Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle ganz herzlich zu diesem Vortragsabend mit einem sehr aktuellen und persönlichen Thema: Wenn Gott wirklich existiert, warum spüre ich so wenig davon?
Mein Referat ist wie folgt aufgebaut. Die Struktur zu kennen, hilft, besser zu verstehen, dass es nicht so einfach ist.
Nach einer kurzen Einleitung möchte ich zweitens fünf besondere Kennzeichen unserer Zeit in Erinnerung rufen.
Dann geht es gleich weiter mit dem Thema „Gott verbirgt sein Angesicht“. Daran schließt viertens direkt „Gottes Finsternisse in biblischer Zeit“ an. Das ist vielleicht ein deutsches Wort, das Sie noch nie gehört haben. Das macht nichts, wir werden es gleich klären.
Wenn wir das Problem der Gottesfinsternis angesprochen haben, geht es weiter mit fünftens: diverse Versuche, das Problem zu lösen.
Unter sechstens möchte ich dann behandeln, wie wir Gott erleben und erfahren können – gemäß der Bibel.
Danach ziehen wir unter siebtens Schlussfolgerungen aus all dem Bedachten.
Einleitung und Überblick über das Thema
Auf dem Einladezettel, auf dem Flyer, stand auf der Rückseite eine kurze Erklärung, um das Thema etwas zu klären: Warum erscheint es vielen Menschen so, als wäre Gott weit weg von uns?
In der Einleitung habe ich geschrieben, dass wir uns in diesem Zusammenhang nicht immer verstanden haben. Auf dem Flyer stand: „Vielen Menschen, nicht allen, aber vielen, beschäftigt die Frage, warum Gott für sie so fern wirkt.“
Warum haben Menschen in früheren Zeiten, besonders in Not, Krankheit, Feuersbrunst und bei Naturereignissen, Gott viel deutlicher erlebt als viele Menschen im Westen heute? Manche bekannte christliche und jüdische Denker des zwanzigsten Jahrhunderts haben dies als ein besonderes Problem der westlichen Kultur betrachtet. Sie sahen darin eine Folge des Holocausts, der Judenvernichtung.
Irgendwie ist Gott vielen Menschen verborgen geblieben. Wie kann man Gott in einer von Wissenschaft und Technik geprägten Welt heute noch erleben? Und zwar so, dass es nicht nur ein Gefühl ist? Gibt es fundierte Antworten, die auf wirklichen Fakten basieren und nicht einfach auf subjektiver Spiritualität – einem ganz modernen Wort, das mehr mit Einbildung als mit Wirklichkeit zu tun hat?
Fünf prägende Merkmale der modernen Zeit
Nun führt uns diese Überlegung zu fünf besonderen Kennzeichen des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Der erste Punkt ist die unfassbare Eskalation des Bösen in der Moderne. Ausgerechnet in der modernen Zeit sind die zwei schrecklichsten Kriege der Menschheitsgeschichte geschehen: der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 und der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945 mit insgesamt etwa 77 Millionen Toten. Wie ist das möglich gewesen?
Verbunden damit ist die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Judenvernichtung im Dritten Reich mit etwa sechs Millionen Toten. Und das ging ausgerechnet von einer zivilisierten Nation aus. Wenn wir den Blick auch noch in den Osten richten, nicht nur in den Westen, dann müssen wir ebenfalls schockiert sein über die Tatsache von fast hundert Millionen Toten durch den Kommunismus, durch die Sowjetunion, durch das kommunistische Regime in China und darüber hinaus. Wie ist das möglich? So etwas hat man in der ganzen Menschheitsgeschichte noch nie gesehen.
Was ist das für eine Zeit, in der wir leben? Das ist die große Frage: Wie ist so etwas möglich, dass das Böse sich so ausbreiten und entfalten konnte? Und da stellt sich auch die Frage: Wo war Gott?
Einer von manchen Juden, die damals in der Zeit von Hitler fliehen und sich in Sicherheit bringen konnten, war Martin Buber, einer der bekanntesten Religionsphilosophen des zwanzigsten Jahrhunderts. Martin Buber konnte in die USA entkommen und hat dort kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, also kurz nach 1945, mehrere Vorträge zum Thema Gottesfinsternis gehalten. Er veröffentlichte auch ein Büchlein mit demselben Titel.
Diejenigen, die Martin Buber kennen, sind nicht überrascht über dieses eigenartige Wort „Gottesfinsternis“, denn dieser Mann hat eine enorme Arbeit bei der Übersetzung des Alten Testaments ins Deutsche zusammen mit Rosenzweig geleistet. Sein Anliegen war nicht nur, das Alte Testament einfach ins Deutsche zu übersetzen, sondern auch etwas von der Urgewalt des Hebräischen mitzuberücksichtigen. Dafür erfand er viele neue deutsche Wörter, extra für seine Übersetzung.
Zum Beispiel beginnt die Bibel mit „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde“. Dann folgt ein Ausdruck, den wahrscheinlich alle kennen: „Und die Erde wurde wüst und leer“. Buber übersetzte das im Deutschen mit „Irsal und Wirsal“. Dieser Mann war außerordentlich wortschöpferisch und kreativ. So prägte er auch das Wort „Gottesfinsternis“.
Wir kennen alle das Wort Sonnenfinsternis: Ein ganz besonderer Moment am Tag, im hellen Licht, wenn plötzlich eine Verdunkelung eintritt, weil der Mond sich vor die Sonne stellt. Das Eigenartige daran ist, dass der Mond, obwohl viel kleiner als die Sonne, von der Erde aus gesehen genau die scheinbare Größe der Sonne vollständig bedecken kann. Zufall, nicht wahr?
Übrigens war das ein Schlüsselfenomen für Einsteins Theorie der Relativität. Dadurch konnte man die Lichtablenkung beobachten, die seine Theorie vorhersagte. Das war damals ein ganz wichtiger Punkt, doch das ist nicht unser Thema.
Es geht jetzt um die Sonnenfinsternis: Die Sonne ist immer noch da, das ist uns allen klar, aber sie ist bedeckt, verdeckt, verborgen. So wollte Martin Buber sagen: Gott existiert, das war für ihn klar. Aber in der modernen Zeit, besonders seit der Judenvernichtung, fragen wir uns, warum die Menschen Gott nicht mehr so wahrnehmen wie früher. Viele sagen von sich, sie nehmen ihn nicht mehr gleich wahr.
Es gab auch Denker, die meinten, seit dem Holocaust könne man nicht mehr so über Gott sprechen wie vorher. Ob diese Aussage stimmt, sei dahingestellt, aber sie wurde so gesagt. Und so wollte Buber sagen: Gott ist da, aber für viele ist es wie bei einer Sonnenfinsternis – Gott ist verborgen. Das ist ein ganz eigenartiges und typisches Problem für den modernen Menschen im Westen.
Ein zweites Kennzeichen unserer Zeit – es gibt ja noch viele weitere, aber eines, das mir in unserem Zusammenhang wichtig ist – ist der überwältigende Aufschwung in Wissenschaft, Medizin und Technik im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert. Viele Menschen sagen, alles sei machbar, manche sogar, fast alles sei machbar.
Früher, wenn eine Frau unfruchtbar war, was haben die Menschen gemacht? Sie haben gebetet, damit sie doch ein Kind bekommen. Heute aber ist der erste Gedanke vieler: „Ich gehe zum Gynäkologen.“ Es ist ja fast alles machbar, nicht alles, aber fast alles.
Manche sagen angesichts dieses Aufschwungs in Technik und Wissenschaft: Alles ist erklärbar. Andere sagen etwas zurückhaltender: Fast alles ist erklärbar. Wir brauchen Gott nicht mehr, wir können alles technisch und wissenschaftlich erklären.
Damit hängt der dritte Punkt sehr zusammen: die Evolutionslehre. Charles Darwin gilt als der Vater der modernen Evolutionslehre. Er veröffentlichte 1859 sein erstes Evolutionsbuch „Die Entstehung der Arten“ und 1871 „Die Abstammung des Menschen“. In Akademikerkreisen wurde das breit mit Freude aufgenommen, aber nicht im allgemeinen Volk. Das kam erst im zwanzigsten Jahrhundert.
Im zwanzigsten Jahrhundert akzeptierte die breite Masse im Westen diese Lehre. So hat sich eingebürgert, dass Menschen, wenn man auf der Straße über Religion, Glauben und Wissenschaft sprechen darf – denn viele reden lieber über andere Themen –, oft sagen: Zur Erklärung des Ursprungs der Welt und des Lebens braucht es Gott nicht. Man kann alles mit den Naturgesetzen erklären, mit den Gesetzen, die man in der Wissenschaft täglich nachvollziehen kann.
Für die große Masse im Westen ist die Evolutionslehre ein Haupthindernis, um an Gott, den Schöpfer, zu glauben. Das spielt eine sehr große Rolle.
Das vierte Kennzeichen ist wieder etwas ganz anderes: Wir haben eine unglaubliche Mobilität und Schnelllebigkeit, dank dem Auto. Viele Familien haben heute nicht nur ein Auto. Ich bin in einer Familie ohne Auto aufgewachsen. Damals war es etwas Besonderes, wenn man mitfahren konnte. Heute ist das normal. Manche Familien haben mehrere Autos, weil die Jüngeren ab 18 mobil sein müssen. Sie nutzen Zug, Flugzeug – und das ist unglaublich.
Früher war eine Weltreise etwas ganz Sensationelles. Heute ist das nicht mehr so. Selbst junge Leute, die noch nicht viel Geld haben, können sich die schönsten Weltreisen leisten – und schnell. Man kann kurz vor einem Wochenende in die USA fliegen. Das funktioniert.
Ich habe einen Freund, der vor Jahren in Frankreich wohnte und für seine Firma manchmal für einen Tag nach New York musste. Er ist morgens losgefahren, natürlich mit einem besonders schnellen Flugzeug, das heute nicht mehr fliegt, aber er kam am Abend wieder heim. Fantastisch, nicht wahr?
In ganz anderen Bereichen ist es ebenso: Man hat alles sofort verfügbar. Der Kühlschrank ist voll, niemand hat Mangel. Früher betete man „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Was bedeutet dieses Gebet in einer Zeit, in der der Kühlschrank voll ist, für mehrere Tage? Und dann kommt noch die Tiefkühltruhe dazu. Alles ist da und sofort verfügbar.
Wenn jemand zu Besuch kommt, musste man früher einen Stall aufsuchen, ein Kalb schlachten. Heute kein Problem: Man nimmt etwas aus der Tiefkühltruhe, hat die Auswahl und kann alles schnell holen. Man hat keine Zeit mehr zum Kochen? Kein Problem, wir haben einen Mikrowellenherd, das geht ganz schnell.
Die Schnelllebigkeit zeigt sich auch bei Informationen. Wir bekommen sie schnell und sofort über Fernseher, Telefon, Fax – das ist zwar schon ein bisschen Schnee von gestern –, und dann Handy, Videotext, auch schon eher Schnee von gestern, aber doch noch modern. Internet ist heute selbstverständlich.
Wenn man am Samstagabend unbedingt Geld braucht, um das Paar bezahlen zu können, ist das kein Problem. Die Bank ist zwar zu, aber man geht schnell zum Postomat und bekommt sofort alles. Die Menschen denken, das gilt für alle Lebensbereiche: Wenn ich einen Wunsch habe, muss er sofort erfüllt werden.
Das prägt uns Menschen und wirkt sich auf unseren ganzen Lebensstil aus: alles schnell und sofort.
Auch in der modernen Welt gibt es Katastrophen. Früher gab es Feuersbrünste, und man war völlig ruiniert, hatte nichts mehr. Dann konnte man nur noch auf Gott vertrauen und Psalm 23 beten: „Wenn ich auch wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab trösten mich.“ Oder schon vorher Vers 1: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Er sorgt auch weiter.
Heute scheint das gar nicht mehr nötig zu sein. Man ist abgesichert, auch fürs Alter, mit AHV und IV. Weil dies oft nicht ausreicht, denken viele, dass eine Pensionskasse nötig ist – zweite und dritte Säule –, um eine bessere Absicherung zu haben.
Die Krankenkasse bezahlt sowieso, und das muss nicht unbedingt der einfachste und billigste Weg sein, sie zahlt ja sowieso. Dann gibt es Unfallversicherung, Hausratsversicherung – die ist im Aargau obligatorisch –, Motorfahrzeugversicherung, Haftpflicht- und Reiseversicherung, wenn man etwa für ein Wochenende in die USA reist.
Wer bezahlt, wenn man plötzlich krank wird und nicht reisen kann? Die Reiseversicherung. Eine Diebstahlversicherung ist natürlich auch nötig.
Wenn dann wirklich etwas mit dem Auto in Deutschland passiert, und man ist mit einem anderen Auto unterwegs, braucht man eine Rechtshilfeversicherung, falls man ein schwieriger Mensch ist.
Wir sind also für alles Mögliche abgesichert. Und worauf setzen wir unser Vertrauen? Auf diese Stützen, die wir uns so aufgebaut haben.
Das Thema der verborgenen Gegenwart Gottes
Nun kommen wir zu drittens: Gott verbirgt sein Angesicht. Dieses Thema zieht sich durch die gesamte Bibel hindurch. Ich habe hier viele Bibelstellen zusammengetragen, nicht alle, sondern nur einige Beispiele, in denen es darum geht, dass Gott davon spricht, dass er sich den Menschen gegenüber in die Verborgenheit zurückzieht.
Bereits in der Tora, im 5. Mose 32,20, sagt Gott im Blick auf sein Volk Israel: „Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen, will sehen, was ihr Ende sein wird, denn ein Geschlecht voll Verkehrtheit sind sie, Kinder, in denen keine Treue ist.“ Gott sagt also, dass er sich zurückzieht. Wenn die Bibel über das Angesicht Gottes spricht oder oft davon, vor das Angesicht Gottes zu kommen, heißt das auf Hebräisch „lifnehapanim“. Das bedeutet, in die Gegenwart Gottes zu kommen, dorthin, wo man Gott direkt erlebt.
Wenn Gott sagt, er will sein Angesicht verbergen, bedeutet das, dass er es den Menschen unmöglich macht, seine Gegenwart zu erfahren und zu erleben. In Jesaja 45,15 heißt es: „Wahrlich, du bist ein Gott, der sich verborgen hält, du Gott Israels, du Retter!“
Ich möchte nun etwas dazu sagen, wie man bereits in der biblischen Geschichte sieht: Die Bibel berichtet von Anfang der Schöpfung an die gesamte Menschheitsgeschichte bis heute und sogar prophetisch darüber hinaus, bis hin zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde, einem neuen Universum. Dabei zeigt die Bibel, dass es immer wieder besondere Zeiten in der Menschheitsgeschichte gab, in denen Gottesfinsternisse herrschten.
Ein Beispiel dafür ist die Zeit der Richter. Diese Zeit, in der Israel von Richtern regiert wurde, dauerte nach strenger Chronologie von 1546 bis 1096 vor Christus. Danach kam das Königtum unter Saul, David und Salomo. Ich lese aus der Geschichte von Gideon, Richter 6,13: „Und man stelle sich vor, also vor über dreitausend Jahren, aber das klingt ganz modern, da sagt Gideon: ‚Bitte, mein Herr, wenn der Ewige mit uns ist, warum hat denn all dies uns betroffen? Und wo sind alle seine Wunder, die unsere Väter uns erzählt haben, indem sie sprachen: Hat der Ewige uns nicht aus Ägypten heraufgeführt? Und nun hat der Ewige uns verlassen und uns in die Hand Midians gegeben.‘“
Gideon sagt also, dass unsere Vorfahren immer erzählten, wie es früher so direktes Eingreifen Gottes gab, wie Wunder geschahen. Aber in ihrer Zeit erlebten sie nichts mehr davon. Wo ist das geblieben? Warum hat Gott sie so im Stich gelassen? Das war die Frage von Gideon.
Am Schluss der Richterzeit, als Samuel noch lebte, lesen wir in 1. Samuel 3,1: „In dieser Zeit war es ganz selten, dass Gott sich den Menschen geoffenbart hat, sich mitgeteilt hat.“ Das war eine Zeit der Gottesfinsternis, in der Gott sein Angesicht verborgen hielt.
Ein weiteres Beispiel, viel später, stammt aus der Perserzeit, zur Zeit von König Xerxes, der von 483 bis 465 v. Chr. regierte. Diese Epoche wird im Buch Esther beschrieben, das aus zehn Kapiteln besteht. Es war eine schreckliche Zeit. Damals wollte ein persischer Minister namens Haman alle Juden weltweit vernichten. Zu dieser Zeit lebten alle Juden im Persischen Weltreich, das sich von Nordafrika bis nach Indien erstreckte.
Das Buch Esther berichtet, wie die Juden vor dieser Vernichtung gerettet wurden. Das Merkwürdige ist, dass im Buch Esther kein einziges Mal der Name Gottes vorkommt. Das hat schon manche Rabbiner und andere zum Nachdenken gebracht. Wie kann es sein, dass dieses Buch in der Bibel steht, obwohl Gott nicht einmal erwähnt wird?
Die alten Rabbiner, die Rabbanim, lehrten, dass dies mit 5. Mose 32,20 zusammenhängt, den wir vorhin gelesen haben, wo Gott sagt, er will sein Angesicht verbergen. Deshalb kommt der Name Gottes nicht vor. Aber unter uns gesagt, er erscheint mehrmals ganz versteckt. Und zwar viermal an Stellen, an denen entscheidende Richtungswechsel in der Geschichte stattfinden.
Dort findet man vier Wörter hintereinander, deren Anfangsbuchstaben „Jud“, „Hej“, „Waw“ und „Hej“ sind. „Jud Hej Waw Hej“ ist der Eigenname Gottes, der ewige und unwandelbare Name. Einmal erscheint er auch in umgekehrter Reihenfolge. Ein drittes Mal findet man ihn in den Schlussbuchstaben von vier Wörtern vorwärts und ein weiteres Mal rückwärts.
Ich habe mit dem Computer ausgerechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass so etwas zufällig in einem Bibelbuch vorkommt. Ich ließ den Computer auch andere Stellen in der Bibel durchsuchen. Das Ergebnis war eindeutig: Diese Erscheinungen liegen weit über der Wahrscheinlichkeit.
Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Gott selbst dann, wenn man meinen könnte, er sei nicht da, trotzdem präsent ist und die Geschicke lenkt. Und letztlich wurden die Juden damals nicht vernichtet. Es gab einen wunderbaren Ausweg. Dennoch war es eine Zeit der Gottesfinsternis.
Dann gibt es die sogenannte zwischentestamentliche Zeit. Der letzte Prophet des Tanach, des Alten Testaments, war Malachi um 430 v. Chr. Danach gab es keine Schriftpropheten mehr in Israel. In dieser Zeit wurden zum Beispiel Apokryphen geschrieben. Diese wurden jedoch nie als biblische Bücher im Judentum anerkannt, sondern galten einfach als Bücher, so wie man sonst auch Bücher schreibt.
Es vergehen also über vierhundert Jahre, die sogenannte zwischentestamentliche Zeit. In den Apokryphen, in 1. Makkabäer 9,27, heißt es, dass es eine so traurige Zeit war, wie keine andere seit dem Wegfall der Propheten. Im Talmud, im Traktat Sanhedrin 11a, steht: „Nach den Propheten Zacharia, Haggai und Malachi wich der Heilige Geist von Israel.“ Man war sich in Israel bewusst, dass es keine Schriftpropheten mehr gab. Auch dies war eine Zeit der Gottesfinsternis.
Das steht in deutlichem Kontrast zum Beispiel zum Exodus aus Ägypten. Der Auszug der Kinder Israel aus Ägypten unter Mose fand nach strenger Chronologie etwa 1606 v. Chr. statt. Die Plagen, die über Ägypten kamen, führten zum Zusammenbruch des Reiches, sodass Israel unter Mose ausziehen konnte.
Durch die Wüste zogen sie dann ins verheißene Land Kanaan. Als sie in der Wüste Sinai ankamen, wurde ihnen das Gesetz Gottes, die Tora, übergeben. Während dieser Wüstenwanderung berichtet die Bibel von vielen übernatürlichen Eingriffen Gottes.
Doch nachdem sie ins Land gekommen waren, zunächst unter Josua und dann unter den Richtern, hörten diese Eingriffe auf. Es war also nicht immer gleich.
Lösungsansätze für das Problem der Gottesfinsternis
Und jetzt kommen wir zum Punkt. Aber wie soll man mit diesem Problem, diesem modernen Problem, das eigentlich auch schon ein altes Problem ist, der Gottesfinsternis, umgehen? Wie kann man dieses Problem lösen?
Nun schauen wir uns eine ganze Serie von Lösungsversuchen an.
Ein erster Versuch ist die liberale Theologie. Wenn man heute reformierte Theologie in Zürich, Bern, Lausanne oder Basel studiert, dann studiert man liberale Theologie. Das bedeutet, die Bibel wird nicht mehr als Gottes Wort angesehen. Man sagt, das haben die Menschen früher so gesehen, aber wir heute sehen das nicht mehr so.
Es ging noch weiter, darum habe ich einen Vertreter dieser unzähligen herausgenommen: Professor Rudolf Bultmann (1884–1976). Er prägte die sogenannte Gott-ist-tot-Theologie. Er hat Theologen und Theologinnen ausgebildet, damit sie Pfarrer und Pfarrerinnen in der Kirche werden. Er sagte: Gott ist tot.
Seiner Ansicht nach kann der moderne Mensch, der zum Beispiel einen elektrischen Rasierapparat benutzt, nicht mehr an Gott glauben wie früher. Er konnte nicht sagen, ein Mensch, der jeden Tag im Internet ist und nicht mehr davon loskommt, könne nicht mehr an Gott glauben. Stattdessen meinte er, eben diese technischen Apparate, die wir heute haben, hindern uns daran, an Gott zu glauben.
Aber kein Problem, so Bultmann, wir müssen einfach das Kerygma der Bibel entdecken. Wir glauben nicht, dass unter Josua die Mauer von Jericho zusammengebrochen ist. Also braucht man gar nicht mehr das Lied zu singen: „Josua führt die Krieger auf Jericho“. Das sei sowieso nicht geschehen, meint er. Aber das habe eine Botschaft, und diese Botschaft müsse man für den modernen Menschen heute aktualisieren.
Wenn das Neue Testament sagt, Jesus Christus ist auferstanden, dann glaubt der moderne Mensch nicht mehr, dass Jesus Christus als Mensch wirklich am dritten Tag körperlich aus den Toten auferstanden ist und aus dem Grab hervorgekommen ist. Man müsse das übertragen. Wenn ich dem Nächsten begegne, dann sehe ich in ihm Christus. Man müsse das geistlich verstehen, übertragen für den modernen Menschen.
Natürlich sollten wir weiterhin sagen: Christus ist auferstanden, er lebt in meinen Mitmenschen. Und wenn ich ihm in diesem Sinn begegne, dass mir hier Christus begegnet, dann habe ich die Botschaft der Bibel verstanden.
Aber es ist vielleicht noch zu ergänzen: Am Ende seines Lebens, das wissen die meisten nicht, hat dieser Mann auf dem Sterbebett Reue gezeigt und seine Studenten um Vergebung gebeten, dass er diese Dinge verkündet hatte. Das stammt aus einer ganz zuverlässigen Quelle: seine Schülerin Professor Eta Linnemann, die selbst eine Bultmann-Schülerin war, diese Linie verkündigte und Theologen ausbildete. Später erlebte diese Frau eine radikale Bekehrung – unglaublich! Sie war eine mutige Frau, die vor kurzem verstorben ist. Sie konnte berichten, dass ihr Lehrer auf dem Sterbebett eine radikale Umkehr vollzog.
Während seines Lebens hat er diese Theologie jedoch verbreitet, und diese Ausbreitung wirkt bis heute nach.
Ein zweiter Versuch, das Problem zu lösen, ist der sogenannte Ritualismus. Man sagt sich: Der moderne Mensch hat ein Problem mit Gott. Aber wenn er irgendwelche Rituale ausführt, kann er in diesen Ritualen ein religiöses Empfinden erleben.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Man kann Bildermeditation betreiben oder eigene Symbole erfinden und mit diesen Symbolen arbeiten, auch mit Kindern. So entsteht ein religiöses Gefühl. Man versucht, das, was fehlt, diesen Mangel, irgendwie durch Symbolik und Rituale auszufüllen.
Ein dritter Versuch ist eine riesige Bewegung, die das zwanzigste Jahrhundert förmlich charakterisiert. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts brach die sogenannte Pfingstbewegung aus, die von Amerika ausging und nach Europa kam.
In den Sechzigerjahren gab es eine zweite Welle, noch viel stärker, die sogenannte charismatische Bewegung. Seit den Achtziger- und Neunzigerjahren spricht man von einer dritten Welle.
Dabei geht es darum, dass Menschen Gott um jeden Preis erleben wollen. Sie wollen Wunder erleben und lassen sich zum Beispiel durch Musik begeistern, um ein Gefühl zu bekommen und zu denken: Das ist jetzt der Heilige Geist.
Manche in dieser Bewegung sagen, man sollte eigentlich gar nicht krank sein, denn Gott will unsere Gesundheit. Man will Gott fast zwingen, dass er heilen muss. In diesen Dingen und auch in mystischen Erfahrungen versucht man, das Problem zu lösen.
Diese Bewegung ist heute fast in allen Kirchen vertreten: in der reformierten Kirche, in der katholischen Kirche, in den Freikirchen – überall. Wir sitzen alle im gleichen Boot und können nicht einfach mit dem Finger auf andere zeigen.
Dieser Aufbruch, der Millionen weltweit mitgerissen hat, zeigt, dass wir ein riesiges Problem mit der Gottesfinsternis haben. Wir möchten Gott erleben! Und deshalb versucht man es auf diese Art, indem man die Leute in Fahrt bringt.
Mir hat einmal ein junger Mann erzählt, der in einer Kirche war, in der die Leute regelmäßig mit Rockmusik in Fahrt gebracht werden. Früher habe er immer geglaubt, dieses Gefühl, diese Freude, sei der Heilige Geist. Aber heute sei ihm klar, dass man das medizinisch erklären kann.
Wenn man einen monotonen Rhythmus benutzt, weiß man genau, wie das auf den Körper wirkt und was es auslöst. Das gibt Glücksgefühle. Aber das sei nicht der Heilige Geist.
Das zeigt: Wir haben wirklich ein Problem mit der Gottesfinsternis. Wie können wir Gott erleben?
Das war der christliche Bereich, den ich hier gezeigt habe. Im säkularen Bereich ging das parallel in der gleichen Zeit.
Besonders seit den Sechzigerjahren, als die charismatische Bewegung die ganze Welt eroberte, entstand im säkularen Bereich ein Drang nach Mystik.
Orientalische Religionen wurden plötzlich populär: Buddhismus, Hinduismus, Meditationsformen aus dem Osten, aber auch allgemein Okkultismus, Esoterik und Drogen, um diesen Kick zu bekommen.
Man wollte in einen Zustand gelangen, in dem man das Gefühl hat, man ist da und doch nicht da. Das ist wie im Buddhismus.
Das Ziel ist ja Nibbana – im Hinduismus Nirwana, im Buddhismus Nibbana – das heißt, ausgelöscht zu sein. Buddha sagte, der letzte Zustand sei so, dass man nicht sagen kann, ob man isst oder nicht isst.
Das ist eine ähnliche Erfahrung wie bei Drogen. Nicht bei allen Drogen, aber so kann man das erleben.
Drogen und Rockmusik bildeten ab den Sechzigerjahren eine gewaltige Bewegung, die die ganze Welt eroberte.
Wenn man Radio hört, welche Musik hört man? Man muss schon Spezialsender einschalten, um andere Musik zu bekommen.
Die Menschen wollen eine Musik, die sie mitreißt und das Fehlende gibt.
Dann wird alles interessant, was einen Kick auslöst: Extremsportarten oder Bungee-Jumping. Man bindet ein elastisches Seil um sich, springt aus einem Helikopter heraus, fällt, bis das Seil ganz gespannt ist, und dann wieder zurück.
Das alles, um diesen Kick zu bekommen.
Wir haben ein Problem, und das führt uns zu sechstens.
Wege zur Erfahrung Gottes nach biblischem Zeugnis
Wie können wir Gott erleben und erfahren, gemäß der Bibel? Ich möchte jetzt 14 Punkte relativ zügig nacheinander aufzeigen.
Die Bibel sagt, dass Gott sich gerade in ganz schlimmen Zeiten, wenn es einem sehr schlecht geht, speziell Menschen zeigt. Er verbirgt sich dann nicht mehr vor ihnen. Psalm 91,15 sagt: Gott spricht, er wird mich anrufen, und ich werde ihm antworten, ich werde bei ihm sein in der Bedrängnis, ich werde ihn befreien und ihn verherrlichen. Psalm 34,18 beschreibt: Sie schreien, und der Herr hört, und aus allen ihren Bedrängnissen errettet er sie. Es wird also deutlich gemacht, dass jemand, der auf Gott vertraut, gerade in den schlimmsten Momenten seines Lebens Gottes Gegenwart ganz besonders erleben kann. Das ist wirklich so.
Wenn man Christen fragt, wo in ihrem Leben sie ganz besonders erlebt haben, wie Gott, wie der Herr ihnen nahe war, dann erzählen viele von sehr schweren Zeiten in ihrem Leben. Das war auch bei uns so. Ich rede nicht unbedingt gerne darüber, aber als wir 2009 unseren Ältesten verloren haben – und das in der Wildnis von Kanada – und dort die Botschaft bekamen, war das zum Durchdrehen. Wir waren gerade an einer Tankstelle, als ich das am Telefon erfuhr. Ich musste es der Familie mitteilen, die im Auto wartete. Es war zum Durchdrehen. Aber was wir in dieser Zeit erlebt haben, wie der Herr dann jeden Schritt geleitet hat und wie wir durchgetragen wurden und nicht in ein schwarzes Loch fielen, das war ganz unglaublich. Meine Frau und ich haben das beide so erlebt. Aber das kann man nicht erklären, man kann das gar nicht produzieren. Wir haben das erlebt, was hier steht: „Ich werde bei ihm sein in der Bedrängnis.“
Wir finden auch, dass die Bibel sagt, wenn ein Mensch sich über seine Schuld in seinem Leben vor Gott demütigt, vor Gott zusammenbricht und zu ihm umkehrt, dass er seine Nähe ganz besonders erleben kann. Jesaja 57,15 sagt: „Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum im Jenseits und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um den Geist der Gebeugten zu beleben und das Herz der Zerschlagenen zu erquicken.“
Auch hier könnte man Christen fragen: Hast du das je so erlebt, oder kennst du andere, die das erlebt haben? Fragt man etwas herum, wird man merken, dass das tatsächlich so ist.
Drittens: Beim Singen. In Psalm 22,4 hören wir dieses Gebet: „Doch du, Gott, bist heilig, der du wohnst unter den Lobgesängen Israels.“ Man sieht hier den salomonischen Tempel. Im Innenvorhof waren die Musiker, die Leviten und Priester, und sie führten die Psalmen zusammen mit dem Orchester auf. Die Bibel sagt, dass dort, wo das Wort Gottes gesungen wurde, Gottes Gegenwart ganz besonders erlebbar war.
Viertens: Beim Beten. In Psalm 34,5 steht: „Sie blickten auf ihn.“ Beten wird dort beschrieben als „auf Gott schauen, zu ihm hinaufschauen.“ Sie blickten auf ihn und wurden erheitert, und ihre Angesichter wurden nicht beschämt. Viele überzeugte Christen können bezeugen, dass sie vielleicht mit einem ganz kriesgrämigen Gesicht ins Gebet gingen und ihre Sorgen vor Gott ausbreiteten und abladen. Nach dem Beten sah das Gesicht ganz anders aus.
Ich weiß sogar von einer christlichen Gemeinde, dass ein Nachbar immer beobachtete, wann die Leute in die Gemeinde gingen und wann sie wieder herauskamen. Er sagte später, sie gingen immer mit einem bestimmten Gesicht hinein und kamen alle strahlend heraus.
Aber nicht nur erlebt man, dass Gott sich im Gebet besonders zeigt und seine Nähe offenbart, sondern auch durch Gebetserhörung. Christen können weltweit erzählen, wie sie erlebt haben, dass Gott Gebete erhört. Ein Beispiel im Alten Testament: Isaak hatte das Problem, dass seine Frau unfruchtbar war, und es gab keine Gynäkologen. Was hat er getan? 1. Mose 25,21 sagt: „Und Isaak bat den Herrn für seine Frau, denn sie war unfruchtbar, und der Herr ließ sich von ihm erbitten, und Rebekka, seine Frau, wurde schwanger.“ Er hat das erlebt – ohne Technik. Das war fantastisch.
Fünftens: Beim Hören und Lesen der Bibel. In Jeremia 23,29 sagt der Ewige: „Ist mein Wort nicht also wie Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ Es ist eigentlich ganz gefährlich, wenn man die Bibel liest. Man lässt sich wirklich auf etwas ein, vor allem wenn man offen ist für die Botschaft. Viele, die ganz gegen Gott waren und alles abgelehnt haben, erzählen, dass sie plötzlich die Bibel zu lesen begannen und ein Wort fanden, das sie zutiefst ins Herz traf. Das ist kein Menschenwort, das ist Gottes Wort, wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt. Das kann man nicht produzieren. Diese Erfahrung macht man mit der Bibel, nicht mit Romanen. Plötzlich wird das ganze Leben durch ein Wort umgekrempelt. Das erlebt man mit der Bibel.
Sechstens: Man kann Gottes Nähe ganz besonders im Dienst für Gott erleben. In Matthäus 28,19 gibt der Herr Jesus Christus den Missionsbefehl und sagt seinen Jüngern, was sie tun sollen: „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ Diese Nähe des Herrn wird gerade im Zusammenhang mit der Arbeit, der Missionsarbeit für ihn bis an die Enden der Erde erwähnt.
Sie sehen, wo die Enden der Erde sind – von Israel aus, dem Herzen der Welt, nach Hesekiel 5,5 – und das Evangelium soll bis an die Enden der Erde gehen, also bis nach Südafrika, bis nach Feuerland, bis nach Alaska, bis nach Neuseeland und so weiter. Natürlich auch zu den Chinesen, ja, zu allen.
Siebtens: In Gemeindezusammenkünften kann man Gott ganz besonders erleben. In 1. Korinther 14,24 steht es so: „Wenn aber alle weissagen, das heißt das Wort Gottes weitergeben, geleitet durch den Heiligen Geist, und irgendein Ungläubiger oder Unkundiger kommt herein, so wird er von allen überführt, von allen beurteilt, das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und also auf sein Angesicht fallend, wird er Gott anbeten und verkündigen, dass Gott wirklich unter euch ist.“
Weissagen wird in Kapitel 14, Vers 2 erklärt: Reden zu Erbauung, Ermahnung und Tröstung, aber immer von Gott geleitet, genau das richtige Wort im richtigen Moment. Das kann man so erleben, dass man genau das Wort hört, das man braucht, ohne dass der Prediger das vorher wissen konnte. Man merkt, Gott ist da, er wirkt durch die Predigt.
In Matthäus 18,20 sagt Jesus Christus: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“ Das war besonders für die Jünger wichtig, denn im Judentum braucht man, um eine Synagoge zu sein, den Minjan, also zehn Männer. Auch an der Klagemauer muss man immer wieder eine Gruppe von zehn bekommen. Ich war dort, und dann kamen Ultraorthodoxe und holten mich, damit sie die Nummer zehn erreichen konnten und eine Synagoge sein konnten. Aber Jesus Christus sagt seinen Jüngern, dass es im Zeitalter der Gemeinde noch viel einfacher ist: Zwei oder drei, die zu ihm versammelt sind, und dann ist er in ihrer Mitte. So kann Gott ganz besonders erlebt werden.
Achtens: Die Bibel sagt, dass wir Gott im Erleben und Erforschen der Natur erfahren können. Ich habe einige Stellen dazu notiert, möchte aber eine erwähnen: Römer 1,20. Paulus sagt: „Denn das Unsichtbare von ihm, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt an in dem Gemachten mit dem Verstand wahrgenommen, damit sie ohne Entschuldigung seien.“ Das heißt, der Mensch kann anhand der Ordnung in der Natur erkennen, dass es einen Schöpfer geben muss. Das kann nicht durch Zufall entstanden sein.
Im Alltag erleben wir ständig Zufall, und Zufall macht die Dinge immer kaputt, nie besser. Ein Haus wird mit der Zeit nicht schöner, es zerfällt. Aber woher kommt diese Ordnung? Viele sagen heute, wir können das alles mit Naturgesetzen erklären. Stephen Hawking, einer der größten Urknallspezialisten, hat 2010 das Buch „Der große Entwurf“ herausgegeben, eine neue Erklärung des Universums. Darin sagt er, das Universum habe sich selbst aus dem Nichts erschaffen. Der Grund, warum es statt dem Nichts doch etwas gibt, sei spontane Schöpfung.
Das steht im Widerspruch zur Thermodynamik. Dieses Naturgesetz, das wir täglich testen können, besagt, dass nie Energie oder Materie aus dem Nichts entsteht. Es gibt nur das, was es gibt. Und dieser Mann widerspricht damit der Naturwissenschaft. Am Ende wird es dann doch übernatürlich, wie die Christen und das Judentum glauben, dass es einen Gott gibt, der aus dem Nichts alles erschaffen hat. Aber es ist ein ewiger Gott, nicht das Nichts schafft sich selbst.
Ich würde sagen, das ist nicht übernatürlich, sondern unternatürlich, aber nicht natürlich. Wer sagt, die Evolutionslehre habe Gott beiseite getan, liegt falsch. Man kann naturwissenschaftlich nicht erklären, warum es diese Welt gibt, diese Energie und Materie. Das widerspricht den Naturgesetzen. Man muss unternatürlich oder übernatürlich denken.
Und wie ist es mit der Entstehung des Lebens? Das ist für die Evolution sehr wichtig, und viele sagen, das sei längst bewiesen. Richard Dawkins, einer der prominentesten Evolutionisten, sagt, diejenigen, die nicht an Evolution glauben und noch an Schöpfung festhalten, seien Dummköpfe. Doch schauen Sie sich den Film „Expelled“ von Benstein an, einem säkularen Filmemacher in den USA. Am Schluss gibt es ein Interview mit Richard Dawkins, in dem er gefragt wird, wie das Leben entstanden ist. Dawkins sagt, es begann mit dem Ursprung des ersten sich selbst replizierenden Moleküls, also dass ein Molekül sich selbst kopierte. Benstein fragt, wie das ablief. Dawkins antwortet: „Ich habe Ihnen gesagt, wir wissen das nicht.“ Benstein fragt: „Sie haben also keine Ahnung, wie es begann?“ Dawkins sagt: „Nein, niemand hat eine Ahnung.“
Wenn also jemand sagt, die Evolutionslehre sei bewiesen, ist das nicht richtig. Dawkins selbst sagt, niemand weiß, wie das Leben entstand. Die Frage nach Gott ist also nicht beseitigt. Diese Sequenz lohnt sich auf YouTube anzuschauen – sie ist umwerfend.
Die Entstehung des Lebens funktioniert nicht durch Naturgesetze. Es widerspricht dem Massenwirkungsgesetz in der Chemie. Lange Ketten wie DNA, RNA und Proteine können in der Natur aus toter Materie nicht entstehen. Ein Atheist sagte mir einmal, man wisse das noch nicht, aber man werde es noch entdecken. Nein, es fehlt nichts, was wir noch nicht wissen. Wir wissen genug, um zu wissen, dass es nicht geht. Wenn man die Gesetze genau kennt, kann man sagen: Es geht nicht.
Neuntens: Beim Betrachten der Wege Gottes in der Geschichte. Jesaja 46,10 sagt Gott: „Ich spreche, mein Ratschluss soll zustande kommen, und all mein Wohlgefallen werde ich tun.“ Gott sagt, dass er die Geschichte lenkt und souverän in der Hand hat, obwohl der Mensch einen eigenen Willen hat und verantwortlich ist. Trotzdem hat Gott alles souverän in der Hand. Wenn man die Geschichte überdenkt, kann man sehen, dass es einen Sinn in der Geschichte gibt. Es gibt erstaunliche Zusammenhänge und Linien, die zeigen, dass da ein Gott ist.
Zehntens: Durch die erfüllte biblische Prophetie können wir Gott erkennen. Im Buch Ezechiel findet sich der Refrain in Variationen siebenundsiebzig Mal: Gott sagt etwas voraus, und dann heißt es: „Und ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin.“
Warum ist das so wichtig? Weil es diese wirklich erfüllten Prophetien von Hunderten von Vorhersagen nur in der Bibel gibt – in keiner anderen Religion. Im Tanach und im Neuen Testament. Ich habe ein Büchlein geschrieben, das sich mit dem Thema beschäftigt: Es gibt mehr als 300 erfüllte Prophezeiungen über Jesus Christus, den Messias. Dort wird genau vorausgesagt, wo er geboren werden musste – in Bethlehem – und der Zeitpunkt seines Kommens. Auch die Kreuzigung, die darauffolgende Zerstörung Jerusalems und die Zerstreuung der Juden unter alle Völker waren vorausgesagt.
Ich habe auch ein Buch geschrieben, in dem ich mehr als zweihundert erfüllte Prophezeiungen über die Weltgeschichte behandle, die sich nachweislich erfüllt haben. Das gibt es in keiner anderen Religion. Fragt man einen Muslim nach einer Liste mit hundert Prophezeiungen aus dem Koran und den Hadithen, wird er nichts bringen. Fragt man einen Buddhisten in Thailand oder Indien, wird er keine Liste vorlegen können.
Mein neuestes Buch behandelt mehr als 175 erfüllte Prophezeiungen über unsere Zeitepoche. Ich habe extra Listen eingefügt, was ich bei den früheren Büchern eigentlich auch hätte tun sollen. Es geht mir darum, wenn jemand fragt, wirklich die Fakten auf den Tisch legen zu können und den Unterschied klar zu machen. Das gibt es nur in der Bibel. Niemand kann sagen, das wurde vielleicht nach der Erfüllung prophezeit. Nein, das sind Prophezeiungen, die in unserer Zeit erfüllt wurden – ganz klar. Wenn jemand sagt, das sei aus dem Zusammenhang gerissen, können wir den Zusammenhang anschauen, und es geht auf.
Vierzehntens: Im gesamten persönlichen Leben können wir Gott erkennen. König Salomo sagt in Sprüche 3,6: „Erkenne ihn auf allen deinen Wegen, und er wird gerade machen deine Pfade.“ Es lohnt sich, nicht nur an Neujahr oder knapp davor sein Leben im Überblick zu betrachten, sondern immer wieder mal innezuhalten. Samuel, der Richter, hat auch so einen Punkt gemacht und einen Stein aufgestellt mit den Worten: „Das ist der Stein der Hilfe. Bis hierher hat der Herr geholfen.“
Wenn ich mein Leben anschaue – diese 54 Jahre – sehe ich im Nachhinein plötzlich rote Linien und Zusammenhänge, die ich als Achtzehnjähriger nicht hätte sehen können. Es war ganz entscheidend, was damals geschah, oder als Vierzehnjähriger, was damals geschah, das war entscheidend. Es hat alles mitbestimmt. Ich war überzeugt von meiner Frau, nicht nur wegen ihrer blauen Augen. Ich hatte verschiedene Argumente, aber heute habe ich noch mehr Gründe, dass sie die Richtige ist. Es ist wunderbar, wenn man plötzlich erkennt, dass es so sein musste, dass ich diese Frau geheiratet habe.
So kann man Gott erkennen. Aber merken wir: Das geht nicht automatisch. Es ist ein Aufruf: Erkenne ihn! Und dann kann man plötzlich dankbar werden. David sagt im Psalm 104: „Preise den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Wenn man zurückblickt, sieht man nicht nur die schwierigen Zeiten, sondern auch, wie viel Schönes Gott einem hat erleben lassen. Zum Beispiel bei der Geburt, wenn man das Baby auf dem Arm hält und es badet. Das ist etwas anderes als Bungee-Jumping, nicht wahr? Natürlich ist das fantastisch, was man da erlebt, aber es ist nicht so, dass man sich am nächsten Samstag sagt: Ich muss das noch mal erleben, das war der Hit.
Nein, das war ganz normal. Aber da erlebt man die Freundlichkeit Gottes in vielen Dingen und erkennt: Er ist da, mein Leben wird geführt und in der Hand gehalten. Die schwierigen Zeiten hatten einen Sinn und eine Bedeutung. Und wo wir es noch nicht wissen, da bin ich getrost und warte darauf, bis die Antwort kommt.
Abschließende Gedanken und Aufruf zur Umkehr
Jetzt kommen wir zu den Schlussfolgerungen. In Amos 5 sagt der Prophet: Sucht den Herrn und lebt. Sucht den, der die Plejaden und den Orion gemacht hat und den Todesschatten in den Morgen verwandelt. Das kommt dann morgen früh, ja? Und den Tag zu Nacht verfinstert – das ist schon vorbei, schon geschehen. Er ist es, der den Wassern des Meeres befiehlt und sie über die Fläche der Erde ausgießt. Der Herr ist sein Name.
Was ist das? Ein Tsunami. Dieser Gott, der die ganze Welt in der Hand hat, sagt also: Sucht den Herrn.
Wir müssen nicht denken: Gut, ich lebe in einer Zeit der Gottesfinsternis, ich spüre nichts, also warte ich, bis irgendetwas kommt. Nein, wir müssen etwas tun. Wir sind schuld an der Gottesfinsternis. Gott sagt: Ich will mein Angesicht verbergen, weil sie Unrecht tun und ihrem Unrecht weiter nachgehen.
Aber wenn wir Gott suchen, dann haben wir die Verheißung aus Jeremia 29: "Und ihr werdet mich suchen und finden, denn ihr werdet nach mir fragen mit eurem ganzen Herzen, und ich werde mich von euch finden lassen", spricht der Herr.
Das ist eine Zusage! Manchmal gibt es Leute, die sagen, sie hätten einen Bleistift verloren, und zitieren dann einen Bibelvers: Wer sucht, der findet. Das ärgert mich jedes Mal. Ist es so schlimm, wenn man einen Bleistift verliert? Nein. Es geht darum, wer Gott sucht, wer Jesus Christus, den Messias sucht, der wird ihn finden.
Darum sagt in der Bibel ein Andreas, ein Jude aus Galiläa: "Wir haben den Messias gefunden." Es ist wunderbar. Aber die Verheißung lautet: "Ihr werdet mich suchen und finden, denn ihr werdet nach mir fragen mit eurem ganzen Herzen, und ich werde mich von euch finden lassen", spricht der Herr.
Also nicht halbherzig, das müssen wir wirklich wollen. Jesus Christus sagt in Matthäus 23 einmal zur Volksmasse: Ihr habt nicht gewollt, sie wollten nicht. Aber wir müssen wollen. Dann wird Gott sich finden lassen.
Hesekiel 33,11 spricht zu ihnen: "So wahr ich lebe, spricht der Herr, der Ewige, ich habe kein Gefallen am Tod des Gesetzlosen, sondern dass der Gesetzlose von seinem Wege umkehre und lebe. Kehrt um, kehrt um von euren bösen Wegen, denn warum wollt ihr sterben?"
Jedes Mal, wenn ich das lese, beeindruckt mich das so sehr, dass Gott nicht einfach nur "kehrt um" sagt, sondern: "Kehrt um, kehrt um!" Das ist so eindringlich. Aber wir müssen das tun.
Wir müssen erkennen, dass wir Gottes Gebote gebrochen haben, dass wir im Grunde rebellisch gegen Gott waren und gegen unser Gewissen gehandelt haben. Wir haben ganz bewusst Dinge getan, von denen wir wussten, dass sie falsch sind, dass sie Sünde sind.
Aber Gott sagt: Kehrt um! Und wenn wir unsere persönliche Schuld Gott bekennen, dann wird Gott vergeben. Das sagt sowohl das Alte als auch das Neue Testament.
Dazu kam ja der Messias Jesus Christus. Er starb am Kreuz vor den Toren Jerusalems wie ein Opfertier. Im Alten Testament mussten Israeliten ein unschuldiges Opfertier bringen. Sie legten die Hände auf das Tier und bekannten ihre persönliche Schuld – nicht einfach pauschal: "Es tut mir leid, ich habe viel Mist gebaut." Nein, sie mussten konkret bekennen, worin sie gesündigt hatten. Dann wurde ihnen vergeben.
Der Unschuldige musste sterben. So lernte man schon im Tanach Erlösung durch Stellvertretung.
So kam Jesus Christus, erfüllte die Prophetie über den Messias und starb am Kreuz an unserer Stelle. Weil Gott gerecht ist, müsste er uns strafen. Aber weil Gott Liebe ist, will er uns verschonen.
Das ist ein Widerspruch, der durch das Prinzip der Erlösung durch Stellvertretung gelöst wurde. Jesus Christus wurde am Kreuz gestraft. Gott hat ihn, den Sündenträger, verlassen, damit er ewig bei uns sein kann.
Aber wir müssen wollen.
Zum Schluss möchte ich mit einem Stück von Jules Massenet schließen. Dieser Komponist lebte von 1842 bis 1912. Im Französischen heißt das Stück „Méditation de Thaïs“. Es hat nichts mit Meditation im orientalischen Sinn zu tun. Im Französischen bedeutet „Méditation“ Nachdenken, und so kann man es gut ins Deutsche übersetzen.
Thaïs war eine historische Person. Um 300 nach Christus im Römischen Reich war sie eine heidnische Priesterin im Venus-Tempel – eine schreckliche Frau, eine Prostituierte für Venus.
Dann wurde sie mit der frohen Botschaft von Jesus Christus konfrontiert. Sie musste sich entscheiden. Es war ihr klar, dass das einen Bruch mit ihrer Vergangenheit bedeutete. Das war keine leichtfertige Entscheidung.
Es entstand ein innerer Kampf, und schließlich durchbrach die Frau diesen Kampf.
In dem Stück, das so tief nachempfunden ist von Massenet, hört man zuerst eine ganz sanfte Melodie. Man muss sie so spielen, dass die Geige fast wie eine Flöte klingt. Das stellt die frohe Botschaft des Evangeliums dar.
Die frohe Botschaft ist eine gute Nachricht: Gott liebt jeden von uns und möchte uns ein neues Leben geben. Er möchte unsere Schuld vergeben. Aber das geht nicht automatisch. Wir müssen umkehren.
Dann folgt der Kampf. Diese Frau zerreißt es fast innerlich. Je nachdem, wie man spielt, kann man fast die Geige kaputt machen.
Dann bricht sie durch, und die Anfangsmelodie kommt wieder.
Am Schluss findet diese Frau in Christus völlige Ruhe, wie Jesus gesagt hat: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben."
Am Ende spielt man ganz eigenartige Töne. Man drückt die Saiten nicht mehr, sondern legt nur die Finger auf. Dann entstehen ganz seltsame hohe Töne, und das verklingt wirklich in einer inneren Ruhe, die das Evangelium für das Gewissen schenkt.