Einführung in das Thema Gemeindeleitung und Ämter
Guten Abend, ich begrüße Sie alle herzlich zu diesem letzten Vortragsabend in der Serie über Gemeindebau. Zu Beginn lesen wir ein paar Verse aus dem Titusbrief. Wir haben in der Vergangenheit schon einiges gehört, zum Beispiel über Anbetung in der Gemeinde sowie über Gaben und ihre Anwendung. Heute widmen wir uns dem Thema Ämter in der Gemeinde. Dabei hilft uns Titus 1,5 deutlich weiter.
Paulus schreibt an Titus, seinen Mitarbeiter: „Deswegen ließ ich dich in Kreta zurück, damit du das, was noch mangelte, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste anstellst, wie ich dir geboten hatte. Wenn jemand untadelig ist, der Mann einer Frau, der gläubige Kinder hat, die nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt werden oder zügellos sind, denn der Aufseher muss untadelig sein als Gottesverwalter, nicht eigenmächtig, nicht zornmütig, nicht dem Wein ergeben, nicht ein Schläger, nicht schändlichem Gewinn nachgehend, sondern gastfrei, das Gute liebend, besonnen, gerecht, fromm, enthaltsam, anhängend dem zuverlässigen Wort nach der Lehre, damit er fähig sei, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen. Denn es gibt viele zügellose Schwätzer und Betrüger, besonders die aus der Beschneidung, denen man den Mund stopfen muss, die ganze Häuser umkehren, indem sie schändlichen Gewinnes wegen lehren, was sich nicht geziemt. Es hat einer von ihnen, ihr eigener Prophet, gesagt: ‚Kreter sind immer Lügner, böse Wilde, faule Bäuche.‘ Dieses Zeugnis ist wahr. Aus diesem Grund weise sie streng zurecht, damit sie gesund seien im Glauben und nicht achten auf jüdische Fabeln und Gebote von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden.“
Gleich dazu lesen wir noch einige Verse aus 1. Timotheus 3, wo uns ebenfalls die Anforderungen an das Ältestenamt vorgestellt werden.
1. Timotheus 3,1: „Das Wort ist gewiss: Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk. Der Aufseher nun muss untadelig sein, der Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, sittsam, gastfrei, lehrfähig, nicht dem Wein ergeben, kein Schläger, sondern milde, nicht streitsüchtig, nicht geldliebend, der dem eigenen Haus wohl vorsteht, der seine Kinder in Unterwürfigkeit hält mit allem würdigen Ernst. Wenn aber jemand dem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes Sorge tragen? Nicht ein Neuling, damit er nicht aufgebläht ins Gericht des Teufels falle. Er muss aber auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draußen sind, damit er nicht in Schmach und in Fallstrick des Teufels verfalle.“
Dann geht es weiter mit den Diakonen, hier übersetzt mit Diener: „Die Diener oder Diakone sollen ebenso würdig sein, nicht doppelzüngig, nicht dem Wein ergeben, nicht schändlichem Gewinn nachgehend, die das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen bewahren. Lass diese aber auch zuerst erprobt werden, dann lass sie dienen, wenn sie untadelig sind. Die Frauen ebenso würdig, nicht verleumderisch, nüchtern, treu in allem. Die Diener seien Männer einer Frau, deren Kindern und den eigenen Häusern wohl vorstehen. Diejenigen, die wohlgedient haben, erwerben sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben, der in Christus Jesus ist.“
Paulus schreibt weiter: „Dieses schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen. Wenn ich aber zögere, damit du weißt, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.“
Die priesterliche Berufung aller Gläubigen
Wir haben die erste Wahrheit gesehen, die besonders wichtig im Zusammenhang mit der Gemeinde ist: Alle Gläubigen sind Priester.
Wenn es um Anbetung in der Gemeinde geht, auch im Zusammenhang mit dem Abendmahl, dem Tisch des Herrn, müssen wir daran denken, dass es nicht nur eine Gruppe von Gläubigen gibt, die Priester sind, im Gegensatz zu den anderen. So, wie es die katholische Lehre über Jahrhunderte hinweg bis heute sagt, ist das nicht richtig.
In Offenbarung 1, Vers 5b lesen wir: „dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater, ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.“ Hier bekennen die Gläubigen gemeinsam, dass Jesus Christus uns erlöst hat und uns zu einem Königtum, zu Königen und Priestern gemacht hat. Alle Gläubigen sind Priester.
Noch einmal aus 1. Petrus 2, obwohl wir das bereits in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Thema Anbetung gelesen haben: In Vers 4 geht es um den Herrn Jesus. „Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt und kostbar, werdet auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, eine heilige Priesterschaft, um geistliche Schlachtopfer Gott wohlgefällig darzubringen durch Jesus Christus.“
Hier wird klar gesagt, dass die Erlösten zusammen eine heilige Priesterschaft oder ein heiliges Priestertum sind. In Vers 9 wird das noch genauer beschrieben: eine königliche Priesterschaft, ein königliches Priestertum.
Alle Erlösten sind fähig, Opfer darzubringen. Dafür braucht man keine besondere Gabe. Es reicht die Tatsache, dass man erlöst ist und zu Priestern gemacht wurde.
Darum, in der Anbetungsstunde, wenn ein Bruder ein Lied vorschlägt oder jemand betet und anbetet, braucht es keine besondere Gabe. Niemand kann sagen: „Ich habe diese Gabe nicht bekommen, darum schweige ich in den Zusammenkünften.“ Nein, alle sind Priester und deshalb grundsätzlich zum Priesterdienst befähigt.
Die Vielfalt der Gnadengaben und Dienste in der Gemeinde
Wir haben beim letzten Mal einiges über Gaben gehört und dabei festgestellt, dass es sehr wohl Unterschiede gibt. In 1. Petrus 4 finden wir dazu eine wichtige Wiederholung. Besonders hervorzuheben ist 1. Petrus 4,10:
„Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes. Wenn jemand dient, so sei es aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Im Fokus steht zunächst Vers 10a: „Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat.“ Jeder Erlöste hat eine Gnadengabe. Das griechische Wort Charisma bedeutet ein Geschenk aus Gnade. Das heißt, es ist etwas, das man nicht verdient hat. Niemand hat es verdient, von Gott eine besondere Begabung zu erhalten. Wichtig ist jedoch, dass alle ein solches unverdientes Geschenk bekommen haben.
Beim letzten Mal haben wir außerdem 1. Korinther 12 bis 14 betrachtet. Dort wird dieses Thema ausführlich behandelt und die gewaltige Vielfalt der Gaben deutlich gemacht. Nicht jeder hat dieselbe Gabe. Die Gaben sind sehr unterschiedlich.
Ich schlage dazu nochmals 1. Korinther 12 auf. In den verlesenen Versen aus 1. Petrus 4 haben wir gesehen, dass die vielen Gaben in zwei Gruppen geteilt werden: Redegaben und Diensten. Wenn jemand redet, so sollen es Aussprüche Gottes sein. Das bedeutet, nicht einfach irgendetwas zu plaudern, sondern nur dann in der Gemeinde zu sprechen, wenn die innere Überzeugung da ist, dass man den Geschwistern wirklich etwas vom Herrn sagen möchte. So rede er als Aussprüche Gottes.
Dann haben wir gelesen: „Wenn jemand dient.“ Dabei geht es um praktische Dienste, bei denen man nicht sprechen muss. Die Begabungen sind also unterschiedlich. Nicht alle sind etwa berufen, eine Predigt zu halten.
1. Korinther 12 macht die Vielfalt noch deutlicher. Ich lese nochmals aus 1. Korinther 12,4:
„Es sind aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber derselbe Geist. Und es sind Verschiedenheiten von Diensten und derselbe Herr. Und es sind Verschiedenheiten von Wirkungen, aber derselbe Gott, der alles in allen wirkt.“
Hier sehen wir nicht nur verschiedene Gaben, sondern auch verschiedene Dienste und verschiedene Wirkungen. Diese Unterscheidungen sind sehr wichtig.
Nehmen wir als Beispiel einen Evangelisten. Das ist eine bestimmte Gabe aus der Fülle von Gaben, wie wir sie in 1. Korinther 12 bis 14, Römer 12 oder Epheser 4 finden. Wir wählen eine Gnadengabe aus diesen Verschiedenheiten heraus.
Nun gibt es Verschiedenheiten von Diensten. Ein Evangelist kann einen Dienst tun, indem er auf der Straße das Evangelium verkündet. Ein anderer besucht im Gefängnis eine bestimmte Person, von der er weiß, dass sie offen für das Evangelium ist. Beide üben einen Dienst aus und wenden die Gabe des Evangelisten an. Doch die Dienste sind ganz unterschiedlich und sehen völlig verschieden aus.
Auf der Straße kann es sein, dass man angepöbelt wird. Das ist eine besondere Herausforderung. Wenn man aber weiß, dass jemand offen ist, und mit dieser Person im Gefängnis ganz allein spricht, ist das eine andere Situation. Es ist die gleiche Gabe, aber unterschiedliche Dienste.
Dann gibt es noch Verschiedenheiten von Wirkungen. Nehmen wir wieder die Gabe des Evangelisten und den Dienst des Predigens auf der Straße. Zwei Menschen mit derselben Gabe und demselben Dienst tun dies auf ganz unterschiedliche Weise. Der eine spricht anders als der andere. Warum? Weil die Wirkung des Heiligen Geistes in jedem Menschen ganz speziell ist.
Das kann uns wirklich befreien von dem Zwang, einander unbedingt kopieren zu müssen. Man kann voneinander lernen, aber nicht die Person kopieren. Wir sind alle Originale, alle Prototypen.
Die Vielfalt zeigt sich also nicht nur in der Vielfalt der Gaben, sondern auch in der Vielfalt der Dienste und der Wirkungen.
Die Unterscheidung von Gaben und Ämtern in der Gemeinde
Aber jetzt kommen wir zum Thema von heute. Das darf man nicht mit dem Thema Ämter verwechseln. Im Neuen Testament gibt es für die Gemeinde nur zwei Ämter: das Amt des Ältesten und das Amt der Diakone. Davon lesen wir im Titusbrief und im ersten Timotheusbrief.
Der Ältestendienst ist, wenn wir zuerst davon sprechen, keine bestimmte Gabe, sondern ein Amt. Natürlich hat jeder eine Gabe, aber es kann sein, dass ein Ältester zum Beispiel die Gabe des Lehrers hat, während ein anderer Ältester die Gabe des Hirten besitzt. Man darf das nicht verwechseln: Die Gabe und das Amt sind etwas ganz Unterschiedliches.
Während alle Gläubigen Priester sind und jeder eine Gnadengabe hat, sind nicht alle Älteste und auch nicht alle Diakone. Es braucht ganz bestimmte Voraussetzungen. Diese können wir im ersten Kapitel des Titusbriefs herausarbeiten.
Paulus berichtet in Vers 5, dass er Titus auf der Insel Kreta zurückgelassen hat. Übrigens, wann war das? Im Verlauf der vier Missionsreisen, die in der Apostelgeschichte von Kapitel 13 bis 28 beschrieben sind, sieht man nie, dass Paulus Titus in Kreta zurückgelassen hat. Das ist korrekt, denn das geschah nicht während der vier Missionsreisen.
Am Ende der vierten Missionsreise war Paulus Gefangener in Rom. Er wohnte in einer Mietwohnung und war gefesselt an zwei Soldaten, wie es üblich war. Es war eine Halbgefangenschaft, in der er auch Besucher empfangen konnte. Diese Zeit dauerte zwei Jahre, während er auf seinen Prozess wartete.
Nach Ablauf dieser zwei Jahre wurde Paulus wieder freigelassen. Diese Freilassung erwähnt er bereits im Philipperbrief und auch im Philemonbrief. Danach reiste er umher. In dieser Zeit des Herumreisens, also nach Apostelgeschichte 28, entstand der Titusbrief.
Später wurde Paulus erneut verhaftet und kam in die Todeszelle in Rom. Von dort aus schrieb er den zweiten Timotheusbrief. Den ersten Timotheusbrief hat er nicht während der vier Missionsreisen geschrieben; er passt auch geografisch nicht in die Angaben der Apostelgeschichte. Er entstand ebenfalls in der Zeit zwischen der ersten und der zweiten Gefangenschaft.
Paulus ließ Titus in Kreta zurück, damit dieser in seinem apostolischen Auftrag in jeder Stadt, in der es eine Gemeinde gab, Älteste einsetzte. Anschließend wird erklärt, welche Voraussetzungen ein Ältester erfüllen musste, damit Titus ihn im Auftrag des Apostels einsetzen konnte.
Die biblische Praxis der Einsetzung von Ältesten
Jetzt haben wir zunächst das Thema Einsetzung von Ältesten vor uns. Es gibt ganz verschiedene Ansichten darüber, wie das geschehen soll. Wir müssen uns jedoch in allem am Wort Gottes orientieren.
Es gibt nur drei Stellen in der Bibel, die über die Einsetzung von Ältesten sprechen. Die erste Stelle ist hier. Der Apostel sendet einen Abgesandten, der in seinem Namen Älteste einsetzt. Dann gehen wir zur Apostelgeschichte 13, der ersten Missionsreise des Apostels Paulus. Dort kamen viele Menschen zum Glauben, und es wurden Gemeinden gegründet.
Etwas später, am Ende der ersten Missionsreise, hatte Paulus den Wunsch, diese in jüngerer Vergangenheit entstandenen Gemeinden nochmals zu besuchen. Lesen wir Apostelgeschichte 14,21: „Und als sie in jener Stadt das Evangelium verkündigt und viele zu Jüngern gemacht hatten, kehrten sie nach Lystra und Ikonion und Antiochien zurück. Sie befestigten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, und dass wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen. Als sie ihnen aber in jeder Gemeinde Älteste gewählt hatten, beteten sie mit Fasten und befahlen sie dem Herrn, an welchen sie geglaubt hatten.“
Wir stellen also fest, dass Gemeinden entstanden waren, die noch keine Ältesten hatten. Dann wurden Älteste eingesetzt – aber durch wen? Durch den Apostel Paulus zusammen mit Barnabas, seinem apostolischen Mitarbeiter. Es heißt hier: „Als sie ihnen in jeder Gemeinde Älteste gewählt hatten.“ Nicht die Gemeinde hat gewählt.
Auch wenn das Wort für „wählen“ im Griechischen wörtlich „Hand emporheben“ bedeutet, geschah dieses Wählen von oben her und nicht von unten. In der Demokratie wird Autorität von unten eingesetzt, aber in der Bibel ist es anders. Autorität wird offensichtlich von oben eingesetzt.
Das sehen wir jedenfalls in diesen zwei Stellen. Nun müssen wir noch die dritte Stelle zur Einsetzung von Ältesten anschauen, und das ist Apostelgeschichte 20. Der Apostel rief die Ältesten der Gemeinde von Ephesus nach Milet. Dort hielt er ihnen eine bewegende Abschiedsrede.
In dieser Rede sagt er unter anderem Folgendes, Apostelgeschichte 20,26-31: „Deshalb bezeuge ich euch an dem heutigen Tage, dass ich rein bin von dem Blut aller, denn ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen. Habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welche euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten, welche er sich erworben hat durch sein eigenes Blut. Denn ich weiß dieses, dass nach meinem Abschied verderbliche Wölfe zu euch hereinkommen werden, die der Herde nicht schonen, und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her. Darum wacht und gedenkt, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen.“
Hier stand zunächst nichts von Ältesten. Es ist jedoch von Aufsehern in Vers 28 die Rede. Wenn wir gut gelesen haben, wissen wir bereits aus Titus 1,5-7: Paulus sagt, in jeder Stadt Älteste anzustellen, wie er es Titus geboten hat. In Vers 7 wird gesagt: „Denn der Aufseher muss untadelig sein.“
Ältester und Aufseher sind also zwei verschiedene Ausdrücke für dieselbe Aufgabe, für dasselbe Amt. In Apostelgeschichte 20,17 heißt es: „Von Milet aber sandte er nach Ephesus und rief die Ältesten der Gemeinde herüber.“ Diese Ältesten nennt er Aufseher. Er sagt, der Heilige Geist hat euch als Aufseher gesetzt, die Gemeinde Gottes zu hüten.
Auch hier ist es keine Wahl von unten, sondern der Heilige Geist hat von oben eingesetzt.
Wir haben jetzt zwei Seiten der Medaille: Einerseits setzt der Apostel zusammen mit einem apostolischen Mitarbeiter, wie Barnabas, Älteste ein. Andererseits sendet der Apostel Titus, um im Auftrag des Apostels Älteste einzusetzen. Das ist die sichtbare Seite der Medaille.
Das war eine äußerlich klare Einsetzung. Diese Ältesten konnten sich berufen, durch apostolische Autorität eingesetzt worden zu sein. Apostolische Autorität bedeutet Folgendes: Die zwölf Jünger, die der Herr Apostel nannte – die Apostel Jesu Christi – hatten eine ganz spezielle Autorität bezüglich der Gründung der Gemeinde ab Pfingsten, besonders im Blick auf den Teil der Gemeinde, der aus dem Judentum stammt. Darum gab es zwölf Apostel, entsprechend den zwölf Stämmen Israels.
Der Apostel Paulus wurde vom Herrn berufen als Apostel Jesu Christi, aber als Apostel für die Heidenvölker, also für den zweiten Teil der Gemeinde ab Pfingsten, der aus Gläubigen aus den Nationen bestehen sollte.
Diese zwölf Apostel und Paulus hatten eine ganz spezielle Autorität. Sie mussten durch Zeichen, Wunder und mächtige Taten bestätigt werden (2. Korinther 12,12). Außerdem mussten sie den Herrn gesehen haben (1. Korinther 9,1). Paulus wurde zwar in Frage gestellt, doch er sagte: „Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen?“
Wenn diese Apostel Älteste einsetzten, konnten diese Ältesten der Anfangszeit der Gemeinde sich auf die sichtbare Einsetzung in diese Autorität durch einen Apostel berufen. Gleichzeitig waren diese Männer aber auch unsichtbar vom Heiligen Geist für diesen Dienst eingesetzt.
Die Situation nach dem Ende der Apostelzeit
Nun wissen wir, dass die Apostel verstorben sind. Der letzte war der Apostel Johannes, um 100 nach Christus. Die Offenbarung des Johannes sollte die biblische Offenbarung abschließen, und er starb. Die Apostel haben keine Nachfolger, die als Apostel eingesetzt wurden.
Jetzt stellt sich die Frage: Wie ist es mit dem Ältestenamt? Wenn die Apostel nicht mehr da sind, wie können Älteste eingesetzt werden? Die Apostel gibt es nicht mehr. Man kann nicht einfach sagen: „Jetzt muss die Gemeinde wählen.“ Denn damit würde das Prinzip auf den Kopf gestellt, das ein biblisches Prinzip ist: Autorität wird von oben her eingesetzt.
Der Vater hat den Sohn, der ihm gleich ist, der sich aber erniedrigte (Philipper 2,5) und Knechtsgestalt angenommen hat. Der Vater hat den Sohn, der sich erniedrigt hat, in die Welt gesandt. Der Sohn, der Messias, hat die Apostel ausgewählt – die Zwölf und auch den Apostel Paulus, dem er vor den Toren von Damaskus erschienen ist. Wiederum haben Älteste eingesetzt. So wird von oben herab Autorität eingesetzt, nicht von unten her.
Wir müssen also anerkennen, dass es seit dem zweiten Jahrhundert keine Einsetzung von Ältesten mehr mit apostolischer, sichtbarer Autorität gibt. Aber der Heilige Geist setzt immer noch Gläubige für diesen Dienst ein.
Natürlich kann jeder kommen und sagen: „Übrigens, ich bin von oben her eingesetzt, ich bin ab heute euer Ältester.“ Das kann jeder behaupten. Dann müssen wir aber die Listen aus Titus 1 und 1. Timotheus betrachten. Wenn jemand sagt: „Ich bin jetzt euer Ältester“, können wir ihm antworten: „Das ist schon mal ein schöner Wunsch.“
1. Timotheus 3,1 sagt: „Das Wort ist gewiss: Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk.“ Grundsätzlich ist das eine schöne Aufgabe. Aber einfach zu sagen: „Ich bin das“, ist etwas voreilig. Darum gibt es in 1. Timotheus 3 eine Liste mit Anforderungen.
Beim Lesen dieser Listen könnte einem schwindelig werden: Wer erfüllt das schon? Aber wichtig ist, dass hier das gleiche Prinzip wie im Alten Testament gilt. Dort wird zum Beispiel von Noah gesagt, er sei untadelig gewesen, oder von Hiob, der ebenfalls untadelig war. Wenn wir die Hiobsgeschichte lesen, stellen wir fest, dass er kein sündloser, perfekter Mensch war. Aber sein Leben war geprägt von Treue in der Nachfolge. Das gilt auch für Noah: Sein Leben war von Treue und Hingabe geprägt.
Diese Anforderungen bedeuten nicht, dass man im Einzelnen nicht versagen darf. Wie Jakobus 3 sagt: „Sei nicht vielleerer, denn wir alle stolpern oft.“ Es geht darum, dass das Leben grundsätzlich von diesen Eigenschaften geprägt ist.
Ob jemand vom Heiligen Geist eingesetzt ist, können wir nicht sehen – das ist unsichtbar, so wie damals. Aber wir können die Auswirkungen erkennen.
Ein interessantes Beispiel finden wir im Zusammenhang mit dem Diakonendienst. Der Apostel Paulus sagt in 1. Timotheus 3,10: „Lasst diese aber auch zuerst erprobt werden, dann lasst sie dienen, wenn sie untadelig sind.“ Man muss also diesen Dienst zuerst einmal tun. Paulus sagt, wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, begehrt er ein schönes Werk. Was heißt das? Er soll sich um die Gläubigen in der Gemeinde kümmern, den Einzelnen begleiten und Verantwortung übernehmen. Das ist eine wachstümliche Sache.
Immer mehr wird von der Gemeinde erkannt: Das ist ein Dienst, der unter uns getan wird und genau diesen Anforderungen entspricht. Das ist eine Bestätigung, dass der Heilige Geist denjenigen zu dieser Aufgabe nicht nur befähigt, sondern auch eingesetzt hat.
Dazu hilft uns 1. Thessalonicher 5,12: „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die anerkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen. Und achtet sie über die Maßen in Liebe um ihres Werkes willen. Seid in Frieden untereinander.“ Das sind solche, die bereits am Arbeiten sind. Die Gemeinde wird aufgerufen, diese zu erkennen.
Das ist etwas völlig anderes, als wenn jemand sagt: „Ich habe Nationalökonomie studiert, ich verstehe Organisation und Management, und ab diesem Sonntag bin ich hier Ältester.“ Das wäre völlig anders. Wo ist da die Bewährung? Wo ist das Heranwachsen und Bewährtwerden im Dienst, sodass die Geschwister immer mehr sagen: „Ja, das ist so. Wer macht diesen Dienst? Er macht es gut, er hat dieses Zeugnis nach außen.“
Er ist verheiratet, und die Familie ist nicht unbedingt einfach, aber er erhält sie in Unterwürfigkeit, wie wir es gelesen haben. Die Kinder können nicht einfach machen, was sie wollen.
Das ist gerade der Punkt: Der Apostel Paulus sagt im Titusbrief und im ersten Timotheusbrief, dass ein Ältester „Mann einer Frau“ sein soll. Im ersten Timotheus lesen wir sogar, dass er seinem eigenen Haus, also seiner Familie, wohlvorstehen soll. Dort heißt es in 1. Timotheus 3,4, dass er seine Kinder in Unterwürfigkeit hält mit allem würdigen Ernst.
Dann wird als Klammergedanke hinzugefügt: „Wenn aber jemand dem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes Sorge tragen?“ Es ist wichtig, dass er in seiner Familie für Ordnung sorgen kann. Das bedeutet nicht, dass die Kinder nicht schwierig sein können, aber er kann sie zügeln.
Im Titus 1 steht, dass die Kinder gläubig sein müssen. Was ist aber mit einem Ältesten, der vier Kinder hat und eines davon ist nicht gläubig? Man muss die Bibel genau lesen und eine gute Übersetzung haben.
Titus 1,6 sagt: „Wenn jemand unter der Leitung steht, Mann einer Frau, die gläubige Kinder hat, die nicht eines ausschweifenden Lebens beschuldigt werden oder zügellos sind.“ Das heißt nicht, dass alle Kinder gläubig sein müssen. Ich habe heute eine englische Übersetzung gelesen, wo genau das steht: „seine Kinder sind gläubig.“ Das ist aber nicht dasselbe wie „gläubige Kinder hat“. Es müssen mindestens zwei gläubig sein, aber nicht unbedingt alle.
Es ist eine Tatsache, dass Eltern nicht automatisch schuldig sind, wenn nicht alle Kinder zum Glauben kommen. Natürlich muss man sich fragen, ob man das Evangelium gut vorgelebt und weitergegeben hat. Man kann sich Vorwürfe machen. Aber grundsätzlich bleibt es dabei, dass jeder Mensch sich selbst bekehren muss.
Warum werden diese Dinge gesagt? Wenn ein Ältester beraten soll, etwa bei Erziehungsfragen, ist es nicht ideal, wenn er keine Kinder hat. Man kann am besten erziehen, wenn man selbst Kinder hat. Das war für mich auch so: Man weiß genau, wann man durchgreifen muss.
Eltern wissen, wann man handeln muss, und was nicht gut wäre. Wer keine Kinder hat, weiß das oft nicht. Man kann nicht überzeugend bei Kindererziehung helfen, wenn man keine eigenen Kinder erzogen hat und nicht weiß, wie schwierig sie ab zwölf oder dreizehn sein können. Die Adoleszenz ist im Durchschnitt mit einundzwanzig Jahren abgeschlossen, aber das verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich.
Wenn man das miterlebt hat, kann man andere besser verstehen und besser beraten.
Kann man ohne Ehe und Familie Ältester sein? Nein, das kann man nicht.
Gibt es aber nur Null oder Hundert? Gibt es nicht Zwischenstufen? Eins, zwei, drei, vier, fünf? Es gibt nicht nur „keine Verantwortung für die Gemeinde“ oder „Ältester sein“. Es gibt alle Zwischenstufen.
Die Bibel sagt, um das Amt des Ältesten auszuüben, braucht man diese Voraussetzungen. Aber es gibt viele Aufgaben, die mit den Gaben verbunden sind, die jeder hat.
Auch ein lediger Mann kann vom Herrn berufen sein, das Wort Gottes zu verkündigen, zu lehren oder als Hirte das Wort Gottes praktisch für Herzen und Umstände zu erläutern. Er kann Evangelist sein. Dazu muss man nicht verheiratet sein.
Es geht nur um diese spezielle Aufgabe, bei der es auch darum geht, die Gemeinde zu verwalten, wie es für den Ältesten hier vorgestellt wird.
Es gibt also Zwischenstufen, und jeder muss seine Verantwortung übernehmen.
Die Anerkennung der leitenden Dienste in der Gemeinde
Wenn wir noch einmal auf 1. Thessalonicher 5 zurückgreifen, richtet sich die Aufforderung in Vers 14 an alle. Dort heißt es zunächst: Erkennt die, die unter euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen.
Übrigens bedeutet „erkennen“ im Griechischen gleichzeitig auch „anerkennen“. Es ist dasselbe Wort, das beides im Deutschen ausdrückt: erkennen und anerkennen. Anerkennen ist jedoch nicht dasselbe wie wählen. Es geht vielmehr darum, dass eine Gemeinde den Dienst eines Bruders als Ältester anerkennt, weil es offensichtlich ist, dass er im Herrn vorsteht und in guter Weise zurechtweist. Solche Brüder sollen dann, wie es hier heißt, über die Maßen in Liebe geachtet werden – um ihres Werkes willen.
Dann heißt es für alle: Seid in Frieden untereinander. Wir mahnen euch aber, Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an und seid langmütig zu allen.
Seht zu, dass niemand Bösem mit Bösem vergelte, sondern strebt allezeit dem Guten nach, sowohl zueinander als auch zu allen.
Hier wird also gesagt: Weist die Unordentlichen zurecht. Das ist nicht nur Aufgabe der Aufseher, der Episkopos. Das Wort Episkopos bedeutet „Überseher“ oder „Aufseher“ und beschreibt jemanden, der den Überblick hat. Er interessiert sich auch dafür, wenn neue Leute in die Gemeinde kommen. Manche fragen nach einem halben Jahr: Wer sind die eigentlich? Wenn sich ein Aufseher bis dahin nie interessiert hat, fällt es ihm plötzlich auf, dass jemand schon ein halbes Jahr da ist. Das ist jedoch nicht die Aufgabe eines echten Episkopos. Man muss immer wieder über die Gemeinde schauen.
Diese Aufgabe, darauf zu achten, haben alle. Deshalb heißt es hier: Weist die Unordentlichen zurecht. Das sind Menschen, die Dinge tun, die nicht recht sind, obwohl sie es besser könnten. Unordentliche müssen zurechtgewiesen werden.
Dann gibt es eine andere Gruppe: Tröstet die Kleinmütigen. Das sind diejenigen, die sagen: „Ich kann das nicht“, obwohl sie es eigentlich könnten. Sie wissen es nur nicht. Diese Menschen müssen ermutigt werden, nicht zurechtgewiesen. Zum Beispiel: „Natürlich kannst du das, und das hast du auch schon gezeigt.“
Außerdem heißt es: Nehmt euch der Schwachen an. Das sind Menschen, die gewisse Dinge nicht können. Es geht hier nicht um die Frage von Sünde. Schwachheit ist in der Bibel nicht dasselbe wie Sünde. Sie haben bestimmte Schwächen, die ein Unvermögen darstellen, und diese Menschen müssen betreut werden.
Diese Aufforderungen sind an alle gerichtet, nicht nur an die Ältesten. Dann kommt noch die Mahnung: Seid langmütig zu allen. Das heißt, man soll geduldig mit allen sein, ganz gleich, ob sie schwach, unordentlich oder kleinmütig sind.
Das ist die Aufgabe aller. Und das ist ein ganz wichtiger Punkt: Man lernt, dass es einen Zwischenbereich gibt bis hin zum Ältestenamt. Man wird nicht aus dem Nichts Ältester, sondern man wird vorher bewährt.
Lass sie auch dienen, haben wir bei den Diakonen gesehen. Wenn sie sich bewähren, dann kommt auch die Anerkennung. Das gilt auch für die Diener, die Diakone.
Wesentliche Charaktereigenschaften und Anforderungen an Älteste
Und noch etwas in Verbindung mit diesem Katalog: Wir können nicht jeden Punkt detailliert durchgehen, da die Zeit dafür nicht ausreichen würde. Aber einige Dinge haben wir bereits angeschaut. Es ist wichtig, auf Titus 1,7 hinzuweisen. Dort heißt es, dass ein Gottesverwalter „nicht eigenmächtig“ sein soll. Dieses Wort bedeutet im Griechischen neben „eigenmächtig“ auch „eigenwillig“ oder „dickköpfig“.
Das ist eine wichtige Sache, denn wenn ein Ältester eigenwillig ist – also ganz auf sich selbst gestellt und verstockt – dann funktioniert das nicht. Das geht nicht. Ebenso soll er nicht zornmütig sein. Das heißt, er soll nicht schon beim kleinsten Anlass wütend werden.
Weiter wird gesagt, dass der Umgang mit Alkohol untadelig sein muss. Ein Ältester darf kein Schläger sein, darf keinen schändlichen Gewinn anstreben und darf nichts mit Geldliebe zu tun haben. Wir wissen, wie groß dieses Problem in der Christenheit gerade in Bezug auf Führung und Gläubige ist: Geldliebe.
Das wird hier und auch im ersten Timotheusbrief deutlich angesprochen. Außerdem soll ein Ältester gastfrei, das Gute liebend, besonnen, gerecht und fromm sein. Diese Eigenschaften werden im Titusbrief teilweise auch allen Gläubigen zugeschrieben.
Von den Frauen heißt es in Titus 2,4, dass sie ihre Männer und Kinder lieben sollen, besonnen und keusch sein und so weiter. Dieser Katalog der Ältesten hat also eine ganz praktische Bedeutung für alle Gläubigen. Denn diese Liste beschreibt das, was alle Gläubigen anstreben sollen. Es soll in ihrem Leben das Normale sein, das, was sie prägt.
Deshalb darf man nicht denken: „Das ist nur für die Ältesten, das kann ich überspringen.“ Gehen wir zum Beispiel bis zu Vers 15, so funktioniert das überhaupt nicht. Stattdessen müssen wir uns bei jeder Stelle fragen: An wen richtet sich das zuerst? Zum Beispiel im Alten Testament ganz klar an Israel, nicht an die Gemeinde.
Dann müssen wir in zweiter Linie fragen: Was bedeutet das praktisch für mich? So ist es auch, wenn man über die Ältesten liest. Dann muss man fragen: Was bedeutet das für mich? Sind diese Qualitäten bei mir vorhanden? Wo muss ich etwas ändern? Wo muss ich mich verbessern?
So lesen wir doch die Bibel, hoffentlich jeden Tag, immer wieder mit der Frage: Was lehrt mich dieser Abschnitt für mein Leben? Was muss ich in meinem Leben ändern? Oder was soll ich weiter fördern, was hier steht? So wird das ganze Wort Gottes lebendig für uns.
Die Bedeutung der Lehre und der moralischen Autorität im Ältestendienst
In Titus 1,9 wird abschließend betont, dass der Älteste gerecht, fromm und enthaltsam sein soll. Er muss sich fest an das zuverlässige Wort halten, also an die Lehre. Das bedeutet, dass die Lehre des Wortes Gottes für ihn eine Herzensangelegenheit sein muss.
Interessant ist, dass im Neuen Testament, wenn von der richtigen Lehre der Bibel die Rede ist, immer die Einzahl verwendet wird: die Lehre, nie die Lehren. Das liegt daran, dass es nur eine richtige Auslegung gibt. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen, besonders wenn verschiedene Leute unterschiedliche Interpretationen haben. Es ist nicht so, dass alle Interpretationen richtig sein könnten. Es gibt nur eine richtige Auslegung, auch wenn wir diese noch nicht kennen oder sie von den bekannten Auslegungen abweicht.
Hier heißt es also, der Älteste soll „anhängend dem zuverlässigen Wort nach der Lehre“ sein. Das bedeutet, es geht nicht um vage oder unsichere Aussagen, sondern um eine klare und verlässliche Lehre. So ist er fähig, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen.
Der Älteste muss falscher Lehre entgegentreten. Dabei reicht es nicht aus, einfach nur zu sagen, dass etwas falsch ist. Er muss seine Haltung begründen und die falschen Lehren genau erklären können. Nun könnte man sagen, dass ein Ältester unbedingt die Gabe des Lehrens haben muss. Diese Gabe befähigt ihn, die Lehre des Wortes Gottes zu erkennen und zu vermitteln.
In 1. Timotheus 3 wird gesagt, dass ein Ältester lehrfähig sein soll. Das ist nicht dasselbe wie die Gabe des Lehrens zu besitzen. Trotzdem muss ein Ältester, auch wenn er kein Lehrer oder Evangelist ist, die Lehre erklären und denen, die widersprechen, eine Begründung geben können.
Es gibt eine Autorität, eine moralische Autorität, die ein Ältester innehat. Heute gibt es keine formelle Autorität mehr, da keine Apostel mehr eingesetzt werden. Dennoch besitzt der Älteste eine moralische Autorität. Diese zeigt sich darin, dass er mit der gesunden Lehre ermahnt und die Widersprechenden überführt.
In Vers 11 wird sogar erwähnt, dass es in besonders schweren Fällen nötig sein kann, jemandem den Mund zu stopfen. Das betrifft Personen, die die Gemeinde verwirren und „ganze Häuser“, also Familien, durcheinanderbringen und zum Abfall verleiten.
Die Unterstützung der Ältesten durch den Diakonendienst
Nun ist es so, dass wir als Priester bestimmte Aufgaben haben. Diese Aufgaben erfüllen wir mit den Gnadengaben, die uns gegeben sind. Sie stehen in engem Zusammenhang mit dem Ältestendienst und dem Diakonendienst. Der Diakonendienst ist dabei ein Dienst, der das Werk der Ältesten unterstützt und entlastet.
Ganz am Anfang der Gemeindezeit, in Apostelgeschichte 2, entstand die Gemeinde in Jerusalem am Pfingsttag. An diesem Tag kamen etwa dreitausend Menschen zum Glauben. Die Zahl stieg später auf fünftausend Männer an. Dabei ist zu beachten, dass die dreitausend nicht nur Männer, sondern auch Frauen sein konnten. Die fünftausend Männer bedeuten, dass es, hochgerechnet mit den Frauen, etwa zehntausend Gläubige waren.
In der Gemeinde kam es dann zu Murren zwischen zwei Gruppen: den Hellenisten und den Hebräern. Die Apostel stellten fest, dass es in praktischen Dingen, insbesondere bei der Verteilung des Essens, Probleme gab. Die hellenistischen Witwen wurden übersehen, was zu Unzufriedenheit führte. Die Apostel sagten daraufhin, dass unbedingt Diakone eingesetzt werden müssen, die diese praktischen Aufgaben und Verwaltungsfragen in der Gemeinde übernehmen.
Diese Diakone mussten voll Heiligen Geistes sein. Das war nicht einfach. Es ging nicht darum, dass jemand nur gut in Wirtschaft oder Management war, sondern dass er geistlich erfüllt war. So wurden sieben Diakone eingesetzt.
Die Apostel erklärten, dass ihre Hauptaufgabe die Verkündigung ist. Damit sie sich darauf konzentrieren können und nicht auch noch die praktischen Aufgaben übernehmen müssen, brauchen sie die Unterstützung durch diese Diener.
Gerade das wird auch in 1. Timotheus 3 deutlich, wo klargemacht wird, dass diese Diener eine geistliche und moralische Autorität darstellen müssen. Deshalb sind dort auch die entsprechenden Voraussetzungen für diese Dienste beschrieben.
Parallelen zwischen dem Priesterdienst im Alten Testament und der Gemeinde heute
Jetzt haben wir also den Priesterdienst, Gaben und Ämter. Wir können dieses Thema beliebig vertiefen, indem wir die Illustrationen aus dem Alten Testament hinzuziehen. In Römer 15 heißt es, dass alle Dinge, die zuvor geschrieben wurden, zu unserer Belehrung geschrieben sind.
Der Priesterdienst wird im Alten Testament durch das Volk Israel vorgeschattet. Dieses Volk ist ein Bild, daraus eine Familie, eine Abstammungslinie – die Nachkommen Aarons, die Priester waren. Es ist praktisch, Priesterdienst zu tun und Anbetung zu üben. In 1. Petrus 2 lesen wir, dass wir geistliche Schlachtopfer darbringen, nicht wörtliche Tieropfer wie im Alten Testament, sondern geistliche. So lassen sich viele Parallelen vom Priesterdienst im Alten Testament auf die Gemeinde übertragen.
Ich möchte das an 4. Mose 3,5 erläutern: „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Lass den Stamm Levi herannahen und stelle ihn vor Aaron, den Priester, dass sie ihm dienen, und sie sollen seiner Hut warten und der Hut der ganzen Gemeinde vor dem Zelt der Zusammenkunft, um den Dienst der Wohnung zu verrichten. Sie sollen aller Geräte des Zeltes der Zusammenkunft und der Hut der Kinder Israel warten, um den Dienst der Wohnung zu verrichten.“ Die Stiftshütte ist die Wohnung.
Du sollst die Leviten Aaron und seinen Söhnen ganz zu eigen geben; sie sind ihm gegeben vonseiten der Kinder Israel. Aaron und seine Söhne sollst du bestellen, dass sie ihres Priestertums warten usw. Also war der Stamm Levi, der alle umfasste, die nicht aus der Familie Aarons stammten, als Tempeldiener, als Leviten, eingesetzt.
Innerhalb des Stammes Levi gab es unterschiedliche Aufgaben. Das kann man nachlesen in 4. Mose 3 und 4, wo genau beschrieben wird, wie die verschiedenen Familien innerhalb des Stammes Levi ganz unterschiedliche Aufgaben erhielten. Ein Teil des Stammes musste die Geräte der Stiftshütte tragen – Bundeslade, Leuchter usw. Andere mussten die Bretter tragen. Alles war genau festgelegt.
Wichtig ist: Es gab Aufgaben für alle, aber unterschiedliche Aufgaben. Das wird dargestellt als Symbol für die unterschiedlichen Gaben, Dienste und Wirkungen.
Noch etwas Wichtiges: Das Volk Israel als Ganzes ist ein Bild der Gemeinde des himmlischen Volkes. Aber beim Volk Israel war nur eine Familie für den Priesterdienst ausgewählt – die Familie Aarons. Für die Gemeinde hingegen sind alle Priester, gewissermaßen alle Aaroniter.
In Israel war ein Stamm aus den zwölf Stämmen für die verschiedenen Gaben und Aufgaben des Tempels zur Unterstützung des Priestertums ausgewählt – der Stamm Levi. Übertragen auf die Gemeinde sind alle Erlösten Leviten, aber sie müssen erkennen, wo ihre Aufgaben liegen.
Wie werden nun diese Verwaltungsaufgaben als Älteste im Alten Testament vorgeschattet? Durch all die Führungsbeispiele im Alten Testament. Mose zum Beispiel war Führer des Volkes Israel. Man könnte sagen, das war ein deutliches Einmannsystem und daraus die Begründung für das Pfarrsystem ableiten. Doch wir haben gerade beim letzten Mal gesehen, dass es im Neuen Testament keinen Pfarrer oder Pastor der Gemeinde gibt.
Mose war aber nicht allein. Da war auch Aaron. Oft hört man nur „Mose, Mose, Mose“, aber auch „Aaron, Aaron, Aaron“. Als es Mose zu viel wurde, mussten siebzig Älteste dazukommen, um die Aufgaben zu übernehmen, die für Mose zu viel waren. Natürlich hatte Mose eine besondere Aufgabe, aber es gab siebzig Personen, die die Hauptverantwortung in der Leitung des Volkes Israel trugen.
So geht es weiter: Später unter Josua heißt es oft „Josua, Josua, Josua“. Nein, Josua hatte zwar eine Hauptaufgabe, aber es waren auch all diese Ältesten Israels, die mit ihm trugen und leiteten. Das war eine Einheit.
Wir sehen sogar am Ende des Buchs Josua, dass es Israel gut ging, solange Josua lebte und die Ältesten zur Zeit Josuas aktiv waren. Dann kam der Generationenwechsel – ein immer gefährlicher Übergang – und es ging abwärts.
Im Buch der Richter sehen wir, wie Richter richteten. Der Herr benutzte bestimmte Werkzeuge, aber immer wieder sehen wir, wie andere mitführten und mitleiteten. So zieht sich das ganze Alte Testament hindurch.
Denken wir an die Zeit der Könige: Auch dort war der König nicht Alleinherrscher. Es gab Fürsten, die mit ihm regierten, und den Hohenpriester, der ebenfalls mitregierte. Es war immer eine Vielzahl von Leitern.
Als das Volk aus Babylon zurückkehrte, war Zerubbabel da, aber auch Jeshua, der Hohepriester. Später kam Nehemia mit dem Anliegen, die Mauer Jerusalems zu bauen (Nehemia 2). Seine motivierende Kraft brachte das Volk dazu, das jahrzehntelang Jerusalem in Trümmern lag, aufzurichten.
In Nehemia 3 sehen wir viele Namen von Beteiligten. Als sie mit dem Bau Jerusalems begannen, wird zuerst die Nordmauer mit dem Schaftor erwähnt, wo Eliaschib, der Hohepriester, arbeitete. Er war neben Nehemia eine wichtige Führungsperson.
Viele andere, auch Bezirksleiter, wirkten beim Mauerbau mit. Man kann sagen, dass Fürsten die Last der Leitung mittrugen. Die Verantwortung war verteilt, und mehrere trugen gemeinsam die Leitung.
So können wir enorm von all diesen Beispielen aus dem Alten Testament profitieren. Sie helfen uns zu verstehen, was der Priesterdienst ist, was der Dienst mit den Gaben bedeutet und wie Führung nach Gottes Gedanken aussieht.
Die moralische Autorität als Grundlage für Gemeindeleitung
Und noch ein Punkt: Man könnte ein wenig wehmütig sein, dass es keine offiziell eingesetzten Ältesten mehr gibt. Aber was macht jemanden eigentlich zum Ältesten? Es ist die moralische Kraft. Wenn diese nicht mehr überzeugt, dann muss auch keine Wahl oder Abwahl stattfinden. Es gab ja nie eine Wahl, also braucht es auch keine Abwahl. Es steht und fällt damit.
Wir sehen zum Beispiel in Nehemia 3, am Ende noch Hinweise darauf. Dort wird beschrieben, wie Nehemia die Menschen ermutigt hat: „Lasst uns die Mauer Jerusalems bauen!“ Und fast alle gingen ans Werk. Das wird in Nehemia 3 sehr anschaulich dargestellt, wie rund um die Stadt die Mauer Jerusalems gebaut wurde.
In Nehemia 3, Vers 1, heißt es: Eljaschib, der Hohepriester, und seine Brüder, die Priester, machten sich auf und bauten das Schaftor. Sie heiligten es und setzten seine Türflügel ein. Sie heiligten es bis an den Turm Mea, bis an den Turm Hananel und so weiter.
Aber dann, in Vers 3, lesen wir von einem nächsten Arbeitstrupp, der den nächsten Abschnitt baute: Das Fischtor bauten die Söhne Sinas. Sie versahen es mit Balken und setzten seine Flügel, Klammern und Riegel ein.
Fällt etwas auf? Sie haben auch Riegel eingesetzt bei den Toren. Bei Eljaschib heißt es jedoch nur, dass sie die Türflügel einsetzten, aber keine Riegel. Wenn wir weiterlesen, wird immer wieder erwähnt, dass an vielen Stellen Riegel eingesetzt wurden, zum Beispiel in Vers 6 oder Vers 13, 14 und 15. Dort aber nicht.
Es stellt sich die Frage, ob Eljaschib nicht dieselbe Überzeugung hatte wie Nehemia. Nehemia wollte die Mauer bauen, um den Tempel mit dem Leviten- und Priesterdienst vor dem Feind zu schützen. Doch Eljaschib ließ die Tür offen.
Später, in Kapitel 13, Vers 4, lesen wir: Eljaschib, der Priester, der über die Kammern des Hauses Gottes gesetzt war, war ein Verwandter Tobijas. Diesem hatte er eine große Kammer gemacht, wohin man vorher die Speisopfer, den Weihrauch, die Geräte und den Zehnten vom Getreide, Most und Öl legte, der für die Leviten, Sänger, Torhüter, Hebopfer und Priester bestimmt war.
Tobija war von Anfang an ein Feind des Volkes Gottes (vgl. Nehemia 4). Eljaschib war mit Tobija verwandt. In Kapitel 6 wird erwähnt, dass jemand in diese Feindesfamilie hineingeheiratet hatte. Eljaschib gab dem Feind im Tempel eine Kammer und entfernte wichtige Dinge aus dem Tempel.
Die Reaktion darauf war enorm. In Vers 6 heißt es: Das geschah in der Abwesenheit Nehemias. Während dieser Zeit war ich jedoch nicht in Jerusalem, denn im 32. Jahr des Königs Artaxerxes von Babel war ich zum König zurückgekehrt. Nach einiger Zeit bat ich um Urlaub vom König, und als ich nach Jerusalem kam, bemerkte ich das Unrecht, das Eljaschib zugunsten Tobijas getan hatte. Er hatte ihm eine Kammer in den Höfen des Hauses Gottes gemacht. Das missfiel mir sehr, und ich warf alle Hausgeräte Tobijas aus der Kammer hinaus. Ich befahl, die Kammern zu reinigen, und brachte die Geräte des Hauses Gottes, das Speisopfer und den Weihrauch wieder hinein.
Nehemia hat hier seine Aufgabe wahrgenommen, die Widersprechenden zu überführen (vgl. Titulus 1), und zog die nötigen Konsequenzen.
Zum Schluss noch eine weitere Stelle, Nehemia 13, Vers 28: Dort schreibt Nehemia: „Und einer von den Söhnen Jojadas, des Sohnes Eljaschibs, des Hohenpriesters, war Schwager Sanballats, des Horonitters. Ich jagte ihn von mir weg.“
Es war nicht Eljaschib selbst, sondern sein Enkel, der sich mit Sanballat verschwägert hatte. Sanballat war der zweite Feind Israels neben Tobija. Er war der Führer der Samaritaner und baute den ersten samaritanischen Tempel auf dem Berg Garizim. Der hohe Priesterenkel heiratete dort hinein. So hatten die Samaritaner tatsächlich Aroniter als Hohepriester. Sie sind bis heute stolz auf ihre Hohepriesterlinie.
Wir sehen also, dass es in dieser Familie eine Offenheit gab, die Nehemia nicht tolerierte. Auch hier zog er Konsequenzen und jagte den Mann von sich weg.
Aus all diesen Beispielen im Alten Testament können wir viel lernen zu diesem Thema. An dieser Stelle möchte ich nun einen Punkt machen.