Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus! Amen!
Liebe Gemeinde, es geschah zu Beginn unseres Jahrhunderts, genau im Jahr 1912: die Titanic sank. Sie galt als das modernste Passagierschiff ihrer Zeit und war mit der besten Technik ausgestattet. Trotzdem fanden mehr als 1500 Passagiere damals den Tod in den Fluten.
Die Verantwortlichen waren sich so sicher gewesen, dass man nicht einmal ausreichend Schwimmwesten für die Passagiere eingepackt hatte. Wozu auch? Wie sollte dieses Meisterwerk, das menschliche Technik hervorgebracht hatte, schon scheitern können?
In einem Werbeprospekt hatte man auf die besondere Sicherheit des Schiffes gesetzt. Dort hieß es, selbst Jesus Christus könne es nicht zum Sinken bringen. Auf den Planken des Luxusliners standen in großen Lettern unter anderem die Worte „No God“ – also „Kein Gott“. Das bedeutete: Es gibt keinen Gott oder wir brauchen keinen Gott.
Die Titanic verkörpert die Lebenseinstellung vieler Menschen. Gott wird gar nicht ins Kalkül gezogen. Was Jesus Christus zu ihrem Leben sagt, kann sie nicht erschüttern. Sie brauchen ihn nicht und beachten ihn nicht. Der Lebensleiter läuft ganz von alleine.
Auch wenn die See mal stürmisch ist, halten viele es mit dem Spruch „Nur keine Panik auf der Titanic“. Hauptsache, die Reise macht einigermaßen Spaß.
Die Lebenshaltung ohne Gott und die Perspektive der Christen
Christen leben völlig anders. Für sie hat alles, was in ihrem Leben passiert, irgendwie mit Gott zu tun. Sie können Gott nirgendwo ausschließen. Christen wissen aus der Bibel: Gott sieht mein Leben. Ich kann ihn nicht einfach ausschalten, so wie man bei einem unangenehmen Telefonat plötzlich den Hörer auflegen kann. Das funktioniert mit Gott nicht.
Gott sieht nicht nur einfach zu, sondern bildet sich ein Urteil über mich. Was ich hier mache, ist nicht bedeutungslos. Es kommt der Tag, an dem Gott mein Leben abschließend beurteilen wird. Ich bin hier auf der Erde unterwegs in seiner Ewigkeit, und dann werde ich vor ihm stehen mit meinem ganzen Leben.
Wer ohne Gott lebt, macht sich normalerweise nicht viele Gedanken über seine ewige Zukunft. Er sagt, die gibt es sowieso nicht, oder man weiß nicht, was kommt, oder es wird schon irgendwie alles gut werden. Aber Christen sehen das anders. Ein Liedermacher hat gedichtet:
Bei aller Liebe zur Erde
Zu Hause sind wir hier nicht,
Wir wandern durch unsere Jahre,
Gott wartet auf uns im Licht.
Das ist enorm tröstlich, aber auch enorm unbequem, weil wir in seinem Licht nichts mehr verstecken können. Christen leben also nicht unbedingt bequem, aber sie wissen wenigstens, woran sie sind.
Die Bergpredigt schärft uns genau diesen Blick. Sie sagt uns immer wieder: Du Mensch, du lebst unter Gottes Augen. Du lebst unter seinem Schutz und unter seinem Maßstab.
Heute beginnen wir nun in unserer Predigtreihe mit dem siebten Kapitel des Matthäusevangeliums. Langsam steuert die Bergpredigt auf ihren Höhepunkt zu. Ich denke, bis Oktober werden wir wohl durchkommen. In diesen letzten 29 Versen bringt Jesus immer wieder auf den Tisch, dass er sagt: Du, Gott beurteilt dein Leben, keiner kann vor Gottes Urteil entkommen.
Auch die mächtigsten Kontrolleure werden kontrolliert. Man fragt ja immer: Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure? Gott! Auch die höchsten Richter werden gerichtet, werden beurteilt von Gott selbst.
So wollen wir uns heute den Versen 1 bis 5 zuwenden. Vers 6 nehmen wir dann beim nächsten Mal mit. Wir hören Matthäus 7, die Verse 1 bis 5, und erheben uns vor dem Wort Gottes. Sie haben den Text auch auf Ihrem grünen Zettel vor sich.
Da sagt Jesus:
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden,
und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?
Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen!
Und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach sieh zu, wie du den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehst.
Wir wollen beten:
Herr Jesus Christus, decke du durch dein Wort auf, was in unserem Herzen ist, und bring uns zurecht. Zeige uns einen Weg, Herr, dass wir so leben können, wie du es willst und wie es gut ist für uns. Bitte hilf uns jetzt beim Hören und Reden. Amen.
Nehmen Sie bitte wieder Platz.
Gottes Urteil über unser Leben und der Umgang miteinander
Die ganze Bibel macht deutlich, dass das Wichtigste für uns natürlich unser Verhältnis zu Gott ist – wie unser persönliches Verhältnis zu Gott aussieht. Aber Gott wird auch beurteilen, wie wir mit anderen Menschen umgegangen sind.
Um dieses sensible Thema geht es in den Versen, die Sie vor sich haben. Jesus spricht darüber, wie seine Leute, also die Christen, miteinander umgehen. Genauer gesagt, wie sie einander beurteilen, wie sie übereinander denken und wie sie miteinander reden sollen. Jesus sagt: Auch das wird Gott beurteilen. Auch das wird Folgen haben.
Er formuliert dies gleich zu Beginn als Warnung in Vers 1: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Jetzt müssen wir genau hinschauen und erst einmal klären, was Jesus hier nicht meint.
Jesus meint hier nicht ein allgemeines zwischenmenschliches Gesetz, wie wir es aus manchen Sprichwörtern kennen, etwa: „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es wieder heraus.“ Oder ganz ähnlich: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“ Also: Wenn du deine Ruhe haben willst, dann lass die anderen auch in Ruhe.
Das meint Jesus hier nicht. Er meint: Richtet nicht, damit ihr nicht von Gott gerichtet werdet. Der ganze Zusammenhang der Bergpredigt macht deutlich: Es ist Gott, der eigentlich richtet. Viele andere Bibelstellen bestätigen das.
In Jakobus 5 heißt es zum Beispiel: „Mordet nicht gegeneinander, liebe Brüder, also liebe Christen, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür.“ Also seid vorsichtig, sagt Jesus.
Dann fügt er eine Begründung hinzu: Seid vorsichtig, damit es eurem Klima nicht schadet, damit es eure gemeinsame Arbeit nicht behindert? Nein, das sagt er nicht. Sondern er sagt: Seid vorsichtig, damit ihr nicht von Gott gerichtet werdet, damit ihr dafür nicht von Gott zur Rechenschaft gezogen werdet. Auch Richter werden gerichtet.
Aber was heißt jetzt „richten“ hier? Wovor sollen wir uns hüten? Der Dichter Tolstoi meinte, dass damit jedes staatliche Gericht gemeint sei – also jedes Kreisgericht, jedes Oberlandesgericht. Das kann nicht sein. Denn die Bibel betont immer wieder: Weltliche Gerichte sind nötig, sonst endet unsere Gesellschaft im Chaos. Also das kann hier nicht gemeint sein.
Andere meinen, „Richtet nicht“ heißt, enthaltet euch jeder Kritik, lasst alles stehen, fällt kein Urteil, lasst Fünfe gerade sein, sagt zu niemandem etwas Negatives. Aber das kann auch nicht sein, denn Jesus selbst hat wenige Verse danach sehr massiv geurteilt.
Er hat von Menschen gesprochen und gesagt, in gewisser Hinsicht seien sie wie Schweine und Hunde. Und er hat in diesem Kapitel gesagt – in Kapitel 7, da kommen wir noch hin – es gibt falsche Propheten. Passt auf, dass ihr auf die nicht reinfallt! Erkennt sie, kritisiert sie, macht sie öffentlich.
Also: Falsches Verhalten und falsche Lehre müssen beim Namen genannt werden. Die Bibel ist voll mit Aufforderungen dazu. „Du sollst nicht richten“ kann also nicht heißen: Du sollst alles stehen lassen.
Wovor warnt Jesus uns dann, wenn er sagt: „Richtet nicht, damit ihr nicht von Gott gerichtet werdet“? Ich hoffe, in ein paar Minuten haben wir die Antwort.
Zunächst wollen wir aber festhalten: Das griechische Wort für „richten“, das Jesus hier verwendet, meint erst einmal gar nicht unbedingt nur etwas Negatives. Es kann ganz unterschiedliche Bedeutungen haben: beurteilen, unterscheiden, verstehen, verurteilen.
Es kommt also jeweils auf den Zusammenhang an, in dem dieses Wort „richten“ steht, ob es ein gutes oder ein schlechtes, ein richtiges oder ein verwerfliches Richten ist.
Was Jesus mit dem falschen Richten meint, erklärt er ab Vers 3. Was Jesus mit dem richtigen Richten meint, kommt dann ab Vers 5. Aber vorher, in Vers 2, gibt er uns eine Grundregel an die Hand – eine Grundregel, die wir bei allem Richten, bei allem Urteilen, auch wenn es besonnen und in guter Absicht geschieht, beachten müssen.
Dieser Vers 2 ist der schwierigste im ganzen Text. Wenn wir den gepackt haben, wird das unser erster Punkt sein. Dann werden sich von dort aus die anderen Verse ganz einfach anfühlen.
Also bitte ich erst einmal um Ihre ganze Konzentration für diesen Vers 2. Da sagt Jesus: „Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“ (Matthäus 7,1-2)
Die Gefahr und Verantwortung des Richtens
Und das ist unser erster Merksatz: Erstens, Richten ist riskant.
Jesus spricht hier nicht zu den Pharisäern, sondern zu Christen. In Vers 2 wendet er sich an Menschen, die Gottes Kinder geworden sind, die persönlich an Jesus glauben und sich bekehrt haben. Ihm sagt er jetzt: So wie ihr andere richtet, vor allem eure Mitchristen, so wird Gott euch auch richten. So wie ihr andere beurteilt, wird Gott euch beurteilen. Einen Maßstab, nach dem ihr andere messt, wird Gott auch an euch anlegen.
Ich habe lange an diesem Vers gearbeitet, denn er ist auf den ersten Blick schwierig. Viele Christen wundern sich und fragen: Wie ist das möglich? Derselbe Jesus sagt doch auch, dass wir durch den Glauben gerettet werden, dass Gott uns die Schuld vergibt, wenn wir ihn darum bitten. Wir kommen nicht durch unser richtiges Verhalten in den Himmel, sondern dadurch, dass wir Jesus um Erlösung und Vergebung bitten. Wie kann er uns dann noch richten, wenn er uns doch schon gerettet hat?
Die Bibel sagt eindeutig, dass es für Christen Gewissheit gibt. Jesus sagt: Niemand kann meine Leute, die einmal zu mir gehören, mehr aus meiner Hand reißen. Das gehört zu den Kennzeichen eines echten Christen: Er weiß im Normalfall, dass er im Himmel ankommen wird, weil Christus ihn durchbringt.
Was meint Jesus dann mit diesem Gericht? Er meint nicht das Gericht, in dem es um Himmel oder Hölle geht. Das müssen wir genau auseinanderhalten. Die Bibel kennt nämlich mindestens zwei verschiedene Gerichte.
Das eine ist das Jüngste Gericht. Die Bibel sagt: Wer in das Jüngste Gericht kommt, der ist verloren und endet in der Verdammnis. In dieses Gericht kommen alle, die das Angebot von Jesus gehört haben und sich trotzdem nicht zu ihm bekehrt haben – egal wie religiös oder kirchlich sie sonst gewesen sein mögen. In diesem Gericht wird es viele geben, die getauft und konfirmiert waren, aber nie persönlich zugegeben haben, dass sie Jesus brauchen und seine Vergebung. Die kommen, sagt die Bibel, ins Jüngste Gericht, und das wird bitter.
Die Christen haben mit dem Jüngsten Gericht nichts mehr zu tun. Sie werden durch die Vergebung von Jesus gerettet. Sie haben die Fahrkarte für den Himmel gelöst, damals, als sie ihr Leben Jesus anvertraut und ihm geglaubt haben. Die Christen haben in ihrem Lebenspass schon das Visum für Gottes herrliche Welt. Das kann uns keiner mehr wegnehmen.
Wer durch Jesus Gottes Kind geworden ist, der kommt an. Gott kann seine Kinder nicht mehr verstoßen. Aber Gott erzieht seine Kinder, das sagt die Bibel deutlich. So wie Eltern ihre Kinder aus Liebe manchmal strafen müssen, damit sie bestimmte Dinge lernen, genauso sagt Gott, dass er seine Kinder, seine Christen, manchmal strafen und richten muss, damit sie bestimmte Dinge lernen.
Im Hebräerbrief Kapitel 12 heißt es: „Wen der Herr liebt, den züchtigt er, oder den erzieht er, und er schlägt jeden Sohn, den er aufnimmt.“ Das meint Jesus hier mit diesem Gericht an den Christen. Er sagt: Leute, Gott wird euch richten, aber nicht, um euch zu verdammen.
Wenn ich mein Kind mal schlage – das geschieht ja nicht oft –, dann prügele ich es doch nicht grün und blau, sondern bedacht, bewusst und kontrolliert. Es soll schon etwas merken und daraus lernen: Böses Verhalten und Ungehorsam haben Folgen. Aber ich mache das kontrolliert und gezielt. Genauso macht es Gott mit seinen Kindern. Wenn er sie richtet, tut es manchmal weh, aber es macht uns nicht kaputt. Es dient unserem Guten.
In diesem Sinne hat der Apostel Paulus das gemeint, als er in 1. Korinther 11,32 sagt: „Wenn wir Christengerichtet werden von Gott, so werden wir gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verloren gehen.“ Wenn Gott uns Christen richtet, dann macht er das, um uns zu erziehen und sicher durchzubringen.
Nun müssen wir sehr vorsichtig sein: Nicht jede Schwierigkeit, die wir haben, ist eine Strafe Gottes. Oft ist es einfach eine Prüfung, die Gott zulässt. Wir Menschen können von außen oft nicht beurteilen – weder bei anderen noch bei uns selbst –, wo Gott gerade richtend eingreift. Darüber sollen wir auch nicht spekulieren. Unsere Bitte soll sein: Wenn wir in so eine Situation geraten, dann bewahre mich, Herr, in allem, was kommt. Stärke mein Vertrauen zu dir und lass es dazu dienen, dass ich dir gehorsamer werde.
Darum geht es Jesus hier in Vers 2. Er sagt: Seid vorsichtig, ihr Christen, nach welchem Maß ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden. Mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Er sagt: Wenn ihr mit euren Brüdern barmherzig, liebevoll und nachsichtig umgeht, dann wird Gott in seinem Erziehungshandeln entsprechend mit euch verfahren.
Aber wenn ihr noch hartherzig, erbarmungslos und ungerührt auf eure Mitchristen draufhaut, dann wird Gott trotzdem liebevoll und barmherzig mit euch sein. Gerade dann wird er an euch arbeiten müssen, um euch diese Kanten aus Liebe abzuschleifen. Er wird euch so richten und erziehen – wodurch auch immer –, damit die Kanten nach und nach abgeschliffen werden, zu eurem Besten.
Dort, wo Gott euch so richtet in seinem Erziehungshandeln, da ist es immer Liebe. Auch wenn er euch hart anpacken muss, sagt Jesus, ist es immer Liebe.
Ich denke, jetzt ist uns dieser Vers 2 klar. Jesus sagt zu den Christen, also zu denen, von denen er weiß, dass sie einmal im Himmel bei ihm sein werden: Nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden. Das heißt nicht: Wenn ihr noch hartherzig seid, wird Gott euch zur Vergeltung auch hart rannehmen. Sondern: Du, du Christ, Gott sieht dich, Gott ist dein Vater, er erzieht dich. Und je nach deinem Zustand muss Gott seine Erziehungsmethode anwenden, um mit dir zum Ziel zu kommen.
Es geht Gott also nicht um Vergeltung, sondern um Veränderung. Diese Veränderung, diese Reinigung geschieht nicht nach dem Tod in einem Fegefeuer – davon sagt die Bibel nirgendwo etwas –, sondern sie geschieht hier, solange wir auf dieser Erde sind.
Das ist also mit Vers 2 gemeint. Jesus sagt: Gott benutzt je nach deinem Zustand das angemessene Erziehungsmittel. Bestimmte Erziehungsmethoden können wir uns ersparen. Das ist so wie bei unseren Kindern: Wenn sie gleich gehorsam sind, können wir uns manche Erziehungsmethoden ersparen.
Der Konfirmand hier nickt fast zustimmend: So ist es. Jesus sagt also: Wenn ihr euch im Umgang mit euren Schwestern und Brüdern gleich an Gottes Willen haltet, dann müsst ihr an dieser Stelle nicht mehr so streng behandelt werden.
Das ist hier gemeint. Am Donnerstag im Gemeindebibelabend wird es die Möglichkeit geben, Nachfragen zu diesem Text zu stellen. Wenn Ihnen also etwas noch unklar bleibt, kommen Sie am Donnerstag. Dann haben wir Zeit, das einzubauen und noch zu vertiefen.
Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass Sie das festhalten: Jesus zeigt hier, dass es ihm wichtig ist, wie wir als Christen miteinander umgehen – gerade wenn es Spannungen gibt, wenn nicht eitel Sonnenschein herrscht. Darum stellt er diesen Grundsatz an den Anfang, indem er sagt: Leute, richten ist riskant.
Die Mahnung zur Vorsicht beim Richten
Jesus schärft unser Gewissen. Von dem persischen König Kambysis wird Folgendes berichtet: Ganz schön brutal. Einer seiner höchsten Richter hatte Bestechungsgeld genommen und bewusst ein falsches Urteil gefällt. Als die Sache herauskam, ließ Kambysis den Richter töten. Danach wurde ihm die Haut abgezogen. Mit dieser Haut wurde der Richterstuhl des obersten Richters überzogen. Dieser Stuhl war der Ort, von dem aus die Urteile gefällt wurden.
Kambysis meinte das als eine Erinnerung, als eine Mahnung für jeden höchsten Richter, der auf diesem Stuhl sitzen würde. Er sagte: Wenn du das Recht beugst, riskierst du deine Haut. Jesus erzieht uns viel behutsamer, aber doch mit großem Ernst. Richten ist riskant.
Jetzt besteht natürlich eine Gefahr, die sich aufdrängt: Dass nämlich keiner mehr wagt, irgendetwas zu sagen. Dass man den anderen einfach laufen lässt und sagt: Wenn das so riskant ist mit dem Richten, dann sage ich lieber gar nichts. Aber das will Jesus natürlich auch nicht.
Darum lässt er uns mit dieser Mahnung nicht einfach stehen, sondern wird jetzt konkret. Er zeigt uns, wie richtiges Urteilen aussieht und wie falsches Urteilen aussieht. Dazu benutzt Jesus einen seiner berühmtesten Vergleiche. Es ist ein besonders farbiges Beispiel. Dieses Beispiel stammt aus der Tischlerwerkstatt, also aus dem Beruf, den Jesus bei seinem Adoptivvater Joseph gelernt hat.
Sie alle kennen dieses Beispiel. Es beginnt ab Vers 3, da sagt Jesus: „Was aber siehst du den Splitter im Auge deines Bruders und nimmst nicht wahr den Balken in deinem eigenen Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge?“
Hier zeigt Jesus also erst einmal, wie wir es nicht machen sollen, wie es falsch ist. Und das ist unser zweiter Punkt: Falsch ist blindes Verurteilen. Sie sehen jetzt vor Ihrem inneren Auge, wie Jesus hier eine richtige Karikatur gemalt hat.
Dieser Mann mit dem Balken im Auge hat ein dickes Problem. Er hat einen Balken im Auge, und stellen Sie sich vor, er merkt es gar nicht. Anstatt zum Augenarzt zu gehen, was wirklich nötig wäre, will er selbst Augenarzt spielen bei seinem Bruder.
Jesus will mit diesem Bild sagen: Schau mal, der ist so sehbehindert, dass er gar nicht mehr merkt, dass er sehbehindert ist. Hier passt wirklich der Spruch: Er sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht, er sieht den Balken vor lauter Holz nicht, er sieht die Sünde vor lauter Sünde nicht.
Das ist ein absurdes Bild, und Jesus sagt: Ihr, meine Leute, so absurd seid ihr manchmal.
Jetzt fragen wir natürlich: Was ist denn unser Balken? Was meint er damit? Überlegen Sie mal, welche Sünde einen Christen so blind machen kann, dass er diese Sünde nicht mehr als Sünde erkennt. Es ist die Selbstgerechtigkeit.
Wir finden uns so klasse, wir werden immer weniger sensibel für unsere Schuld. Wir sind so begeistert von uns selbst, dass wir gar nicht merken, an welchen Stellen unser Leben Gott nicht mehr gefällt. Wir werden immer stumpfer in unserem Gewissen.
Wodurch entsteht diese Selbstgerechtigkeit? Sie entsteht oft dann, wenn ich mir wenig Zeit nehme, um auf Gott zu hören, wenn ich Gott wenig Gelegenheit gebe, mich anzusprechen, wenn ich wenig in seinem Wort lese, wenn ich wenig im Gottesdienst bin, wenn ich wenig Zeit nehme, um zu ihm zu beten.
Wissen Sie, was dann kommt? Dann sehe ich mich immer mehr mit meinen eigenen Augen und immer weniger mit Gottes Augen. Meine Perspektive über mich selbst wird immer unwirklicher und immer schiefer.
Dann kommt es zu der Wirkung, die Jesus hier beschreibt. Diese Selbstgerechtigkeit und ihre Frucht ist blindes Verurteilen, das keinem hilft.
Jetzt wird es sehr praktisch. Was heißt das? Ich sehe auf den anderen herab und stelle mich selbst groß heraus. Und wir kennen das doch: Je mehr ich den anderen kritisiere, umso besser fühle ich mich selbst.
Das ist wie bei einem Flaschenzug: Je weiter der andere Eimer nach unten fährt, umso höher kommt mein Eimer nach oben. Je mehr Schuld ich beim anderen festmachen kann, umso besser stehe ich selbst da.
Dann macht es mir irgendwann sogar Spaß, Fehler zu finden. Mein Herz springt innerlich in die Höhe, wenn ich wieder eine Schuld beim anderen entdeckt habe. Ich gestehe mir das natürlich nicht ein, denn dann wäre das Spiel ja vorbei.
Das wäre gut, denn dann würde ich den Balken ja merken und müsste Gott um Vergebung bitten. Aber nein, das merke ich gar nicht.
Das ist eine Testfrage, die wir uns stellen sollen: Wenn ich bei einem Mitchristen eine Schuld festmache, tut mir das weh oder tut es mir gut? Und wenn ich das merke, sage ich es ihm oder gehe ich damit genüsslich anderswo hausieren?
Sehen Sie, das Schlimme an diesem Balken, das Schlimme an dieser Selbstgerechtigkeit ist, dass wir sie gar nicht bemerken. Sie versteckt sich vor uns und führt uns an der Nase herum.
Das kann so weit gehen, dass ich überzeugt bin, ich tue dem anderen, den ich fertig mache, noch etwas Gutes. Ich will ihm ja nur seelsorgerlich helfen.
Jesus entlarvt mich als Heuchler. Er sagt ab Vers 4: „Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler!“
Stellen Sie sich dieses Bild mal vor: Da hat einer einen langen Balken im Auge und will einem anderen da einen Splitter herausziehen – das geht doch gar nicht.
Jesus sagt: So seid ihr, Heuchler. Euer Leben und eure Worte sprechen nicht dieselbe Sprache. Ihr rennt mit dem Balken durch die Gegend, und auf eurer Visitenkarte steht „Augenarzt“.
So werden eure Worte immer hohler, und der Druck zur Selbstrechtfertigung immer größer.
Was kommt dann? Die Fehler des anderen blase ich auf, ich mache aus der Mücke einen Elefanten. Für meine eigenen Fehler habe ich zwanzig Entschuldigungen, um meinen Mist irgendwie noch zu rechtfertigen.
Es ist ein Teufelskreis. Oder man könnte auch sagen: Blinde verurteilen. Das ist wie eine Lawine. Wenn die einmal losgetreten ist, kommt sie immer mehr in Schwung, und ich verstricke mich immer mehr.
Jesus macht hier deutlich: Unser eigentliches Problem sind nicht die Worte, die wir sagen, sondern die Haltung in unserem Herzen, die dahinter steckt. Unser Herz ist vergiftet, und die Selbstgerechtigkeit macht uns blind für unsere Schuld.
Der Weg zur klarsichtigen Beurteilung
Aber es gibt Heilung. Darauf weist uns Jesus im letzten Vers hin, den wir uns heute anschauen wollen, nämlich in Vers fünf.
Jesus hat bereits oben gesagt, dass Gott seine Kinder nicht in ihrer Schuld stecken lässt. Er erzieht sie notfalls unter Schmerzen, aber mit der richtigen Erziehungsmethode. Das kann zum Beispiel geschehen, indem er uns einmal zutiefst erschrecken lässt über uns selbst. Gott macht das oft, indem er uns demütigt, vielleicht auch durch diese Verse hier, indem er uns in die Knie zwingt.
Oft richtet Gott seine Kinder. Er erzieht uns durch sein scharfes Wort in der Bibel. Dort steht einmal: Sie ist wie ein scharfes, zweischneidiges Schwert, das unser ganzes Leben aufdeckt. Plötzlich merke ich, wie erbärmlich ich vor Gott dastehe, so wie David, der plötzlich vor dem Propheten Nathan stand und ihm seine Schuld aufgedeckt wurde. Er erkannte: Ich bin ein Mörder, ich bin ein Ehebrecher. Und er begriff plötzlich, was er getan hatte.
Dann schreibt er in Psalm 51, den wir gehört haben: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Und er liegt auf den Knien und hat die Sehnsucht, wenn er sagt: „Mach mein Herz wieder frei, schaffe in mir, Gott, ein reines Herz.“
Wenn jemand an diesen Punkt gelangt ist, dass Jesus ihm die Augen über sich selbst geöffnet hat – und auch uns Christen muss er die Augen immer wieder über uns selbst öffnen, gerade über unsere Selbstgerechtigkeit – dann kann er uns auch wieder gebrauchen, sogar als Augenärzte. Dann können wir dem Bruder wirklich den Splitter aus dem Auge ziehen.
Das ist das Letzte und das Dritte, was Jesus uns zum Schluss hier zeigt. Vers 5 ist das Ziel, auf das die ganzen Verse zulaufen. Jesus mahnt uns nicht nur zur Besonnenheit. Er sagt nicht nur, dass richten riskant ist. Er sagt nicht nur, was wir sein lassen sollen, er sagt nicht nur, dass wir nicht blind verurteilen sollen, sondern zum Schluss zeigt Jesus, wie es richtig ist.
Und das ist das Dritte: Richtig ist klarsichtiges Beurteilen. Wir sollen ja urteilen, aber zuerst sollen wir uns den Stachel, das heißt den Balken aus dem eigenen Auge, herausziehen lassen.
Dieser Vers 5 beginnt noch ganz schön hart. Da sagt Jesus: „Du Heuchler!“ Und er hat das zu mir gesagt während der Predigtvorbereitung: „Du Heuchler!“ Aber sehen Sie, wie Jesus weitermacht. Er sagt nicht: „Schäm dich und schere dich davon!“ Er sagt auch nicht: „Du Heuchler, bring deine Sache in Ordnung und dann zieh dich zurück und lass deinen Bruder mit seiner Schuld allein, du hast selbst genug Dreck am Stecken.“ Sondern was sagt Jesus?
Er sagt: „Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge!“ Also begib dich selbst in Behandlung, und danach sieh zu, wie du den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehst.
Wörtlich steht das noch viel schöner im griechischen Text. Da heißt es: „Zieh erst den Balken aus deinem Auge, und dann hast du den Durchblick, um herauszuziehen den Splitter aus dem Auge deines Bruders.“
Ein großer Prediger hat einmal gesagt: „Besser ein Patient Jesu Christi als ein Doktor der Theologie.“ Und wir können noch mehr sagen: Wer ein Patient Jesu Christi geworden ist, der wird dann auch ein Doktor der Theologie. Der taugt dann auch als Arzt für seine Brüder und Schwestern.
Sehen Sie, wenn sie ihre eigene Schuld begriffen haben, ihre eigene Anfälligkeit zur Heuchelei, wenn sie erst mal von Jesus gedemütigt worden sind, dann haben sie die besten Voraussetzungen, um ihren Bruder zurechtzubringen.
Wer nach der Behandlung durch Jesus den eigenen Balken gesehen hat, der mal in seinem Auge steckte – das ist so, wie einen Weisheitszahn, den der Zahnarzt rausoperiert hat und den man dann in den Händen hält und über den man noch im Nachhinein erschrickt und sagt: „So ein Bollermann!“
Wer so mal den Balken gesehen hat, der in seinem eigenen Auge steckte, wird nicht mehr von oben herabkommen, sondern von unten. Er ist ja selbst gerade erst wieder aufgestanden, erinnert sich noch an seine eigene Schuld. Und er hat dann auch die richtige Haltung, um dem Bruder zu helfen.
Kommen wir selbst aus der Buße, dann kommen wir aus der Tiefe. Diese tiefe Hilfe braucht unser Bruder und unsere Schwester.
Das heißt aber nicht, ich entschuldige den anderen. Es heißt nicht, dass ich die Sünde verharmlose und sage: „Na ja, ist alles nicht so schlimm.“ Das wäre lieblos, das würde keinem helfen.
Jesus sagt nicht: „Junge, lass dir den Splitter rausziehen und dann wirst du sehen, dass der andere gar keinen Splitter hat.“ Er sagt auch nicht: „Junge, lass dir deinen eigenen Balken entfernen und den Splitter beim anderen kannst du ruhig stecken lassen, immerhin ist es ja kein Balken wie bei dir.“
Das sagt Jesus auch nicht. Sondern Jesus fordert: „Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann sieh zu, wie du den Splitter aus dem Auge deines Bruders herausziehst.“ Also: Es ist deine Verantwortung, wie du dem Bruder hilfst, von seiner Schuld loszukommen.
Das meint Jesus hier. Er sagt: Es liegt ein klarer Befund vor, alle Informationen sind eingeholt, du hast mit dem Bruder gesprochen, du siehst, der Splitter ist da. Und jetzt? Jetzt ist klarsichtige Beurteilung gefragt.
Keine Mauschelei, keine faulen Kompromisse, keine Begütigung – jetzt musst du zupacken und den Splitter rausziehen.
Und da fragt einer: „Ist das nicht anmaßend? Wo ist dann die Grenze zwischen Verurteilen und Beurteilen? Woher kann ich so sicher wissen, was Schuld beim anderen ist und was nicht? Wo kriege ich die klare Sicht her?“
Jesus hat das in der Bergpredigt deutlich gesagt. Er sagte, Gott hat uns ein klares Wort gegeben, klare Gebote, klare Linien. Dieses Wort ist das einzige, aber auch völlig ausreichende Instrument, um Schuld aufzudecken und zu beurteilen.
Ich brauche keine andere Quelle, keine besondere Technik, um die Schuld eines anderen oder meiner eigenen aufzudecken und zu beurteilen. Ich brauche nur dieses Wort. Dadurch bekomme ich klare Sicht, klare Sicht über mein eigenes Leben und dann auch klare Sicht für die Situation meines Bruders und meiner Schwester.
In diesem Wort habe ich Gottes vollständige Arztpraxis. Die Bibel ist wie ein Röntgengerät, um Schuld aufzudecken. Sie ist wie ein Skalpell, um Schuld herauszuschneiden. Die Bibel ist wie ein Verband, um die Wunden zu bedecken.
Hier in diesem Wort Gottes habe ich auch die Medizin, die das Herz und die Wunde wieder heil und gesund macht.
Je mehr ich mit diesem Wort lebe, je mehr ich in dieser handlichen Arztpraxis heimisch werde, desto besser tauge ich als Arzt für meine Brüder und Schwestern.
Der Kirchenvater Chrysostomos schrieb einer Gemeinde, in der jemand schwer in Schuld gefallen war, folgendes an den Kirchenvorstand: „Überführt ihn, aber verhaltet euch nicht wie sein Feind, verhaltet euch nicht wie sein Widersacher, sondern seid wie ein Arzt, der Medizin verabreicht.“
Nun, Sie wissen, die richtige Medizin schmeckt oft bitter, aber sie hilft. Kein guter Arzt freut sich, wenn er bittere Medizin verschreiben muss. Aber manchmal muss er es tun.
Und das ist noch ein Unterschied zwischen Verurteilen und Beurteilen. Damit können wir uns auch gut prüfen.
Der blinde Verurteiler hat eigentlich Spaß an seiner Tätigkeit, er macht das gern. Der klarsichtige Beurteiler aber tut es leid. Es tut ihm sogar weh, wenn er beim anderen Schuld entdeckt und aufdeckt.
Oder wie es unseren Müttern oft geht – meine Frau zumindest hat das mal gesagt: Solange sie sich einen Splitter aus ihrem eigenen Finger rausziehen muss, kriegt sie das locker hin. Aber wenn sie es bei einem von den Kindern machen muss oder gar bei mir, dann macht ihr das schon mehr Mühe, dann tut es ihr mehr weh.
So ist es mit dem klarsichtigen Beurteiler, der den Splitter rausziehen soll, genauso. Er wird es nicht triumphierend und genüsslich machen. Es wird ihm leidtun, manchmal wehtun.
Aber er weiß: Der Splitter im Auge des Bruders ist gefährlich. Er kann meinen Bruder blind machen, dieser Splitter. Darum muss ich mich überwinden. Dann muss ich mich behutsam und entschlossen an die Arbeit machen, den Splitter zu fassen, zu kriegen und ihn rauszuziehen.
Weil Jesus das so will.
Zusammenfassung und Abschluss mit einem Beispiel aus der Geschichte
Damit sind wir durch diese fünf Verse. Das war ein ganz schöner Batzen, aber hier hat Jesus uns das Programm gegeben, wie Christen miteinander umgehen sollen, wie wir einander beurteilen, übereinander denken und reden sollen.
Haben Sie das gemerkt? Jesus hat hier herausgestellt, welche riesige Verantwortung wir füreinander haben. Er hat erstens gesagt: Junges Richten ist riskant. Aber Jesus hat uns nicht nur das Risiko gezeigt, nicht nur das Glatteis, auf dem wir gehen, sondern er hat uns eine klare Anweisung gegeben, wie wir uns auf diesem Glatteis bewegen können.
Er hat gesagt: Lass das blinde Verurteilen sein, lass dich heilen von deiner satten Selbstgerechtigkeit. Aber dann, wenn der Balken aus dem Auge raus ist – und diese Operation brauchen wir von Zeit zu Zeit immer mal wieder – dann zieh dich nicht zurück von deinem Bruder, von deiner Schwester. Lass ihn, lass sie nicht laufen, sondern dann sollst du klarsichtig beurteilen. Dann sollst du behutsam helfen, deinem Bruder wegzukommen von seiner Schuld.
Diese klare Sicht lernen sie nicht durch irgendeinen theologischen Kurs, sondern sie lernen sie nur bei Jesus selbst. Wenn sie in einer verbindlichen Beziehung mit ihm leben, auf sein Wort hören, wenn sie sein Patient werden, wenn sie in seiner Behandlung bleiben. Und die Frage ist: Sind sie dazu bereit? Sind sie dazu bereit?
Dann wird Jesus aus ihnen einen weisen Arzt machen, einen ganz klarsichtigen Beurteiler. Und dann werden sie auf ihre Mitchristen einen heilsamen Einfluss ausüben und auch auf die Nichtchristen, mit denen sie es zu tun haben. Auf jene Menschen also, die ohne Jesus leben und deshalb auf dieser Welt treiben wie auf der Titanic. Damit schließt sich der Kreis unserer Predigt.
Es ist wichtig, dass klarsichtige Christen noch dabei sind auf der Titanic, so wie auch damals 1912 ein Christ mit an Bord war: der Prediger John Harper. Als die Menschen in den Fluten trieben und John Harper sich an einem Holzstück festhielt, sah er in der Nähe einen jungen Mann treiben. Er schrie ihm zu: „Junger Mann, sind Sie auf ewig gerettet?“
Dann kam die Welle und trieb ihn wieder weg. Nach einiger Zeit sah er diesen Mann wieder in seiner Nähe. John Harper schrie ihm noch einmal zu: „Junger Mann, sind Sie auf ewig gerettet?“ Dann kam die nächste Welle, und John Harper kam in den Fluten um.
Der junge Mann wurde von den Rettungsmannschaften aufgenommen. Aber diese klare Frage ließ ihn nie mehr los: „Junger Mann, sind Sie auf ewig gerettet?“ Kurze Zeit danach fand er zum Glauben an Jesus. Er wagte den Schritt, ihm sein Leben wirklich anzuvertrauen.
Einige Wochen später erzählte er in einer christlichen Versammlung davon und sagte: „Ich bin der letzte Mensch, der durch John Harper gerettet wurde.“ John Harper hatte bis zuletzt seinen Mund aufgemacht. John Harper hat bis zuletzt liebevoll Klartext gesprochen. Und das will Jesus auch von uns.