Einführung und Kontextualisierung des Jesaja-Kapitels
Wir stehen heute noch bei Jesaja 53. Beim letzten Mal sind wir bis Vers 9 gekommen.
Aus Gründen des Zusammenhangs lesen wir nochmals das ganze Kapitel. Anschließend setzen wir bei den Versen 9 und 10 mit der Auslegung ein. Eigentlich beginnt das Kapitel bereits in Jesaja 52, Vers 13.
Ich lese ab Jesaja 52, Vers 13:
Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln, er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein. Viele haben sich über ihn entsetzt. Sein Aussehen war so entstellt, mehr als das irgendeines Mannes, und seine Gestalt mehr als die der Menschenkinder. Ebenso wird er viele Nationen besprengen. Über ihn werden Könige ihren Mund schließen, denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war, und was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen.
Wer hat unserer Verkündigung geglaubt? An wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden? Er ist wie ein Trieb, der vor ihm aufgeschossen ist, und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht, und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, an dem wir Gefallen gefunden hätten.
Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann, der Schmerzen kannte und mit Leiden vertraut war. Wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir haben ihn nicht geachtet. Doch unsere Leiden hat er getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen.
Wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen. Die Strafe lag auf ihm zu unserem Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.
Wir alle irrten umher wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen eigenen Weg. Aber der Herr ließ ihn treffen für unser aller Schuld. Er wurde misshandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, wie das Lamm, das zur Schlachtung geführt wird. Wie das Lamm, das stumm ist vor seinen Scherern, tat er seinen Mund nicht auf.
Aus Drangsal und Gericht wurde er hinweggenommen. Wer wird über sein Geschlecht nachsinnen? Denn er wurde abgeschnitten vom Land der Lebendigen. Wegen des Vergehens seines Volkes hat ihn Strafe getroffen. Man gab ihm bei Gottlosen sein Grab.
Aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tod, weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Mund gewesen ist. Durch den Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen. Wenn er sein Leben als Schuldopfer eingesetzt hat, wird er Nachkommen sehen. Er wird seine Tage verlängern. Was dem Herrn gefällt, wird durch seine Hand gelingen.
Um der Mühsal seiner Seele willen wird er Frucht sehen. Er wird sich sättigen. Durch seine Erkenntnis wird der Gerechte, mein Knecht, vielen zur Gerechtigkeit verhelfen, und ihre Sünden wird er sich selbst aufladen.
Darum werde ich ihm Anteil geben unter den Großen. Mit Gewaltigen wird er die Beute teilen, dafür, dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod und sich zu den Verbrechern zählen ließ. Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Verbrecher Fürbitte getan.
Die Bedeutung des Grabes und die historische Einordnung der Kreuzigung
Wir haben in Vers 9 die Prophetie in Bezug auf das Grab des Herrn gesehen. Das Grab eines Gesetzlosen wäre die Verbrennung gewesen. Das ist auch der Grund, warum man so wenige Überreste von Gekreuzigten durch archäologische Ausgrabungen gefunden hat.
Ich habe beim letzten Mal bereits erwähnt, dass es nur einen einzigen Überrest von einem Jochanan in Jerusalem gibt, der normal bestattet wurde. Seine Gebeine wurden in einem Ossuarium gefunden, einem kleinen steinernen Sarg. Dies geschah bei Ausgrabungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Straßenbau. Dort entdeckte man eine Grabeshöhle aus dem ersten Jahrhundert mit zahlreichen solchen Ossuarien, darunter eines von einem Gekreuzigten.
Am Fersenknochen war der Nagel der Kreuzigung noch vorhanden und wurde nicht entfernt. Außerdem waren die Unterschenkel zerbrochen – ähnlich wie bei den Mitgekreuzigten in den Evangelien. Nach Johannes wurden ihnen die Beine zerschlagen, um ihren Tod zu beschleunigen, damit sie noch vor Einbruch der Nacht und dem Beginn des Schabbats sterben würden. Die Soldaten schlugen mit einem Hammer zu, sodass sie nicht mehr aufstehen konnten, um die Lunge zu füllen. Nach etwa drei Minuten starben sie. Das war auch bei diesem Jochanan der Fall.
Sonst hat man keine Überreste gefunden, weil man solchen Menschen, die die schlimmste und schändlichste Todesart erleiden mussten, kein Grab geben wollte. Übrigens war es im römischen Recht so, dass römische Bürger nicht gekreuzigt wurden – auch wenn sie schwere Verbrechen begangen hatten. Die Kreuzigung war nur für Menschen der zweiten Klasse vorgesehen, für Barbaren und Unterworfene, die keine römischen Bürger waren.
Das war auch der Grund, warum Paulus nicht gekreuzigt wurde. Im Jahr 66 wurde er durch Kaiser Nero in Rom enthauptet, weil er das römische Bürgerrecht besaß. Petrus hingegen, der zur gleichen Zeit ebenfalls durch Nero in Rom hingerichtet wurde, wurde gekreuzigt – und zwar mit dem Kopf nach unten, wie es überliefert ist.
Der Herr hatte Petrus die Kreuzigung bereits angekündigt. In Johannes 21, als Petrus fragte, was mit Johannes geschehen würde, antwortete Jesus: „Was geht es dich an? Folge du mir nach.“ Dann sagte der Herr zu Petrus, dass er sich früher selbst gegürtet und seine Entscheidungen getroffen hatte, wohin er gehen würde. Doch es würde eine Zeit kommen, in der „ein anderer dich gürten wird, und du wirst deine Hände ausstrecken; ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst.“ Johannes schreibt in Johannes 21, dass Jesus dies sagte, um anzudeuten, welchen Tod Petrus sterben würde, um Gott zu verherrlichen.
Dies nur als allgemeine Hintergrundinformation zur Kreuzigung. Mit dem Tod des Herrn Jesus und dem Speerstich des Soldaten ließ Gott keine weitere Schändung mehr zu. Joseph von Arimathäa, einer der höchsten Priester, stellte sein eigenes Grab dem Herrn zur Verfügung. Wie wir beim letzten Mal gesehen haben, gehörte Joseph zu dem Gremium der Ratsleute, das etwa vierzehn Priester unterhalb des Hohenpriesters umfasste.
Joseph von Arimathäa war ein reicher Mann und stellte sein Grab dem Herrn zur Verfügung. Der Prophet begründet dies damit, dass Jesus kein Unrecht begangen und keine Täuschung in seinem Mund gehabt hatte.
Die Kongruenz von Wort und Tat bei Jesus und die Bedeutung des Leidens
Jawohl, in den Psalmen steht, dass alle Menschen Lügner sind. Das müssen wir anerkennen. Doch einer ist ganz anders: Er hat kein Unrecht begangen und kein Trug war in seinem Mund.
Herr Jesus konnte auch sagen, auf die Frage, wie er sei. Können wir kurz in Johannes 8 nachschlagen? Dort geht es um eine Auseinandersetzung mit den Führern des Judentums damals. Jemand fragte: „Wer bist du?“ Jesus antwortete: „Durchaus das, was ich auch zu euch rede.“
Jesus konnte also sagen, dass das, was er spricht, genau dem entspricht, was er ist. Seine Worte gingen nicht über seine Taten hinaus, sondern waren völlig deckungsgleich. Wir kennen ja den Spruch: „Worte sind da, um Gedanken zu verbergen.“ Aber der Herr konnte sagen, dass er genau das ist, was er spricht – eine völlige Übereinstimmung, eine völlige Kongruenz.
Nun wollen wir zu Vers 10 gehen. Dort sehen wir eine ganz wichtige Seite im Leiden des Herrn, die viel zu wenig beachtet wird, obwohl sie von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Die meisten Menschen wissen, dass der Herr unbeschreibliche Qualen und Schmerzen vonseiten der Menschen erlitten hat. In all diesen Misshandlungen vor der Kreuzigung – das haben wir auch beim letzten Mal etwas besprochen – und durch die Kreuzigung selbst. Das ist unvorstellbar.
Übrigens habe ich schon erklärt, dass ein archäologischer Fund aus Jerusalem deutlich machte, dass die Nägel in den Füßen nicht so vorne in die Fußsohle geschlagen wurden, wie man das auf mittelalterlichen Bildern sieht. Diese Darstellungen sind historisch falsch, was man früher einfach nicht wusste. Der Fund zeigte, dass die Nägel seitlich in die Fersenknochen geschlagen wurden. So hatte der Gekreuzigte den Stamm zwischen den Beinen und war seitlich über die Fersen fixiert.
Das lässt einen natürlich an die erste messianische Prophezeiung in 1. Mose 3 denken, wo Gott zur Schlange, zum Satan sagt: „Der Same wird kommen und dir den Kopf zertreten, und du wirst ihm in die Ferse beißen.“ Die Schlange beißt also nicht, sondern sticht mit dem Giftzahn.
Wie war das mit den Händen? Würde man in die Handfläche hinein nageln, würde unter dem Gewicht des Gekreuzigten das Gewebe dort durchreißen. Das geht nicht. Man müsste also genau im Übergangsbereich zwischen Handfläche und dem Ansatz des Unterarms nageln. Dort ist es stabil.
An dieser Stelle verläuft ein Nerv. Wenn man ihn verletzt, löst das einen der schlimmsten Schmerzen aus, die es überhaupt gibt. So können wir in gewisser Hinsicht verstehen, welche Qualen diese Schmerzen von Seiten der Menschen bedeuteten.
Das göttliche Leiden und die stellvertretende Sühne
Aber was sagt uns nun Vers 10? Dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen. Das, was die Menschen dem Herrn angetan hatten, war keine einzelne Sünde, sondern der Beweis für die Bosheit und Verdorbenheit der Menschheit schlechthin.
In den Stunden der Finsternis, als der Herr am Kreuz war, hat Gott ihn mit unseren Sünden beladen. In seiner Allwissenheit wusste er auch, welche Sünden die Menschen in der Zukunft begehen würden, die an ihn glauben würden. So konnte Gott damals vor fast zweitausend Jahren in seiner Prognose, Allwissenheit und Vorausschau alle Sünden der zukünftigen Gläubigen auf seinen Sohn legen.
Zweitens wurde der Herr zur Sünde gemacht. Das müssen wir unterscheiden.
Lesen wir zuerst 1. Petrus 2. Im Zusammenhang ab Vers 16 geht es um Haussklaven, die von ihren Herren ungerecht behandelt werden. Petrus erklärt, wie bekehrte Sklaven in solchen Situationen gottgemäß, dem Evangelium entsprechend reagieren sollen. In diesem Zusammenhang kommt es zur Belehrung in Vers 21; man liest bis Vers 25: Denn dazu seid ihr berufen, weil auch Christus für uns gelitten und uns ein Vorbild hinterlassen hat, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt.
Hier wird also gesagt, dass wir Gläubige mit Leiden um unseres Glaubens willen rechnen müssen. Der Herr selbst hat das Beispiel gegeben, indem er einen Weg des Leidens vonseiten der Menschen gegangen ist. Darin können wir ihn als Beispiel sehen und in seinen Fußstapfen nachfolgen.
Aber wenn es um die sühnenden, stellvertretenden Leiden geht, können wir ihm nicht folgen. Das wird später im Text deutlich.
Er hat keine Sünde getan, es ist auch kein Betrug in seinem Mund gefunden worden. Das ist ein Zitat aus Jesaja 53 und bezieht sich direkt auf Vers 9.
Weiter heißt es: Als er geschmäht wurde, schmähte er nicht wieder; als er litt, drohte er nicht, sondern übergab es dem, der gerecht richtet.
Auch in den Evangelien wird knapp beschrieben, wie diese Kriminellen gekreuzigt wurden. Die Bibeltexte sind immer sehr zurückhaltend und beschreiben nicht unnötig Dinge, die zur Sensationsbefriedigung dienen könnten.
Wir müssen uns jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Kriminellen bei ihrer Kreuzigung so schrien, wie es keiner von uns ertragen könnte. Nicht nur schrien sie, sie fluchten und drohten mit allem, was ihnen noch möglich war.
Umso mehr muss es einen unglaublichen Eindruck auf die Soldaten gemacht haben, dass der Herr, als er gekreuzigt wurde, nicht drohte und nicht widersprach. Er gab keine Ausdrücke zurück, wenn die Soldaten ihn lästerten.
Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib getragen, auf dem Holz, damit wir den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben mögen. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
Das ist wiederum ein Zitat aus Jesaja 53: „Durch dessen Striemen ihr heil geworden seid.“ Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen, jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu dem Hirten und Hüter eurer Seelen.
Auch hier haben wir wieder eine Anspielung auf Jesaja 53, nämlich Vers 6: „Wir alle irrten umher wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen Weg.“ Er sagt „ihr gingt“, jetzt wendet er es auf die Adressaten des Briefes an: „Denn ihr gingt in der Irre wie Schafe, aber jetzt seid ihr umgekehrt zu dem Messias, der hier Hirte und Aufseher der Seelen genannt wird.“
So müssen wir diese beiden Arten von Leiden unterscheiden: Die Leiden vonseiten der Menschen, denen wir als Gläubige nach dem Beispiel des Herrn folgen können, wie Petrus, der sogar wirklich gekreuzigt wurde, aber durch seinen Märtyrertod Gott verherrlichte (vgl. Johannes 21). Er folgte also dem Beispiel des Herrn.
Wenn es jedoch um den Aspekt geht, dass der Herr unsere Sünden auf dem Holz getragen hat, ist er allein. Es gibt keine Parallele dazu.
Das Unmögliche stellvertretende Opfer im Alten Testament
Im Alten Testament sehen wir einen Moment, in dem man hätte denken können, ein besonders guter oder auserwählter Mensch könnte das Opfer werden. Wo hätte man das fast meinen können? Bei Isaak, dem Sohn des auserwählten Abraham, dem Stammvater des Volkes Israel und Vorfahren des Messias.
Im letzten Moment hat Gott Isaak verschont, um deutlich zu machen: Ein Mensch, der selbst gesündigt hat, kann nicht für Sünder sterben. Es ging darum zu zeigen, dass Abraham in seinem Glauben so weit gekommen war, dass er bereit war, das Höchste, was er hatte, herzugeben, wenn Gott es will.
Das war nicht nur ein Kindhaben. Abraham musste 25 Jahre auf die Verheißung Gottes warten, bis dieser Nachkomme geboren wurde. Mit der Geburt Isaaks wurde klar, wie das Volk Israel, das auserwählte Volk, einmal von ihm abstammen würde. Dann kam die Aufforderung, Isaak zu opfern, obwohl er selbst noch keine Nachkommen hatte.
Doch das war dazu da, deutlich zu machen: Es gibt niemanden, der in den Riss treten könnte. In Hesekiel 22 lesen wir dazu: „Und ich suchte einen Mann unter ihnen, der die Mauer zumauern und von mir für das Land in den Riss treten könnte, damit ich es nicht verderben müsste, aber ich fand keinen.“ (Hesekiel 22,30)
Hier geht es grundsätzlich um den Riss zwischen Gott und Mensch. Weil Gott gerecht ist, muss er die Sünder bestrafen. Im Zusammenhang geht es um das Volk Israel. Gott suchte einen Mann, der in den Riss zwischen Gott und Menschen treten könnte, damit die schuldigen Menschen verschont werden. Denn Gott möchte das Gericht nicht ausüben.
Es besteht ein Konflikt: Gott ist gerecht und muss das Böse bestrafen, aber Gott ist auch Liebe und möchte den Sünder verschonen. Das kann nur durch einen geschehen, der in den Riss tritt. Doch Gott fand keinen.
Wenn wir schon in Hesekiel sind, schlagen wir noch Kapitel 14 auf, Verse 12 bis 14: „Und das Wort des Herrn geschah zu mir: Menschensohn! Wenn ein Land, das ihm zündet, in dem es Untreue begeht, und ich meine Hand gegen es ausstrecke, ihm den Staat des Brotes zerbreche und Hunger hineinsende, und aus ihm Menschen und Vieh ausrotten würde, und diese drei Männer wären in seiner Mitte: Noah, Daniel und Hiob, so würden um ihrer Gerechtigkeit willen nur ihre eigene Seele gerettet werden, spricht der Herr, Herr.“
Hier werden ganz besondere Männer vorgestellt: Noah, der gerecht war unter seinen Zeitgenossen (1. Mose 6), ein Mann, der wirklich gottgemäß vollkommen gelebt hat. Vollkommen heißt hier nicht sündlos, aber sein Leben war geprägt von völliger Hingabe und Gehorsam gegenüber Gottes Geboten. Noah hätte nicht in den Riss treten können.
Dann Hiob, ein herausragender Mann, der in seinem Leben eine unglaubliche Gerechtigkeit bewiesen hatte. Auch er hätte nicht in den Riss treten können.
Und Daniel, ein Mann, von dem in der Bibel keine einzige Sünde berichtet wird. Allerdings bekennt er in Kapitel 9, als er sich mit dem Volk Israel vereinigt und Buße tut, nicht nur die Sünde des Volkes, sondern auch seine eigene. Er war also auch nicht vollkommen.
So konnte selbst Daniel nicht in den Riss treten. Der einzige, der es konnte, war der Sohn Gottes.
Die Bedeutung des göttlichen Gerichts am Kreuz
Und da kommen wir jetzt auf einen wichtigen Punkt in Jesaja 53,10: Gott hat ihn in den Stunden der Finsternis geschlagen. Das bedeutet, dass das Gericht, das wir eigentlich verdient hätten – ewige Verdammnis im Feuersee – über Gottes Sohn kam. Dieses Gericht fiel in den drei Stunden der Finsternis auf ihn herab, in denen Gott ihn verlassen hatte.
Darum haben wir auch schon in Psalm 22 den Ruf des Erlösers am Kreuz gesehen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Gott hat ihn verlassen, weil er seinen Sohn mit unseren Sünden, also unseren konkreten Tatsünden, identifiziert hatte.
Nun kommt noch 2. Korinther 5,21 hinzu. Könnte jemand diesen Vers gerade vorlesen? Jawohl. Hier wird etwas anderes gesagt als bei Petrus. In Petrus steht, dass er unsere Sünden an oder in seinem Leib getragen hat, auf dem Holz.
Aber hier wird gesagt: „Er wurde zur Sünde gemacht“ – in der Einzahl. Im Neuen Testament wird der Begriff „die Sünde“ in der Einzahl sehr oft nicht als Bezeichnung für ein bestimmtes Vergehen oder eine bestimmte Tatsünde verwendet. Vielmehr bezeichnet er die verdorbene Natur des Menschen, die seit dem Sündenfall Adams durch alle Generationen vererbt worden ist.
Hier wird also ausgesagt, dass der vollkommene Sohn Gottes als Mensch zur Sünde gemacht wurde. Das heißt, Gott hat ihn juristisch am Kreuz so behandelt, als wäre er die Quelle für alle Tatsünden in unserem Leben gewesen. Und dafür hat Gott ihn zerschlagen.
Diskussion über Heilung und Krankheit im Kontext der Erlösung
Zwischendurch wollte jemand etwas fragen. Ich habe eine Frage zu 1. Petrus 2, die wir vorhin angeschaut haben, an der Stelle, wo es heißt: „durch dessen Striemen ihr geheilt worden seid“.
In gewissen charismatischen Bewegungen wird gelehrt, dass diese Stelle beweist, dass durch Jesu Striemen Heilung zugesprochen wird und dass am Kreuz ein gewisser Tausch stattgefunden hat. Meine Frage ist, ob das biblisch gesehen so richtig ist, denn es steht: „durch dessen Striemen ihr geheilt worden seid“.
Wir haben ja Jesaja 53, Vers 4 letztes Mal angeschaut, wo es heißt: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen.“ Oder wie Luther übersetzt: „Wer hat unsere Krankheit getragen?“ Wer könnte das bitte aus der Lutherübersetzung vorlesen?
„Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen; wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.“ Jawohl.
Also geht es hier um das Tragen der Krankheiten, und speziell dieser Vers wird in der charismatischen Lehre benutzt, um zu sagen, Christus habe nicht nur unsere Sünden getragen, sondern auch unsere Krankheiten. Deshalb müsse ein Christ eigentlich nicht mehr krank werden.
Aber wir haben letztes Mal gesehen, dass diese Stelle im Matthäusevangelium, Matthäus 8, zitiert wird und auf das Leben des Herrn Jesus bezogen ist. Dort wird beschrieben, wie er mitgelitten hat, wie er die Kranken gesehen und geheilt hat.
Matthäus 8, Vers 17 sagt: „Damit erfüllt würde, was durch Jesaja gesagt ist: Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“
Wir haben also gesehen, dass diese Stelle im Neuen Testament vom Heiligen Geist, der Matthäus inspiriert hat, auf das Leben des Herrn bezogen wird und nicht auf das Kreuz. Es geht in Vers 4 darum, dass der Herr innerlich das Mittragen und Mitleiden all der Folgen der Sünde erlebte, zu denen auch Krankheit gehört.
Ab Vers 5 geht es dann ganz klar ums Kreuz: „Um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen.“ Er wurde zerschlagen, damit uns durch seine Striemen Heilung wird. Dabei geht es um die Heilung von der Sündenkrankheit, die viel schlimmer ist als die körperliche Krankheit.
Die Bibel sagt nicht, dass der Herr die Krankheiten am Kreuz getragen hätte. Es gibt auch die Behauptung, er hätte alle Krankheiten am Kreuz gehabt – das stimmt nicht. Ich habe sogar gehört, dass jemand behauptet hat, er hätte AIDS am Kreuz gehabt. Das ist natürlich lästerlich und steht nicht in der Bibel.
Die Bibel sagt, dass er unsere Sünden am Kreuz getragen hat und zur Sünde gemacht worden ist. Natürlich hat der Herr Jesus durch sein Erlösungswerk auch die Macht des Todes besiegt, die eine Folge der Sünde ist. Er hat die Grundlage gelegt, dass schließlich die ganze Schöpfung neu werden wird.
Davon spricht Kolosser 1, wo es heißt, dass alle Dinge durch ihn versöhnt werden sollen. Wichtig ist: Es heißt nicht alle Personen, sondern alle Dinge. Das ist ganz wichtig. Es geht nicht um Allversöhnung, sondern um die Erneuerung der Schöpfung.
In Kolosser 1, Verse 18-20 lesen wir:
„Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde; er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit er in allem den Vorrang habe. Denn es gefiel der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden machte durch das Blut seines Kreuzes, durch ihn, sei es die Dinge auf Erden oder die Dinge im Himmel.“
Hier wird also gesagt, dass durch ihn alle Dinge mit sich versöhnt werden. Wie gesagt, nicht alle Personen, sondern alle Dinge. Die Bibel sagt ganz klar, dass nicht alle Menschen gerettet werden.
Das bedeutet, dass die ganze Schöpfung neu gemacht wird. Ich muss vielleicht erklären, dass das Wort „versöhnen“ im Griechischen hier „apokatallasso“ ist. Es setzt sich zusammen aus „apo“ (weg), „kata“ (herab) und „allasso“ (umwandeln).
Das normale Wort für versöhnen ist „katallasso“. Hier ist es noch verstärkt mit „apo“ davor, also „weg-herab-umwandeln“. „Katallasso“ bedeutet versöhnen, also einen Feind in einen Freund umwandeln. Die alten Griechen benutzten das Wort auch für Geldwechsel, also den Wechsel von einer Währung in eine andere.
Wenn es die Bedeutung „versöhnen“ hat, bedeutet es eine Umwandlung von Feind zu Freund. Übrigens sagt die Bibel nie, dass Gott mit uns versöhnt worden ist. Er musste nicht mit uns versöhnt werden, sondern wir sind Feinde und mussten mit Gott versöhnt werden.
Hier steht jedoch, dass alle Dinge versöhnt werden, und da schwingt die Grundbedeutung des Umwandelns mit. Das wird noch deutlicher, wenn wir Hebräer 1, Verse 11-12 lesen:
„Sie werden alle veralten wie ein Kleid und wie ein Gewand, die man zusammenrollt, und sie werden verwandelt werden. Du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht vergehen.“
Hier spricht Gott der Vater zu seinem Sohn und sagt, dass das Universum, das er am Anfang erschaffen hat (1. Mose 1,1), vergehen wird. Diese Schöpfung wird veralten wie ein Kleid, das man zusammenrollt, und wird verwandelt werden.
Das griechische Wort „allasso“ bedeutet umwandeln. „Katallasso“ ist „herab-umwandeln“ und bedeutet versöhnen.
Wenn dieses Universum am Ende aufgelöst wird, wird es nicht einfach ins Nichts aufgelöst. In 2. Petrus 3 wird gesagt, dass die Elemente im Brand aufgelöst werden. Das ist eine erstaunliche Aussage.
Die alten Griechen und Philosophen waren überzeugt, dass die kleinsten Teilchen der Materie, die Atome (griechisch „atomon“ = unteilbar), nicht weiter geteilt werden können. Aber Petrus schreibt unter Inspiration des Heiligen Geistes, dass, wenn Gott diese Welt zu Ende gehen lässt, die Elemente im Brand aufgelöst werden.
Dabei benutzt er nicht das Wort „atomon“, sondern „stoicheion“, ein anderes Wort, das die grundlegenden Elemente bezeichnet, aber ohne die Nebenbedeutung der Unteilbarkeit.
Das Wort „Stoicheion“ kennen wir vielleicht aus der Chemie in „Stöchiometrie“, der Lehre über die Zusammensetzung von Atomen zu Molekülen. Wasser zum Beispiel besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff, und die Stöchiometrie erklärt, wie diese Elemente verbunden sind.
Petrus benutzt dieses Wort „stoicheion“ und sagt, dass diese Elemente im Brand aufgelöst werden. Wie konnte er wissen, dass alles verbrennen kann, sogar die unbrennbaren Materialien? Er sagt, alles wird im Brand aufgelöst, und sogar zerschmolzen.
Es gibt ja zwei Methoden, wie man Energie aus Materie gewinnen kann: durch Spaltung von Atomkernen und durch Verschmelzen (Fusion) von Atomkernen. Die Sonne liefert ihre Energie durch Kernfusion.
Petrus erwähnt beides im ersten Jahrhundert, lange bevor die moderne Physik im zwanzigsten Jahrhundert diese Prozesse entdeckte und anwendete. Das ist beeindruckend.
In Verbindung mit Hebräer 1 sehen wir, dass die Schöpfung nicht nur aufgelöst, sondern auch verwandelt wird („allasso“). Gott wird den neuen Himmel und die neue Erde nicht aus dem Nichts erschaffen, sondern aus der Grundsubstanz der jetzigen Schöpfung.
Alles wird aufgelöst, die Atome bis aufs Letzte zerlegt, und dann macht Gott etwas völlig Neues. Das ist die Bedeutung von „allasso“ (umwandeln) und „katallasso“ (versöhnen, wörtlich „herab-umwandeln“).
So sagt Kolosser 1, dass durch das Werk des Herrn Jesus alle Dinge herab-umgewandelt werden, um alle Dinge mit sich zu versöhnen. Das bedeutet, die Schöpfung wird völlig aufgelöst, sodass nichts mehr an die Spuren der Sünde erinnert.
Das wird in völliger Übereinstimmung mit Gott geschehen. Nichts wird mehr an Feindschaft gegen Gott erinnern. In 2. Petrus 3 heißt es auch, dass alle Werke der Menschen verbrennen werden.
Wenn wir an die ganze Menschheitsgeschichte denken, hätten wir oft Dinge gestalten wollen, die ewig bleiben. Man könnte an die Pyramiden in Ägypten denken. Doch auch sie haben heute große Probleme, nicht zu zerfallen.
Das gilt auch für die Kunst. Es gibt Kunst, die Gott verherrlicht, aber auch viele Werke in bildender Kunst, Bildhauerei, Musik und Theater, die Gott verunehren und Ausdruck von Feindschaft gegen Gott sind, bis hin zu Lästerlichem.
All das wird verbrennen. Die neue Welt wird keine Spuren mehr von der alten Feindschaft gegen Gott tragen. So werden alle Dinge mit Gott versöhnt – auf der Grundlage des Erlösungswerks des Herrn Jesus.
Nicht nur Menschen werden neu gemacht. Paulus sagt in 2. Korinther 5, Vers 17: „Wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“
Die einzelnen Menschen, die mit Gott versöhnt sind, sind wie Fremdkörper in dieser Welt, die noch voll Feindschaft gegen Gott ist. Doch sie weisen bereits auf die neue Schöpfung hin, in der alles mit Gott in Übereinstimmung gebracht wird.
So kann man sagen, der Herr Jesus ist für unsere Sünden gestorben, hat sie an seinem Leib getragen. Die Heilung aus seinen Striemen wird einmal alle Bereiche betreffen und alles neu machen.
Dann könnte jemand sagen: „Ein Christ sollte doch nicht mehr krank werden, denn das wäre ja die Auswirkung der Erlösung.“ Aber wenn wir konsequent denken, dürfte er auch nicht mehr sterben, denn der Tod ist die Folge der Sünde.
Der Tod kam „durch die Sünde des Menschen“ (Römer 5,12). Dann müssten Charismatiker konsequent sagen: Ein Christ sollte auch nicht mehr sterben. Komisch ist, dass alle sterben dürfen, aber bei Krankheiten gibt es diese verbreitete Richtung, die sagt, das sollte nicht sein.
Nicht alle sagen das, aber es gibt diese verbreitete Richtung, die behauptet, krank werden dürfe man nicht, aber sterben schon. Das ist viel schlimmer als krank werden! Nein, es ist eine Frage der Zeit.
In Römer 8 lesen wir:
„Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“ (Römer 8,18).
Paulus sagt, dass wir als Gläubige in diesem Leben leiden. Das ist allgemein gesagt. Jeder könnte von verschiedenen Arten von Leiden sprechen. Diese Zeit ist eine Zeit des Leidens, und sie können sehr schrecklich sein, wenn wir an Petrus denken, der sogar gekreuzigt wurde.
Trotzdem sagt Paulus, dass diese Leiden der jetzigen Zeit nicht wert sind, mit der Herrlichkeit verglichen zu werden, die an uns offenbart wird. Diese Herrlichkeit wird alles in den Schatten stellen.
Weiter heißt es in Vers 19:
„Denn die gespannte Erwartung der Schöpfung sehnt die Offenbarung der Söhne Gottes herbei. Die Schöpfung ist nämlich der Vergänglichkeit unterworfen, nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst befreit werden soll von der Knechtschaft der Sterblichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.“
Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis jetzt mitseufzt und mitweint. Paulus sagt, die ganze Schöpfung wurde nicht freiwillig der Vergänglichkeit unterworfen, sondern wegen der Sünde Adams, der den Bund mit Gott bewusst gebrochen hat.
Durch ihn wurde die ganze Schöpfung mit ins Verderben gerissen, und Tod, Leid und Fluch kamen in die Schöpfung. Das betrifft nicht nur die Menschheit, sondern auch die Natur, die Pflanzenwelt – Dorn und Distel werden erwähnt – und die Tierwelt.
Die Schlange wurde besonders verflucht, aber über alle Tiere kam ein Fluch. Wir sehen diese Folgen des Fluchs in der Schöpfung und die Gesetzmäßigkeit von Fressen und Gefressenwerden.
Paulus sagt, die Schöpfung leidet, „es ist wie eine Frau in den Geburtswehen“. So verstehen wir den Konflikt besser: Einerseits sehen wir Gottes Harmonie, Ordnung, Größe, Herrlichkeit und Weisheit, andererseits all das Leid und den Fluch.
Darwin schrieb in seinen Schriften, dass ihn das Problem des Leidens entscheidend beschäftigte. Er sah die Schöpfung als wunderbar an und war überzeugt, dass es einen Schöpfer geben müsse. Doch wenn er an das Leiden dachte, verlor er diesen Glauben.
Seine Frau Emma hätte ihm das erklären können, doch er hörte nicht auf sie. So scheiterte er. Wir müssen anerkennen, dass die ganze Schöpfung leidet und auf den Moment wartet, in dem Christus mit den Söhnen Gottes offenbart wird – also mit allen Gläubigen.
Im tausendjährigen Reich wird die Schöpfung weitgehend vom Fluch befreit, nicht vollständig, und in der neuen Schöpfung vollständig.
In Vers 23 lesen wir:
„Und nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, seufzen in uns selbst und erwarten die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes.“
Auch die Christen, die erlöst sind, warten auf eine zukünftige Erlösung – nicht die Erlösung der Seele, die haben wir schon jetzt – sondern die Erlösung des Körpers.
Grundsätzlich ist der Tod besiegt, aber die Auswirkung dieses Sieges ist noch nicht angewandt worden. Christus ist gestorben, um alle Dinge mit Gott zu versöhnen, aber die Umsetzung erfolgt erst später.
Das ist der Unterschied zwischen „de jure“ (rechtlich) und „de facto“ (tatsächlich). Wenn ein Richter ein Urteil fällt, ist es rechtlich klar, aber die Umsetzung folgt später.
So ist der Tod „de jure“ ein besiegter Feind, „de facto“ wird das erst später ausgeführt.
Ich habe noch nie jemanden gefunden, der das widerlegen konnte. Römer 8 ist eine große Hilfe, um zu sehen, dass der Körper jetzt noch nicht erlöst ist und dass die Erwartung, ein Christ sollte immer gesund sein, völlig unbiblisch ist.
Man kann Menschen dadurch auch zerstören. Ich habe das erlebt: Eine Frau im Rollstuhl kam zum Glauben und ging in eine charismatische Gemeinde. Man sagte ihr, sie könne gesund werden, man versuchte es, aber nichts geschah.
Dann wurde ihr gesagt, sie sei schuld, weil sie nicht genug glaube. Wenn ich mir vorstelle, wie schrecklich das für sie ist – im Rollstuhl zu sein –, und dann noch zu hören, sie sei schuld, weil sie nicht genug wolle, das ist zerstörerisch.
Das ist keine Bagatelle, sondern eine Irrlehre, die den Glauben von Menschen zerstören kann.
In Deutschland gibt es eine bekannte Bewegung „Wort und Geist“, die diese Stelle in Römer 8 benutzt. Ich habe mal mit einem Bekannten darüber gesprochen. Er zeigte mir Römer 8 und meinte, die „Söhne Gottes“ seien in der Endzeit super geheilte Christen, die das Salz und Licht sein werden.
Ich erklärte ihm, dass das nicht so ist, sondern dass es sich auf die Entrückung der Gemeinde bezieht, wenn die verherrlichte Gemeinde zurückkehrt. Diese Bewegung hat da ein Durcheinander.
Man kann ihnen sagen, dass dort steht, dass die Schöpfung von ihrem Leiden befreit wird. Dann muss man sie herausfordern: Wo ist das denn schon sichtbar? Haben sie gesagt, das sei schon gekommen? Oder kommt es erst noch?
Sie sagen, es komme erst noch. Sie behaupten, sie seien jetzt dran, diese Art Christen seien das Licht der Endzeit. Aber die Bibel sagt etwas ganz anderes über diese Welt, über die Endzeitwehen mit schweren Erdbeben und Schrecken der Meereswellen, von denen die Menschen in Angst und Bedrängnis geraten (Matthäus 24, Markus 13, Lukas 21). Diese Zeichen werden sich noch verstärken bis zum Kommen des Herrn.
Das kann man leicht widerlegen.
Gehen wir zurück zu Jesaja 53. Wir sind ausgegangen von dem schwer verständlichen Vers: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen; er hat ihn leiden lassen.“
Jetzt schlagen wir noch Zacharja 13 auf – Verzeihung, das sollte schon längst ausgeschaltet sein. Also, Zacharja 13, Vers 7:
„Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist, spricht der Herr der Heerscharen! Schlage den Hirten, dass die Schafe sich zerstreuen, und ich werde meine Hand gegen die kleinen Schafe wenden.“
Hier sagt Gott, dass das Schwert über seinen Hirten kommen soll. Es geht um das Schwert Gottes, das den Messias am Kreuz treffen sollte.
Übrigens wird Jesus hier genannt „mein Hirte“ und „der Mann, der mein Genosse ist“. „Genosse“ heißt auf Hebräisch „Amit“ und hängt zusammen mit dem Wort „im“, das „mit“ bedeutet, also auf gleicher Ebene.
Der „Amit“ ist ein Genosse, der auf gleicher Ebene ist. Hier wird auch die Gottheit Christi angedeutet. In Philipper 2, Vers 5 heißt es, dass Christus Jesus es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein, sondern sich erniedrigt hat.
So nennt Gott der Vater seinen Sohn „mein Genosse“, „Amiti“, also der mir Gleichgestellte. Das Schwert soll über ihn kommen.
Dann noch ein Vers, den wir schon früher behandelt hatten, Psalm 69, Vers 27:
„Denn den du geschlagen hast, haben sie verfolgt, und vom Schmerz deiner Verwundeten erzählen sie.“
Hier wird gesagt: „Den, den du geschlagen hast, haben sie verfolgt.“ Es geht um den, der von Gott selbst geschlagen wurde, neben dem, was die Menschen ihm angetan haben.
Darauf weist Jesaja 53 hin – das sind die sühnenden Leiden des Herrn.
Was uns am schwersten fällt in diesem Satz ist: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen.“ Wie kann das sein? Wie kann es heißen, dass es Gott gefallen habe, dies zu tun?
Es ist uns klar, dass es für den Vater das Schlimmste war, seinen Sohn zu geben. Darum ist gerade die Hingabe seines Sohnes der größte Beweis seiner Liebe, wie es in Johannes 3, Vers 16 heißt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt...“
Das Maß der Liebe wird gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn gab. Römer 8, Vers 31 sagt:
„Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“
Dort haben wir in Römer 8, Vers 32 eine direkte Anspielung auf 1. Mose 22, denn der Ausdruck „nicht verschont“ ist übernommen aus dem Text von 1. Mose 22, wo Gott zu Abraham sagt, dass er seinen Sohn nicht verschont habe.
1. Mose 22 wurde geschrieben, um uns zu zeigen, wie schrecklich es war, dass der ewige Vater seinen ewigen Sohn als Opfer geben würde.
Trotzdem steht: „Durch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen.“ Der Grund ist: Es war nicht das Gefallen, dass der Sohn leidet, sondern dass der Sohn verlorene Menschen rettet.
Das ist der Punkt.
Es gibt ein unterschiedliches Gefallen. Der Herr Jesus sagt in Gethsemane:
„Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“
Man könnte meinen, der Wille des Herrn Jesus sei dem Willen des Vaters entgegengestellt. Er sagt nicht „Mein Wille geschehe“, sondern „Dein Wille geschehe“.
Nein, es war nicht die Freude des Herrn, dass er von Gott verlassen werden sollte, dass er mit unserer Sünde identifiziert werden sollte. Das war das Undenkbare, nicht sein Wille.
Aber es war der Wille des Vaters, dass Menschen durch diesen Weg gerettet werden.
Es ist kein Gegensatz, sondern ein Unterschied.
Wenn der Herr sagt: „Nicht mein Wille“, also der Wunsch, nicht mit der Sünde identifiziert zu werden, sondern „dein Wille“, das ist der Wille, dass Menschen durch das Erlösungswerk gerettet werden sollen.
Es ist kein Widerspruch, sondern ein Kontrast von zwei Dingen, die gleichzeitig wahr sind.
Jetzt machen wir an dieser Stelle zwanzig Minuten Pause.
Gerade eine Frage zu Beginn bitte.
Das kann beides bedeuten. Das Leiden des Herrn unter der Hand Gottes umfasste nicht nur das seelische Leiden, sondern auch körperliches Leiden.
Das ist ein wichtiger Punkt: In der Hölle werden die Menschen nicht nur als Seelen leiden, sondern als Einheit von Seele, Geist und Körper.
Die Hölle wird also nicht nur ein seelisches, geistiges Leiden sein, sondern auch körperliches.
Das sehen wir sehr eindrücklich in Matthäus 10. Dort sagt der Herr zu seinen Jüngern, die in Gefahr standen, als Märtyrer für ihren Glauben zu sterben, folgendes:
Matthäus 10, Vers 28:
„Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können; fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle.“
Hier wird ganz klar gesagt, dass Menschen als vollständige Menschen verloren gehen und das Gericht sowohl die Seele als auch den Leib betrifft.
So hat der Herr unter der Hand Gottes gelitten, aber das umfasste alles, denn er nahm das Gericht auf sich, das wir verdient hätten im Feuersee.
Darum kann man nicht vom Wort „zerschlagen“ ableiten, dass es nur das Seelische betrifft, sondern es umfasst alles.
Was es umfasst, werden wir nie vollständig erfassen, in aller Ewigkeit nicht.
Darum wird es auch Gegenstand der Anbetung bleiben in aller Ewigkeit.
In Offenbarung 5 sieht Johannes entrückt im Himmel im Allerheiligsten den Thron Gottes mit der Bundeslade und den Cherubim.
Inmitten des Thrones sieht er den Herrn Jesus als das Lamm.
Es heißt ganz klar, dass der Herr als das Lamm Gottes im Zentrum der himmlischen Herrlichkeit steht – für alle Zeiten.
Niemand kann ergründen, was das für ihn war, niemand, was es für den Vater war, ihn in dieses Gericht zu geben.
Das wird Gegenstand der Anbetung Gottes in aller Ewigkeit sein, denn das, was geschehen ist, wird nie wiederholt werden.
Dort wurde am deutlichsten gezeigt, wer Gott ist, als er das Letzte gegeben hat.
Das wird sich nicht wiederholen.
Es war einmalig.
In Römer 6 steht, dass der Herr auferstanden ist und nicht mehr stirbt. Er wird nie mehr sterben.
Das ist absolut einmalig und einzigartig.
Wir werden immer noch tiefer in diese Geheimnisse hineinkommen, in alle Ewigkeit.
Das müssen wir bedenken, wenn der Herr in Verbindung mit der Einsetzung des Abendmahls sagt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Der Vorabend, als die Schatten von Golgatha bereits auf ihn gefallen waren.
Wir sind in Gefahr, das Gedächtnis für uns zu nehmen und zu fragen: Was haben wir davon?
Das ist die falsche Einstellung.
Es geht darum, dass der Herr den Wunsch hatte, dass wir seiner Leiden gedenken und immer wieder neu vor Augen stellen, was das für ihn bedeutete.
Gehen wir weiter in Jesaja 53, Vers 10:
„Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen.“
Ich habe letztes Mal erklärt, dass das Wort für Schuldopfer hier „Ascham“ ist, das in Verbindung mit der Opferlehre in 3. Mose verwendet wird.
3. Mose 5, Vers 6:
„Und er bringe sein Schuldopfer dem Herrn für seine Sünde, also er bringe sein Ascham.“
Man konnte bereits im Alten Testament verstehen, dass der Opferdienst symbolische Bedeutung hat.
Der Sinn der Opfer liegt nicht in den Tieropfern, sondern sie sind ein Hinweis – seit dem Opfer Abels wie ein ausgestreckter flammender Finger – auf den kommenden Erlöser, der diese Opfer in seinem Opfer erfüllen würde.
Wenn er dieses Opfer dargebracht hat, wird es eine Fortsetzung geben: „So wird er Samen sehen.“
Was ist damit gemeint? Samen, Nachkommen?
In Johannes 12 hat der Herr erklärt, was das bedeutet. Kurz vor der Kreuzigung kam er nach Jerusalem zur Passahfeier, die seine letzte sein sollte.
Wir lesen Johannes 12, Verse 20-24:
„Es waren aber einige Griechen unter denen, die hinaufkamen, um auf dem Fest anzubeten. Diese kamen zu Philippus von Bethsaida in Galiläa und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen. Philippus kam und sagte es Andreas; Andreas und Philippus sagten es Jesus. Jesus antwortete und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“
Der Herr vergleicht sich hier mit einem Weizenkorn, das gesät wird. Ein Weizenkorn bleibt allein, wenn man es aufbewahrt. Man muss es in die Erde legen, damit neues Leben entsteht, daraus viele Samen.
Der Herr sagt: Wenn er nicht sterben würde, wäre er wie ein Weizenkorn, das aufbewahrt wird, aber allein bleibt. Wenn er aber sterben und begraben wird, wird daraus große Frucht entstehen.
Diese vielen Weizenkörner, die aus dem gesäten Weizenkorn hervorgehen, weisen darauf hin, dass viele Menschen durch das Erlösungswerk Jesu gerettet werden und ihm als Volk zugerechnet werden.
Das wird hier gesagt: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen.“
Noch ein Vers aus den Psalmen dazu, der unter diesem Hintergrund verständlich wird:
Psalm 126, Vers 6:
„Der geht weinend hin und trägt den Samen zum Säen; er kommt heim mit Jubel und bringt seine Garben.“
Interessant, dass es hier heißt, den Samen zu säen.
So ist der Herr nach Golgatha gegangen, bereit, in den Tod und ins Grab gelegt zu werden, in das Grab eines Reichen.
Wir erfahren aus Hebräer 5, was in Gethsemane genau geschehen ist. Das können wir noch dazu aufschlagen: Hebräer 5, Vers 7.
Wer liest?
„Der in den Tagen seines Fleisches Bitten und Flehen mit lautem Schreien und Tränen darbrachte an den, der ihn vom Tode retten konnte, und wurde erhört wegen seiner Gottesfurcht.“
Hier wird erläutert, was in den Evangelien nicht so gesagt wird: Der Herr betete mit starkem Geschrei und Tränen in Gethsemane.
Die Evangelien sagen, dass er in einem Kampf war, als er betete, und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen.
Das kennt man in der Medizin: Nur in extremen Fällen von unvorstellbarer seelischer Belastung tritt Blut durch die Zellen aus den Blutgefäßen aus – das Blutschwitzen gibt es tatsächlich.
Der Herr sah, dass er zur Sünde gemacht werden und den Zorn Gottes auf sich nehmen sollte.
So hat er mit starkem Schreien und Tränen gebetet.
Das wird in Psalm 126 beschrieben:
„Er geht weinend hin, tragend den Samen zum Säen; er kommt heim mit Jubel, tragend seine Garben.“
In Hebräer 5 ist wichtig, dass man genau liest: „Bitten und Flehen an den, der ihn aus dem Tod retten konnte.“
Es steht nicht „vor dem Tod retten konnte“, sondern „aus dem Tod“.
Im Islam wird dieser Vers benutzt, um zu behaupten, Jesus sei nicht gestorben, sondern jemand, der ihm ähnlich sah, sei gestorben.
Dann sagen sie, es stehe im Hebräerbrief, er sei vor dem Tod gerettet worden und erhört worden.
Nein, die Bibelstelle sagt, dass Gott ihn aus dem Tod retten konnte. Der Herr schrie darum, dass Gott ihn nicht im Tode lasse, und dafür wurde er erhört.
Es heißt weiter: „Obwohl er Sohn war, hat er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt.“
Das ist wichtig. Der Herr war nie ungehorsam. Er konnte den führenden Juden sagen (Johannes 8):
„Wer von euch überführt mich der Sünde?“ Und niemand konnte das sagen.
Aber warum heißt es hier, er habe den Gehorsam gelernt? Weil der Herr Jesus von Ewigkeit her als Sohn Gottes Gott gleich war.
Gott nennt ihn „Amiti“, meinen Genossen, meinen Gleichgestellten (Sacharja 13).
Er achtete es nicht für Raub, Gott gleich zu sein (Philipper 2,5).
Der Herr Jesus hat sich aber erniedrigt und eine Stellung der Unterwürfigkeit als Mensch eingenommen.
Darum heißt es auch in Johannes 14:
„Der Vater ist größer als ich“, weil er sich als Mensch dem Vater unterstellt hat.
So war es für ihn etwas völlig Neues, Gehorsam zu lernen.
„Obwohl er Sohn war, hat er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt.“
Ich habe mir das „obwohl“ speziell angemerkt.
Es könnte jemand auf die Idee kommen, es müsse heißen: „Weil er Sohn war, hat er den Gehorsam gelernt.“
Nein, der Herr Jesus ist von Ewigkeit her Sohn Gottes und als ewiger Sohn Gott dem Vater nicht unterstellt.
Erst durch die Menschwerdung wurde er als Mensch Sohn Gottes in dem Sinn, dass Gott sagt: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“
Wir müssen seine Sohnschaft als Mensch von seiner Sohnschaft als Gott unterscheiden.
Hier geht es um den ewigen Sohn, von dem es heißt: „Obwohl er Sohn war, hat er den Gehorsam gelernt.“
Wir leiten von unserer menschlichen Erfahrung ab: Ein Sohn gehorcht dem Vater, also müsste es heißen, weil er Sohn war.
Nein, obwohl er Sohn war.
Natürlich gehorcht ein Sohn dem Vater, das ist normal in der Jugend.
Aber stellen wir uns einen Vater vor, der achtzig ist, und einen Sohn, der sechzig. Muss der Sohn dem Vater gehorchen? Da geht es nicht mehr um Unterordnung, sondern um Liebe und Wertschätzung.
So ist es hier wichtig: Obwohl er Sohn war, der ewige Sohn, hat er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt.
In Hebräer 7 wird Melchisedek erwähnt als ein Bild auf Christus.
Von Melchisedek wird in 1. Mose 14 nichts über Geburt und Tod gesagt.
Plötzlich tritt Melchisedek, König von Salem, auf.
In Hebräer 7, Vers 3 heißt es:
„Ohne Anfang der Tage und Ende des Lebens habend, bleibt er Priester auf ewig, einem Sohn Gottes ähnlich gemacht.“
Hier wird nicht gesagt, dass er Christus verglichen wird, sondern dem Sohn Gottes.
Es geht um die ewige Sohnschaft, ohne Anfang und Ende.
Das muss man wissen, wenn wir diese Stelle aufgeschlagen haben.
Jetzt ging es um Tränen und starkes Schreien.
Psalm 126, Vers 6:
„Er geht weinend hin, tragend den Samen zum Säen; er kommt heim mit Jubel, tragend seine Garben.“
Das ist die Freude, die vor dem Herrn lag.
In Hebräer 12, Vers 2 heißt es:
„Wir sollen unsere Augen auf Jesus richten, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der den Widerspruch der Sünder gegen sich erduldet hat und das Kreuz wegen der vor ihm liegenden Freude ertragen hat.“
Der Herr sah die ganze Frucht seines Werkes, die kommen wird, und deshalb kam er heim mit Jubel, tragend seine Garben.
Als der Herr Maria Magdalena am ersten Tag der Woche, dem Auferstehungstag, erschien, sah er sie beim Grab.
Sie meinte zuerst, er sei der Gärtner.
Dann sagte der Herr ihr, sie solle zu seinen Brüdern gehen und ihnen sagen:
„Ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott, ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater.“
Jetzt sind wir die neue Familie.
Der Herr nennt die Erlösten seine Brüder und gibt Maria Magdalena den Auftrag, diese Nachricht den Jüngern zu überbringen.
Er ist der Erstgeborene vieler Brüder, wie er in Römer 8 genannt wird.
Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern.
Das ist der Same aus seinem Schuldopfer heraus.
Schlagen wir wieder Jesaja 53 auf.
Jetzt kommt ein interessanter Satzteil:
„Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen, er wird seine Tage verlängern.“
Der Ausdruck „die Tage verlängern“ kommt oft in den fünf Büchern Mose im Zusammenhang mit dem Gesetz vor.
Gott sagt, wenn ihr gehorsam seid, werdet ihr eure Tage im Land verlängern.
Das heißt Leben.
Im Idealfall war das ewiges Leben.
In 3. Mose 19 wird gesagt:
„Wer alle Gebote einhält, wird durch sie leben.“
Das war die Verheißung: Wer die ganze Tora einhalten kann, wird ewig leben.
Aber die Tora wurde gegeben, um zu zeigen, dass wir Sünder sind und sie nicht einhalten können.
Diese Ankündigung, die Tage zu verlängern, ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
Hier wird gesagt, nachdem er das Schuldopfer gestellt haben wird – das heißt, er wird sterben –, dann wird er leben.
Das ist ein Hinweis auf die Auferstehung Christi.
Ist denn sicher, dass das „Ehe“ ist und nicht „Jachbeen“? Du denkst, weil es heißt, dass er die Tage verlängert?
Ja, aber in den entsprechenden Sätzen in 5. Mose heißt es immer, wenn sie gehorsam sind, werden sie ihre Tage im Land verlängern.
Das bedeutet, die Person bleibt am Leben und kann im Land fortdauern.
Dann ist noch Vers 11:
„Um der Mühsal seiner Seele willen wird er Frucht sehen, er wird sie sättigen.“
Haben andere Übersetzungen etwas anderes als „Frucht sehen“? „Fülle sehen“ oder „Licht“? Das ist bei Elberfelder, Röckhaus, revidiertem Elberfelder.
Das Problem ist, dass im hebräischen Text nichts steht, weder „Lust“ noch „Frucht“ oder Ähnliches.
Darum ist in der alten Elberfelder Übersetzung das Wort „Frucht“ kursiv gedruckt, als Verständigungshilfe.
In Qumran und der Septuaginta steht „Licht“ drin, aber das wurde vermutlich von einem Abschreiber hinzugefügt.
Im hebräischen Grundtext fehlt das Wort.
Der Zusammenhang macht klar, dass es um die Mühsal seiner Seele geht, aus der Resultat entsteht, an dem er sich sättigt.
Es geht also um etwas, das man isst und davon Gewinn hat.
Darum passt „Frucht“ besser als „Licht“ als Ergänzung.
Es geht darum, dass der Herr sich an den Erlösten, dem Samen, den er sieht, erfreut.
In Hebräer 2 heißt es schön:
„Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat.“
Das ist die Frucht der Mühsal seiner Seele.
Wir denken oft nur allgemein daran, was der Herr für uns bedeutet, und zu wenig daran, was die Erlösten für ihn bedeuten.
„Siehe, ich und die Kinder, die du mir gegeben hast.“
Der nächste Satz, wer liest?
„Doch seine Erkenntnis wird der Gerechte sein; mein Knecht wird vielen zur Gerechtigkeit verhelfen, und ihre Sünden wird er auf sich laden.“
Hier wird ausdrücklich gesagt, dass der Herr die Sünde auf sich nimmt und als Sündopfer sterben wird.
Es fällt auf, dass hier nicht mehr in der Vergangenheitsform gesprochen wird.
Vieles in Jesaja 53 ist in der Vergangenheitsform: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen, und wir hielten ihn für bestraft.“
Jesaja hat das so beschrieben, als sei es schon erfüllt, obwohl es eine Prophezeiung ist.
Ich habe schon erklärt, dass das ein Phänomen namens prophetisches Perfekt ist.
Die Propheten beschreiben oft etwas Zukünftiges in der Vergangenheitsform, um es lebendiger zu machen.
Jesaja 53 ist so geschrieben, dass, wenn der Messias auf dem Ölberg kommen wird und ein Drittel des jüdischen Volkes sich in der letzten Not der Drangsal bekehren wird, sie auf ihn blicken werden, den sie durchbohrt haben.
Dann werden sie wehklagen (Sacharja 13), das ganze Land wird weinen.
Jesaja 53 wird dann wie ein Gebet gelesen:
„Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen, und wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet.“
In Vers 11 wird die Zukunft schon angedeutet:
„Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht vielen zur Gerechtigkeit verhelfen und ihre Missetaten auf sich laden.“
Hier haben wir die Lehre des Römerbriefes geballt.
Die große Frage im Römerbrief ist: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?
Das war schon die Frage im Buch Hiob: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? Nicht einer.
Der Römerbrief zeigt, dass es möglich ist: Durch das Erlösungswerk Jesu kann Gott alle Sünden hinwegtun, und wer dieses Opfer im Glauben annimmt, wird gerechtfertigt.
Die Rechtfertigungslehre bedeutet nicht, gerecht zu machen, sondern gerecht zu erklären.
Wenn jemand sich selbst rechtfertigt, sagt er, er war schon richtig, aus einem bestimmten Grund.
Das Wort „rechtfertigen“ heißt, jemanden als gerecht erklären.
Der Römerbrief zeigt, dass alle Menschen Sünder sind und nicht die Herrlichkeit Gottes erreichen, aber durch das Erlösungswerk gerecht gesprochen werden können.
Das, was im Römerbrief dargestellt wird, ist hier prophetisch angekündigt:
„Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht vielen zur Gerechtigkeit verhelfen.“
Im Vers 12 heißt es:
„Darum will ich ihm die Vielen zum Anteil geben, und er wird die Gewaltigen zum Raub erhalten, weil er seine Seele dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat.“
In diesem Vers sind viele prophetische Informationen enthalten.
Er wird für die Übertreter Fürbitte tun, wie am Kreuz geschehen: Statt zu schreien und zu fluchen, sagte er:
„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23).
Das Unbegreifliche tat er.
Er hat die Sünde vieler getragen, das heißt, er starb stellvertretend für die Sünden anderer.
Er wurde den Übertretern zugerechnet, indem er mit zwei Kriminellen gekreuzigt wurde.
Die Menschen, die von weitem zusahen, dachten, es seien drei Kriminelle, die den Tod verdient haben.
Das war eine tiefe Demütigung für den Herrn, mit solchen Menschen auf die gleiche Stufe gestellt zu werden.
Aber hier wird erklärt, dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod, also sein Blut vergossen hat.
In 3. Mose 17 wird erklärt, dass das Blut das Leben ist.
Das Wort „Nefesch“ kann Leben oder das Ich, das Selbst bedeuten.
Wenn David sagt in Psalm 103:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen“, bedeutet hier „Seele“ sein Selbst.
Manchmal bedeutet „Nefesch“ einfach Leben.
3. Mose 17 sagt, dass das Leben alles Fleisches im Blut ist.
Das ist klar: Wenn das Blut aus dem Körper getrennt wird, ist man tot.
Hier steht, dass der Messias in den Tod gegangen ist, weil er seine Seele ausgeschüttet hat.
„Ausschütten“ weist auf das Vergießen von Blut hin.
Der Satz beginnt:
„Darum werde ich ihm die Gewaltigen zum Anteil geben, weil er diesen Weg der Leiden gegangen ist.“
Das ist eine Prophetie auf sein zweites Kommen.
Der Messias kam das erste Mal, um zu leiden; das zweite Mal wird er kommen als Herrscher.
Er wird die Macht über alle Gewaltigen dieser Erde übernehmen.
Gott wird ihm die Herrschaft über die Welt übergeben.
Er wird sie mit Gewaltigen teilen – bekehrten Juden aus der Drangsalzeit, die als Minister in seinem Reich eingesetzt werden.
Da die Zeit vorüber ist, möchte ich nur noch kurz auf Jesaja 32 hinweisen.
Dort sieht man, wer diese Gewaltigen sind, mit denen er die Beute teilen wird.
Jesaja 32, Verse 1-2:
„Siehe, ein König wird in Gerechtigkeit regieren, und Fürsten werden nach Recht herrschen. Und jeder wird sein wie ein Versteck vor dem Wind und ein Schutz vor dem Sturm, wie Wasserbäche in dürrem Land, wie der Schatten eines großen Felsens in einem dürstenden Land.“
Hier wird der Messias als König vorgestellt, der in Gerechtigkeit regiert.
Nicht allein wird er regieren, sondern die Fürsten, die nach Recht herrschen werden.
Sie werden wie ein Schutz vor Wind und Regen sein, wie Wasserbäche in der Wüste, wie der Schatten eines Felsens in dürstendem Land.
Man wünscht sich solche Politiker heute.
Mit denen wird der Herr die Beute teilen.
Was jetzt aus Vers 12 klar wird: Das Herrschen des Messias wird später sein.
Zuerst leiden, dann herrschen.
Es war auch im Alten Testament klar, dass der Messias zweimal kommen muss.
Es gibt Stellen über den Leidenden und über den Herrschenden.
Die Reihenfolge ist: zuerst der Leidende, dann der Herrschende.
Wir müssen jetzt zum Schluss kommen.
Wir wollen noch kurz beten.
Herr Jesus, wir danken dir, dass wir in diesem wunderbaren Kapitel Jesaja 53 sehen, wie du den Heilsplan Gottes, der schon vor Erschaffung der Welt da war, erfüllt hast.
Du bist in der Fülle der Zeit gekommen, um diese Erlösung zu schaffen.
Wir danken dir, dass du dieses Werk getan hast.
Niemand anders konnte es tun, weder irgendein Mensch noch ein Engel, nur du, der ewige Sohn Gottes, der dafür Mensch werden musste.
Wir danken dir für deine Leiden, deine Schmerzen und dein Sterben.
Wir empfehlen uns dir für die weitere Zeit, dass du mit uns gehst, uns deinen Segen schenkst und uns als Licht in dieser dunklen Welt einsetzt.
Amen.
Das göttliche Schwert und die Anbetung des leidenden Messias
Gehen wir aber weiter zurück zu Jesaja 53. Wir sind von diesem schwer verständlichen Vers ausgegangen: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen.“
Jetzt schlagen wir noch auf, Sacharja 13. Verzeihung, das sollte schon längst ausgeschaltet sein. Also, Sacharja 13, Vers 7: „Schwert, sei gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist“, spricht der Herr der Heerscharen. „Schlage den Hirten, dass die Schafe sich zerstreuen, und ich werde meine Hand gegen die kleinen Tiere wenden.“
Hier sagt Gott, das Schwert soll erwachen gegen seinen Hirten. Es geht um das Schwert Gottes, das den Messias am Kreuz treffen sollte. Übrigens, Jesus wird hier genannt „mein Hirte und der Mann, der mein Genosse ist“. Das hebräische Wort für „Genosse“ ist „Amit“ und hängt zusammen mit dem Wort „im“, das „mit“ bedeutet, quasi auf gleicher Ebene. Der „Amit“ ist ein Genosse, der auf gleicher Ebene steht.
Hier wird also auch gleichzeitig die Gottheit Christi angedeutet. Denn in Philipper 2, Vers 5 heißt es, dass Christus Jesus es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich erniedrigte. So nennt Gott der Vater seinen Sohn „mein Genosse“, „Amiti“, also der mir nächste, mir gleichgestellte. Und das Schwert soll über ihn kommen.
Dann noch ein Vers, den wir schon früher behandelt hatten: Psalm 69. Dort spricht David über die aus seinem Volk, die den Messias verfolgen würden. Psalm 69, Vers 27: „Denn den, den du geschlagen hast, haben sie verfolgt, und vom Schmerz deiner Verwundeten erzählen sie.“
Hier wird gesagt: „Denn den, den du geschlagen hast, haben sie verfolgt.“ Es geht also um den, der von Gott selbst geschlagen wurde, neben dem, was die Menschen ihm angetan haben. Darauf weist Jesaja 53 hin: das sind die sühnenden Leiden des Herrn.
Was uns am schwersten fällt in diesem Satz ist: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen.“ Wie kann das sein, dass dieser Text sagt, dass es Gott gefallen habe, dies zu tun?
Es ist uns klar, dass es für den Vater das Schlimmste war, seinen Sohn zu geben. Darum ist gerade die Hingabe seines Sohnes der größte Beweis seiner Liebe. In Johannes 3, Vers 16 heißt es: „Denn also hat Gott die Welt geliebt.“ Das Maß wird gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn gab. Gerade darin wird das Maß der Liebe deutlich, dass er bereit war, das Höchste und Letzte zu geben.
Römer 8, Vers 31 sagt: „Wenn Gott für uns ist, wer wird wider uns sein?“ Er, der seinen eigenen Sohn nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?
Dort haben wir in Römer 8, Vers 32 eine direkte Anspielung auf 1. Mose 22, denn der Ausdruck „nicht geschont“ ist übernommen aus dem Text von 1. Mose 22, wo Gott zu Abraham sagt, dass er seinen Sohn nicht geschont habe, nicht vorenthalten habe.
Gerade 1. Mose 22 wurde eben deshalb geschrieben, um uns zu zeigen, was es für Abraham bedeutete, diesen Schritt zu tun, seinen Sohn zu geben. Das war praktisch das Unmögliche. Damit wollte Gott uns alttestamentlich einen Hinweis geben, um zu verstehen, wie schrecklich es sein sollte, dass der ewige Vater seinen ewigen Sohn als Opfer geben würde.
Und trotzdem steht: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen.“ Der Grund ist, es war nicht das Gefallen, dass der Sohn leidet, sondern das Gefallen war, dass der Sohn verlorene Menschen rettet. Das ist der Punkt.
So gibt es eben ein unterschiedliches Gefallen. Der Herr Jesus sagt in Gethsemane: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“
Da könnte jemand auf die Idee kommen, der Wille des Herrn Jesus sei dem Willen des Vaters entgegengestellt. Er sagt nicht: „Mein Wille geschehe“, sondern „Dein Wille“. Nein, es war nicht die Freude des Herrn, dass er von Gott verlassen werden sollte, dass er mit unserer Sünde identifiziert werden sollte. Das war das Undenkbare, das war nicht sein Wille. Aber es war der Wille des Vaters, dass Menschen gerettet werden.
So ist es kein Gegensatz, sondern es geht um Unterschiedliches. Wenn der Herr sagt: „Nicht mein Wille“, also dieser Wunsch, nicht mit der Sünde identifiziert zu werden, sondern „Dein Wille“, das ist der Wille, dass Menschen durch diesen Weg gerettet werden sollen.
Es ist kein Widerspruch, sondern ein Kontrast von zwei Dingen, die gleichzeitig wahr sind.
Jetzt machen wir an dieser Stelle zwanzig Minuten Pause.
Ja, gerade eine Frage zu Beginn, bitte. Das kann eben beides bedeuten. Aber eben das Leiden des Herrn unter der Hand Gottes umfasste nicht nur das seelische Leiden, sondern auch körperliches Leiden.
Das ist ein wichtiger Punkt: In der Hölle werden die Menschen nicht als Seelen leiden, sondern als Einheit von Seele, Geist und Körper. Die Hölle wird also nicht nur ein seelisches oder geistiges Leiden sein, sondern auch ein körperliches.
Das sehen wir sehr eindrücklich in Matthäus 10. Dort sagt der Herr seinen Jüngern, die in Gefahr standen, als Märtyrer für ihren Glauben zu sterben, Folgendes: Matthäus 10,28.
Hier wird ganz klar gesagt, dass Menschen als vollständige Menschen verloren gehen und das Gericht sowohl Seele als auch Leib betrifft.
So hat der Herr unter der Hand Gottes gelitten. Aber das umfasste alles, denn er trug das Gericht, das wir verdient hätten, im Feuersee auf sich.
Darum kann man aus dem Wort „zerschlagen“ nicht ableiten, dass es nur auf das Seelische beschränkt sei. Es umfasst alles.
Und was es umfasst, das werden wir nie erfassen, in aller Ewigkeit nicht. Darum wird es auch Gegenstand der Anbetung bleiben, in aller Ewigkeit.
In Offenbarung 5 sehen wir Johannes entrückt im Himmel. Er sieht im Allerheiligsten im Zentrum den Thron Gottes mit der Bundeslade und den Cherubim, den vier Engeln darum.
Dann sieht er inmitten des Thrones den Herrn Jesus als das Lamm. Es heißt ganz klar: Inmitten des Thrones steht der Herr als das Lamm Gottes – im Zentrum der himmlischen Herrlichkeit – und das für alle Zeiten.
Niemand kann ergründen, was das für ihn war. Niemand kann ergründen, was es für den Vater war, ihn in dieses Gericht zu geben. Aber das wird Gegenstand der Anbetung Gottes sein in aller Ewigkeit.
Denn das, was da geschehen ist, wird nie mehr wiederholt werden. Dort wurde am allerdeutlichsten gezeigt, wer Gott ist, als Gott das Letzte gegeben hatte.
Aber das wird sich nicht mehr wiederholen. Es war einmalig. Und da steht auch in Römer 6, dass der Herr auferstanden ist und nicht mehr stirbt. Er wird nie mehr sterben.
Das ist absolut einmalig und einzigartig. Aber wir werden immer noch tiefer in diese Geheimnisse hineinkommen, in alle Ewigkeit.
Das müssen wir auch bedenken, wenn der Herr in Verbindung mit der Einsetzung des Abendmahls sagt, am Vorabend, als die Schatten von Golgatha bereits auf ihn gefallen waren: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Wir sind in der Gefahr, das Gedächtnis für uns zu vereinnahmen und zu fragen, was wir davon haben. Aber das ist eigentlich die falsche Einstellung dazu.
Es geht wirklich darum, dass der Herr den Wunsch hatte, dass wir seiner Leiden gedenken und immer wieder neu vor die Herzen stellen, was das für ihn bedeutete.
Die Fortsetzung der Prophetie: Schuldopfer, Samen und Auferstehung
Gehen wir weiter in Jesaja 53, Vers 10, der nächste Satz lautet: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen.“
Ich habe letztes Mal bereits erklärt, dass das Wort für Schuldopfer hier „Ascham“ ist. Dieses Wort wird in Verbindung mit der Opferlehre im 3. Buch Mose verwendet, speziell für das Schuldopfer. Ich gebe nur die Stelle an, damit man einen Beleg hat: 3. Mose 5,6: „Und er bringe sein Schuldopfer dem Herrn für seine Sünde“, also er bringe sein Ascham.
Daran sehen wir, und das möchte ich noch einmal wiederholen, dass man bereits in alttestamentlicher Zeit in Israel verstehen konnte, dass der ganze Opferdienst eine symbolische Bedeutung hat. Der Sinn der Opfer liegt nicht in den Tieropfern selbst, sondern sie sind nur ein Hinweis. Übrigens ist das schon seit dem Opfer Abels so: Wie ein ausgestreckter flammender Finger weisen diese Opfer auf den kommenden Erlöser hin, der diese Opfer in seinem eigenen Opfer erfüllen würde.
Dann steht eben: Wenn er dieses Opfer dargebracht hat, wird es eine Fortsetzung geben, so wird er Samen sehen. Was ist damit gemeint? Samen, Nachkommen?
In Johannes 12 erklärt der Herr, was das bedeutet. Das war kurz vor der Kreuzigung, und wir finden es in Johannes 12. Der Herr kam nach Jerusalem zur Passahfeier, aber das sollte die letzte Passahfeier sein, an der er gekreuzigt würde.
Wir lesen Johannes 12, vielleicht im Zusammenhang von Vers 20 bis 24: Es waren einige Griechen unter denen, die hinaufkamen, um am Fest teilzunehmen. Diese kamen zu Philippus von Bethsaida in Galiläa und baten ihn: „Herr, wir möchten Jesus sehen.“ Philippus geht zu Andreas, dann kommen Andreas und Philippus zu Jesus und sagen es ihm.
Jesus antwortet ihnen: „Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“
Wer sein Leben liebt, verliert es, und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.
In Jerusalem gab es viele Nichtjuden, die ebenfalls nach Jerusalem kamen. Der Ausdruck „Griechen“ bezeichnet im Neuen Testament griechischsprachige Bürger des Römischen Reiches. Das war üblich im Osten des Reiches, denn Griechisch war die Weltsprache, nicht Latein.
Diese Griechen, also Nichtjuden, kamen in den Tempel, weil sie den Gott Israels anbeteten. In der römischen Welt gab es damals viele Heiden, die genug hatten von den stupiden, ehebrecherischen und unmoralischen Göttern der Griechen und Römer. Bei vielen entstand die Sehnsucht, einem ewigen, unendlichen, persönlichen Gott zu begegnen. So hörten sie, dass die Juden einen gewaltigen Tempel zu Ehren genau dieses einen Gottes hatten, und kamen dorthin.
Der Herr sagt im Anschluss, dass jetzt die Zeit gekommen sei, die Stunde, in der der Sohn des Menschen durch sein Leiden verherrlicht werde. Dann sagt er: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt, bleibt es allein.“ Er vergleicht sich hier mit dem Weizenkorn, das man sät.
Ein Weizenkorn bleibt immer allein, wenn man es irgendwo aufbewahrt. Man muss es in die Erde legen. Erst dann entsteht neues Leben, und daraus entstehen viele Samen.
Der Herr sagt also: Wenn er nicht sterben würde, wäre er wie ein Weizenkorn, das aufbewahrt wird, aber allein bleibt. Wenn er aber sterben und begraben werden würde, würde daraus eine große Frucht entstehen.
Diese vielen Weizenkörner, die aus dem gesäten Weizenkorn hervorgehen, weisen darauf hin, dass viele Menschen durch das Erlösungswerk des Herrn Jesus gerettet werden und ihm als Volk zugerechnet werden.
Das wird hier gesagt: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen.“
Ein weiterer Vers aus den Psalmen wird unter diesem Hintergrund plötzlich verständlich, obwohl er sehr schwierig ist. Es ist Psalm 126, der letzte Vers, ein messianischer Vers, der auf den Erlöser hinweist: „Er hält die Beine still und trägt den Samen zum Säen, er kommt heim in Judes Jubel und trägt seinen Garben.“
Interessant ist, dass es hier heißt: den Samen zu säen.
So ist der Herr hingegangen nach Golgatha, war bereit, in den Tod zu gehen und ins Grab gelegt zu werden, in das Grab eines Reichen. Es war ein schwerer Weg.
Wir erfahren aus Hebräer 5, was in Gethsemane genau geschehen ist. Das können wir noch dazu aufschlagen: Hebräer 5, Vers 7.
Hier wird beschrieben, dass der Herr mit starkem Geschrei und Tränen gebetet hat. Die Evangelien sagen, dass er in einem Kampf war, als er betete, und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen. Das kennt man aus der Medizin: Nur in ganz extremen Fällen von unvorstellbarer seelischer Belastung ist es möglich, dass aus den Blutgefäßen Blut durch die Zellen austritt. Dieses Blutschwitzen gibt es tatsächlich.
Der Herr sah, dass er sich vor der Sünde retten und den Zorn Gottes auf sich nehmen musste. So hat er mit starkem Geschrei und Tränen gebetet.
Psalm 126 beschreibt: „Er geht weinend hin, tragend den Samen zum Säen.“
In Hebräer 5 ist es wichtig, genau zu lesen. Dort heißt es, er bittet und fleht zu dem, der ihn aus dem Tod zu retten vermochte. Es steht nicht „vor dem Tod zu retten“, sondern „aus dem Tod“.
Im Islam wird dieser Vers benutzt, um zu beweisen, dass die Aussage im Koran korrekt sei, dass Jesus nicht gestorben sei. Im Koran heißt es, Isa sei nicht gestorben, sondern jemand, der ihm ähnlich sah, sei gekreuzigt worden.
Dann sagen sie, es stehe ja im Hebräerbrief, dass der Herr vor dem Tod gerettet worden sei. Das ist falsch, die Bibelstelle sagt: „Der ihn aus dem Tod zu retten vermochte.“ Der Herr schrie darum, dass Gott ihn nicht im Tode lasse, und dafür wurde er erhört.
Dann heißt es: Obwohl er Sohn war, habe er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt. Das ist wichtig.
Der Herr war nie ungehorsam. Er konnte den führenden Juden sagen, in Johannes 8: „Wer von euch überführt mich der Sünde?“ Niemand konnte das sagen.
Aber warum heißt es hier, er habe den Gehorsam gelernt? Weil der Herr Jesus von Ewigkeit her als Sohn Gottes Gott gleich war. Er musste nie gehorchen.
Gott nennt ihn „Amiti“, mein Genosse, mein Gleichgestellter (Sacharja 13). Und er achtet es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein (Philipper 2,5).
Der Herr Jesus hat sich aber selbst erniedrigt und nahm als Mensch eine Stellung der Unterwürfigkeit ein. Darum sagt er auch in Johannes 14: „Der Vater ist größer als ich“, weil er sich als Mensch dem Vater unterstellt hat.
So war das für ihn etwas völlig Neues. Er hat den Gehorsam gelernt im Sinn, dass es für ihn eine neue Erfahrung war, zu gehorchen und nicht auf der gleichen Ebene wie der Vater zu bestimmen.
Noch etwas Wichtiges: Es heißt hier, obwohl er Sohn war, habe er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt.
Ich habe mir dieses „obwohl“ ganz speziell angemerkt. Man könnte auf die Idee kommen, es müsste heißen „weil er Sohn war, hat er den Gehorsam gelernt“. Nein, der Herr Jesus ist von Ewigkeit her Sohn Gottes, und als ewiger Sohn ist er Gott dem Vater nicht unterstellt.
Erst dadurch, dass er Mensch wurde, wurde er auch Sohn Gottes im Sinne, dass Gott sagt: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“
Wir müssen seine Sohnschaft als Mensch von seiner Sohnschaft als Gott unterscheiden.
Hier geht es um den ewigen Sohn, von dem gesagt wird: „Obwohl er Sohn war, hat er den Gehorsam gelernt.“
Wir leiten das von unserer menschlichen Erfahrung ab: Ein Sohn gehorcht dem Vater. Dann würden wir erwarten: „Weil er Sohn war, hat er den Gehorsam gelernt.“ Nein, es heißt „obwohl er Sohn war“.
Wir müssen weiterdenken. Natürlich gehorcht ein Sohn dem Vater, das ist bei jungen Söhnen normal, die zu Hause wohnen. Aber stellen wir uns einen Vater vor, der achtzig ist, und sein Sohn ist sechzig. Muss der Sechzigjährige ihm gehorchen? Da geht es nicht mehr um Unterordnung, sondern um eine Beziehung der Liebe und Wertschätzung. Da geht es nicht mehr um Unterstellung, sondern um eine andere Art von Sohn-Vater-Beziehung.
So ist es hier wichtig: Obwohl er Sohn war, der ewige Sohn, hat er durch das, was er litt, den Gehorsam gelernt.
In Hebräer 7 wird Melchisedek erwähnt als bildlicher Hinweis auf Christus. Von Melchisedek wird in 1. Mose 14 nichts über seine Geburt und seinen Tod gesagt. Plötzlich tritt in der Erzählung in 1. Mose 14 dieser Melchisedek, König von Salem, auf.
In Hebräer 7, Vers 3 heißt es: „Ohne weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend, ist er dem Sohn Gottes ähnlich gemacht oder verglichen und bleibt Priester auf immer.“
Interessant ist, dass hier nicht gesagt wird, dass er Christus verglichen wird, sondern dem Sohn Gottes. Es geht um die ewige Sohnschaft, ohne Anfang und ohne Ende. Das muss man wissen, wenn man diese Stelle liest.
Nun ging es um die Tränen und das starke Geschrei in Gethsemane.
Psalm 126,6 sagt: „Er geht weinend hin, tragend den Samen zum Säen, er kommt heim mit Jubel, tragend seine Garben.“
Das ist die Freude, die vor dem Herrn lag.
In Hebräer 12, Vers 2 heißt es: „Wir sollen unsere Augen richten auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der den ganzen Widerspruch der Sünder gegen sich erduldet hat und auch das Kreuz erduldet hat, wegen der vor ihm liegenden Freude.“
So hat der Herr gesehen, was die ganze Frucht, all die Ergebnisse seines Werkes sein werden. Das hat er gesehen in der Not des Leidens, und darum kommt er heim mit Jubel, tragend seine Garben.
Am ersten Tag der Woche, dem dritten Tag, dem Auferstehungstag, erschien der Herr Maria Magdalena am Grab. Sie erkannte ihn zunächst für den Gärtner.
Der Herr sagt ihr, sie solle zu seinen Brüdern gehen und ihnen sagen: „Ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott, ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater.“
Jetzt sind wir die neue Familie.
Der Herr nennt die Erlösten seine Brüder und gibt Maria Magdalena den Auftrag, diese Nachricht den Jüngern zu überbringen.
Er sagt das gewissermaßen als der Erstgeborene vieler Brüder, wie er in Römer 8 genannt wird. Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern.
Das ist der Same aus seinem Schuldopfer heraus.
Die Verheißung der verlängerten Tage und die Frucht der Mühsal
Ja, schlagen wir wieder auf Jesaja 53 auf. Jetzt kommt noch ein ganz interessanter Satzteil: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen, er wird seine Tage verlängern.“
Dieser Ausdruck „die Tage verlängern“ kommt sehr oft in den fünf Büchern Mose im Zusammenhang mit dem Gesetz vor. Gott sagt dort, wenn ihr gehorsam seid, dann werdet ihr eure Tage im Land verlängern. Das heißt also Leben. Im Idealfall war das ewiges Leben, denn in 3. Mose 19 wird gesagt: Wer alle Gebote einhält, wird durch sie leben. Das war die Verheißung: Wer die ganze Tora einhalten kann, wird ewig leben.
Aber die Tora wurde ja gegeben, um zu zeigen, dass wir alle Sünder sind und sie nicht einhalten können. Diese Ankündigung „die Tage verlängern“ ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Hier wird gesagt, nachdem er das Schuldopfer gestellt haben wird, das heißt also, er wird sterben, mit dem Schuldopfer, das geschlachtet wird, dann wird er leben. Das ist ein Hinweis auf die Auferstehung Christi. Der Messias musste leiden und dann seine Tage verlängern, also leben.
Ist denn sicher, dass das „die Tage verlängern“ ist und nicht „leben“? Du denkst, weil es heißt, dass die Tage verlängert werden. Ja, aber in den entsprechenden Sätzen in 5. Mose heißt es immer, wenn sie gehorsam sind, dann werden sie ihre Tage verlängern im Land. Also das bedeutet eben, die Person bleibt am Leben und kann im Land fortdauernd leben.
Dann ist noch Vers 11 interessant: „Um der Mühsal all seiner Seele wird er Frucht sehen, er wird sie sättigen.“ Haben andere Übersetzungen etwas anderes als „Frucht sehen“? Zum Beispiel „Fülle sehen“ oder „Licht“? Das ist bei Elberfelder und der revidierten Elberfelder so. Das Problem ist, dass im hebräischen Text nichts steht. Weder „Lust“ noch „Frucht“ noch irgendetwas. Darum ist in der alten Elberfelder Übersetzung das Wort „Frucht“ kursiv gedruckt, wie bei mir in Klammern. Das soll zeigen, dass es als Verständigungshilfe hinzugefügt wurde, aber im Grundtext nicht steht.
Es gibt ein Manuskript aus Qumran und auch die Septuaginta. Dort steht „Licht“ drin. Das ist aber vermutlich eine spätere Hinzufügung eines Abschreibers. Im Grundtext fehlt etwas, und das ist also sekundär. Der Zusammenhang macht aber klar, dass es um etwas geht, das man isst und davon einen Gewinn hat. Darum passt „Frucht“ besser als „Licht“ als Ergänzung.
Es geht darum, dass der Herr sich an den Erlösten, an diesem Samen, den er sieht, erfreut. In Hebräer 2 wird das schön beschrieben, wo es heißt: „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat.“ Das ist die Frucht der Mühsal seiner Seele. Wir denken oft nur allgemein daran, was der Herr für uns bedeutet, und zu wenig daran, dass die Bibel auch darüber spricht, was die Erlösten für ihn bedeuten: „Siehe, ich und die Kinder, die du mir gegeben hast.“
Dann der nächste Satz: „Doch seine Erkenntnis wird der Gerechte, mein Knecht, den vielen zur Gerechtigkeit verhelfen, und ihre Sünden wird er sich selbst aufladen.“ Hier wird ausdrücklich gesagt, dass der Herr die Sünde auf sich nehmen wird und so als Sündopfer sterben würde.
Es fällt auch auf, dass hier plötzlich nicht mehr in der Vergangenheitsform gesprochen wird. Vieles in Jesaja 53 ist ja in der Vergangenheitsform: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen, und wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt.“ Jesaja hat das so beschrieben, als sei es schon erfüllt, aber es war eine Prophetie.
Ich habe schon früher in einer Bibelklasse erklärt, dass hier das Phänomen des prophetischen Perfekts vorliegt. Das heißt, die prophetische Vergangenheitsform wird oft von den Propheten verwendet, um etwas Zukünftiges, das sie in der Vision gerade gesehen haben, in der Vergangenheitsform zu beschreiben. Dadurch wird es viel lebendiger.
Jesaja 53 ist so geschrieben, dass, wenn einmal der Messias auf dem Ölberg kommen wird und ein Drittel des jüdischen Volkes sich in der letzten Not der Drangsal bekehrt, es heißt, sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben. Dann werden sie wehklagen, sagt Sacharja 13, das ganze Land wird weinen. Dann werden sie Jesaja 53 so lesen, wie es da steht: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen, und wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt, doch um unserer Übertretung willen war er verwundet.“
In Vers 11 wird aber schon auf die Zukunft hingewiesen. Vers 10 am Schluss wird von Gott her zukünftig beschrieben. Da merkt jeder, dass es eine zukünftige Prophetie ist: „Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die vielen zur Gerechtigkeit weisen und wird ihre Missetaten auf sich laden.“
In diesem Satz haben wir in geballter Form die Lehre des Römerbriefes. Die große Frage des Römerbriefes ist: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? Diese Frage stellte sich schon im Buch Hiob: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? Antwort: Nicht einer.
Der Römerbrief zeigt, dass es doch möglich ist, nämlich durch das Erlösungswerk des Herrn Jesus. Gott kann alle Sünden hinwegtun, und wer dieses Opfer im Glauben annimmt, wird von Gott gerechtfertigt. Darum haben wir im Römerbrief die Rechtfertigungslehre.
Das Wort „rechtfertigen“ bedeutet nicht, gerecht machen, sondern gerecht erklären. Wenn jemand sich selber rechtfertigt, dann macht er sich nicht gerecht, sondern sagt, er war schon richtig und hat korrekt gehandelt. So rechtfertigt man sich.
Das Wort „rechtfertigen“ heißt also, jemanden als gerecht erklären. Der Römerbrief zeigt, dass der Höhepunkt in dieser Hinsicht in Römer 5, Vers 1 liegt: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind durch Glauben, haben wir Frieden mit Gott.“
Der Römerbrief erklärt, dass alle Menschen Sünder sind und die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen, aber es gibt eine Möglichkeit, wie sie von Gott gerecht gesprochen werden können. Das, was im Römerbrief so umfassend und detailliert dargestellt wird, wird hier prophetisch angekündigt: „Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die vielen zur Gerechtigkeit verhelfen.“
Denn das ist ja der Punkt im Römerbrief: Wir sind verloren, aber durch das Erlösungswerk kann Gott aus Sündern Menschen machen, die er als gerecht betrachten kann.
Jetzt noch Vers 12: „Darum will ich ihm die Vielen zum Anteil geben, und er wird die Starken zum Raub erhalten, dafür, dass er seine Seele dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat.“
Diese einzelnen prophetischen Informationen lohnen es, manchmal die erfüllten Prophezeiungen auszuzählen und zu sehen, wie konkret die Bibel die Dinge vorausgesagt hat.
Allein in diesem Vers könnte man, wenn man von hinten beginnt, eine Prophetie erkennen: Er wird für die Übeltäter Fürbitte tun. Die Erfüllung am Kreuz: Anstatt wie die anderen zu schreien und zu fluchen, hat der Herr gesagt: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23).
Das Unbegreifliche tat er, und das war auch vorausgesagt. Dann, von hinten her rückwärts: Er hat die Sünde vieler getragen. Das heißt, dass der Herr Jesus als Stellvertreter für die Sünden anderer sterben wird.
Drittens: Den Übeltätern wird er dabei gezählt. Das hat sich darin erfüllt, dass er, der Gerechte, der Vollkommene, der keine Sünde tat, der Sünde nicht kannte und in dem keine Sünde ist (1. Johannes 3, Vers 8), den Übeltätern beigezählt wurde. Er wurde mit zwei Kriminellen zusammen gekreuzigt.
Die Menschen, die von weitem zusahen, dachten, drei Kriminelle, die den Tod verdient haben. Das war eine tiefe Demütigung für den Herrn, mit solchen Menschen quasi auf die gleiche Stufe gestellt zu werden.
Aber hier wird erklärt, dass er das getan hat, seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod, das heißt, sein Blut gegeben hat. In 3. Mose 17 wird erklärt, dass das Blut der Lebewesen als ihre Seele gilt.
Das Wort „Nefesch“ kann manchmal einfach Leben bedeuten, manchmal aber auch das Ich, das Selbst. Wenn David sagt in Psalm 103: „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen“, dann bedeutet „meine Seele“ dort mein Selbst. Er macht sich selbst Mut.
Manchmal bedeutet „Nefesch“ einfach Leben. 3. Mose 17 sagt, dass das Leben alles Fleisches im Blut ist. Das ist uns klar: Was geschieht, wenn man das Blut vom Körper trennt? Dann ist man tot.
Hier steht also, dass der Messias in den Tod gehen wird, dafür, dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod. „Ausschütten“ weist auf eine Flüssigkeit hin, also auf sein Blutvergießen.
Der Satz beginnt mit: „Darum will ich ihm die Großen zuteilgeben, weil er eben diesen Weg der Leiden gegangen ist.“ Das ist eine Prophetie auf sein zweites Kommen.
Der Messias kam das erste Mal, um zu leiden. Er wird das zweite Mal kommen als Herrscher. Er wird alle Macht über die Großen dieser Erde übernehmen.
Wir können jetzt aufzählen, wer diese Großen auf der Erde sind. Es gibt solche, die gerade noch groß waren und jetzt abgetreten sind, wie es in Daniel heißt: Gott setzt Könige ein und setzt Könige ab. Aber es gibt immer noch eine ganze Reihe von Großen.
Wenn der Herr kommen wird, wird er die Macht über alle Länder der Welt übernehmen. Gott wird ihm also die Herrschaft über die Welt übergeben. Diese wird er mit Gewaltigen teilen, das sind all die bekehrten Juden aus der Drangsalzeit, die dann als Minister in seinem Reich eingesetzt werden.
Da die Zeit eigentlich vorüber ist, möchte ich nur noch kurz auf Jesaja hinweisen. Dort sieht man genau, wer diese Gewaltigen sind, mit denen er die Beute teilen wird.
Lest nur kurz Jesaja 32, Verse 1 und 2: „Siehe, ein König wird in Gerechtigkeit regieren, das ist der Messias im tausendjährigen Reich. Aber nicht alleine wird er regieren, sondern die Obersten werden nach Recht herrschen, und jeder wird sein wie ein Bergungsort vor dem Wind und ein Schutz vor dem Wolkenbruch, wie Wasserbäche im dürren Gegen, wie der Schatten eines gewaltigen Felsen im lechzenden Land. Da werden die Augen der Sehenden nicht mehr verklebt sein.“
Hier wird der Messias vorgestellt: „Siehe, ein König wird regieren in Gerechtigkeit.“ Die Fürsten, das sind diese Gewaltigen, die er aus dem Volk Israel als Minister einsetzen wird. Mit ihnen wird er die Macht und die Beute teilen.
Das wird eine ganz vollkommene Sache sein. Diese Politiker werden hier beschrieben. Wenn man sich das anschaut, möchte man sagen: Wo gibt es solche Politiker heute? Ein Mann wird sein wie ein Bergungsort vor dem Wind, oder ein Schutz vor dem Regensturm, ein Wasserbach in dürrer Gegend. Solche Leute bräuchte es wirklich.
Ein vierter Vergleich: Wie der Schatten eines gewaltigen Felsen im lechzenden Land. Da verblassen all die billigen Versprechungen, die oft vor Wahlen gegeben werden. Solche Leute werden es sein, mit denen der Herr die Beute teilen wird.
Was jetzt klar wird aus Vers 12: Das Herrschen des Messias wird später sein. Zuerst leiden, dann herrschen. Es war also auch alttestamentlich klar, dass der Messias zweimal kommen muss. Natürlich gibt es Stellen über den Herrschenden und Stellen über den Leidenden, aber es wird sogar aus dem Alten Testament klar, wie die Reihenfolge ist: zuerst der Leidende, dann später der Herrschende.
Wir müssen jetzt zum Schluss kommen. Wir wollen noch kurz beten.
Herr Jesus, wir danken dir, dass wir in diesem wunderbaren Kapitel Jesaja 53 sehen, wie du den Heilsplan Gottes, der schon vor Erschaffung der Welt da war, erfüllt hast. Du bist in der Fülle der Zeit gekommen, um diese Erlösung zu schaffen.
Wir danken dir, dass du dieses Werk getan hast. Niemand anders konnte es tun, weder irgendein Mensch noch irgendein Engel, nur du, der ewige Sohn Gottes, der dafür Mensch werden musste.
Wir danken dir für deine Leiden, für deine Schmerzen und für dein Sterben. Wir möchten uns dir anvertrauen für die weitere Zeit, dass du mit uns gehst, uns deinen Segen schenkst und uns als Licht in dieser dunklen Welt einsetzt.
Amen.