Liebe Geschwister, liebe Freunde,
im Rahmen dieser Israel-Tage wollen wir heute Morgen gemeinsam das Buch des Propheten Joel betrachten. Wir werden das ganze Buch durchgehen.
Wie bin ich eigentlich auf dieses Thema gekommen? Unsere Liebe zu Israel, verbunden mit der Überzeugung, dass Gott einen Ratschluss für dieses Volk hat, muss unbedingt in der Heiligen Schrift verwurzelt sein. Sie darf nicht auf irgendwelchen Gefühlen oder Sympathien beruhen, sondern muss im Wort Gottes gegründet sein.
Andernfalls kann es sein, dass wir im Blick auf Israel zwar Eifer haben, aber nicht nach Erkenntnis handeln – so wie Paulus es in einem anderen Zusammenhang sagt: „Ich gebe Ihnen Zeugnis, dass Sie Eifer haben, aber nicht nach Erkenntnis.“ Unsere Liebe zu Israel muss also im Wort Gottes verwurzelt sein.
Dabei ist es besonders wichtig, dass wir die prophetischen Bücher kennen und in ihnen immer mehr verwurzelt werden.
Einordnung und historische Einbettung des Buches Joel
Nun betrachten wir die Botschaft des kleinen Buches Joel. Zunächst einige Bemerkungen zur Entstehungszeit. Es ist immer wichtig zu wissen, wann ein Bibelbuch geschrieben wurde, wenn man sich damit beschäftigt.
Das Buch beginnt in Vers 1 mit den Worten: „Das Wort des Herrn, das geschah zu Joel, dem Sohn Petuels.“ Hier finden wir, anders als bei anderen Bibelbüchern, keine Angaben zur Regierungszeit eines Königs oder mehrerer Könige.
Wie können wir dieses Buch also datieren? Gemäß der Einordnung unter die vorassyrischen Bücher können wir sagen, dass Joel zu den sehr alten Prophetenbüchern gehört. In der hebräischen Überlieferung des Alten Testaments spielen die zwölf sogenannten kleinen Propheten eine wichtige Rolle. Die Anordnung dieser Bücher ist nicht zufällig, sondern wurde nach Zeitperioden vorgenommen.
Die ersten Bücher sind in die Zeit eingeordnet, als die Assyrer ein Weltreich hatten. Bis etwa 722 v. Chr. hatten sie die zehn Stämme Israels erobert – ein Höhepunkt der assyrischen Zeit. Im Jahr 612 v. Chr. fiel Assyrien endgültig. Für die assyrische Zeit werden daher die ersten Prophetenbücher eingeordnet: Hosea, Joel, Amos, Obadja. Danach folgen die Propheten aus der Zeit des babylonischen Exils und schließlich die Propheten der nachexilischen Zeit.
Joel ist also sehr früh unter die ersten Bücher eingeordnet. Das bringt das Buch etwa ins achte Jahrhundert vor Christus.
Grundthema und prophetische Zusammenfassung
Das Thema lautet „Aus der Finsternis zum Licht“. Das ganze Buch illustriert dieses wunderbare Wort aus Psalm 112, Vers 4, wo es heißt: „Den Aufrichtigen geht Licht auf in der Finsternis, er ist gnädig und barmherzig und gerecht.“
Das Thema zeigt, wie Israel durch die größte Finsternis hindurchgehen muss, in der Endzeit aber schließlich zum Licht hingeführt wird. Eine Zusammenfassung des Buches könnte man wie folgt umschreiben: Die islamische Großkoalition unter der Führung Syriens wird Israel völlig überrennen und verwüsten. Das geschieht in der großen Drangsalzeit.
Der Ewige wird schließlich persönlich intervenieren, diese Heere vernichten, den jüdischen Überrest befreien und ihn in den Segen des messianischen Friedensreiches hineinführen.
Ich will ganz kurz die großen Linien der Prophetie vorzeichnen. Wir erwarten, dürfen erwarten, tagtäglich das Wiederkommen des Herrn Jesus Christus zur Entrückung der Gemeinde. Das muss geschehen vor dem Auftreten des Antichrists als Verführer, wie es offenbar in 2. Thessalonicher 2, Vers 3 beschrieben wird.
Der Herr sagt zu Philadelphia: „Ich werde dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, welche auf der Erde wohnen. Halte fest, was du hast, auf dass niemand deine Krone nehme!“ In diesem Zusammenhang sagt der Herr auch: „Ich komme bald.“
Der Heilige Geist wird bei der Entrückung weggehen, und so kommt es nach 2. Thessalonicher 2 dazu, dass der, der zurückhält, aus dem Weg ist. Dann kann der Mensch der Sünde offenbar werden.
Danach tritt Israel wieder neu ins Zentrum des Heilsplans.
Israel im Heilsplan und der Überrest
Jetzt steht Israel auf der Wartebank. Das Evangelium verbreitet sich unter allen Völkern auf allen fünf Kontinenten. Doch dann wird Israel wieder voll in den Vordergrund treten.
Es wird in Israel eine Erweckung geben. Der Überrest Israels wird zum Glauben kommen.
Eine Stelle dazu findet sich in Jesaja 10,20-22:
„Und es wird geschehen an jenem Tage, da wird der Überrest Israels und das Entronnene des Hauses Jakob sich nicht mehr stützen auf den, der es schlägt, sondern es wird sich stützen auf den Herrn, den Heiligen Israels in Wahrheit. Der Überrest wird umkehren. Der Überrest Jakobs wird sich zu dem starken Gott wenden. Denn wenn auch dein Volk, Israel, wie der Sand des Meeres wäre, nur ein Überrest davon wird umkehren. Vertilgung ist festbeschlossen, sie bringt ein Heer flutend Gerechtigkeit. Denn der Herr, der Ewige, der HERR der Heerscharen, vollführt Vernichtung und Festbeschlossenes inmitten der ganzen Erde.“
Ein Überrest wird umkehren. Es wird nicht das ganze Volk Israel sein, sondern nur ein Überrest.
Jesaja 37 zeigt uns, wo diese Erweckung beginnen wird. Nicht bei den Juden in der Diaspora, also im Ausland, sondern im Land selbst.
In Jesaja 37,31 heißt es:
„Und das Entronnene vom Hause Juda, das übrig geblieben ist, wird wiederum Wurzeln schlagen und Frucht tragen. Denn von Jerusalem wird ein Überrest ausgehen und ein Entronnenes vom Berge Zion. Der Eifer des Herrn der Heerscharen wird dies vollbringen.“
Das jüdische Volk musste also in der Endzeit in das Land der Vorväter zurückkehren, nach Jerusalem und sogar zum Berg Zion. Das ist der Tempelberg in Ostjerusalem, der erst seit 1967 in israelischer Hand ist.
Von dort aus, von Ostjerusalem, wird die Erweckung ausgehen.
Der Überrest und die Läuterung
Nun, nur ein Überrest wird gerettet werden. In Sacharja 13,8 heißt es: „Und es wird geschehen im ganzen Land, spricht der Herr, dass zwei Drittel davon ausgerottet und vergehen werden, aber das dritte Drittel wird übrig bleiben. Ich werde dieses Drittel ins Feuer bringen und sie läutern, wie man Silber läutert, und sie prüfen, wie man Gold prüft. Es wird meinen Namen anrufen, und ich werde ihm antworten. Ich werde sagen: ‚Es ist mein Volk.‘ Und es wird sagen: ‚Der Herr ist mein Gott.‘“
Ein Drittel wird also umkehren. Das ist natürlich überwältigend. Würde ein Drittel von Deutschland in der Endzeit umkehren, wäre das eine große Veränderung. Diese Verheißung gibt es jedoch nicht für Deutschland. Im Blick auf Israel gibt es diese Verheißung aber.
Nach der Entrückung wird sich also ein Überrest herausbilden. Zuerst sind da die 144.000, die die Vorhut bilden – die 144.000 Versiegelten aus Offenbarung 7. Sie werden eine wichtige Rolle spielen, besonders im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des dritten Tempels, der noch kommen wird. Davon werden wir einiges hören im Buch Joel. Deshalb lesen wir an dieser Stelle keine weiteren Bibelstellen dazu.
Der Antichrist wird Führer in Israel sein, und die Masse wird durch ihn verführt werden. Schließlich wird er ein Götzenbild auf dem Tempelplatz, im Vorhof des dritten Tempels, aufstellen. Dieses Ereignis erwähnte Herr Jesus in Matthäus 24,15.
Die grosse Drangsal und der Gräuel der Verwüstung
Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel den Propheten gesprochen wurde, an heiligem Ort stehen seht – wer es liest, der beachte es –, dann sollen die in Judäa auf die Berge fliehen. Wer auf dem Dach ist, soll nicht hinabsteigen, um die Sachen aus dem Haus zu holen.
Denn dann wird eine große Drangsal sein, wie sie von Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nie wieder sein wird. Wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden, kein Mensch würde überleben.
Dieser Gräuel der Verwüstung ist das Götzenbild, ein entsprechendes Götzenbild nach Offenbarung 13, das der Antichrist an heiligem Ort, im dritten Tempel, aufstellen wird, um den Tempel zu verunreinigen. Er wird ein Gegner des Überrestes sein.
Das wird das Zeichen für die 144 sein, um dann auf die Berge zu fliehen und schließlich nach Jordanien in die Wüste. Dort wird Gott sie während der großen Drangsal bewahren.
In Matthäus 24 wird nicht erklärt, was diese große Drangsal auslöst. Der Auslöser wird als dieses Götzenbild genannt. Aber worin besteht dann die Drangsal?
Der erste Schlag wird sein, dass der König des Nordens Israel mit all seinen Verbündeten überrennen wird. Ich lese dazu noch aus Daniel 11, Vers 40.
Die Rolle des Königs des Nordens und des Südens
In Daniel 11,36-39 wird der Antichrist als Herrscher und König in Israel beschrieben. In Vers 40 heißt es: „Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens…“ In der erfüllten Prophetie war der König des Südens immer Ägypten, während der König des Nordens stets Syrien war. Deshalb können wir diese Figuren genau zuordnen.
Zur Zeit des Endes wird der König des Südens, also Ägypten, mit dem Antichristen zusammenstoßen. Der König des Nordens, Syrien, wird gegen den Antichristen anstürmen – mit Wagen, Reitern und vielen Schiffen. Er wird in die Länder eindringen, sie überschwemmen und überfluten. Außerdem wird er in das Land der Zirde einfallen. Viele Länder werden zu Fall kommen.
Diese aber werden seiner Hand entrinnen: Edom im Süden Jordaniens, Moab in der Mitte Jordaniens und die vornehmsten der Kinder Ammon im Norden Jordaniens. Dennoch wird er seine Hand an die Länder legen, und das Land Ägypten wird nicht entrinnen. Er wird die Schätze an Gold, Silber und alle Kostbarkeiten Ägyptens in seine Gewalt bringen. Libyen und die Kuschiten werden in seinem Gefolge sein.
Kusch ist in der Bibel eine Bezeichnung für das Gebiet des heutigen Sudans, Äthiopiens und Eritreas. Libyen und Sudan werden also zu seinen Verbündeten gehören. Doch Gerüchte von Osten und Norden werden ihn erschrecken. Daraufhin wird er in großem Grimm ausziehen, um viele zu vernichten und zu vertilgen.
Er wird sein Palastgezelt aufschlagen zwischen dem Meer – dem Mittelmeer – und dem Berg der Heiligen Zierde, dem Tempelberg. Schließlich wird er zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.
Syrien wird also Israel von Norden angreifen, genau in dem Moment, in dem Israel durch Ägypten im Süden abgelenkt ist. Diese syrische Macht wird ganz Israel überrennen und einen weitergehenden Nahostkrieg auslösen. Jordanien wird dabei im Wesentlichen verschont bleiben. Deshalb ist der Überrest, der nach Jordanien flieht, genau am richtigen Ort.
Schließlich wird Syrien Ägypten erobern. Danach wird der König des Nordens zurückkehren, um seine Position in Israel zu festigen – zwischen dem Meer, dem Mittelmeer, und dem Berg der Heiligen Zierde, dem Tempelberg. Dann wird er zu seinem Ende kommen.
Die islamische Grosskoalition und die Heuschreckenplage
Es geht hier kurz gesagt um einen Feldzug von Norden her, der für Israel verheerend sein wird. Dieses Thema wird im Buch Joel noch ausführlicher behandelt. Dort sehen wir, dass es sich um eine Großmacht handelt.
Deshalb habe ich in der Zusammenfassung von der islamischen Großkoalition unter der Führung Syriens gesprochen. Dieser wird im Propheten Micha oder Jesaja als Assur oder der Assürer bezeichnet. Zum Beispiel in Micha 5. Das ist also dasselbe: der König des Nordens, Assur, Assyrien.
Man bedenke, dass in Daniel der König des Nordens immer Großsyrien ist, das große Teile des Nahen Ostens umfasste. In der erfüllten Prophetie war es immer dieses Großsyrien, das im Visier stand.
Nun wollen wir das am Buch Joel im Detail betrachten. Dort sehen wir, wie Israel zwar überrannt wird, aber in dieser Not ein Drittel der Bevölkerung zum Glauben kommt. Zwei Drittel werden ausgelöscht, wie wir in Sacharja 13,8 lesen. Doch ein Drittel wird umkehren, und Gott wird diesen Drittel als sein Volk anerkennen.
Da zwei Drittel ausgelöscht werden, bleibt am Ende nur noch dieses Drittel übrig. Deshalb heißt es in Römer 11: Dann wird ganz Israel gerettet werden. Aber „ganz Israel“ meint den Überrest, wie wir in Jesaja 10,20-22 gelesen haben: Wenn die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres wäre, wird nur ein Überrest errettet.
Wie bringt man diese beiden Aussagen zusammen? Ganz einfach: Der Überrest, der übrig bleibt, ist am Ende ganz Israel. Das bestätigt Römer 11,26.
Einführung in die Poesie des Buches Joel
Nun habe ich bei den ausgeteilten Blättern meine Übersetzung des Propheten Joel hinzugefügt. Dabei handelt es sich um eine ganz wörtliche Übersetzung, noch wörtlicher als die Elberfelder. Ich habe darauf geachtet, die Poesie des Textes sichtbar zu machen.
Das ganze Buch ist im Grundtext ein Gedicht, also in Verszeilen aufgeschrieben. Wir sehen hier im Text immer die einzelnen Verszeilen für sich. Dabei lernen wir auch einiges über hebräische Poesie im Alten Testament. Das ist hilfreich, auch für andere Bibeltexte, denn etwa ein Drittel des Alten Testaments ist poetisch, also in Versen abgefasst. Das entspricht dem Textumfang des gesamten Neuen Testaments. Es lohnt sich also, die Poesie des Alten Testaments etwas kennenzulernen.
Wir beginnen in Kapitel 1, Vers 1 mit dem Titel: Das Wort des Herrn, das geschah zu Joel, dem Sohn Petuels. Hört dies, ihr Ältesten, ja, nehmt es zu Ohren, alle ihr Bewohner des Landes!
Hier haben wir einen synonymen Parallelismus vor uns. Die hebräische Poesie zeigt sich durch einen Gedankenreim, der in der Übersetzung ebenfalls sichtbar und wahrnehmbar ist. Die Grundstruktur der hebräischen Poesie sind zwei parallel gestellte Verszeilen. Hier sehen wir zwei Zeilen.
Das ist der erste von drei Grundtypen. Der erste Grundtyp ist der synonyme Parallelismus. In der zweiten Zeile wird dasselbe wie in der ersten mit anderen Worten nochmals gesagt. Merken wir: „Hört dies“ entspricht in der zweiten Zeile „Ja, nehmt es zu Ohren“. „Ihr Ältesten“ wird in der Ausweitung der zweiten Zeile zu „alle ihr Bewohner des Landes“. Zuerst sind die besonders Verantwortlichen angesprochen, aber es geht alle an, was nun verkündigt wird.
Denn auf der Rückseite geht es weiter: „Ist solches in euren Tagen geschehen oder in den Tagen eurer Väter? Erzählt davon euren Kindern, und eure Kinder ihren Kindern, und ihre Kinder der folgenden Generation.“ Joel verkündet also etwas, das man aus der Vergangenheit Israels nicht kennt. Etwas ganz Schreckliches kommt jetzt, und das ist so einschneidend, dass es von Generation zu Generation weitergegeben werden soll.
Die Heuschreckenplage als Bild für den Angriff
Vers 4 beschreibt diesen Angriff der großen Koalition vom Norden her als einen Überfall einer Heuschreckenarmee. Im Text finden sich verschiedene Wörter für Heuschrecke. Im Hebräischen gibt es unterschiedliche Ausdrücke dafür.
Was der Abnager übrigließ, fraß der Vermehrer. Und was der Vermehrer übrigließ, fraß der Hüpfer. Was der Hüpfer übrigließ, fraß der Vertilger. In den Fußnoten habe ich angegeben, wie diese hebräischen Wörter lauten: Das erste Wort, Abnager, ist Gazam; Vermehrer heißt Arbe; und der dritte Begriff, Hüpfer, ist Jelek.
Dabei ist speziell die Heuschrecke im Stadium vor der letzten der vier Häutungen gemeint. In diesem Stadium sind die Flügel noch in einer hornartigen Scheide gehemmt, weshalb sie eher hüpft, als fliegen kann. Aus diesem Grund habe ich mit „Hüpfer“ übersetzt.
Es handelt sich also um eine Heuschreckenarmee, die alles verwüstet und nichts mehr übriglässt. In der Biologie ist dies ein Geheimnis: Heuschrecken gibt es ständig, aber eine Heuschreckenplage tritt nur von Zeit zu Zeit auf.
Dabei schaltet sich bei den Heuschrecken etwas um. Sie haben dann nur noch eine Idee – nein, zwei Ideen: sich vermehren und fressen. Dieses veränderte Verhalten kann plötzlich auftreten und solche verheerenden Katastrophen auslösen, wie sie im Nahen Osten oder in Afrika durch Heuschrecken vorkommen.
Die Folgen des Angriffs für Land und Tempel
Jetzt gehen wir weiter mit Vers 5:
„Wacht auf, ihr Betrunkenen, und weint, und heult alle, ihr Weintrinker, über den neuen Wein, weil er abgeschnitten ist von eurem Mund. Denn eine Nation ist hinaufgezogen über mein Land, stark und ohne Zahl, ihre Zähne sind Zähne eines Löwen, und sie hat das Gebiss einer Löwin. Sie hat meinen Weinstock zu einer erschreckenden Wüste gemacht und meinen Feigenbaum zu einer Zerknickung. Sie hat ihn völlig abgeschält und hingeworfen, seine Ranken sind weiß geworden. Wehklage wie eine Jungfrau mit Sacktuch umgürtet über den Verlobten ihrer Jugend.“
Hier haben wir sozusagen eine zweite Form des Parallelismus, den synthetischen Parallelismus. In der zweiten Zeile wird der Gedanke der ersten Zeile weitergeführt und zu einer Synthese geführt.
Zum Beispiel in Vers 8: „Wehklage wie eine Jungfrau mit Sacktuch umgürtet über den Verlobten ihrer Jugend.“ Hier werden neue Gedanken hinzugefügt, die das Ganze weiterführen und zu einer Synthese führen.
Abgeschnitten sind Speisopfer und Trankopfer vom Haus des Herrn. Jetzt wird hier zum ersten Mal bei Joel der Tempel erwähnt. Endzeitlich soll das Haus des Herrn eine Realität sein, und Speisopfer sowie Trankopfer sind eine Realität. Aber jetzt, durch diesen verheerenden Angriff von Norden, ist es nicht mehr möglich, Speisopfer und Trankopfer zu produzieren.
Das Trankopfer aus Wein kann nicht mehr hergestellt werden, denn wir haben ja in Vers 5 gelesen: „Wacht auf, ihr Betrunkenen, und weint und heult alle, ihr Weintrinker, über den neuen Wein.“ Dieser Traubensaft ist abgeschnitten von eurem Mund.
Diese schlimme Nation hat meinen Weinstock zu einer erschreckenden Wüste gemacht. Es gibt kein Trankopfer mehr, und weil auch die ganze Landwirtschaft zerstört wird, gibt es auch keine Speisopfer mehr.
Der Tempel wird hier als Realität vorausgesetzt, und zwar in der Endzeit.
Zum Begriff „Haus“, „Haus des Herrn“ habe ich eine Fußnote gemacht (Fußnote 8). Das hebräische Wort „Bayit“ ist sehr oft einfach der Fachausdruck für das eigentliche Tempelhaus. Darum sagt man „Har habayit“, der Berg des Hauses, das ist der Tempelberg auf Hebräisch.
Dieses „Haus des Herrn“ kommt dann noch mehrmals vor, so in Kapitel 1, Verse 13, 14 und 16, sowie in Kapitel 4, Vers 18.
Parallelen zu Daniel und der Bund mit den Vielen
Nun können wir hier wieder eine Parallele zu Daniel ziehen. Im Hinblick auf die letzten sieben Jahre vor der Wiederkunft Christi heißt es in Daniel 9: Der kommende Diktator des wiedererstandenen römischen Reiches, also Europas, wird einen festen Bund mit den Vielen schließen. Für eine Jahrwoche, also für sieben Jahre, wird Europa einen Bund mit der Masse des jüdischen Volkes, den Vielen, schließen.
Zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Wegen der Beschirmung der Greuel wird ein Verwüster kommen. Dabei wird es bis zur Vernichtung kommen, und Festbeschlossenes wird über das Verwüstete ausgegossen werden. Somit besteht dieser Bund zwischen Europa und Israel für sieben Jahre.
Nach dreieinhalb Jahren wird dieser Diktator jedoch veranlassen, dass die Opfer im Tempel, Schlachtopfer und Speisopfer, aufhören. Wodurch geschieht das? Der Verbündete des Diktators in Europa, das ist der Antichrist in Israel, wird ein Götzenbild im Tempel aufstellen. Dadurch wird der Tempel verunreinigt, und man kann keine Opfer mehr darbringen.
So hört das Opfer auf, und es bleiben noch dreieinhalb Jahre, also 1260 Tage, der großen Drangsal gemäß der Offenbarung. Wenn Gott diese Zeit nicht auf diese Anzahl Tage verkürzt hätte, würde die ganze Menschheit vernichtet werden; kein Fleisch würde gerettet bleiben.
In Joel haben wir jedoch nicht dieselbe Begründung für das Fehlen der Speisopfer und Trankopfer. Hier geht es nicht um das Götzenbild, das den Tempel verunreinigt hat, sondern um die Folge, dass der König des Nordens Israel überrennt und das ganze Land verwüstet. Dadurch ist es unmöglich, Speisopfer und Trankopfer herzustellen.
In Joel 1,9 heißt es: „Abgeschnitten sind Speisopfer und Trankopfer vom Haus des Herrn, die Priester trauern, die Diener des Herrn.“ Hier begegnet uns wieder ein Begriff in Verbindung mit dem dritten Tempel: die Kohanim. Die Priester sind traurig, weil sie keine Opfer mehr bringen können.
Wir finden hier einen synonymen Parallelismus: „Die Priester trauern, die Diener des Herrn.“ Priester ist parallel zu Dienern des Herrn. Das Feld ist verwüstet, der Erdboden vertrocknet, denn das Korn, aus dem man Speisopfer herstellen könnte, ist verloren. Der neue Wein, aus dem der Wein des Trankopfers produziert wird, ist zu Schanden geworden.
Auch das Olivenöl, das man für den siebenarmigen Leuchter im Heiligtum braucht, verschmachtet. Es ist ein Bestandteil des Opferdienstes, sowohl für den Leuchter als auch als Beigemisch zu den Speisopfern.
Es heißt weiter: „Seid beschämt, ihr Bauern, heult, ihr Winzer, über den Weizen und über die Gerste, denn zugrunde gegangen ist die Ernte des Feldes. Der Weinstock ist verdorrt und der Feigenbaum verwelkt, Granatapfel, auch Palme und Apfelbaum – alle Bäume des Feldes sind verdorrt. Ja, verdorrt ist die Freude, weg von den Menschenkindern.“
„Gürtet euch und wehklagt, ihr Priester!“ Jetzt haben wir sie wieder, die Kohanim. „Heult, ihr Diener des Altars!“ Hier wird ganz konkret die Struktur des Altars im dritten Tempel erwähnt: „Ihr Diener des Altars, kommt, übernachtet in Sacktuch, ihr Diener Gottes! Denn entzogen sind dem Haus eures Gottes Speis- und Trankopfer.“
Wir erkennen, dass sich der ganze Text um den dritten Tempel und das aufgehört habende Opfer dreht, ebenso um das verwüstete Land. So begegnet uns hier wieder das Tempelhaus, das Haus eures Gottes.
Aufruf zum Fasten und zur Buße
Heiligt ein Fasten! Beruft eine Festversammlung ein und versammelt die Ältesten sowie alle Bewohner des Landes. Wohin sollen sie gehen? Zum Haus des Herrn, eures Gottes. Dort sollen sie zum Herrn schreien, als ob sie in den dritten Tempel gingen und Gott in dieser größten Not anrufen würden – ohne Opfer, nur betend, aber im dritten Tempel, im Tempel der Endzeit.
Ach, über den Tag, denn nahe ist der Tag des Herrn, und gleichsam als eine Verwüstung vom Allmächtigen wird er kommen. Der Tag des Herrn ist die Zeitperiode des Wiederkommens des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit, verbunden mit der großen Drangsal. Gleichsam als eine Verwüstung vom Allmächtigen wird er kommen.
Ist nicht vor unseren Augen die Speise aus dem Haus unseres Gottes abgeschnitten, Freude und Frolocken? Auch hier wird wieder der Tempel erwähnt. Trocken sind die Saatkörner unter ihren Schollen, verödet sind die Vorratshäuser, eingerissen die Kornhäuser, denn das Getreide ist zu Schanden geworden.
Wie stöhnt das Vieh! Die Rinderherden irren umher, denn es gibt keine Weide für sie. Hier werden die Opfertiere erwähnt, denn das Vieh ist das Material für die Tieropfer. Die Rinderherden irren umher, weil es keine Weide gibt, auch die Kleinviehherden gehen zugrunde.
Opfer sind ja nach dem Alten Testament möglich: Stiere für die größten Opfer, also Rinder in Verbindung mit speziellen Opfern zur Reinigung von Verunreinigung durch den Tod, wie die rote Kuh, die rote junge Kuh – das wären auch Rinder. Aus dem Kleinvieh stammen Ziegen und Schafe. Auch die Kleinviehherden gehen zugrunde.
Zu dir, Herr, schreie ich, denn Feuer hat die Weideplätze der Wüste verzehrt. Hier eine Erklärung zum Begriff „Wüste“: Das hebräische Wort „bar“ bezeichnet nicht eine Wüste im heutigen Sinne, wo alles tot wäre. „Midbar“ ist eine für Kleinviehzucht geeignete Wüste, wie zum Beispiel die Wüste Judäa. Dort hat David seine Schafe geweidet.
Über den größten Teil des Jahres kann man in der jüdischen Wüste Kleinvieh ernähren, also ist sie ideal. Das Land Israel war geteilt in fruchtbares Ackerland, zum Beispiel in Galiläa, und die jüdische Wüste. Aber diese Wüste war eben keine tote Wüste, sondern eine „Midbar“ im Alten Testament, wo man Kleinvieh weidet.
Im Nahen Osten müssen Ackerwirtschaft und Kleinviehzucht strikt getrennt werden, denn wenn man Schafe und Ziegen auf das fruchtbare Ackerland und die Wiesen lässt, wird in kurzer Zeit das fruchtbare Land in Wüste umgewandelt und zerstört – ganz besonders durch die Ziegen, die die Grasnarbe sehr tief abbeißen und so das Land ruinieren.
Gott hat also das verheißene Land eingerichtet: ein Land, das von Milch und Honig fließt. Die jüdische Wüste ist der Bereich, wo die Milch fließt, mit Schafen und Ziegen. Der Rest des Landes ist der Ort, wo der Honig fließt. „Dwasch“ bezeichnet dabei nicht nur Bienenhonig, sondern jegliche Art von Fruchtsäften, Fruchthonig.
So ist das Land des Honigs und die Wüste das Land der Milch. Das Feuer hat die Weideplätze der Wüste verzehrt. Hier geht es speziell um die jüdische Wüste. Eine Flamme hat alle Bäume des Feldes verbrannt – sowohl den Bereich des Honigs als auch den der Milch hat diese Armee aus dem Norden zerstört.
Auch die Tiere des Feldes, das sind die wilden Tiere, die man nicht für die Opfer braucht, lechzen zu dir, denn vertrocknet sind die Wasserbäche. Feuer hat die Weideplätze der Wüste verzehrt. Diese Weideplätze sind auch für die wilden Tiere in der jüdischen Wüste wichtig, die eine sehr lebendige Wüste mit viel Fauna und vielen Tieren ist.
Der Ruf zum Schofahorn und die Ankunft des Tages des Herrn
Nun gehen wir weiter zu dem Kapitel: „Stoßt ins Schofahorn auf Zion und blast Lärm auf meinem heiligen Berg.“
Hier haben wir wieder, so nebenbei gesagt, einen synonymen Parallelismus. „Stoßt ins Schofahorn auf Zion“ bedeutet dasselbe wie „blast Lärm auf meinem heiligen Berg“.
Damit haben wir erneut einen Hinweis auf den dritten Tempel. Der Tempelberg wird erwähnt, der heilige Berg. Es ist der Berg Zion, und dort soll das Schofahorn, das Tempelhorn, das Tempeltierhorn geblasen werden.
Alle Bewohner des Landes sollen erzittern, denn es kommt der Tag des Herrn. Das ist der Tag, an dem der Richter in Macht und Herrlichkeit erscheinen wird. Ja, dieser Tag ist nahe.
Es ist ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit. Das ist die große Drangsalzeit, die das Kommen des Herrn einleitet. Ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und des Wolkendunkels.
Wie die Morgenröte, die sich über den Bergen ausbreitet, tritt ein zahlreiches und starkes Volk auf. Seinesgleichen hat es von Ewigkeit her nicht gegeben, und nach ihm wird keines fortfahren, so zu sein, bis in die Jahre der Generationen und Generationen.
Nun sehen wir diesen Feind, der von Morgen, von Norden herkommen wird. Er wird bezeichnet als ein zahlreiches und starkes Volk. Es wird hier deutlich gemacht, dass noch nie ein solches Volk je gegen Israel vorgegangen ist – so zahlreich.
Das zeigt, dass dieser König des Nordens in der erfüllten Prophetie Daniel 11,1-35 war. Das war immer Syrien, und zwar ein Großsyrien, das übrigens bis in der Antike bis nach Indien reichte.
Da kommt also eine ganze Versammlung von Nationen unter der Führung Syriens gegen Israel. Und das wird eine einmalige Katastrophe sein. Nie mehr wird es in den Jahren der Generationen und Generationen so etwas wieder geben.
Die Verwüstung des Landes und die Hoffnung auf Wiederherstellung
Kapitel 2, Vers 3: Vor ihm frisst das Feuer, eine Flamme verbrennt. Wie der Garten Eden ist das Land vor ihm, doch nach ihm liegt eine Wüste des Entsetzens.
Ist das nicht interessant? In der Bibel wird ganz klar vorausgesagt: Wenn der Messias, der leitende Messias, kommt und von der Mehrheit seines Volkes verworfen wird, wird sein Volk unter alle Völker zerstreut werden. Das Land Israel selbst wird zu einer unansehnlichen Wüste absinken. So steht es in 3. Mose 26,31: Die Feinde, die in diesem Land wohnen, werden sich entsetzen über die Wüste dieses Landes.
In der Geschichte hat sich das so erfüllt. In einem jahrhundertelangen Prozess bis ins 19. Jahrhundert sank das Land, das einst von Milch und Honig floss, immer mehr ab zu einer unansehnlichen Wüste. Mark Twain besuchte 1867 das Land der Bibel. In seinem Buch „Innocence Abroad“ schrieb er: „Das Land ist spärlich bewohnt, es hat nichts Liebliches für das Auge, es ist ein Land ohne Perspektive, gebrochen, ohne Hoffnung.“
Palästina im Jahr 1867, kurz vor der ersten jüdischen Einwanderungswelle, die 1882 erfolgen sollte. Ab diesem Zeitpunkt begann man, das Land wieder fruchtbar zu machen. Heute ist es ein Garten, genau so, wie es in Hesekiel beschrieben wird. Schlagen wir Hesekiel 36,34 auf: „Und das verwüstete Land soll bebaut werden, statt dass es eine Wüste war vor den Augen jedes Vorüberziehenden“ – zum Beispiel vor den Augen von Mark Twain.
Man wird sagen: Dieses Land, das einst verwüstet war, ist wieder zum Garten Eden geworden. Die verödeten, verwüsteten und zerstörten Städte sind befestigt und bewohnt. Israelreisende bestätigen heute: Das Land ist ein Garten geworden, wie der Garten Eden.
Joel geht noch darüber hinaus und zeigt, dass, wenn dieser endzeitliche Angriff kommt, das Land vor ihm nicht mehr eine Wüste sein wird, wie es fast zweitausend Jahre lang war. Stattdessen muss es dann ein Garten Eden sein. Das ist die Situation von heute – doch es wird nochmals verwüstet werden.
„Wie der Garten Eden ist das Land vor ihm, und nach ihm eine Wüste des Entsetzens, und auch keine Entronnenen hat es.“ Das bedeutet, dass dieses Volk niemanden durch Flucht entkommen lässt. So habe ich es in der Fußnote umschrieben.
Die Beschreibung der feindlichen Armee
Wie die Erscheinung von Pferden ist seine Erscheinung, und wie Reiter eilen sie daher, wenn man genau auf das Wie achtet. Ja, auf das Wie. Hier wird eine moderne Armee beschrieben.
Wie die Erscheinung von Pferden ist seine Erscheinung, und wie Reiter eilen sie daher. Wie das Getöse von Wagen hüpfen sie auf den Gipfeln der Berge. Wie das Knistern einer Feuerflamme, die Stoppeln verziert, treten sie gleich einem starken Volk in Schlachtordnung auf.
Vor ihm, wörtlich vor seinem Angesicht, erzittern Völker, und alle Gesichter erbleichen. Gleich Helden rennen sie, gleich Männern des Krieges ersteigen sie die Mauer. Jeder geht auf seinen Wagen, und sie verlassen ihre Pfade nicht. Keiner drängt den anderen! Jeder folgt seiner Bahn.
Zwischen den Wurfgeschossen stürzen sie sich rasch zu Boden. Sie lassen keinen Bruch in den Reihen entstehen. In der Stadt rennen sie umher, gehen auf der Mauer, steigen in die Häuser. Durch die Fenster gehen sie hinein wie ein Dieb, vor den Sternen.
Und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Was der Herr Jesus ankündigt – ein Erdbeben für die Endzeit – wird sich noch mehr verschärfen. Darum haben wir hier nicht einfach nur eine malerische Sprache, sondern eine konkrete Beschreibung: Vor ihm bebt die Erde, die Himmel erzittern, Sonne und Mond verfinstern sich, und die Sterne verlieren ihren Glanz.
Der Herr lässt seine Stimme erschallen vor seinem Heer. Denn sehr groß ist sein Lager, denn stark ist der Täter seines Wortes. Denn groß ist der Tag des Herrn und sehr schrecklich – und wer vermag ihn zu ertragen?
Gericht Gottes über Israel und Aufruf zur Umkehr
In Vers 11 wird hier ein Angriff als ein Gericht Gottes über Israel beschrieben. Es ist bemerkenswert, dass Gott seit den vergangenen Jahrzehnten, seit 1908, seine schützende Hand über Israel gehalten hat – in allen Vernichtungskriegen bis heute.
In dieser Zeit wird sich jedoch die Mehrheit des Volkes für den Antichristen entschieden haben. Sie werden den Götzendienst, der den dritten Tempel verunreinigt, akzeptieren. Deshalb lässt Gott das Gericht zu.
Ich lese weiter in Vers 12: „Und auch jetzt spricht es der Herr: Kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen, mit Fasten, Weinen und Wehklagen.“
Hier erfolgt ein Aufruf an Israel, in dieser Not noch umzukehren. Das entspricht dem, was wir in Sacharja 13,8 gelesen haben: Ein Drittel wird ins Feuer gebracht, wie man Gold und Silber im Feuer läutert. So kommen sie zur Umkehr.
In der großen Drangsal entsteht also der Überrest. Die Vorhut dieses Überrestes, die 144.000, sind bereits im Ausland, und Gott versorgt sie dort für dreieinhalb Jahre. Hier im Land wird das Volk angesprochen, das nun eine gewaltige Erweckung in der größten Not erleben wird.
Vers 13 sagt: „So zerreißt euer Herz und nicht eure Kleider!“ Es geht nicht um eine äußerliche Bekehrung, sondern um eine echte Herzensbekehrung. Kehrt um zu dem Herrn, eurem Gott! Denn gnädig und barmherzig ist er, langsam zum Zorn und groß an Güte. Er wird es sich gereuen lassen über das Böse.
Wer weiß, vielleicht wird er umkehren und es sich gereuen lassen und hinter sich Segen zurücklassen. Was könnte dann Segen für Israel sein? Es wird gleich gesagt: Speisopfer und Trankopfer für den Herrn, euren Gott.
Man merkt, wie stark Joel auf den Gottesdienst des dritten Tempels konzentriert ist. In Vers 15 heißt es: „Stoßt ins Schofarhorn auf Zion!“ Das hatten wir schon in Vers 1. Heiligt ein Fasten, ruft eine Festversammlung aus, versammelt das Volk, heiligt eine Volksversammlung, bringt die Ältesten zusammen, versammelt die Kinder und die Säuglinge an den Brüsten.
Also wirklich das ganze Volk wird aufgerufen, bis zu den Säuglingen, umzukehren und an dieser Bußversammlung teilzunehmen. Es heißt: „Es gehe hinaus der Bräutigam aus seinem Zimmer und die Braut aus ihrem Brautgemach.“
Umkehr ist wichtiger als die Hochzeitsnacht. Darum wird gesagt, darauf soll verzichtet werden. Jetzt kommt zuerst die Umkehr. Das ist die Aussage dieser zwei Verszeilen.
Der Bräutigam, gemeint ist der Jungvermählte, soll aus seinem Zimmer, dem Hochzeitszimmer, hinausgehen. Die Braut soll aus ihrem Brautgemach zwischen der Vorhalle und dem Altar kommen. Dort sollen die Priester weinen.
Nun wird wieder eine Tempelstruktur konkret erwähnt: die Vorhalle, der Ulam. Ich habe in der Fußnote erklärt, dass das Tempelhaus aus Vorhalle, Heiligem und Allerheiligstem besteht, so war es im zweiten Tempel und im ersten, dem salomonischen Tempel.
Hier wird die Vorhalle erwähnt, und das ist wichtig. Schon in der Zeit des zweiten und ersten Tempels war dieser Bereich zwischen dem Tempelhaus und dem Altar besonders heilig. Dort durften nur Priester Zutritt haben, nicht das Volk.
Das war ein ganz besonders geheiligter Bereich, und dort sollen die Priester weinen – genau dort.
Wir können also auf dem Tempelberg, wo wir jetzt durch die Untersuchung von Lehn Rittmeier genau wissen, wo das Allerheiligste, das Heilige, die Vorhalle, der Altar und der innere Vorhof begrenzt waren, das alles genau einzeichnen.
Ich habe davon bei einer früheren Israelkonferenz berichtet. Wenn Sie in ein paar Tagen mit mir nach Israel kommen würden und es schaffen, auf den Tempelberg zu gehen, kann ich Ihnen genau erklären, wo dieser Bereich ist und wo Sie stehen werden.
Zwischen der Vorhalle und dem Altar sollen die Priester weinen. Die Diener des Herrn sollen sagen: „Verschone, Herr, dein Volk und gib dein Erbteil nicht preis der Schande und Spottrede der Nationen!“
Warum sollte man unter den Völkern sagen: „Wo ist ihr Gott?“ Dann eifert der Herr für sein Land und erbarmt sich über sein Volk.
Man merkt, jetzt kommt die Wende im Buch Joel. Bis hierhin die Katastrophe, die dazu führt, dass ein Überrest umkehrt und um Verschonung fleht. Nun folgt die Wende: Dann eifert der Herr für sein Land.
Die Feinde sollen nicht sagen: „Wo ist ihr Gott?“ Und dann heißt es: „Dann eifert der Herr, Yahweh.“
Das ist eine Anspielung auf den Namen Joel. Jo ist die Abkürzung für Yahweh, den Herrn, und El bedeutet Gott.
Hier, an genau der Stelle, wo die Wende im Buch Joel kommt, wird die Bezeichnung Gott und der Herr, Joel, genannt. Yahweh ist der Name des Bundesgottes. Gott hat sich Israel unter diesem Namen vorgestellt, in 2. Mose 3 und 2. Mose 6, als er mit diesem Volk ein spezielles Bündnis eingegangen ist.
Er hat sich als Yahweh vorgestellt. Das ist der Gott, der in Beziehung zu seinem Volk steht und Abmachungen getroffen hat, an die er sich hält. Gott ist eher die Bezeichnung für den Mächtigen, den Schöpfer und Erhalter des Weltalls.
Nun heißt es: „Warum sollte man unter den Völkern sagen: Wo ist ihr Gott?“ Und dann: „Dann eifert der Herr für sein Land, der Gott, der treu ist in seinen Abmachungen.“
Er setzt sich nun für das Land Israel ein.
Zweiteilung des Buches Joel und die Wende zum Licht
Wenn wir nochmals das erste Blatt vor uns stellen, sehen wir eine grobe Zweiteilung des Buches Joel. Der erste Teil umfasst Kapitel 1 bis 2, Vers 17. Der zweite Teil reicht von Kapitel 2, Vers 18 bis zum Schluss des Buches.
Den ersten Teil bis Vers 17 habe ich mit dem Titel überschrieben: „Finsternis über Juda und Jerusalem durch die Katastrophe der großen Drangsal und durch den Angriff von Norden“.
Der zweite Teil bringt die Wende: Licht über Juda und Jerusalem. Darum habe ich das Thema dieses Buches zusammengefasst mit „Aus der Finsternis zum Licht“, Psalm 112, Vers 4.
Nun gehen wir also aus der Finsternis hinüber zum Licht und lesen ab Kapitel 2, Vers 18 weiter. Dort heißt es: „Dann eifert der Herr für sein Land, und er erbarmt sich über sein Volk.“
Hier erkennen wir wieder einen synonymer Parallelismus. Dann antwortet der Herr und spricht zu seinem Volk: „Siehe, ich sende euch das Korn, den neuen Wein und das Olivenöl.“
Warum wird das erwähnt? Weil all diese Dinge wichtig sind im Blick auf den Segen, nämlich den Opferdienst im dritten Tempel. Es gibt Stimmen, die sagen, der dritte Tempel sei eine Phantasie mancher Christen und werde nie mehr kommen. Doch genau das ist das Schlüsselthema im ganzen Buch Joel.
Alles dreht sich darum: „Siehe, ich sende euch das Korn, den neuen Wein und das Olivenöl, so dass ihr davon satt werdet, und ich werde euch nicht mehr setzen zum Hohn unter den Nationen.“
Diese landwirtschaftlichen Produkte sind für das Essen der Bevölkerung bestimmt. Aber davon können sie dann auch dem Herrn zurückgeben als Speisopfer und Trankopfer.
Nun zu Vers 20: Nachdem gesagt wurde „Und ich werde euch nicht mehr setzen zum Hohn unter den Nationen und den Nordländern“ – in der Fußnote habe ich erklärt, dass dies wörtlich übersetzt „der von Norden Kommende“ bedeutet, denn der Angriff kommt von Norden.
„Und den Nordländer werde ich von euch entfernen und werde ihn vertreiben in ein Land der Trockenheit und der entsetzlichen Verwüstung, sein Vortrab in das vordere Meer und sein Nachtrab in das hintere Meer.“
Was ist das vordere Meer? Die Fußnote erklärt es: Es ist das Tote Meer. In der Bibel orientiert man sich am Orient, das heißt, man stellt sich mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne, also nach Osten. Das ist vorne. Hinten ist Westen. So versteht man zum Beispiel in Hesekiel 16, warum Süden rechts genannt wird und Norden links.
Diese Orientierung macht viele andere Stellen verständlich, wenn man weiß, dass sich die Bibel am Orient orientiert.
Also: „Sein Vortrab in das vordere Meer“ bedeutet, dass sie ins Tote Meer hineinkommen. „Sein Nachtrab in das hintere Meer“ ist das Mittelmeer.
Merken wir, wie die Angaben nun geographisch mit Daniel 11 übereinstimmen? Der König des Nordens wird Israel überrennen – auf Seeweg und Landweg. Dann wird er nach Ägypten gehen und Ägypten erobern.
Dann hört er Gerüchte aus Osten und Norden. Von Ägypten nach Norden. Die Macht des widerstehenden römischen Reiches, also Europas, muss intervenieren. Denn Europa ist ein Bundesgenosse des Antichristen.
So hört er diese Gerüchte von Norden. Die europäische Armee muss im Nahen Osten eingreifen. Mit Schiffen und Flugzeugen werden sie kommen, zuerst mit Schiffen.
Wohin gehen sie? Nach Haifa. Dort ist der große Schiffshafen Israels. In der Antike war das nicht so, aber heute ist es so.
Im Hinterland von Haifa liegt eine große Ebene, Harmagedon, etwa fast doppelt so groß wie das Bundesland Bremen. Das eignet sich für einen Aufmarsch – Harmagedon in Nordisrael.
Nun hört der König des Nordens Gerüchte aus Norden und Osten. In Offenbarung 16, in Verbindung mit den letzten Gerichten der großen Drangsal, heißt es, dass der Euphrat austrocknen wird, um den Weg vorzubereiten für die Könige, die von Sonnenaufgang herkommen – eine Intervention von Osten.
Er kommt zurück und will seine Position festigen. Wir haben in Daniel 11 gelesen, dass er seine Armee aufstellen wird (Vers 45). Er wird sein Palastzelt aufschlagen zwischen dem Meer und dem Berg der Heiligen Zierde – also zwischen dem Mittelmeer und dem Tempelberg.
Vom Tempelberg noch weiter nach Osten liegt die Region des Toten Meeres. Genau dort stationiert er sich.
Daniel erklärt dann kurz: „Und er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.“ Das ist genau die Übereinstimmung mit Joel. Es geht um dasselbe Ereignis: der Vortrab ins vordere Meer, der Nachtrab ins hintere Meer.
Sehen wir, das ist etwas ganz anderes als Harmagedon. Bei Harmagedon wird Jesus bei seiner Wiederkunft die Armeen Europas vernichten, die dort aufmarschiert sind, um den Antichristen zu unterstützen.
Doch was wir in Joel haben, ist die Vernichtung der islamischen Koalition unter der Führung von Syrien.
Ich lese weiter: „Und aufsteigen wird sein Gestank.“ Hier haben wir wieder einen synonymen Parallelismus: „aufsteigen wird sein Verwesungsgeruch“, weil er Großes getan hat. In der Fußnote habe ich erklärt: „weil er geprahlt hat“ oder „in Überheblichkeit gehandelt hat“.
Jetzt kommt das Gericht über die Zuchtrute, die Gott erst für Israel benutzt hat, um den Überrest zu bilden.
Aber weil diese Armee in eigener Bosheit gehandelt hat und in Hochmut und Stolz gegen den wahren Gott, wird Gott sie vernichten.
Gottes Handeln und die Verheißung des Segens
Joel 2,21: Fürchte dich nicht, Erdboden! Verlocke und freue dich, denn der Herr tut Großes.
Warum wird hier der Erdboden wieder angesprochen? Weil er Schweißopfer und Trankopfer hervorbringt. Verlocke und freue dich, denn der Herr tut Großes.
Man erkennt hier einen Gegensatz. In Joel 2,20 heißt es von dieser bösen Armee, dass sie prahlerisch gehandelt hat, weil sie Großes getan hat. Nun aber heißt es, dass Gott, der Herr, Großes tut. Das ist ein bewusster Gegensatz: Der Herr tut Großes und spricht das letzte Wort.
So wie Hiob gesagt hat: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er auf der Erde stehen.“ (Hiob 19,25) Er spricht das letzte Wort über diese Welt.
Fürchtet euch nicht, ihr Tiere des Feldes! Denn die Auen der Wüste sind grün, die Bäume tragen ihre Frucht, der Feigenbaum und der Weinstock geben ihren Ertrag.
Und ihr, Söhne Zions, verlockt und freut euch in dem Herrn, eurem Gott!
Hier haben wir wieder eine Anspielung auf Joel. Der Herr ist Gott, in dem Herrn, eurem Gott, denn er hat euch den Lehrer der Gerechtigkeit gegeben.
Es gibt Übersetzungen, die hier von „Regen zu seiner Zeit“ sprechen. Ich habe eine Fußnote gemacht: „Den Lehrer“ heißt im Hebräischen „More“ zur Gerechtigkeit.
Dieser Vers enthält ein wichtiges Wortspiel. Joel verwendet in der nächsten Zeile für Frühregen statt des üblichen Wortes „Yoreh“ eine völlig ungewöhnliche Wortform, die genau gleich klingt wie „Lehrer“, „Moray“.
Hier wird also das ungewöhnliche Wort für Frühregen verwendet, um ein Wortspiel zu erzeugen: „Denn er hat euch gegeben den Lehrer der Gerechtigkeit.“ Das ist der Messias, der zum Beispiel die Bergpredigt gepredigt hat. Er lässt euch Regen fallen, den Frühregen und den Spätregen zuerst.
In der Fußnote habe ich geschrieben: Zuerst den Regen als natürlichen Segen, dann den geistlichen Segen in der Ausgießung des Heiligen Geistes. Das kommt noch in Kapitel 3, Vers 1.
Übrigens findet man in den Schriften von Qumran immer wieder die Erwähnung eines Lehrers der Gerechtigkeit. So wurde wohl der Führer der Qumran-Gemeinschaft, der Gründer, bezeichnet. Er stammte aus hohem priesterlichem Geschlecht, hat sich aber wegen der Missstände im Tempel abgesondert ans Tote Meer.
Dieser Mann wurde von der Gemeinschaft als Lehrer der Gerechtigkeit bezeichnet. Diesen Ausdruck haben sie aus Joel 2 übernommen. Doch er bezieht sich nicht auf diesen Mann, sondern auf den Messias. Er ist der Lehrer der Gerechtigkeit.
Also nochmals: „Denn er hat euch gegeben den Lehrer der Gerechtigkeit, und er lässt euch Regen fallen, den Frühregen und den Spätregen zuerst.“
Danach kommt dann der geistliche Segen.
Die Tennen werden voll Korn sein, und die Kufen werden überfließen von neuem Wein und von Olivenöl – wieder im Blick auf die Speisopfer und Trankopfer.
„Ich werde euch die Jahre erstatten, die der Vermehr abgefressen hat, der Hüpfer und der Vertilger und der Abnager.“
Hier haben wir wieder diese vier Namen der Heuschrecken aus Kapitel 1. Diese Ausdrücke beziehen sich genau auf diese Armee von Norden. Sie sind diese Heuschreckenarmee.
Wenn wir weiter lesen: „Ich werde euch die Jahre erstatten, die der Vermehr abgefressen hat, der Hüpfer und der Vertilger und der Abnager, mein großes Heer, das ich unter euch gesandt habe.“
„Ihr werdet genug zu essen haben und satt werden. Und ihr werdet den Namen des Herrn, eures Gottes, loben.“
Man merkt wieder die Verbindung zu Joel: „Den Namen des Herrn, eures Gottes, loben, der wunderbar an euch handelt.“
„Mein Volk soll in Ewigkeit nicht mehr beschämt werden.“
Die endgültige Wende und der Geist Gottes
Nun kommt alle Mühsal für Israel zum Abschluss. Dann wird sich erfüllen Jesaja 40,1: „Nach Amu, nach Amu, Ami. Amar Eloheichem: Tröstet, tröstet mein Volk“, spricht euer Gott, sehr zwiefach von der Hand des Herrn erhalten.
Ja, mein Volk soll in Ewigkeit nicht mehr beschämt werden. Ihr werdet erkennen, dass ich in der Mitte Israels bin und dass ich der Herr, euer Gott, bin. Entsprechend sagt Joel: „Ich bin der Herr, euer Gott, und keiner sonst, und mein Volk soll in Ewigkeit nicht mehr beschämt werden.“
Nun kommt Kapitel 3. Es wird geschehen nach diesem: Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden weissagen, eure Ältesten werden Träume träumen, eure jungen Männer werden Visionen sehen. Auch über die Knechte und Mägde werde ich in jenen Tagen meinen Geist ausgießen.
Man kann gut erkennen, dass der Text mit „Es wird geschehen nach diesem“ beginnt. Nach was? Nach der großen Drangsalzeit. Diese Geistesausgießung bezieht sich auf die Zeit nach der großen Drangsalzeit. Wer diesen Text heute anwendet, ist im Zeitplan der Heilsgeschichte Gottes völlig fehlgeleitet. Das ist nicht unsere Zeit. Das ist eine völlig falsche Auslegung.
Man muss nur einfach Joel ganz durchlesen und es im Zusammenhang betrachten, wie wir es getan haben. Das ist die Ausgießung des Heiligen Geistes am Anfang des tausendjährigen Reiches, nachdem das Schicksal Israels völlig gewendet sein wird.
Petrus erwähnt dieses Bibelwort am Pfingsttag in Apostelgeschichte 2. Schauen wir, wie er es einführt: Die Leute sind entsetzt über das Sprachenwunder. Diese ungebildeten Galiläer sprechen alle möglichen Sprachen und Dialekte akzentfrei und perfekt. Was soll das? Die Leute sind durcheinander.
Petrus erklärt in Vers 15: „Die sind nicht betrunken, wie ihr meint, denn es ist die dritte Stunde des Tages, sondern dies ist, was durch den Propheten Joel gesagt ist: ‚Es wird geschehen in den letzten Tagen‘, spricht Gott, ‚dass ich von meinem Geist ausgießen werde auf alles Fleisch.‘“
Er sagt nicht, dass dies die endgültige Erfüllung sei, wie an anderen Stellen zitiert wird, wo es heißt, das Alte Testament sei erfüllt worden. Hier sagt er: „Dies ist das Phänomen, das ihr da erlebt in Jerusalem, ist genau dasselbe, was in Joel 3 beschrieben wird.“ Es war eine Vorwegnahme für die Gemeinde, aber keine wörtliche Erfüllung. Denn die wörtliche Erfüllung bezieht sich auf „nach diesem, nach diesem wird es geschehen.“
Noch etwas: Wenn wir heute eine Geistesausgießung von Gott erbitten oder erwarten, verunehren wir Gott. Denn der Heilige Geist ist da. Er ist am Pfingsttag ausgegossen worden und wirkt seit zweitausend Jahren in seiner Kraft in der Gemeinde, dort, wo man dem Bösen keinen Raum gegeben hat und der Heilige Geist frei wirken konnte. Und er hat es getan.
Aber bei der Entrückung wird er weggehen. Der, der jetzt noch das Böse, das Böseste, aufhält, wird weggehen. Erst dann kann der Antichrist überhaupt kommen. Darum kann er heute noch nicht in Erscheinung treten. Er könnte leben, aber nicht sichtbar werden, weil der Heilige Geist das zurückhält.
Wenn er bei der Entrückung weggeht, verstehen wir, dass er dann für den Überrest Israels und alle, die im Glauben gefunden werden, wieder ausgegossen wird, wenn der Herr Jesus in Macht und Herrlichkeit mit der Gemeinde kommt. Dann kommt es zu einer neuen Geistesausgießung.
Aber das ist nicht die Geistesausgießung für die Gemeinde in Apostelgeschichte 2, sondern die Geistesausgießung für Israel und den Überrest der umgekehrten Völker.
Ich lese weiter Joel 3, Vers 3: „Und ich werde Zeichen geben am Himmel und auf der Erde: Blut, Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird verwandelt werden in Finsternis und der Mond in Blut.“ Das sind alles Zeichen aus der Zeit von Joel 2. Sie kündigen die baldige Geistesausgießung vor dem Kommen des Tages des Herrn, des Großen und Schrecklichen, an.
Es wird geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden. Denn auf dem Berg Zion, dem Tempelberg, und in Jerusalem wird Errettung sein, wie der Herr gesprochen hat. Ja, unter den Entronnenen, die der Herr ruft.
Hier haben wir ein Wort, das mehrmals im Neuen Testament aufgenommen wird: „Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden“ (Römer 10, Apostelgeschichte 2). Nun, ...
Praktische Lehren und universelle Gnade Gottes
Auf dem ersten Blatt habe ich bei den charakteristischen Ausdrücken und Besonderheiten „Nein“ vermerkt, bei den praktischen Lehren hingegen „Ja“.
Was können wir aus diesem Buch lernen? Ein wichtiger Punkt ist, dass Gottes Gnade universell ist, das heißt weltumspannend. Jeder Mensch, ob Jude oder Nichtjude, aus welcher Nation, welchem Stamm oder welcher Sprache auch immer, darf kommen. Gottes freie Gnade steht allen offen.
Mit „universell“ meine ich nicht, dass es eine Allversöhnung gibt – das gibt es nicht. Aber Gottes Gnade gilt allen Völkern und Sprachen. Deshalb heißt es auch in Offenbarung 5, dass schließlich Menschen aus allen Völkern und Sprachen durch das Blut Christi errettet sein werden. Nicht alle Menschen, aber aus allen Völkern und Sprachen.
Heute gibt es fünf katalogisierte Sprachen ohne die Dialekte. Manchmal sind das kleine Gruppen von nur ein paar hundert Leuten. Das ist schön, denn es zeigt Gottes Gnade im Blick auf die ganze Welt.
Diesen Grundgedanken für eine Weltmission finden wir bereits im Buch Joel. Petrus nimmt dies in seiner Rede in Apostelgeschichte 2 auf. Das ist das Grundprinzip der Weltmission.
Die Endschlacht im Tal Josaphat und Gottes Gericht über die Nationen
Wir kommen zu Kapitel vier. Denn siehe, in jenen Tagen und zu jener Zeit, da ich das Schicksal Judas und Jerusalams wenden werde, werde ich alle Nationen versammeln und sie hinabführen in das Tal Josaphat.
In der Fußnote habe ich erklärt, dass Josaphat „der Herr richtet“ bedeutet. Dieses Tal entspricht dem Tal Kidron, dem Tal zwischen Tempelberg und Ölberg. Dort wird der Herr Jesus, wie in Sacharja 14,3 beschrieben, auf dem Ölberg erscheinen.
Nun wird der Herr Jesus dort erscheinen und eine Schlussschlacht gegen den König des Nordens führen. Diese Koalition aus dem Norden wird bei Jerusalem bekämpft, wenn er auf dem Ölberg kommt.
Schauen wir uns nun die interessante Verknüpfung an: „Denn siehe, in jenen Tagen und zu jener Zeit, da ich das Schicksal Judas und Jerusalams wenden werde.“ Das bedeutet, in der Zeit, wenn das Schicksal der Juden in einem Prozess gewendet wird. Diese Zeit ist die Wiederkunft Christi als Richter der Welt.
Wir haben gesehen, wie das jüdische Volk fast zweitausend Jahre lang gehasst, geächtet, verfolgt und vertrieben wurde. Doch die Wende begann 1882 mit der ersten Rückwanderungswelle. Es folgten die zweite, dritte und weitere Wellen. Bis heute sind Millionen Juden zurückgekehrt.
Jerusalem wurde zur Hauptstadt Israels, und Ostjerusalem sowie der Tempelberg kamen 1967 wieder in jüdische Hand – erstmals seit dem Jahr 70. All dies gehört zu der Zeit, „in jenen Tagen, wenn ich das Schicksal Judas und Jerusalams wenden werde.“
Daher können wir aufgrund dieser Stelle sagen, dass wir uns in der Zeitperiode der Wiederkunft Christi befinden, auch wenn wir keine genauen Jahre berechnen können. Wenn man die zweitausend Jahre betrachtet, sind die letzten hundertzwanzig Jahre seit der ersten Einwanderungswelle eine besondere Endzeitperiode. Und wir sind darin bereits sehr weit fortgeschritten.
Ich lese weiter: „Und ich werde dort mit ihnen einen Rechtsstreit führen über mein Volk und über mein Erbteil Israel, weil sie es unter die Nationen zerstreut und mein Land verteilt haben. Und über mein Volk, das losgeworfen, den Knaben um eine Hure gegeben und das Mädchen um Wein verkauft und ihn vertrunken haben.“
Gott wird also die Völker zur Rechenschaft ziehen für das, was sie mit Israel und dem Land Israel getan haben. Das ist eine ernste Warnung an die UNO und die Weltgemeinschaft, die glaubt, sie könne das Land teilen, wie sie will. Ja, „mein Land verteilt“ – denken wir nur an den UNO-Teilungsplan von 1947.
Gericht über die umliegenden Nationen
Vier Vers vier
Und zudem: Was wollt ihr mir? Tyrus und Zidon – das ist an den Libanon gerichtet. Zidon soll das heißen, ein Druckfehler, Zidon, Zidon, Zidon, ja, die Stadt der Zidonier im Libanon. Es sind zwei libanesische Städte, die feindlich gegen Gott sind.
Und zudem: Was wollt ihr mit mir? Tyrus und Sidon und alle ihr Bezirke von Philistäa. Das ist interessant, weil Philistäa das Philisterland bezeichnet. Dieses lag von Alters her im Bereich des Gazastreifens und etwas darüber hinaus. Das ist das antike Philisterland, Philistäa.
Nun werden hier speziell die Philister in der Endzeit angesprochen, und zwar in der Mehrzahl: alle ihr Bezirke von Philister. Sie haben offensichtlich mehr als einen Bezirk. Das ist interessant, ja, die Verbindung mit der Palästinenserfrage.
Übrigens geht das Wort Palästinenser sprachlich zurück auf Philister, über das Lateinische. Im Arabischen ist das noch viel besser ersichtlich, denn das Wort für Philister in der arabischen Bibel, Filastheni, ist das gleiche wie für Palästinenser. Filastheni ist das gleiche.
Ja, also ihr alle, ihr palästinensischen Bezirke – das wäre eine moderne Übersetzung – wollt ihr an mir Vergeltung üben? Ja, wenn ihr mir etwas antun wollt, schnell und eilends werde ich euer Tun auf euren Kopf heimzahlen.
Ihr habt ja mein Silber und mein Gold weggenommen und meine schönen Kostbarkeiten in eure Tempel gebracht. Die Söhne Judas und die Söhne Jerusalems habt ihr den Söhnen der Griechen verkauft. Das war alles im Jahr und folgende.
Damit sie entfernt werden von ihrem Gebiet, so kam es zur Entjudaisierung des Landes Israel. Aber Gott zieht sie nun in der Endzeit zur Verantwortung.
Siehe, ich wecke sie auf von ihrem Ort hier und werde euer Tun auf euren Kopf heimzahlen. Ich werde eure Söhne und eure Töchter verkaufen in die Hand der Söhne Judas.
Also Gott weckt die Juden, damit sie wieder heimkehren, und dann kommt es zur Vergeltung. Ich werde eure Söhne und eure Töchter verkaufen in die Hand der Söhne Judas, und sie werden den Sabeern verkaufen. Sie werden sie den Sabeern verkaufen – einer weit wegliegenden Nation im südlichen Teil der arabischen Halbinsel. Denn der Herr hat geredet:
Ruft dies aus unter den Nationen, heiligt einen Krieg, einen heiligen Krieg. Weckt die Helden auf, es sollen anrücken, hinaufziehen alle Männer des Krieges.
Schmiedet eure Pflugscharen zu Schwertern und eure Rebmesser zu Lanzen! Der Schwache soll sagen: Ich bin ein Held. Kommt eilends, alle ihr Nationen ringsum.
Ja, nicht alle Nationen auf der ganzen Erdenrund, sondern alle Nationen ringsum sollen kommen zu einer Schlussschlacht. Sie sollen sich versammeln dorthin.
Führe hinab, Herr, deine Helden. Es sollen in Bewegung geraten und hinaufziehen die Nationen ins Tal Josaphat, also zum Tempelberg.
Denn dort werde ich sitzen, um zu richten alle Nationen ringsum, all die feindlichen Nationen ringsum. Legt die Sichel an, denn die Ernte ist reif!
Kommt und tretet, denn die Keltern sind voll, die Kufen fließen über, denn ihre Bosheit ist groß.
Lärmende Menge, lärmende Menge im Tal Josaphat, denn nahe ist der Tag des Herrn im Tal der Entscheidung.
Sonne und Mond sind schwarz geworden, und die Sterne verhalten ihren Schein.
Der Herr brüllt aus Zion, er ist zurück. Er kommt zuerst auf den Ölberg, dann geht er hinüber nach Zion, nach Jerusalem, und er wird kämpfen für sein Volk.
Hier wird also das Wort Brüllen benutzt, das heißt wie ein Löwe. Der Herr brüllt aus Zion, ja, aus Jerusalem lässt er seine Stimme erschallen, so dass Himmel und Erde erzittern werden.
Der Herr wird seinem Volk eine Zuflucht sein, ja, eine Festung den Söhnen Israels.
Und ihr werdet erkennen, dass ich, der Herr, euer Gott bin – wieder eine Anspielung auf Joel.
Ich wohne auf Zion, meinem heiligen Berg, das ist der Tempelberg.
Und Jerusalem wird heilig sein, und Fremde werden es nicht mehr feindlich durchziehen.
Jetzt kommt die Zeit der Nationen endlich zum Ende, und Jerusalem wird heilig sein, und Fremde werden es nicht mehr feindlich durchziehen.
Die Erneuerung des Landes und die Reinigung Israels
Und es wird geschehen an jenem Tag: Die Berge werden von Most triefen, und die Hügel werden von Milch fließen. Alle Bachbetten von Juda werden von Wasser fließen.
Nach Offenbarung 11 wird es in der großen Drangsalzeit von 1260 Tagen nicht mehr regnen. Zwei Männer aus dem Überrest Israels, zwei Propheten, werden in Jerusalem weissagen. Sie haben die Macht, den Himmel zu verschließen, wie Elija, solange sie prophezeien oder weissagen – das heißt genau dreieinhalb Jahre. Deshalb wird in dieser Zeit kein Regen fallen.
Doch am Ende, wie wir bereits in Kapitel zwei gelesen haben, wird Gott den Früh- und den Spätregen wieder zurückgeben. Dann wird es so sein, dass die Bachbetten von Juda von Wasser fließen werden – und noch mehr.
Eine Quelle wird aus dem Haus des Herrn entspringen. Diese Quelle wird in Hesekiel 47 erwähnt. Sie wird aus dem dritten Tempel, dem Hesekiel-Tempel, entspringen und zu einem Fluss werden, einem Doppelfluss. Ein Arm dieses Flusses wird ins Tote Meer fließen, der andere ins Mittelmeer. So steht es in Sacharja 14.
Hier heißt es: „Und eine Quelle wird aus dem Haus des Herrn entspringen.“ Damit ist wieder der dritte Tempel gemeint. Diese Quelle wird das Tal Sittim bewässern. Das Tal Sittim habe ich in der Fußnote erklärt: Es ist das Tal des Toten Meeres, das auch Arawah genannt wird.
Sittim bedeutet Akazienholz. Wenn man ans Tote Meer geht, sieht man immer wieder diese Akazien in der Wüste. Deshalb heißt es das Tal Sittim, das Tal des Akazienholzes, und dieses Tal wird bewässert werden.
Ägypten wird zu einer entsetzlichen Öde werden, und Edom, Südjordanien, wird zu einer entsetzlichen Wüste werden. Dieses Thema wird uns heute Nachmittag beschäftigen, mit Obadja, denn dieses Buch behandelt ausschließlich dieses Thema: Edom.
Edom wird zu einer entsetzlichen Wüste werden, wegen der Gewalt an den Söhnen Judas, weil sie in ihrem Land unschuldiges Blut vergossen haben. Unschuldig vergossenes Blut im Land Juda, in Israel – ja, darauf werden wir noch zurückkommen.
Doch Juda wird in Ewigkeit bleiben, und Jerusalem wird von Generation zu Generation bestehen.
Nun kommt der letzte Vers, mit dem wir schließen wollen. Er ist wirklich umwerfend: „Und ich werde sie reinigen von ihrem Blut, von dem ich sie nicht gereinigt hatte. Und der Herr wird in Zion wohnen.“
Was ist das für eine Blutschuld, die auf Juda lag, und von der Gott sie bisher nicht gereinigt hatte? Aber jetzt wird er sie reinigen.
Wenn wir daran zurückdenken, was in Matthäus 27,25 steht, als die Volksmenge vor Pilatus rief: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ – sie übernehmen damit die Verantwortung für den Tod an dem Mann aus Nazareth.
Diese Blutschuld war eine Last für dieses Volk zweitausend Jahre lang. Aber hier ist die Verheißung: Wenn das Volk durch die Finsternis zum Licht geführt wird, wird Gott sie reinigen von ihrem Blut, von dem er sie bisher nicht gereinigt hatte.
Natürlich sind in jeder Generation Juden zum Glauben an den Messias gekommen und haben erkannt, dass es wahr ist – wie in Jesaja 53: „Und als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, dass wir ihn begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut.“
So hat jeder Jude in allen Generationen persönlich erfahren können, wie für ihn die Reinigung von diesem Blut durch das Blut des Messias geschehen ist.
Und das wird national für das ganze Israel, für den Überrest, der umkehren wird, geschehen. Gott wird sie reinigen.
Joel schließt mit den Worten: „Und der Herr wird in Zion, dem Tempelberg, wohnen.“
Fazit und Ausblick
Es ist wirklich wunderbar, wenn man dieses Prophetenbuch am Stück durcharbeitet. Plötzlich erhält das Ganze nicht nur in sich selbst Sinn und Bedeutung, sondern auch in Verbindung mit allen anderen prophetischen Büchern. Dann ergibt sich wie ein Puzzle ein klares Bild.
Möchte ich zum Schluss noch beten?