Zeitliche Einordnung der Geburt Jesu und Johannes des Täufers
Wir haben jetzt gesehen, dass Jesus Christus nach den Angaben in den Evangelien etwa Ende August, also circa Ende August, geboren worden ist. Sechs Monate zuvor wurde Johannes der Täufer geboren, ebenfalls im selben Jahr. Im Jahr davor wurde Johannes der Täufer gezeugt, also etwa Ende Mai.
Jetzt ist Folgendes ganz wichtig, was allgemein nicht bekannt ist: In der Geschichte, in der Geschichtsschreibung, gibt es kein Jahr Null. Das ist zwar ungewöhnlich, aber es ist einfach so. Die Zeitrechnung geht von „eins vor Christus“ direkt zu „eins nach Christus“ über.
Mit so etwas kann man in der Astronomie natürlich nichts anfangen. Um mathematische Berechnungen durchführen zu können, braucht man einen Nullpunkt. Darum unterscheidet sich die Geschichtszählung von der astronomischen Zählung um ein Jahr.
Man kann sich diesen zusätzlichen Abschnitt einmal vor Augen führen. Oben sieht man die astronomische Rechnung, unten die historische Rechnung. Historisch, also geschichtlich, haben wir: drei vor Christus, dann ein Jahr später zwei vor Christus, dann eins vor Christus, und ein Jahr später eins nach Christus, zwei nach Christus.
Oben, in der astronomischen Zählung, ist alles um ein Jahr verschoben. Was geschichtlich drei vor Christus ist, ist astronomisch zwei vor Christus. Was geschichtlich zwei vor Christus ist, ist astronomisch eins vor Christus. Und was geschichtlich eins vor Christus ist, ist astronomisch das Jahr Null.
Während sich vor Christus die beiden Zählungen immer um ein Jahr unterscheiden, stimmen sie nach Christus überein. Astronomisch eins nach Christus ist auch geschichtlich eins nach Christus. Zwei nach Christus in der Astronomie entspricht zwei nach Christus in der Geschichtsschreibung.
Darum ist zum Beispiel das Jahr 2017 in der Astronomie dasselbe wie in der Geschichte.
Wer zum Beispiel ein Astronomie-Programm zuhause hat – es gibt heute eine ganze Reihe guter Programme –, kann dort das Datum eingeben und den Sternenhimmel über Jerusalem im Jahr 1000 vor Christus sehen. Gibt man dort „1000 vor Christus“ ein, ist man manchmal erstaunt, denn plötzlich steht dort „999 vor Christus“.
Das liegt daran, dass der Computer automatisch korrigiert. Er geht davon aus, dass jemand ein geschichtliches Datum eingibt und rechnet es astronomisch um. Deshalb ist es eben um ein Jahr verschoben, also 999 vor Christus.
Nun habe ich hier auf diesem Abschnitt zusätzlich einen Pfeil eingetragen. Man sieht geschichtlich drei vor Christus, das entspricht in der Astronomie zwei vor Christus. Dort habe ich mit dem Pfeil eingetragen, dass Ende Mai die Zeugung von Johannes dem Täufer war.
In diesem selben Jahr wäre dann sechs Monate später die Empfängnis von Maria, im November. Im nächsten Jahr, geschichtlich zwei vor Christus, sehen wir die Geburt von Johannes dem Täufer. Sechs Monate später, also mit dem zweiten Pfeil markiert, wäre Ende August die Geburt Jesu.
Man sieht auch, dass der Treueid auf Augustus im Jahr zwei vor Christus historisch abgelegt wurde. Das entspricht astronomisch eins vor Christus.
Wenn man die Geburt Jesu auf Ende August, circa, ansetzt – also astronomisch eins vor Christus –, liegt das unmittelbar vor dem Nullpunkt. Niemand behauptet, dass Jesus am 31. Dezember oder 1. Januar geboren wurde. Dort liegt der Übergang, der Nullpunkt.
Aber die Geburt Jesu war ganz knapp vor diesem Nullpunkt. Mit anderen Worten: Unsere Zeitrechnung ist voll in Ordnung und richtig.
Immer wieder wurde gesagt, dass der Mönch, der damals die Berechnung für die Geburt Jesu gemacht hat, sich geirrt hätte und die Geburt eigentlich sieben vor Christus stattfand. Deshalb würde die ganze Zeitrechnung nicht genau stimmen.
Das ist jedoch nicht der Fall. Die Zeitrechnung stimmt exakt. Unsere Zeitrechnung entspricht genau der biblischen Zeitrechnung.
Historische Herausforderungen und Lösungen zur Zeit Jesu
Nun gibt es aber noch ein kleines Problem. In Lukas 2 lesen wir, dass im Jahr der Geburt Jesu Kyrenius Landpfleger von Syrien war.
Hier gibt es eine Schwierigkeit: Geschichtlich ist genau belegt, dass Varus Statthalter von Syrien im Jahr zwei vor Christus bis ins Frühjahr war. Ab Herbst war Saturninus Statthalter. Zwischen Frühjahr und Herbst ist jedoch nicht klar, wer Statthalter war – abgesehen von der biblischen Angabe.
Daher passt es wunderbar, dass Kyrenius in dieser Zeit eingesprungen ist. So konnte der eigentliche Statthalter zur Feier der Augustusfeier nach Rom gehen. Man kann Kyrenius also gut in diese Lücke einsetzen. Damit ist das berühmte Kyrenius-Problem gelöst.
Gehen wir zur nächsten Seite.
Es gibt noch ein weiteres Problem. In Lexika liest man allgemein, dass Herodes der Große, der Kindermörder von Bethlehem, im Jahr vier vor Christus gestorben sei. Das passt aber überhaupt nicht zu der Annahme, dass Jesus zwei vor Christus geboren wurde.
Man muss fragen, wie man zu dem Todesjahr vier vor Christus für Herodes gekommen ist. Der Grund liegt bei Josephus Flavius, einem jüdischen Historiker aus dem ersten Jahrhundert. Er schrieb mehrere Bücher über die jüdische Geschichte und beschreibt darin auch Personen, die im Neuen Testament genannt werden. So wird auch Herodes der Große erwähnt, ebenso sein Tod.
Josephus berichtet, dass vor Herodes’ Tod eine Mondfinsternis stattfand. Aufgrund dieser Angabe rechneten Forscher zurück und fanden eine Mondfinsternis im Jahr vier vor Christus. Diese war allerdings nur eine partielle, also eine teilweise Verdunkelung des Mondes. Deshalb setzte man sein Todesjahr auf vier vor Christus.
Doch hier gibt es ein Problem: Zwischen der Mondfinsternis im Jahr vier vor Christus und den Ereignissen bis zum Tod von Herodes ist zu wenig Zeit, um alle von Josephus beschriebenen Ereignisse unterzubringen.
Es gab jedoch auch eine Mondfinsternis im Jahr eins vor Christus, also astronomisch Jahr null. Diese war eine totale Mondfinsternis. Diese passt zeitlich besser, da sie genügend Raum bietet, um alle Ereignisse bis zum Tod Herodes unterzubringen.
Deshalb wird in der neueren wissenschaftlichen Literatur auch diese andere Datierung, historisch eins vor Christus beziehungsweise astronomisch Jahr null, berücksichtigt.
Ich habe dazu auf Finnegan verwiesen. Im Literaturverzeichnis am Schluss finden sich die genauen Angaben: Jack Finnegan, Handbook of Biblical Chronology. Diese neuere Literatur, nicht von 1934, nimmt die Datierung eins vor Christus auf.
Das Todesjahr vier vor Christus ist also nicht festgeschrieben. Wir können nun klarstellen: Herodes starb nicht vier vor Christus, sondern eins vor Christus, astronomisch Jahr null.
Beginn und Verlauf des öffentlichen Wirkens Jesu
Und jetzt kommen wir in unserem Skript zu fünftens: Die Zeit des öffentlichen Dienstes des Messias Jesus.
Lukas 3, Vers 1: „Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Landpfleger von Judäa war und Herodes Vierfürst von Galiläa, sein Bruder Philippus Vierfürst von Ituräa und der Landschaft Drachonitis sowie Lysanias Vierfürst von Abilene unter dem hohen Priestertum von Annas und Caiaphas, geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn Zacharias, in der Wüste.“
Man sieht, das ist eben Geschichte, was hier aufgeschrieben ist, und nicht Märchen. Es gibt Leute, die sagen uns, und ganz besonders alle Jahre wieder um Weihnachten, dass das alles nur ein Märchen sei. Da muss man die Leute mal wirklich, liebevoll, ja liebevoll packen und sagen: Was ist eigentlich ein Märchen?
Ein Märchen beginnt meist mit „Es war einmal“, und dann kommen Hänsel und Gretel vor. Aber wann war das? War das zur Zeit von Karl dem Großen? Und wo war das Hexenhaus? War das im Schwarzwald? Es ist immer ein Märchen. „Es war einmal“ bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, wann das war, weil es sowieso nie wirklich war. Und es kommt auch nicht darauf an, wo es war, denn es war ja nirgends.
Das ist typisch: Märchen sind erfundene Geschichten, die nicht in Raum und Zeit stattgefunden haben. Aber die Bibel ist Heilsgeschichte und beschreibt Gottes Taten in Raum und Zeit. Darum wird in der Weihnachtsgeschichte gesagt, Kapitel 2, Vers 1: „Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung von Kaiser Augustus ausging.“
Also weiß man schon: Aha, das war zwischen 27 vor Christus und 14 nach Christus. Dann wird ganz klar gesagt, dass Joseph von Galiläa, aus der Stadt Nazaret, hinauf nach Judäa, nach Bethlehem ging. Seine verlobte Frau Maria ging auch mit. Historisch wird genau datiert, und es wird genau der Raum angegeben, wo sie durchgereist sind – von Galiläa, von Nazaret nach Bethlehem und so weiter.
Und jetzt in Lukas 3 gibt sich Lukas Mühe, dieses Ereignis, wann Johannes der Täufer begonnen hat zu predigen und gleich darauf Jesus Christus, zu datieren. Er sagt: „Im fünfzehnten Jahr von Kaiser Tiberius.“ Das war in der Zeit, als Pontius Pilatus Landpfleger war. In der Zeit war Herodes, und zwar Antipas, Tetrarch von Galiläa. „Tetrarch“ ist ein Titel unter dem König, ein Vierfürst ist ein Unterkönig. Sein Bruder Philippus war Tetrarch von Iturea und Drachonitis. Dann gab es einen Lysanias, der in der Zeit Tetrarch von Abilene war. Und in der Zeit amtierten Annas und Kajafas in Israel als Hohepriester.
Sieben historische Persönlichkeiten werden aufgeführt, um das Ereignis ganz klar zu datieren. Man sieht, wie wichtig die Zeitangaben in der Bibel sind. Und dann ist es natürlich ärgerlich, wenn Leute sagen: „Ja, es ist gar nicht wichtig, wann das war und wie viele Jahre usw.“
Ja gut, wenn die Dinge nicht wichtig wären, hätte Gott sie uns nicht gesagt. Und sie sind eben doch sehr wichtig. Gerade die Leute, die immer sagen: „Mich interessiert eigentlich nur, was praktisch ist aus der Bibel, was ich gerade brauche für nächsten Montag, wenn ich wieder zur Arbeit gehe und diese mühsamen Mitarbeiter habe.“
Ja, natürlich, die Bibel ist dafür da, uns praktische Anweisungen zu geben, wie wir mit mühsamen Mitarbeitern umgehen – am Montag und auch am Dienstag. Aber das ist nicht alles. Gott hat uns viel mehr in der Bibel zu sagen, und er will uns die ganze Heilsgeschichte erzählen.
Paulus sagt in Apostelgeschichte 20, er wäre schuldig geworden, wenn er nicht den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt hätte. Also brauchen wir alles. Und das hängt eben auch damit zusammen, dass der ganze Ratschluss uns zeigt, dass diese Dinge wirklich in Raum und Zeit geschehen sind und dass unser Glaube eben nicht auf Legenden, Mythen und Märchen aufbaut – so wie der Glaube der Buddhisten.
Die Buddhisten können uns viele Legenden und Märchen von irgendwelchen Götterwesen und Geisterwesen erzählen. Wenn man fragt, wann das genau war, merkt man, dass das Mythen sind. Auch der Hinduismus ist aufgebaut auf alle möglichen Göttergeschichten. So war es auch bei den alten Griechen und Römern.
All diese Geschichten von Jupiter und all den vielen Göttern der Römer und Griechen sind Mythologie. Manche haben sich in der Schule mit griechischer Mythologie abgequält, nicht wahr? Alles Märchen.
Aber hier geht es um Heilsgeschichte – so wie es wirklich geschehen ist.
Chronologische Einordnung der Passafeste und Beginn des Wirkens Jesu
Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, also von August 28 bis August 29, begann der öffentliche Dienst Jesu. Zum Vergleich: Kaiser Augustus starb im August 14, und fünfzehn Jahre später, im August 28 bis 29, übernahm Tiberius die Macht.
Im Johannesevangelium wird berichtet, wie Jesus in Kana das erste Wunderzeichen vollbrachte, indem er Wasser in Wein verwandelte. Johannes 2,11: „Diesen Anfang der Zeichen tat Jesus zu Kana in Galiläa und offenbarte seine Herrlichkeit; und seine Jünger glaubten an ihn.“
Im Vers 12 heißt es weiter: „Nach diesem ging er hinauf nach Kapernaum, er und seine Mutter und seine Brüder und seine Jünger, und dort blieben sie nicht viele Tage, also nur eine kurze Zeit.“
Dann folgt Vers 13: „Und das Passa der Juden war nahe, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem.“ Dort fand die erste Tempelreinigung statt. Man sieht also, dass der Dienst Jesu genau in die Zeit des Passafestes fiel. Das Passa ist immer im Monat Nisan, also im März oder April.
Somit wird klar: Im Jahr August 28 bis 29 begann Jesus um das Passafest herum seinen öffentlichen Dienst. Gerade vor dem Passa vollbrachte er sein erstes Zeichen, und nach diesem Passa begann er, in Galiläa öffentlich zu predigen. Man kann diesen Anfang also auf das Frühjahr 29 datieren.
Interessant ist nun ein Blick in das Lukas-Evangelium. In Lukas 3, Vers 23 wird die Taufe Jesu beschrieben. Im Vers davor liest man von der Taufe durch Johannes den Täufer. Vers 23 lautet: „Und er selbst, Jesus, begann ungefähr 30 Jahre alt zu werden.“
In der alten Elberfelder Übersetzung steht das so, ich habe es im Skript noch etwas präzisiert: Jesus begann, gegen 30 Jahre alt zu werden. Die meisten Übersetzungen geben das nicht so wörtlich wieder, aber das griechische Verb „archomenos“ bedeutet wirklich „beginnend“. Jesus war also beginnend, gegen 30 Jahre alt zu werden.
Das ist interessant, denn die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer fand etwa im März 29 statt, kurz vor dem Passa. Diese Zeit wird auch in Johannes 1 beschrieben. Damals war Jesus 29 Jahre und sieben Monate alt, also in der zweiten Jahreshälfte seines 29. Lebensjahres. Er war noch nicht 30, näherte sich aber diesem Alter. Ende August wäre er genau 30 Jahre alt geworden.
Die Dauer seines Dienstes wird in Lukas 13 mit drei Jahren angegeben. Dort finden wir ein Gleichnis, das dies verdeutlicht. In Lukas 13, Vers 6-9 heißt es:
„Er sagte aber dieses Gleichnis: Es hatte jemand einen Feigenbaum, der in seinem Weinberg gepflanzt war. Und er kam und suchte Frucht an ihm und fand keine. Er sprach aber zu dem Weingärtner: Siehe, drei Jahre komme ich und suche Frucht an diesem Feigenbaum und finde keine. Haue ihn ab, wozu macht dir auch das Land unnütz? Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis dass ich um ihn grabe und Dünger lege. Und wenn er etwa Frucht bringen wird, gut, wenn aber nicht, so magst du ihn künftig abhauen.“
Dieser Feigenbaum symbolisiert Israel. Im Alten und Neuen Testament wird Israel immer wieder mit dem Feigenbaum verglichen. Der Besitzer des Weinbergs ist Jesus Christus, der Messias. Er sagt, er komme drei Jahre vorbei, reiste durch ganz Israel, predigte in Synagogen, unter freiem Himmel und im Tempel in Jerusalem und suchte Frucht beim Volk Israel. Doch die Masse nahm ihn nicht als Messias auf, es gab keine Frucht.
Johannes der Täufer hatte die Aufgabe, das Volk auf den kommenden Messias vorzubereiten. Er forderte die Menschen auf, „Frucht zu bringen, die der Buße würdig ist“ (Lukas 3). Das bedeutet, dass man die Umkehr und das Bekenntnis der Schuld durch entsprechende Werke, also Früchte, zeigen sollte. Diese Frucht war bei der Masse jedoch nicht zu finden.
Die drei Jahre, in denen Jesus predigte, führten zu Ablehnung und Fruchtlosigkeit in Israel. Dies wird auch prophetisch in Jesaja 49,4-6 vorausgesagt. Dort sagt der Messias zu Gott enttäuscht: „Ich habe mich abgemüht für nichts und meine Kraft verzehrt.“ Doch Gott antwortet: „Es ist zu wenig, dass du das nur für Israel tust. Ich habe dich gesetzt als Heil für die Völker, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
Die Enttäuschung spiegelt sich im Gleichnis wider: Drei Jahre sucht der Besitzer Frucht am Feigenbaum und findet keine. Der Baum könnte abgeschlagen werden, weil er unnütz ist. Doch der Weingärtner bittet um ein weiteres Jahr. Er will den Baum graben und düngen, um ihm eine letzte Chance zu geben. Wenn er dann Frucht bringt, ist das gut, wenn nicht, kann er in Zukunft gefällt werden.
Der Weingärtner symbolisiert den Heiligen Geist. Jesus wirkte drei Jahre lang, bis er im Frühjahr 32, im April, gekreuzigt wurde. Am dritten Tag nach seinem Tod ist er auferstanden, 40 Tage später in den Himmel aufgefahren. Zehn Tage danach wurde der Heilige Geist an Pfingsten in Jerusalem ausgegossen (Apostelgeschichte 2).
In diesem Jahr nach der Auferstehung gab es ein intensives Zeugnis in Jerusalem, bis zur Steinigung des Stephanus. Stephanus hielt in Apostelgeschichte 7 eine wichtige Rede vor dem Sanhedrin in der Königsäulenhalle in Jerusalem. Diese Rede ist von großer Bedeutung. Er zeigte anhand des Alten Testaments, dass Jesus Christus der Messias ist, aber dass das Volk ihn abgelehnt hat – ebenso wie früher ihre Vorfahren Josef und Mose abgelehnt hatten.
Stephanus sprach in der Kraft des Heiligen Geistes und gab ein deutliches Zeugnis. Der Sanhedrin tötete ihn illegal, und so wurde das Zeugnis des Heiligen Geistes verworfen. Nach der Steinigung begann eine Verfolgung, bei der Tausende von Gläubigen aus Jerusalem vertrieben wurden. Nur die Apostel blieben zurück. Sie begannen, in Judäa zu predigen, gingen zu den Samaritern und zu den Heiden, und so breitete sich das Evangelium unter den Völkern aus.
In der Apostelgeschichte wird beschrieben, wie Paulus Missionsreisen bis nach Europa unternahm, um den Heiden das Evangelium zu bringen. Das Jahr bis zur Steinigung Stephanus war eine letzte besondere Chance für Israel. Der Heilige Geist, der Weingärtner, grub und düngte noch einmal. Doch auch dieses Zeugnis wurde verworfen. Danach galt: Der Baum kann gefällt werden.
Im Jahr 70 zerstörten die Römer Jerusalem und den Tempel. Der Staat Israel ging unter, und es kam zur weltweiten Zerstreuung der Juden. So ist das Gleichnis in Lukas 13 sehr wichtig im Hinblick auf die drei Jahre des öffentlichen Dienstes Jesu und das eine Jahr von der Kreuzigung und Auferstehung bis zur Steinigung Stephanus.
Diese drei Jahre sind, wie im Skript vermerkt, vom Frühjahr 29 bis zum Frühjahr 32. Im Johannesevangelium werden drei Passafeste ausdrücklich erwähnt, die in diese Zeit fallen: Johannes 2,13; 6,4; und 12,1. Ein Passa fehlt, nämlich das im Frühjahr 30. Dieses wird im Johannesevangelium nicht erwähnt, ist aber in den anderen Evangelien zu finden.
Das nächste Passa ist im Frühjahr 32, das Passa, an dem Jesus gekreuzigt wurde. Das erste Jahr des öffentlichen Dienstes war also vom Frühjahr 29 bis zum Frühjahr 30. Beginnend mit dem Passa in Johannes 2,13, als Jesus die Verkäufer aus dem Tempel vertrieb, bis zu Lukas 6,1.
Die Bedeutung des Sabbats und der jüdischen Feste im Dienst Jesu
Schauen wir uns das mal an, Lukas 6, Vers 1. Ich lese aus der alten Elberfelder Übersetzung, und das lautet hier so: „Und es geschah am zweitersten Sabbat, dass er durch die Saaten ging und seine Jünger die Ähren abpflückten und aßen, indem sie sie mit den Händen zerrieben.“
Ja, das ist schon seltsam, dieser Ausdruck „der zweiterste Sabbat“. Es ist bestimmt so, dass manche in ihren Übersetzungen nur „erster Sabbat“ oder „am zweiten Sabbat“ haben, stimmt's? Im Mehrheitstext, also dem Text, der sich auf die Masse der Handschriften stützt, steht jedoch dieses ungewöhnliche „zweiterster Sabbat“.
Nun versteht man natürlich, warum in wenigen Handschriften gewisse Abschreiber das geändert haben. Sie haben es einfach geändert, weil sie mit dem Ausdruck nichts anfangen konnten. Was ist der „zweite erste Sabbat“? Sie haben es nicht verstanden und dachten dann: „Dann ändern wir es doch.“ „Erster“ versteht man, „zweiter“ versteht man auch, aber „zweiterster“ ist schon ein bisschen schwierig.
Und tatsächlich ist es schwierig, aber schauen wir mal. Ich habe hier aufgeführt: Am Tag nach dem Sabbat in der Passawoche mussten die Erstlinge der Gerstenernte geschnitten werden. Von da an musste man sieben Sabbate zählen, und am Tag nach dem siebten Sabbat das Wochenfest feiern, das ist Pfingsten.
Können wir das mal aufschlagen? 3. Mose 23 beschreibt die sieben Feste des Herrn: Passa, Fest der ungesäuerten Brote, Erstlingsfest, das Pfingstfest, dann das Neujahrsfest, das Fest des Posaunenschalls, der Jom Kippur, der Versöhnungstag, und schließlich das Fest der Laubhütten. Das sind die sieben Feste des Herrn.
Sehen wir in 3. Mose 23, Vers 4, wird das Passafest beschrieben. Dann lesen wir da in Vers 9: „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich zu ihnen: Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, und ihr seine Ernte erntet, so sollt ihr eine Garbe der Erstlinge eurer Ernte zu dem Priester bringen. Er soll die Garbe vor dem Herrn weben, also hin und her schwenken zum Wohlgefallen für euch, und am anderen Tag nach dem Sabbat soll sie der Priester wehen.“
Am Tag nach dem Sabbat – es wird kein Datum angegeben, sondern einfach immer „am Tag nach dem Sabbat“ in der Passawoche – da musste man ein abgestecktes Gerstenfeld ernten. Diesen Ertrag musste man in den Tempel bringen. Das war das Erstlingsfest, und es fiel im Jahr 32 genau zusammen mit dem Auferstehungstag.
Am Donnerstagabend, dem 15. Nisan, hat der Herr Jesus das Passa mit den Jüngern gegessen. Der nächste Tag, der Freitag, bis Sonnenuntergang, ist immer noch der gleiche Tag, immer noch der 15. Nisan, weil im Judentum die Tageszählung abends beginnt, im Schnitt um sechs Uhr abends.
Dann wurde der Herr also am Freitag, dem 15. Nisan, gekreuzigt. Danach kam der Sabbat, und anschließend der erste Tag der Woche, der Sonntag. An diesem Tag, am dritten Tag, ist der Herr auferstanden. An diesem Tag wurden die Erstlinge der Gerstenernte zum Tempel gebracht.
Der Apostel Paulus sagt in 1. Korinther 15: Christus ist auferstanden als der Erstling der Entschlafenen. Also diese Frucht aus dem Erdboden: Man sät das Samenkorn in die Erde, das ist ein Bild des Todes. Wenn es dann aufschießt, ist das ein Bild der Auferstehung. Die Erstlinge wurden genau am Auferstehungstag dargebracht, am Tag nach dem Sabbat.
Ab diesem Tag wird dann weiter erklärt: In 3. Mose 23 muss man sieben Sabbate zählen. Vers 15: „Und ihr sollt euch zählen vom anderen Tag nach dem Sabbat, vom Tag, da ihr die Wehbegabe dargebracht habt. Es sollen sieben volle Wochen sein. Bis zum anderen Tag nach dem siebten Sabbat sollt ihr fünfzig Tage zählen, und ihr sollt dem Herrn ein neues Speisopfer darbringen.“
Also von dem Erstlingsfest an, von diesem Sonntag, muss man sieben Wochen zählen. Der fünfzigste Tag ist wieder ein Sonntag. Das war dann eben das Wochenfest, und da musste man ein abgestecktes Weizenfeld ernten, den Ertrag zum Tempel bringen, sofort dreschen, mahlen und daraus zwei Brote machen. Diese mussten im Tempel Gott dargebracht werden. Das ist das Pfingstfest.
Dieses Fest fällt genau mit Pfingsten zusammen. Da musste man eben Brote machen. Daraus entstand der Leib Christi, bestehend aus allen Gläubigen. Interessant ist, dass Paulus in 1. Korinther 10 sagt: „Ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen, und wir alle nehmen teil an dem Brot“, das ein Bild von Jesus Christus ist.
Also diese sieben Wochen bis zum Pfingstfest. Das Pfingstfest wird in der Bibel nie mit einem bestimmten Datum angegeben, wie das Passa, den 15. Nisan. Man muss immer vom Sabbat in der Passawoche aus die Zählung machen. Dann müssen sieben Sabbate kommen.
Nun zum „zweitersten Sabbat“: Das ist eben nicht der Sabbat in der Passawoche, an dem der Herr Jesus auferstanden ist, sondern der erste in der Zählung der sieben Sabbate. Er ist der erste in der Zählung der sieben Sabbate bis Pfingsten, aber er war der zweite vom Passasabbat aus gesehen.
Ja, das ist der „zweiterste Sabbat“. Ich gebe zu, das ist ziemlich schwierig und kompliziert, und man muss den jüdischen Hintergrund ganz genau kennen. Aber dann geht es auf.
So heißt es also in Lukas 6, dass kurz nachdem das Erstlingsfest stattgefunden hatte, die Jünger an diesem nächsten Sabbat durch die Saaten gingen und Ähren pflückten. Damit ist auch klar: Ab dieser Zeit des Erstlingsfestes durfte man überall Gerste ernten. Vorher wäre das verboten gewesen. Niemand durfte Gerste ernten, bevor in der Passawoche dieses Erstlingsfest gefeiert worden war – erst danach.
Das heißt also, die Jünger haben ganz legal von der Zeit her diese Ähren abgerissen. Das Problem war nur, dass es am Sabbat geschah. Der Herr ging darauf ein.
Diese Angabe hilft uns ganz genau zu datieren: Es war wieder März, April. Es ist jetzt nicht mehr die Zeit des ersten Passas aus Johannes 2, wo der Herr Jesus die Verkäufer hinausjagte, sondern das ist wirklich das Passa, die Zeit dieses Passas, die im Johannesevangelium nicht erwähnt wird.
Weitere Ereignisse im zeitlichen Ablauf des Wirkens Jesu
Ja, kommen wir dazu!
Jetzt gehen wir ins Markus-Evangelium. Markus und Johannes sind übrigens die Evangelisten, die die Ereignisse ganz streng nach zeitlicher Reihenfolge erzählen. Während Matthäus und Lukas den Stoff manchmal nach Themen anordnen – grundsätzlich chronologisch, aber innerhalb der Abschnitte nach Inhalt geordnet – folgen Markus und Johannes konsequent der zeitlichen Abfolge.
Nun lesen wir von dem Sabbat, an dem die Jünger Ähren gepflückt haben. Das steht in Markus 2,23-27. Diese Stelle ist parallel zu Lukas 6.
Die nächste Geschichte in diesem chronologischen Evangelium finden wir in Markus 3,1: „Und er ging wiederum in die Synagoge. Dort war ein Mensch, der eine verdorrte Hand hatte.“
Die Anwesenden lauerten darauf, ob Jesus ihn am Sabbat heilen würde, damit sie ihn anklagen könnten. Nachdem sie bereits die Jünger angeklagt hatten, weil sie am Sabbat gepflückt hatten, wollten sie nun wissen, ob Jesus am Sabbat heilt, um ihn zu beschuldigen.
Jesus spricht zu dem Mann mit der verdorrten Hand: „Stehe auf und tritt in die Mitte!“ Dann wendet er sich an die Ankläger und fragt: „Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun? Das Leben zu retten oder zu töten?“
Sie aber schwiegen. Jesus blickte sie zornig an, betrübt über die Verstockung ihres Herzens, und sagte zu dem Mann: „Strecke deine Hand aus!“
Der Mann streckte die Hand aus, und sie wurde wiederhergestellt.
Daraufhin gingen die Pharisäer sofort hinaus und hielten mit den Herodianern Rat, wie sie Jesus umbringen könnten.
Das war im Frühjahr des Jahres 30. Hier haben wir den ersten Mordplan gegen den Messias.
Interessanterweise fiel Jerusalem 40 Jahre später, gerechnet von diesem Zeitpunkt, unter. Im Talmud steht dazu Folgendes – das werde ich gleich auf der nächsten Seite erklären.
Die Bedeutung der 40 Jahre bis zur Zerstörung Jerusalems
Gehen wir schön der Reihe nach. Jetzt kommen wir nämlich zu dem Thema sechstens: Vierzig Jahre bis zur Zerstörung des Tempels.
Wir haben schon in Hesekiel 4, Vers 5 gelesen: Die Ungerechtigkeit des Hauses Israel bestand im Götzendienst, im Abfall vom wahren Gott. In diesem Götzendienst waren die zehn Stämme führend. Deshalb musste Hesekiel die 390 Jahre der Ungerechtigkeit Israels symbolisch tragen. Er lag an 390 Tagen immer auf einer Seite, in der Öffentlichkeit, um zu sagen: Ich trage die Ungerechtigkeit des Hauses Israels. So musste er eine Art Vorstellung machen, um das prophetische Wort sinnbildlich darzustellen.
Nun ist es folgendermaßen: Nach dem Tod Salomos spalteten sich die zehn Stämme Israels von Juda ab und verfielen mit allen ihren Königen in den Götzendienst. Um 722 v. Chr. wurden die zehn Stämme nach Assyrien deportiert. Aber damit war nicht das Ende der zehn Stämme, denn ein Überrest aus allen Stämmen floh nach Juda, ins Südreich.
Das kann man nachlesen in 2. Chronik 10,17; 11,13-17; 15,9; 30,10-11. Dort sieht man, wie aus allen zehn Stämmen viele ins Reich Juda übergingen und dort Unterschlupf fanden. Schließlich waren im Südreich alle zwölf Stämme unter der Führung des Stammes Juda vereint. So ging im Südreich die Geschichte Israels in Juda weiter.
Jetzt etwas ganz Wichtiges: In der Zeit der Könige kam es zu einer Verschwägerung des Hauses Ahabs aus den zehn Stämmen mit dem Haus Juda. Ein Sohn von Josaphat heiratete eine Tochter Ahabs. Dadurch wurde der ärgste Götzendienst von Israel, den zehn Stämmen, nämlich der Baalskult mit seiner ganzen Prostitution, nach Juda gebracht.
So wurde das Südreich völlig verderbt, bis schließlich 586 v. Chr. Jerusalem fiel. Von der Reichsteilung an bis zum Untergang Jerusalems haben wir also die 390 Jahre des Götzendienstes, bei dem die zehn Stämme führend waren. Dieser Götzendienst führte zum Untergang Jerusalems.
Aber in Hesekiel 4 musste Hesekiel auch noch 40 Tage auf der anderen Seite liegen und die Ungerechtigkeit von Juda tragen, die dann eben zum Untergang Jerusalems führen sollte. So war es: Vom Frühjahr 30 n. Chr. an wurde in Juda, das unter der Führung des Stammes Juda stand, beschlossen, den Messias zu töten – Jesus Christus.
Von dort an vergingen genau 40 Jahre bis zum Frühjahr 70. Im Frühjahr 70, beim Passafest, schlossen die Römer den Belagerungsring rund um Jerusalem endgültig. Keiner konnte mehr hinaus. In 140 Tagen wurde die Stadt dem Erdboden gleichgemacht, der zweite Tempel ging in Flammen auf, und mehr als eine Million Menschen kamen ums Leben.
Interessant ist: Das erste Quartier, das fiel im Jahr 70, war das Quartier, das von der dritten Stadtmauer umgeben war, wo Golgatha lag. Golgatha war ursprünglich außerhalb der Stadt, aber in den vierziger Jahren wurde ein dritter Mauerring um Jerusalem gebaut. Dieses Quartier mit Golgatha fiel im Jahr 70 als erstes.
So haben wir genau 40 Jahre, und das ist die Ungerechtigkeit des Hauses Juda, die zum Untergang von Jerusalem führte. Das umfasst den Zeitraum vom Frühjahr 30 n. Chr., nach Markus 3,6, bis zum Frühjahr 70 n. Chr.
Hinweise aus dem Talmud zur Zeit vor der Tempelzerstörung
Und nun etwas ganz Interessantes: Im Talmud gibt es zwei Talmude, den Jerusalemer Talmud und den Babylonischen Talmud. Letzterer ist der wichtigste im Judentum. Deshalb habe ich hier „Bt“ geschrieben, was für Babylonischer Talmud steht. In Sanhedrin 39b heißt es „Arbaim Shana Lifnei Churban HaBeit“, auf gut Deutsch: Unsere großen Rabbiner, die Rabbinin, lehrten, dass in den vierzig Jahren vor der Zerstörung des Tempelhauses das Los nicht mehr in die rechte Hand kam und die karmesinrote Wollschnur nicht mehr weiß wurde.
Das bedeutet: Am Jom Kippur musste der Hohepriester aus einer Box, die ihm gereicht wurde, zwei Lose ziehen – in beiden Händen gleichzeitig. Ein Los wurde auf den einen Bock gelegt, der vor ihm stand, das andere auf den anderen Bock. Wenn das Los, das für den Herrn bestimmt war, in die rechte Hand kam, dann war das der Bock, der geschlachtet werden sollte. Der Hohepriester musste das Blut dieses Bocks ins Allerheiligste bringen. Wenn das Los dieses Bocks in die rechte Hand kam, war das ein Zeichen, dass Gott das Opfer annimmt.
In 3. Mose 16 wird beschrieben, dass dies durch das Los entschieden werden musste. Nun sagt diese Talmudstelle, dass in den vierzig Jahren vor der Zerstörung das Los nie mehr rechts kam. Das heißt, man wusste, dass der Jom Kippur keinen Sinn mehr hatte, Gott vergibt nicht, und wir tragen Schuld.
Dem Sündenbock, also dem anderen Bock auf dem Stand, wurde das Los „La Azazel“ zugeordnet. Dieser Bock wurde mit einer rot gefärbten Schnur um die Hörner versehen und aus dem Tempel hinausgeführt – auf den Ölberg und dann in die Wüste gejagt. Wenn dieser Bock starb, berichtet der Talmud, wurde die Schnur immer wieder weiß.
Das steht in Analogie zu Jesaja 1,19, wo Gott sagt: Wenn eure Sünden rot sind wie Karmesin, sollen sie weiß werden wie Schnee. Das bedeutet, wenn ihr Blutschuld auf euch geladen habt, kann Gott euch vergeben. Karmesinrot ist wie das Blut des Menschen.
Doch der Talmud sagt: In den vierzig Jahren vor der Zerstörung des Tempels wurde die Schnur nie mehr weiß. Das heißt, man wusste, dass Blutschuld auf uns liegt und Gott nicht vergibt.
Natürlich wurde ab dem Frühjahr 30 beschlossen, dass der Messias sterben soll. Im Jahr 32 wurde er gekreuzigt, und die Volksmenge schrie vor Pilatus: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Im Jahr 70 wurde der Tempel zerstört. Nie mehr wurde die Schnur weiß. Man sieht, wie wichtig diese vierzig Jahre sind.
Überblick über wichtige Jahreszahlen in der biblischen Chronologie
Und nun führt das dazu, dass ich eine kleine Überzeit machen muss. Aber jetzt gehen wir nur noch als Übersicht die Zahlen durch.
Wir können folgende fixen Jahreszahlen in der Übersicht festhalten:
Die Geburt der Prophetin Hanna, aus Lukas 2, Vers 37: Sie war zur Zeit der Geburt Jesu 84 Jahre alt. Daraus ergibt sich, dass sie im Jahr 86 vor Christus geboren wurde, historisch bzw. astronomisch 85 vor Christus.
Zacharias im Tempel, circa Mai, drei vor Christus, historisch. Die Zeugung von Johannes dem Täufer fand circa Mai, drei vor Christus statt; astronomisch wäre das Mai, zwei vor Christus.
Die Empfängnis Marias erfolgte sechs Monate später, also im November, drei vor Christus beziehungsweise zwei vor Christus.
Die Geburt von Johannes dem Täufer war circa im Februar, zwei vor Christus, astronomisch eins vor Christus.
Die Geburt des Messias in Bethlehem liegt circa im August, zwei vor Christus historisch, beziehungsweise circa August, eins vor Christus astronomisch, also gerade vor dem Nullpunkt.
Acht Tage später fand die Beschneidung statt. Hier liegt ein Schreibfehler vor: Es sind 33 Tage, denn bei einem Mädchen sind es 66 Tage. 33 Tage später erfolgten das Entbindungsopfer und die Darbringung des Erstgeborenen in Jerusalem (Lukas 2). Das ist also etwas mehr als ein Monat nach der Geburt.
Dann können wir rechnen: Der zwölfjährige Jesus im Tempel am Passafest – das war im Frühjahr, zwölf nach Christus.
Das Auftreten von Johannes dem Täufer war circa Februar/März 29 vor Christus. Die Taufe Jesu im Jordan fand circa Februar/März 29 nach Christus statt.
Das Passa in Jerusalem und die Tempelreinigung waren im März/April 29 nach Christus. Der Beginn des öffentlichen Dienstes war im Frühjahr 29, und der erste Mordplan gegen den Messias entstand im Frühjahr 30.
Das Laubhüttenfest, erwähnt in Johannes 5, Vers 1, fand im Herbst 30 nach Christus statt. Auch dort wird wieder davon gesprochen, dass man Jesus Christus töten müsse. Das war jedoch nicht das erste Mal, sondern muss auf Herbst 30 angesetzt werden.
Übrigens steht in der Bibel dort, es war das Fest der Juden. Die Mehrheit der Handschriften sagt „Fest der Juden“, eine Minderheit „ein Fest der Juden“. Das Fest der Juden ist hier erklärt als immer das Laubhüttenfest, denn in 3. Mose 23,39 wird das Laubhüttenfest als das siebte der Feste des Herrn genannt, das alles zusammenfasst, und heißt Hachak, das Fest. Darum ist Hachak Gagla, also das Laubhüttenfest.
Dann haben wir in Johannes 6, Vers 4 im Zusammenhang mit der Speisung der Fünftausend das Passa erwähnt, von Frühjahr 31 nach Christus.
In Johannes 7 wird wieder das Laubhüttenfest erwähnt, das nächste Laubhüttenfest, nämlich von 31 nach Christus.
Gleich danach wird das Tempelweihfest, das Chanukkafest, in Johannes 10, Vers 22 erwähnt. Das ist im gleichen Jahr, November/Dezember 31 nach Christus.
Die Tempelsteuereinziehung in Matthäus 17 in Kapernaum können wir genau datieren. Das war ab dem ersten Adar Mitte Februar bis zum Passafest. Die Tempelsteuer wurde im Land vor dem Passafest eingezogen, und am Passafest konnte man die Tempelsteuer dann nur noch in Jerusalem bezahlen.
Darum können wir diese Erzählung in Matthäus 17 so schön datieren.
Nach ihr folgt die Kreuzigung am Passafest im Frühjahr 32 nach Christus.
Drei Tage nach der Kreuzigung erfolgte die Auferstehung.
Vierzig Tage nach der Auferstehung, Apostelgeschichte 1, war die Himmelfahrt.
Fünfzig Tage nach der Auferstehung war Pfingsten 32.
Ein Jahr nach der Kreuzigung, gemäß Lukas 13, Vers 8, erfolgte die Steinigung des Stephanus. Das bringt uns auf 33 nach Christus. In diesem Jahr bekehrt sich auch Saulus.
Darum können wir die Bekehrung von Saulus in Apostelgeschichte 8 und 9 besonders auf 33 nach Christus datieren.
In Galater 1, Vers 18 sagt der Apostel Paulus, dass er dann nach Arabien ging. Nach drei Jahren kam er wieder zurück nach Damaskus und ging dann zum ersten Mal nach Jerusalem.
So können wir diese drei Jahre aus Galater 1, Vers 18 dazuzählen, was uns auf das Jahr 36 nach Christus bringt.
In Apostelgeschichte 9 wird nur gesagt, dass in Damaskus viele Tage verflossen waren. Dann gab es einen Mordanschlag gegen Paulus, und danach ging er nach Jerusalem.
Diese vielen Tage sind die drei Jahre aus Galater 1. Somit haben wir den ersten Jerusalembesuch drei Jahre nach der Bekehrung, also 36 nach Christus.
Es gibt jedoch einen zweiten Jerusalembesuch bei Paulus, 14 Jahre nach der Bekehrung, erwähnt in Galater 2, Vers 1.
Er geht nämlich mit Barnabas, mit gesammeltem Geld aus Antiochia, nach Jerusalem.
Jetzt können wir schön rechnen: 33 plus 14 ergibt das Jahr 47.
Dieser Besuch, beschrieben in Apostelgeschichte 11, 27-30 und in Galater 2, Vers 1, ist der Besuch zusammen mit Barnabas in Jerusalem, um wegen einer Hungersnot in Judäa Unterstützung zu bringen.
Diese Hungersnot ist außerbiblisch bekannt; sie war 47/48 nach Christus.
Man sieht, wie das genau übereinstimmt.
Nun können wir rechnen: In Apostelgeschichte 11, 19-26 wird gesagt, dass Paulus vor diesem Jerusalembesuch ein Jahr in Antiochien war und die jungen Gläubigen dort unterwiesen hat.
Das war also das Jahr 46 bis 47 nach Christus.
Dann können wir rechnen: 40 Jahre nach dem ersten Mordplan gegen den Messias (30 plus 40) ergibt das Jahr 70, die Zerstörung Jerusalems.
Aufbau und Struktur des Johannesevangeliums
Und jetzt ganz kurz noch zum Schluss sechstens zur chronologischen Struktur des Johannesevangeliums.
Das Johannesevangelium ist nach Tempelfesten geordnet. Zuerst finden wir einen Abschnitt rund um das erste Passa. Danach folgt ein zweiter Block rund um das Laubhüttenfest in Johannes 5. Anschließend gibt es einen weiteren Abschnitt rund um das nächste Passa in Johannes 6. Danach folgt wieder ein Block rund um das Laubhüttenfest und schließlich ein Abschnitt um das Passa, an dem der Herr Jesus gekreuzigt wurde.
Man erkennt also diesen Plan: Passa, Laubhütten, Passa, Laubhütten, Passa.
Rund um das Passa finden sich die Kapitel 1 bis 4 im Johannesevangelium. Dann folgt das Laubhüttenfest in Johannes 5, ein Block für sich. Danach kommt das Passa in Johannes 6 mit der Brotvermehrung und der Erklärung „Ich bin das Brot aus dem Himmel“. Das gehört alles zusammen in den Block Kapitel 6.
Es folgt ein langer Block zum Laubhüttenfest, beschrieben in Johannes 7 bis 10. Im gleichen Kapitel, in Vers 22, wird außerdem beschrieben, wie der Herr Jesus am Chanukka-Fest in Jerusalem war. Das ist interessant, denn das Chanukka-Fest kommt nicht im Alten Testament vor. Es wurde von den Makkabäern eingeführt, nachdem der entweihte Tempel im zweiten Jahrhundert vor Christus neu eingeweiht wurde.
Chanukka bedeutet Einweihungsfest. Dieses Fest dauert, wie viele Tage? Acht Tage. Deshalb hat man den Leuchter mit neun Lampen: eine Lampe ist der Anzünder. Am ersten Tag wird oft die erste Lampe angezündet, am zweiten die zweite und so weiter, bis alle acht brennen.
Dieses Fest wurde nach dem Vorbild des Laubhüttenfests gestaltet, das ebenfalls acht Tage dauert, bis zum Simchat Torah, dem achten Tag.
Nur am Laubhüttenfest wurden im Tempel nachts die vier riesigen Leuchter im Frauenvorhof entzündet. Sonst fand der Gottesdienst immer nur am Tag statt. Beim Laubhüttenfest aber auch nachts, und dort wurden diese Leuchter angezündet.
Der Jesus nimmt im Johannesevangelium darauf Bezug und sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Am Chanukka-Fest wurden diese Leuchter ebenfalls nachts angezündet. Deshalb ist das Chanukka-Fest hier an das Laubhüttenfest in diesem Block angehängt.
Kapitel 7 bis 10 bilden also einen Block, und dann sind Kapitel 11 bis 21 um das Passa der Kreuzigung herum geordnet.
So ergibt sich eine ganz interessante Strukturierung für das Johannesevangelium. Wenn man das Johannesevangelium unter diesem Gesichtspunkt liest, versteht man viele Dinge ganz neu. Immer den ersten Block im Zusammenhang mit Passa, Laubhütten, Passa, Laubhütten, Passa.
Ja, dann komme ich jetzt zum Schluss.
