Wir haben in den vergangenen Bibelschulentagen begonnen, systematisch das erste Buch Mose zu untersuchen. Zunächst haben wir die Urgeschichte behandelt, also Erste Mose 1 bis 11. Danach folgte das Leben Abrahams in den Kapiteln 12 bis 25.
Jetzt kommen wir zu Isaak und Jakob, die in Erste Mose 25 bis 36 beschrieben sind. Wenn dort von etwa 2000 vor Christus die Rede ist, meint das die Zeit nach 2000 vor Christus.
Abraham lebte, das kann man sich gut merken, um 2000 vor Christus. Auf ihn folgten dann Isaak und Jakob.
Die Entwicklung der Nachkommen Abrahams und Gottes Führung
Wir haben das Leben Abrahams bis Kapitel 25, Vers 11 verfolgt. Dort wird berichtet, dass er im Alter von 175 Jahren starb und von Isaak und Ismael beerdigt wurde.
Nun folgen die Verse 12 bis 18, die die Entwicklung Ismaels beschreiben. Ismael war nicht als Erbe vorgesehen, doch von ihm stammen die arabischen Stämme ab, zu denen auch Mohammed gehört. Mohammed entstammt der ismaelitischen Linie und brachte den Islam. Diese Linie führt von Abraham über Ismael.
In diesen Versen wird gezeigt, wie Ismael zwölf Söhne hatte, über die er sich freuen konnte. Im Gegensatz dazu musste Isaak, dessen Geschichte ab Vers 19 geschildert wird, vierzig Jahre lang auf seine von Gott geschenkte Frau warten.
Im ersten Buch Mose, Kapitel 24, wurde bereits die Liebesgeschichte von Isaak und Rebekka betrachtet. Dort wird ausführlich die Führung Gottes betont, die zu dieser Ehe führte. Isaak wurde nicht schnell mit Rebekka zusammengeführt, sondern es war ein langes Warten von vierzig Jahren.
Das kann eine Ermutigung für Menschen sein, die glauben, dass mit zwanzig Jahren der Zug für sie abgefahren sei. Das stimmt nicht. Bereits beim letzten Mal wurde deutlich, wie wichtig das Gebet in dieser Geschichte war.
Ich habe hier auf dem Blatt die Verse 24,12-15, 26-27, 42-45 und 48 notiert. All diese Verse sprechen über das Gebet, das eine wesentliche Rolle in der Beziehung zwischen Isaak und Rebekka spielte.
Wenn wir dann in Kapitel 25 weiterlesen, sehen wir, dass das Paar nochmals zwanzig Jahre auf Kinder warten musste. Es ging also nicht alles schnell, einfach und problemlos, obwohl die ganze Angelegenheit auf Gottes Führung und Allmacht beruhte.
Schließlich bekamen sie doch Kinder – als Antwort auf Gebet. Ich lese aus Kapitel 25, Vers 21: „Isaak bat den Ewigen für seine Frau, denn sie war unfruchtbar. Der Ewige ließ sich von ihm erbitten, und Rebekka, seine Frau, wurde schwanger.“
Das ist eine klare Antwort auf Gebet und langes Warten. Heute geht man zum Gynäkologen, der vielleicht helfen kann, und dann gibt es Kinder. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Wir müssen jedoch erkennen, wie sich die Zeiten geändert haben. Je mehr Möglichkeiten wir haben, etwas zu bewirken, desto weniger erfahren wir das unmittelbare Wirken Gottes. Das soll nicht bedeuten, dass wir die medizinischen Errungenschaften ablehnen.
Es ist nur vielleicht eine Erklärung dafür, warum Menschen heute oft klagen, Gott nicht so zu erleben wie früher. Denn vieles, wofür man früher beten musste, ist heute machbar.
Auch im Bereich soziale Sicherheit und Versicherungen ist heute vieles möglich. Man kann zu verschiedenen Einrichtungen gehen, was früher nicht der Fall war. Damals gab es nur eine Säule: das Vertrauen auf Gott.
So war es auch beim Kinderbekommen. Rebekka bekam sogar Zwillinge – das war eine doppelte Überraschung.
Gottes souveräne Wahl des Jüngeren und die Bedeutung des Erstgeburtsrechts
Nun sehen wir erneut, dass der Jüngere von Gott auserwählt wird. Ich lese Vers 22: „Und die Kinder stießen sich in ihr, und sie sprach: Wenn es so steht, warum bin ich dies?“ Danach ging sie hin, um den Herrn zu befragen.
Dies zeigt Rebekas persönliches Gebetsverhältnis zu Gott. Der Herr sprach zu ihr: „Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Völkerschaften werden sich scheiden aus deinem Innern. Eine Völkerschaft wird stärker sein als die andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“ Jetzt wusste sie, dass Gott in seiner Souveränität den Jüngeren gewählt hatte.
Das überrascht uns nicht mehr, nachdem wir schon so lange das erste Buch Mose durchgegangen sind. Das haben wir bereits bei Kain und Abel gesehen. Kain war der Ältere, aber Abel wurde von Gott erwählt. Abel wurde zwar ermordet, doch der nächste Sohn Seth trat an seine Stelle. Es war jedoch nicht Kain, der die messianische Linie weiterführen sollte, sondern Seth.
Später, bei Noah, sehen wir ebenfalls, dass nicht der älteste Sohn, Japheth, der Vorfahre der Europäer, die Linie der Verheißung erhielt, sondern Sem, der zweite Sohn. Auch später war es Abraham, nicht der ältere Bruder, der von Gott auserwählt wurde.
Wir haben außerdem gesehen, dass nicht Ismael, der Ältere, sondern Isaak erwählt wurde. Und auch jetzt wieder ist es nicht Esau, sondern Jakob. Das zeigt Gottes Souveränität: Er kann wählen und erwählen, wie er will. Das finden wir in Römer 11,11-13.
Jakob legte großen Wert auf das Erstgeburtsrecht, denn er wusste: Durch das Erstgeburtsrecht werde ich Stammvater des in Zukunft segenbringenden Messias. Esau verachtete das. Als er von der Jagd zurückkam und das wunderbare Linsengericht sah, das Jakob kochte, sagte er, er sei bereit, sein Erstgeburtsrecht für dieses Gericht zu verkaufen.
Das kann ich nicht verstehen, schon wegen der Linsen nicht, aber das ist ein anderes Thema. Deutlich wird hier: Esau verachtete diese Zukunftsverheißungen Gottes. Er glaubte auch nicht an die Bedeutung des Lebens nach dem Tod. Das sehen wir ausdrücklich in Vers 32: „Und Esau sprach: Siehe, ich gehe hin zu sterben, und wozu mir da das Erstgeburtsrecht?“
Denn viel von dem Erstgeburtssegen sollte erst in viel späterer heiliggeschichtlicher Zeit kommen. Er sollte erst in der Auferstehung erlebt werden. Esau sagte: „Was soll das? Jetzt genieße ich das Leben, jetzt will ich dieses Linsengericht.“ Er wollte das Momentane genießen.
Hebräer 12,16-17 kommentiert neutestamentlich die innere Haltung von Esau: „Dass nicht jemand ein Hurer sei oder ein Ungöttlicher wie Esau, der für eine Speise sein Erstgeburtsrecht verkaufte; denn ihr wisst, dass er auch nachher, als er den Segen ererben wollte, verworfen wurde, denn er fand keinen Raum für die Buße, obgleich er den Segen sehr mit Tränen suchte.“
In 1. Korinther 15,32 wird vor Menschen gewarnt, die sagen: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir.“ Doch genau das ist ein Motto, das viele Menschen in unserer Gesellschaft heute haben: das momentane Genießen. Irgendwelche zukünftigen Verheißungen Gottes interessieren sie überhaupt nicht.
Archäologische Parallelen und Wortspiele in der Geschichte von Jakob und Esau
Die Archäologie hat in den vergangenen Jahren viele Texte aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus ans Licht gebracht. Dabei gibt es einen interessanten Text aus Nuzzi, in dem ein gewisser Tubkitilla sein Erstgeburtsrecht für drei Schafe verkaufte.
Ein Standardbuch von Kitchen, einem der führenden Altorientalisten dieses Jahrhunderts, erwähnt diesen Fall. Kitchen ist übrigens Christ, also ein echter Christ. Das Buch heißt "Ancient Orient and Old Testament" und die entsprechende Stelle findet sich auf Seite 154.
Dieser Text zeigt uns, dass es zu jener Zeit das Prinzip gab, das Erstgeburtsrecht für etwas relativ Unbedeutendes verkaufen zu können.
Wichtig in diesem Text sind außerdem die vielen Wortspiele. Bei der Geburt war es so, dass der Jüngere den Erstgeburtssegen erhielt – und zwar von dem Älteren, Esau. So bekam Jakob den Namen "Versenhalter", Jaakov. Dieses Wort hat jedoch eine Doppelbedeutung, denn es bedeutet gleichzeitig auch "Betrüger". Das beschreibt sehr gut den Charakter und das Leben von Jakob.
Esau fiel dadurch auf, dass er bei seiner Geburt überaus behaart war. Das brachte ihm den Namen Esau ein, im Hebräischen Esaf, was "der Behaarte" bedeutet. Interessant ist, dass Esau später in die Gegend von Südjordanien zieht, um dort zu wohnen. Dieses Gebirge wird Seir genannt, was "behaart" oder "rau" bedeutet.
Das heißt nicht, dass diese Berge Haare haben, sondern dass sie rau sind. Hier liegt also eine Doppelbedeutung vor: behaart oder rau. Esau war nicht nur an seinem Körper behaart, sondern auch in seinem Wesen eher ein rauer Mensch, ein Jägertyp.
Das Gebirge Seir wird in 1. Mose 32,3 erwähnt. Es ist ein raues und unwirtliches Gebirge in Südjordanien.
Esau erhält in 1. Mose 25,30, als er unbedingt die roten Linsen wollte, den Namen Edom. Edom bedeutet "rot". Es gibt noch ein weiteres Wortspiel: Bereits bei der Geburt heißt es in 1. Mose 25,25, „Und der Erste kam heraus rötlich am ganzen Leib“.
Manche Kinder kommen ziemlich blau zur Welt, andere sind rötlich. Esau war eindeutig kein Kind mit Sauerstoffmangel (POS-Kind). POS steht für psychoorganisches Syndrom, ein Modewort für zappelige Kinder, die zu wenig Sauerstoff bekommen haben. Das war bei Esau nicht der Fall, denn er kam ganz rot zur Welt.
Später erhält er den Namen Edom, weil er die roten Linsen mehr schätzte als das Erstgeburtsrecht. Interessant ist, dass Südjordanien in der Bibel, ehe es später besiedelt wurde, Edom genannt wird. Dort gibt es ganz rote Felsen.
Das erklärt auch eine weitere Sache: Edom wird zum Beispiel in Obadja 1,3 erwähnt. Dort wird das Rote Meer genannt. So wird das Meer daneben auch in Hebräer 11,29 bezeichnet.
Das Rote Meer ist übrigens nicht wirklich rot, aber es liegt zum Teil neben dem Siedlungsgebiet von Edom. Möglicherweise kommt daher die Bezeichnung „Rotes Meer“, weil es das Meer Edoms ist.
Diese Wortspiele zeigen uns, wie viel Bedeutung sie in der Bibel haben – besonders im ersten Buch Mose. Sie sagen sehr, sehr viel aus.
Isaak in Gerar: Gottes Warnung und Segen trotz Fehlern
Wir gehen weiter zu Kapitel 26. Es herrscht eine Hungersnot im Land Kanaan. Isaak gerät in Not und zieht daraufhin nach Gerar, zu den Philistern, also in den Westen, nach Westkanaan. Dort erscheint ihm Gott in einer Vision und warnt ihn davor, nach Ägypten hinabzugehen.
In 1. Mose 26,2 spricht der Ewige zu ihm: „Ziehe nicht nach Ägypten, bleibe in dem Land, von dem ich dir sage. Halte dich in diesem Land auf, und ich werde mit dir sein und dich segnen. Denn dir und deinem Samen werde ich all diese Länder geben, und ich werde den Eid aufrechterhalten, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe. Ich werde deinen Samen mehren wie die Sterne des Himmels, und in deinem Samen werden sich alle Nationen der Erde segnen.“
Dies geschieht, weil Abraham Gottes Stimme gehorcht und seine Vorschriften, Gebote, Satzungen und Gesetze beachtet hat. Deshalb bleibt Isaak in Gerar.
Hier werden die abrahamitischen messianischen Verheißungen von Gott an Isaak bestätigt. Aufgrund der Hungersnot wollte Isaak offenbar nach Ägypten ziehen. Das kennen wir schon von Abraham, der aus ähnlichen Gründen nach Ägypten ging (1. Mose 12). Diese Entscheidung hatte damals schwerwiegende Konsequenzen, die wir ausführlich betrachtet haben. Nun, als Isaak in Gefahr ist, denselben Fehler zu begehen, warnt ihn Gott: Bleibe hier! Schwierigkeiten sind nicht automatisch ein Grund zur Flucht. Gott sagt: Ich werde mit dir sein, auch in den Schwierigkeiten. Es ist also nicht ratsam, sofort davonzulaufen, wenn es schwierig wird.
Gott gibt Verheißungen, und Isaak baut auf diese Zusagen. Alles geht nicht so schnell wie bei Ismael, aber Isaak glaubt an Gottes Zusagen. Im weiteren Verlauf sehen wir, wie Isaak bei den Philistern sagt, Rebekka sei seine Schwester. Er fürchtet, zu sagen, sie sei seine Frau, weil man ihn sonst töten könnte – Rebekka war außergewöhnlich schön. Die Geschichte wiederholt sich, denn auch Abraham hatte in 1. Mose 12 seine Frau Sarah als seine Schwester ausgegeben, um sein Leben zu schützen. Sarah war tatsächlich seine Halbschwester, doch Abraham wollte suggerieren, sie sei nicht seine Frau, damit man ihn nicht tötet. Die Sache flog auf.
Auch bei Isaak geschieht das Gleiche. Es zeigt sich, wie leicht Söhne die Fehler und Sünden der Väter wiederholen können. Auch hier wird die Wahrheit aufgedeckt. Interessant ist, wie das geschieht: In Vers 8 heißt es: „Und es geschah, als er längere Zeit daselbst gewesen war, da blickte Abimelech, der König der Philister, durchs Fenster und sah, dass Isaak mit Rebekka, seiner Frau, scherzte.“
Abimelech ruft Isaak zu sich und sagt: „Siehe, sie ist deine Frau, und wie hast du gesagt, sie sei meine Schwester?“ Isaak antwortet: „Ich sagte mir, dass ich nicht sterbe um ihrer.“ Abimelech fragt: „Was hast du uns da getan? Fast hätte einer aus dem Volk bei deiner Frau gelegen, und du hättest Schuld über uns gebracht.“
Auch hier erkennt man den hohen moralischen Standard, den die Philister damals hatten. Ähnliches hatten wir schon bei den Ägyptern in 1. Mose 12 zur Zeit Abrahams gesehen – auch sie waren entsetzt darüber, dass man fast durch die Lüge Abrahams in eine Falle geraten wäre. Hier ist die Lüge Isaaks sogar noch etwas gravierender, denn Rebekka war nicht seine Halbschwester. Man könnte höchstens sagen, dass „Schwester“ auch „Verwandte“ oder „Cousine“ bedeuten kann, aber das ist weiter gefasst als bei Abraham.
Beeindruckend ist, wie Abimelech bemerkte, dass Isaak verheiratet ist: Sie haben zusammen scherzhaft miteinander umgegangen. Dieses romantische Verhalten zeigt sofort, dass es sich nicht um irgendein Paar oder um Verwandte handelt, sondern um ein verheiratetes Paar. Isaak war damals mindestens sechzig Jahre alt, und dennoch konnten sie so liebevoll miteinander umgehen. Das ist positiv zu bewerten, denn es zeigt, wie wichtig es ist, die Ehe bis ins hohe Alter zu pflegen.
Auch aus Isaaks Fehlern lässt sich etwas Gutes ableiten. In 1. Mose 26,12-14 wird betont, wie Isaak gesegnet wird: „Isaak säte in jenem Land und gewann im selben Jahr das Hundertfache; der Herr segnete ihn.“
Gleich nach diesem Versagen folgt also ein hundertfacher Segen. Das zeigt etwas Wichtiges: Segen ist nicht automatisch die Folge von Treue in unserem Leben. Wir können nicht einfach sagen, wenn wir gesegnet sind, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Gottes Souveränität zeigt sich darin, dass er segnen kann, auch wenn wir es nicht verdienen. Darum habe ich hier Psalm 137 zitiert: „Der Herr ist freundlich, und seine Güte währt ewiglich.“ Davon leben wir.
Später, in Vers 15 und den folgenden, erfahren wir, wie Isaak alte Wasserbrunnen, die sein Vater Abraham gegraben hatte, wieder ausgräbt – einen nach dem anderen. Schließlich findet er sogar einen Brunnen mit lebendigem Wasser. Das hebräische Wort dafür ist „mayim chayim“, was Quellwasser, frisches, fließendes Wasser bedeutet.
Diese Wasserbrunnen waren von den Philistern verstopft worden. Isaak gräbt sie wieder auf, findet lebendiges Wasser, doch die Philister kommen erneut, sind streitsüchtig, und er muss von einem Ort zum nächsten ziehen. Diese Geschichte hat eine tiefere Bedeutung.
Die Philister sind für uns ein Bild für Namenschristen. In 1. Mose 10 wird berichtet, dass die Philister ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, aus der Inselwelt, nach Ägypten kamen und von dort nach Kanaan, in das Gebiet des heutigen Gazastreifens, zogen. Sie sind wie Israel später, das aus Ägypten in das Land der Verheißung zog – aber nicht wie das Volk Israel, das mit Gott einen Bund am Sinai schloss und Erfahrungen mit Gott in der Wüste machte. Die Philister hatten eine ähnliche Herkunft, aber keinen Bund mit Gott.
Deshalb sind sie für uns ein gutes Bild für Namenschristen, die ähnlich wirken können wie echte Christen. Die Philister verstopften einen Brunnen nach dem anderen, den Abraham gegraben hatte. Wasser ist in der Bibel, besonders lebendiges Wasser, ein Bild für Gottes Wort. In Epheser 5,25 wird von der Waschung mit Wasser durch das Wort gesprochen, und Johannes 7,37-39 erklärt lebendiges Wasser als die Kraft des Heiligen Geistes.
Auch in der Kirchengeschichte haben wir erlebt, wie Namenschristen, darunter große Theologen, die Quelle des Wortes Gottes verstopft haben. Das begann mit der Bibelkritik im 18. Jahrhundert und entfaltete sich im 19. Jahrhundert durch die Schule Wellhausens. Sie versuchten, die Bücher Mose zu zerpflücken, erklärten sie als rein menschliche Werke und betrachteten die Geschichte Israels als eine Evolution. Dadurch entwickelte sich im 20. Jahrhundert ein massiver Unglaube gegenüber der Bibel – aber nicht durch Atheisten, sondern durch Christen.
Solche Gelehrte wie Wellhausen und seine Anhänger verstopften diese Brunnen. Isaak hingegen, ein Mann Gottes, grub einen Brunnen nach dem anderen, den sein Vater Abraham gegraben hatte, wieder aus. Das ist genau das, was wir als Christen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert tun müssen: all die verstopften Brunnen, die uns die Bibelkritiker zugeschüttet haben, wieder freilegen und das lebendige Wasser neu entdecken.
Jede Generation muss neu zur Bibel zurückkehren. Dabei erleben wir philistäischen Widerstand, was ganz normal ist. Schließlich gelangt Isaak nach Rechoboth, wo er Ruhe findet. Danach zieht er nach Beerscheba, und Gott erscheint ihm dort (Vers 24). Isaak baut einen Altar und pflegt die Gemeinschaft mit Gott.
Hier zeigt sich ein wichtiges Prinzip: Segen trotz Widerstand. Wir dürfen nie denken, dass Widerstand bedeutet, dass alles schiefläuft. Isaak erlebte viel Widerstand, doch gerade darin segnete Gott ihn.
Ich habe auf 1. Korinther 16,9 verwiesen, wo Paulus sagt: „Eine wirkungsvolle Tür ist mir aufgetan in Ephesus, aber der Widersacher sind viele.“ Eine offene Tür bedeutet also nicht, dass alles einfach läuft, sondern dass es gerade dann viele Feinde gibt.
Die Feinde sehen, wie Gott zu Isaak steht. Die Philister sagen ihm in Vers 28: „Wir haben deutlich gesehen, dass der Herr mit dir ist.“ Und in Vers 29 fügen sie hinzu: „Du bist nun einmal ein Gesegneter des Herrn.“ Das ist eindrucksvoll. Andere Menschen erkennen, dass Isaak, obwohl ein unvollkommener Heiliger, von Gott geführt und geleitet wird. Schritt für Schritt lässt er sich korrigieren, und so sieht die Umwelt, dass er ein Gesegneter des Herrn ist.
Das ist vergleichbar mit seinem Vater Abraham. In 1. Mose 23,6 sagen die Hethiter zu Abraham: „Du bist ein Fürst Gottes unter uns.“ Das zeigt, wie wichtig die Patriarchenzeit in Kanaan war. In dieser Zeit konnten die kanaanäischen Völker durch das Zeugnis dieser Männer und ihrer Familien den einen wahren Gott erkennen. Sie hatten Jahrhunderte Zeit, um sich von ihrem Spiritismus und Götzendienst abzuwenden.
Erst als Israel später aus Ägypten auszog und unter Josua ins Land kam, kam das Gericht über diese Völker. Doch Gott gewährte ihnen Jahrhunderte Gnadenzeit, um den einen Gott zu erkennen. Man kann sagen, diese Patriarchen waren eine Art Evangelisten unter den kanaanäischen Völkern.
Esaus ungläubige Heiraten und die Folgen für die Familie
In 1. Mose 26,34-35 heiratet Esau zwei hethitische Götzendienerinnen. Später, in 1. Mose 28,8-9, kommt noch eine Ismailiterin hinzu. In 1. Mose 36,2 wird außerdem eine Hewitterin erwähnt, also eine Kananiterin.
Wir sehen, dass Esau, der Mann, der das Erstgeburtsrecht verachtete und sich gern dem momentanen Genuss hingab, auch bereit war, Götzendienerinnen, ungläubige Frauen, zu heiraten.
Es wird ausdrücklich erzählt, wie die Eltern darauf reagierten (1. Mose 26). Für Isaak und Rebekka waren diese Ehen ein Herzeleid. Wörtlich steht im Hebräischen, es war „eine Bitterkeit des Geistes für die Eltern“.
Die vier Lebensperioden Jakobs und die Tragik der Familie
Nun kommen wir zum Leben Jakobs. Wir können es in vier Perioden einteilen.
Die erste Periode dauert 77 Jahre. Jakob lebt in Kanaan, doch wegen eines Betrugs muss er schließlich aus Kanaan fliehen. Dies wird in den Kapiteln 27 und 28 beschrieben.
Die zweite Periode umfasst zwanzig Jahre. Jakob befindet sich in Mesopotamien und dient bei seinem Onkel Laban. Dort heiratet er viermal. In dieser Zeit werden ihm elf Söhne geboren. Diese Ereignisse finden sich in den Kapiteln 29 bis 31.
Die dritte Phase dauert 33 Jahre. Jakob kehrt wieder nach Kanaan zurück. Hier wird Benjamin geboren, und es kommt zum Verlust Josephs. Diese Geschehnisse sind in den Kapiteln 32 bis 45 festgehalten.
Die letzte Periode umfasst vier Jahre. Jakob lebt nun seit siebzehn Jahren in Ägypten. Sein Lieblingssohn Joseph, der zum Erstgeborenen erklärt wurde, ist dort Vizekönig beim Pharao. Diese Zeit wird in den Kapiteln 46 bis 50 beschrieben. Schließlich stirbt Jakob.
Diese Übersicht hilft uns, das Weitere gut zu erfassen.
Ich habe keinen Zeitplan mehr. Wann ist die Pause? Zehn vor, ja gut.
Die Zerwürfnisse in der Familie Isaak und Rebekka
Wir kommen zu Erstemose 27 und sehen eine traurige Situation. Isaak und Rebekka hatten sich im Laufe der Zeit auseinandergelebt, obwohl sie ursprünglich auf eindrückliche Weise von Gott zusammengeführt worden waren.
Hier zeigt sich, dass Isaak an Esau hing, weil dieser so gutes Fleisch heimbringen konnte. Rebekka hingegen hing an Jakob, weil er im Haushalt sehr hilfreich war, geschickt im Kochen und dergleichen. In diesem Kapitel erfahren wir, wie Rebekka Jakob rät, wie er am besten seinen fast blinden Vater betrügen kann. Das ist dramatisch: Die ganze Familie, die ganze Ehe stürzt ins Unglück.
Dabei hatte die Ehe gut begonnen. Doch wir lernen daraus, dass ein guter Anfang einer Ehe nicht automatisch ein gutes Ende garantiert. Eine Beziehung muss ständig gepflegt werden, und Fehlentwicklungen, die automatisch entstehen, müssen immer wieder korrigiert werden.
Das Ganze ist sehr tragisch. Obwohl Isaak durch Rebekka wusste, was Gottes Auserwählung des Jüngeren betraf, war er dennoch bereit, den Erstgeborenen Segen Esau zu geben. Er sagt zu ihm: „Ich will dich jetzt segnen, aber zuvor hol mir noch ein Wildbrät und bereite es so zu, wie ich es gerne habe.“ Isaak war also bereit, für eine gute Speise den Falschen zu segnen.
Wir merken den Zusammenhang: Esau war bereit, für ein gutes Essen sein Erstgeburtsrecht zu verkaufen. Solche Fehlentwicklungen kommen hier ans Licht.
Ein Streiflicht aus der Archäologie: Aus Texten des zweiten Jahrtausends vor Christus, die man gefunden hat, geht hervor, dass der mündliche Segen eines sterbenden Vaters damals sehr kraftvoll war. Ich verweise hier auf Kitchen, Ancient Orient and Old Testament, Seite 154. Das ist wichtig, denn in dieser Geschichte wird erzählt, wie Isaak unwissend Jakob gesegnet hat.
Dann kommt Esau zurück und fragt: „Was, du hast den Segen gegeben?“ Isaak antwortet: „Ja, und jetzt?“ Esau kann nichts mehr ändern, denn der Segen ist unwiderruflich. Das war das Gesetz dieser Zeit: Ein mündlicher Segen eines sterbenden Vaters war rechtskräftig.
Solche Details zeigen uns heute, wie authentisch und echt diese patriarchalischen Geschichten sind. Bibelkritiker wollten uns weismachen, dass diese Geschichten tausend Jahre nach Mose erfunden wurden, in einer Zeit mit ganz anderen Gewohnheiten und Gesetzen im Nahen Osten. Aber nein, sie beschreiben genau das Hintergrundbild, das wir aus der Archäologie für das zweite Jahrtausend vor Christus kennen.
In dieser traurigen Geschichte werden alle in der Familie schuldig. Isaak wird brutal von seinem Sohn Jakob betrogen. Jakob gibt sich als der haarige Esau aus. Deshalb hat er auf Rebekkas Anweisung Ziegenfelle auf die Arme gelegt, damit sein Vater ihn abtasten kann. Isaak fragt: „Bist du wirklich Esau?“ Jakob antwortet: „Ja, ich bin dein Sohn Esau!“
Jakob spielt also den Haarigen. Doch Isaak versagt, weil er nicht auf Gottes Erwählungswort achtet. Rebekka versagt völlig, weil sie den Jüngeren zum Betrug anleitet. Jakob versagt, weil er seinen Vater grausam betrügt. Und Esau hat längst versagt, weil er das Erstgeburtsrecht verachtet und seine Sünde nie bereut hat.
Das lesen wir genau in Hebräer 12. Dort steht, dass Esau zwar später um den verpassten Segen weinte, aber nur wegen des Segens, nicht wegen seiner Sünde. Der Hebräerbrief sagt, er fand keinen Raum für Buße, obwohl er den Segen mit Tränen suchte. Die ganze Familie hat in dieser Sache versagt.
Wir müssen festhalten: Jakob und seine Mutter Rebekka meinten, sie müssten Gottes Erwählungswort noch ein wenig nachhelfen. Aber Gott hatte ihnen gesagt, dass er den Jüngeren erwählt hat. Sie hätten diese betrügerischen Handlungen nicht ausführen müssen. Es hätte genügt, einfach auf Gottes Zeit zu warten. Gott hätte eingegriffen, und es wäre nicht schiefgegangen.
Doch durch diese Betrügereien meinten Jakob und Rebekka, nachhelfen zu müssen.
Esau wird in Hebräer 12,16-17 als „ungöttlich“ bezeichnet. Das griechische Wort „Bebelos“ meint jemanden, der offen ist, betretbar für alles. Interessanterweise gilt heute Offenheit oft als Ideal. Doch „Bebelos“ bedeutet eben „ungöttlich“. Wer offen für alles ist, gilt als ungöttlich. Das war Esau.
Außerdem wird Esau „Hur“ genannt, ein hartes Wort. Wir lesen zwar nicht, dass Esau Hurerei begangen hätte. Er hatte mehrere Frauen, doch das war Polygamie, nicht außereheliche Beziehung. Dennoch wird er als „Hur“ bezeichnet im Sinne von Götzendiener. Er war bereit, götzendienerische Frauen zu nehmen und hat Gottes Erwählung und Segen verachtet.
Alle mussten Konsequenzen tragen. Isaak wird grausam betrogen. Rebekka verliert ihren Lieblingssohn für immer, denn Esau wollte Jakob umbringen. Deshalb musste Jakob Hals über Kopf nach Mesopotamien fliehen. Er kam später zurück, doch Rebekka war schon gestorben. Nur Isaak hat ihn wieder gesehen. Die Mutter sah ihn von da an nie mehr. Das war Gottes Zucht für Rebekka.
Jakob muss zu seinem Onkel Laban fliehen, wo er selbst grausam betrogen wird. Dazu kommen wir noch.
Jakob verliebt sich in Rahel und will sie heiraten. Nach sieben Jahren Arbeit um sie zu bekommen, meint er, es seien nur wenige Tage gewesen. Dann wird Rahel ihm verhüllt ins Schlafgemach geführt. Der biblische Text berichtet mit betroffen machender Nüchternheit: „Siehe, am Morgen war es Lea.“ Das war ein innerer Zusammenbruch für Jakob. Er wusste genau, was das bedeutete.
Er hatte seinen Vater so brutal betrogen, und nun hat sein Onkel noch Schlimmeres an ihm getan.
Esau bekommt ebenfalls einen Segen, der jedoch eher einem Fluch gleicht. Diesen Segen werden wir nach der Pause noch betrachten.
Nun machen wir Pause.
Die messianischen Segensverheissungen an Jakob und Esau
Wir sind stehen geblieben bei 1. Mose 27. Ich möchte kurz etwas zum Segen sagen, den Jakob erhalten hat.
In 1. Mose 27,27 heißt es: „Siehe, der Geruch meines Sohnes ist wie der Geruch eines Feldes, das der Herr gesegnet hat. Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von der Fettigkeit der Erde und fülle dich mit Korn und Most. Völker sollen dir dienen, und Völker sollen sich vor dir niederbeugen. Sei Herr über deine Brüder, und vor dir sollen sich die Söhne deiner Mutter niederbeugen. Wer dir flucht, sei verflucht, und wer dich segnet, sei gesegnet.“
Dies ist der erste messianische Segen, den Jakob erhält. Er beinhaltet Regen und Fruchtbarkeit für das Land Israel sowie Herrschaft über die Völker der Welt. Das ist natürlich ein Ärgernis für alle Antisemiten. Weiter heißt es: Die Freunde dieses Volkes sind gesegnet, die Feinde verflucht. Das fasst den Segen an Abraham zusammen, der in 1. Mose 12,3 zu finden ist.
Nun schauen wir uns den Segen Esaus an, der in Vers 39 eigentlich ein Fluch ist: „Siehe, fern von der Fettigkeit der Erde wird dein Wohnsitz sein und ohne den Tau des Himmels von oben her.“ Das bedeutet ein unfruchtbares Land.
Esau und seine Nachkommen haben sich in Edom im Südjordanland niedergelassen. Dieses Gebiet ist unfruchtbar und regenarm. Weiter heißt es in Vers 40: „Und von deinem Schwert wirst du leben, und deinem Bruder wirst du dienen. Es wird geschehen, wenn du umherschweifst, wirst du sein Joch zerbrechen von deinem Halse.“
Die Nachkommen Esaus sollten ein kriegerisches Leben führen und Israel unterworfen sein. Doch Isaak sagt, dass der Zeitpunkt kommen wird, an dem Esau das Joch Israels von seinem Hals zerbrechen wird.
Historisch ist Folgendes bemerkenswert: In der Hasmonäerzeit, also in der Makkabäerzeit, hat Alexander Janneus um 128 vor Christus die Edomiter militärisch besiegt und unterworfen. Er zwang sie sogar zur Bekehrung zum Judentum.
Das ist wichtig zu wissen im Gespräch mit Juden. Wenn nämlich der Vorwurf gemacht wird, dass im Christentum Juden zwangsbekehret wurden, muss man darauf hinweisen, dass es solche Zwangsbekehrungen auch im Judentum gab. Alexander Janneus war ein gottloser König, der die Edomiter zwangsbekehrt hat.
Später, um 37 vor Christus, erhielt der Edomiter Herodes, der spätere Herodes der Große und Kindermörder von Bethlehem, von den Römern den Titel „König der Juden“. Ab diesem Zeitpunkt begann er seine blutige Herrschaft über Israel.
Das ist dramatisch: Zur Zeit der Zeitenwende, als der Messias kam, herrschte Esau über Israel, über Jakob. Es war eine grausame und blutige Herrschaft unter Herodes.
Diese Familie übte ihre Herrschaft auch später weiter aus. Das Neue Testament bis hin zur Apostelgeschichte ist von dieser Situation geprägt.
Das Losreißen von Esau, der das Joch zerbricht, hat sich in der Geschichte dramatisch erfüllt. Sogar so, dass Esau damals die Herrschaft über Jakob ergriff.
Die Tragik des Versuchs, Gottes Segen mit eigenen Mitteln zu erzwingen
Nun allgemein können wir jetzt sehen, dass es positiv war, dass Rebekka den Segen des Erstgeburtsrechts hoch einschätzte. Es war auch gut, dass Jakob diesen Segen unbedingt haben wollte, denn Gott hatte ihn dafür vorgesehen.
Allerdings versuchten sie, sich den Segen durch hinterhältige Tricks zu verschaffen. Das ist genau das gleiche Muster, das wir bereits bei Abraham und Sarah in 1. Mose 16 finden. Nach all den Jahren des Wartens auf den Erben dachte Sarah plötzlich: „Abraham, ich habe eine Idee!“ Wahrscheinlich hatte Gott das ein wenig anders gemeint. Sie sagte, Abraham solle jetzt ihre Magd Hagar heiraten. Nach den damaligen Gesetzen konnte dann der Sohn einer solchen Sklavin der Herrin zugerechnet werden.
Aus dieser Verbindung entstand Ismael, und daraus entwickelte sich die Feindschaft im Islam, die bis in die heutige Zeit reicht. Doch es kam auch daraus hervor, dass man irgendwie der Verheißung Gottes nachhelfen wollte. Gott sagt später jedoch klar: Nicht Ismael, sondern Isaak soll erben.
Das ist genau dasselbe Problem. Rebekka und Jakob wollten Gottes Segen mit eigenen Tricks erzwingen. Doch das führte dazu, dass die ganze Familie durch schwere Nöte hindurchgehen musste. Jakob versuchte ständig, durch List nachzuhelfen. Während Abraham nur ansatzweise solche Schwierigkeiten hatte, wurde es bei Jakob zu einem dauerhaften, notorischen Problem, das ihm viel Leid brachte.
Jakob macht also jahrzehntelange Umwege, bis schließlich der Segen Gottes voll über ihn kommt. Wichtig ist: Die biblische Geschichte stellt diese Menschen nicht einfach schwarz-weiß dar. Wir sehen viel Weißes im Leben von Jakob, aber auch viel Dunkles. Diese Mischung macht, dass wir in diesem Mann einen Spiegel von uns selbst erkennen können.
Vermischung ist ein großes Problem für uns Gläubige. Schauen wir zum Beispiel in Matthäus 16: Petrus sagte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Der Herr Jesus antwortete: „Das hat dir nicht Fleisch und Blut offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Kurz danach wollte Petrus verhindern, dass Jesus ans Kreuz geht. Daraufhin sagte der Herr zu ihm: „Geh hinter mich, Satan!“ – nur wenige Verse später, Matthäus 16.
So wirken sowohl Satan als auch der himmlische Vater im gleichen Herzen, nämlich im Herzen des Apostels Petrus.
Jakobs Flucht und Gottes Verheissung in Bethel
Wir kommen zu Kapitel 28. Nun muss Jakob fliehen. Doch Isaak verbindet diese Flucht mit etwas Positivem. In Vers 1 sagt er zu ihm: „Du sollst nicht eine Frau nehmen von den Töchtern Kanaans. Mache dich auf, geh nach Paddan-Aram zum Haus Betuels, des Vaters deiner Mutter, und nimm dir von dort eine Frau von den Töchtern Labans.“
Das hat Isaak selbst so erlebt. Schon Abraham, sein Vater, wollte nicht, dass Isaak eine götzendienerische Kananiterin heiratet. Deshalb hat er einen Knecht zur Verwandtschaft nach Aram geschickt, um dort Rebekka zu holen. Für Isaak ist es weiterhin wichtig, dass Jakob keine Mischehe mit einer Ungläubigen eingeht. Diese ganze Flucht, diese Tragik, verbindet er mit dem Auftrag, die richtige Frau bei der Verwandtschaft zu finden.
In den Versen 3 und 4 finden wir den zweiten messianischen Segen, den Isaak Jakob mitgibt. Er umfasst Fruchtbarkeit, Landbesitz und den Segen Abrahams. Jakob verlässt in Vers 10 Beerscheba. Auf dem Weg kommt er über die Station Bethel. Die Sonne geht unter, er nimmt einen Stein als Kopfkissen und träumt.
In Vers 12 heißt es: „Und siehe, eine Leiter war auf die Erde gestellt, und ihre Spitze rührte an den Himmel. Und siehe, Engel Gottes stiegen auf und nieder an ihr. Und siehe, der Herr stand über ihr und sprach: Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks. Das Land, auf welchem du liegst, will ich dir geben und deinem Samen. Dein Same soll werden wie der Staub der Erde, und du wirst dich ausbreiten nach Westen, nach Osten, nach Norden und nach Süden hin. In dir und in deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde. Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, überall, wohin du gehst, und dich zurückbringen in dieses Land. Denn ich werde dich nicht verlassen, bis ich getan habe, was ich zu dir geredet habe.“
Jakob erwachte von seinem Schlaf und sprach: „Fürwahr, der Herr ist an diesem Ort, und ich wusste es nicht.“ Er fürchtete sich und sagte: „Wie furchtbar ist dieser Ort! Dies ist nichts anderes als Gottes Haus und dies die Pforte des Himmels.“
Am nächsten Morgen stand Jakob früh auf, nahm den Stein, den er zu seinen Häupen gelegt hatte, stellte ihn als Denkmal auf und goss Öl auf seine Spitze. Er gab dem Ort den Namen Bethel, was „Haus Gottes“ bedeutet. Ursprünglich hieß die Stadt Luz.
Dieses Ereignis ist sehr wichtig. Wegen seines Betrugs muss Jakob fliehen, doch Gott ist wirklich, wie es in Psalm 137 heißt: Der Herr ist gut, und seine Güte währt ewiglich. Gott verheißt ihm: „Ich will mit dir gehen, ich will dich behüten auf deinem Weg.“
Der Traum von der Himmelsleiter hat eine tiefe Bedeutung. Eigentlich ist das eine Vision des tausendjährigen Friedensreiches, in dem Himmel und Erde harmonisch verbunden sein werden. In Epheser 1, Vers 10 lesen wir, dass Gott in dem zukünftigen Zeitalter alles unter die Herrschaft von Jesus Christus stellen wird, was im Himmel und auf der Erde ist.
Der Herr Jesus selbst nimmt Bezug auf dieses Ereignis in Johannes 1, Vers 51. Dort, als er als König Israels erkannt wird, sagt er: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.“ Damit bezieht er sich auf Jakobs Traum. Im Zentrum steht der Menschensohn, der einmal die Weltherrschaft übernehmen wird.
Eine Hilfe zum Verständnis: Das Wort „Leiter“, hebräisch Sulam, kann auch „Treppe“ bedeuten. Jakob hat nicht einfach eine Holzleiter zum Himmel gesehen, sondern eine Treppe, ähnlich den Treppen bei den babylonischen Stufentürmen. Solche Pyramidenähnlichen Bauwerke gab es auch in Mexiko. Sie stammen vom Turmbau zu Babel.
Das war keine reine Fantasie, sondern Satan imitiert alles, was Gott tut. Deshalb haben auch die Heidenvölker Tempel, die genauso aufgebaut sind wie die Tempel Gottes in der Bibel. Im Himmel gibt es einen originalen Tempel, und Satan hat Zugang zum Himmel. Darum weiß er genau, wie der Tempel aufgebaut ist. Deshalb findet man denselben Aufbau auch bei den heidnischen Völkern weltweit.
Der babylonische Stufenturm war eigentlich eine Perversion eines göttlichen Plans. Wie lässt sich die Verbindung herstellen? Erstens fällt auf, dass es in Vers 12 heißt: „Und siehe, eine Leiter oder eine Treppe war auf die Erde gestellt, und ihre Spitze rührte an den Himmel.“ 1. Mose 11 berichtet, dass die Menschen sagten: „Wir wollen einen Turm bauen, dessen Spitze an den Himmel reicht.“ Die Formulierungen sind identisch.
Zweitens sagt Jakob in Vers 17: „Dies ist die Pforte des Himmels.“ Babylon, Babel, wurde bei den Babyloniern folgendermaßen gedeutet. Babel kommt eigentlich aus dem Hebräischen, der wohl die Ursprache der Menschheit war. In 1. Mose 11 wird erklärt, dass Babel „Verwirrung“ bedeutet, abgeleitet vom hebräischen Wort „balal“.
Die Sumerer, die älteste Kultur im Nahen Osten nach der Sprachverwirrung, nannten die Stadt Babylon. Sie wussten nicht mehr, was der Name bedeutete. Die Babylonier übernahmen den Namen von den Sumerern und deuteten ihn in ihrer akkadischen Sprache als „Bab-ili“. „Bab“ heißt auf Akkadisch „Tor“, „ili“ bedeutet „Gott“ oder „des Gottes“. „Bab-ili“ heißt also „Tor Gottes“ oder „Tor der Götter“.
Sie nannten es auch „Bab-ilani“, „Tor der Götter“ (Mehrzahl). Daraus entstand die Namensgebung Babylon in Offenbarung 17,5. Babylon bedeutet „Tor der Götter“, was dort die katholische Kirche in Offenbarung 17,18 bezeichnet.
Genau diesen Ausdruck verwendet Jakob hier: „Dies ist die Pforte des Himmels“, „Bab-ili“, die Pforte Gottes. Er sieht eine Treppe, die an den Himmel hinaufgeht, ähnlich den Stufentreppen dieser Türme. Die Menschheit hat das in 1. Mose 11 zum Götzendienst pervertiert und auf die Treppe oben einen Schrein für einen falschen Gott gesetzt. Doch in Jakobs Vision steht oben Gott.
Der Herr steht über der Leiter und spricht: „Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks.“ Jakob nennt diesen Ort Bethel, „Haus Gottes“. Genauso wie die Stufentürme mit Tempeln oben waren Häuser für falsche Götter, sieht er hier den wahren Stufenturm für den wahren Gott. Deshalb nennt er den Ort Bethel.
Noch etwas dazu: In 28,17, als er erwacht, sagt Jakob: „Hier ist der Herr an diesem Ort, und ich habe das nicht gewusst. Wie furchtbar ist dieser Ort! Dies ist nichts anderes als Gottes Haus.“ Im Neuen Testament lesen wir in Epheser 2, Vers 20, dass die Gemeinde heute das Haus Gottes ist.
Manche sagen: „Wie furchtbar ist dieser Ort!“ Das Haus Gottes ist tatsächlich ein furchtbarer Ort, wenn unser Leben nicht in Ordnung mit Gott ist. Es gibt verschiedene Gründe, warum man sich in einer Gemeinde nicht wohlfühlen kann. Manchmal liegt es an der Gemeinde, manchmal an einem selbst. In Jakobs Situation sagt er „Wie furchtbar ist dieser Ort!“, weil sein Leben nicht in Ordnung war. Dann kann man sich nie in Gottes Haus wohlfühlen.
Das ist Jakobs erste Begegnung mit Bethel. Später kehrt ein ganz anderer Jakob dorthin zurück. Das ist Wachstum im Glauben.
Wir gehen weiter: In den Versen 13 bis 16 finden wir den dritten messianischen Segen Gottes an Jakob. Er umfasst erneut die Landverheißung. Interessant ist die Lage Bethels auf der Landkarte. Es liegt mitten im heutigen sogenannten besetzten Westjordanland, das nach und nach an die Palästinenser abgegeben wird.
Hier in Bethel sagt Gott in Vers 14: „Und dein Same, deine Nachkommenschaft, soll werden wie der Staub der Erde, und du wirst dich ausbreiten nach...“ Bereits in Vers 13 heißt es: „Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks. Das Land, auf welchem du liegst“, also im Westjordanland, „will ich dir geben und deiner Nachkommenschaft. Deine Nachkommenschaft soll werden wie der Staub der Erde, und du wirst dich ausbreiten nach Westen, nach Osten, nach Norden und nach Süden hin.“
Es ist interessant, dass Gott nicht nur das Land gibt, auf dem Jakob jetzt liegt, sondern auch das Land in alle vier Himmelsrichtungen. Diese Stelle hat eine enorme Bedeutung.
Die Einzahl „dein Same“ oder „in deinem Samen“ ist wieder ein Hinweis auf Christus. Galater 3, Vers 16 sagt bereits bei Abraham: „Dein Same“ bedeutet Christus. Wir sehen hier Gottes bleibende Treue trotz Jakobs Untreue.
In Bethel stellt Jakob einen Stein auf, den er mit Öl salbt. Vier Steine spielen im Leben Jakobs eine Schlüsselrolle. Auf dem Blatt sind alle Stellen angegeben. Wir haben bereits gesehen, dass verschiedene Brunnen in 1. Mose 26 eine Rolle im Leben Isaaks spielen – es sind vier Brunnen.
Bei Abraham spielen vier verschiedene Altäre eine Schlüsselrolle. Es lohnt sich, die Patriarchengeschichten im Blick auf die vier Altäre im Leben Abrahams, die vier Brunnen im Leben Isaaks und die vier Steine im Leben Jakobs zu lesen. Gott nennt sich immer wieder der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Vier Altäre, vier Brunnen, vier Steine – das ist bedeutsam. Die Begegnung mit Gott in Bethel markiert einen wesentlichen geistlichen Abschnitt im Leben Jakobs. Doch jetzt ist Bethel für ihn ein furchtbarer Ort, denn sein Leben ist nicht in Ordnung.
Jakobs Betrug und die Folgen bei Laban
Kapitel 29: Der Betrüger Jakob wird nun von Laban brutal betrogen. Nach sieben Jahren Arbeit erhält Jakob zunächst nicht Rahel, die er liebt, sondern Lea, die ältere Schwester. Hosea 12,13 spricht davon, dass zuerst nicht Rahel, sondern Lea gegeben wurde.
Wie das genau ablief, habe ich bereits angedeutet. Für mich ist das eine der großen Schockstellen in der Bibel. Laban sagt: „Weißt du, bei uns ist es nicht üblich, dass man zuerst die jüngere Tochter gibt. Zuerst kommt die Älteste dran. Du kannst die andere auch noch haben, aber du musst weitere sieben Jahre arbeiten. Zuerst machst du die Hochzeitswoche mit Lea fertig, dann bekommst du Rahel.“ So ist es also gegangen.
Das zeigt eine Moral, die sich deutlich von unserer heutigen unterscheidet. In Kapitel 29 sehen wir, dass der Herr dieses Problem der Polygamie wahrnimmt. In Vers 30 lesen wir: „Jakob liebte auch Rahel mehr als Lea.“ Man kann also nicht sagen, dass Lea keine Liebe erhielt, aber Rahel hatte den ersten Platz.
Nun, in Vers 31 heißt es: „Und als der Herr sah, dass Lea gehasst war, öffnete er ihren Mutterleib, Rahel aber war unfruchtbar.“ Hier bedeutet „gehasst“ nicht, dass Jakob sie hasste, sondern dass sie weniger geliebt wurde.
Das ist nützlich zu verstehen, denn im Lukasevangelium sagt der Herr: „Wenn jemand mir nachfolgen will und nicht seinen Vater, seine Mutter, seine Brüder und auch seine Frau hasst, kann er nicht mein Jünger sein.“ Manche, die Probleme in der Familie haben, denken dann, das sei leicht zu erfüllen. Sie meinen, sie seien gute Jünger, weil sie ihre Familie „hassen“. Aber das Wort „hassen“ bedeutet hier, weniger zu lieben als den Herrn. Der Herr muss vor der Verwandtschaft und sogar vor der Ehefrau den ersten Platz haben.
Diese Stelle zeigt sehr schön, wie relativ der Ausdruck „hassen“ sein kann. Der Herr sieht das Problem und macht deshalb Lea fruchtbar, während Rahel unfruchtbar bleibt. Als Ausgleich gibt der Herr Lea Kinder, weil sie weniger geliebt wird. So werden Ruben, Simeon, Levi und Juda geboren.
Eifersucht, Sklavinnen und Gottes Wirken in der Familie Jakobs
Kapitel 30, Verse 1 bis 8
Die eifersüchtige Rahel kompensiert ihre Kinderlosigkeit durch den Trick ihrer Urgroßmutter Sarah. Sie bekommt keine Kinder, und Jakob muss ihr dabei ein wenig nachhelfen. Wie hat das Großmami das gemacht? Sie sagte, Abraham solle noch die Magd Hagar heiraten. Dann würden die Kinder der Magd der Frau zugerechnet.
Rahel hatte von ihrem Vater eine Magd bekommen. Diese Sklavin Bilha gibt sie nun Jakob zur Frau. Aus dieser Ehe kommen dann Dan und Naftali auf die Welt.
Es gab damals im Alten Orient ein Gesetz – ich habe hier auf die Hammurabi-Gesetze aus dem 18. Jahrhundert und die Nuzi-Texte aus dem 15. Jahrhundert hingewiesen. Bei Unfruchtbarkeit der Frau konnte ihr mit ihrer Einwilligung eine Sklavin als Nebenfrau zur Seite gestellt werden. Die Kinder dieser Sklavin wurden dann quasi der unfruchtbaren Herrin zugerechnet.
Eine Frau ohne Ehevertrag galt allerdings nie als Ehefrau, auch in der damals üblichen polygamen Gesellschaft nicht.
Kapitel 30, Verse 9 bis 13
Lea bekommt nach vier Kindern keine weiteren mehr. Interessant ist, dass sie keine Verhütung angewendet haben, aber plötzlich nach vier Kindern war es vorbei. Das hörte für eine Zeit auf – allerdings nur vorübergehend. Nach einiger Zeit wurde sie wieder fruchtbar.
Gynäkologie ist ein kompliziertes Gebiet.
Lea wendet nun den gleichen Trick an wie Rahel mit ihrer Sklavin, die sie von ihrem Vater Laban bekommen hat. Sie gibt Zilpa Jakob zur Frau. Aus dieser Ehe kommen dann die Stammväter Gad und Asser auf die Welt.
Kapitel 30, Verse 14 bis 21
Nach einiger Zeit bekommt Lea doch wieder Kinder: Issachar, Sebulon und sogar noch ein Mädchen, endlich ein Mädchen in der Familie, Dina.
Dann wird erzählt, wie Ruben ein bisschen hinaus in die Natur geht und Dudaim findet, das sind Liebesäpfel. Er bringt sie nach Hause, und es entsteht ein Handel zwischen Rahel und Lea um diese Liebesäpfel.
Diesen Aberglauben gab es schon damals. Ich habe ihn gerade wiedergefunden, er existiert heute noch in Tadschikistan. Aberglaube hat ein langes Leben. Die abergläubische Auffassung war, dass Dudaim die Fruchtbarkeit fördern könnten.
Wir sehen, wie unter diesen Frauen Jakobs solche abergläubischen Ideen immer noch kursierten, obwohl in dieser Familie eigentlich Gott, der wahre Gott, bekannt war. Es hat aber nichts genützt.
Kapitel 30, Verse 22 bis 24
Es ist schön zu lesen, dass Rahel plötzlich, aufgrund ihres Gebets und nicht durch Liebesäpfel, fruchtbar wird. Sie gebiert Josef, der spätere Nummer zwei in Ägypten.
Josef sollte, wie wir noch sehen werden, später das Erstgeburtsrecht erhalten. Auch er war nicht der Erstgeborene – trotzdem sollte Josef diese besondere Rolle bekommen.
Wenn man die Geschichte so durchliest, ist sie eine tragische Geschichte. Doch trotz all der Eifersüchteleien dieser Frauen kommt in ihrer Namensgebung echter Glaube an Gott zum Ausdruck.
Jedes Mal, wenn sie ein Kind bekommen, überlegen sie sich genau, wie das Kind heißen soll. Sie wählen Namen mit Bedeutung, die ihren Glauben zeigen. Zum Beispiel sagt eine von ihnen, das Kind solle Juda heißen, weil sie den Herrn preisen will. Oder sie geben Namen, die ausdrücken, dass etwas Bestimmtes geschehen soll.
Man sieht, dass trotz all der negativen Ereignisse, trotz aller Streitigkeiten und Eifersüchteleien, eine Beziehung zu dem einen wahren Gott bei diesen Frauen vorhanden ist.
Jakobs Reichtum und die Führung Gottes trotz menschlicher Tricks
Nach der Geburt von Joseph will Jakob endlich zurück nach Kanaan. Doch es geht nicht so schnell, wie erhofft. Laban wird von Gott dazu benutzt, Jakob erst reich zu machen – trotz ständiger Vertragsänderungen.
Es war so: Laban fragte Jakob: „Sag mir, was willst du als Lohn, wenn du weiterhin für mich arbeitest?“ Jakob antwortete: „Ich will keinen Lohn. Wir machen es einfach so: Wenn ich deine Herde hüte, dann bekomme ich all die Jungen, die gesprenkelt und gefleckt sind. Die anderen gehören dir.“ Normalerweise sind im Nahen Osten Schafe weiß und Ziegen schwarz. Für Laban war das toll, denn so bekam er nur wenige Tiere, und der Rest gehörte Jakob. Das war also kein schlechter Deal.
Laban geht darauf ein. Was dann geschieht, wäre eine Freude für Mendel gewesen, der die Zuchtgesetze entdeckt hatte. Plötzlich gibt es so viele gefleckte und gescheckte Tiere, und alles gehört Jakob. Er schafft es, eine eigene Herde aufzubauen.
Doch Laban denkt, er müsse den Vertrag ändern. Er ändert ihn erneut, und obwohl die Gesetze für männliche Tiere anders gelten, bringt es jedes Mal Jakob Vorteile. Der Mann wird immer reicher.
Jakob bleibt jedoch Jakob. Er wendet unkonventionelle Züchtungstricks an: Er nimmt verschiedene Zweige von Bäumen, schält die Rinde so ab, dass sie weiß sind, und will damit die Herde besonders brünstig machen. Er denkt, er sei ein ausgefeilter Züchter. Doch all diese Tricks nützen nichts. Es ist allein die Hilfe Gottes, die die Zucht so lenkt, dass alles zugunsten von Jakob verläuft. Jakob steht unter dem Segen Gottes und wird immer reicher.
Ich lese 30,42: „Also wurden die Schwächlichen dem Laban und die Kräftigen dem Jakob. Der Mann breitete sich sehr aus, und er bekam viele Herden, Mägde, Knechte, Kamele und Esel. Da hörte er die Worte der Söhne Labans, die sprachen: ‚Jakob hat alles genommen, was unserem Vater gehörte.‘“
Gott hat es so geführt, dass Jakob durch den Betrüger Laban gesegnet wird. Doch in dieser Familiengeschichte sehen wir auch Gottes Urteil und Fluch über die Polygamie, die Vielweiberei. Diese finden wir zum ersten Mal in der Bibel bei dem gottlosen Mörder Lamech in 1. Mose 4,19. Dort heißt es erstmals: „Lamech nahm sich zwei Frauen.“
Die Geschichte von Jakob ist ein eindrücklicher Beweis dafür, wie sehr Polygamie ein Fluch ist und wie sie Familien in Streitigkeiten führt. Diese Realität besteht bis heute, nicht in Europa, aber in Missionsländern.
Ich war im Oktober in Tadschikistan. Dort ist in der Gemeinde jemand zum Glauben gekommen, der zwei Frauen hat. Was soll man mit so jemandem tun? Es ist tragisch, wie das läuft: Er lebt bei seiner Lieblingsfrau mit den Kindern, die andere Frau lebt an einem anderen Ort mit ihren Kindern. Er besucht sie nur. Wer noch mehr Frauen hat, macht von Haus zu Haus Besuche. Das ist eine Katastrophe.
Solche Fälle gibt es auch in Afrika. Ein Gläubiger hat zehn Frauen. Wie geht man damit um? Früher sagten Missionare oft, er müsse alle Frauen bis auf die erste wegschicken. Doch was geschah dann? Die anderen Frauen waren sozial chancenlos und viele gerieten in die Prostitution. Das ist nicht der richtige Weg.
Diese Frauen sind in Ehen, niemand kann sagen, Jakob lebte in Hurerei. Hurerei bedeutet Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe. Aber sie hatten mehrere Ehen, und so müssen sie ihre Frauen behalten. Sie können jedoch nicht in Gemeinden Ältestenverantwortung übernehmen, denn in 1. Timotheus 3 heißt es: „Ein Ältester soll der Mann einer Frau sein.“ Das ist klar. Das Zeugnis nach außen muss stimmen.
Dieses Problem gab es damals und es gibt es noch heute. Heute gibt es ein ähnliches Problem, wenn Frauen nacheinander, nicht gleichzeitig, verheiratet sind. Ein Beispiel: Ein Mann in Deutschland kam zum Glauben, war viermal verheiratet und sagte kürzlich, das sei der Grund, warum er keinen Mercedes fährt, sondern einen Audi – mit vier Ringen hinten drauf.
Das ist die konkrete Situation, mit der Gemeinden heute konfrontiert sind. Polygamie ist ein furchtbarer Fluch, den Gott hasst. Aber wir können sie nicht mit Unzucht gleichsetzen und nicht einfach sagen, alle Frauen müssen weg.
Nun zu Kapitel 31: Plötzlich erhält Jakob von Gott den Befehl aufzubrechen. Der Herr spricht zu ihm: „Kehre zurück in das Land deiner Väter und zu deiner Verwandtschaft, ich will mit dir sein.“
Nach zwanzig Jahren sagt Gott nun: „Jetzt ist die Zeit, ins Land der Väter zurückzukehren.“ Die Geschichte Jakobs spiegelt die Geschichte Israels wider. Das Volk Israel wurde wegen seiner Untreue zerstreut, denn sie haben, so sagt Petrus, den Gerechten verleugnet und den Mörder verlangt (Apostelgeschichte 2,14): „Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und gebeten, dass euch ein Mann, der ein Mörder war, geschenkt würde. Den Urheber des Lebens habt ihr getötet.“
Sie haben den Messias verleugnet und wurden deshalb aus Kanaan vertrieben. Sie erlebten tragische Zeiten unter den Völkern. Doch dann kam Gottes Ruf: „Gehe zurück, kehre zurück in das Land deiner Väter.“
Ab 1882 begann die erste Einwanderungswelle von Juden aus Russland, weitere folgten. Das 20. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Rückführung – nicht nach zwanzig Jahren, sondern nach zweitausend Jahren. So kehrte das jüdische Volk in das Land der Väter zurück.
Jakob kam nach Kanaan. Die große Drangsal und Hungersnot, die ihn nach Ägypten führen, stehen noch aus. Doch zuerst muss er ins Land zurückkehren. Die große Drangsal wird Israel im Land noch bevorstehen.
In 31,4 und folgenden Versen spricht Jakob über seine Zeit bei Laban. Es wird deutlich, wie er all das Leid und die Ungerechtigkeiten als Zucht Gottes akzeptiert. Er beugt sich darunter. Es gibt keine Verbitterung gegenüber Gott, sondern die Akzeptanz, unter Gottes Zucht zu stehen. Das ist wichtig für Jakobs Weiterentwicklung.
Doch die weiteren Verse, besonders 20 und 21, zeigen, dass Jakob noch zu wenig Glauben hat. Er gehorcht Gott, flieht aber nachts – eine Nacht-und-Nebel-Aktion mit seiner ganzen Familie.
In 31,19 und 30-37 lesen wir, dass Rahel die Hausgötzen, die Therafim, stahl. So verließ die Familie Laban. Als Laban das merkt und die Götzen gestohlen sind, jagt er ihnen nach.
Doch Gott erscheint Laban im Traum und sagt ihm: „Tu Jakob nichts an.“ Laban steht unter Gottes Schrecken. Er hätte gerne gerecht gehandelt und fragt: „Warum hast du meine Hausgötzen gestohlen?“
Als Europäer fragen wir uns heute: Warum machten sie so ein Drama um diese Hausgötzen? Die Archäologie zeigt, dass im zweiten Jahrtausend vor Christus der Besitz der Hausgötzen das Erbrecht sicherte. Rahel hat sie also gestohlen und Jakob damit das juristische Recht gegeben, Labans Besitz zu erben.
Das erklärt die Dramatik und Aufregung. Jakob sagt, er wisse nichts davon, und fordert Laban auf, alles zu durchsuchen. Wer die Götzen besitzt, soll sterben.
Rahel, seine Lieblingsfrau, sitzt auf einem Kamel und sagt: „Entschuldige, ich kann nicht absteigen, mir ist schlecht.“ Sie versteckt die Götzen. Damals war das etwas komplizierter, es gab nicht so gute Einrichtungen wie heute.
Laban findet nichts und muss sich mit einem Vertrag begnügen. In Vers 45 wird das Abkommen mit einem Stein besiegelt. Jakob nimmt einen Stein und richtet ihn als Denkmal auf. Dort wird das Bündnis mit Laban geschlossen.
Wir finden hier Jakobs zweiten Stein, der erneut zeigt: Gott war bis zu diesem Zeitpunkt treu. Trotz Jakobs Untreue schützte Gott ihn und sorgte sogar dafür, dass Laban einen Bund mit Jakob schloss.
Jakobs Begegnung mit Gott und die Namensänderung in Israel
Kapitel 32
Jakob ist auf dem Weg nach Kanaan. Nun muss er damit rechnen, seinem Bruder Esau zu begegnen. Er hat große Angst, nach zwanzig Jahren wieder auf ihn zu treffen, aus Furcht, dass Esau ihn töten könnte. Doch Gott ist gut und lässt ihm eine Vision sehen.
In Vers 1 heißt es: „Und Jakob zog seines Weges, und es begegneten ihm Engel Gottes.“ Als Jakob diese Engel sah, sagte er: „Dies ist das Heerlager Gottes.“ Daher gab er diesem Ort den Namen Machanaim. Das Wort „Machane“ bedeutet auf Hebräisch „Lager“ oder „Heerlager“. „Machanaim“ ist ein Doppellager, was bedeutet, dass er dort zwei Engel-Divisionen gesehen hat. Gott macht Jakob Mut und zeigt ihm, dass er keine Angst haben muss. Die Engelmächte Gottes stehen auf seiner Seite.
Trotzdem hat Jakob weiterhin Angst und vertraut immer noch auf seine eigenen Tricks, wie wir in diesem Kapitel sehen. Er richtet erneut eine kluge Strategie ein, um sich vor Esau mehr Sicherheit zu verschaffen. Er bleibt der Trickser, der der göttlichen Macht mit seiner eigenen Schlauheit nachhelfen will. Positiv ist jedoch, dass sein Vertrauen zu Gott auch im Gebet zum Ausdruck kommt.
In Vers 9 spricht Jakob sehr bewegend: „Gott meines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak, Herr, der du zu mir geredet hast: Kehr zurück in dein Land und zu deiner Verwandtschaft, und ich will dir Wohltun. Ich bin zu gering all der Gütigkeiten und all der Treue, die du deinem Knecht erwiesen hast. Denn mit meinem Stab bin ich über diesen Jordan gegangen, und nun bin ich zu zwei Zügen geworden. Rette mich doch von der Hand meines Bruders, von der Hand Esaus!“
Jakob erkennt also, dass er Gottes Güte erlebt hat, obwohl er sie nicht verdient hat. Er vertraut Gott, doch die Angst bleibt. So ist es auch bei uns: Wir vertrauen und haben trotzdem manchmal Angst.
Dann folgt das eigenartige Erlebnis in Pniel (Verse 22-32). Jakob steht nachts auf und begegnet einem fremden Mann. Er greift ihn an und kämpft mit ihm die ganze Nacht. Dieses Ereignis markiert eine große geistliche Wende in Jakobs Leben. Der Mann kämpft, kann Jakob aber nicht überwinden.
Schließlich sagt der Mann: „Lass mich los, ich muss jetzt gehen.“ Jakob fragt nach seinem Namen, doch der Mann nennt ihn nicht. Stattdessen sagt er zu Jakob: „Du sollst jetzt nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel.“ (Vers 28)
Der Name „Israel“ bedeutet „Kämpfer Gottes“, denn Jakob hat mit Gott und Menschen gerungen und hat gesiegt. Danach segnet der Fremde Jakob und geht. Jakob wird jedoch unheilbar an der Hüfte verletzt.
Diese Verletzung trifft nicht irgendwo, sondern an der Hüfte, einem Symbol für männliche Kraft. Jakob wird dadurch unheilbar verletzt, damit er lernt, nur noch von Gottes Segen abhängig zu sein – nicht mehr von seiner eigenen Kraft und seinen Tricks.
Nun trägt er den Namen Israel, den „Kämpfer Gottes“, anstelle von Jakob, dem „Betrüger“. Er erhält hier den vierten messianischen Segen (Vers 29). Jakob hat mit Gott gekämpft, und Gott zeigt ihm damit: Jetzt, wo Jakob unheilbar verletzt ist und eigentlich ein schwacher Mann wird, ist er zum Sieger geworden.
Das erinnert an 2. Korinther 12, wo Paulus von seinem Leiden spricht und sagt, der Herr habe zu ihm gesagt: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ Auch Jakob musste diese Erfahrung machen. Er wird zum Sieger, indem er nicht mehr auf seine eigene Kraft vertraut.
Das bringt die Wende in seinem Leben. „Pniel“ bedeutet „Angesicht Gottes“, weil Jakob hier Gott in der Nacht begegnet ist.
Die Begegnung mit Esau und die Folgen für Jakob
Kapitel 33 – Das, was nach der Pause kommt
Wir kommen zu Kapitel 33, in dem Jakob Esau tatsächlich nach zwanzig Jahren begegnet. Seine Haltung gegenüber seinem Bruder Esau ist jedoch kriecherisch und beschämend. Schließlich geht er gar nicht nach Edom zu Esau.
Er trifft ihn im Vorfeld und sagt, dass er nicht so schnell gehen kann. Esau bietet an, dass ein paar seiner Soldaten mit Jakob gehen könnten. Doch Jakob lehnt ab und meint, es gehe auch ohne. Danach zieht Jakob einfach ins Land Kanaan und hat nichts mehr mit Esau zu tun.
Sein Verhalten ist sehr schleichend und kriecherisch. Er spielt seinen Bruder hoch, was beschämend ist. Das ist wieder ein Tiefpunkt in seinem Leben.
Schließlich kommt Jakob in Vers 17 nach Sukkot. Dort baut er sich ein Haus, und für sein Vieh errichtet er Hütten. Er siedelt sich dort an. Danach geht er nach Sichem, wo er noch ein Feld kauft.
Doch er kehrt nicht nach Bethel zurück – zu diesem wichtigen Ausgangspunkt, an dem Gott ihm so eindrücklich begegnet ist, im Haus Gottes. Dort kehrt er nicht wirklich nach Hause zurück.
Wir haben doch vorhin so schön in diesem Lied gesungen, wie wir in all der Unstabilität des Lebens in Gott wirklich Zuflucht, Sicherheit und Festigkeit finden können – ein Nach-Hause-Kehren.
Man kann sagen: Jakob ist zwar nach Kanaan angekommen, aber nicht nach Bethel, ins Haus Gottes, zurückgekehrt. Das führt uns dann zu Kapitel 34.
Die Schändung Dinas und die Reaktion der Familie
Dort lesen wir von Dina, dem einzigen Mädchen in der Familie. Sie war natürlich nicht der Hahn im Korb, sondern eher das Huhn im Korb – ein besonderes Mädchen. Es heißt: „Und Dina, die Tochter Leas, die sie dem Jakob geboren hatte, ging aus, die Töchter des Landes zu sehen.“ Dina geht also aus und interessiert sich für die Aufmachung der heidnischen Frauen, vielleicht um gute Tipps zu bekommen. Dabei begegnet sie Sichem, der sich Hals über Kopf in sie verliebt.
Sichem verliebt sich in Dina und vollzieht mit ihr vorehelichen Geschlechtsverkehr. Das löst ein Drama in der Familie aus. Interessant ist, wie der Geschlechtsverkehr hier bezeichnet wird: „Sie wurde geschwächt“ (1. Mose 34,2). Das bedeutet, dass eine Frau durch vorehelichen Geschlechtsverkehr in ihrer Würde geschwächt wird. Die Bibel spricht ganz selbstverständlich über dieses „Schwächen“. In Vers 5 heißt es dann, dass sie entehrt worden ist. Eine Frau verliert dadurch etwas von ihrer Würde.
Noch stärker ausgedrückt wird es in 1. Mose 34,7: „Es ist da eine Schandtat in Israel verübt worden.“ Interessant ist, dass diese Großfamilie bereits als Israel bezeichnet wird – mit diesem neuen Namen aus Pniel. Die Brüder sind empört, weil ihre Schwester wie eine Hure behandelt wurde. Für sie ist ganz klar, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr, selbst wenn Liebe im Spiel war, Hurerei bedeutet.
So wie es weiße und schwarze Magie gibt, die beide aus derselben Quelle stammen – dem Reich der Schlange –, gibt es auch Hurerei mit Liebe und ohne Liebe. Doch beides ist Hurerei. In 5. Mose 22,21 finden wir eine ganz interessante Stelle, die ich etwas ausführlicher erläutern möchte. Heute wird auch in evangelikalen Kreisen manchmal die Frage gestellt, ob voreheliche Geschlechtsbeziehungen wirklich Sünde seien. 5. Mose 22,21 macht deutlich: Eine Frau, die geheiratet hat und nicht als Jungfrau in die Ehe gegangen ist, hat ganz eindeutig gehurt.
Vorehelicher Geschlechtsverkehr wird dort mit „Huren“ übersetzt und im Hebräischen so beschrieben. Die griechische Übersetzung, die Septuaginta, die oft im Neuen Testament zitiert wird, verwendet das Wort „Ekpornoio“. Das bedeutet nicht nur „Hurerei begehen“ (Porneia), sondern „sich der Hurerei ergeben“ – also eine sehr starke Bezeichnung.
Deshalb tauchen in vielen neutestamentlichen Stellen wie 1. Korinther 6,18 oder Galater 5,19 die Begriffe „Porneia“ (Hurerei) auf. Das Wort bezeichnet einfach außerehelichen Geschlechtsverkehr, egal welcher Art. Auch Homosexualität wird mit demselben Begriff beschrieben, da sie ebenfalls außerehelich ist.
Vielleicht hilft auch Johannes 4, der Begegnung Jesu mit der samaritanischen Frau am Brunnen. Jesus sagt ihr: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“ Sie war fünfmal verheiratet und lebt jetzt im Konkubinat. Der Herr macht klar, dass dieser Mann nicht ihr Ehemann ist. Das zeigt deutlich, dass damals zwischen Konkubinat und Ehe, die mit einem Vertrag vollzogen wurde, klar unterschieden wurde.
Ich habe noch drei weitere Stellen aufgeführt: Sprüche 2,17, Hesekiel 16,8 und Maleachi 2,18. In allen wird von einem Bündnis gesprochen. Die Ehe wird als ein Bündnis, ein Vertrag zwischen Mann und Frau vollzogen – also nicht einfach ein Zusammenkommen. So lässt sich sehr deutlich aus dem biblischen Text ableiten, wie Gott die Moral sieht.
In 1. Mose 34,13-30 sehen wir, wie Jakobs Söhne, entsetzt über diese Untat, die Hinterlist ihres Vaters fortführen – jedoch mit einem neuen Element, das wir bei Jakob nicht gefunden haben: Gewalt. Sie sagen zu Sichem und seinen Angehörigen: Wenn du wirklich heiraten willst, müsst ihr euch alle beschneiden lassen. Ohne Beschneidung könne es keine Verbindung geben.
Sichem und seine Leute sind bereit dazu, stolz darauf, dass diese Diener nun in ihre Familie kommen. Alle lassen sich beschneiden. Doch gerade in dem Moment, in dem sie geschwächt sind durch die Operation, greifen Jakobs Söhne mit dem Schwert an und töten sie. Eine führende Rolle spielen dabei Simeon und Levi. Über sie kommt später ein Fluch.
In den Segensverheißungen Jakobs in Kapitel 49 distanziert sich der Vater klar von dieser Gewalttat und spricht einen Fluch der Zerstreuung über Simeon und Levi aus. Doch eindrücklich ist, dass Levi einmal ein zerstreuter Stamm sein wird. Später wird dieser Fluch in einen Segen verwandelt. Wer die Geschichte vom Goldenen Kalb kennt, weiß, dass der Stamm Levi Widerstand geleistet hat. Sie ließen sich nicht von der Musik und dem Fest mitreißen, sondern entschieden sich klar gegen den Götzendienst.
Gott bringt über sie einen Segen: Dieser Stamm soll der Priesterstamm werden, anstelle des Erstgeborenen. Der Priesterstamm bekommt im Land Kanaan kein eigenes Territorium, sondern verteilt sich auf verschiedene Städte (siehe Josua 20 und 21). Levi wird zerstreut, aber das wird zum Segen, weil er so den Priesterdienst für Gott ausüben kann. Es ist beeindruckend, wie Gott Fluch in Segen verwandeln kann.
Nach diesem traurigen Kapitel 34 sieht sich Jakob gezwungen, von diesem Ort wegzugehen, wegen des schlechten Rufs, den seine Söhne verursacht haben. In Vers 30 wird er gezwungen, nach Bethel zu gehen. Dort heißt es in Kapitel 35,1: „Und Gott sprach zu Jakob: Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel und wohne dort. Und mach dort einen Altar dem Gott, der dir erschienen ist, als du vor deinem Bruder Esau flohst.“
Nach dieser traurigen Geschichte geht Jakob endlich nach Bethel, um den Kreis zu schließen. In Sichem hatte er zwar auch einen Altar (33,20), aber Gott war ihm dort nicht erschienen. Jetzt erscheint Gott ihm in Bethel und gibt ihm den Aufruf, dorthin zu gehen.
Die Reaktion Jakobs ist interessant. In Vers 2 spricht er zu seinem Haus und allen, die bei ihm sind: „Tut die fremden Götter hinweg, die in eurer Mitte sind, und reinigt euch. Wechselt eure Kleider, und wir wollen hinaufziehen nach Bethel. Dort will ich einen Altar dem Gott machen, der mir geantwortet hat am Tag meiner Drangsal und mit mir gewesen ist auf dem Weg, den ich gewandelt bin.“
Jakob soll also nach Bethel gehen, an den Ort, den er früher als furchtbar bezeichnet hat („Das muss das Haus Gottes sein“). Doch er geht nicht einfach so dorthin. Zuerst muss die ganze Familie aufräumen. Er fordert sie auf, mit Aberglauben, Götzendienst und Okkultismus in der Familie Schluss zu machen.
Das hat Wirkung: In Vers 4 geben sie Jakob alle fremden Götter und die Ringe, die in ihren Ohren waren. Jakob vergräbt sie unter der Terebinthenbaum, der bei Sichem ist. Sie räumen also gründlich auf, sogar die Ohrringe werden abgelegt.
In Vers 5 heißt es: „Und sie brachen auf, und der Schrecken Gottes kam über die Städte ringsum, so dass sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten.“ Dieses entschiedene Aufräumen bringt Gottes Schutz über die Großfamilie. Das ist Gottes Antwort.
In den Versen 6 bis 15 sehen wir, wie Jakob einen Altar baut. Gott erscheint ihm in Bethel und gibt ihm den fünften messianischen Segen. Hier wird sein Name Israel erneut bestätigt: Vers 10: „Dein Name ist Jakob, dein Name soll nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein.“ Israel bedeutet „Gottesstreiter“.
Diese Wende, die wir schon in Pniel gefunden haben, wird nochmals bestätigt. Jakobs geistliches Leben ist nicht einfach schwarz-weiß. Es gab Rückfälle, aber auch Neuausrichtungen. Hier wird in der Familie gründlich aufgeräumt. Jakob heißt nun nicht mehr Jakob, der Betrüger, sondern Israel – und der Name verpflichtet.
Auf dem Weg nach Bethlehem (Verse 16-20) stirbt Rahel bei der Geburt ihres zweiten Kindes, Benjamin. Benjamin wird später in Jakobs Geschichte eine wichtige Rolle spielen. Tragisch verliert Jakob seine erste Liebe Rahel. In Vers 20 richtet Jakob über ihrem Grab ein Denkmal auf – das Grabmal Rahels bis zum heutigen Tag. Das ist der vierte Stein in Jakobs Leben, der eine Station markiert.
Dann folgen zwei traurige Verse (21-22). Ruben, der Erstgeborene, begeht Hurerei mit einer der Frauen Jakobs, Bilha. Das ist verrückt – in der gläubigen Familie kommt es zu Inzest. Ruben verliert deswegen definitiv sein Erstgeburtsrecht. Das wird auch in der Segensprophetie in 1. Mose 49 deutlich.
In dieser dramatischen Szene, in der der alte Jakob von seinen zwölf erwachsenen Söhnen umringt ist, schaut er jedem ins Gesicht und sagt etwas. Einige Gesichter leuchten, andere sind finster. Ruben muss finster geschaut haben, als Jakob sagt (49,3): „Ruben, mein Erstgeborener, bist du meine Kraft und der Erstling meiner Stärke. Überwallend wie Wasser sollst du keinen Vorzug haben, denn du hast das Lager deines Vaters bestiegen und es entweiht.“
Man kann sich die Szene gut vorstellen: Der alte Jakob verurteilt Ruben für seine Tat. Ruben verliert das Erstgeburtsrecht, das stattdessen Joseph erhält. Nicht der Älteste, sondern ein Jünger bekommt den Vorzug.
Später, im Verlauf von 1. Mose 49, sehen wir, dass das Erstgeburtsrecht aufgeteilt wurde: Levi bekam einen Teil, ebenso Juda. Ich werde erklären, was das Erstgeburtsrecht genau umfasst: Priesterdienst, Herrschaft und doppeltes Erbe. Joseph erhielt das doppelte Erbe, weshalb er zwei Stammesanteile bekam – Manasse und Ephraim. Juda wurde der Königstamm, aus dem der Messias kommt. Levi wurde der Priesterstamm. Unter den Söhnen hatte Joseph den besonderen Vorzug.
Abschließend lesen wir in 1. Mose 35,27-29, dass Jakob zu Isaak zurückkehrt. Das muss eine bedeutende Begegnung gewesen sein: Der alte Jakob kehrt zu dem uralten Isaak zurück. Isaak stirbt schließlich im Alter von 180 Jahren und wird von Jakob und Esau gemeinsam begraben.
Die Nachkommen Esaus und das langsame Wachstum Gottes Volk
Wir kommen zu Kapitel 36, in dem beschrieben wird, wie sich die Nachkommenschaft von Esau entwickelt hat. Auch hier sehen wir wieder, dass Jakobs Nachkommen noch als Beduinen lebten, während Esaus Nachkommen schon sehr früh zu einem Fürstentum und später zu einem Königtum aufstiegen – früher als Israel.
Ähnlich war es mit Kain, der eine große Hochkultur aufbaute, während von seinem Bruder Seth nur gesagt wird, dass er die Beziehung zu Gott lebte. Ham war ebenfalls der Sohn, der am frühesten eine Hochkultur entwickelte, noch vor Sem und Japheth.
Wir haben auch gesehen, dass bei Ismael, wie in 1. Mose 25 beschrieben, der Aufstieg viel schneller verlief. Aber wir können sagen: Gottes Wachstum verläuft immer langsamer, doch es währt länger. Oft gilt das Sprichwort: Früh reif, früh verwelkt.
Das zeigt uns, dass wir die Jugend nicht zwingen müssen, schnell erwachsen zu werden. Kinder brauchen Zeit. Was ist passiert? Ist der Sturm vorbei? Ja, wirklich. So kurz kann ich das schon zusammenfassen.
Die Jugend muss nicht schnell zu Erwachsenen herangezogen werden. Sie sollen wirklich Kind sein und sich gesund entwickeln – auch Freude an kindlichen Dingen haben. Unsere Kultur hingegen will die Kinder zwingen, schnell reich zu werden. Auch die sexuelle Entwicklung wird auf dramatische Weise durch aggressive Medien und Werbung forciert.
Hier kann man auch an den Refrain im Hohenlied denken. Dieser Refrain kommt dreimal vor. Es ist ein Liebeslied mit acht Kapiteln, in dem Sulamit, die Geliebte, dreimal zu den Töchtern Jerusalems sagt: „Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, dass ihr nicht wecket noch aufwecket die Liebe, bis es ihr gefällt.“
Sie schwört bei den Gazellen und bei den Hirschkühen, die leicht aufgeschreckt werden. Sie sagt: „Ich beschwöre euch bei den Gazellen und bei den Hirschkühen, dass ihr die Liebe nicht schnell aufwecket, bis es ihr gefällt.“
Dieser Vers sagt ganz deutlich: Die Entwicklung soll nicht schnell gefördert oder in eine bestimmte Richtung gedrängt werden. Darum sollten wir auch ein Gegengewicht schaffen, damit Menschen sich gesund und normal entwickeln können – so wie wir es bei den Auserwählten Gottes sehen. Ihr Wachstum ging zwar langsamer, aber es hielt länger. Es war nicht so wie bei Esau und anderen: früh reif, früh verwelkt.
Ab Kapitel 37 geht die Geschichte von Jakob weiter, wobei nun vor allem die Geschichte von Joseph erzählt wird. Deshalb habe ich hier gestoppt. Beim nächsten Mal werden wir die Geschichte Josephs durchnehmen und damit das Ende von Jakob erleben – auch den Höhepunkt seines Glaubenslebens.
Der alte Mann Jakob, nach all seinen Umwegen, kommt schließlich nach Ägypten. Gott führt ihn zum Ziel. Man muss sich vorstellen: So ein uralter Beduine kommt zum Pharao. Und dann segnet er den Pharao. In der Bibel steht, ohne jeden Widerspruch, segnet der Höhere den Geringeren. Jakob, der Schafhirt und Segenhirt, wusste, dass er größer war als der damalige Pharao und segnete ihn.
Er sagt dem Pharao auch, dass die Tage seiner Fremdlingschaft wenige waren – obwohl er ein bisschen älter geworden war, als wir es werden. Die Tage waren wenige, und viel Böses war da. Ganz am Schluss segnete er alle zwölf Söhne und betete an, gebeugt über der Spitze seines Stabes, im Sterben liegend.
Es ist ein würdiges Ende eines Mannes, der einst hinterlistig, verdorben und verdreht war, aber Gottes Dinge und Pläne liebte. Das hat der Herr gesehen und durch viele traurige Umwege hindurch geführt, bis das Ziel erreicht war. Ein würdiger Jakob betet am Ende seines Lebens an und stirbt als einer, der Gottes Plan erfüllt hat.
Das nächste Mal geht es weiter mit Joseph. Das ist eine der Geschichten, die ich am meisten liebe in der Bibel. In diesen Kapiteln finden wir etwa dreihundert Hinweise auf Jesus Christus. Das ist unglaublich! In all den Details dieser Geschichte steckt ein messianischer Hinweis nach dem anderen auf den kommenden Erlöser.
Wir können uns also auf ein ganz besonderes Thema beim nächsten Mal freuen.