Ich habe die Aufgabe, zu einer sehr ungünstigen Zeit etwas zu sagen. Ihr dürft dabei gerne auch einschlafen, ich habe volles Verständnis dafür.
Ist es richtig, dass es um halb vier Kaffee gibt? Das wurde heute nicht so ganz deutlich angekündigt. Wahrscheinlich ist die Kaffeezeit von halb vier bis halb fünf. Oder habt ihr das irgendwo auf dem Zettel stehen? Ja, okay.
Eine gute Nachricht habe ich auch: Ich habe noch ein paar Offenbarungsbücher gefunden. Es sind jetzt nur noch drei Stück da. Vorher waren es ein paar mehr, vor allem von denen, die schon bezahlt haben. Die müsste ich noch nachschicken. Vielleicht lasst ihr denen den Vortritt, denn sie haben schon bezahlt und freuen sich, wenn sie die Bücher noch mitnehmen können.
Ich möchte zu Beginn noch beten: Herr Jesus, wir bitten dich herzlich, dass du dein Wort sehnest an unseren Herzen. Es wäre schön, wenn du in unsere persönliche Situation hineinsprichst – in meine Situation, in unsere aller Situation. Lass uns erkennen und feststellen, dass du auch in dieser Zeit redest. Nicht nur über Völker oder zukünftige Dinge, sondern auch in unser aktuelles praktisches Leben. Wir bitten dich herzlich darum. Amen.
Ja, es wird vielleicht den einen oder anderen überraschen, dass ich ein Thema gewählt habe, das nicht so sehr die Zukunft betrifft, sondern mehr die Vergangenheit und die Gegenwart.
Ich bin kein Spezialist wie Martin Fedder oder Roger, die alles, was passieren wird, ganz locker aus dem Ärmel schütteln können – insbesondere in Bezug auf Israel und Ähnliches. Ich habe immer gesagt, dass ich, selbst wenn ich eine Freikarte für einen Flug bekommen würde, viel lieber nach China fliegen würde als nach Israel. Denn ich denke, dass man im Reich der Mitte noch viel entdecken, erfahren und erleben kann.
Die ganze Show, die oft mit Israel verbunden ist – und damit meine ich keine Anspielung auf Roger –, die Geschäftemacherei, die Souvenirs und so weiter, ekelt mich ziemlich an. Deshalb bin ich da ein bisschen vorbelastet. Ich bitte um Verzeihung und Geduld, falls ich damit bei einigen auf die Zehen getreten bin.
Mir geht es um Prophetie im Alten Testament, die sehr aktuell ist. Es handelt sich um ein Kapitel, das meiner Meinung nach filmreif ist. Soweit ich weiß, hat noch kein Produzent die Idee gehabt, dieses spannende Kapitel umzusetzen.
Das Kapitel ist so vielseitig, dass ich dankbar bin, drei Vorträge darüber halten zu können. Sonst wäre die Zeit dafür ein bisschen knapp geworden. Ich hoffe, dass ich euch dieses Kapitel auch lieb machen kann.
Bitte schlagen wir gemeinsam die letzten Verse von 1. Könige 12 als Einstieg auf, sowie die ersten Verse aus Kapitel 13. Im Mittelpunkt steht vor allem 1. Könige Kapitel 13, doch zunächst betrachten wir den Einstieg in Kapitel 12.
In 1. Könige 12 wird berichtet, dass Jerobeam Sichem im Gebirge Ephraim baute und dort wohnte. Von dort zog er aus und baute Pnuel. Jerobeam sprach in seinem Herzen: „Nun wird das Königreich an das Haus David zurückkommen, wenn dieses Volk hinaufzieht, um im Hause des Herrn in Jerusalem Schlachtopfer zu opfern. Dann wird sich das Herz dieses Volkes zu ihrem Herrn zurückwenden, Rehabiam, dem König von Juda, und sie werden mich töten und sich zu Rehabiam, dem König von Juda, zurückwenden.“ Dies geschah nach der Reichsteilung.
Daraufhin beriet sich der König und machte zwei goldene Kälber. Er sprach zu dem Volk: „Es ist zu viel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen. Siehe da, Israel, deine Götter, die dich aus dem Land Ägypten herausgeführt haben.“ Er stellte das eine Kalb in Bethel auf und das andere in Dan.
Diese Sache wurde zur Sünde, und das Volk zog von dem einen bis nach Dan. Außerdem baute er Höhenhäuser und machte Priester aus dem ganzen Volk, die nicht von den Kindern Levis waren.
Jerobeam setzte zudem ein Fest im achten Monat am fünfzehnten Tag des Monats ein, ähnlich dem Fest, das in Juda gefeiert wurde. Er opferte auf dem Altar und tat dasselbe in Bethel, indem er den Kälbern opferte, die er gemacht hatte. Er bestellte in Bethel die Priester der Höhen, die er eingesetzt hatte, und opferte am fünfzehnten Tag im achten Monat auf dem Altar, den er in Bethel errichtet hatte – in dem Monat, den er aus seinem Herzen erdacht hatte.
So machte er den Kindern Israel ein Fest und opferte auf dem Altar und räucherte.
Nun kommen wir zur aktuellen Situation in der Geschichte, 1. Könige Kapitel 13, Vers 1:
„Und siehe, ein Mann Gottes kam aus Juda durch das Wort Gottes nach Bethel. Jerobeam stand bei dem Altar, um zu räuchern. Da rief der Mann Gottes mit lauter Stimme vom Altar her durch das Wort des Herrn und sprach: ‚Altar, Altar, so spricht der Herr: Siehe, ein Sohn wird im Hause Davids geboren werden, Josia wird sein Name sein. Er wird auf dir die Priester der Höhen schlachten, die auf dir räuchern, und man wird Menschengebeine auf dir verbrennen.‘“
Am selben Tag gab er ein Zeichen und sprach: „Dies ist das Zeichen, das der Herr geredet hat: Siehe, dieser Altar wird zerreißen, und die Fettasche, die darauf ist, wird verschüttet werden.“
Als der König das Wort des Mannes Gottes hörte, der vom Altar in Bethel aus gerufen hatte, streckte Jerobeam seine Hand vom Altar herab aus und sprach: „Greift ihn!“ Da verdorrte seine Hand, die er ausgestreckt hatte, und er konnte sie nicht wieder an sich ziehen.
Der Altar riss, und die Fettasche wurde vom Altar verschüttet, gemäß dem Zeichen, das der Mann Gottes durch das Wort Gottes gegeben hatte.
Darauf antwortete der König und sprach zu dem Mann Gottes: „Bitte, bete zum Herrn, deinem Gott, für mich, dass meine Hand wieder gesund werde.“
Der Mann Gottes betete zum Herrn, und die Hand des Königs wurde wieder gesund und war wie zuvor.
So weit zunächst. Die Fortsetzung folgt nach dem Kaffeetrinken.
Bevor ich jetzt in diese dramatische Situation einsteige, möchte ich noch ein paar Gedanken teilen, die mir wichtig geworden sind. Im Kapitel 13 finden wir drei Tarnkappen des Teufels. Im Neuen Testament erfahren wir, dass der Teufel in verschiedenen Gestalten versucht, uns zu verführen und zu schaden.
Einmal tritt er auf wie ein brüllender Löwe. Ich zitiere aus 1. Petrus 5,8-9, einen Vers, den ihr sicherlich alle gut kennt: „Seid nüchtern und wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.“
Wenn ich in den vergangenen Jahrzehnten mit meinen Kindern im Zoo war und wir an das Raubtierhaus kamen, wurde man schon 20, 30 oder 40 Meter davor sehr ernst und betroffen, wenn man die Löwen brüllen hörte. Besonders dann, wenn es bald etwas zum Fressen gab, waren sie sehr unruhig. Dieses Brüllen drang durch Mark und Bein – daran kann ich mich gut erinnern.
Ein brüllender Löwe ist unmissverständlich laut und von Weitem zu hören, klar erkennbar. Ganz anders als im Affengehege, wo ein Affe seine Hand herausstreckt und ein paar Erdnüsse, eine Banane oder eine Möhre erhofft. Der Löwe braucht nichts zu bitten. Es geht ihm auch nicht um Anerkennung oder darum, gestreichelt zu werden. Er hat nur eine Absicht: verschlingen, töten, beseitigen.
Das ist Satan in dieser Tarnkappe, in dieser Verkleidung. Er zeigt sich ungeschminkt und setzt rohe Gewalt ein, um Christen einzuschüchtern, zu vertreiben oder zu töten. Seine Taktik ist immer Drohung, Demonstration der Stärke, Angst und Furcht zu verbreiten. Er gaukelt uns Nachteile vor, wenn wir nicht auf ihn eingehen. Er droht mit Schlägen, Folter und Tod – ein Angriff auf Leib und Leben.
Die zweite Tarnkappe ist die der listigen Schlange. Paulus schreibt in 2. Korinther 11,3-4: „Ich fürchte aber, dass etwa wie die Schlange Eva verführte, auch euer Sinn verderbt und abgewandt werde von der Einfalt gegenüber dem Christus.“
Hier zeigt sich Satan nicht mit roher Gewalt, sondern als listige Schlange. Er schleicht sich leise und unbemerkt heran, flüstert. Wir denken an die Szenen im Garten Eden, an das Schmeicheln. Es ist ein Angriff auf unsere Gedanken und unsere Gesinnung. Das Ziel ist, wie Paulus schreibt, dass unsere Gedanken verdorben werden und wir uns von der Einfalt gegenüber Christus abwenden.
In dieser Tarnung tritt er als menschliche Vernunft auf und greift unser Denken und unsere Gesinnung an. Es ist Verführung zu Hochmut, Eitelkeit, Ehrsucht und Selbstliebe. Ich denke, wir alle haben Erfahrungen mit dieser Taktik der listigen Schlange gemacht.
Ich habe mir zum Jahresbeginn angewöhnt, für das kommende Jahr jeden Tag ein besonderes Gebet zu sprechen – zusätzlich zu den üblichen Gebeten. Es ist der letzte Vers aus Psalm 119, Vers 11, wo David betet: „Lass die Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, Herr, mein Fels und mein Erlöser!“
Denn ich weiß, wie der Teufel als listige Schlange versucht, meine Gesinnung, mein Nachdenken und meine Lebenseinstellung zu beeinflussen und zu verändern. Die listige Schlange ist eine gefährliche Sache.
Die dritte Tarnkappe ist der Engel des Lichts. Paulus schreibt in 2. Korinther 11,13-15 aus eigener Erfahrung, dass es falsche Apostel gibt, scheinbare Diener der Gerechtigkeit, falsche Christusse, falsche Brüder und falsche Propheten.
Das ist die Verkleidung des Teufels, wenn er als Engel des Lichts kommt – im Mantel der Geistlichkeit und Frömmigkeit. Er gebraucht Bibelverse, gibt angebliche göttliche Offenbarungen von sich und erhebt Anspruch auf geistliche Autorität.
Morgen früh werde ich etwas über eine neue Bewegung sagen, die „Neue Apostolische Reformation“, die sich inzwischen auch hier in Deutschland ausbreitet. Es handelt sich um Männer, die von sich behaupten und beanspruchen, Apostel zu sein – mit apostolischer Kraft und Autorität. Sie beanspruchen nicht nur Verantwortung für eine Gemeinde oder einen Bezirk, sondern weltweit. Sie erwarten absoluten Gehorsam und treten mit einer enormen Autorität auf. Leider fallen viele darauf herein.
Das ist ein Angriff auf unseren Geist und unser geistliches Leben. Es ist Verführung durch Irrlehren und dämonische Lehren, um uns für außerbiblische Offenbarungen zu öffnen und uns vom geschriebenen Wort Gottes abzuziehen.
Wenn wir an diese drei Tarnkappen oder Verkleidungen des Teufels denken, merken wir, dass sie unterschiedliche Bereiche angreifen:
Erstens ist da der Angriff auf unseren Leib – der Löwe steht für Körperlichkeit, Sexualität und Ähnliches.
Zweitens die Schlange, die einen Angriff auf unsere Seele führt – unsere Emotionen, unser Gemüt, unsere Eitelkeit und unsere Gesinnung.
Und drittens der Engel des Lichts, der einen Angriff auf unseren Geist darstellt.
Deshalb finden wir in der Bibel, insbesondere im Neuen Testament, immer wieder den Aufruf zur Nüchternheit und Wachsamkeit.
Interessant ist das letzte Gleichnis, das Jesus im Markus-Evangelium erzählt, kurz bevor er mit den Jüngern nach Gethsemane geht: „Wachet und betet!“ (Markus 14,38) und zuvor in Kapitel 13, Vers 37 das letzte Gleichnis mit den Worten: „Darum wacht und betet!“
Wachsamkeit und Gebet sind also äußerst wichtig. Das waren Jesu letzte Anweisungen an die Jünger, bevor er mit ihnen nach Gethsemane ging. Und dieser Aufruf setzt sich in den Schriften der Apostel und Propheten im Neuen Testament fort.
Im Alten Testament finden wir einige Geschichten, die die Taktiken des Teufels veranschaulichen. Heute geht es jedoch nur um ein einziges Kapitel: Erste Könige Kapitel 13. Dieses Kapitel ist besonders interessant, da es einen Tag im Leben eines Mannes beschreibt – wahrscheinlich etwa zwölf Stunden – in denen alle drei Taktiken des Teufels deutlich werden. So können wir diese gut erkennen.
Dieser Text eignet sich ideal für drei Vorträge. Ich hoffe, dass ich zeitlich hinkomme. Ich verspreche, den ersten Vortrag einigermaßen pünktlich um halb vier zu beenden, da ja alle gerne Kaffee trinken wollen – ich auch. Danach machen wir dann weiter.
Besonders bemerkenswert ist, dass wir hier ein langes Kapitel über einen Tag im Leben eines Mannes Gottes haben, dessen Name jedoch nicht genannt wird. Wir erfahren seinen Namen nicht. Es ist ein Mann ohne Namen, aber mit einem wunderschönen Titel: Mann Gottes.
Manche Kapitel im Alten Testament enthalten in wenigen Versen oder sogar in nur einem Kapitel riesige Zeitabschnitte, die komprimiert sind. Roger hat dazu viel gesagt und wird das auch noch tun. Hier hingegen erleben wir sehr detailliert etwa zwölf Stunden im Leben dieses Mannes Gottes. Das ist sehr, sehr interessant.
Er ist jedoch nicht allein in dieser Geschichte, sondern es treten zwei Propheten auf. Manchmal wird der Hauptprophet in diesem Kapitel als „junger Prophet“ bezeichnet, obwohl das nirgendwo ausdrücklich steht. Man könnte es aber annehmen, denn der andere Prophet, der später erscheint – morgen früh bei uns –, ist ein alter Prophet. Vielleicht dürfen wir das so sagen: der junge Prophet und der alte Prophet im Gegensatz zueinander.
Die Bibel vermittelt uns viele Lektionen durch solche Gegenüberstellungen. Das ist besonders deutlich in den Evangelien, aber auch im Alten Testament finden wir Kapitel, die scheinbar gegensätzlich oder ergänzend sind. Diese Gegenüberstellungen regen zum Nachdenken an. Das finde ich immer sehr spannend.
In Kapitel 12 werden uns zwei Könige vorgestellt. Aus zeitlichen Gründen möchte ich darauf jetzt nicht näher eingehen. Es handelt sich um den Sohn Salomos, den Nachfolger Rehabeam, und um einen Knecht Salomos, Jerobeam, der auch in Kapitel 13 wieder auftaucht.
In Kapitel 13 hingegen sind es nicht zwei Könige oder Herrscher, sondern zwei Propheten, die miteinander verglichen werden. Ich hoffe, dass wir daraus viel lernen können.
Von Rehabbiam, dem König von Juda, lesen wir in Kapitel 12, dass er sich Gedanken darüber machte, wie er mit dem Volk Juda umgehen sollte. Er suchte Rat bei verschiedenen Menschen, bei seinen Freunden und Mitarbeitern, einmal bei den Alten, einmal bei den Jungen. Wir wissen alle, dass er letztlich auf den Rat der Jungen hörte. Das war für ihn und auch für das Volk verderblich.
Von Rehabbiam erfahren wir, dass er dem Rat seines Herzens folgte (Kapitel 12, Vers 26). Er beriet sich zwar, doch wir wissen nicht genau mit wem. Sein eigenes Herz spielte dabei eine große Rolle. Beide, Rehabbiam und Jerobbiam, waren eine Katastrophe für das Volk Israel. Die Folge war die erste große und folgenschwere Trennung im Volk Gottes: Juda und Benjamin mit der Hauptstadt Jerusalem und dem Tempel unter König Rehabbiam, und Israel mit den zehn Stämmen und der Hauptstadt Samaria unter König Jerobbiam.
Wenn man die Geschichtsbücher im Alten Testament liest und auch in den Propheten, findet man immer wieder Hinweise auf die Sünde Jerobbiams. Es heißt oft, dass man "an den Sünden Jerobbiams hängen blieb". Das ist im Alten Testament sprichwörtlich geworden.
Was war die Sünde Jerobbiams? Ein Bibelausleger bringt es treffend auf den Punkt: Dieser Satz wird in schauriger Monotonie immer wiederholt – er blieb hängen an den Sünden Jerobbiams.
Wir haben das kurz überflogen, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Jerobbiam stellte zwei goldene Kälber auf, eines in Dan und eines in Bethel. Diese Orte lagen an den äußersten Grenzen des Reiches: Dan im Norden an der Grenze zu Syrien (Damaskus) und Bethel im Süden an der Grenze zu Juda, nicht weit von Jerusalem entfernt.
Diese Kälber erinnern an die Sünde Aarons im 2. Buch Mose, als er das goldene Kalb oder den Jungstier bildete und sagte: "Das sind deine Götter, die dich aus Ägypten geführt haben." Die goldenen Kälber spielten schon im frühen Leben Israels eine große Rolle. Sie symbolisieren einerseits Opfertiere, wertvolle Opfer, die Gott gebracht werden. Das wird im 3. Buch Mose beschrieben.
Gleichzeitig sind sie, wenn sie aus Gold gefertigt sind, eine Mischung aus biblischem Opfertier und heidnischem Symbol für Fruchtbarkeit und Erfolg. Das goldene Glänzen ist attraktiv und spricht die Sinne an. So versuchte Jerobbiam, eine Verbindung herzustellen: eine Erinnerung an biblische Prinzipien und Opfertiere, aber auch etwas, das äußerlich gefällig und anziehend für das Volk war.
Jerobbiam hatte Sorge, weil er nicht in Jerusalem war und keinen Tempel besaß, sondern in Samaria lebte. Er fürchtete, dass die treuen Israeliten bei den Festen nach Jerusalem ziehen und vielleicht sogar ihren Wohnort wechseln würden, weil dort mehr Frömmigkeit herrschte – biblische Frömmigkeit, wie man sagen kann. Er wollte sein Volk in Samaria behalten.
Rehabbiam hingegen begann eigentlich gut (Kapitel 12). Er war ein fleißiger und offenbar intelligenter Mann, der auch Verheißungen erhalten hatte. Doch weil er sich in seinem Herzen beraten ließ und mit Mitarbeitern sprach, kam er auf die Idee, dem Volk einen Gottesdienst anzubieten, der an Jerusalem erinnert, aber auch sehr angenehm für die Sinne ist.
Zum einen war es nicht so anstrengend, wie der weite Weg nach Jerusalem zum Tempel. Zum anderen war es wahrscheinlich ein Versuch, eine neue Toleranz unter den Israeliten zu fördern. Man könnte sagen, er wollte den Gedanken verbreiten, dass es keine absolute Wahrheit mehr gibt und viele Wege zu Gott führen. Solche Parolen kennen wir auch aus unserer Zeit.
Ein zweiter Punkt war, dass er nicht nur die goldenen Kälber aufstellte, sondern auch Priester aus dem ganzen Volk einsetzte (Kapitel 12, Vers 31). Das war dramatisch, denn diese Priester mussten nicht unbedingt von Levi abstammen. Jeder, der wollte, konnte Priester werden.
Das ist auch heute noch aktuell. In vielen Kirchen, auch in Freikirchen, ist eine Wiedergeburt nicht mehr Voraussetzung für einen geistlichen Dienst. Offensichtlich konnten damals auch Frauen Priesterinnen werden. Die Rollen wurden nicht mehr klar getrennt, und Frauen konnten ebenfalls Priesterdienst tun.
Ein bekanntes Buch der Evangelischen Allianz mit dem Titel "Ohne Unterschied" zeigt deutlich, dass nicht das Geschlecht oder die Abstammung entscheidend sind, sondern die Begabung. Wenn Schwestern begabt sind, können sie ihre Gabe einbringen. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle mehr.
Dies ist uns heute gut bekannt, aber dennoch sehr tragisch.
Ein dritter Punkt: Jerobbiam veranstaltete ein Fest, wahrscheinlich ähnlich dem Laubhüttenfest, aber einen Monat später. Er bot dem Volk etwas an, das an die Tradition der Israeliten erinnert, aber verändert wurde, um das Volk bei sich zu behalten.
Er ließ auch einen neuen Altar bauen, den er aus seinem Herzen erdacht hatte. Das ist interessant: Nicht mehr das Wort Gottes entscheidet, sondern die eigenen Gedanken und Eindrücke. Gottesdienst nach eigenen Vorstellungen, nicht nach Gottes Plan.
Der Gottesdienst war attraktiv und bedürfnisorientiert, nach dem Geschmack des Volkes. Roger hat gestern schon daran erinnert, dass bedürfnisorientierte Gottesdienste heute oft praktiziert werden. Beispiele sind der ICF, manche charismatische Gemeinden und Pfingstgemeinden, aber auch viele Freikirchen, die auf diesen Zug aufgesprungen sind.
Ich liebe einen Autor, der auch eine Art Prophet war. Er heißt Toser. Ich weiß nicht, ob ihr ihn kennt. In unserem Verlag haben wir Bücher von ihm veröffentlicht, die kaum jemand kauft. Diese dürfen wir jetzt sehr günstig anbieten. Es ist so herzerfrischend, wie dieser Mann schreibt.
Da ist zum Beispiel das Buch von Toser mit dem Titel „Gebt mir dein Herz zurück – was der Christenheit verloren ging“. Wir haben eine große Auswahl an frommen Versammlungen, doch nur sehr selten ist Gott wirklich in unserer Mitte. Ich würde kniend durch den Dreck warten, nur um eine Gruppe zu treffen, in der niemand eine Show abzieht und in der allein Gott gegenwärtig ist. Das ist wirklich ein Schrei einer bedrängten Seele, könnte man sagen.
An anderer Stelle hat er einmal geschrieben: „Ich sehne mich nach einer Gemeinde“ oder „Man zeige mir eine Gemeinde, deren einzige Attraktivität Gott ist und nichts anderes.“ Ich weiß nicht, ob wir das so nachsprechen können. Was würde in vielen Gemeinden geschehen, wenn, wie gerade jetzt in Kuba, mal wieder keine Elektrizität da ist? Alles ist abgeschaltet, es klappt nichts mehr. Keine Übertragung, kein Licht, keine Lichtorgel. Die meisten würden ihre Türen schließen, denn genau das war ja das, was angeboten wurde. Damit hat man Leute angezogen. Und wenn das nicht mehr da ist, gibt es keine andere Attraktivität mehr.
Da hilft es auch nicht, wenn oft leicht bekleidete junge Damen, vielleicht auch Schwestern, herumlaufen und ihren Lobpreis mit Tanz und allerlei Kram zelebrieren. Das zieht dann nicht mehr. Eine Gemeinde, deren einzige Attraktivität Christus ist – tja, wenn das in unseren Gemeinden heute wirklich so wäre, wenn wirklich der Herr die große Attraktion und der Anziehungspunkt wäre, was wäre das schön!
„Gott liebt keine Kompromisse.“ Dieser Mann, der in dieser Zeit so deutlich gesprochen hat, ist bereits in den 1950er Jahren des letzten Jahrhunderts heimgegangen. Aber ich kann euch nur empfehlen, wo immer ihr noch Bücher von ihm bekommt – oder auch die beiden jetzt zum Sonderpreis von 3,50 Euro – lest sie und denkt darüber nach.
Ein sehr intelligenter Mann, bibelfest und mit einem brennenden Herzen für den Herrn und für seine Ehre. Toser, geschrieben T-O-Z-I-R.
Ja, das waren diese zwei Könige im Vergleich miteinander, vor allem natürlich Jerobeam. Nun kommen wir zu Kapitel 13, zu den beiden Propheten. In diesem Kapitel wird einer von ihnen als Mann Gottes bezeichnet. Er spielt die Hauptrolle. Der alte Prophet, der im zweiten Teil des Kapitels vorkommt – den haben wir noch nicht gelesen, das werden wir morgen, so Gott will, tun – spielt die tragische zweite Hauptrolle. Der König Rehabeam nimmt hier eigentlich nur eine Nebenrolle ein und ist nicht ganz so wichtig.
Es geht hier um diese beiden Propheten. Das Kapitel beginnt mit den Worten „Und siehe“. Das ist ein Aufruf, aufmerksam zu sein, mit anderen Worten: Jetzt kommt etwas Wichtiges! Macht eure Ohren offen und schaut genau hin, was hier geschieht. Siehe, ein Mann Gottes. Ich finde es so interessant und schön, wie das Kapitel beginnt. Scheinbar war ein Mann Gottes auch damals schon eine Seltenheit. Aber da war einer, mitten inmitten dieser ganzen korrupten Versammlungen.
Wenn wir an unsere heutige Zeit denken, an die Evangelikalen, ist ein Mann Gottes ein großer Kontrast zu dem, was in Kapitel 12 geschildert wird. Sein Name wird nicht genannt, habe ich schon erwähnt. Aber wenn ich richtig gezählt habe, wird er in meiner Elberfelder Bibel in diesem Kapitel fünfzehn Mal erwähnt. Ich hätte natürlich gerne vierzehn Mal gehabt – zweimal sieben, das wäre auch schön gewesen. Aber wenn ich mich nicht verzählt habe, sind es fünfzehn.
Dann wird er noch zweimal zusätzlich in 2. Könige 23 erwähnt, dort ebenfalls als namenloser Mann Gottes. Dazu kommen wir morgen noch. Es scheint so, als wäre das hier wirklich ein Ausrufezeichen für uns alle: Sind wir Männer Gottes, sind wir Frauen Gottes? Und was sind die Kennzeichen eines Mannes Gottes oder einer Frau Gottes?
Ich denke, das wird schon durch die Bezeichnung deutlich: „Siehe, ein Mann Gottes kam aus Juda durch das Wort Gottes.“ Das ist eine ganz wunderbare Charakterisierung dieses Propheten, wahrscheinlich eines jungen Propheten, dieses Mannes Gottes. Ein Mann Gottes oder eine Frau Gottes ist immer auch ein Mann oder eine Frau des Wortes Gottes. Das kann man nicht trennen.
Sind wir Männer und Frauen der Bibel? Wer bestimmt in unserem Leben unser Denken, unser Nachdenken, unsere Gesinnung und unsere Taten? Ein Mann Gottes ist kein Komiker, kein Entertainer, auch nicht in erster Linie ein Musiker. Roger, du wirst es mir verzeihen, wo sitzt er? Ja, da hinten. Wir sind dankbar für deine Musik, aber das ist nicht im Allgemeinen die Musik, die heute aktuell ist, wie wir meinen.
Er ist auch kein Tänzer, kein Schauspieler, kein Lackaffe, wie ich sagen würde, der ganz besondere Kleidung braucht – ob lange Gewänder oder bunte Gewänder, das spielt keine Rolle. Sondern ein Mann des Wortes Gottes.
Wie ihr es von dieser Frühjahrstagung gewohnt seid, stelle ich gerne Biografien vor. Ich glaube wirklich, dass es in unserer Zeit, in der wir so wenig Männer und Frauen Gottes haben, wichtig ist, dass wir uns orientieren. Unsere Vorstellungen und Lebensziele sollten ein wenig justiert werden, gerade durch Biografien von Männern und Frauen der Kirchengeschichte.
Das ist so nötig, damit wir es unseren Kindern und Jugendlichen lieb machen, solche Biografien, die wirklich auch bilden. Damit wir über den Tellerrand hinausschauen und uns neu ausrichten können an Vorbildern, die wir leider heute in unserer Umgebung oft nicht haben. So können wir selbst zu Vorbildern werden.
Ich möchte jetzt nicht allzu viel über Charles Tutt erzählen. Seine Geschichte ist sehr spannend und gerade für jüngere Menschen äußerst interessant. Zum einen war er ein Nationalheld im Cricketsport in England. Er spielte sehr erfolgreich in der Nationalmannschaft zusammen mit seinen Brüdern.
Charles war Millionenerbe. Sein Vater hatte ein enormes Vermögen aus Indien mitgebracht und es an seine Söhne verteilt. Die Familie lebte in unvorstellbarem Reichtum, in einem schlossähnlichen Haus nahe dem Hyde Park in London. Jeder Sohn besaß ein Rennpferd und vieles mehr.
Der Vater kam zum Glauben durch die Predigt von Moody. Die Söhne hatten zunächst Angst, dass es nun sehr streng und muffig in ihrem schönen, großen Haus zugehen würde. Sie hatten Schwierigkeiten mit der Frömmigkeit ihres Vaters, der gleichzeitig auch ein sehr draufgängerischer Mensch war. Doch der Vater starb früh, und die Söhne erhielten im Alter von 26 Jahren ihr Erbe.
Charles Tutt bekam ein riesiges Vermögen, ich weiß nicht genau, wie viele Millionen Pfund es damals waren. Er hätte nicht mehr arbeiten müssen. Er war im ganzen Land bekannt, ein Nationalheld, und konnte sich alles leisten, was er wollte. Doch er kam ebenfalls zum Glauben, wie auch seine Brüder.
Mit den Cambridge Sieben – eine ebenfalls interessante Geschichte – ging er nach China, dann nach Indien und schließlich, im Alter von über fünfzig Jahren, nach Innerafrika, wo seine eigentliche Arbeit begann.
Einen Tag vor seiner Hochzeit lernte er in China eine Schwester von der Heilsarmee kennen. Sie entsprach seinen Vorstellungen von Radikalität in der Nachfolge Jesu. Charles entschloss sich, seine Millionen Pfund dort in China zu verschenken.
Mit diesem Geld wurde unter anderem das Moody-Biblos-Institut gegründet. Georg Müller erhielt einen großen Batzen, ebenso Charles Hatton, nicht Spurgeon, sondern Hudson Taylor für seine China Inlandmission. Auch einige andere aus der Heilsarmee bekamen etwas. Nur ein relativ kleiner Betrag von etwa 20 oder 30 Pfund blieb übrig, den wollte er seiner Frau zur Hochzeit schenken.
Einen Tag vor der Hochzeit hatten sie eine stille Zeit. Charles wollte seiner Frau das Geld als Hochzeitsgeschenk überreichen und fragte sie: „Hast du dich noch an die Andacht gestern oder heute Morgen erinnert, wie der Herr Jesus mit dem reichen Jüngling umgegangen ist und was er ihm gesagt hat?“ Charles antwortete: „Klar, geh hin, verkaufe alles, was du hast, und komm und folge mir nach.“
Daraufhin sagte seine Frau: „Dann wollen wir doch gleich am ersten Tag unserer Ehe damit beginnen, dass wir auch den Restbetrag weggeben und allein auf den Herrn vertrauen. Dann wollen wir sehen, ob der Herr seine Verheißungen hält und uns durchbringt.“
Das haben die beiden dann erlebt. Charles Tutt verzichtete auf Karriere, auf irdischen Reichtum und Geld. Mit seiner Frau vertraute er auf Gott. Es ist wirklich schön zu sehen, wie dieser Mann gelebt hat.
Er war natürlich ein ganz besonderer Typ, ein Draufgängertyp. Vielleicht auch manchmal ein bisschen eigenwillig und eigensinnig – solche Charaktere gibt es oft auch unter Christen. Aber es ist wirklich schön und glaubensstärkend, seine Geschichte zu lesen.
Worauf es mir jetzt ankommt: Im hohen Alter lebte Charles in Innerafrika sehr bescheiden. Er hatte nur eine kleine Hütte und war schon sterbenskrank. Er war über siebzig Jahre alt, ich weiß nicht genau, wie alt er damals war.
Eine seiner Töchter, Pauline – übrigens wurden alle seine Töchter Missionare, geprägt vom Leben der Eltern – wollte Abschied nehmen. Sie musste aus irgendwelchen Gründen nach Europa zurückkehren. Sie besuchte ihren alten, kranken Vater in seiner kleinen Hütte.
Natürlich verabschiedete sich Pauline vor der Abfahrt von ihrem Vater. Charles hatte das komische Gefühl, dass er seine Tochter nicht wiedersehen würde. Betroffen wollte er ihr etwas Wertvolles schenken.
Er schaute sich im Raum um, sah jedoch nur eine alte Dose mit Nesselmilch, darin Bleistifte, ein paar zerlesene Bibeln, seinen Kamm und einige gepflegte Kleidungsstücke – sonst nichts. Er schüttelte den Kopf und sagte: „Meine liebe Pauline, ich würde dir so gerne etwas zum Abschied schenken, aber ich habe bereits alles vor Jahren Jesus geschenkt. Ich habe nichts anderes mehr.“
Kann man den Kindern ein schönes Geschenk machen aus der Erinnerung an einen Vater oder eine Mutter, die alles dem Herrn übergeben hat? Seine Töchter wurden alle entschiedene Missionare.
Das Einzige, was Charles hatte, war ein Bücherbrett, auf dem er jedes Jahr eine neue Bibel brauchte. Nun wirst du vielleicht sagen: Klar, in Innerafrika ist es feucht, deshalb zerfleddern die Bibeln. Das stimmt natürlich auch. Aber Charles war ein Bibelleser.
Auf seinem Büchertisch lagen zwanzig zerlesene Bibeln. Ich weiß nicht, wie viele Bibeln du in deinem Leben gelesen hast. Da werde ich auch ganz still. Ich weiß nicht, ob ich auf zehn oder fünfzehn komme.
Wie schade ist es, wenn es ältere Christen gibt, die eine Bibel mit sich herumtragen, die sie vielleicht schon fünfzig Jahre lang besitzen, aber kaum gelesen haben und die keine Gebrauchsspuren aufweist.
So, jetzt könnte man vieles erzählen. Ich werde euch wahrscheinlich nachher oder morgen wieder von George Whitefield berichten. Er ist einer der wichtigsten, schönsten, bewegendsten und anspornendsten Biografien, die ich kenne. Nach seiner Bekehrung, als Theologe mit 21 Jahren, hatte er schon seinen Abschluss gemacht. Bis an sein Lebensende mit 55 Jahren studierte und betete er jeden Morgen um vier Uhr auf den Knien die Bibel. Das war ein Mann des Wortes Gottes.
Dann können wir ja mit John Wesley fortsetzen, der ebenfalls jeden Morgen um vier Uhr aufstand. Das waren ja Freunde. Georg Müller, der Waisenvater von Bristol, konnte am Lebensende sagen, dass er etwa zweihundertmal die Bibel durchgelesen hat – von Erstemose bis Offenbarung 24, wenn ich mich nicht irre. Ich denke auch an Samuel Lemp, aber die Zeit eilt, und ich habe nicht mehr so viele Minuten.
Es gibt so viele schöne Beispiele, die zeigen, dass Männer und Frauen des Wortes wirklich auch Männer und Frauen Gottes sind. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung. Also lautet die Frage: Sind wir auch durch das Wort Gottes geprägt? Kann man auf uns hinweisen und sagen: Siehe, da ist ein Mann oder eine Frau Gottes? Durch das Wort Gottes kam er nach Bethel. Er kam aus Juda und machte eine lange Reise. Gott hatte ihm beauftragt, das zu tun – ein klarer Befehl. Er sollte weissagen, versweim, und er rief aus wieder den Altar durch das Wort Gottes und sprach: „Altar, Altar, so spricht der Herr“ und so weiter.
Wir sehen, wie dieser Mann wirklich vom Wort Gottes erfüllt und betroffen war. Er hatte keine große Predigt zu halten, sondern eine ganz bestimmte Botschaft bekommen. Und wir sehen, dass dieser Mann gehorsam war. Gott hatte zu ihm gesprochen, und was Gott sagte, war für ihn ein Befehl: Er solle weissagen, aber mit der Einschränkung, keinerlei Gemeinschaft mit dem gottlosen Jerobea zu haben. Das war die Bedingung.
Ich denke, er hat auch gegrübelt und überlegt, was ihn bei dieser Veranstaltung, bei diesem sogenannten Gottesdienst, erwarten würde. Aber Gott hatte befohlen, und er gehorchte. Nicht Gefühle oder andere Umstände bestimmten sein Leben, sondern er war bereit, einen Befehl auszuführen, der möglicherweise mit dem Tod enden könnte. Er überwand alle Menschenfurcht.
Man hat fast den Eindruck – ich kann das nicht mit Sicherheit sagen –, dass er möglicherweise auch an der Einweihung dieses neuen Altars, den er in seinem Herzen erdacht hatte, bereit war zu opfern. Auf jeden Fall waren viele Menschen versammelt. Es herrschte eine Feststimmung und wahrscheinlich eine würdige Atmosphäre, in der der König auftrat, um das Opfer zu bringen und den Altar einzuweihen.
Genau in diese Situation hinein kommt dieser Mann Gottes und sagt das, was Gott ihm gesagt hat. Dabei sehen wir, dass er die Menschenfurcht überwunden hat. Wer Gott fürchtet, fürchtet keinen Menschen – das haben wir oft schon gesagt und gehört. Wer vor Gott steht und die Knie beugt, der kriecht nicht vor Menschen.
Nur ein schönes Zitat von Turter: Leider ist heute der schmeichlerische, katzbuckelnde Geist das moderne Ordensband der Frömmigkeit. Ich wiederhole den Satz noch einmal: Der schmeichlerische, katzbuckelnde Geist ist das moderne Ordensband der Frömmigkeit. So einer war dieser Mann Gottes nicht.
Aber oft sind wir doch so: angepasst, gehemmt, wollen nicht auffallen, nicht negativ auffallen, belebt sein. Das prägt leider auch oft unsere Nachfolge. Und genau das ist das Kennzeichen der heutigen Evangelikalen – eben nicht allein nach dem Wort Gottes, sondern nach dem Mund von Menschen zu leben. Man liebt die Ehre von Menschen, ist harmoniebedürftig. Die Folge ist geistliche Kraftlosigkeit, Anpassungssucht, und man hat nicht den Mut, als Einzelner oder Einzelne gegen die Masse zu stehen und das zu sagen, was Gott gesagt haben möchte.
In England gab es den berühmten König Heinrich VIII. Sein Leben wurde verfilmt, und es gibt zahlreiche Biografien über diesen Mann. Ich weiß nicht genau, wie viele Frauen er hatte – acht oder neun. Wenn ihm eine Frau nicht gefiel oder keinen Sohn gebar, ließ er sie töten und köpfen, um eine neue heiraten zu können. Dadurch geriet er in Streit mit dem Papst, wurde exkommuniziert, und durch ihn entstand schließlich die anglikanische Kirche. Diese unterschied sich in der Theologie von der katholischen Kirche, war aber in den äußeren Ordnungen sehr ähnlich der römisch-katholischen Kirche.
Heinrich VIII. war also ein ganz grausamer Mann, unbeherrscht in jeder Hinsicht, aber auf der anderen Seite auch irgendwie genial. Von ihm wird berichtet, dass er einen Hofprediger hatte – ich spreche den Namen mal auf Deutsch aus: Latimer, Hook oder Huck Latimer. Dieser war ein Reformator in England und prägte die Reformation dort maßgeblich. Er war ein sehr bekannter, wirklich gottseliger Mann.
Es ist eine interessante Mischung, dass gerade so ein gottloser und brutaler König sich ausgerechnet einen so treuen Hofprediger hielt. Die Sünde von Heinrich VIII. war allgemein bekannt: Er wollte unbedingt einen Sohn haben. Doch die Frauen, die er hatte, gebaren keinen Sohn. Deshalb ließ er sie töten, um endlich eine Frau zu bekommen, die ihm einen Sohn gebären würde. Ich weiß gar nicht, ob ihm das letztlich gelang. Auf jeden Fall war seine Tochter die blutige Mary, die ihn beerbte und jede Woche einen englischen Reformator verbrennen oder erdrosseln ließ. Die ganze Geschichte ist schockierend und sehr spannend.
Eines Sonntags hielt Latimer seine Hofpredigt. In den ersten Reihen saßen – wie hier auch – die besonders edlen und verdienten Minister, Angestellten und andere Würdenträger, die aufmerksam zuhörten. Das war immer ein Schauspiel. Latimer hatte den Mut, von der Kanzel die Sünden des Königs beim Namen zu nennen und deutlich zu predigen. Alle saßen vorne in der ersten Reihe, und es herrschte eine gespannte Stille im Saal. Alle hörten aufmerksam zu, auch der König mit seinem dicken Hals.
Nachdem Latimer mit Amen geschlossen hatte, holte der König ihn zu sich und sagte: „Du weißt ja, ich liebe deine kernige Art, aber heute war das doch ein bisschen zu viel. Wenn dir dein Kopf lieb ist, wirst du nächsten Sonntag die Predigt wiederholen und dich öffentlich für das, was du gesagt hast, entschuldigen. Verstanden?“ „Jawohl, Majestät.“
Am nächsten Sonntag war die Kirche übervoll, und alle waren gespannt, was Latimer sagen würde. Er begann seine Ansprache mit einem Selbstgespräch, das er laut vortrug: „Weißt du, vor wem du heute stehst, vor wem du predigst? Das ist Heinrich der Achte, der mächtige König von England, der in der Lage ist, den Kopf kürzer zu machen, wenn du etwas sagst, was ihm nicht gefällt.“ Es herrschte Totenstille, und Heinrich schaute ihn an.
Dann redete Latimer weiter: „Weißt du, wohin du heute stehst? Vor dem Gott des Himmels und der Erde! Wage es nicht, ein Wort zu sagen, das ihm missfällt, denn er hat gesagt, dass er in der Lage ist, deinen Leib in der Ewigkeit zu strafen, wenn du nur etwas sagst, was ihm nicht gefällt.“ Er zitierte eine Bibelstelle aus der Bergpredigt, die ich jetzt nicht mehr genau im Kopf habe.
Anschließend wiederholte er seine Predigt vom letzten Sonntag – nur noch etwas schärfer. „Bedenke, vor wem du stehst!“ Der König kochte innerlich, und alle im Raum waren verlegen. Wahrscheinlich stürmten sie dann nach Hause, ich weiß es nicht.
Heinrich rief Latimer zur Seite und sagte: „Was fällt dir ein, mich hier öffentlich zu blamieren? Weißt du, was jetzt passiert?“ Darauf fiel Latimer vor ihm auf die Knie und sagte: „Das bin ich meinem König schuldig.“ Heinrich hob ihn hoch, nahm ihn in den Arm und sagte: „Wie gut, dass ich einen treuen Untertan habe.“
Das ist doch schön, oder? Deshalb soll man Mut haben, Zeugnis zu geben. Auch solche stockungläubigen Leute wie Heinrich VIII. werden es schätzen, wenn wir ehrlich und aufrichtig sind, vor Gott stehen und Männer und Frauen Gottes sind.
Jetzt habe ich mich um zwei Minuten verspätet. Ich wünsche euch einen schönen Tag und genießt euren Kaffee!
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