Die verbreitete Vorstellung vom Christsein als Anstrengung
Du könntest es sein, wenn du dich nur ein bisschen anstrengen würdest. Wie oft haben wir das zu anderen gesagt, vielleicht zu unseren Kindern, vielleicht zu uns selbst. Du könntest es sein, wenn du dich nur ein bisschen am Riemen reißen würdest.
Streng dich wenigstens etwas an, gib dir ein bisschen mehr Mühe, sei etwas netter zu den Nachbarn, gib doch etwas mehr von deinem Geld für die Hungernden weg. Komm doch etwas häufiger zum Gottesdienst. Du könntest es doch, wenn du dich nur ein wenig anstrengen würdest. Dann wirst du vielleicht ein anständigerer Mensch, dann kannst du mit dir selbst zufriedener sein, dann wirst du ein besseres Gewissen haben.
So stellen sich viele das Christsein vor. Christen sind Leute, die sich etwas mehr anstrengen als die anderen, und darum sind sie auch etwas anständigere Leute. Natürlich gibt es auch unter den Christen viele Heuchler, das wissen wir, aber das sind Leute, die sich anstrengen.
Wenn man das dann von außen betrachtet und sich das unter Christsein vorstellt, kann man zwei ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus ziehen. Die einen spannen jetzt ihre moralischen Muskeln an und sagen: „Gut, ich will es auch versuchen, ein wenig anständiger zu sein.“ Die anderen sagen: „Also, dann lasse ich es lieber gleich. Ich bewundere die Leute, die das können und die sich da so einsetzen, aber wenn das so anstrengend ist, ich muss mich schon genug anstrengen an anderen Stellen, ich lasse es lieber gleich sein.“
So haben viele die Bergpredigt gelesen als ein soziales Programm für alle, die sich anstrengen wollen, etwas besser zu leben. Und damit Sie wissen, wie das funktioniert, so denken die dann, hat Jesus hier ein paar moralische Regeln aufgestellt, so als Richtlinie, dass man sich für die Schwachen einsetzt, dass man sich nicht immer mit seinen Ellenbogen durchsetzt, dass man sich um den Frieden bemüht.
Nun ist es sicher gut und wichtig, all das zu tun: sich für die Schwachen einzusetzen, sich nicht immer mit seinen Ellenbogen durchzusetzen, sich um den Frieden zu mühen. Nur die Absicht der Bergpredigt haben wir damit auch noch nicht im Entferntesten gestreift.
Die will etwas anderes. Das haben wir immer wieder gesehen in diesen bisher neun Predigten über Matthäus 5. Sie ist viel anspruchsvoller.
Das Ziel der Bergpredigt: Vollkommenheit als Maßstab
Und falls Sie auch all die anderen Predigten verpasst haben sollten und die Absicht der Bergpredigt kennenlernen wollen, dann müssen Sie sich den letzten Satz des fünften Kapitels ansehen.
Das ist heute unser Predigttext. Der Abschluss des gesamten fünften Kapitels – das fünfte Kapitel ist das Kernkapitel der Bergpredigt – und dieser Vers 48 steht nicht zufällig dort, sondern fasst das Ganze noch einmal zusammen.
Sie haben diesen einen Bibelvers, der heute unseren gesamten Predigttext ausmacht, auf Ihrem gelben Zettel. Dort sagt Jesus: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Das ist das Thema der Bergpredigt: Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.
Christen sind besonders. Hier schalten viele sofort ab und sagen: Das ist weltfremd, das geht sowieso nicht. Auch viele Christen schalten hier übrigens ab und sagen: Ich glaube ja an Jesus, ich gehe regelmäßig zum Gottesdienst, ich arbeite mit, aber wenn ich mein Leben so sehe, na ja, vollkommen? Warum bin ich das nun gerade nicht? Und dann noch vollkommen wie der Vater im Himmel? Also das kann ich mir gleich abschminken. Dann machen sie die Bibel an dieser Stelle zu. So kann Jesus das doch nicht gemeint haben. So etwas Besonderes bin ich als Christ doch eigentlich auch nicht, und vollkommen schon gar nicht.
An unserer Reaktion auf Vers 48 zeigt sich bei Christen und bei Nichtchristen ein grundlegendes Missverständnis über das Christsein. Es zeigt sich ein grundlegendes Missverständnis darüber, was Gott eigentlich mit uns vorhat, was es bringt und was es bewirkt, Christ zu werden.
Missverständnisse über das Ziel des Glaubens
Wenn man eine Umfrage unter Christen machen würde – also unter Menschen, die sagen: „Ich lebe bewusst mit Jesus Christus, ich vertraue seinem Wort in der Bibel, ich bete, mir ist die Gemeinde wichtig, ich will wirklich mit diesem Jesus leben“ – und man fragte sie: „Was glauben Sie, welches Ziel Gott mit Ihrem Leben hat? Was ist die wichtigste Folge Ihres Glaubens, Ihrer Bekehrung?“ –, dann würden viele wahrscheinlich antworten, dass sie gerettet werden. Dass sie am Ende nicht verloren gehen, sondern in den Himmel kommen.
Nun, das ist natürlich eine enorm wichtige Folge unserer Bekehrung, aber es ist bei Weitem nicht alles. Wenn man dann nachfragt, würden andere vielleicht sagen: „Ja, die wichtigste Folge meiner Bekehrung ist, dass ich missioniere. Dass ich versuche, diesen Glauben, den ich gefunden habe, anderen weiterzugeben. Dass ich mich mit ganzer Kraft für Jesus einsetze. Das ist das eigentliche Ziel meiner Bekehrung, meines Christseins.“
Auch das ist natürlich enorm wichtig für einen Christen: dass er sein Leben für Christus einsetzt, dass er mitarbeitet für ihn, dass er versucht, andere Menschen für diese Botschaft zu gewinnen, die sein Leben hell und froh gemacht hat. Aber auch das ist noch nicht alles.
Jesus zeigt uns in Matthäus 5,48: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Das ist das eigentliche Ziel. Jesus hat mit seinen Leuten Außergewöhnliches vor.
Die hohe Forderung an Christen
Wir haben uns angewöhnt, unser Christsein immer als grau, langweilig oder selbstverständlich vorzustellen. So etwas Besonderes ist es ja nun auch nicht. Wir freuen uns zwar, dass wir am Ende nicht in die Hölle kommen, aber wirklich besonders sind wir auch nicht.
Manche denken dann, dass der Vers 48 mit der Vollkommenheit höchstens für ganz besonders reife Christen gilt, die es besonders ernst nehmen und strahlende Glaubenshelden sind. Für diese könnte der Vers vielleicht gelten, aber für den Normalkristen wohl kaum.
Jesus sagt jedoch etwas anderes. Er sagt uns, dass dieser Vers 48 ohne Einschränkung für jeden Christen gilt. Haben Sie hier irgendeine Einschränkung gelesen? „Ihr sollt, sofern Ihr besonders heilig seid, vollkommen werden wie euer Vater im Himmel.“ Das steht da nicht.
Nein, dieser Satz kann Wirklichkeit werden in Ihrem Leben. Dieser Satz soll Wirklichkeit werden in Ihrem Leben. Dieser Satz ist realisierbar für jeden, der zu Jesus einen Draht findet.
Bevor ich Ihnen heute Morgen den Vers 48 erkläre, geben Sie mir die Chance, Ihnen zu zeigen, was Jesus mit diesem Satz meint: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Ich möchte Ihnen erklären, wie Jesus sich diese besondere Qualität des Christen vorstellt und warum Christsein wirklich eine ganz einzigartige Sache ist.
Christen sind besonders gefordert
Erstens sind Christen besonders, denn sie werden besonders gefordert. Das haben wir in der ganzen Bergpredigt gesehen, in der Jesus die Latte ziemlich hoch legt. Die Bergpredigt ist eine Marschroute für Menschen, die bereits Christ geworden sind. Sie ist nicht die Eintrittsbedingung, um zum Glauben zu kommen.
Gott sagt nicht: „Du musst erst mal so leben, und dann kannst du zu mir kommen, und dann nehme ich dich als mein Kind an.“ Das sagt er nicht. Die Bergpredigt zeigt vielmehr, wie diejenigen leben sollen, die schon zu Jesus gehören. Sie ist also nicht die Eintrittsbedingung.
Die Eintrittsbedingung zum Christsein steht ganz am Anfang der Bergpredigt. Wir haben sie in Vers 3 gesehen, wo Jesus sagt: „Selig sind die geistlich Armen.“ Die geistlich Armen sind nicht diejenigen, die weniger intelligent sind, sondern diejenigen, die merken, wie leer sie vor Gott dastehen. Sie wissen, dass sie auf seine Vergebung angewiesen sind und ohne Jesus Christus keine Chance auf ewiges Leben haben. Sie betteln Gott an: „Herr, nimm mich an und erbarme dich über mein Leben.“ Das ist die Eintrittskarte.
Wenn wir also, wie es in Vers 3 steht, mit leeren Händen zu Gott kommen, nimmt er uns als seine Kinder an. Dann beginnt das Leben der Bergpredigt. Wenn jemand, der noch nicht Christ ist, zu Jesus sagt: „Dieses Leben schaffe ich nicht“, wird Jesus antworten: „Das brauchst du mir gar nicht zu sagen, das weiß ich auch so. Aber komm zu mir, binde dich an mich, und dann gehen wir diesen Weg gemeinsam.“
Wir haben gesehen, dass Christen besonders gefordert sind. Jesus spricht viele praktische Lebensbereiche an. Schon in den Versen vor Vers 48 nennt er Beispiele, wie wir als Christen leben sollen. Wir sollen das Nächstliegende lassen, nämlich unser Selbst, unser dickes Ich, das immer nach vorne drängt. Stattdessen sollen wir das Fernstliegende tun: unsere Feinde lieben, statt sie zu hassen.
Feinde lieben heißt, für sie zu beten und ihnen zu helfen, egal ob sie uns sympathisch oder unsympathisch sind. Jesus fordert seine Nachfolger auf, mit ihren Worten absolut wahrhaftig zu sein – nicht nur ab und zu, sondern immer. Wir sollen nicht nur grobe Lügen meiden, sondern stets ehrlich und durchsichtig sein.
Jesus sagt noch mehr: Auch unsere Gedanken sollen rein sein, ebenso unsere Blicke. In Matthäus 5,27-28 sagt Jesus: „Wer eine Frau nur ansieht mit sexueller Begierde, der hat bereits in seinem Herzen die Ehe gebrochen.“ Gott betont, dass es nicht nur wichtig ist, was wir tun oder sagen, sondern auch, was wir denken und wie wir schauen. Unser ganzes Leben soll klar vor Gott stehen.
Es gibt viele praktische Beispiele, die sich immer wieder um dasselbe Thema drehen. Dann kommt Vers 48, in dem Jesus alles noch einmal zusammenfasst. Er sagt: „Das ist jetzt der Maßstab, der Standard für euch Christen. Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“
Ihr sollt euch nicht an anderen Menschen orientieren, denn man findet immer Leute, die schlechter sind als man selbst. Ihr sollt nicht nur besser sein als andere, sondern euch an Gott orientieren. Das ist euer Maßstab! Das Maß eures Lebens ist Gott selbst, der heilige Gott.
Christen haben den denkbar höchsten Maßstab, den es überhaupt gibt. Wir sollen wirklich etwas Besseres sein, etwas Besonderes.
Gottes Maßstab und das Beispiel der Feindesliebe
Jesus macht das in den vorhergehenden Versen deutlich, die ich kurz noch einmal in Erinnerung rufe. Er sagt: „Wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr dafür für einen Lohn haben?“ Das tun auch die Zöllner, und diese galten damals als besonders verachtet.
Dann fährt Jesus fort: „Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun dasselbe nicht auch die Heiden?“ Also die, von denen ihr meint, sie wären ganz außen vor.
Merken Sie, was Jesus hier sagt? Er meint, wenn ihr nur die normalen Anstandsregeln beachtet, dann ist das noch kein großes Verdienst und kein Ruhmesblatt. Von meinen Leuten erwarte ich mehr. Ich erwarte zum Beispiel, dass ihr eure Feinde liebt – nicht, dass ihr Sympathie für sie empfindet, aber dass ihr versucht, das Beste für sie zu suchen, für sie betet und ihnen helft, wo ihr könnt.
Ein Reisbauer in China hatte schweren Ärger mit seinem Nachbarn. Dieser Bauer hatte auf halber Höhe eines Berghangs ein Reisfeld angelegt. Während der Trockenzeit benutzte er ein Tretrad, um Wasser aus dem Bewässerungsgraben auf sein Feld zu pumpen. Unterhalb seines Feldes lagen noch zwei Felder seines Nachbarn. Dieser Nachbar war ein Schlitzohr.
Eines Nachts bohrte er ein Loch in den Trennwall zwischen dem Feld des Christen und den Feldern dieses Nachbarn. Das führte dazu, dass der Christ, der am Abend zuvor das Wasser mühevoll auf sein Grundstück gepumpt hatte, am nächsten Morgen sah, wie das ganze Wasser auf das Feld seines Nachbarn lief. Er musste tief durchatmen, sagte aber: „Okay, ich will noch nichts sagen.“ Also pumpte er wieder Wasser auf sein Feld.
Am nächsten Morgen war es dasselbe: Der Wall, den er mühevoll repariert hatte, war wieder aufgebrochen. Der Nachbar hatte ihm wieder das ganze Wasser abgezapft. Das ging drei- oder viermal so. Da fragte er sich: „Was soll ich machen?“
Kurz zuvor hatte er die Bergpredigt gelesen. Er fragte seine Mitchristen um Rat: „Was soll ich mit diesem Kerl machen?“ Gemeinsam überlegten sie und beteten. Sie kamen zu folgender Lösung: Wenn wir immer nur versuchen, das Rechte zu tun, sind wir noch nicht nah an dem, was Jesus will. Wir müssen versuchen, mehr zu tun, als nur das Richtige.
Und was machte der chinesische Christ am nächsten Morgen? Er pumpte zuerst Wasser für die beiden unteren Felder, sodass auf dem Feld seines Nachbarn genug Wasser war. Erst pumpte er Wasser für den feindlichen Nachbarn, dann für sein eigenes Feld.
Sie können sich vorstellen, dass der Nachbar ganz schön erstaunt war. Er ließ das nicht auf sich beruhen und bohrte nach: „Warum hast du das getan?“ Der Nachbar bohrte so lange nach, bis er schließlich selbst Christ wurde.
Sehen Sie, dieser Chinese hat nicht nur gefragt, wie er sich anständig verhalten soll. Er hat nicht nur gefragt, wie er Streit vermeiden oder besser sein kann als sein Nachbar. Er hat versucht, nach Gottes Standard zu handeln.
Und Gottes Standard ist nicht nur richtig, sondern vollkommen. Gottes Standard heißt nicht nur menschlich, sondern göttlich. Das müssen wir festhalten: Wie euer Vater im Himmel – also göttlich.
Jemand hat einmal gesagt: „Gutes mit Bösem vergelten ist teuflisch, Gutes mit Gutem vergelten ist menschlich, und Böses mit Gutem vergelten ist göttlich.“ So handelt Gott selbst. So handelt Gott mit uns bösen Menschen, die ihm gegenüber oft so gleichgültig sind, dass er uns seinen Sohn in die Welt schickt und uns in Liebe nachgeht.
Böses mit Gutem vergelten ist göttlich. Jesus sagt: Wenn ihr jetzt mit mir lebt und mein Wort ernst nehmt, dann geht diesen Weg. Das soll euer Standard sein, eure Messlatte.
Die Bergpredigt will göttliche Reife fördern
Die Bergpredigt will die Menschen nicht einfach nur menschlicher machen. Das ist nicht ihr Ziel. Vielmehr will die Bergpredigt uns göttlicher machen.
Wenn wir unsere Defizite sehen, neigen wir oft dazu, uns schnell zu beruhigen. Dann sagen wir zum Beispiel: „Na ja, wir sind nun mal in dieser Welt.“ Oder: „Wir sind ja auch ganz demütig und wissen um unsere Grenzen.“ Doch oft handeln wir so, als hätte Jesus das nie gesagt – insbesondere nicht Vers 48. Wir beruhigen uns auch damit, dass der Apostel Paulus sehr deutlich gesagt hat, kein Mensch werde durch seine guten Leistungen von Gott angenommen. Das stimmt ja auch. Paulus hat gesagt, wir werden allein durch den Glauben gerettet und nicht durch unsere guten Werke.
Aber bei Vers 48 geht es gar nicht um unsere Rettung. Es geht nicht darum, wie wir in den Himmel kommen oder wie wir Kinder Gottes werden. Es geht darum, wie wir als Christen leben.
Hören Sie nun, was Paulus ebenfalls geschrieben hat. Wer also diesen Vers 48 abschmettern will und sich dabei auf Paulus beruft, der kommt damit nicht weit. Paulus schreibt im Philipperbrief: „Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern!“ Er schreibt diesen Brief an Christen, an Leute, die bekehrt sind. Er schreibt an eine Gemeinde, die er besonders liebte und die besonders lebendig war.
Im Kapitel zuvor hatte Paulus gesagt: „Gott wird euch durchbringen, ich weiß es.“ Und jetzt sagt er in Kapitel 2: „Schaffet, dass ihr selig werdet!“ Man kann das wörtlich übersetzen, dann klingt es noch viel strenger: „Erarbeitet euch euer eigenes Heil!“ Das schreibt Paulus.
Wir müssen wissen, dass „Heil“ in der Bibel mehrere Bedeutungen haben kann. Heil bedeutet an dieser Stelle nicht Sündenvergebung. Es bedeutet hier nicht, dass wir unsere Rettung oder Vergebung erarbeiten können. Das sagt Paulus immer wieder deutlich: Nein, das können wir nicht.
Heil kann in der Bibel auch den Prozess beschreiben, der beginnt, wenn jemand Christ wird und der dann andauert, bis die Person am Ende im Himmel bei Gott ankommt. Diesen Prozess von der Bekehrung bis zur Vollendung im Himmel kann die Bibel ebenfalls mit „Heil“ bezeichnen.
Diesen Prozess meint Paulus hier. Er richtet sich an diejenigen, die auf diesem Weg sind, die angefangen haben, mit Jesus zu leben. Sie sollen sich ihr eigenes Heil jetzt erarbeiten. „Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern!“ Ihr seid gerettet, nun lebt als Kinder Gottes!
Das heißt: Zu unserer Rettung können wir nichts beitragen, außer uns Jesus zu unterwerfen. Aber wenn wir Christen geworden sind, dann sollen wir höchst aktiv werden. Wir sollen arbeiten, uns anstrengen und Gottes Willen tun.
Paulus selbst hat sich einmal mit einem Leistungssportler verglichen. Das können Sie in 1. Korinther 9, ab Vers 24 nachlesen. Dort beschreibt Paulus, wie ein Leistungssportler massiv trainiert, um für die Olympiade fit zu sein. Er verzichtet auf vieles, was ihn ablenkt, um nur ganz fest das Ziel im Auge zu behalten, auf das er zulebt. Er kämpft und setzt sich ein.
Christen sind besonders gefordert. Das wird auch an der Bergpredigt sehr deutlich. Am Eingangstor zur Bergpredigt steht Vers 3, wo wir mit unserer Armut zu Gott kommen sollen und Jesus sagen: „Herr, ich brauche deine Vergebung.“ Aber dann fängt Jesus an, an unserem Leben zu arbeiten. Und das geht weiter bis zu Vers 48: „Ihr sollt vollkommen sein.“
In unseren Köpfen spukt manchmal eine Karikatur vom Christsein herum. Das beginnt mit einem großen Paukenschlag bei der Bekehrung. Wir sind ganz bewegt und erfreut. Doch irgendwann schläft dieser Effekt ein. Irgendwann wird alles träge und müde. Dann hoffen wir, dass wir am Ende von Gott aufgenommen werden. Das war unser christlicher Lauf.
Das ist jedoch eine Karikatur vom Christsein. Jesus sagt: So soll es nicht sein. Nein, wir werden besonders gefordert, aber nicht überfordert. Denn – und das ist das Zweite – Christen werden besonders gefördert.
Christen werden besonders gefördert
Fast dasselbe Wort, nur zwei Punkte kommen hinzu: Christen werden besonders gefördert.
Jetzt lese ich Ihnen vor, was Paulus in Vers 13 im Philipperbrief Kapitel 2 schreibt. Zuerst sagt er: „Erarbeitet euch euer Heil.“ Und was sagt er im nächsten Vers? Hören Sie genau hin: „Denn Gott ist es, der in euch wirkt, beides, das Wollen und das Tun.“
Das ist seltsam. Paulus schreibt nicht: „Setzt euch ganz ein, und außerdem wird Gott euch dabei noch ein bisschen unter die Arme greifen.“ Nein, Paulus sagt: „Setzt euch ganz ein, denn Gott macht es ja in euch.“ Gott ist es eigentlich, der euren Willen prägt. Gott ist es, der euch die Kraft gibt.
„Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern, denn Gott ist der, der in euch beides wirkt.“ Sehen Sie, für unsere Logik ist das schwer zu begreifen, für unsere begrenzte menschliche Logik. Wir sagen: Entweder muss es Gott machen, oder ich muss es machen. Aber beides gleichzeitig geht nicht.
Nun wissen wir schon aus der modernen Physik, dass man so absolut in diesen Gegensätzen nicht mehr denken kann. Ich sage jetzt nur für die, die es kennen: Welle-Korpuskel-Dualismus. Schon die moderne Physik zeigt, dass unsere Logik oft aufgesprengt wird.
Und so macht es Gott hier. Gott sagt: Du sollst kämpfen, du bist gefordert. Aber eigentlich tue ich es in dir. Es ist, als ob Paulus seinen Leuten hier schreiben wollte, nachdem er sie erst so einheizt: „Erarbeitet euch euer Heil.“ Leute, habt keine Angst vor Überforderung, habt keine Angst vor Krampf, habt keine Angst, dass ihr scheitern werdet. Ihr könnt euch fröhlich ins Zeug legen, weil der lebendige Gott selbst in euch arbeitet.
Und wie sieht das praktisch aus? Vielleicht denken Sie: „Ach, mit diesem Menschen werde ich mich nie aussöhnen können. Ich glaube zwar an Jesus, aber wie soll er da in mir wirken?“ Gehen Sie los, gehen Sie zu diesem Menschen hin und bitten Sie Jesus: „Herr, wirke Du jetzt durch mich, dass ich den Mut habe, diesen Menschen anzusprechen.“ Gehen Sie los!
Die Christen in der Verfolgung haben das erfahren. Wenn die Drucksituation da war, dann haben sie von Christus die Kraft bekommen. Aber sie mussten bereit sein, ihn zu bekennen.
Oder wenn Sie überarbeitet sind und sehen, da ist ein Mensch, der Sie so dringend braucht. Eigentlich spricht alles dagegen, dass Sie es jetzt tun. Dann sagen Sie: „Herr, ich muss aber doch. Ich sehe, die Not ist so groß. Nun bitte ich, wirke Du in mir und gib mir Deine Kraft.“ Dann gehen Sie los, und er wird Ihnen die Kraft geben.
Oder wenn Sie Schwierigkeiten haben mit dem regelmäßigen Gottesdienstbesuch und sagen: „Ach, ich komme immer so schwer raus, und die ganze Woche ist so hart.“ Sagen Sie es doch Gott, und dann gehen Sie los. Quälen Sie sich meinetwegen um halb neun aus dem Bett und sagen: „Herr, an Deiner Kraft gehe ich.“ Sie werden merken, er trägt Sie durch.
Wir werden immer wieder hier und da Fehler machen und auch scheitern. Wir sind noch nicht perfekt, verstehen Sie? Aber so sollen wir gehen. Er ist es, der uns trägt und der das Eigentliche tut. Das ist spannend: Christen sind besonders gefördert.
Die besondere Beziehung zu Gott als Vater
Und nun ist die große Frage: Worin steckt eigentlich unser Potenzial als Christen? Warum sind wir so besonders? Warum sind wir so besonders gefördert?
Sehen Sie, das steckt in einem Wort in diesem Vers, im Wort Vater. Jesus sagt nicht: Ihr sollt vollkommen werden wie euer oberster Auftraggeber. Oder: Ihr sollt vollkommen werden wie euer höchster Richter oder wie euer bestes Vorbild. Das ist Gott natürlich alles auch für einen Christen: Auftraggeber, Richter und Vorbild. Aber nein, er sagt hier: Ihr sollt vollkommen sein wie euer Vater.
Und das ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Bergpredigt sich nur an Christen richtet, denn nur Christen dürfen Gott als Vater ansprechen. Die Bibel sagt deutlich: Jeder Mensch ist Gottes Geschöpf, aber diese intime Verbindung zwischen Vater und Kind haben nur die echten Christen. Jesus hat das deutlich gesagt, dass nur wer an ihn glaubt, den Zugang zum Vater bekommt. Und zu diesen Kindern spricht Gott hier.
Ich denke, wir Kinder Gottes, wir, die wir Christen sind, sind uns dieser Sonderstellung oft gar nicht bewusst. Wir sagen auch: Es ist doch nichts Besonderes. Mensch, Gott hat uns zu seinen Kindern ernannt. Oft machen wir uns gar nicht klar, wie sehr wir uns allein schon dadurch unterscheiden, dass wir das Recht haben, Gottes Kinder zu heißen. Oft vergessen wir, wie besonders wir dadurch geworden sind, dass Gott uns das gesagt hat – damals, als wir zu ihm kamen, als wir gesagt haben: Herr, du sollst über mein Leben bestimmen, bitte vergib mir meine Schuld. Da hat er gesagt: Und jetzt bist du mein Kind!
Das sagt uns die Bibel deutlich: Und jetzt bist du mein Kind!
Napoleon hatte einen Rekruten, also einen ganz einfachen Soldaten. Eines Tages, als das Pferd Napoleons plötzlich bockte, reagierte dieser Rekrut ganz schnell. Er sprang von seinem Pferd, hielt das Pferd von Napoleon fest, und Napoleon dankte dem Rekruten in seiner spontanen Art mit den Worten: „Ich danke Ihnen, Herr Rittmeister.“
Der Rekrut merkte, dass er befördert worden war, und fragte gleich zurück: „Rittmeister, von welchem Regiment, Majestät?“ Napoleon antwortete: „Von meiner Garde.“
Der Rekrut legte nun gleich sein Gewehr ab und stellte sich zu einer Gruppe von Offizieren, die in der Nähe standen. Ein General schaute diesen einfachen Soldaten an und sagte: „Was will denn dieser freche Kerl hier?“
Der Soldat schaute dem General fest in die Augen und sagte: „Dieser freche Kerl, Herr General, ist ein Garderittmeister.“
„Sind Sie wahnsinnig, wer hat das gesagt?“ fragte der General.
„Er hat es gesagt“, antwortete der Soldat und deutete auf den Kaiser. „Er hat es gesagt.“
„Verzeihen Sie, Herr Rittmeister“, entschuldigte sich der General. Äußerlich gesehen war dieser junge Rekrut immer noch ein Rekrut, er hatte seine schmucklose graue Uniform an. Aber in seinem Herzen wusste er um seine neue Würde. Warum? Weil er es gehört hatte: Er hat es gesagt, dass du sein Kind bist, wenn du an ihn glaubst.
Ist das nicht genug? Ist das nicht genug Förderung durch Gott? Macht das nicht alles anders?
Ihr sollt vollkommen sein wie euer Vater im Himmel.
Die Kraft des Heiligen Geistes als Förderung
Wenn Gott im Himmel zu unserem Vater im Himmel wird, erhalten wir ein besonderes Fördermittel. Fördermittel sind heute in der Politik oft knapp, doch Gott gibt sie reichlich.
Wir werden enorm gefördert, weil Gott seinen Kindern den Heiligen Geist schenkt. Der Heilige Geist ist nicht einfach ein Wundermittel, sondern die dritte Person Gottes. Durch ihn kommt Gott auf eine für uns unerklärliche Weise zu dem Menschen, der an ihn glaubt.
Deshalb kann Paulus sagen: Gott wirkt in euch, er gibt euch seinen Heiligen Geist, und er ist wirklich da. Doch Gottes Fördermittel sind damit noch nicht erschöpft.
Gottes Kinder werden besonders gefördert, weil sie eine dauerhafte Versorgung erhalten. Wir können jeden Tag zu Gott kommen und ihn immer wieder bitten, unser Gewissen in Ordnung zu bringen und unsere Schuld abzunehmen. Das ist vergleichbar damit, als würde mein Auto jede Nacht in der Waschanlage geparkt und dadurch gepflegt.
Wir Christen haben dieses dauerhafte Fördermittel Gottes: Wir können jeden Tag zu ihm kommen und unser Leben von ihm wieder in Ordnung bringen lassen. Was könnten wir uns mehr wünschen?
Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Und ihr könnt es, weil Gott in euch wirkt.
Vollkommenheit als Prozess der Reife
Sehen Sie, vollkommen sein ist ein Prozess, ein reifer Prozess. Jesus erwartet von Ihnen und von mir keine sündlose Perfektion. Das hat er nie gesagt.
In Matthäus 6 lehrt er seine Jünger, also die Christen, das Beten des Vaterunsers. Dort heißt es: „Vater, vergib uns unsere Schuld.“ Auch Christen, die zu Gott Vater sagen dürfen, brauchen also immer wieder Vergebung ihrer Schuld.
Aber sie befinden sich in einem Erziehungs- und Wachstumsprozess, in dem Gott uns vollkommen macht. Dabei müssen wir uns ganz einsetzen. In diesem Prozess sind die Christen.
Wie reich sind wir an Fördermitteln! Doch, wie jemand einmal gesagt hat: Wir Christen sind Millionäre und leben manchmal wie von der Sozialfürsorge. Wir sind Millionäre, das Kapital steht uns zur Verfügung, aber wir zapfen es nicht an. Wir schöpfen das gar nicht aus.
Die Vergebung der Sünde ist so unsichtbar, ebenso der Heilige Geist, durch den Gott bei uns ist. Auch dass wir Gottes Kinder sind, ist so unsichtbar, dass wir meinen, es helfe uns gar nicht. Deshalb gehen wir nicht los und verpassen das Beste.
Deswegen hat Paulus damals in Philippi, in den Philippabrief, geschrieben: „Schafft das, ihr selig werdet. Ihr gehört jetzt zu Christus, ihr habt euch bekehrt. Nun lebt nach seinem Wort und lasst euch keine Kompromisse aufdrängen. Gehorcht ihm ganz! Ihr seid besonders gefordert, ja, das ist richtig. Aber ihr seid auch besonders gefördert.“
Christen werden besonders geformt
Nun müssen wir zum Schluss noch eines klären: Was ist das Besondere an den Christen? Was ist das Auffälligste, das sie auszeichnet?
Dazu schauen wir uns noch einmal das Wort „vollkommen“ an. Dieses Wort beschreibt, wie wir bereits gesagt haben, einen Reifeprozess, einen Wachstumsprozess. Wohin sollen wir wachsen? Die Bibel beschreibt dieses Ziel sehr deutlich, und es ist das dritte und letzte.
Christen sind besonders, weil sie besonders geformt werden. Wenn Jesus von Vollkommenheit spricht, dann ist das nicht nur eine Messlatte, nach der wir streben sollen, und auch keine unerreichbare Messlatte. Es ist vielmehr das Ziel, das er mit uns erreichen wird. Haben Sie das gehört? Wird!
Im ersten Johannesbrief, Kapitel 3, heißt es, dass wir sein werden wie Jesus. Der Apostel sagt, dass vieles für uns jetzt noch unsichtbar ist und noch viele Fragezeichen bestehen. Aber wir werden sein, wie er ist, und dann werden wir ihn sehen. Das ist das Ziel, das er mit seinen Leuten erreicht (1. Johannes 3,2).
An anderer Stelle sagt Paulus, dass wir von Gott verwandelt werden, von einer Herrlichkeit zur anderen. Nicht erst im Himmel, sondern schon hier im Leben, auf diesem Weg. Wir werden von ihm verwandelt, vollkommen sein, und dann haben wir das Ziel erreicht, wenn wir bei ihm sind.
Nehmen Sie das bitte mit: Gott geht es nicht in erster Linie darum, unser Tun zu verändern. Vielmehr will Gott zuerst das, was wir sind, verändern – uns selbst. Das Tun folgt dann daraus.
Sehen Sie, Gottes Ziel mit uns ist nicht, dass wir bestimmte Dinge machen. Ihm geht es vielmehr darum, dass wir zu bestimmten Menschen werden. Christen werden von Gott nicht nur geführt und beauftragt, sondern von ihm geformt. Er will sie selbst verändern und nicht nur durch sie irgendwelche Aufträge erledigen lassen.
Wie Gott unser Leben praktisch formt
Und nun lautet die große Frage am Schluss: Wie geschieht das? Wie macht Gott das praktisch?
Die bisherigen Fördermittel waren alle unsichtbar. Jetzt kommen wir zum höchst sichtbaren Fördermittel Gottes. Wie macht Gott das praktisch, dass er unser Leben formt und verändert?
Dieses letzte Fördermittel wendet sich an beide, an Christen und an noch Nichtchristen, an Menschen, die bewusst zu Jesus gehören, und an solche, denen er noch etwas fremd ist.
Vielleicht sind einige von Ihnen sich beim Blick auf die Bergpredigt wie ein Zaungast vorgekommen, wie jemand, der im Fernsehen ein Traumland sieht: schön, aber unerreichbar. Sie sagen: Das schaffe ich nie, das ist nichts für mich.
Ich sage Ihnen, es gibt einen Weg für Sie. Es gibt ein Fördermittel, das auch Christen schon haben können, das auch Nichtchristen schon haben müssen. Es ist nicht nur für Nichtchristen reserviert. Es gibt ein Fördermittel, das auch Nichtchristen schon haben können.
Hören Sie mal, was Paulus im 2. Timotheusbrief schreibt: Da sagt er, die Heilige Schrift kann dich unterweisen zur Rettung durch den Glauben an Jesus Christus.
Sehen Sie, das ist ihr Fördermittel: die Heilige Schrift. Fangen Sie an, selber zu lesen. Und wenn es alleine schwer ist, versuchen Sie, in der Gemeinde Hilfe zu kriegen, zum Beispiel im Gottesdienst. Fangen Sie an, dieses Fördermittel Gottes in die Hand zu nehmen, und es wird gehen.
Vielleicht sagen Sie nun: Pastor, du bist etwas unrealistisch. Die Bibel hilft nur Vorbelasteten, also Leuten, die sich da schon ein bisschen damit auskennen, die schon eine gewisse Tradition haben.
Ich bringe Ihnen den Gegenbeweis.
Ich weiß von einem Pastor, der bekam plötzlich Besuch von einem Mann, der völlig aufgelöst war. Er sagte: Ich brauche Hilfe. Ich bin kein Christ, ich bin Jude, aber ich stecke in einer unmöglichen Lage. Ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll.
Ich bin geschieden, ich lebe mit einer Geliebten zusammen, eigentlich liebe ich sie gar nicht, aber es ist nun mal so. Ich bin Mediziner und schlimmer: Ich arbeite in einer Abtreibungsklinik. Mein Job ist es, Babys zu töten. Und letztes Jahr haben wir mit den getöteten Babys neun Millionen Dollar verdient.
Vor sechs Wochen kam ich in Ihre Predigten, sagte er zu dem Pastor, und je länger ich höre, was Sie aus dem Wort Gottes erklären, umso mehr wird mir klar: Ich bin verloren, mein Leben ist den Bach runter, es geht nicht mehr weiter. Können Sie mir helfen?
Und der Pastor sagte: Nein, ich kann Ihnen nicht helfen. Aber ich kenne jemanden, der Ihnen helfen kann, und das ist Jesus Christus.
„Ja“, sagte der Jude, „aber ich weiß doch gar nicht, wer der ist. Ich bin mein ganzes Leben lang gelehrt worden, dass ich nicht an diesen Jesus glauben soll, dass das der falsche Weg ist.“
„Ja, sagen Sie mal, wären Sie bereit, Jesus kennenzulernen?“
„Ja, natürlich, das will ich. Ich bitte Sie nur um das eine.“
Dann nahm der Pastor seine Bibel vom Schreibtisch, gab sie dem Mann und sagte: „Ich bitte Sie nur, lesen Sie das Johannesevangelium, lesen Sie es durch, von Kapitel 1 bis 21, nur das Johannesevangelium. Versuchen Sie, die Frage zu klären: Wer ist Jesus? Und wenn Sie das geklärt haben, dann rufen Sie mich wieder an.“
Etwa sechs Tage später rief der Mann bei ihm an und sagte: „Ich muss sofort einen Termin mit Ihnen machen.“ Dann stürzte er in das Arbeitszimmer des Pastors und sagte: „Ich weiß, wer er ist, der Jesus.“
„Ja, so Business, wer ist er denn?“
„Na, ist doch klar, er ist doch nicht nur ein Mensch.“
„Ja wirklich, wer ist er denn?“
„Er ist Gott“, sagt der Jude plötzlich.
„Sie, ein Jude, sagen mir das: Jesus ist Gott? Wie kommen Sie denn dazu?“
„Na, es ist doch ganz klar, es steht doch im Evangelium des Johannes, es ist doch völlig einleuchtend.“
„Ja, was hat Sie denn überzeugt?“
„Ja, da sehen Sie sich doch die Worte an, die Jesus gesagt hat. Und gucken Sie doch, was Jesus getan hat. Der muss doch Gott sein, das geht doch gar nicht anders.“
Dann fing er an zu predigen, der Gast: „Wissen Sie, was er sonst noch getan hat? Er hat doch sein Leben für uns gegeben, er ist gestorben für unsere Schuld, und er ist auferstanden, Herr Pfarrer, das beweist doch, dass er Gott ist.“
„Ja, und er kam um, für meine Sünde zu sterben, das weiß ich jetzt.“
Der Pastor fragte: „Wie haben Sie denn das alles rausgekriegt?“
Da sagt er: „Wissen Sie, das Johannesevangelium hat mich so fasziniert. Dann habe ich weitergelesen, dann habe ich mir den Römerbrief angeguckt, wo der bekehrte Jude Paulus schreibt, wie man Christ wird, und ich habe immer mehr begriffen.“
Der Pastor sagte so: „Jetzt kennen Sie ihn, und wenn Sie ihn annehmen wollen als Ihren Herrn, dann wird er Ihr Leben sofort in seine guten Hände nehmen.“
„Ach, und wissen Sie, ich habe schon noch etwas anderes getan, Herr Pastor“, sagte der Jude dann. „Ich habe heute Nachmittag meine Kündigung für meine Abtreibungsklinik abgeschickt, ich höre dort auf. Und wenn ich jetzt bei Ihnen im Büro fertig bin, dann werde ich meine geschiedene Frau anrufen und versuchen, mich wieder zu versöhnen, und ich werde mich von meiner Geliebten trennen.“
Und so kam es: Gottes Fördermittel für Menschen, die Gottes Nähe suchen.
Die Bibel als Fördermittel für alle Menschen
Vielleicht denken Sie nun, der Doktor war gebildet, aber ich bin nicht so gebildet. Ich habe noch einen Gegenbeweis für Sie.
Als Gute-Nacht-Lektüre lese ich meinen Kindern zurzeit die wahre Erzählung über einen Jungen aus einem Elendsviertel vor, der Christ wurde. Es ist die Geschichte eines zerlumpten Jungen, der mal irgendwie in einen Kindergottesdienst gerät, dort von der Bibel hört, dann wieder wegbleibt und irgendwann merkt: „Ich will mal an die Bibel rankommen.“ Er las sonst so gut wie nichts.
Dann fing er an. Einmal packte ihn dieses Wort: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte.“ Er begann, diese Bibel liebzugewinnen, dieser zerlumpte, freche Kerl. Das Wort wurde seine Leuchte. Er las und las und fand zu Jesus.
Vielleicht finden Sie sich irgendwo zwischen diesen beiden, zwischen diesem zerfetzten Straßenjungen und diesem reichen, gebildeten Arzt. Irgendwo dazwischen gilt für Sie dasselbe Fördermittel: So formt Gott Ihr Leben durch die Bibel.
Und dann die anderen: Vielleicht haben Sie die Bergpredigt nicht als Zaungast gesehen, nicht als fernes Land, sondern als eine Anklageschrift. Sie sind schon lange Christ, vielleicht dreißig Jahre. Sie beten regelmäßig, machen Ihre stille Zeit. Und doch haben Sie an der Bergpredigt gesehen: Es ist wenig von dem sichtbar bei mir, von dem, was Jesus sagt. Wenig Feuer, wenig Freude in meinem Leben.
Vielleicht haben Sie sich getröstet und gesagt: Das ist nun mal so, wir werden alle älter. Vielleicht haben Sie versucht, gute Vorsätze zu fassen, sich gesagt: An der Stelle will ich mich jetzt mal einsetzen, jetzt soll es mal anders werden. Aber Sie haben gemerkt, die guten Vorsätze sind nach einigen Tagen oder Wochen wieder in sich zusammengekracht.
Was kann Ihnen helfen? Ihnen hilft dasselbe Fördermittel.
Paulus schreibt nämlich weiter in 2. Timotheus 3: „Die ganze Heilige Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Überführung von Schuld, also zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollständig ausgerüstet sei zu jedem guten Werk.“
Für Sie gilt das gleiche Fördermittel. Den zweiten Teil hat Paulus für Christen geschrieben: Gottes Wort ist vollständig.
Wenn Sie sich diesem Wort aussetzen und Gott darum bitten, dass er Ihnen eine neue Sehnsucht, einen neuen Hunger und eine neue Liebe zu seinem Wort schenkt, wenn Sie ihn bitten, dass er Ihnen sein Wort tief einprägt, dann werden Sie merken, wie dieses Fördermittel Ihr Leben bewegt.
Sie werden merken, wie Sie immer mehr in diesen Prozess reinkommen – in diesen Prozess des Wachstums, auf dem Jesus Sie so vollkommen machen will, wie der Vater im Himmel ist. So wie wir dann am Ende einmal bei ihm im Himmel sein werden.
Fangen Sie an, mit neuer Erwartung zu lesen, mit neuer Sehnsucht nach Gottes Wahrheit, und bitten Sie darum, dass Gott die Bibel durch den Heiligen Geist immer wieder aufschließt.
Ihnen beiden, ob Sie die Bergpredigt nun als noch Nichtchrist und Zaungast von außen betrachtet haben oder ob Sie die Bergpredigt als entschiedener Christ, fast so als Angeklagter von innen gesehen haben – Ihnen beiden gilt die Zusage, dass Gottes Wort wirkt. Es funktioniert, weil dieses Wort die Macht hat, uns zu den besonderen Leuten zu machen, die Christen sind.
Die Zuverlässigkeit der Bibel als Grundlage des Glaubens
Und so schließe ich mit einer Sache, die mir gestern wieder neu vor Augen geführt wurde. Ich hatte einen Vortrag in Siegen zu halten über die Zuverlässigkeit der Bibel aus theologischer Sicht. Am Nachmittag sprach dann ein Professor für Naturwissenschaft über die Zuverlässigkeit der Bibel aus naturwissenschaftlicher Sicht.
Ich habe mir seinen Vortrag noch angehört, und es war so erfrischend, wie er immer wieder deutlich sagte: Die Bibel stimmt, die Bibel funktioniert. Je länger ich als Wissenschaftler mich mit diesen Fragen auseinandersetze, desto mehr staune ich über die Bibel.
Dann zitierte er aus Fachpublikationen, die sagen, dass der Urknall immer mehr in sich zusammenfällt. Eines der neuen Bücher heißt „Der Urknall kommt zu Fall“. Er sagte, diese ganzen menschlichen Gedankengebäude krachen immer wieder mal ein. Aber je länger ich die Bibel lese und sie auch mit den Augen des Naturwissenschaftlers sehe, desto mehr merke ich: Sie funktioniert.
Dann brachte er unter anderem das Beispiel der Arche Noah. Er sagt, bei der Arche Noah gibt es ein ganz besonderes Problem. Er hat das mal mit einem Computer ausgerechnet. Optimal wäre, wenn man möglichst wenig Material braucht. Dafür müsste die Arche quadratisch sein. Aber gleichzeitig braucht man eine große Schwimmfläche, und dafür müsste die Arche eigentlich flach sein.
Nun braucht man eine Optimallösung, die irgendwie dazwischen liegt. Er sagt, ich habe das mit dem Computer ausgerechnet. Ich habe dann die biblischen Zahlen umgerechnet, die dort im ersten Buch Mose stehen, und ich habe festgestellt: Was Gott dem Noah an Bauanweisungen für die Arche gab, ist die Optimallösung. Es funktioniert.
So ging er Punkt für Punkt durch. Und wissen Sie, als er so sprach und vor Freude glühte, kam als häufigster Satz: „Ich bin Gott ja so dankbar, dass er uns diese Bibel gegeben hat.“
Da musste ich denken: Lieber Professor Gitt, der beste Beweis dafür, dass die Bibel funktioniert, bist du selbst. Du bist selbst ein lebendiges Zeugnis. Dein Leben war längst nicht immer christlich. Doch wie dein Leben von diesem Wort erfasst wurde, wie dein Leben von diesem Wort verändert wurde, und wie du hier vor 800 Leuten stehst und fröhlich ein ums andere Mal sagst: „Ich kann nur beteuern, die Bibel funktioniert, die Bibel ist wahr.“
So hat dich diese Bibel verändert. Und so will und kann sie uns alle verändern und uns zu diesen besonderen Menschen machen, die nur die Christen sein dürfen. Wir sind besonders gefordert, wir werden besonders gefördert, und wir werden ganz besonders geformt zu den Menschen, die Gott aus uns machen will.
Amen!