischen keinen „Sch“-Laut gibt. Sie machten daraus Jesaja. Weil sie bei männlichen Namen gerne ein „s“ anhängen, wurde daraus Jesajas.
Ebenso wurde aus Jeremia Jeremias, aus Mose Moses, aus Elija Elias und aus Jeschua Jesus. Jeshu können sie nicht sagen oder schreiben, also wurde daraus Jesu. Und mit dem angehängten „s“ wird daraus Jesus.
Jesus ist also die exakte Entsprechung zu dem hebräischen Jeshua oder der Langform Jehoshua.
Nun zu Chenefres: Wir merken, dass ägyptisch der Name Chenefre wäre. Das entspricht genau dem Thronnamen von Sobekhotep IV., der nämlich Chanefer Re hieß. Das ist die korrekte ägyptische Form.
Der Name bedeutet: „Die Vollkommenheit Res, des Sonnengottes, strahlt am Horizont.“
In der gesamten ägyptischen Geschichte gibt es keinen zweiten Chaneferre. Das ist praktisch, denn manche Pharaonennamen kommen mehrmals vor, was Unsicherheiten verursacht. Doch hier kennt man keinen anderen als diesen Sobekhotep IV., Chaneferre.
Das muss also der Stiefvater von Mose sein. Er war der 23. Pharao der dreizehnten Dynastie. Es handelt sich um die zweite Zwischenzeit nach dem Mittleren Reich.
Diese ägyptischen Quellen geben uns heute, nach über dreieinhalbtausend Jahren, ein deutliches Bild davon, wie der Stiefvater von Mose ausgesehen haben könnte.
Oben sieht man kleine Fragmente aus dem sogenannten Turiner Königspapyrus. Dieser Papyrus listet viele Pharaonen auf und ist ein wichtiges Dokument für die Chronologie Ägyptens.
Gerade auf den Buchstücken ganz unten, in den letzten Zeilen, wird unser Pharao erwähnt: Cha Nefer Re.
Archäologische Funde in Ramses Stadt und Belege für Israeliten in Ägypten
Gehen wir zusammen nach Ramses Stadt und schauen uns dort die Grabungen an.
Dieser Hügel dort hieß im Arabischen Tel-ed-Daba, das heißt „Hügel der Hyäne“. Wer ein bisschen Arabisch versteht, weiß, dass Tel natürlich kein natürlicher Hügel ist, sondern ein Zivilisationsschutthügel – das ist im Nahen Osten üblich. Wenn Menschen an einem Ort ein Dorf gegründet haben, das später zerstört wurde, bauten sie auf den Trümmern wieder auf. Wenn auch das wieder zerstört wurde, baute man erneut darauf. So entstanden im Nahen Osten zahlreiche Tells. Auch im Hebräischen wird dieser Ausdruck heute für Zivilisationsschutthügel verwendet.
Tel Edaba, der „Hügel der Hyäne“, ist der Zivilisationsschutthügel der alten Stadt Ramses. Dort wurden Grabungen durchgeführt, und zwar hat ein österreichisches Team seit den 1960er Jahren gearbeitet. Wir sind also hier in der Nähe von Kantir, wo man Ramses Stadt, auf Altägyptisch Piramesse, gefunden hat. Pi ist der Artikel „der, die, das“, also Pi Ramesse.
In Tel Edaba fand man die ältere Stadt Awaris, das war das Südviertel von Pi Ramesse. Das ist für uns natürlich ganz wichtig, denn wir müssen in die älteste Zeit zurückkehren. Das ist die einzige große Grabungsstätte, in der systematisch Schichten aus der späten 13. Dynastie ausgegraben wurden. Anderswo gibt es kein Material aus dieser Zeit, weil nie systematisch und in größerem Umfang gegraben wurde – hier glücklicherweise in Ramses Stadt.
Das ist also Tell Awaris, noch bevor man gegraben hat. Wann werden wir hier Israel in Ägypten finden? Das ist die große Frage.
Man hat gegraben, und das klingt jetzt alles sehr trocken, wenn man nur die wissenschaftlichen Fakten hört. Es handelt sich hier um Schlammziegelhäuser aus der Mittleren Bronze IIa, so nennt man diesen Zeitabschnitt in der Archäologie. Es sind geräumige Häuser mit mehreren Räumen, mit einem Hof – auch mit einem Hof für Haustierhaltung. Diese Höfe sind mit niedrigen Ziegelmauern umgeben. Neben dem geräumigen Haus gibt es jeweils kleinere Einzimmerhäuser, wie man hier auf dem Bild sieht. Vielleicht waren das Häuser für verheiratete Kinder eines Oberhauptes.
Man hat Gräber in den Höfen neben den Häusern gefunden, manchmal auch im Haus selbst, sowie Getreidesilos. Wenn man ganz tief gräbt, kommt man zu den ersten Einwanderern an diesem Ort. Diese Einwanderer waren wohl am Ende der 12. Dynastie, in der Mittleren Bronze IIa, hierher gekommen.
Hier sieht man ein typisches Grab. Erstaunlich ist, dass die Grabbeigaben deutlich machen, dass das keine Ägypter waren, sondern Ausländer. Genauer gesagt, vorderasiatische Einwanderer – so nennt man das in der Archäologie unverdächtig. Vorderasiatisch heißt einfach „Leute aus dem Raum Kanaan, Syrien“. Man will da gar nicht so genau sein.
Was auffällt bei den Begräbnissen dieser Leute: Die Beine sind angewinkelt in den Gräbern, und die Gesichter sind immer nach Osten gerichtet. Man könnte sich fragen: Was suchen sie im Osten? Wenn wir von Awaris im Nildelta einen Pfeil nach Osten ziehen, gelangen wir ins Land Israel. Was suchen sie also im Osten?
Es gibt immer mehr Bestätigungen, dass es hier wirklich um die israelitische Kultur in Ägypten geht. Man hat kunstvolle Bronzedolche gefunden, einen fischförmigen Krug, kleine Öl- und Parfümgefäße, schwarze und dunkelgraue Keramik mit eingeritzten Mustern, die mit weißer Farbe hervorgehoben sind. Es gibt drei Grundtypen: meist sind sie fischförmig, also zoomorphisch, das heißt tierförmig. Es gibt aber auch birnenförmige und walzenförmige Gefäße. Die birnenförmigen sind älter als die zylindrischen.
Man hat auch Dolche und Speere gefunden, das weist darauf hin, dass das Krieger waren. Tatsächlich beschreibt die Bibel, wie auch die Großfamilie Jakobs im Kampf geübt war (1. Mose 34). Und 4. Mose 1 berichtet, wie die Israeliten sich sofort nach dem Auszug aus Ägypten als Armee organisierten.
In der Archäologie ist es sehr wichtig, die verschiedenen Schichten beim Graben genau zu unterscheiden. Das muss in den Grabungsberichten immer genau festgehalten werden, denn Archäologie bedeutet auch Zerstörung. Man gräbt die Schichten auf und zerstört sie gleichzeitig. Spätere Generationen können diese Erfahrung nicht mehr wiederholen. Darum ist es wichtig, ihnen genau zu überliefern, in welcher Abfolge die Schichten gefunden wurden und was in den einzelnen Schichten enthalten war.
So hat man die Schichten hier aufgeteilt: Ganz unten haben wir Stratum H, die Schicht H. Je weiter unten, desto älter ist die Schicht. Danach folgen Stratum G4, Stratum G3, Stratum G2, Stratum G1. Dann gibt es eine Siedlungslücke. Die Stadt wurde verlassen und danach wieder neu besiedelt – das ist Stratum F.
So trocken ist Archäologie, wenn man nur die Tatsachen betrachtet, ohne weitere Bezüge herzustellen.
Beim Ausgraben stellte man fest, dass hier mehr Frauen als Männer begraben wurden. Es gibt einen deutlichen Frauenüberschuss. Was ist da wohl geschehen? Aber wir dürfen nicht zu schnell interpretieren, sondern müssen erst einmal nur die Beobachtung festhalten. In der Wissenschaft muss man immer zwischen Beobachtung und Interpretation unterscheiden. Die Bereiche müssen getrennt werden.
Wir stellen also fest: Mehr Frauen als Männer.
Die Kindergräber sind ungewöhnlich zahlreich. 65 Kinder sind unter 18 Monaten gestorben – das ist extrem hoch, selbst bei sehr starker Kindersterblichkeit. Das ist also sehr ungewöhnlich. Man fragt sich, warum so viele Kinder sterben.
Aus der Bibel wissen wir, dass der Nil der Todesfluss für Israel war. Der Pharao zur Zeit des Exodus hatte befohlen, alle Jungen in den Nil zu werfen, um Israel militärisch zu schwächen. Daher ist mit einer ungewöhnlich hohen Kindersterblichkeit zu rechnen. Als Folge davon gab es mehr Frauen als Männer.
Man hat auch beerdigte Tiere gefunden. Das zeigt deutlich: Diese Leute führten das vorderasiatische Langhaarschaf in Ägypten ein. Es gab das vorher nicht in Ägypten, aber diese Gruppe brachte es mit. Das zeigt, dass die Menschen aus dem Raum Kanaan und Syrien Hirten waren.
Das entspricht genau dem, was in 1. Mose 46,6 gesagt wird: Als die Großfamilie Jakobs kam, waren sie Hirten. Für die Ägypter war das ein Gräuel, weil sie wussten, dass die Schafherden das fruchtbare Nildelta in kurzer Zeit in Wüste verwandeln würden. Schafe und Ziegen beißen die Grasnarbe sehr tief ab. Das war gefährlich, und deshalb war es für die Ägypter ein Gräuel. Aber diese Großfamilie waren professionelle Hirten. Das wird hier also bestätigt.
Es wird immer interessanter. Nun machen wir eine Viertelstunde Pause. Danach fahren wir dort fort, wo wir stehen geblieben sind.
Wir haben gesehen, dass die Israeliten in Ägypten eindeutig Hirten waren.
Belege für israelitische Namen und Kultur in Ägypten
Nun eine weitere Beobachtung: Hier sieht man den Papyrus Brooklyn mit der unverdächtigen Nummer 35.1446. Es handelt sich um eine Liste von Dienern eines Haushalts in Ägypten mit 95 Namen. Diese Liste stammt aus der Zeit von Sobekhotep III., also etwa eine Generation vor Mose.
Es fällt auf, dass mehr als 50 Namen nordwestsemitischen Ursprungs sind. Nordwestsemitisch umfasst Hebräisch und eng verwandte Sprachen. Unter diesen Namen finden sich Menachem, Issachar, Aser – also ganz typisch israelitische Namen – sowie Schifra. Schifra ist der Name einer der mutigen Hebammen zur Zeit von Mose, wie in 2. Mose 1,15-21 erwähnt. Dieser Name Schifra kommt in der Bibel nur an dieser Stelle vor, während der Zeit Israels in Ägypten. Den Namen Schifra findet man auch auf diesem Papyrus Brooklyn.
Das ist ein Hinweis darauf, dass offensichtlich zu dieser Zeit Israeliten in großer Zahl in Ägypten lebten. Weitere Dokumente bestätigen, dass es eine sehr große vorderasiatische Volksgruppe in Ägypten gab. Hier sieht man sogar eine Darstellung einer vorderasiatischen Sklavin, erkennbar an ihrem typischen Kleid.
Es gibt einen Kommentar zu diesem Brooklyn-Text von William Hayes. Er stellt den Bezug zu Israel jedoch nicht her, weil er diese Verschiebung der Chronologie nicht wahrnimmt. Er fragt sich ganz unverdächtig, woher diese große Zahl von Sklaven aus Vorderasien zu dieser Zeit in Ägypten kommen könnte.
Man könnte denken, die Ägypter hätten einen militärischen Vorstoß in das Gebiet von Kanaan und Syrien unternommen. Doch wir wissen, dass es während der dreizehnten Dynastie keine größeren Militäroperationen gab. Trotzdem gab es so viele Fremdlinge aus dem vorderasiatischen Raum in Ägypten. „Woher kommt das?“, fragte er sich. Die Antwort liegt in der Bildwissenschaft.
Wir haben gesehen, dass all diese Schichten, die Israel in Ägypten dokumentieren – von H G vier bis G eins – am Ende von G eins eine Stätte des Grauens zeigen. Dort gibt es flache Gemeinschaftsgräber mit eilig verscharrten Opfern. Die Toten sind nicht nach traditioneller Art bestattet, sondern kreuz und quer und übereinander hingeworfen. Übliche Grabbeigaben fehlen. Es wird klar, dass die Häuser damals scharenweise verlassen und aufgegeben wurden.
Danach kam eine Besiedlungsunterbrechung, deren Länge unbekannt ist. Was ist dort geschehen? Aus der Bibel wissen wir es genau. Der Exodus aus Ägypten wird in 2. Mose 12,29-30 beschrieben: „Und es geschah um Mitternacht, da schlug der Herr alle Erstgeburten im Lande Ägypten, von dem Erstgeborenen des Pharao, der auf seinem Thron saß, bis zum Erstgeborenen des Gefangenen, der im Kerker war, und alle Erstgeburten des Viehs. Und es entstand ein großes Geschrei in Ägypten, denn es war kein Haus, worin nicht ein Toter war.“
Der Pharao rief Mose und Aaron in der Nacht und sprach: „Machet euch auf, zieht weg aus der Mitte meines Volkes!“ So wurden die Häuser eilig aufgegeben, und die vielen Toten mussten, um Seuchen zu verhindern, schnell verscharrt werden.
Stratum F markiert einen Neubeginn. Dort findet man primitive Unterkünfte. Es waren also Neuankömmlinge, die weniger zahlreich, aber reicher waren als die Menschen in den Schichten G4 bis G1 (zeitlich gesehen). Man hat dort Edelmetalle und Schmuck gefunden. Diese Leute waren vorwiegend asiatischer Herkunft und blieben bis zum Beginn des Neuen Reiches.
In der Bibel lesen wir, dass als Israel in die Wüste Sinai kam, ihnen ein feindliches Volk begegnete: die Amalekiter. Nun stellt sich die Frage, wer diese Neuankömmlinge waren. Könnten es eventuell die Amalekiter gewesen sein, die den weggehenden Israeliten in der Wüste begegneten und dann weiter nach Ägypten zogen?
Auf jeden Fall haben wir ein interessantes Zeugnis von Manetho, einem ägyptischen Historiker aus der ptolemäischen Zeit. Die ptolemäische Zeit umfasst die Jahrhunderte vor Christi Geburt. Manetho schrieb aus der Spätzeit Ägyptens: „Gott war Timaeus ungnädig und schlug Ägypten.“
Man beachte, dass Timaeus ein ägyptischer Name ist, griechisch ausgesprochen. In der ptolemäischen Zeit wurde in Ägypten aufgrund der Eroberung durch Alexander den Großen das Griechische eingeführt.
Manetho berichtet weiter, dass Feinde aus dem Osten kamen und das Land leicht und ohne Schwert eroberten. Er beschreibt, wie Städte eingeäschert, Heiligtümer der ägyptischen Götter verwüstet wurden und Massaker an der Bevölkerung verübt sowie viele versklavt wurden.
Nun müssen wir herausfinden, was der Name Timaeus in der altägyptischen Sprache entspricht. Dabei hilft uns der Turiner Papyrus, der viele Pharaonenlisten enthält. Daraus geht hervor, dass die Könige durchschnittlich nur etwa fünf Jahre regierten.
Zwölf Könige werden zwischen Hannevere und einem Dedumose aufgelistet. Rechnet man zwölf mal fünf Jahre, ergibt das ungefähr sechzig Jahre Differenz. Nach der Bibel entspricht das genau der Zeitspanne zwischen dem Stiefvater von Mose, Chanephere, und dem Pharao des Exodus, der wohl dieser Dedumose war.
Das passt also auch von der Chronologie her. Es ist nicht nötig, die ägyptische Chronologie umzuwälzen. So haben wir hier eine klare Bestätigung der Geschichtlichkeit des Auszugs aus Ägypten.
Dieses Ereignis war so prägend und bedeutsam für Israel, dass in der späteren biblischen Geschichte immer wieder dieser Auszug aus Ägypten als Zeugnis dafür dargestellt wird, dass Gott wirklich in der Geschichte handelt.
Gott ist nicht ein ferner Gott, der mit dem Menschen nichts zu tun hat, sondern der Gott, der eingegriffen hat, dieses Sklavenvolk in Ägypten befreit und schließlich heimgeführt hat in das Land, das Gott Abraham, Isaak und Jakob versprochen hatte.
Exkurs: Der Exodus in der Endzeit
Hier machen wir einen kurzen Exkurs zum Exodus der Endzeit. In Jeremia 16, geschrieben um 600 v. Chr., sagt der Prophet etwas Erstaunliches voraus:
„Darum siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da nicht mehr gesagt werden wird: So war der Herr lebt, der die Kinder Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat, sondern: So war der Herr lebt, der die Kinder Israel herausgeführt hat aus dem Land des Nordens und aus all den Ländern, wohin er sie vertrieben hatte, und ich werde sie in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe.“
Hier sagt Jeremia voraus, dass es einmal eine Zeit geben wird, in der Gott sein Volk aus allen Völkern der Welt sammeln und in ihr Land heimbringen wird. Besonders hervorgehoben wird dabei, dass sie aus dem Land des Nordens zurückkehren werden.
Wir wissen, dass die Juden nach der Kreuzigung Jesu aus ihrem Land vertrieben wurden, wie es die Propheten vorausgesagt hatten, zum Beispiel in 5. Mose 28,64. Dort steht, dass Gott sein Volk unter alle Nationen der Welt zerstreuen wird, von einem Ende der Erde bis zum anderen.
Tatsächlich ist das jüdische Volk in den vergangenen 2000 Jahren über alle fünf Kontinente zerstreut worden und war ohne das verheißene Land. Doch der Prophet hat hier vorausgesagt – und an vielen anderen Stellen wird dies nochmals bestätigt –, dass Gott sein Volk in der Endzeit wieder sammeln und zurückführen wird.
Dieses Ereignis wird sogar noch großartiger sein als der Exodus aus Ägypten. Denn während man sich in früheren Zeiten immer wieder beim Schwören auf Gott berufen hat mit den Worten: „So war der Herr lebt, der die Kinder Israel aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat“, sagt Jeremia, dass es einmal eine Zeit geben wird, in der dieses Ereignis durch ein anderes übertroffen wird. Dann wird man sagen: „So war der Herr lebt, der die Kinder Israel heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens und aus all den Ländern, wohin er sie vertrieben hatte.“
Das Erstaunliche ist, dass 1882, nach fast zweitausend Jahren Zerstreuung der Juden, die erste Einwanderungswelle von Juden zurück ins Land der Vorfahren begann. Woher kamen sie damals? Aus Russland. Wenn man von Israel auf der Weltkarte gerade nach Norden geht, landet man in Russland. Übrigens liegen Jerusalem und Moskau fast auf demselben Längengrad, nur wenig verschoben.
Die zweite Aliyah kam 1904, nachdem der erste Strom versiegt war, ebenfalls aus Russland. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es eine Unterbrechung von 1914 bis 1918. Danach folgte die dritte Aliyah, die dritte Rückführung, und auch diese kam aus Russland.
In der folgenden Zeit kamen die Juden dann auch aus anderen Teilen Europas. Nachdem Hitler an die Macht gekommen war, kamen etwa 250.000 Juden aus Deutschland und anderen Ländern.
Mit der Staatsgründung Israels 1948 begann die große Einwanderung aus allen Ländern der Welt. So sind heute insgesamt etwa drei Millionen Juden aus allen fünf Kontinenten und aus über hundert verschiedenen Ländern zurückgekehrt.
Das, was zweitausend Jahre lang unmöglich schien und auch unmöglich war, ist plötzlich Realität geworden. Besonders wird hier das Land des Nordens erwähnt. Tatsächlich kamen mehr als ein Drittel, etwa 1,3 Millionen, aus dem Land des Nordens – aus Russland beziehungsweise aus der Sowjetunion und den GUS-Staaten.
Mehr als ein Drittel kamen also aus dem Land des Nordens und aus all den Ländern, wohin Gott sie vertrieben hatte.
„Und ich werde sie in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe“ – das ist also das, was wir heute erleben: ein Gegenstück zu dem Exodus aus Ägypten damals, das zeigt, dass Gott in der Geschichte handelt und aktiv ist.
Joseph in Ägypten und seine historische Einordnung
Ja, jetzt wollen wir auf die Suche nach Joseph in Ägypten gehen. Wir haben Israel als Volk und als Sklavenvolk in Ägypten im Exodus gefunden. Nun steigen wir in die untersten Schichten ein, denn Joseph lebte, wenn man die biblische Chronologie mit der Chronologie Ägyptens vergleicht, in der Zeit der zwölften Dynastie. Dort war er Wesir.
Vergleicht man die Chronologie der Bibel mit Joseph, kommt man auf die Zeit von Amenemhet III. Das hier ist Amenemhet III. Ich habe schon mehrfach Führungen für Studenten im Ägyptischen Museum in Berlin durchgeführt. Dort ist es sehr eindrücklich: Kaum betritt man die erste Halle der Ausstellung, findet man gleich diese Statue Amenemhet III. Dann erkläre ich, dass dies der Pharao von Joseph ist. Unter ihm war Joseph Wesir, also der Zweithöchste im Land.
Interessant ist, dass die meisten Forscher den Bezug zur biblischen Geschichte gar nicht herstellen, weil sie die biblische Chronologie nicht beachten. So wird auch eine solche Statue studiert, ohne den Bezug zur Bibel herzustellen. In der Literatur stellt man sich jedoch die Frage: Warum sieht dieser Pharao so ungewöhnlich aus? Man muss schon ägyptischer Kunsthistoriker sein, um zu bemerken, dass das irgendwie speziell ist. Er sieht besorgt aus, und diese abstehenden Ohren sind ebenfalls ungewöhnlich.
Was wollten die Künstler damit sagen? Ist das ein besorgter Pharao, dessen Ohren auf die Nöte des Volkes gerichtet sind? Auf jeden Fall erwies sich dieser Pharao genau so in der Zeit der Hungersnot in Ägypten, aus der Joseph den Weg weisen durfte.
Hier sieht man eine farbige Darstellung von Medianitern aus Ägypten. Wir wissen aus der biblischen Geschichte, dass es medianitische Kaufleute waren, die Joseph von seinen Brüdern abgekauft hatten. Durch die Archäologie können wir sogar wissen, wie sie ungefähr gekleidet waren und welche speziellen Bartfrisuren sie trugen – ziemlich modisch, ja.
Eine solche Darstellung gibt uns vielleicht auch einen Eindruck davon, wie der bunte Rock von Joseph, der Erbrock, ausgesehen haben könnte.
Interessant ist, dass aus der Zeit von Amenemhet III. eine ganze Reihe von Nilpegelständen überliefert ist. Die alten Ägypter hatten in den Felsen vermerkt, wie hoch der Nil bei der Überschwemmung stieg. Auf der Grafik sieht man die Zeit von Amenemhet III., Amenemhet IV. und einem weiteren Pharao danach. Auffällig sind damals ganz ungewöhnlich hohe Pegelstände.
Das sind die Pegelstände des Nils, das wäre so das Normale bei der Überschwemmung, aber hier gibt es deutliche Ausschläge nach oben. Der Nil war von alters her die Lebensquelle Ägyptens, insbesondere durch seine Überschwemmungen im Herbst. Bei diesen Überschwemmungen brachte der Nil fruchtbaren Schlamm auf das Ackerland. Danach zog das Wasser zurück, und man konnte aussäen. So war eine gute Ernte im kommenden Frühjahr gesichert.
Alles hing von diesen Überschwemmungen ab. Wenn der Nil zu wenig Wasser brachte, also zu geringe Überschwemmungen, bedeutete das für Ägypten Hungersnot. Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit für Hungersnot. Auch zu große Überschwemmungen führten zu Hunger. In diesem Fall konnte das Wasser nicht schnell genug zurückgehen, und man verpasste den idealen Zeitpunkt der Saat. Das gefährdete die spätere Ernte.
In der Ägyptologie war, ohne Bezug zu Joseph, klar, dass diese Pegelstände in der Zeit von Amenemhet auf schwere Hungersnot hindeuten. Leider sind nicht alle Jahre überliefert, wie man sieht, es gibt Lücken. Aber es wird deutlich, dass aufeinanderfolgende Jahre garantiert Hungersnöte brachten.
Die Bibel berichtet davon, wie der Pharao träumte und Joseph diesen Traum als Traum Gottes deuten konnte. Er sah, wie sieben fette Kühe aus dem Nil kamen, danach sieben magere Kühe, ebenfalls sieben an der Zahl. Joseph erklärte, dass die fetten Kühe eine Zeit des großen Überflusses symbolisieren. Danach würden sieben Jahre schwere Hungersnot folgen. Deshalb müsse man in den guten Jahren Vorräte anlegen, um die Hungersnot zu überstehen. So stellte Joseph das ganze Rettungsprogramm für Ägypten auf die Beine.
Interessant ist, dass im Traum die Kühe aus dem Nil kommen. Das spricht von den Überschwemmungen. Die sieben fetten Kühe stehen für die Überschwemmungen, die gute Jahre bringen. Die mageren Kühe symbolisieren große Überschwemmungen, die Hungersnot bedeuten.
Der Nil konnte Wasser in den Mäurissee in Fayyum abzweigen. Diesen Kanal nennt man heute auf Arabisch Bar Yosef, den Joseph-Kanal. Es ist eine Tatsache, dass man in Ägypten den Kanal so nennt. Fragt man die Leute dort, warum er Joseph-Kanal heißt, können sie keine vernünftige Antwort geben. Das ist natürlich Spekulation. Es könnte sein, dass Joseph, um weitere Hungersnöte zu vermeiden, den Bau dieses Kanals anordnete. Damit konnte bei zu großen Überschwemmungen Wasser abgeleitet werden, um spätere Probleme in Ägypten zu verhindern.
Das ist nur ein kleines Puzzleteil, das Sinn ergeben würde.
Wir waren ja in Auaris, wo Ausgrabungen stattfanden. Nun gehen wir wirklich in die früheste Zeit zurück. Dort findet man einen Palast, der offensichtlich Josephs Palast war. Hier im Modell von Bietak, einem österreichischen Forscher, der in Auaris über Jahre große Arbeiten durchgeführt hat, sieht man den Grundriss dieses Palastes.
Auffällig ist der große Mittelsaal mit Säulen und wunderschönem Boden, der noch sichtbar ist. Zwölf Säulen sind besonders dick und eindrücklich. Leider gibt es keine Inschriften. Doch wenn man den Bezug zur Bibel herstellt, kann man diese zwölf Säulen als Symbol für die zwölf Söhne Jakobs, die Stammväter Israels, deuten.
Man sieht den eigentlichen Palast mit einem Zimmer, das genau die Garderobe für den Mann war, der einst einen bunten Leibrock trug und später in Ägypten noch viel schönere Kleider tragen konnte. Außerdem wurde das Schlafzimmer mit dem größten Bettsockel entdeckt, der je in Ägypten gefunden wurde. Das passt natürlich zu einem Träumer wie Joseph.
Joseph hatte schon als Jugendlicher, mit 17 Jahren, von Gott Träume über die Zukunft seiner Familie erhalten. Seine Brüder hassten ihn wegen dieser Träume umso mehr, doch sie erfüllten sich alle. Er kündigte an, dass seine Brüder sich einmal vor ihm verbeugen würden – und genau so geschah es.
Was noch auffällt, sind zwei Wohnungen, die angebaut wurden. Sie sind identisch gebaut, nur spiegelverkehrt. Das passt zu den beiden Söhnen, die Joseph in Ägypten geschenkt wurden. Er heiratete Asnat, eine Ägypterin, und aus dieser Ehe gingen Manasse und Ephraim hervor. Offenbar hatten sie dort ihre Häuser beim Palast ihres Vaters.
Im Garten gibt es eine Pyramide, was sehr auffällig ist. In dieser Zeit hatte der Adel praktisch alle Macht verloren. Der Pharao war Alleinherrscher, während die oberste Schicht ihre Macht eingebüßt hatte. Deshalb ist es ungewöhnlich, dass man in dieser Zeit von einem Nicht-Pharao, der in diesem Palast lebte, ein Pyramidengrab findet.
Das passt genau zur Bibel. Da Joseph als Wesir das Korn der sieben guten Jahre verwaltete, konnte er, als die Ägypter nichts mehr zum Bezahlen hatten, das ganze Land Ägypten für den Pharao aufkaufen. So verlor der Adel in der Hungersnot seinen Großgrundbesitz und damit seine politische Bedeutung. Das entspricht genau der Situation in der zwölften Dynastie zur Zeit Josephs.
Hier sieht man das Areal F, wo der Palast und der Garten ausgegraben wurden. Interessant ist, dass unter diesem Palast ein weiteres Haus gefunden wurde, in dem es nichts mehr gibt. Das war das erste Haus an diesem Ort. Es handelt sich um einen levantinischen Mittelsaalpalast. Levantinisch ist das Fachwort für das Gebiet Kanaan-Syrien.
Das war also offensichtlich die Villa von Vater Jakob in Auaris. Später baute Joseph seinen Palast darüber, mit den beiden Wohnungen oder angebauten Häusern für Ephraim und Manasse.
Der Computer macht es möglich, das Modell von Bietak etwas zu verschönern. Das ist also Josephs Palast im Land Goschen. Man beachte wieder die Pyramide.
1. Mose 19,1 – so unverdächtig, nicht wahr? Das ist die wissenschaftliche Bezeichnung. Dort wurde Joseph offenbar nach seinem Tod begraben, wie es am Ende des ersten Buches Mose beschrieben wird. Er wurde einbalsamiert, hatte aber noch vor seinem Tod von seinen Angehörigen das Versprechen erhalten, dass man ihn beim Auszug aus Ägypten mitnehmen würde.
Joseph wusste, dass sie eines Tages aus Ägypten ausziehen würden, so wie Gott es schon in 1. Mose 15 Abraham gegenüber prophezeit hatte. Deshalb wollte er, dass seine sterblichen Überreste mitgenommen und später im Land Kanaan begraben würden.
Hier sieht man die eigentliche Grabkammer, unterirdisch, darüber das Pyramidengebäude und eine Kapelle, quasi ein Vorraum. Die Ausgrabungen ergaben, dass schon in der Antike Leute in das Grab eingedrungen waren. Sie hatten die Mauer aufgebrochen und das Grab geplündert.
Dennoch wurde etwas gefunden. Es darf keine Mumie mehr vorhanden sein, denn die Bibel berichtet, dass die Israeliten die Mumie Josephs mitnahmen und später im Land Kanaan begruben – heute im besetzten Westjordanland.
Man fand eine Statue, übel zugerichtet. Jemand hatte versucht, den Schädel zu zertrümmern. Die Statue wurde in Bruchstücke zerschlagen. Die Edelsteine der Augen sind herausgerissen worden. Wer entwickelte so eine Wut?
Man kann sich das gut vorstellen: Nachdem die Israeliten ausgezogen waren und die Mumie Josephs mitnahmen, versuchte der Pharao, sie zurückzuholen. Als alles scheiterte, blieb den Ägyptern nur noch die Möglichkeit, ihrer Wut an der Statue Josephs Luft zu machen. Im Grab Josephs konnte die Statue zerstört werden.
Das ist alles Interpretation, aber es passt einfach.
Man sieht hier auch das Wurfholz, das Teil dieser Statue war. Es ist das ägyptische Zeichen für einen Ausländer. Ganz klar: Ein sehr mächtiger Mann, völlig ungewöhnlich in dieser Zeit, denn der Adel hatte keine Macht. Und dieser Mann war ein Ausländer.
An der Statue sind noch Farbreste erhalten. Der Computer macht es möglich, daraus ein Gesamtbild zu rekonstruieren, basierend auf der üblichen Darstellungsweise anderer ägyptischer Statuen.
Wenn das tatsächlich Joseph ist – übrigens mit einer Perücke, so wie Johann Sebastian Bach eine Perücke trug –, dann trug man in Ägypten damals offensichtlich auch Perücken.
Der Computer ermöglicht einen Blick ins Gesicht Josephs, auf diese rote Perücke und die ganze Statue. Man sieht das Wurfholz. Es handelt sich um einen Ausländer, den mächtigsten Mann in Ägypten nach dem Pharao.
Die Eroberung Jerichos und archäologische Befunde
Wir haben nun den Auszug aus Ägypten behandelt und auch Joseph in Ägypten gefunden. Jetzt gehen wir schnell durch die Wüstenwanderung bis nach Jericho, zur Eroberung der ersten Stadt unter Joshua.
Dieses Satellitenbild zeigt uns die Stadt Jericho von heute, ganz nahe beim Toten Meer. Jericho liegt 259 Meter unter dem Meeresspiegel der Ozeane. Es befindet sich in einem geologischen Grabenbruchgebiet, das in der Türkei beginnt und bis nach Südafrika reicht. Dort bricht es am tiefsten ein, weshalb das Tote Meer mit minus 400 Metern der tiefste Ort der Welt ist.
Jericho liegt acht Kilometer westlich des Jordans und zehn Kilometer nördlich des Toten Meers. Es ist eine subtropische Oase. In 5. Mose 34,3 nennt Mose sie die Palmenstadt. Für die Kanaaniter war diese Stadt von strategisch wichtiger Lage, da sie den Weg in das Hochland bewachte.
Hier sehen wir den Tell des alten, antiken Jerichos, auf Arabisch Tel-es-Sultan. Ein Tell ist kein natürlicher Hügel, sondern ein Zivilisationsschutthügel. Das antike Jericho erreichte eine Höhe von siebzehn Metern, da man immer wieder auf die Trümmer aufgebaut hat.
Im zwanzigsten Jahrhundert begann man, diesen Tell teilweise systematisch auszugraben. Man sieht hier schematisch, wie in der Archäologie gearbeitet werden muss: Unter der modernen Stadt liegt der Tell. Es ist sehr wichtig, jede Schicht genau zu unterscheiden. So entsteht eine relative Chronologie der gesamten Geschichte einer Stadt bis hinunter auf den Felsboden.
Man gelangt dabei bis in die frühe Bronzezeit, die Zeit von Abraham, also die Zeit nach der Sintflut. Besonders interessieren uns jetzt die Funde aus der Zeit nach dem Auszug aus Ägypten, als Joshua Jericho eroberte.
Wenn wir die Funde mit der biblischen Chronologie gleichsetzen, kommen wir in eine Zeit, in der Jericho besonders stark befestigt war. Für diese Zeit hat man Folgendes gefunden: eine 4,5 Meter hohe abgeschrägte Stützmauer aus massiven Steinen am Hügel. Das ist die Stützmauer zur Zeit von Joshua. Vor der Mauer gab es einen tiefen Graben.
Auf der Stützmauer befand sich eine Brüstungsmauer aus Lehmziegeln. Die untere Stützmauer stützte eine Böschung aus verdichteter Erde. Darüber gab es einen etwa zehn Zentimeter dicken Kalkverputz, das sogenannte Glassy.
Man sieht also die untere Stützmauer, dann das verdichtete Erdreich und darüber die zweite Mauer. Ich zeige das anhand einer Computerrekonstruktion: Unten die Stützmauer, darüber das verdichtete Gebiet mit dem Glassy, und obenauf eine Lehmziegelmauer. Noch weiter oben, versetzt, befand sich eine zweite Lehmziegelmauer.
So war Jericho befestigt, ein richtiges Bollwerk – genau so, wie die Bibel es beschreibt. Das Glassy war die Todeszone, ein schlüpfriges Gebiet. Wenn es den Feinden gelang, die ersten Mauern zu überwinden, mussten sie hier hinaufsteigen. Von der nächsten Mauer konnten sie dann von Bogenschützen getötet werden.
Das Glassy war eine schiefe, glatte Ebene, ein Hindernis für Streitwagen und Ramböcke, also die Todeszone für Angreifer. So eindrücklich war Jericho befestigt.
Auf der westlichen Seite fand Kathleen Kenyon, eine der großen Archäologinnen des zwanzigsten Jahrhunderts, im Graben vor der Stützmauer eine Aufschüttung aus roten Lehmziegeln, fast bis zur Höhe der Stützmauer. Die Menge der Lehmziegel reichte für eine zwei Meter breite und 3,7 Meter hohe Mauer.
Diese Lehmziegel waren nach außen heruntergefallen. Die äußere Stadtmauer war wohl durch ein Erdbeben eingestürzt und bildete für die Angreifer eine ideale Einstiegsrampe, wie auf dem Bild gezeigt. Als die Mauer nach außen fällt, konnten die Angreifer von dort ideal hinaufsteigen, um Jericho zu erobern.
Das entspricht genau dem, was die Bibel in Joshua 6,20 berichtet: Nachdem die Stadt sieben Tage lang umgangen wurde und am siebten Tag siebenmal umgangen wurde, und die Schofarhörner geblasen wurden, erhob das Volk ein Geschrei und stieß in die Posaunen. Als das Volk den Schall der Posaunen hörte und ein großes Geschrei erhob, stürzte die Mauer an ihrer Stelle ein. Das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder gerade vor sich hin, und nahm die Stadt ein.
Man sieht also, dass die Mauer zu einer Aufstiegsrampe wurde.
Der Geophysiker Amos Nur von der Stanford University hat alle Berichte über Erdbeben in der Gegend von Jericho gesammelt. Er stellte fest, dass es Zeugnisse gibt, wie der Jordanlauf durch Erdbeben mehrmals unterbrochen wurde, gewöhnlich für ein bis zwei Tage.
Diese Erdbeben ereigneten sich unter anderem in den Jahren 1267, 1160, 1546, 1834, 1906 und 1927. Letzteres, am 11. Juli bei Damja, führte dazu, dass Felsen bis zu 45 Meter Höhe herunterfielen und über 21 Stunden lang kein Wasser mehr durch das Flussbett floss.
In Joshua 3 lesen wir, wie das Volk Israel vor der Eroberung Jerichos durch den Jordan zog und wie die Wasser des Jordans genau im richtigen Moment abgeschnitten wurden, sodass sie trockenen Fußes durch den Fluss ins verheißene Land gehen konnten.
Dieses Gebiet ist besonders erdbebengefährdet, weil es sich um eine geologische Bruchstelle handelt. Hier stoßen Platten aufeinander, weshalb das Gebiet auch so tief liegt.
Ein bestimmtes Gebiet in Jericho, das ausgegraben wurde, nennt man „City IV“. Dieser Bereich wurde durch einen Brand zerstört und gehört somit ebenfalls in die Zeit von Joshua.
Über dem gesamten Ausgrabungsgebiet liegt eine etwa ein Meter dicke Brandschicht. Zudem stellte man fest, dass mehrere Häuser eingestürzt waren, noch bevor sie verbrannt wurden.
Am nördlichen Ende des Tells standen bei den Ausgrabungen noch Mauern bis zu drei Meter Höhe. Dort fand man heraus, dass die Häuser auf der Böschung gebaut waren und einige Häuser direkt an die Stadtmauer grenzten. Eine Wand eines Hauses war quasi die Stadtmauer.
Es handelt sich dort vermutlich um das Armenviertel der Stadt. Das ist interessant, denn in Joshua 2,15 wird von der Hure Rahab berichtet, deren Haus in die Stadtmauer hineingebaut war.
Rahab erlebte im letzten Moment eine Umkehr, nahm den Gott Israels an und beugte sich vor ihm. So wurde sie bei der Zerstörung Jerichos mitsamt ihrer Verwandtschaft verschont.
In den Gebäuden fand man Vorratskrüge, gefüllt mit Weizen. Es ist die größte Menge an archäologisch gefundenem Weizen in Israel. Das zeigt, dass der wertvolle Weizen nicht geplündert wurde und die Bewohner der Stadt nicht verhungerten.
Das entspricht genau dem, was Joshua 6,17-19 erzählt: Die Israeliten durften sich nicht an Jericho bereichern, sondern mussten alles unter einen Bann stellen, und die Stadt musste verbrannt werden.
So stimmen die archäologischen Funde genau mit dem biblischen Bericht überein: Man findet große Mengen Weizen, und die Stadt ist verbrannt.
Nun könnte man zu den anderen Städten übergehen, von denen das Buch Joshua spricht. Eine besonders wichtige Stadt neben Jericho war Hazor, das wichtigste Königreich im nördlichen Kanaan.
Die Region bestand aus Stadtkönigreichen, also einem König in einer großen Stadt mit den umliegenden Dörfern als Tochterstädten. Hazor war das führende Königreich aller Königreiche im Norden.
Insgesamt eroberte Joshua bei der Landnahme mehr als dreißig Königreiche. Hazor war ein besonderes Bollwerk.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde die neue Generation von Archäologen in Israel besonders an Hazor ausgebildet. Die Ausgrabung in Hazor war ihre Grundausbildung.
Hier muss ich noch erwähnen: Israel Finkelstein, den ich bereits genannt habe, gehört zu dieser jungen Generation. Er ist auffallend bibelfeindlich, was aber nicht die übliche Haltung unter israelischen Archäologen ist, auch nicht in der jungen Generation.
In diesem Sinne ist Israel Finkelstein sogar ein Extremist und kann als Außenseiter bezeichnet werden. Deshalb ist es problematisch, dass die Medien bei uns ihn ständig heranziehen. Das muss man wissen.
So wird in Israel gearbeitet: Finkelstein repräsentiert nicht die allgemeine Grundhaltung israelischer Archäologen.
Auch in Hazor wurden Funde aus der mittleren Bronzezeit II B ausgegraben. Das ist interessant, weil diese Zeit in die Zeit Josuas deutet.
Man fand dort auch eine Tontafel mit dem Namen Jabin. Der König zur Zeit der Eroberung durch Joshua hieß nach der Bibel Jabin. Auch ein späterer König in der Zeit der Richter, zur Zeit Deborahs, hieß König von Hazor Jabin.
Das zeigt, dass der Name Jabin in Hazor wohl ein beliebter Name war. Das bedeutet nicht, dass die Tontafel den Jabin von Joshua oder den Jabin von Deborah meint, sondern bestätigt nur, dass dieser Name typisch für Hazor war.
Sichem und der Bund mit Abraham
Ja, jetzt gehen wir nach Sichem, dem heutigen Nablus. Hier sieht man die palästinensische Stadt und die Ausgrabung des alten israelitischen Sichem. Sichem spielt eine wichtige Rolle am Schluss des Buches Josua, denn dorthin versammelte Josua das ganze Volk, nachdem das Land erobert war, und hielt den Landtag von Sichem ab.
Er rief das ganze Volk auf: Ihr müsst euch treu an das Wort Gottes halten und den Bund am Sinai einhalten, sonst wird das Gericht über euch kommen. Das heißt, sie würden das Land verlieren. Dann heißt es in Josua, dass Josua einen Stein nahm und ihn aufrichtete. Diesen Stein hat man gefunden. Hier sieht man ihn genau in der Schicht, die seiner Zeit nach biblischer Chronologie entspricht.
Dieser Stein steht vor einem Gebäude, das ein Ba'al-Brit-Tempel war, ein Götzentempel aus der Zeit der Richter. In Richter 9 wird dieses Haus für den Baal-Brit erwähnt. Auch in Richter 9 wird von diesem Denkmal gesprochen, das es dort gab. Das war das Denkmal, das Josua in Sichem aufgestellt hatte.
Man findet also beides, den Ba'al-Brit-Tempel und das Denkmal von Josua beieinander. In Josua 24 heißt es, dass Josua diesen Gedenkstein bei dem Heiligtum des Herrn aufgestellt hat. Da stellt sich die Frage: Was ist das Heiligtum des Herrn? Ein oberflächlicher Bibelleser würde sagen: Das ist die Stiftshütte.
Nach Josua 18 war die Stiftshütte jedoch in Silo aufgestellt, nicht in Sichem. Aber wir haben doch gelesen in 1. Mose 12, Vers 6: Abraham kam ins Land Kanaan, und Gott versprach ihm, dieses Land werde seiner Nachkommenschaft gehören. Dort baute Abraham dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar auf. Er errichtete ein Heiligtum unter freiem Himmel, dort bei der Terbinthe.
Diese Terbinthe wird wieder im Richterbuch im Zusammenhang mit dem Denkmal von Josua erwähnt. Daraus wird klar: Dieses Denkmal wurde dort aufgebaut, wo Abraham früher den Altar hatte. Und bei diesem Denkmal fand sich der Götzentempel, der Ba'al-Brit-Tempel. Dort hat man alles gefunden.
Man hat eine Rekonstruktion dieses Ba'al-Brit-Tempels, der auch in Richter 8,33 ausdrücklich erwähnt wird. Hier sieht man die Stadtmauern von Sichem aus der israelitischen Zeit.
Jetzt lese ich noch wörtlich aus Josua 24 vor, es geht um den Stein, den Stein Josuas:
"Josua schrieb diese Worte in das Buch des Gesetzes Gottes. Und er nahm einen großen Stein und richtete ihn daselbst auf unter der Terbinthe, die bei dem Heiligtum des Herrn steht. Und Josua sprach zu dem ganzen Volk: Siehe, dieser Stein soll Zeuge gegen uns sein, denn er hat alle Worte des Herrn gehört, die er mit uns geredet hat, und er soll Zeuge gegen euch sein, damit ihr euren Gott nicht verleugnet."
Josua sagte auch: "Wenn ihr euch nicht ans Wort Gottes haltet, werdet ihr das Land verlieren." Und tatsächlich, nachdem der Messias gekommen ist, Jesus Christus, wurde er von der Masse verworfen. In der Folge wurde das jüdische Volk aus dem Land herausgerissen und weltweit zerstreut.
Aber Gott hatte Abraham die Verheißung gemacht, dass er dieses Land seinen Nachkommen geben werde. Dieses Versprechen war bedingungslos, wie 1. Mose 15 klar macht. Beim Bundesschluss schlief Abraham, und Gott schloss den Bund in völliger Eigenverantwortung.
Darum kann man sagen: Aufgrund des Sinai-Bundes, einer Abmachung nach dem Auszug aus Ägypten, die zweiseitig war – die Israeliten sagten dreimal: "Alles, was der Herr gebietet, wollen wir tun" – hat Israel alles verloren. Aber jetzt bleibt noch der Bund mit Abraham, den Gott in Sichem geschlossen hatte, am gleichen Ort, wo Josua den Stein aufgestellt hatte.
Dieser Bund ist bedingungslos. Darum sagt Gott in Hesekiel 36: "Ich werde dieses Volk, obwohl es untreu ist, wieder zurückführen in das Land." Das ist genau das, was wir heute erleben, wie sie zurückkehren. Niemand kann sagen, dieses Volk sei besser als alle anderen Völker. Nein, wir können sagen: Aufgrund von Hesekiel 36 führt Gott es zurück, um seines Namens willen. Er zeigt, dass er nicht ein Volk auswählt, es verwirft und es nicht zum Ziel bringt, sondern dass er beginnt und auch vollendet. Er bringt es zum Ziel.
Genau in diesem Jahrhundert, in dem sie zurückkehren, wird dieser Stein an dem Ort, wo Abraham den Altar aufgerichtet hatte, wiedergefunden. Das ist eindrücklich. Dieser Ort spricht davon: Aufgrund von Leistung verlieren wir alles vor Gott. Aufgrund von Leistung können wir nie zu Gott kommen. Aber wenn wir aufgrund der Gnade Gottes kommen, können wir von Gott angenommen werden.
Nochmals ein Blick auf diesen Stein Josuas. Nun gehen wir ganz schnell zum Schluss noch nach Silo, dort stand die Bundeslade. In Silo hat man ein riesiges Gebiet gefunden, das ummauert war und ein heiliger Bezirk gewesen sein muss in dieser Zeit.
Wer hat hier besonders gegraben? Israel Finkelstein. Das ist bemerkenswert. Er fand diesen Ort, machte aber keinen Bezug zur Bibel. Dennoch fand er ein Gebiet, das der Ort eines Heiligtums in Silo war. Mit der biblischen Chronologie berücksichtigt, ist das genau der Ort, wo die Stiftshütte stand, in Silo.
Es ist erstaunlich: Wenn man den ersten Samuel liest, hat man den Eindruck, es wird von einem Tor gesprochen. Von Eli, der auf dem Stuhl saß, draußen vor dem Tor. Aber die Stiftshütte hatte doch kein Tor, sondern nur Teppichvorhänge.
Die Stiftshütte wurde also wie ursprünglich aufgestellt, aber man baute darum herum noch eine Mauer als zweiten Vorhof, ähnlich wie später im Tempel, wo es auch mehr als einen Vorhof gab. Das erklärt, dass in der Sprache manchmal Ausdrücke vorkommen wie "das Tor" oder "das Torschließen", die gar nicht zur Stiftshütte passen. Es war eine Kombination aus Mauerbau und Hütte.
So passt also ein Puzzlestein zum anderen. Es zeigt uns, dass wir in Bezug auf den heiligen Bezirk in Silo und die Umschließungsmauer der Stiftshütte wirklich volles Vertrauen haben können. Die Bibel ist zuverlässig. Durch die erfüllte Prophetie, von der wir heute auch etwas gesehen haben, wird deutlich: Die Bibel ist nicht nur historisch korrekt. Sie ist Gottes Wort.
Wir haben gesehen, dass die ganze Sache mit Abraham und seinen Nachkommen von weltweiter Bedeutung ist. Gott hatte Abraham versprochen, dass von ihm der Erlöser abstammen wird, der einmal kommen wird, um ein Segen für alle Völker zu sein.
Johannes 3,16 fasst das schön zusammen: "Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe."
Tatsächlich haben in den vergangenen zweitausend Jahren Millionen von Menschen aus allen Völkern der Welt Jesus Christus als ihren Retter angenommen und so den Segen Abrahams ganz direkt erfahren.
Gott sagte zu Abraham: "In dir werden alle Menschen gesegnet werden." Genauer gesagt: "Alle Geschlechter der Erde", alle Völker der Erde. Denn Gott wusste, dass nicht alle Menschen einmal umkehren und seinen Sohn annehmen werden.
Gott bietet sein Heil zwar der ganzen Welt an – er hat die Welt geliebt – aber dann heißt es: "Damit jeder, der an ihn glaubt." Jeder Einzelne muss den Schritt der Umkehr und Hinwendung zu Jesus Christus tun. Dann kommt er unter den Segen Abrahams in Jesus Christus.