Einführung in das Buch des Predigers
Heute Nachmittag wollen wir uns mit dem Buch des Predigers beschäftigen. Ich beginne, indem ich die ersten Verse aus Kapitel 1 lese:
Worte des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs in Jerusalem:
Eitelkeit der Eitelkeiten, spricht der Prediger, Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist Eitelkeit.
Welchen Gewinn hat der Mensch bei all seiner Mühe, womit er sich abmüht unter der Sonne?
Ein Geschlecht geht und ein Geschlecht kommt, aber die Erde besteht ewiglich. Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, und sie eilt zu dem Ort, wo sie aufgeht.
Der Wind geht nach Süden und wendet sich nach Norden, sich wendend und wendend geht er, und zu seinen Wendungen kehrt der Wind zurück.
Alle Flüsse fließen in das Meer, und das Meer wird nicht voll. An dem Ort, wohin die Flüsse fließen, dorthin gehen sie immer wieder.
Alle Dinge mühen sich ab, doch niemand vermag es auszusprechen. Das Auge wird des Sehens nicht satt, und das Ohr nicht voll vom Hören.
Das, was gewesen ist, das wird sein, und das, was geschehen ist, das wird geschehen. Und es ist gar nichts Neues unter der Sonne.
Gibt es ein Ding, von dem man sagt: „Siehe, das ist neu“? Längst ist es gewesen in den Zeitaltern, die vor uns gewesen sind.
Da ist kein Andenken an die Früheren und für die Nachfolgenden, die sein werden. Für sie wird es auch kein Andenken bei denen geben, welche später sein werden.
Ich, Prediger, war König über Israel in Jerusalem. Ich richtete mein Herz darauf, alles mit Weisheit zu erforschen und zu erkunden, was unter dem Himmel geschieht – ein übles Geschäft, das Gott den Menschenkindern gegeben hat, sich damit abzuplagen.
Ich habe alle die Taten gesehen, welche unter der Sonne geschehen, und siehe, alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind.
Das Krumme kann nicht gerade werden, und das Fehlende kann nicht gezählt werden.
Ich sprach in meinem Herzen und sagte: „Siehe, ich habe Weisheit vergrößert und vermehrt über alle hinaus, die vor mir über Jerusalem waren.
Mein Herz hat Fülle von Weisheit und Erkenntnis gesehen.“
Und ich habe mein Herz darauf gerichtet, Weisheit zu erkennen und Unsinn und Torheit zu erkennen.
Ich habe erkannt, dass auch das ein Haschen nach Wind ist, denn bei viel Weisheit ist viel Verdruss, und wie Erkenntnis mehrt, mehrt Kummer.
Salomos Abkehr und Umkehr
Zunächst einmal bis dahin: Das Buch des Predigers kann man wie folgt zusammenfassen. Am Ende seines Lebens wandte sich Salomo vom alleinwahren Gott ab. Dies wird beschrieben in 1. Könige 11,1-8. Die vielen Frauen, die Salomo geheiratet hatte, wurden dem weisen König zum Verhängnis. Er begann, falsche Götter der umliegenden Völker zu verehren.
Er wandte sich also ab und suchte Befriedigung sowie Sinnerfüllung in allen möglichen und unmöglichen Dingen des Lebens. Durch Gottes Gnade und Zucht durfte er am Ende seines Lebens offensichtlich noch einmal eine Umkehr erleben.
Lesen wir dazu 2. Samuel 7. Gott hatte zu seinem Vater David gesprochen, Verse 14 und 15. Gott spricht über die Nachkommenschaft Davids, über seinen Sohn: „Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein, so dass, wenn er verkehrt handelt, ich ihn züchtigen werde mit einer Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder. Aber meine Güte soll nicht von ihm weichen, wie ich sie von Saul weichen ließ, den ich vor dir weggetan habe. Und dein Haus und dein Königtum sollen vor dir beständig sein auf ewig, dein Thron soll fest sein auf ewig.“
Hier wird die Möglichkeit des Abweichens in der Familie Davids angesprochen. Es wird deutlich gemacht, dass Gott den Sohn Davids züchtigen wird, wenn er abweicht – und zwar indem Gott Menschen gebraucht. Das ist gemeint mit Menschenrute und mit Schlägen der Menschenkinder.
Gott verheißt aber, dass seine Güte nicht von ihm weichen soll. Im Fall von Saul, einem Mann, der nie eine wirkliche Bekehrung erlebt hatte, sieht man das in den Büchern Samuel, insbesondere in 1. Samuel. Wenn Saul über Gott spricht, sagt er gegenüber Samuel immer „dein Gott, dein Gott“. Er hatte keine persönliche Beziehung zu Gott, und Gott hat sich schließlich von Saul abgewandt.
Im Blick auf den Sohn Davids wird jedoch gesagt: Ich werde meine Güte nicht von ihm weichen lassen, aber er soll unter die Zucht Gottes kommen. Das ist ein Hinweis darauf, dass es bei einem Abweichen bei Davids Sohn und Thronfolger Gottes Wiederherstellung geben sollte.
Also durfte Salomo durch Gottes Gnade und Zucht am Ende seines Lebens offensichtlich noch einmal eine Umkehr erleben.
Es ist vielleicht noch interessant darauf hinzuweisen, dass der Abweichen Salomos am Ende seines Lebens in 1. Könige 11 beschrieben wird – man beachte die Fußnote eins auf dem Blatt. In 2. Chronik 9, der Parallelstelle, wird der Abfall Salomos überhaupt nicht erwähnt. Das hat seine guten Gründe: Die Bücher der Könige betonen mehr die Verantwortung des Menschen, während die Bücher der Chronik den Akzent stärker auf Gottes Gnade legen.
Das kommt zum Beispiel hier zum Ausdruck, indem im Buch der Könige der Abfall erwähnt wird, während im Buch der Chronik dieser sogar weggelassen wird – gewissermaßen ausgelöscht durch die Vergebung Gottes.
Ziel und Botschaft des Buches Prediger
Das Buch des Predigers ist ein Rechenschaftsbericht, den Salomo verfasst hat, um das Volk vor der Sinnlosigkeit eines Lebens ohne Gott zu warnen.
Wir lesen aus Kapitel zwölf, Vers neun, aber ich beginne bereits einen Vers früher: "Eitelkeit der Eitelkeiten, spricht der Prediger, alles ist Eitelkeit." Überdies wird betont, dass der Prediger weise war. Er lehrte das Volk Erkenntnis, erwog und forschte, verfasste viele Sprüche. Der Prediger suchte angenehme Worte zu finden, und das Geschriebene sind richtige Worte der Wahrheit.
Hier wird also klar gesagt, dass der Prediger dem Volk Erkenntnis gewährt hatte. Welche Erkenntnis? Dieser Rechenschaftsbericht sollte das Volk vor der Sinnlosigkeit eines Lebens ohne Gott warnen. Der reiche König, der sprichwörtlich reiche König, hatte alles ausprobiert, was ihm Erfüllung bringen sollte. Doch ohne Gott war alles hohl und leer.
Das ist die Bedeutung von Prediger 1,2: "Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist Eitelkeit." Das Wort "Eitel" hat im Hebräischen den Sinn von Hauchnichtigkeit, also es bedeutet höchste Hohlheit, höchste Sinnlosigkeit. Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist Eitelkeit. Das Leben ohne Gott ist hohl und leer.
Ohne Gott sind alle irdischen Genüsse und Bemühungen letztlich sinnlos. Darum die Frage in Prediger 1,3: "Welchen Gewinn hat der Mensch bei all seiner Mühe, womit er sich abmüht unter der Sonne?" Was kommt eigentlich dabei heraus, wenn man sich siebzig, achtzig Jahre abmüht?
Letztlich alles sinnlos, sagt der Prediger, ohne Gott. Die Lehre dieses Buches ist diese: Niemand soll Solomos schmerzhafte Irrwege nochmals gehen. Wir sollen aus Solomos Erfahrungen lernen.
Es ist so: Man kann durch eigene Erfahrung lernen, aber auch durch Zuhören. Unsere Kinder können immer beides wählen: Die einen wählen den Weg der Schmerzen, die anderen den Weg des Gehorsams. Diese beiden Möglichkeiten gibt es.
Gott möchte jedoch nicht, dass wir den Weg der Schmerzen und der Irrungen gehen. Darum warnt uns das Buch des Predigers, die Dummheiten des weisen Königs Salomo nicht zu wiederholen. Hier zeigt sich: Alter schützt nicht vor Torheit, und auch Weisheit schützt nicht vor Torheit.
Das Endziel des Predigers besteht darin, uns tiefe Gottesfurcht und Gehorsam gegenüber der Heiligen Schrift zu lehren. Das drücken die beiden letzten Verse aus: Prediger 12,13.
"Daher das Endergebnis von allem: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das ist der ganze Mensch."
„Dann ist er wirklich Mensch“, bedeutet dies, denn Gott wird jedes Werk, sei es gut oder böse, im Gericht über alles Verborgene bringen.
Diese zwei Schlussverse sind ganz entscheidend, um das Buch Prediger zu verstehen. Es ist kein Buch, das Skepsis, Zweifel, Verzweiflung oder Sinnlosigkeit lehrt, sondern es zeigt den Ausweg aus den Zweifeln und der Sinnlosigkeit. Das haben viele übersehen.
Missverständnisse und geistliche Erkenntnis
Man sagt, dass Voltaire, der große Spötter und aufklärische Philosoph aus Frankreich, sich auf dieses Buch berufen habe, um seine gottlosen Zweifel zu begründen.
Offensichtlich hat aber auch eine so kluge Persönlichkeit das Buch nicht wirklich verstanden. Er hat das Endergebnis, also den eigentlichen Zweck des Buches, offenbar nicht beachtet. Das ist interessant und zugleich eine Bestätigung von 1. Korinther 2,14. Dort heißt es, dass der natürliche Mensch, also der nicht erneuerte Mensch, Gottes Wort gar nicht richtig verstehen kann.
Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit. Er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird. Der geistliche Mensch hingegen wird durch Gottes Geist geleitet. Er beurteilt alles, wird selbst aber von niemandem beurteilt.
Deshalb haben manche große Denker dieses Buch nicht verstanden – nicht, weil ihnen der Intellekt gefehlt hätte, sondern weil sie nichts vom Geist Gottes angenommen haben.
Übrigens hat derselbe Voltaire damals im ersten aufklärerischen Stolz erklärt, dass nun alle Religion überwunden sei und bald die Bibel gar nicht mehr erhältlich sein werde. Später jedoch richtete sich eine Bibelgesellschaft in seinem Haus ein. Das nur am Rande zu Voltaire.
Wer Gott fürchtet und seinem Wort gehorcht, der fürchtet Gott und hält seine Gebote. Wer Gott fürchtet und seine Gebote befolgt, kann mit wahrer Freude und voller Dankbarkeit gegenüber seinem Schöpfer die guten, aber vergänglichen Gaben maßvoll genießen.
Freude und Lebensgenuss im Buch Prediger
Es ist sehr erstaunlich: Manche haben gesagt, das Buch sei völlig pessimistisch und von Gedanken der Sinnlosigkeit erfüllt. Ja, das kommt vor, zum Beispiel der Ausdruck „Eitelkeit der Eitelkeiten“. Doch das Buch ist auch voll von Versen, die über Freude sprechen.
Schauen wir uns Kapitel 8 und Kapitel 9 an, insbesondere Vers 9. Ich lese schon Vers 7: „Geh, iss dein Brot mit Freude und trinke deinen Wein mit frohem Herzen, denn längst hat Gott Wohlgefallen an deinem Tun.“ Hier spricht er zu einem Menschen, der gottwohlgefällig lebt. Übrigens trinkt er den Wein mit frohem Herzen nicht, weil der Wein das frohe Herz macht, sondern es ist wichtig, dass Gott längst Wohlgefallen an deinem Tun hat.
Weiter heißt es: „Denn die Kleider seien weiß zu aller Zeit und das Ölmangel nicht auf deinem Haupt.“ Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst, alle Tage deines eitlen Lebens, das dir unter der Sonne gegeben ist, alle deine eitlen Tage hindurch. Denn das ist dein Teil am Leben und an deiner Mühe, womit du dich abmühst unter der Sonne.
Hier wird also gar nicht pessimistisch gesprochen. Vielmehr heißt es: Genieße das Leben mit deiner Frau. Dabei ist nicht ein maßloses Genießen gemeint, sondern die Dinge, die Gott als Schöpfer uns gibt, dankbar aus seiner Hand zu nehmen.
Das ist die Lehre in diesem Buch, die wir noch deutlicher finden werden: Tiefe Gottesfurcht und Gehorsam gegenüber der Heiligen Schrift bringen uns dazu, dass wir voll Dankbarkeit dem Schöpfer gegenüber die guten, aber vergänglichen Gaben mit wahrer Freude maßvoll genießen können.
Meine Frau sagte immer wieder: Wie kann man sich das vorstellen, dass wir einmal nicht mehr verheiratet sein sollten? Aber die Heirat ist für dieses eitle, das heißt vergängliche Leben bestimmt, nicht für die Ewigkeit. Denn mit dem Tod wird die Ehe beendet.
Was auch noch interessant ist: Der Mann, der tausend Frauen hatte, sagt hier „Genieße das Leben mit der Frau“, nicht „mit den Frauen“, die du liebst. Mit der Frau wusste er, was nach Gottes Schöpfungsplan das Wahre ist.
Gottes Verständnis für den entfremdeten Menschen
Mit dem Buch Prediger zeigt uns Gott, dass er das Denken und Sinnen des von ihm entfremdeten Menschen versteht. Es ist ein Ausdruck seiner tiefen Herablassung, dass er uns dieses Buch in der Bibel gegeben hat. Darin beschäftigt er sich sehr detailliert mit dem Denken des von Gott entfremdeten Menschen.
Damit will Gott deutlich machen, dass er unsere Gedanken kennt und versteht, wie sie funktionieren. Gleichzeitig möchte er uns den Ausweg aus diesem Denken aufzeigen.
Dies wäre eine Zusammenfassung des Buches.
Autorenschaft des Buches Prediger
Nun schauen wir genauer an, wer der Autor dieses Buches ist. Eingangs haben wir Kapitel 1 gelesen, und dort finden wir nirgends den Namen Salomo. In Vers 1 heißt es lediglich: „Worte des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs in Jerusalem.“ In Vers 12 steht: „Ich, der Prediger, war König über Israel in Jerusalem.“
Diese Tatsache wurde von Kritikern aufgegriffen, um zu behaupten, dass nicht Salomo dieses Buch geschrieben hat, sondern jemand anderes. Henri Rossier, der einige Kommentare zur Bibel auf Französisch verfasst hat, schrieb vor Jahrzehnten auch einen Kommentar zum Prediger. Am Anfang sagt er, Salomo sei der Autor dieses Buches. Doch Menschen, die alles in Frage stellen – außer ihrem eigenen Denken – haben auch dies bezweifelt.
Die Bibel bezeugt jedoch klar: Dieser Sohn Davids, der aus der Königslinie Davids stammt, war tatsächlich ein Sohn Davids. In 2. Samuel 12,24 sehen wir, dass Salomo diese Bedingung erfüllte; er war ein Sohn Davids. Weiterhin war er König in Jerusalem, wie in 1. Könige 1,42 deutlich wird. Salomo regierte in Jerusalem.
Natürlich gab es auch andere, die Söhne Davids waren und in Jerusalem regierten. Aber weitere Punkte sprechen für Salomo als Autor: Er war König über Israel, wie es in Prediger 1,12 heißt, und das entspricht 1. Könige 1,34. Außerdem war er weiser als alle, die vor ihm über Jerusalem herrschten (Prediger 1,16). Dies entspricht 1. Könige 3,12, wo die außergewöhnliche Weisheit Salomos beschrieben wird, die ihresgleichen suchte.
Daher kann es nicht jemand anders aus seiner Linie gewesen sein, der später schrieb. Denn dieser müsste ja weiser gewesen sein als Salomo. Es stellt sich jedoch die Frage: Wenn er sagt, „Ich war weiser als alle, die vor mir über Jerusalem waren“, wer war denn vor ihm König in Jerusalem? Saul hat nicht in Jerusalem regiert, nur David.
Aber es haben doch viele Könige in Jerusalem regiert, und zwar mindestens bis zurück zur Zeit Abrahams, als wir den König Melchisedek als König von Salem – ich möchte sagen Jerusalem – finden. Er sagt also nicht „weiser als alle israelitischen Könige in Jerusalem“, sondern „weiser als alle, die als Könige in Jerusalem früher geherrscht haben“. Damit meint er auch die kanaanitischen Könige, die dort mindestens etwa tausend Jahre regiert hatten.
Ein weiterer Punkt: In Prediger 2,4-6 beschreibt sich der Prediger als großer Bauherr. Dies entspricht 1. Könige 9,15, wo Salomo als großer Bauherr dargestellt wird, der an verschiedenen Orten architektonisch Großes geleistet hat.
Ferner sagt Prediger 2,8: „Ich sammelte mir auch Silber und Gold und Reichtum der Könige und Landschaften. Ich schaffte mir Sänger und Sängerinnen und die Wollust der Menschen.“ Leider fehlt hier ein Punkt zwischen „Menschen“ und „Frau“. Es müsste heißen: „... und die Wollust der Menschen. Frau und Frauen.“ Das entspricht seiner völlig verdrehten Vielweiberei.
In 1. Könige 11,3 heißt es, Salomo hatte sieben Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen. Vielleicht noch eine Erklärung: Nebenfrauen bedeutet nicht, dass sie nicht verheiratet waren. Es handelte sich nicht um Konkubinen, sondern um einen erbrechtlichen Begriff. Eine Nebenfrau war eine richtig verheiratete Frau mit einem Ehebund, aber sie hatte kein Anrecht auf ein Erbe. Im Ehevertrag war sie gewissermaßen vom Erbe ausgeschlossen.
Weiterhin lesen wir in Prediger 12,9, dass der Prediger ein großer Sprüchedichter war. Dies entspricht 1. Könige 4,32, wo erklärt wird, dass Salomo einige Tausend Sprüche verfasst hat. Er ist auch der Verfasser eines großen Teils des biblischen Sprüchebuches (vgl. Sprüche 1,1).
Es gibt keinen anderen Menschen, auf den diese Angaben zutreffen würden, außer Salomo. Aber warum erwähnt er seinen Namen nicht? Im Sprüchebuch tut er das wiederholt, ebenso im Hohen Lied, aber nicht im Prediger.
Eine Antwort finden wir in der Bedeutung des Namens Salomo, der „der Mann des Friedens“ bedeutet. Im Prediger beschreibt er jedoch eine friedlose Zeit ohne Gemeinschaft mit Gott. Deshalb ist es passend, dass er seinen Eigennamen gar nicht mit hineinnimmt.
Sprachliche und historische Besonderheiten
Von bibelkritischer Seite beziehungsweise noch kurz zuvor wurde das Buch des Predigers auch in der jüdischen rabbinischen Tradition im babylonischen Talmud, Megillah 7a und Schabbat 30, ganz klar Salomo zugeschrieben.
Allerdings wurde dies von bibelkritischer Seite bestritten. Unter anderem wurde behauptet, dass das Hebräisch im Buch Prediger mehr dem Mischna-Hebräisch des Talmuds um circa 200 nach Christus gleiche als dem biblischen Hebräisch. Demzufolge stamme das Buch aus einer sehr späten Zeit.
Es ist tatsächlich so, und das weiß man schon lange, dass das Hebräisch in diesem Buch anders ist, als man es sonst im Alten Testament gewohnt ist. Wer Modernhebräisch kann, dem sei gesagt: Oft ist das Relativpronomen „der, welcher“ im Prediger „Sche“ und nicht das gewohnte „Ascher“. Es gibt viele Eigenheiten im Hebräisch des Predigers. Das „Sche“ zum Beispiel ist üblich im rabbinischen Hebräisch und eher selten im Alten Testament.
Deshalb wurde gesagt, das sei ein spätes rabbinisches oder Mischna-Hebräisch und könne unmöglich von Salomo stammen. Doch man sieht, wie relativ wissenschaftliche Ansichten sein können. Es lohnt sich, Wissenschaft auf der Basis der Bibel zu betreiben, bei der die Bibel und der Glaube an Gottes Wort die Ausgangslage sind. Dann können viele Fehler von vornherein ausgeschlossen und gleich in die richtige Richtung weitergearbeitet werden.
Das Hebräisch wurde weiter untersucht, und mit der Zeit hat man immer mehr außerbiblisches Hebräisch durch Inschriften oder verwandte Dialekte kennengelernt. So konnte man das Argument widerlegen, indem gezeigt wurde, dass die sprachlichen Besonderheiten des Predigers als Dialekt mit phönizisch-kanaanäischem Einschlag erklärt werden sollten.
Wenn man es genau untersucht, sind die Parallelen zum Mischna-Hebräisch nur oberflächlich. Vielmehr kann man diese Eigenheiten und noch viele weitere mit einem alten phönizischen Einschlag erklären. Allgemein gilt: Das Hebräisch des Predigers ist absolut einzigartig und ohne Parallele in der gesamten hebräischen Literatur.
Es ähnelt weder dem späten Hebräisch noch dem Hebräisch von Mose in früherer Zeit. Es ist ein Hebräisch, das wir sonst nirgendwo gefunden haben. Auch die hebräische Gattung des Predigers ist einzigartig. Man könnte es als philosophisches Essay bezeichnen, was in der hebräischen Literatur ohne Parallele ist.
Die Sprache ist so einzigartig wie der Inhalt des Buches. Das erklärt die Besonderheit. Es gibt verschiedene Sprachstile, was ich an einem anderen Gebiet kurz illustrieren möchte: Wenn man das Radio einschaltet, hört man sofort am Sprachklang, ohne genau zu verstehen, was gesagt wird, ob es sich um eine Sportsendung handelt. Die Sprecher klingen anders als zum Beispiel in einer Sendung mit neuen Hits, die viel „cooler“ sprechen. Auch die Nachrichten haben eine ganz andere Sprache.
Je nach Gattung gibt es also verschiedene Sprachstile. So ist es auch in der Literatur: Je nach Gattung schreibt man anders. In der Bibel haben die Gesetzestexte von Mose einen anderen Klang als zum Beispiel die Erzählung im Buch Esther. Das hängt mit der literarischen Gattung zusammen und dem, was im Text ausgedrückt wird.
Die Sprache des Predigers ist also, wie gesagt, nicht Mischna-Hebräisch und auch nicht spätes Bibelhebräisch. Sie gleicht nicht dem Hebräisch in den Büchern Chronika, Haggai, Zachari und Malachi, den letzten Propheten bis etwa 400 v. Chr.
Wie will man das Buch aufgrund der Sprache datieren? Das ist schwierig. Aber was wir sagen können: Salomo pflegte einen intensiven Kontakt mit Phönizien. In 1. Könige 5,1 lesen wir, dass Phönizien das kanaanäische Land nördlich von Israel ist, im heutigen Libanon mit der Stadt Tyrus als Hauptstadt.
1. Könige 5,1 berichtet: „Hiram, der König von Tyrus, sandte seine Knechte zu Salomo, denn er hatte gehört, dass man ihn zum König gesandt hatte an seines Vaters Stadt, denn Hiram war alle Zeit ein Freund Davids gewesen.“ Salomo sandte zu Hiram und ließ ihm sagen, dass sein Vater David wegen der Kriege nicht imstande gewesen sei, dem Namen des Herrn, seines Gottes, ein Haus zu bauen.
Daraufhin engagierte Salomo den König von Tyrus als Materialgeber für den Tempelbau in Jerusalem. Sogar Künstler und Handwerker aus Tyrus wurden herbeigerufen, um mitzuhelfen. So bestand in der Zeit Salomos eine sehr enge Beziehung zu Phönizien.
Diese Beziehung ging sogar so weit, dass in 1. Könige 9,11 Salomo dem Hiram zwanzig Städte im Land Galiläa gab. Hiram fand diese Städte allerdings nicht so großartig, aber er hatte tatsächlich Städte in Israel von Salomo erhalten. Das zeigt, dass es einen sehr engen und damit auch sprachlichen Kontakt zu Phönizien gab.
Es ist wichtig zu erklären, dass Hebräisch ein Dialekt aus der größeren Sprachgemeinschaft ist, die man das Kanaanäische nennt. Hebräisch war ein kanaanäischer Dialekt, ebenso wie Phönizisch. Im Prediger merkt man also eine besondere Beziehung zwischen dem Hebräischen und dem phönizischen Dialekt.
Wer Hebräisch kann, kann auch phönizische Inschriften lesen, allerdings muss man die Besonderheiten kennen. Das passt wunderbar zur biblischen Aussage, dass Salomo der Autor des Buches Prediger ist.
Funde in Qumran und Entstehungszeit
In Qumran wurden zwei Handschriften des Predigers gefunden. Die erste trägt die Bezeichnung 4Q Kohelet A, die zweite 4Q Kohelet B. Kohelet ist das hebräische Wort für Prediger. Die Abkürzung 4Q steht für die vierte Höhle der elf Qumran-Höhlen. Solche Kürzel werden verwendet, um die Handschriften zu kennzeichnen.
Die Handschrift 4Q Kohelet A wurde auf die Zeit von 175 bis 150 vor Christus datiert. Erhalten sind Teile aus den Kapiteln 5, 6 und 7. Die zweite Handschrift, 4Q Kohelet B, datiert man auf etwa 50 vor Christus oder etwas später. Von ihr sind Teile aus Kapitel 1 erhalten.
Mit diesen Funden ist die liberaltheologische Annahme zur Entstehungszeit des Predigers, die auf 170 bis 160 vor Christus datiert wurde, widerlegt. Der bekannte Alttestamentler und liberale Theologe R. H. Pfeiffer (1892–1958) hatte den Prediger aufgrund sprachlicher und inhaltlicher Kriterien auf diese Zeit datiert.
Wenn nun eine Handschrift durch einen eher zufälligen Fund aus einer Höhle in der jüdischen Wüste vorliegt, die auf 175 bis 150 vor Christus datiert wird, muss man das Original noch weiter zurück ansetzen. Es ist auch nicht anzunehmen, dass es sich bei diesem Fund um die erste Abschrift handelt. Dieser Fund legt nahe, den Prediger insgesamt früher zu datieren.
Dieses Beispiel zeigt, wie in der liberalen Theologie häufig unter kritischen Vorzeichen Thesen als wissenschaftlich dargestellt wurden, die später überholt wurden. Heute kann das niemand mehr akzeptieren. Für eine gewisse Zeit galt dies jedoch als der erhabene Stand der liberaltheologischen Wissenschaft.
Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich nicht auf solche Meinungen zu stützen oder ihnen zu folgen. Wenn man kritische Aussagen gegen die Bibel hört, kann man abwarten, denn oft klärt sich vieles erst nach einigen Jahren. Besonders die Funde aus der vierten Höhle wurden erst viele Jahre später veröffentlicht, da es sich um sehr viele kleine Fragmente handelte – Zehntausende.
Pfeiffer konnte diese Auswertung bis zu seinem Tod im Jahr 1958 offensichtlich nicht mehr berücksichtigen. Er verfehlte damit das Ergebnis. Dieses Beispiel soll zeigen, dass die liberale Theologie keine verlässliche Basis für unseren Glauben sein kann.
Wäre man wie in früheren Zeiten einfach den Aussagen der Bibel gefolgt, wäre man richtig gelegen und hätte das Buch Salomo zugeschrieben, der von 971 bis 931 vor Christus regierte. Das Buch Prediger entstand im Alter Salomos, sodass wir es etwa in die Dreißigerjahre des zehnten Jahrhunderts vor Christus datieren können. Das ist eine beeindruckende Erkenntnis.
Salomos Weisheit und europäisches Erbe
Aus welchem Grund ist Europa kulturell so stolz? Ja, auf Europas Erbe – das intellektuelle Erbe aus Griechenland, die großen Philosophen wie Platon, Aristoteles, Sokrates und so weiter.
Viele Gedanken, die man Jahrhunderte später in Griechenland findet, sind jedoch bereits im zehnten Jahrhundert vor Christus im Buch Salomos Prediger zu entdecken. Und dieser sagt, dass all das nichts gebracht hat. Das ist natürlich frustrierend, nicht wahr? Für stolze europäische Akademiker ist es schwer zu hören, dass es ein Jude war, der all diese Gedanken schon früher durchdacht hat und sie dann als totalen Unsinn bezeichnet hat.
Die spätere Datierung des Predigers hängt damit zusammen, dass man das Buch als Werk unter dem Einfluss der griechischen Philosophie betrachten möchte. Das war es jedoch nicht. Vielmehr hat der Prediger dieses Denken längst vorweggenommen und es zugleich verworfen.
Denn seine Schlussfolgerung lautet: Fürchte Gott und halte seine Gebote. Die wahre Weisheit findest du nur im geschriebenen Wort Gottes in der Bibel.
Bedeutung des Wortes Kohelet und zentrale Begriffe
Nun kommen wir zu einigen Besonderheiten im Buch Prediger. Das Wort, das mit „Prediger“ übersetzt wird, lautet auf Hebräisch Kohelet, wie schon gesagt. Oft liest man in Kommentaren, dass es ein ganz schwieriges Wort ist und man nicht so genau weiß, wie man es übersetzen soll. Ich halte nicht viel davon, denn Kohelet kommt einfach von Kahal, was auf Hebräisch „Versammlung“ bedeutet. So heißt der Kohelet jemand, der eine Versammlung einberuft und zu ihr spricht.
Dieses Wort Kohelet kommt siebenmal im Buch vor. Ich habe hier auf dem Blatt alle Stellen angegeben. Von der Form her ist Kohelet eigentlich ein Partizip Femininum. „Ich versammle“ würde bedeuten Anikohel, und wenn ich eine Frau wäre, würde ich sagen Anikohelet. Komisch? Nein, gar nicht, denn das Partizip Femininum wird im Hebräischen manchmal gebraucht, speziell für Beamtentitel. Das macht deutlich, dass Kohelet gewissermaßen ein Amt ausdrückt.
Der Kohelet hat diese Aufgabe, diesen Status, um das Volk einzuberufen, zu ihm zu sprechen und ihm diese Botschaft zu geben, wie wir in Prediger 12 gelesen haben: „Über dem, was der Prediger wusste, lehrte er noch das Volk Erkenntnis.“ Das Wort kommt also nur im Buch Prediger im Alten Testament vor.
Nun zu ein paar typischen Wörtern dieses Buchs: Eitelkeit, das habe ich schon angesprochen. Hebräisch Hevel heißt „Hauch“, „Nichtigkeit“. Achtunddreißigmal kommt es in diesem Buch vor. Es ist übrigens dasselbe Wort wie Abel, der Name Abel in 1. Mose 4,2. Auf Hebräisch spricht man das aus wie Hävel. Warum haben Adam und Eva ihren zweiten Sohn Hävel genannt? Dem ersten Sohn haben sie einen viel schöneren Namen gegeben.
Eva sagt: „Ich habe einen Mann gewonnen mit der Hilfe des Herrn.“ Und dieses „Gewinnen“ im Hebräischen ist die Wurzel, die man im Wort Kain findet. Kain bedeutet „erworbener Gewinn“. Sie dachte: „Oh, jetzt ein Nachkomme.“ Gott hatte ja gesagt in 1. Mose 3: Der Same, der Nachkomme der Frau, wird der Schlange den Kopf zertreten. Adam hat dieser Verheißung geglaubt, und nachher nannte er seine Frau Chava, auf Deutsch Eva, was „Leben“ heißt.
Er hätte sie doch besser Mawet genannt, „Tod“. Gott hatte ihr verheißen: „An dem Tage, an dem du von diesem Baum isst, wirst du sterben.“ Aber Gott zeigte den Ausweg durch den kommenden Erlöser, der von Eva abstammen sollte. Der sollte der Schlange den Kopf zertreten und letztendlich Leben bringen. So hat Adam im Glauben an die messianische Verheißung seiner Frau, entgegen der tragischen Tatsache, dass nun der Tod in die Welt gekommen war, sie Chawa genannt – Leben.
Und die Frau, die Stammmutter der Menschheit, sagt: „Ich habe einen Mann gewonnen mit der Hilfe des Herrn.“ Cain. Sie merkten schon sehr bald, das kann man ganz früh erkennen, da ist ein Problem. Der Kleine tut gar nicht so, wie er sollte. Das Böse ist in ihm, und dann haben sie schon gewusst, ja, so gut, dann beim zweiten Baby war etwas los: Hävel, Hauch, Nichtigkeit. So drückt also Hävel eigentlich die Frustration und die Enttäuschung der Menschen in einer durch die Sünde gefallenen Schöpfungswelt aus.
Dieses Wort wird nun eben so im Prediger eindrücklich aufgenommen, achtunddreißigmal. Und zwar zuweilen dreimal als Superlativ: Eitelkeit der Eitelkeiten, Havel Havalim. Wir kennen ja diesen Superlativ, zum Beispiel „das Lied der Lieder“. Luther hat das Hohelied übersetzt, das „schönste Lied“ (Hohelied 1,1). Das ist Shir ha-shirim. Hier ist es Havel-havalim oder das Allerheiligste, wörtlich „das Heilige der Heiligen“ (Kodesch ha-kodashim). Das sind alles Superlative im Hebräischen.
Also bedeutet „Eitelkeit der Eitelkeiten“ totale Eitelkeit, Hauchnichtigkeit, totale Sinnlosigkeit, die Übersteigerung. Dann finden wir neunmal den Ausdruck „ein Haschen nach Wind“. Wir haben es wiederholt in Kapitel 1 schon gelesen: Wer den Wind in seine Fäuste zu packen versucht, wird nur frustriert. Salomo erklärt: All diese Bemühung des Menschen ist ein Haschen nach Wind, wo man letztlich nichts greifen kann, nichts bleibt.
Wir können nicht sagen: „Das ist jetzt mein.“ Ich habe das schon erlebt, da habe ich eine ganz schöne Bibel gekauft und hatte richtig Freude daran. Es ist ein schönes Ding. Und dann geschieht schon wieder, irgendwie eine Mappe war so quer drin, und ein anderes Buch hat es schon verwüstet, Seite geknickt und zerrissen. Da muss man immer wieder lernen: Es ist alles so vergänglich, selbst die kleinen Dinge, an denen wir eine gewisse kindliche Freude haben. Wir müssen sie gehen lassen.
Wir haben nichts, wo wir sagen können: „Das bleibt mir jetzt, jetzt habe ich mal.“ Es gibt Leute, die haben ein ganz schönes Auto, und dann kommt der Kratzer, der erste. Wir können es einfach nicht halten. Ein haschender Wind in allen Bereichen.
21-mal wird über Mühe gesprochen und neunmal das Wort Amal, das ist Hebräisch für „Mühe“. Neunmal das Verb „sich mühen“ oder „abmühen“ ist ebenfalls Amal. Am Schluss ein kurzes A: Amal, Amal, dreißigmal. Das ist doch das große Thema der Menschen. Warum arbeiten wir und krampfen uns eigentlich ab? Wo liegt der Sinn? Wo liegt das richtige Verhältnis? Das ist die große Frage.
Und das beginnt bereits in der These des Buchs, Prediger 1,2-3: „Welchen Gewinn hat der Mensch bei all seiner Mühe? Amal, womit er sich abmüht, Amal, unter der Sonne.“ Und das Wort Jitron, „Vorteil“, „Gewinn“, kommt zehnmal vor und nur im Prediger, sonst nirgends im Alten Testament.
Schon in Vers 3 heißt es: „Welchen Gewinn, welchen Jitron hat der Mensch bei all seiner Mühe, womit er sich abmüht unter der Sonne?“ Was bringt es eigentlich, das Krampfen? Wo liegt das Ergebnis? Letztlich können wir ja doch nichts behalten. Der Prediger lehrt: Der Mensch kommt leer in die Welt hinein und geht leer wieder hinaus. Wir sind ohne Kleider auf die Welt gekommen, und wir gehen ohne Kleider wieder hinaus. Wir können sie nicht mitnehmen, sie verwesen im Grab.
Das wird im Neuen Testament ebenfalls aufgenommen, in 1. Timotheus 6. Obwohl es im Neuen Testament kein direktes Zitat aus dem Prediger gibt, haben wir verschiedene Stellen, die ganz deutliche Anspielungen auf dieses inspirierte Buch sind. Hier ist 1. Timotheus 6,6-7: „Die Gottseligkeit oder die Gottesfurcht, Frömmigkeit – das ist ja das Endziel des Predigers – aber mit Genügsamkeit ist ein großer Gewinn, denn wir haben nichts in die Welt hereingebracht, so ist es offenbar, dass wir auch nichts hinausbringen können. Wenn wir aber Nahrung und Bedeckung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen.“
Also mahnt diese Stelle zu Bescheidenheit, Dankbarkeit und Genügsamkeit, und das zurückgreifend auf die Lehre des Predigers.
Prediger 5,15: „Gleich wie er aus dem Leib seiner Mutter hervorgekommen ist, wird er nackt wieder hingehen, wie er gekommen ist. Und für seine Mühe wird er nicht das Geringste davontragen, das er in seiner Hand mitnehmen könnte.“ Und das haben doch die Völker in alter Zeit immer wieder versucht. Man hat ihnen Waffen beigelegt, Schmuck und noch mehr, aber nicht zur Freude der Toten, sondern zur Freude der Grabstätten.
Auch dies ist ein schlimmes Übel: Ganz so, wie er gekommen ist, so wird er hingehen. Und was für einen Gewinn hat er davon, dass er sich im Wind müht? Auch ist er alle seine Tage in Finsternis und hat viel Verdruss, Leid und Zorn.
Ja, das zum Thema Sinnlosigkeit im Buch des Predigers.
Weltbild und Gottesbezug im Buch Prediger
Nun zum Weltbild des Predigers – oder genauer gesagt, zum früheren Weltbild, das der Prediger in seiner Zeit vor seiner Rückkehr zu Gott hatte.
29 Mal finden wir den Ausdruck „unter der Sonne“ (hebräisch: Dachataschämisch). Das bedeutet, dass Salomos Weltbild in seiner Gottferne nur die Dinge „unter der Sonne“ betrachtete. Damit waren Gott und das Himmlische, das Jenseitige, ausgeklammert.
Ganz entsprechend der Philosophie von Aristoteles. Ich verweise auf den Vortrag über den modernen Menschen. Dort haben wir gesehen, dass Aristoteles die Betonung auf die Einzeldinge, die irdischen Einzeldinge, legte. Das Jenseits war nicht seine Sache.
Dies wird bereits im Buch Prediger vorweggenommen: Ein Mensch betrachtet die Dinge unter der Sonne und kommt dann zur enttäuschenden Schlussfolgerung, dass alles sinnlos und ohne Ziel ist.
Dreimal kommt noch der Ausdruck „unter dem Himmel“ vor, was als Synonym gleichbedeutend mit „unter der Sonne“ verwendet wird. Dann haben wir achtmal die hebräische Wendung „al ha'aretz“ – sechsmal zu übersetzen mit „auf der Erde“ und zweimal mit „auf die Erde“.
Das zeigt uns die Sicht auf das Diesseitige, das Irdische. Und genau das ist auch das Weltbild des modernen Menschen. Das, was hier ist. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich nur mit dem, was hier ist. Sie kann nicht darüber hinausgehen.
Wir können ja keine Experimente im Jenseits machen, obwohl das manchmal auch versucht wird. Aber das Schlimme ist, dass in der modernen Wissenschaft gesagt wird: Das ist der Bereich, den wir beobachten können, und mehr gibt es nicht. Wahr ist nur das, was wir sehen.
Das führt letztlich zur Sinnlosigkeit und erklärt die Krise des modernen Menschen in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Da hat die breite Masse, besonders die Jugendlichen, plötzlich festgestellt: Wohin führt uns dieses Diesseitsdenken, bei dem nur das Diesseitige wahr sein kann?
Es führt in die Verzweiflung. Darum versuchte man damals, einen Sprung ins Irrationale zu machen – durch den großen Kick oder was auch immer es sein sollte. Man probierte es mit Rockmusik, mit Drogen, mit östlicher Religiosität usw., bis hin zum Bungee-Jumping. Die ganz Mutigen machten das dann sogar ohne Seil.
Das ist die Konsequenz des modernen Denkens. Doch das wird schon längst in einem alten jüdischen Buch der Bibel vorweggenommen. Wer nur das Weltbild so sieht, der verzweifelt und endet in der Frustration.
Manche großen Denker haben das schon viel früher erlebt. Dieses Malais, dieses Unwohlsein der modernen Welt haben sie schon lange vor den sechziger Jahren empfunden. Zum Beispiel schrieb Franz Kafka 1910 in seinem Tagebuch: „War Sonntag aufgestanden, eingeschlafen, aufgestanden – welch elendes Leben.“
Wir sind wie Kühe: Sie stehen auf, fressen, trinken, laufen herum, dann sitzen sie wieder ab. Dann stehen sie wieder auf. Bis zum Abend werden sie noch gemolken, dazwischen und dann wieder die Nacht. Am Morgen beginnt das Gleiche von vorne, jeden Tag das Gleiche.
Gottesname und Gottesbeziehung im Prediger
Ein weiterer Themenkomplex ist Gott im Buch Prediger. Das Buch Prediger ist kein atheistisches Werk. Die Existenz Gottes wird nicht geleugnet. Vierzig Mal kommt der Gottesname Elohim vor. Elohim bezeichnet in der Bibel ganz speziell Gott im Sinn von Schöpfer und Erhalter des Weltalls. Deshalb ist es das Wort für Gott im Schöpfungsbericht von 1. Mose 1: "Bereschit bara Elohim et haschameim veta aretz." Am Anfang schuf Gott, Elohim, die Himmel und die Erde.
Es ist immer Elohim, aber der Eigenname Gottes in der Bibel ist Yahweh, hebräisch geschrieben JHWH. Dieser heilige Eigenname Gottes darf gemäß den Zehn Geboten nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Deshalb hat man im Judentum Abstand davon genommen, diesen Namen im Alltag auszusprechen. Dieser Name Yahweh war insbesondere der Name des Bundesgottes Israels.
Ich lese aus 2. Mose 6,2: Gott wollte in Beziehung treten, in Gemeinschaft treten mit einem Volk hier auf Erden. So heißt es: "Und Gott redete zu Mose und sprach zu ihm: Ich bin Yahweh, und ich bin Abraham, Isaak und Jakob erschienen als Gott der Allmächtige, El Schaddai. Aber mit meinem Namen Yahweh habe ich mich ihnen nicht kundgegeben."
Und dann weiter: "Darum sprich zu den Kindern Israel: Ich bin Yahweh, und ich werde euch herausführen unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg, und werde euch erretten aus ihrem Dienste und euch erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch große Gerichte." So wollte Gott ein Volk befreien, um mit ihm in ein Bundesverhältnis zu treten und ihm die Weisheit seines Gesetzes zu geben.
Yahweh ist also der Gott, der in eine Bundesbeziehung zum Menschen tritt. Im Buch Prediger wird Gott jedoch nie Yahweh genannt, weil es zwar um einen Menschen geht, der aus dem Bundesvolk war, aber den Bund Gottes gebrochen hatte und anderen Göttern nachgegangen ist. Er hat damit die ersten zwei Gebote der Tora, der Zehn Gebote, gebrochen: "Ich bin Yahweh, euer Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben." Das zweite Gebot war, keine Bilder zu verehren, und das dritte, den Namen Yahweh nicht zum Eitelsprechen auszusprechen.
Salomo hat sich vor fremden Göttern niedergebeugt, er hat Götzenbilder verehrt, und so ist der Name Yahweh hier außen vor. Es geht um einen Menschen, der Erfahrung gemacht hat ohne Gemeinschaft zum Bundesgott.
Interessant ist, dass in 1. Mose 2 im Schöpfungsbericht Gott dauernd als der Herrgott, Yahweh Elohim, genannt wird. Warum dieser Wechsel zu "Yahweh Elohim"? Ganz einfach: Kapitel 1 gibt eine Übersicht über die Schöpfung. Kapitel 2 ist kein zweiter Schöpfungsbericht, sondern eine Darstellung der Schöpfung mit Betonung auf Gottes Beziehung zum Menschen. Der Mensch steht im Mittelpunkt, und nur dort wird beschrieben, wie Gott einen Bund mit Adam geschlossen hatte. Deshalb nennt sich Gott dort Yahweh. Weil er der Schöpfer ist, wird er in Kapitel 2 auch Elohim genannt.
So sehen wir, wie die Gottesnamen in der Bibel ganz bewusst gewählt und verwendet werden. Wenn wir uns das vor Augen führen, hat die moderne liberale Bibelkritik ihren Anfang eigentlich bei 1. Mose 1 und 2 genommen. Dort hat ein Arzt, Astrid, eben dem Unterschied Beachtung geschenkt: in Kapitel 1 immer Elohim, in Kapitel 2 Yahweh Elohim. Für ihn war die klare Schlussfolgerung, dass in Kapitel 2 ein anderer Autor spricht.
Früher haben die Menschen einfach der Überlieferung geglaubt, Moses sei der Autor. Doch Astrid nahm an, das sei nicht möglich, da man vom Stil her erkenne, dass ein anderer Autor spricht. Tatsächlich ist es kein anderer Autor, aber Astrid hat seinen Verstand über das Wort Gottes gesetzt und sich geirrt. Denn die Gottesnamen werden in der Bibel sehr bewusst gewählt. Dies weist überhaupt nicht auf verschiedene Quellen hin.
Ausgehend von dieser Beobachtung hat man dann die ganze Fünf Bücher Mose aufgeteilt und begann, das Wort Gottes in Quellen wie den Jahwisten, Elohisten, die Priesterschrift und den Deuteronomisten zu zerreißen. Im besten Fall konnte man sogar in einem Vers von 1. Mose drei Quellen unterscheiden. Das Schöne ist aber, dass sich die Kritiker dadurch selbst widersprachen. Je nach Kritiker wurden die Quellen an verschiedenen Stellen gesehen. Das zeigt, wie unsicher diese Quellenkritik war.
Am Ende einigte man sich dann so ungefähr – das ist ja demokratisch. Auch dies ist ein Beispiel, um zu zeigen, dass wir das Wort Gottes aus sich selbst heraus verstehen lernen müssen, im Vertrauen und im Glauben an Gottes Wort. Dann können wir es verstehen, aber der Gottlose kann es nicht verstehen.
Ein weiteres schönes Beispiel ist 2. Chronik 18,31. Das ist ein Paradebeispiel, um die Verwendung der Gottesnamen zu illustrieren. Der König Joschafat war im Krieg in Not, weil man ihn mit dem König des Nordreichs verwechselte. Es geschah: Als die Obersten der Wagen Joschafat sahen, sprachen sie: "Das ist der König von Israel!" und umringten ihn, um zu kämpfen.
Joschafat schrie, und Yahweh half ihm, und Elohim lenkte sie von ihm ab. In einem Vers kommen beide Gottesnamen vor. Der gläubige König schreit zu seinem Gott, Yahweh, dem Bundesgott, der ihm hilft, und Elohim, dem Erhalter des Weltalls, der die Streitwagen von ihm abwendet.
Bemerkenswert ist auch das Buch der Sprüche, dessen größter Teil auf Salomo zurückgeht, nämlich bis Kapitel 29. Dort finden wir den Namen Yahweh siebenundachtzig Mal, aber nur fünfmal Elohim und einmal die andere Form Eloah. Das ist interessant: Der gleiche Autor, aber eine ganz andere Verwendung des Gottesnamens.
Das Buch der Sprüche ist das Buch der Weisheit für Menschen, die in Beziehung zu Gott leben. Hier wird denen, die Gottes Bund treu sein wollen, erklärt, wie sie sich im Alltag mit Gottes Hilfe und Unterweisung zurechtfinden können. Deshalb ist hier der Name Yahweh so passend und hat nichts damit zu tun, dass das Sprüchebuch nicht von Salomo geschrieben worden wäre.
Im Sprüchebuch nennt sich Salomo seinen Eigennamen "Mann des Friedens", denn hier wird aus dem Frieden heraus, dem inneren Frieden, göttliche Weisheit für den Alltag gelehrt.
Freude im Buch Prediger
Nun zum Thema Freude im Buch Prediger. Es ist kein pessimistisches Buch, aber es wird viel über Pessimismus geschrieben. Das Wort Freude, hebräisch Simcha, findet sich siebenmal im Buch Prediger. Ich habe auf dem Blatt alle Stellen angegeben. Sich freuen, Samach, kommt neunmal vor. Doch damit ist es nicht getan – insgesamt sechzehnmal erscheint das Wort Freude oder verwandte Begriffe.
Übrigens entspricht die Anzahl von sechzehn Mal genau dem Wort Freude im Philipperbrief. Der Philipperbrief umfasst vier Kapitel und behandelt die Lehre der Freude im Glauben, auch in widrigen Umständen. Paulus schrieb den Philipperbrief aus dem Gefängnis in Rom. Er schreibt: „Freut euch in dem Herrn allezeit, und abermals will ich sagen: freut euch!“ Das Wort Freude, froh sein, sich freuen – all diese verwandten Wörter kommen sechzehnmal im Philipperbrief vor. Aber das finden wir auch sechzehnmal im Buch Prediger.
Man sollte auch noch Synonyme beachten, wie „guter Dinge sein“ in Prediger 5,14. Das ist zwar anders formuliert, bedeutet aber ebenfalls Freude. Somit findet sich die Freude im Buch Prediger noch öfter, noch häufiger.
Im Judentum wird das Buch Prediger immer am Laubhüttenfest in der Synagoge vorgelesen. Das Laubhüttenfest ist das Fest der Freude. Dreimal betont die Tora, dass man sich an diesem Fest freuen soll: in 3. Mose 23,40, 5. Mose 16,14 und 5. Mose 16,15. Dabei heißt es sogar: „Und du sollst dich nur freuen.“
Es ist eigenartig, dass ein scheinbar pessimistisches, skeptisches Buch an dem Fest der Freude, dem letzten der sieben Feste des Herrn (3. Mose 23), das alle früheren Feste in sich zusammenfasst, gelesen wird. Die alten Rabbiner hatten erkannt, dass das Buch uns wahre Freude aus der Hand des Schöpfers lehrt.
Aufbau des Buches:
Aufbau und Einteilung des Buches Prediger
Man kann Kommentare zum Buch Prediger aus dem Regal nehmen und findet dabei unterschiedliche Einteilungen. Alle sind interessant.
Die beste Einteilung eines Bibelbuches ist jedoch immer die, die sich an den Kennzeichen der Teile im Text selbst orientiert. Zum Beispiel im Hohelied: Dort kommt wiederholt ein Refrain vor. Dieser Refrain hilft uns zu erkennen, wo die Strophen enden. Die Strophen sind unterschiedlich lang, aber der Refrain gibt uns eine natürliche, von Gott selbst gegebene Einteilung.
Man kann immer wieder feststellen, dass bestimmte Stichwörter markieren, wo ein Teil endet. Genau so verhält es sich, wenn man der Freude im Buch Prediger auf den Grund geht. Dann stellt man fest, dass sich der Prediger nach einer Einteilung in neun Hauptteile zerlegt. Am Ende jedes dieser Teile gibt es ein Ergebnis. Ganz am Schluss wird sogar ausdrücklich das Endergebnis des Ganzen genannt – lasst uns hören.
Immer am Ende der Hauptteile I bis VIII kommt die Freude vor. Inhaltlich schließt sie jeweils ein Thema ab. Der letzte Hauptteil endet nicht mehr mit der Freude, aber er beginnt mit der Freude. Am Schluss wird alles etwas verändert. Es beginnt mit der Schlussfolgerung der früheren Ergebnisse. So heißt es in Prediger 11,9: »Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend, und dein Herz mache dich froh in den Tagen deiner Jugendzeit.«
Dies ist das Endergebnis aller Endergebnisse aus den Hauptteilen I bis VIII. Diese Einteilung hilft, das Buch wirklich so zu verstehen, wie es verstanden werden will.
Der Prediger-Kommentar von Benedikt Peters weist diese Einteilung auf. Das hat auch dazu geführt, dass ich keinen besseren Kommentar zum Prediger kenne als dieses Buch. Daher kann ich es sehr empfehlen.
Kreisläufe und Zeitbegriffe in der Einleitung
Wir gehen noch etwas weiter und beschäftigen uns mit dem Thema auf dem Blatt „Kreisläufe“ in der Einleitung. Das Buch ist also folgendermaßen aufgebaut: Nach der Nennung des Autors in Vers 1 kommt die These des Buches in den Versen 2 und 3. Danach beginnt die Einleitung in Vers 4: „Ein Geschlecht geht, ein Geschlecht kommt, aber die Erde besteht ewig.“
Oder besser gesagt: Das hebräische Wort „olam“ kann sowohl „ewig“ als auch „auf unabsehbare Zeit“ bedeuten. „Olam“ stammt von der Wurzel „alam“, was im Arabischen „zudecken“ bedeutet. So ist „olam“ etwas, das sich dem menschlichen Geist entzieht und zeitlich verborgen bleibt.
Das kann im absoluten Sinn „ewig“ heißen, also ohne Ende, oder es kann eine unüberschaubare Zeitspanne meinen. Die Erde besteht also nicht im absoluten Sinn ewig, aber sie besteht auf unabsehbare Zeit. Eine Generation kommt, eine Generation geht, eine neue kommt, und so geht es immer weiter.
Als Nebensatz möchte ich noch erklären, dass diese Eigenheit des hebräischen Wortes „olam“, also dass es von einer Zeitperiode bis zur Ewigkeit reichen kann, von den „Altersöhne“ aufgegriffen wurde. Sie sagten: Wenn die Bibel über ewige Pein spricht, dann ist es eben nur ein Zeitalter, das auch wieder endet.
Wie kann man da antworten? Wie hat man im Hebräischen „ewig“ so ausdrücken können, dass es wirklich klar ist, dass es ewig ist? Das konnte man auf Hebräisch auch sagen. Wenn es heißt „El Olam“, der ewige Gott, dann ist ohnehin klar, dass Gott keinen Anfang und kein Ende hat.
In anderen Zusammenhängen, wenn man ganz klar „absolut ewig“ sagen will, verwendet man „Le Olmei Olamin“ – „in die Ewigkeit“, „in die Ewigkeiten der Ewigkeiten“. Das ist ein Superlativ.
Nun, das war nur ein kleiner Ausflug ins Hebräische, das vom phönizisch-kanaanäischen Hebräisch geprägt ist. „In die Ewigkeiten der Ewigkeiten“ wird auch im Neuen Testament aufgegriffen. Die griechische Sprache des Neuen Testaments orientiert sich sehr eng am Alten Testament.
Wenn über die ewige, peinende Offenbarung gesprochen wird, heißt es: „Der Rauch ihrer Qual steigt auf in die Ewigkeiten der Ewigkeiten, und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht.“ Man kann auch übersetzen: „In die Zeitalter der Zeitalter“. Das entspricht dem hebräischen Vorbild „Le Olmei Olamin“ – absolut ewig, ganz klar.
Das finden wir noch öfter, gerade in Verbindung mit der ewigen Pein, zum Beispiel in Offenbarung 20,10 und anderen Stellen. Das griechische Wort „Aion“ entspricht dem hebräischen „Olam“ und bedeutet „Zeitalter“ oder „Ewigkeit“.
Jetzt wollen wir den sogenannten Alpha-Söhnen noch ein Schnippchen schlagen. Es gibt nämlich noch ein anderes Wort im Neuen Testament, und das ist „Aionios“, das Adjektiv. Es kommt siebzig Mal vor und wird im Neuen Testament im absoluten Sinn als „ewig“ verwendet.
Ich werde die Verwendungsweise zeigen. Zur Zeit des Neuen Testaments war „Aionios“ auch im außerbiblischen Griechisch „ewig“. Es hatte einen Bedeutungswandel durchgemacht, aber zur Zeit des Neuen Testaments bedeutete es absolut „ewig“.
Ein Beispiel ist 2. Korinther 4,17: „Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Drangsal bewirkt uns ein über die Maßen überschwängliches ewiges Gewicht von Herrlichkeit, indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ist Aionios.“
Wir wüssten nicht, was „Aionios“ heißt, aber wenn wir in einer Fremdsprache lesen, müssen wir oft die Wörter aus dem Zusammenhang erkennen, um nicht ständig nachschlagen zu müssen. Da merken wir: „Aionios“ ist das Gegenteil von „zeitlich“. Das Gegenteil von „zeitlich“ ist nicht einfach „nicht zeitlich“, sondern „ohne Ende“.
In Matthäus 25 haben wir auch eine solche Opposition von Wörtern, wie man in der Sprachwissenschaft sagt. Matthäus 25,46: „Und diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.“ Beides Mal „Aionios“.
Wenn die ewige Pein zeitlich wäre, dann wäre das ewige Leben auch zeitlich. Da wird es schon recht schwierig, und man braucht viel Akrobatik, um das noch umgehen zu können. Aber es ist ganz klar: So ewig wird das ewige Leben sein, so ewig ist die ewige Pein, und „Aionios“ ist das Gegenteil von „zeitlich“ – es ist ewig.
Der langen Rede kurzer Sinn: Eine Generation kommt, eine Generation geht, die Erde aber bleibt auf für den menschlichen Geist verborgene, unabsehbare Zeit.
Halbe Stunde Pause.