Und dann kam der Krieg, und eines Tages erreichte uns die Schreckensmeldung: Peter ist gefallen, Dieter auch. Das hat mich daran erinnert, dass es auf dem Weg mit Jesus immer wieder solche Steine mit Gefallenen gibt, die in unserer Erinnerung bleiben.
Ich persönlich kenne viel zu viele Namen von Menschen, die den Weg mit Jesus begonnen haben und voll dabei waren. Doch dann kam ein Ereignis, das sie geistlich von den Beinen geholt hat. Oder sie haben sich so stark in dem Denken dieser Welt verfangen, dass sie gefallen sind und nicht wieder aufgestanden sind.
Worum es dabei geht, ist nicht, dass sie gefallen sind, sondern dass sie nicht wieder aufgestanden sind. Entweder leben sie heute noch mit Jesus, sind aber total frustriert, führen ihr privates Christsein irgendwie und haben keinen Anschluss mehr an eine Gemeinde. Oder sie haben die Bibel längst zur Seite gelegt und leben nach den Maßstäben dieser Welt. Die Beziehung zu Jesus ist für sie eine vergangene Episode, nicht mehr die Realität, die sie heute erleben.
Ich wünsche uns, dass unser Name niemals auf solchen Steinen steht. Wir gedenken unserer Gefallenen und derer, die nicht wieder aufgestanden sind.
Heute Morgen erleben wir einen Mann, der ebenfalls gefallen war und in Gefahr stand, nicht mehr zu leben. Doch Gott begegnet diesem Mann neu. Der teuflische Steinhauer, der den Namen Elija nur zu gerne in so einen Stein eingeschlagen hätte, muss wieder abziehen.
Es geht also um den Tatsachenbericht aus 1. Könige 19,1-18. Aus Zeitgründen werde ich den Text nur abschnittsweise lesen und ihn dann gleich auslegen.
Diesen gesamten Abschnitt habe ich mit dem Satz überschrieben: „Bleib nicht liegen.“ Denn das ist die Botschaft, die wir aus diesem Text mitnehmen: Bleib nicht liegen!
Die Bedrohung durch Isebel und der erste Schritt zum Fallen
In 1. Könige 19,1-3a heißt es: Und Ahab berichtete Isebel alles, was Elia getan hatte, und den ganzen Hergang, wie er alle Propheten mit dem Schwert umgebracht hatte.
Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: „So sollen mir die Götter tun, und so sollen sie hinzufügen: Ja, morgen um diese Zeit mache ich dein Leben dem Leben eines von ihnen gleich.“
Da fürchtete er sich, und er machte sich auf und lief um sein Leben.
Ich habe diesen kleinen Abschnitt überschrieben mit dem Satz: Bleib nicht liegen, wenn Isebels Boten dich von den Beinen holen. Denn so war das hier: Bleib nicht liegen, wenn Isebels Boten dich von den Beinen holen.
Die Herausforderung nach dem Sieg und die Angst vor dem Gegenangriff
Wir haben ja noch im Kopf, was passiert ist. Elia stand alleine gegen achthundertfünfzig Priester. Oft registriert man nur die vierhundertfünfzig Priester des Baal, vergisst dabei aber die der Ascherer. Es waren also insgesamt achthundertfünfzig, die ihm entgegenstanden, und Gott hatte sich als der lebendige Gott erwiesen, der Feuer vom Himmel fallen ließ.
Elia hat dann die Elite der Götzendiener ausgerottet. Danach hat er gebetet, und es fing an zu regnen – nach dreieinhalb Jahren Dürre. Er hat erlebt, wie Gott tatsächlich eingegriffen hat, und es war allen klar, die dabei waren: Elia dient dem lebendigen Gott. Er dient einem Gott, der allmächtig ist und alles kann.
Nach solchen Erfahrungen kommt einem ganz locker über die Lippen: „Ich weiß, an wen ich glaube.“ So formuliert Paulus das ja mal. Und man ist gewiss: Meinem Gott ist nichts unmöglich. Vielleicht kennt ihr das auch: Nach solchen Triumphzeiten ist man geneigt, Ausschau nach der nächsten Glaubensherausforderung zu halten. „Na, wo kommt denn die nächste? Die liegen jetzt hinter uns, und die nächste packen wir auch.“ Vielleicht hat Elia auch so gedacht.
Dann kam die nächste Glaubensherausforderung – aber ganz anders, als Elia sie erwartet hatte. Unser Abschnitt beginnt hier in Galiläa, in der Residenz Ahabs. Elia erzählt Isebel alles, was passiert ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sagt: „Und dann kam Feuer vom Himmel, und dann hat Elia alle Baalspriester umgebracht. Stell dir das mal vor, Isebel, kein einziger lebt mehr! Auch die, die du letzte Woche eingeladen hattest, hier die oberste Equipe – auch sie lebt nicht mehr.“
Aber Isebel ist nicht verzweifelt, sie kocht. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie knallrot wird vor Wut und Rache schwört. Übrigens ist es oft so: Nach einem Sieg des Herrn kommt oft der Gegenangriff. Das ist ähnlich wie beim Fußball. Da schießt man ein Tor und sagt nicht: „Okay, wir haben ein Tor, jetzt machen wir mal Pause.“ Man muss relativ schnell wieder am eigenen Tor sein.
Hier stelle ich es mir so vor: Es klingelt, Elia öffnet, und vor der Tür steht ein Mann, von dem man denken könnte, er kommt direkt von der Mafia aus Palermo. Das heißt hier: Es kommt ein Bote. Wenn man ihn so anschaut – vielleicht weiße Schuhe, schwarzer Anzug, Sonnenbrille, Hut. Elia steht da, schaut ihn an und hört: „Isebel lässt dir sagen: Morgen um diese Zeit bist du tot. Bereite dich gut darauf vor und schlaf süß in deiner letzten Nacht.“
Ich weiß nicht, wie es euch gehen würde, wenn so ein Bote zu euch käme. Was würde dir wohl durch den Kopf gehen? Vielleicht sind es bei uns andere Schwarzanzugträger, die uns geistlich von den Beinen holen wollen? Vielleicht verlangt ein Beruf etwas von dir, von dem du genau weißt, dass es gegen Gottes Wort ist. Da steht so jemand mit seinem schwarzen Anzug und sagt: „Wenn du das nicht tust, dann sehe ich schwarz für deinen Arbeitsplatz.“
Oder du weißt, dass eine Frau dir etwas von Jesus sagen soll, und dann steht in Gedanken so ein Mann im schwarzen Anzug da und sagt: „Du wirst dich bis auf die Knochen blamieren. Also halt den Mund!“ Und dann ist man genauso eingeschüchtert wie Elia.
Solche Besuche gibt es übrigens tatsächlich. Ein Studienkollege von mir hatte so einen Besuch. Ich glaube, es war in Pforzheim. Er sollte gegen Okkultismus predigen, und dann klingelte es an seiner Tür. Davor stand jemand, der sich als Mitglied eines okkulten Zirkels vorstellte und sagte: „Ich warne Sie, wenn Sie gegen den Okkultismus predigen.“ Er antwortete: „Wissen Sie, ich diene dem lebendigen Gott, und deshalb lasse ich mich von Ihnen nicht einschüchtern.“ Er predigte gegen den Okkultismus.
Er erzählt, dass wenige Zeit später seine Frau an Krebs erkrankte. Er sieht durchaus einen Zusammenhang, aber er will einfach derjenige sein, der sich nicht einschüchtern lässt von solchen Forderungen der Finsternis. Der sich nicht einschüchtern lässt, um Gott ungehorsam zu sein.
Wer ist mein Isebelbote? Von wem lasse ich mich einschüchtern, Gott ungehorsam zu sein? Dieser Besuch wirkt bei Elia – der Schreck fährt ihm in die Knochen. Ich glaube ganz ehrlich, mir wäre es nicht anders gegangen. Die Angst treibt ihn vorwärts, bis nach Beerscheba. Ich habe es mal auf dem Atlas nachgemessen, das sind ungefähr 150 Kilometer, die er ziemlich schnell zurückgelegt hat.
Ich bin noch nie um mein Leben gelaufen. Elia hier tut es, und ich stelle es mir absolut schrecklich vor. Die Angst hat Elia im Würgegriff und nimmt ihm die Luft zum Atmen. Vielleicht kennst du das Gefühl, von der Angst getrieben zu sein.
Es ist gut, sich in solchen Momenten daran zu erinnern: Wie groß ist mein Gott? Und zwar als Ausrufezeichen und nicht als Fragezeichen. Wir singen es ja manchmal: „Ja, ich kann dann fragen: Wie groß ist mein Gott?“ Ist er jetzt größer als diese Angst? Ich glaube, es ist wichtig, das wirklich zu erfassen und zu sagen: „Jawohl, er ist größer als diese Angst, auch wenn die Angst mir im Moment gerade die Kehle zuschnüren will.“
Und ob ihr danach seid oder nicht, rein gefühlsmäßig, bete es und sage: „Danke, Herr, dass du größer bist als meine Angst. Danke, dass du gesagt hast: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Deshalb komme ich zu dir mit meiner Angst und bitte dich: Hilf mir, eine andere Perspektive in meinem Leben zu bekommen. Lass mich sehen, dass mein Leben, mein Ruf und mein Arbeitsplatz in deiner Hand sind. Dass ich mich nicht von Menschen abhängig machen muss, sondern dir gehorchen will. Hilf mir, dir zu vertrauen und mich eben nicht von der Angst bestimmen zu lassen.
Aber ihr kennt euer Leben, ich kenne mein Leben. Es ist ganz wichtig, so zu beten. Manchmal ist es doch so, dass die Angst mich überrollt, dass sie mich geistlich von den Beinen holt und dass ich dann – um es mal auf den Punkt zu bringen – anderen Dingen mehr gehorche als Gott. Dass ich Gottes Worte in manchen Situationen beiseiteschiebe, weil ich Angst habe, sonst von Menschen beiseitegeschoben zu werden. Weil mir die Ehre bei Menschen wichtiger ist als die Ehre bei Gott.
Aber wenn du geistlich gefallen bist, dann denk an Elia. Dann bleib nicht liegen, wenn die Isebelboten dich von den Beinen holen. Elias Geschichte zeigt uns: Gott lässt ihn nicht liegen. Und das finde ich so mutmachend an dieser Geschichte: Er streckt ihm seine Hand entgegen. Und er streckt auch dir seine Hand entgegen.
Die Fürsorge Gottes in der Wüste und die Einladung zum Aufstehen
So habe ich den zweiten Teil überschrieben: „Bleibt nicht liegen, weil der Herr auch in der Wüste da ist.“ Ich lese euch den Text noch einmal ab Vers 3b vor:
„Und er lief um sein Leben und kam nach Beerscheba, das zu Juda gehört, und ließ seinen Diener dort zurück. Er selbst aber ging in die Wüste eine Tagesreise weit und kam und ließ sich unter einem einzelnen Ginsterstrauch nieder. Da wünschte er sich sterben zu können und sagte: Es ist genug. Nun herrsche mein Leben hin, denn ich bin nicht besser als meine Väter. Da legte er sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein. Und siehe da, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! Als er aufblickte, siehe, da lagen neben seinem Kopf ein Brotfladen auf heißen Steinen gebacken und ein Krug Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder nieder. Und der Engel des Herrn kehrte zurück, kam zum zweiten Mal und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss, denn der Weg ist zu weit für dich! Da stand er auf, aß und trank und ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb. Dort ging er in die Höhle und übernachtete da.“
Bleibt nicht liegen, weil der Herr auch in der Wüste da ist. Ich denke, das kann man so sagen, wenn man diesen Text liest: Elija ist seelisch am Tiefpunkt. Man würde heute sagen, er hat eine Erschöpfungsdepression. Dabei kann man gar nicht so genau greifen, woher das kommt. Ist es nur die Angst oder steckt mehr dahinter?
Was man aber auf jeden Fall feststellen kann, ist: Elija hat keine Lebensfreude mehr. Er macht einige ganz typische Dinge. Zum Beispiel isoliert er sich von anderen, zieht sich in sein Schneckenhaus zurück, lässt seinen Diener in Beerscheba zurück. Er will nur noch allein sein, geht in die Wüste und geht den ganzen Tag hinein. Ich habe diesen Text intensiv gelesen und glaube persönlich nicht, dass er irgendeinen Proviant mit hatte. Denn den bekommt er erst nachher von dem Engel.
Das heißt, er läuft einfach in die Wüste ohne Proviant. Dem war es ernst mit der Bitte, die er später geäußert hat: „Herr, lass mich sterben.“ Das war sein Ziel. Deswegen ging er in die Wüste. Der große Prophet – das ist ja noch gar nicht lange her – ist müde vom Leben. Er sitzt seelisch in einem dunklen Tunnel und kann kein Licht mehr vor Augen sehen. Er wünscht sich nur noch eins. Vielleicht kennst du solche Zeiten: „Herr, lass mich zu dir gehen!“ Du kannst das auch positiv formulieren. Elija sagt: „Es ist genug. Jetzt ist Schluss. Ich sehe über meine Situation nicht mehr hinaus.“
Wenn man solche Sätze liest, fragt man sich: Elija, was ist eigentlich der Grund für deine Depression? Die Angst spielt natürlich eine Rolle, aber ist es wirklich alles? Manchmal haben solche Erschöpfungen eine greifbare Ursache. Situationen in meinem Leben, mit denen ich einfach nicht fertig werde und die ich verarbeiten muss. Das heißt, ich falle in diese Erschöpfungsdepression. Aber sehr oft kann ich auch gar nicht erklären, woher das eigentlich kommt. Es kann mich treffen wie ein Wolkenbruch aus heiterem Himmel. Wir haben das letzten Donnerstag erlebt: Wir gingen zum Auto und plötzlich wurden wir nass, ehe wir überhaupt geblickt haben. Das war ein Wolkenbruch aus heiterem Himmel.
So kann es manchmal sein: Eben war alles noch heiter und gut, und jetzt ist alle Lebensfreude plötzlich abgestellt. Mein Alltag ist nur noch Regenwetter. Wenn ich Berichte lese über Menschen, die in solchen Tiefs waren, formulieren sie das genau so. Sie sagen: „Ich kann den Tag sagen, an dem alle Lebensfreude abgestellt war, und es gab eigentlich gar keinen Grund, rein äußerlich dafür.“ Dann habe ich mit negativen Gedanken zu kämpfen, die mich nur noch niedermachen.
Das wird vielleicht bei Elija hier angedeutet, wenn er sagt: „Ich bin nicht besser als meine Väter.“ Ich bin an diesem Satz stehen geblieben. Ich habe gedacht: Elija, was meinst du denn damit? „Ich bin nicht besser als meine Väter.“ Ich kann darauf keine wirkliche Antwort geben. Aber eines wird mir sehr deutlich: Er hat bis zu diesem Zeitpunkt gedacht, er sei besser als seine Väter. Und hier kommt jetzt eben die Ernüchterung. Diesen Zahn musste Gott ihm ziehen.
Elija war enttäuscht über sich selbst, vielleicht weil er weggelaufen war oder aus anderen Gründen. Manchmal muss Gott auch solche Stunden in meinem Leben zulassen, in denen ich enttäuscht bin über mich selbst, weil ich so viel von mir erwartet habe, mich in mir selbst getäuscht habe und dann plötzlich merke: Das kann ich gar nicht bringen, was ich da von mir fordere.
Deshalb sind solche Erschöpfungen, in denen Elija jetzt hier steht, nicht nur schlecht. Auch wenn es schwierige Zeiten sind, sie sind die Chance, intensiver über mein Leben nachzudenken. Das ist sehr wichtig: Dinge zu verändern, den Umgang mit meiner Zeit zu prüfen, den intensiven Umgang mit dem Herrn neu zu suchen und auch den Umgang mit meiner Kraft neu zu überdenken.
Wenn ich diese Chance nicht nutze, wenn ich das an mir so vorbeigehen lasse, dann ist die nächste Tiefphase vorprogrammiert. Dann hat es mir im Grunde genommen nichts gebracht. Wenn ich in solch einem seelischen Tal stecke, nützt es mir gar nichts, mich zusammenzureißen. Das kann ich dann nicht mehr.
Ich kenne die ganz sicher gut gemeinten Ratschläge vieler Gläubiger, die ich aber nicht sehr hilfreich finde. Zum Beispiel sagen sie: „Du musst einfach mehr in der Bibel lesen, dann wird alles gut.“ Das ist aber nicht so. Wenn ich in solchen Phasen stecke wie Elija, kann ich oft gar keine Bibel lesen.
Es ist wichtig, dass ich trotzdem in die Bibelstunde gehe, auch wenn vieles an mir vorbeigeht und ich mich dem Wort Gottes aussetze. Aber ich kann vieles einfach gar nicht greifen. Ich rate auch ganz strikt davon ab, in solchen Zeiten Bücher wie die Offenbarung oder Ähnliches zu lesen. Das drückt mich nur noch nieder.
Oder es gibt auch so eine bekannte Universallösung in gläubigen Kreisen: „Der muss einfach mehr arbeiten, dann geht es ihm besser.“ Das scheint überhaupt die Universallösung für alles zu sein: „Muss einfach mehr arbeiten, kommt auf andere Gedanken, dann wird es besser.“ Aber die Wahrheit ist: Das stimmt nicht. Das hilft ihm nicht, denn wer in so einem Loch steckt wie Elija, ist gar nicht in der Lage zu arbeiten.
Wenn wir den Text genau gelesen haben, sehen wir, dass er aus seinem Bett unter dem Ginsterstrauch noch nicht mal rauskommt. Wie soll er denn arbeiten? Das ist oft die Realität. Aufzustehen ist das Tagesziel, das erst einmal erreicht werden muss.
Aber Gott ist da. Gott ist da, auch in der Wüste. Was ich aus diesem Text mitnehmen will: Er lässt Elija nicht allein, auch in diesen schweren Stunden. Auch wenn Elija das glaubt – und das darfst du auch wissen – der Herr ist da, auch wenn du ihn im Moment vielleicht nicht fühlst. Er kümmert sich um seinen Propheten, und er kümmert sich auch um dich.
Zunächst redet Gott nicht selbst, sondern er schickt ihm hier einen Boten. Dieser Bote ist ein Engel. Bei uns ist das in der Regel kein Engel, sondern ein ganz normaler Mensch. Und dieser Engel sorgt nicht dafür, dass Elija zehntausend Bibelstunden besucht und richtige Bibelkurse durcharbeitet. Dieser Engel sorgt dafür, dass Elija isst, trinkt und schläft. Denn das macht Elija offensichtlich nicht von sich aus.
Wenn wir diesen Text lesen, sehen wir, dass der Engel ihn zweimal nachdrücklich dazu auffordern muss. Er war so fertig, dass er dazu selbst keinen Elan hatte. „Steh auf und iss!“ – das sagt der Engel ihm immer wieder. Ich finde es so klasse, dass die Bibel uns mit dem Leben von anderen Menschen in so praktischen Fragen weiterhilft.
Natürlich kommt es auf die Tiefe der Depression an. Nicht jeder hängt da wie Elija hier. Aber manchmal kann man nur ermutigen, genau wie der Engel es hier tut: zu essen und zu ruhen. Dann ist es überhaupt nicht der Zeitpunkt, darüber nachzudenken, was die Gründe für deine Erschöpfung sind und was die Konsequenzen sein können. Das kann man dann überhaupt nicht brauchen, wenn jemand so anfällig ist.
Das ist ähnlich wie beim schweren Verkehrsunfall: Wenn jemand schwer verletzt ist, überlegt der Notarzt sich nicht: „Wie kriegen wir das Bein wieder hin? Das ist ein komplizierter Bruch, also das wird schwierig.“ Dann geht es erst einmal darum, den Kreislauf zu stabilisieren, damit der Patient überhaupt überlebt.
Genauso geht es hier in der Situation bei Elija erst einmal darum, dass er auf die Füße kommt. Dann kann er nachdenken über Gründe und Konsequenzen.
Gott hat Elija hier in der Wüste nicht allein gelassen, und er lässt auch uns nicht allein. In der Lebenspraxis sind es oft andere Christen, die Gott uns zur Seite stellt, die einfach da sind. Nicht mit zehntausend klugen Ratschlägen, sondern einfach da sind und sagen: „Du, ich bete für dich. Du, ich trage mit.“ Das kann man vielleicht ein bisschen lernen auch von den Freunden von Elija. Die haben erst einmal gar nichts gesagt. Als sie dann etwas sagten, fing das Problem an. Sie saßen einfach mal da und haben mit Elija – ich habe das mit Hiob verglichen – mitgelitten. Später kam das Gespräch.
Ich glaube, es hilft ganz viel, mit Menschen zu sprechen, die Jesus im Zentrum haben. Und dann gemeinsam zu überlegen: Was muss ich in meinem Alltag verändern?
Elija steht auf unter dem Ginsterstrauch. Er bleibt nicht liegen. Er geht an den Horeb. Das ist ja der Sinai, der Ort, an dem Gott Israel begegnet ist, an dem Gott Israel die Gebote gab.
Ich habe das auch mal auf der Karte nachgemessen: Das sind 300 Kilometer Luftlinie, sagen wir mal 400 Kilometer. Dann ist es teilweise Gebirge, teilweise Wüste. Also komme ich auf eine Tagesleistung von zehn Kilometern pro Tag. Das ist nicht sonderlich viel.
Wenn ich daran denke, dass im Kapitel vorher Elija einen lockeren Sprint hingelegt hat, vor der Kutsche des Ahab herzulaufen bis zur Ebene Israel runter. Elija war körperlich kaputt, aber er ging diesen Weg. Er ist darauf eingegangen, was der Engel ihm gesagt hat.
Das war seine Entscheidung: Jetzt zu sagen, gut, ich gehe zum Horeb. Vielleicht war das für ihn auch erst einmal ein Ziel – vierhundert Kilometer. Wenn du kaum aus deinem Bett kommst und denkst, das packe ich nie! Aber ich glaube, er hat es wahrscheinlich ähnlich erlebt wie auch andere schon, dass Gott ihm Etappe für Etappe weitergeholfen hat. Es ging ihm seelisch vielleicht etwas besser, aber das Körperliche hing ihm noch nach.
Die verschiedenen Stationen in dem Text, um den es heute Morgen geht, lassen sich, das fiel mir auf, auch geografisch relativ gut fassen. Also: Wir waren in Galiläa, und da hat Ahab mit seiner Isebel gesprochen. Elija hat richtig Gas gegeben, dass er aus Galiläa wegkam.
Jetzt sind wir in Beerscheba gewesen und Elija in der Wüste, wo Gott ihn wieder motiviert, aufzustehen und weiterzugehen. Und jetzt sind wir gleich am Horeb in Amsinai.
Das lesen wir jetzt ab Vers 9 bis Vers 14:
„Da ging er in die Höhle und übernachtete dort. Und siehe, das Wort des Herrn geschah zu ihm und er erschien ihm. Er sprach: Stehe auf, geh hinaus und stell dich auf den Berg vor dem Herrn! Und siehe, der Herr ging vorüber. Es kam ein Wind, groß und stark, der die Berge zerriss und die Felsen zerschmetterte vor dem Herrn her. Der Herr aber war nicht im Wind. Nach dem Wind kam ein Erdbeben, der Herr aber war nicht im Erdbeben. Nach dem Erdbeben kam ein Feuer, der Herr aber war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam der Ton eines leisen Wehens.
Als Elija das hörte, verhüllte er sein Gesicht mit seinem Mantel, ging hinaus und stellte sich in den Eingang der Höhle. Da geschah eine Stimme zu ihm: ‚Was tust du hier, Elija?‘
Er antwortete: ‚Ich habe sehr geeifert für den Herrn, den Gott der Heerscharen. Deinen Bund haben die Söhne Israel verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Und ich bin übrig geblieben, ich allein. Und nun trachten sie auch danach, mir das Leben zu nehmen.‘“
Die Begegnung mit Gott am Berg Horeb und die Ermutigung zum Weitermachen
So weit eine sehr interessante Begegnung, die Elija hier hat. Ich habe es überschrieben mit: Bleib nicht liegen, weil der Herr dir neu begegnen will.
Elija kommt an den Berg Horeb und braucht erst einmal Schlaf. Das ist klar nach dieser Wanderung. Dann geschieht das Wort des Herrn zu ihm. Es wird hier nicht beschrieben, wie das passiert ist – ob er eine akustische Stimme gehört hat oder ob er Gedanken in seinem Kopf hatte, bei denen er wusste: Jetzt redet Gott zu mir. Wie auch immer.
Nach dieser seelischen oder körperlichen Erschöpfung beginnt Gott selbst, nicht nur der Engel, sondern Gott selbst, zu Elija zu reden. Ich finde es faszinierend, in Gottes Seelsorge zu stehen. Gott weiß genau, wann er mit ihm sprechen kann. Das hat er nicht unter dem Dornbusch getan, aber jetzt. Jetzt geht es um die Ursachen, und jetzt geht es um die Folgen.
Wenn ich es mal übertrage: Jetzt kann Elija die Bibel wieder gewinnbringend lesen, und jetzt redet die Bibel wieder zu ihm. Es ist möglich, ein Gespräch zu führen und Antworten darauf zu suchen, warum er überhaupt in diese Phase hineingekommen ist. Es sind ja auffallend oft Konflikte, die ich mit Menschen habe oder mit mir selbst, die mich in solche Phasen bringen. Aber ich habe schon gesagt, man kann es nicht genau sagen, warum Elija in dieser Phase ist.
Gott redet mit Elija, um ihm zu helfen. Es ist interessant, wie Gott es macht: Er stellt ihm zweimal exakt dieselbe Frage – Elija, was tust du hier? Was tust du hier? Ich habe versucht, es ein bisschen gehetzt zu lesen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Elija darauf antwortet: Was tue ich hier? Natürlich, so ist die Situation.
Gott antwortet zweimal fast dasselbe. Er beginnt immer mit dem Wort „Gott“ und gibt ihm einen ganz klaren Auftrag. Wenn ich in so einer Phase bin, dann kann ich es nicht gebrauchen, viele Dinge zu hören. Dann geht es um etwas ganz Konkretes. Und das macht Gott: Er sagt ihm hier, was er tun soll.
Ich komme später noch einmal auf die Einwände von Elija zurück. Hier finde ich es sehr beeindruckend, dass der Herr Elija ermutigt, indem er ihn seine Nähe erleben lässt. Ich habe mich an ein Wort aus den Psalmen erinnert, da heißt es: Die auf ihn schauen, die werden strahlen vor Freude.
Deshalb darf ich auch in geistlichen Tiefs beten: Herr, lass mich deine Nähe erleben. Das kann ich nicht einfach so erwarten, dass es sofort passiert. Aber ich darf es beten. Und ich glaube, dass darin die Quelle der Ermutigung liegt, auch wenn es nicht einfach ist, durch diese Zeiten hindurchzugehen.
Wenn sich das hier von vorne gerafft alles so superschön anhört, dann sind es Zeiten, die nicht so einfach durchzustehen sind. Aber wenn ich weiß, der Herr hält mich fest, wenn das eine tiefe innere Gewissheit ist, die der Herr mir wieder neu schenkt, dann macht es meinen Schritt sicher. Das ist wie bei kleinen Kindern: Wenn der Vater oder die Mutter sie festhält, wenn sie laufen lernen, dann macht das ihren Schritt in gewisser Weise sicher.
Als ich las, wie Gott Elija begegnet ist, dachte ich: Moment, das kenne ich doch. Dann habe ich ein paar hundert Jahre zurückgeschlagen in der Bibel, an den Tag, als das Volk Israel dort stand. Da gab es nicht nur einen Mann, da standen Tausende. Und wie war das damals?
Richtig, ich hatte richtig vermutet: Damals offenbarte sich Gott mit Donner und Blitzen. Hier ist es im Wind, aber dieser Wind zerreißt Felsen. Das liest man hier so locker. Stell dir mal vor, du stehst da mittendrin und erlebst, was Elija da erlebt.
Dann lesen wir vom Volk Israel in 2. Mose 19, dass sie beben und Feuer erleben, genau so, wie Elija es hier auch erlebt. Das ist deckungsgleich. Gott lässt also Elija genau das gleiche mächtige Handeln erleben, das damals das Volk Israel erlebt hat, um deutlich zu machen: Elija, ich bin immer noch derselbe. Damals war ich derselbe, als ich zu dem Volk geredet habe, und heute stehst du hier zwar alleine, und trotzdem bin ich derselbe.
Mir persönlich kann dieses Wissen gerade in Tiefphasen sehr, sehr viel Mut machen. Wenn ich in der Bibel oder anderswo lese, wie Gott in das Leben von anderen Menschen eingegriffen hat, mit diesem tiefen Wissen: Herr, so wie du dort eingegriffen hast, so kannst du auch in meinem Leben handeln, auch wenn ich es im Moment nicht erlebe. Ich weiß, du kannst es. Und daran will ich mich festhalten. Ich will Geduld haben.
Das ist schwierig in unserer Gesellschaft, in unserer Expressgesellschaft, Geduld zu haben, wo man alles in 24 Stunden bekommen kann. Gerade wenn ich erschöpft bin, dann ist es wichtig, auch wenn ich mir selbst oder andere mir Druck machen, zu sagen: Herr, ich brauche Zeit.
Vor ein paar Jahrhunderten, vor der Situation, die wir heute Morgen gelesen haben, hat Mose sich in 2. Mose 33 gewünscht: Herr, lass mich deine Herrlichkeit sehen. Das war sein Wunsch. Er wusste: Wenn ich Gottes Größe sehe, dann kann ich mit meiner Schwachheit anders umgehen, auch wenn sie noch da ist.
Gott stellt ihn dann in eine Felshöhle, er hält seine Hand über Mose und sagt: Niemand kann mich sehen und leben. Aber er lässt ihn ein Stück weit diese Herrlichkeit erleben. Hier bei Elija ist es sehr ähnlich.
Wenn man den Text genau liest, dann merkt man, Gott holt ihn zunächst aus der Höhle raus, und nachher finden wir ihn wieder. Er ist freiwillig ganz schnell dorthin zurückgegangen. Als er dann dieses leise Wehen erlebt, merkt er: Ohne etwas zu sehen, ist Gott hier buchstäblich zum Greifen nahe. Und dann hört er sogar wahrscheinlich akustisch eine Stimme: Was tust du hier, Elija?
Es war ein ergreifender Moment, und ich glaube, Elija hat den in seinem Leben nie wieder vergessen. Gott begegnet Elija. Und das macht ihm Mut für seinen Alltag.
Das sind Zeiten, die brauchen wir. Zeiten, die wir nicht machen können. Aber ich muss mir Zeit nehmen, still vor dem Herrn zu stehen. Die muss ich mir nehmen. Die habe ich nicht einfach so. Es gibt immer jede Menge anderer Dinge, die sich da auf meinen Terminkalender setzen.
Ich kann sagen: Herr, das ist Zeit für dich. Und wenn du es gar nicht hinkriegst, trag es in deinen Terminkalender ein. Bei Jesus beobachten wir: Wenn Gott ihn gebraucht hat, dann nahm er sich Zeit, um anschließend mit Gott im Gebet allein zu sein.
In Markus 6 lesen wir, wie die Jünger begeistert von ihrer ersten Missionsreise zurückkommen. Sie sagen: Super, alles super geklappt, voll nach Programm gelaufen. Und Jesus sagt nicht: Super, also einmal hat es geklappt, gleiche Aufstellung, und jetzt geht es weiter.
Wisst ihr, was er ihnen sagt? Ja, freut euch, aber er gibt ihnen auch einen anderen Tipp noch: Genau, ruht ein wenig. Und das, wo sie doch gerade so euphorisch sind, weil er wusste: Ich brauche diese Ruhe vor dem Herrn.
Ich weiß nicht, ob ihr wisst, was eine Sense ist. Damit mäht man Gras. Ich habe das noch in Erinnerung: Als Kind hat mein Vater immer mit so einer Sense hohes Gras gemäht und dann zwischendurch immer Pause gemacht. Das war eigentlich gar nicht seine Mentalität. Die Leute, die mit ihm gearbeitet haben, hatten schon verloren, wenn sie nach Pause gefragt haben, weil er sagte: Pause machen wir, wenn wir fertig sind. Wieso Pause machen?
Aber beim Mähen hat er es immer wieder gemacht, weil er einen Stein dabei hatte und dann seine Sense geschärft hat. Er wusste: Wenn ich das nicht mache, wird die Sense stumpf und das Ergebnis wird schlechter. Die Arbeit wird anstrengender – also beide Seiten verlieren.
Genauso ist es geistlich: Wenn ich immer nur im Hamsterrad laufe, wird das Ergebnis schlechter und die Arbeit anstrengender, weil ich nicht vor dem Herrn stehe. Deshalb brauche ich die Zeit, um durchzuatmen. Und es müssen ja auch nicht Stunden sein.
Ja, kommt das Lächeln der Mütter von drei Kindern usw., wie soll ich das dann einbauen? Wirklich zu sagen: Herr, zeig mir eine Möglichkeit. Und wenn es nur ein paar Minuten sind, es in den Tag mit hineinzunehmen.
Achte auf deine Zeit, dich in einem regelmäßigen Rhythmus immer wieder mit dem Herrn zu treffen. Und wenn es ganz kurz ist, das ist die geistliche Kraftquelle deines geistlichen Lebens.
Mach es zu deinem Gebet: Herr, schenk mir eine Begegnung mit dir. Es geht ja nicht darum, dass ich einen Kalender aufhänge für jeden Besucher und sage: So viel stille Zeit habe ich gemacht. Es geht darum, dass ich eine persönliche Begegnung mit dem Herrn habe.
Das ist nur Mittel zum Zweck und nicht etwas, um geistlich wieder auf die Füße zu kommen.
Gottes Auftrag und die Erkenntnis, dass das Werk nicht allein an uns hängt
Ja, und dann kommt eine interessante Lektion, die lesen wir zum Schluss ab Vers 15 bis Vers 18: Da sprach der Herr zu ihm: Geh, kehre auf deinem Weg durch die Wüste zurück und geh nach Damaskus. Und wenn du dort angekommen bist, dann salbe Hasael zum König über Aram. Und Jehu, den Sohn des Nimshi, sollst du zum König über Israel salben, und Elisa, den Sohn Schaffats von Abelmeholar, sollst du zum Propheten an deiner Stelle salben.
Und es soll geschehen: Wer dem Schwert Hasails entkommt, den wird Jehu töten, und wer dem Schwert Jehus entkommt, den wird Elisa töten. Ich habe siebentausend Israel übriggelassen, alle, die die Knie nicht vor dem Baal gebeugt haben und jeden Mund, der ihn nicht geküsst hat.
Ich habe diesen letzten Abschnitt überschrieben mit dem Satz: „Bleib nicht liegen, weil Gottes Werk nicht allein an dir hängt.“ So denken wir es ja manchmal, weil Gottes Werk nicht allein an uns hängt. Und die Frage muss ich mir ganz ehrlich stellen: Warum bin ich eigentlich so erschöpft? Die Antworten sind ganz verschieden.
Manchmal liegen sie auf der Hand: Da ist einfach Überlastung da – im Haushalt, im Beruf oder wo auch immer. Deswegen bin ich erschöpft. Elias Antwort hier war eine andere, er hat sie in Vers 14 gegeben, und ich habe diesen Vers ja übersprungen. Elias sagt: „Ich habe geeifert für den Gott der Heerscharen.“ Das ist ja sehr löblich.
Israel hatte Gott aus ihrer Gesellschaft verbannt. Er kam einfach nicht mehr vor, und die Propheten wurden umgebracht. Jetzt wollten sie auch Elijah ans Leben. Elijah dachte, er sei der Einzige, der noch treu ist, der einzige, der noch übrig geblieben ist.
Mir fiel das erst nach mehrmaligem Lesen auf, was er da eigentlich sagt. Er sagt: „Ich habe für den Herrn der Heerscharen geeifert.“ Ich habe gedacht, das klingt so, als wenn er sagen würde: Ich habe mich mächtig eingesetzt für den Allmächtigen. Hat der Allmächtige das dann nötig, dass ich mich für ihn einsetze? Hängt seine Existenz von meinem Einsatz ab? Das war der Gedanke, den ich meine, der Elijah hier getrieben hat.
Wisst ihr, manchmal nehmen wir uns viel zu wichtig im Leben und auch im Reich Gottes. Wenn wir irgendwo seelisch aus der Kurve getragen werden, dann muss es auch ohne uns gehen. Aber sonst denken wir: Ohne uns kann es nicht gehen.
Und wir sollen nicht glauben, dass uns das nicht passieren kann, was Elijah hier passiert ist. Je mehr du mit Menschen zu tun hast, je mehr du mit Konflikten zu tun hast, desto gefährdeter bist du. Ich denke, wir müssen es auch mal lernen, zu manchen Dingen einfach Nein zu sagen. Natürlich ernsthaft auch zu prüfen, warum ich Nein sage.
Ich kann natürlich auch aus Bequemlichkeit Nein sagen, aber ich kann auch Nein sagen, weil ich einfach keine Kraft mehr dazu habe. Gott schiebt, das ist wahr, der Faulheit keine Kissen unter. Aber er lässt mich auch nicht wie ein Hamster immer nur in der Runde laufen, bis ich völlig erschöpft bin.
Ich beobachte das, und ich sage das mal selbstkritisch: Im evangelikalen Spektrum denkt man viel zu oft, wir seien noch die Einzigen, die dem Herrn nachfolgen. Alle anderen sind abgefallen. Und dann krempelt man die Ärmel hoch, man muss ja alles selber machen. Man ist ja selber der Einzige noch, der für den Herrn eifert. So hat Elijah gedacht.
Aber ist euch aufgefallen, dass das nicht gestimmt hat? Gott sagt: Ich habe noch siebentausend andere, die den Baal nicht geküsst haben, die ihn nicht verehrt haben. Elijah hätte doch eigentlich wissen müssen, dass Obadja hundert Propheten des Herrn versteckt hat. Also gab es mindestens hunderteins Leute, die dem Herrn treu nachgefolgt sind. Das hat er total vergessen.
Er war nur darin gefangen: Der Herr braucht mich. Das ist ja auch wahr, aber er ist nicht abhängig von mir. Ich glaube, dass wir viel Erschöpfung auch geistlich erleben, indem wir Dinge tun, die nicht unser Auftrag sind. Weil wir meinen, wir hätten vielleicht als Gemeinde die Verantwortung für alle Christen in Stuttgart. Oder: Ohne uns läuft doch gar nichts in der Gemeinde. Wo sind denn die Leute, die sich so einsetzen wie ich? Wir sind doch die Letzten, mit denen der Herr noch was anfangen kann, oder?
Ältere Christen denken oft, dass, wenn wir mal nicht mehr sind, es dann überhaupt noch Gemeinde Jesu geben wird. Ohne uns? Ist das überhaupt vorstellbar? Und es wird dann an einzelnen Punkten festgemacht.
Ich fand es sehr interessant: In meiner stillen Zeit diese Woche las ich Johannes 9. Die Pharisäer hatten ein ganz klares Urteil über Jesus: Dieser Mann kann nicht von Gott sein. Warum nicht? Weil er den Sabbat nicht so hält, wie wir uns das vorstellen. Fertig.
Diese Gesinnung haben wir vielleicht manchmal schneller, als wir denken. Wer nicht im Knien betet, kann nicht von Gott sein. Wer kein Kopftuch aufhat, kann nicht von Gott sein. Und wer aus der Hoffnung für alle predigt, der ist rechtlich, das kann also nicht sein.
Damit ihr mich nicht falsch versteht: Ich finde es wichtig, eigene Überzeugungen zu haben. Ich finde es auch wichtig, dass man als Gemeinde sagt: Das ist die Richtung, die wir gehen wollen, und davon sind wir überzeugt.
Aber wisst ihr, was ich entdecke? Dass Gott auch andere Christen mit anderen Vorstellungen in bestimmten Bereichen genauso gebraucht, vielleicht sogar mehr als uns. Ich rede hier nicht von Irrlehren. Deshalb finde ich es wichtig, für mich persönlich und für uns als Gemeinde wirklich den Blick dafür zu haben, was eigentlich Gottes Auftrag ist.
Wenn ich nicht im Auftrag Gottes bin, dann bin ich sehr schnell erschöpft. Es geht nicht darum, das, was andere machen, zu kopieren. Es gibt viele Möglichkeiten, aber nicht alle Möglichkeiten sind wirklich Auftrag Gottes an uns.
Die Frage ist, wie Horst es, glaube ich, schon in der Einleitung gesagt hat: Herr Jesus, willst du, dass wir das tun sollen? Ist es eine Möglichkeit, die ein Auftrag ist für uns?
Elijah wird jetzt zum Hasael nach Damaskus geschickt. Ich habe auch das wieder nachgemessen: 600 Kilometer ohne GPS, ja, also richtig mit guter alter Karte. Dann wird er zum Jehu geschickt, das war derjenige, den man an seinem Fahrstil erkennen konnte, und dann auch zum Elisa.
Gott hat in jeder Generation Leute. Ist das nicht super? Die Leute, zu denen Elijah hier geschickt wird, wird Gott teilweise erst zehn Jahre später gebrauchen, um diesen Auftrag auszuführen, den Elijah begonnen hat. Elijah kriegt das gar nicht mehr mit, aber es ist auch gar nicht schlimm.
Wichtig ist, dass Gott zu seinem Ziel kommt. Ich muss euch sagen: Als ich die Predigt vorbereitet habe, habe ich gedacht, wenn ich an unseren KJE denke, zum Beispiel, dann macht mir das ganz viel Hoffnung. Da kommt eine Generation, die wirklich Jesus von ganzem Herzen nachfolgen will.
Und doch darf unsere Hoffnung nie an einzelnen Gruppen und Leuten in der Gemeinde hängen, sondern am Herrn, der sagt: Ich baue meine Gemeinde. Also bitte, er macht es. Es ist gut, wenn ich mich einbringe, aber die Gemeinde hängt nicht an mir.
Nimm dich nicht so wichtig. Habt es vor Augen: Gottes Reich geht nicht unter, wenn du nicht mehr da bist. Hier waren siebentausend. Ich glaube, in Württemberg gibt es mehr als siebentausend, die der Herr übriggelassen hat, die ihm treu nachfolgen, auch wenn sie in manchen Punkten ganz anders denken als du.
Gottes Reich wird nicht nur in einer Generation gebaut.
Vertrauen in Gottes souveräne Führung und Ermutigung zum Aufstehen
Und zum Schluss möchte ich euch einen Satz vorlesen, eine Illustration, die ich sehr treffend fand – gerade im Zusammenhang mit Elija, der meint, es geht nicht ohne ihn.
Diese Illustration stammt von Volker Gekle. Er bezieht sich dabei auf den Augsburger Reichstag 1530. Wer die Geschichte kennt, weiß, dass das ein ganz kritischer Moment war. Es stand sehr schlecht um die evangelische Sache. Philipp Melanchthon konnte schon nicht mehr schlafen, weil er dachte, das war's, jetzt geht die evangelische Sache unter. Er war völlig resigniert.
Dann schreibt Luther ihm einen Brief. Einen Ausschnitt daraus lese ich euch mal ganz langsam vor, weil ich ihn wirklich bedeutsam fand. Das ist so typisch Luther:
„Der unser Vater geworden ist, wird auch unser Kindervater sein.“ Ja, also: Der unser Vater geworden ist, wird auch unser Kindervater sein.
Ich bete wahrlich mit Fleiß für dich, und es tut mir weh, dass du, unverbesserlicher Sorgenblutegel, meine Gebete so vergeblich machst.
Mächtig ist Gott, die Toten zu erwecken, mächtig ist er auch, seine Sache, wenn sie gleich fällt, zu erhalten und, wenn sie gefallen ist – also wenn es schlecht ausgeht auf dem Reichstag oder dann später –, wieder aufzurichten und, wenn sie steht, fortzuführen.
Ich fand es sehr treffend, wie er das ausgedrückt hat. Er sagt: Darin ruhe ich einfach. Gott steht über allem und führt sein Reich weiter – ob ich nun da bin oder nicht.
Dieses Vertrauen in Gottes Kraft wünsche ich uns auch. Das ist die Grundlage, um nicht liegen zu bleiben, um nicht auf dem Stein der Gefallenen liegenzubleiben und nicht wieder niedergeschrieben zu werden.
Hinfallen wirst du immer wieder mal. Aber wichtig ist: Steh auf, bleib nicht liegen, wenn die Säbelsboten dich von den Beinen holen. Denn der Herr ist auch in der Wüste da, weil er dir neu begegnen will. Und weil Gottes Werk nicht allein an dir hängt.
Amen.
Ich möchte zum Schluss noch beten:
Herr, das hat mir ganz viel Mut gemacht, dass dein Reich nicht an uns hängt, dass du souverän über allem stehst. Und dass Martin Luther es hier wirklich sehr treffend ausgedrückt hat: Dass wir manchmal solche Sorgenblutegel sind, die sich um alles Gedanken machen und meinen, dass du deine Gemeinde nicht mehr bauen würdest, wenn wir nicht mehr da sind.
Herr Jesus, danke, dass du viel weiter blickst, dass du auch hier bei Elia Menschen rufst, die dir treu nachfolgen. Danke, Herr, dass deine Gemeinde nicht untergeht.
Ich möchte dich auch bitten, dass du uns hilfst, denn wir selbst stehen in solchen Situationen wie Elia: Neu auf dich zu schauen, mit dir zu rechnen und wirklich auch dir zu vertrauen, dass du da bist und uns weiterführst.
Hilf uns auch, wirklich Konsequenzen ziehen zu können und mit dir weiterzugehen.
Amen.