Ich möchte alle ganz herzlich zu diesem Bibelstudientag begrüßen. Heute ist alles ein bisschen speziell. Dieser Tag wäre fast ausgefallen, denn wir fanden keinen passenden Termin in der Umgebung von Merz, der sowohl mit dem Saal als auch mit der motivierten Gruppe aus Basel und aus Frick, die jeweils für die Küche zuständig ist, zusammengepasst hätte.
Jetzt haben wir das so gelöst: Wir konnten spontan eine Ad-hoc-Gruppe für die Küche zusammenstellen. Wenn irgendetwas schiefgeht oder es Pannen gibt, bitten wir um Verständnis. Das ist also sehr speziell, denn die Gruppe ist nicht aufeinander eingespielt, und trotzdem ist es möglich. Dafür sind wir sehr, sehr dankbar.
Und wenn wir schon bei den Pannen sind: Ein Stromkabel für das Klavier ist heute nicht mitgekommen. Deshalb steht uns heute kein Klavier zur Verfügung. Aber auch das schaffen wir, denke ich, ohne Klavier.
Der Vortrag wird heute Morgen wie auch heute Nachmittag wie gewohnt aufgenommen. Es wurde bereits gefragt, denn es gab Leute, die gerne gekommen wären, aber nicht konnten. Es gibt Aufnahmen, und auch die PowerPoint-Präsentation werde ich kostenlos im Internet über die Homepage des Büchertisches, der hier aufgestellt ist, zur Verfügung stellen.
Zum Büchertisch gibt es nach dem Morgenvortrag noch einige Informationen.
Nun zum Mittagessen: Viele haben sich angemeldet, aber auch eine ganze Reihe zu spät. Jetzt versuchen wir einfach, miteinander das zu teilen, was wir haben. Also gibt es Essen, solange der Vorrat reicht.
Eröffnung und Gebet zum Bibelstudientag
Ja, ich möchte zu Beginn noch mit uns beten. Herr Jesus Christus, wir danken dir, dass du da bist und uns diese Gelegenheit schenkst, an diesem Tag in besonderer Weise Zeit zu nehmen, um uns mit deinem Wort zu beschäftigen.
So bitten wir dich um deinen Segen und deine Leitung. Schenke uns Gelingen, damit trotz erschwerter Umstände alles gut verlaufen kann. Wir bitten dich, unsere Herzen für dich und dein Wort zu öffnen, damit wir alle an diesem Tag einen Gewinn von dir haben.
Wir empfehlen uns ganz dir und deiner Gnade an. Amen.
20 Franken sind der übliche Richtpreis. Auf dem Büchertisch steht eine Kartonkiste mit der Aufschrift „Kasse“. Dort kann man den Betrag einwerfen. Alles, was darüber hinausgeht, ist eine Unterstützung unserer Missionsarbeit von meiner Frau und mir. Dafür danken wir schon im Voraus herzlich.
Jetzt, Lorenz, könnte man es leicht ausmachen.
Einführung: Die Prägung Europas durch das Christentum
Das Thema heute Morgen lautet: Wie das Christentum Europa gestaltete und veränderte. Europa wurde in unserer Zeit, besonders seit der 68er-Revolution 1968, entchristlicht. Für große Massen leben wir heute in der nachchristlichen, in der postchristlichen Zeit. Gott soll aus Politik und Öffentlichkeit möglichst ausgeschlossen werden. Christliche Werte gehen mehr und mehr verloren und werden manchmal sogar öffentlich verhöhnt.
Doch unser alter Kontinent wurde jahrhundertelang durch den christlichen Glauben geformt und geprägt. Wir fragen uns heute Morgen: Worin bestand der Einfluss des Evangeliums? Was ist christlich an unserer kulturellen Vergangenheit? Wie wäre Europa ohne Christentum und ohne Bibel?
Als Einführung habe ich gedacht, nehme ich Bezug auf einen kürzlich erschienenen Artikel, ein Essay in der Weltwoche vom 2.12.2010. Da schreibt Professor Beda Stadler. Er ist Professor und Rektor des Instituts für Immunologie der Universität Bern. Außerdem ist er Mitglied des Beirats der Giordano Bruno Stiftung, einer sehr aktiven atheistischen Vereinigung, die für den Atheismus und die Verbreitung des Atheismus in unserer Zeit kämpft.
Dieser Beda Stadler hat einen Artikel geschrieben mit dem Titel „Das christliche Kulturloch“. Darin sagt er, das Christentum sei eine kulturelle Katastrophe gewesen, die erst durch die Aufklärungszeit im 18. und 19. Jahrhundert wieder gestoppt werden konnte. Das sei also ein tausendjähriges Kulturloch gewesen.
Allerdings ist man, wenn man seinen Artikel aus der Sicht des Historikers liest, gerade in geschichtlicher Hinsicht etwas überrascht. Er schreibt zum Beispiel, die kulturelle Wiege der Menschheit sei bei den Assyrern gewesen. Wahrscheinlich hätte er Sumerer schreiben wollen, denn die assyrische Kultur kam ja später.
Dann schreibt er, auf die assyrische Kultur sei die ägyptische gefolgt. Auch hier verirrt er sich, denn die ägyptische Kultur war viel älter und früher als die assyrische Blüte. Weiter schreibt er, dass unsere Kultur, unsere europäische Kultur, ganz wesentlich auf der griechischen Philosophie und dem römischen Recht aufbaue – nicht aber auf Judentum und Christentum.
Diese Dinge wollen wir uns heute Morgen etwas genauer anschauen, um zu prüfen, ob er da Recht behält.
Historischer Kontext und messianische Prophetien
Als Einführung gehen wir in Gedanken zweitausend Jahre in die Vergangenheit. Um die Zeitenwende wurde Jesus Christus am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika geboren. Durch sein Kommen vor zweitausend Jahren erfüllte er über dreihundert Prophezeiungen aus dem Alten Testament über den kommenden Erlöser.
Ich habe dieses Thema speziell in meinem Büchlein Der verheißene Erlöser ausführlich behandelt. Es lässt sich geschichtlich und beweiskräftig nachweisen, dass diese Prophezeiungen in Jesus von Nazareth in Erfüllung gegangen sind.
Ich möchte Bezug nehmen auf eine besondere messianische Prophetie in Jesaja 49. Dabei geht es um Europa im Alten Testament. Jesaja schrieb um 700 vor Christus. Wir hören in Jesaja 49,1 die Stimme des Messias: „Hört auf mich, ihr Iyim, und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne!“
In Vers 6 heißt es: „Ja, er, Gott, spricht: Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um ein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“
An dieser Stelle wurde vorausgesagt, dass die Botschaft des Messias als Rettungsbotschaft einmal in der ganzen Welt verkündigt werden soll – bis an das Ende der Erde. Der Ausdruck „Ende der Erde“ bezeichnet die Extremitäten des Festlandes auf der Erde.
Man bedenke, in Ezechiel 5,5 wird gesagt, dass für Gott in seiner Sicht der Welt Jerusalem und damit das Land Israel im Zentrum steht. Wenn wir also auf der Weltkarte das Land Israel im Zentrum sehen – das ja sowieso speziell am Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika liegt – dann muss man von dort aus die Extremitäten des Festlandes betrachten.
Von dort aus sind das Ende der Erde zum Beispiel Kanada, Alaska oder Südamerika, Südafrika und die Extremitäten im Fernen Osten, Australien usw. Diese Botschaft sollte also die ganze Welt erreichen, was tatsächlich im Verlauf der vergangenen zweitausend Jahre geschehen ist. Die Botschaft von Jesus Christus ist in jede Nation der Welt gelangt.
Aber hier in diesem Abschnitt wird ein Erdteil besonders angesprochen: „Hört auf mich, ihr Iyim, und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne!“
Was ist das, die Iyim? Bei dem hebräischen Wort Iyim, das im Text von Jesaja 49,1 zumeist mit „Inseln“ übersetzt wird, handelt es sich um einen interessanten geografischen Begriff. Er bezeichnet im biblischen Hebräisch insbesondere die Inseln und Küstenländer des Mittelmeers auf der europäischen Seite von Kleinasien bis Spanien.
Das kann man nachlesen bei zwei der bedeutendsten Hebräischkenner des 19. Jahrhunderts, Kail und Delitzsch, in ihrem vielbändigen Kommentar zum gesamten Alten Testament. Es wird erläutert in Band 1, Seite 134.
Also weisen die Iyim als geografischer Begriff speziell auf Europa hin. Hier in diesem NASA-Bild sehen wir den afrikanischen Kontinent mit Ägypten, dann Asien mit dem Land Israel, Libanon, Syrien hinauf bis in die Türkei. Dann sehen wir hier das Festland von der Türkei her auf der europäischen Seite mit den vorgelagerten Inseln.
Dieses Gebiet wird in der Bibel mit Iyim bezeichnet. Iyim kann also nicht die Insel Hawaii oder andere Inseln im Pazifik bezeichnen, sondern genau diesen Bereich. Das ist wirklich das alttestamentliche Wort für Europa.
Ich habe hier alle Stellen im Alten Testament aufgeführt, in denen der Begriff Iyim vorkommt – übrigens zum ersten Mal in 1. Mose 10,5, wo es um die Nachkommen Noahs geht, die Japhethiten, die von Babel nach Europa ausgewandert sind und Europa besiedelt haben.
Japheth ist der Vorfahre zum Beispiel der Germanen und Kelten.
Die besondere Rolle Europas im messianischen Plan
Nun zurück zu Jesaja 49,1. Der Messias soll ein Licht für alle Völker sein. Wir wissen, dass in den vergangenen zweitausend Jahren Millionen von Menschen aus allen fünf Kontinenten Jesus Christus als ihren persönlichen Retter angenommen haben.
In Jesaja 49 wird jedoch ein Teil der Erde ganz besonders angesprochen. Der Messias spricht Europa direkt an: „Hört auf mich, ihr Inseln, und merkt auf, ihr Völkerschaften in der Ferne!“
Warum wird Europa speziell angesprochen? Warum vor Asien und vor Afrika? Die Botschaft des Messias, ausgehend von Jerusalem im Land Israel, hätte genauso gut Asien zu dem bedeutenden christlichen Kontinent machen können. Doch das ist nicht geschehen in den vergangenen 2000 Jahren. Ebenso wäre es denkbar gewesen, dass Afrika diese Rolle übernimmt, aber auch das ist nicht der Fall.
Mit Europa jedoch ist es so gewesen. Die Bibel weist prophetisch darauf hin, dass Europa im Blick auf den Messias eine ganz besondere Rolle spielen würde. Man könnte sagen, Europa ist der messianische Kontinent. Wenn man das Wort „messianisch“ zurückübersetzt, bedeutet es im Griechischen „christlich“. „Christianos“ heißt messianisch, also ist der christliche Kontinent der messianische Kontinent.
Das Evangelium, die frohe Botschaft von Jesus Christus, kam bereits im ersten Jahrhundert nach Europa. Natürlich auch nach Asien und Afrika, aber für Europa sollte es eine ganz besonders nachhaltige Bedeutung haben.
Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang vor allem die Missionsreisen des Apostels Paulus. Man denke an all die Gemeinden, die er in Europa gegründet hat, wie Philippi, Thessalonich, Korinth und andere.
Bereits nach Pfingsten im Jahr 32 nach Christus gingen offensichtlich Juden, die damals zum Glauben an den Messias gekommen waren, wieder heim nach Rom. Denn zu Pfingsten waren Juden aus der gesamten damaligen Welt und auch aus Europa versammelt. Diese bekehrten Juden brachten offenbar das Evangelium bereits nach Rom, bevor der Apostel Paulus dorthin kam.
Die Gemeinde in Rom wurde nicht durch Paulus gegründet, obwohl er an diese Gemeinde den Römerbrief schrieb. Sie war schon längst gegründet, wohl durch bekehrte Juden ab der Zeit von Pfingsten im Jahr 32 nach Christus.
Widerstände gegen das Evangelium in der antiken Welt
Als die frohe Botschaft von Jesus Christus in die Welt Europas eindrang und damit in die Kultur der Griechen, Römer, Germanen und Kelten, stieß das Evangelium auf gewaltigen Widerstand.
Hier einige ganz wichtige Widerstände. Ein Bollwerk gegen das Evangelium war einerseits die gesamte Götterwelt der Griechen und Römer. Das stellte einen gewaltigen Kontrast dar und war völlig unvereinbar mit dem Evangelium. Zweitens war es der Kaiserkult: Die Verehrung des Kaisers als Gott wurde von den Christen grundsätzlich und eindeutig abgelehnt. Dabei machten sie keine Kompromisse.
Weiterhin war der Okkultismus und die Esoterik, die in der alten Welt weit verbreitet waren, ein totaler Gegensatz zum Evangelium. Hinzu kam der religiöse Pluralismus. Vor zweitausend Jahren war man im Bereich des Römischen Reiches sehr tolerant in dem Sinn, dass man glauben konnte, was man wollte. Allerdings musste man dem Kaiser opfern und ihn als Gott verehren. Das war vorgeschrieben. Daneben konnte man jede Religion ausüben, die man wollte.
Es war sogar so, dass viele Menschen zu mehr als einer Religion gehörten. Viele verehrten die römischen Götter wie Jupiter, waren aber gleichzeitig Mitglieder eines Geheimbundes, der asiatische Gottheiten verehrte. Das war für sie kein Problem. Deshalb verstanden die Römer nicht, warum die Christen keinen Kompromiss eingehen konnten. Für sie war klar: Ihr dürft Christen sein, aber ihr müsst dem Kaiser opfern. Das gehörte einfach zur politischen Loyalität gegenüber dem Reich.
Das konnten die Christen jedoch nicht akzeptieren, denn es widersprach dem ersten Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“
Die Philosophie der Griechen und Römer war ebenfalls ein totaler Gegensatz zum Christentum, zur Bibel und zum Evangelium. Eine weitere Festung gegen das Evangelium war die heidnische Unmoral und Perversion, die überall gegenwärtig war. Auch die Welt der Grausamkeit war typisch für die griechisch-römische Welt.
Abtreibung war verbreitet, ebenso Kindstötung und Kindsaussetzung. Die Gladiatorenspiele, nach dem Prinzip „Brot und Spiele“ – man hat zu essen und Unterhaltung –, waren grausam. Tausende Menschen wurden in den Arenen abgeschlachtet. Es flossen Ströme von Blut, und das alles diente nur der Unterhaltung der Menschen.
Missionsreisen des Apostels Paulus und die Konfrontation mit der antiken Kultur
Im Zusammenhang mit den Missionsreisen des Apostels Paulus möchte ich drei Städte hervorheben, die jeweils ein Bollwerk darstellten. Diese Bollwerke habe ich bereits zuvor erwähnt.
Paulus kam, wie in Apostelgeschichte 17 beschrieben, nach Athen. Diese Stadt war die Hochburg der Philosophie. Überall war man stolz auf die Philosophie, doch Athen galt als das Zentrum. Paulus wurde dort mit den Epikuräern und Stoikern konfrontiert. Er hielt auch die berühmte Rede auf dem Areopag, in der er Bezug auf die philosophischen Gedanken der Epikuräer und Stoiker nahm.
Später schreibt Paulus im Kolosserbrief, Kapitel 2, Vers 8: „Seht zu, dass nicht jemand euch als Beute wegführe durch die Philosophie und durch leeren Betrug, nach der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt, das heißt nach den Grundsätzen der Welt und nicht nach Christus.“ Hier sehen wir den Gegensatz zwischen Philosophie und Evangelium deutlich.
Der Apostel Paulus kam, wie in Apostelgeschichte 18 beschrieben, auch nach Korinth. Korinth war die Hochburg der Unmoral und Perversion. Die gesamte antike Welt war von Unmoral geprägt, aber schlimmer als in Korinth war es kaum möglich. Im Griechischen gab es sogar das Verb „korinthiazesthai“, das „korinthisch leben“ bedeutete und gleichbedeutend mit einem unmoralischen und perversen Leben war.
In Korinth entstand eine Gemeinde, und Paulus muss gerade in 1. Korinther 5 bis 7 besonders auf die Probleme der Unmoral eingehen. In 1. Korinther 6, Vers 18 lesen wir: „Flieht die Hurerei!“ Das griechische Wort „porneia“ bezeichnet im neutestamentlichen Griechisch jeden Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, also vor der Ehe, daneben oder Ehebruch. Auch Homosexualität ist eingeschlossen. Paulus schreibt weiter: „Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes. Wer aber hurert, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?“
Der Apostel Paulus kam auch nach Ephesus, in der heutigen Türkei. Wie gesagt, bezeichnet das Wort „Iyim“ alles von der Türkei bis nach Spanien. Ephesus war die Hochburg des Okkultismus. Überall waren Magie und Aberglaube verbreitet, aber schlimmer als in Ephesus ging es nicht mehr.
Dort wurde besonders die Artemis der Epheser verehrt. Diese Göttin war eine Totengöttin, und man sagte, ihre schwarze Magie sei stärker als alle andere schwarze Magie. Paulus schreibt später an die in Ephesus entstandene Gemeinde in Epheser 2,2: „In welchen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams.“
Paulus spricht in diesem Brief nicht direkt über Artemis, aber er spricht über den Satan. Er nennt ihn den „Fürsten der Gewalt der Luft“, den Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt.
Das Urteil des Römerbriefes über die heidnische Welt
Wir wollen uns nun das Urteil des Römerbriefes über die heidnische Welt anschauen. Dort wird eindrücklich beschrieben, wie es damals genau zuging in der Gesellschaft, in die das Evangelium hineinkam – besonders in Europa, aber nicht nur dort.
In Römer 1,24 schreibt Paulus über die Völker, die Gott nicht kennen und keine Bibel haben. Darum hat Gott sie dahingegeben in die Gelüste ihrer Herzen, sodass sie ihre Leiber in Unreinigkeit untereinander schänden.
Diese Menschen haben die Wahrheit Gottes in Lüge verwandelt und dem Geschöpf mehr Verehrung und Dienst erwiesen als dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen!
Deshalb hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Sowohl die Frauen haben den natürlichen Gebrauch in den unnatürlichen verwandelt, als auch die Männer haben den natürlichen Gebrauch der Frauen verlassen. Sie sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben und den gebührenden Lohn ihrer Verehrung an sich selbst empfingen.
Gleichwie sie es nicht für gut fanden, Gott in Erkenntnis zu haben, hat Gott sie dahingegeben in einen verworfenen Sinn, um Dinge zu tun, die sich nicht geziemen.
Sie sind erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht und Schlechtigkeit. Sie sind voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke, Ohrenbläser, Verleumder, Gotthasser, Gewalttäter, Hochmütige, Prahler, Erfinder böser Dinge, Eltern ungehorsam, unverständig, treulos und ohne natürliche Liebe.
Der Ausdruck „ohne natürliche Liebe“ meint im Griechischen speziell die Liebe zwischen Eltern und Kindern.
Diese Menschen sind unbarmherzig. Obwohl sie Gottes gerechtes Urteil erkennen – dass solche Taten des Todes würdig sind – üben sie sie nicht nur aus, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die sie tun.
Die Doppelgesichtigkeit des Christentums und die Endzeit
Nun werden wir heute Morgen sehen, wie das Evangelium einen gesegneten Einfluss auf Europa hatte, Europa formte und veränderte – ein Europa, das aus dem Zustand herausgekommen ist, wie er in Römer 1 beschrieben wird.
Aber nun ist etwas ganz Wichtiges. In 2. Thessalonicher 2 beschreibt Paulus das Geheimnis der Gesetzlosigkeit. Dieses Geheimnis betrifft die Zeit der Gemeinde, der Kirche hier auf Erden, bis zur Wiederkunft Christi – am Tag Christi, wenn Jesus Christus als Richter der Welt auf dem Ölberg wiederkommen wird.
Das Evangelium sollte einen verändernden Einfluss haben, aber gleichzeitig würde sich Gesetzlosigkeit innerhalb der Christenheit ausbreiten. Das Böse sollte sich ausbreiten, sagt 2. Thessalonicher 2, hin zu einem Höhepunkt. Kurz vor der Wiederkunft Christi als Richter der Welt würde der Antichrist kommen, der den Abfall vom Evangelium zu einem Höhepunkt führen würde.
Bevor der Antichrist kommen würde, würde in der Christenheit ein allgemeiner Abfall von Gott und seinem Wort stattfinden. Deshalb ist es wichtig, wenn wir Europa anschauen. In der Geschichte der Christenheit sehen wir dieses Vorangehen und Wachsen der Gesetzlosigkeit einerseits, aber auch das Wachsen und Vorangehen des verändernden und erneuernden Evangeliums.
Am Schluss zeigt sich diese Doppelgesichtigkeit des Christentums. Der Herr Jesus selbst hatte in Matthäus 13 in den Gleichnissen vom Reich Gottes vorausgesagt, dass es zu einer totalen Vermischung kommen würde. Im Gleichnis vom Unkraut und dem Weizen erklärt er: Der Weizen stellt auf dem Acker die wahren Gläubigen dar, aber dort wächst auch Lolch.
Lolch ist ein Unkraut, das dem Weizen ähnlich sieht, aber erst bei der Ausreifung wirklich klar von Weizen unterschieden werden kann. Dieser Lolch wird dazwischen gesät durch einen feindlichen Menschen. Der Herr Jesus erklärt, dass die Christenheit im Reich Gottes eine Vermischung von echten und falschen Christen sein wird.
Wichtig ist, dass im Geheimnis der Gesetzlosigkeit, im 2. Thessalonicher 2, der Apostel Paulus erklärt, dass der Heilige Geist als Kraft da sein würde. Er würde gegen die Ausbreitung der Gesetzlosigkeit wirken. Aber schliesslich wird er dann weggehen bei der Entrückung der Gemeinde. Danach wird die Gesetzlosigkeit im Antichristen zum absoluten Höhepunkt kommen können.
Also: Die Endzeit nach der Bibel ist die Zeit, wenn das jüdische Volk aus aller Welt zurückkehrt, in der Epoche vor der Wiederkunft Jesu Christi als Richter der Welt. So können wir sagen, die Endzeit beginnt ab 1882 bis heute und auch morgen. Sie geht darüber hinaus. Das ist die Endzeit.
In dieser Epoche, die nach den Propheten eben durch das Rückkehren der Juden gekennzeichnet ist – begonnen mit der ersten Einwanderungswelle 1882 –, sollte der grosse Abfall kommen. Dieser würde schliesslich zum Kommen des Antichrists führen, nach der Entrückung, wenn der Heilige Geist bei der Entrückung weggehen wird.
Wir leben jetzt gerade in dieser Epoche davor, in der dieser Abfall und diese Vollendung der Gesetzlosigkeit zu einem Höhepunkt kommen würden. So sagte der Apostel Paulus voraus: In dieser letzten Zeit der Christenheit werden all die Dinge des Heidentums aus Römer 1 wieder neu hervorkommen.
Das wurde besonders deutlich nach 1968, als man die antiautoritäre Erziehung propagierte und man plötzlich merkte, wie die Kleinen nicht mehr wussten, was Gehorsam bedeutet. Dann sagte man, das habe es schon längst auch früher gegeben. Man kann bei den Griechen nachlesen, dass man über Kinder klagt, die nicht gehorchen. Das ist nichts Neues.
Die Bibel sagt ja, dass es in der Antike so war, aber dass es in der Endzeit wiederkommen würde (2. Timotheus 3,1ff). Dabei kommen Wörter exakt gleich vor, gleiche Vokabeln, die man in Römer 1 findet – aber hier im Zusammenhang mit der abgefallenen Christenheit.
Das hat besonders Bedeutung für Europa, weil Europa der christianisierte Kontinent sein sollte. Dieses Aberwissen, das in den letzten Tagen gilt, ist also nicht der Weltuntergang, sondern die letzten Tage am Ende dieser langen Epoche zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen von Jesus Christus.
Dieses Aberwissen sagt, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden. Denn die Menschen werden eigenliebig sein. Übrigens gilt Selbstverliebtheit heute als ein Megatrend unserer Gesellschaft. Man spricht hier von Trends und in der Trendforschung von Megatrends. Ein Megatrend ist Eigenliebe.
Es beginnt mit dem Eigenliebigsein: geldliebend, prahlerisch, hochmütig oder arrogant – so kann man es übersetzen –, lästernd, ihren Eltern ungehorsam, undankbar, „unheilig“ – man kann auch übersetzen mit gottlos, frevelhaft, gräuelvoll, ohne natürliche Liebe. Das ist wieder das Wort astorgä, das wir schon aus Römer 1 kennen.
Weiter geht es mit unversöhnlich, verleumderisch, unenthaltsam – man kann auch übersetzen mit ohne Selbstbeherrschung –, grausam oder brutal, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen – man kann auch übersetzen mit roh oder wild –, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott.
Diese Menschen haben eine Form der Religiosität, deren Kraft sie aber verleugnen. In dieser ganzen Aufzählung beginnt es mit Liebe und endet mit Liebe. Es gibt verschiedene Arten von Liebe: Am Anfang steht Eigenliebe, Selbstverliebtheit, und am Schluss die Liebe zum Vergnügen.
Das ist absolut kennzeichnend für unsere hedonistische Zeit, die den Sinn des Lebens in Unterhaltung und Vergnügen sucht.
Nun, diese Endzeit, im Urteil von 2. Petrus 3: Petrus schrieb aus einer Todeszelle über die letzten Tage. In 2. Petrus 3,17 heißt es: „Ihr nun, Geliebte, da ihr es vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Ruchlosen mit Fortgerissen aus eurer eigenen Festigkeit fallet.“
Das hier mit „ruchlos“ übersetzte Wort lautet im Griechischen atesmos. Es bedeutet Gesetzesverächter, Gesetzeswidriger, Sittenwidriger, Gesetzloser, Ungerechter.
Wenn man an die ganze Unmoral seit der 68er-Bewegung denkt – mit Konkubinat, Partnerwechsel, Ehebruch, Homosexualität, Pornografie, steigender Gewaltbereitschaft, Abtreibung, Gottlosigkeit, Okkultismus in Verbindung mit der New-Age-Bewegung, Drogenmissbrauch und steigender Kriminalität – dann versteht man, was dieses atesmos bedeutet.
Nochmals: „Ihr nun, Geliebte, da ihr es vorher wisst, so hütet euch, dass ihr nicht durch den Irrwahn der Ruchlosen mit Fortgerissen aus eurer eigenen Festigkeit fallet.“
Hier sehen wir, dass die wahren Christen in der Endzeit in großer Gefahr sein werden, durch diesen Abfall innerhalb der Christenheit mitgerissen und beeinflusst zu werden.
Das Heilmittel folgt im letzten Vers: „Wachset aber in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilanders Jesus Christus. Ihm sei die Herrlichkeit sowohl jetzt als auch an dem Tag der Ewigkeit!“
Wer sich mit Jesus Christus und seiner Herrlichkeit beschäftigt, kann diese Beeinflussung überwinden. Denn das erfüllt das Herz, das Innere, und gibt eine Befriedigung, die all das, was uns in unserer Gesellschaft als Vergnügen angeboten wird, als das erscheinen lässt, was es ist: leer und hohl.
Einfluss des Christentums auf europäische Kultur und Gesellschaft
Nun wollen wir verschiedene Aspekte betrachten, wie das Christentum in die europäische Welt eingedrungen ist und sie verändert sowie geprägt hat. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es eine Welt der Grausamkeit war.
Wenn also Beda Stadler schreibt, unsere heutige Kultur baue auf der römisch-griechischen Kultur auf, und nach dem Unterbruch des Christentums kehre man wieder zu dieser zurück, dann würde das bedeuten, dass wir zu einer Kultur der Gewalt zurückkehren – und zwar besonders zur Gewalt gegen Kinder.
Im Römischen Reich war die Kindstötung weit verbreitet. Sie wurde als Mittel der Familienplanung eingesetzt. Auch Abtreibungen waren umfangreich. Man braute Säfte mit Giftstoffen, die zur Abstoßung der Leibesfrucht führten, also der Kinder im Mutterleib. Sehr verbreitet war auch das Aussetzen von Kindern. Man kennt ja die Sage von Romulus und Remus, den Gründern Roms, die ebenfalls ausgesetzt wurden. Doch das ist nicht nur eine sagenhafte Geschichte, sondern spiegelte eine sehr verbreitete Praxis wider: Unerwünschte Kinder wurden einfach irgendwo ausgesetzt und mussten sehen, wie sie überleben.
Diese Praxis war sogar im römischen Recht verankert. Im berühmten Zwölftafelgesetz der Römer wurde festgelegt, dass missgebildete Säuglinge getötet werden sollen.
Wir können erkennen, wie solche Dinge in unserer heutigen Zeit wieder auftauchen. Seit Beginn der Liberalisierung 1973 in den USA, danach in Italien, Frankreich und vielen weiteren Ländern, sind seit 1973 weltweit über eine Milliarde Babys im Mutterleib getötet worden. Das ist das größte Blutbad in der gesamten Weltgeschichte.
Die Christen waren grundsätzlich gegen Kindstötung, Abtreibung und Kindsaussetzung. Für sie war klar: Der Mensch ist im Bild Gottes erschaffen worden (1. Mose 1,27). Deshalb darf man ihn nicht antasten. In 1. Mose 9 wird weiter gesagt, dass der Mörder den Tod verdient, weil er einen Menschen getötet hat, der im Bild Gottes erschaffen wurde. Die Unantastbarkeit des Lebens wird in 1. Mose 9 gerade mit der Tatsache begründet, dass der Mensch im Bild Gottes geschaffen ist.
Die Christen kannten Johannes 3,16: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ Jeder Mensch, der zu dieser Welt gehört, ist von Gott geliebt. Gott war bereit, das Höchste zu geben – seinen Sohn. Dabei handelt es sich nicht um eine kollektive Liebe, denn es heißt: „damit jeder, der an ihn glaubt“. Es geht um den Einzelnen, der durch den Glauben an den Sohn Gottes gerettet wird.
In Matthäus 19,14 sagt der Herr Jesus: „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich der Himmel.“
Ganz grundsätzlich stand schon in den Zehn Geboten in 2. Mose 20,13: „Du sollst nicht töten.“ Übrigens bedeutet das hebräische Wort „razach“ illegales Töten. Manchmal wird gefragt: Wie kommt es dann, dass im Alten Testament die Todesstrafe erlaubt ist und es Kriege gab, wie zum Beispiel unter Josua? Wichtig ist, dass hier nicht das allgemeine Wort für Töten, „harak“, verwendet wird, sondern „razach“, das illegales Töten meint. Im Deutschen haben wir dafür das Wort „Morden“. Der Sinn des Gebots ist also: Du sollst nicht morden.
In Matthäus 18,5 sagt der Herr Jesus: „Wer irgendein solches Kindlein aufnimmt, nimmt mich auf.“ Hier zeigt Jesus sogar den Wert der Adoption. Er beschreibt sie als etwas Großartiges. Wer ein Kind so bei sich aufnimmt, nimmt ihn selbst auf.
Darum haben Christen auch in der Zeit der Verfolgung durch die Römer – die vom ersten Jahrhundert unter Nero bis zur konstantinischen Wende 313 dauerte – ausgesetzte Kinder bei sich aufgenommen und sich um sie gekümmert. Sie versorgten Waisenkinder und zogen damit das Unverständnis und sogar den Hass der Gesellschaft auf sich. Für sie war jedoch klar: Der Herr Jesus hat den Wert der Adoption deutlich gezeigt.
Im vierten Jahrhundert wurde das Christentum schließlich Staatsreligion. Es kam zu einer gewaltigen politischen Wende im Römischen Reich. Valentinian I. verbot als erster Kaiser im Jahr 374 Abtreibung, Kindstötung und Kindsaussetzung.
Historisch lässt sich also klar festmachen: In der alten Welt waren solche Praktiken nicht per Gesetz verboten. Durch den Einfluss des Evangeliums wurden sie im Römischen Reich gesetzlich untersagt.
Wie bereits erwähnt, nahmen Christen ausgesetzte Kinder bei sich auf. Ab dem vierten Jahrhundert, als sie nicht mehr verfolgt wurden, konnten sie dies in größerem Rahmen organisieren. So wurden sogar Waisenhäuser eingerichtet.
Christlicher Einfluss auf gesellschaftliche Reformen und ethische Werte
Nun wenden wir uns einem zweiten Punkt zu. Die Christen waren nicht nur gegen Kindstötung, sondern auch gegen Gladiatorenspiele. Wie bereits angedeutet, belustigten sich die Römer über Hunderte von Jahren an blutigen Gladiatorenspielen.
Wer waren diese Gladiatoren? Zumeist handelte es sich um Sklaven oder Kriegsgefangene, Menschen ohne Würde und ohne Wert. Es konnte also sein, dass man nach einem Krieg zehn Kriegsgefangene machte, die dann als Gladiatoren in die Arenen kamen. Dabei starben vielleicht etwa fünf im Kampf, weitere an den schweren Verwundungen, und andere überlebten. So war das, und die Menschen erfreuten sich an diesen Spielen.
Tertullian, ein Rechtsanwalt, der sich bekehrt hatte und um 200 nach Christus lebte, schrieb viele Bücher. Eines heißt „De spectaculis“, also „Über die Schauspiele“. Darin sagt er, Christen gehen nicht zu Schauspielen. Er war also nicht nur gegen Gladiatorenspiele, sondern allgemein gegen diese Art der Unterhaltung in den Theatern. Das sei nichts für Christen. Er schreibt ausdrücklich gegen die blutrünstigen Spiele mit den Gladiatoren.
Theodosius I., Kaiser von 379 bis 395, also in der Zeit, als das Christentum zur Staatsreligion wurde, schaffte die Gladiatorenspiele im Osten, im Oströmischen Reich, ab. Kaiser Honorius tat das um 404 auch im Westen.
Wenn wir an die Erfindung des Films in unserer Zeit denken, kann man sagen, dass die Unterhaltung an Gewalt im weitesten Sinn wieder ein Thema Nummer eins geworden ist. Dabei geht es nicht darum, in den Nachrichten etwas Wichtiges zu erfahren, sondern darum, Gewalt als Unterhaltung und Unterhaltungswert wahrzunehmen.
Es gab aber weitere Reformen. Kaiser Konstantin der Große, der ab Beginn des vierten Jahrhunderts an die Macht kam, verbot auch die Markierung von Gesichtern mit Brandeisen. Es war üblich, dass Sklaven, Kriminelle und auch Bergwerksarbeiter ein Brandeisen als Merkmal auf das Gesicht bekamen. Konstantin begründete sein Verbot damit, dass der Mensch im Bild Gottes erschaffen sei. Das gehe nicht, wenn man sein Gesicht durch ein Brandeisen verunstalte.
Eine weitere Reform stammt von Kaiser Constantius II., einem Sohn Konstantins, der von 337 bis 361 herrschte. Er forderte und richtete getrennte Gefängniszellen für Frauen und Männer ein. Für uns ist es heute völlig normal, dass es Frauengefängnisse und Männergefängnisse gibt. Das ist eine Errungenschaft des Christentums.
Man muss sich vorstellen, dass die Frauen in diesen Gefängniszellen die Opfer der Kriminellen waren. Was dort vorher geschah, kann man sich kaum vorstellen, und es wurde als normal angesehen. Doch durch den Einfluss des Evangeliums wurde das gründlich und grundsätzlich verändert.
Ein drittes Thema, das ebenfalls mit der Welt der Gewalt zu tun hat, ist der Selbstmord. Die Christen waren gegen Selbstmord. Zahlreiche Philosophen und Schriftsteller, besonders Stoiker, stellten in der antiken Welt den Selbstmord als etwas Rühmliches dar. Für die Römer war die Möglichkeit zum Selbstmord unter bestimmten Umständen ein großartiges Vorrecht.
In unserer Zeit ist dieses Thema wieder aufgekommen, etwa durch Organisationen wie Exit. Die Schweiz ist hier eine traurige Vorreiterin. Die Christen sagten jedoch grundsätzlich: Selbstmord ist keine Möglichkeit. Schon Clemens von Alexandria, in den frühen Jahrhunderten, sowie Lactantius, Gregor von Nazianz, Eusebius von Caesarea und Augustinus verurteilten Selbstmord.
Man beachte, dass heute, wenn in den Medien über Selbstmord gesprochen wird, das Wort „Selbstmord“ meist vermieden wird. Stattdessen spricht man von „Selbsttötung“ oder „Suizid“. Das Wort „Mord“ wurde bewusst entfernt, denn Mord bedeutet im Deutschen illegales Töten, also Totschlag. So will man es nicht mehr als Mord bezeichnen, sondern nur noch als Tötung. Die Christen hingegen müssen ganz klar von Selbstmord sprechen.
Auf der Synode von Elvira im Jahr 306 wurde Selbstmord als Sünde an den Pranger gestellt. Im Konzil von Arles 452 wurde erklärt, dass Selbstmord auf dämonische Mächte zurückgehe. Damit wurde Selbstmord klar verurteilt und nicht als Möglichkeit in ausweglosen Situationen dargestellt.
Wenn man in der Bibel das Thema nachverfolgt, sieht man, dass Selbstmord immer im Zusammenhang mit ganz negativen Beispielen steht. Man denke an den Selbstmord des Judas, an den Selbstmord von König Saul, der von Gott verworfen wurde, und so weiter. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele.
Auch hier gilt das Gebot aus 2. Mose 20,13: „Du sollst nicht morden.“
Christliche Sexualmoral und Eheverständnis
Wir haben bereits gesehen, dass Unzucht in der alten Welt ein Bollwerk gegen das Evangelium war. Deshalb wollen wir viertens anschauen, wie die Christen gegen Unzucht eingestellt waren. Zunächst muss ich erklären, wie die Christen zu diesem Thema standen.
In der römischen Welt gab es seit dem Ende des Punischen Krieges, also seit 146 v. Chr., einen fortschreitenden Zusammenbruch der Sexualmoral. Tacitus, ein Geschichtsschreiber des ersten Jahrhunderts nach Christus, schreibt in seinen Annales III,34, dass eine keusche Ehefrau Seltenheitswert hatte. Das zeigt uns, was in der Gesellschaft geschehen war.
Man kann das römische Reich als eine sexbesessene Gesellschaft bezeichnen. Das lässt sich sowohl aus der Literatur als auch aus der Malerei belegen. Ehebruch, vorehelicher Verkehr, Homosexualität, Pädophilie und Prostitution waren an der Tagesordnung. Unzucht war ein Thema im Theater, in der Kunst und in der Literatur.
Ganz wichtig ist: Es gab kein kulturelles oder moralisches Verbot für vorehelichen Verkehr oder für Ehebruch – allerdings muss man hier einschränken, dass dies nur für den Mann galt. Die Römer betrachteten die Ehe als einen politisch zweckdienlichen Bund zwischen Mann und Frau. Dabei galt die Frau als das Eigentum des Mannes, nicht umgekehrt.
Wenn eine Frau Ehebruch beging, verletzte sie das Eigentumsrecht des Mannes und konnte deshalb bestraft werden. Der Mann hingegen konnte nach römischer Auffassung grundsätzlich keinen Ehebruch begehen. Das ist pervers, aber so war es.
Es gab kein kulturelles oder moralisches Verbot für Ehebruch des Mannes, für Prostitution, Homosexualität, Pädophilie oder sogar für Sodomie, also Verkehr mit Tieren. Die heutige Gesellschaft verurteilt Pädophilie noch, obwohl es bereits Stimmen gibt, die versuchen, sie unter bestimmten Umständen gesellschaftsfähig zu machen. Die alte Welt war in diesem Sinn also moderner als unsere moderne Welt, denn dort war so etwas nicht verboten.
Zum Beispiel war der berühmte Philosoph Plato ein Pädophiler. Die römische Gesellschaft hatte eine ganz andere Sicht der Ehe als die Offenbarung der Bibel.
In Hebräer 13,4 heißt es: „Die Ehe sei geehrt in allem, und das Ehebett unbefleckt; denn Gott wird die Unzüchtigen und Ehebrecher richten.“ Damit wurde von Anfang an klargestellt, dass Sexualität in der Ehe nicht etwas Minderwertiges ist, sondern von Gott gegeben.
So wie alle Aspekte der Ehe geehrt werden sollen, muss auch dieser Aspekt geehrt werden. Gott hat in seinem Wort auch das Hohelied gegeben, das gerade diesen Bereich als ein Geschenk Gottes beschreibt – aber eben nur für den Bereich der Ehe.
Nochmals: „Die Ehe sei geehrt in allem und das Bett unbefleckt. Aber Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten.“ Hier wird also ganz grundsätzlich gesagt, dass wer Unzucht begeht und wer die Ehe bricht, von Gott gerichtet wird.
Beachtenswert ist, dass hier nicht „Ehebrecherinnen“, sondern „Ehebrecher“ steht. Das bedeutet, dass auch der Mann Ehebruch begehen kann. Das war im totalen Widerspruch zur damaligen Gesellschaft.
Man kann sagen, dass das Christentum zur Wiederherstellung der Würde der Ehe sowie der Würde von Mann und Frau im Zusammenhang mit Sexualität führte.
Als Illustration habe ich einen Onyx-Stein aus der Kaiserzeit, den die Römer verwendeten. Links sieht man den Kaiser Claudius und seine Frau Agrippina minor, die seine vierte Frau war. Dort sind zwei Ehepaare dargestellt.
Stellung der Frau im Römischen Reich und biblische Gegenüberstellung
Nun wenden wir uns dem Thema Frau zu. Im Römischen Reich war es üblich, kleine Kinder auszusetzen, wobei besonders neugeborene Mädchen gefährdet waren. Sie wurden oft getötet oder ausgesetzt. Das zeigt den geringen Wert, den Frauen in der alten Welt hatten. Wenn also in einem Artikel der Weltwoche behauptet wird, unsere moderne Kultur basiere auf der Kultur der Römer und Griechen – danke auch dafür!
Frauen waren nicht am Tisch, wenn der Mann Gäste hatte. Im Zwölftafelgesetz der Römer, Punkt vier, geht es um die patria potestas, also die Macht des Familienvaters. Der Ehemann hatte Zucht- und Tötungsgewalt über die Kinder und auch über die Frau. Das bedeutet, der Mann konnte die Frau misshandeln und bestrafen. Wenn unsere Gesetze also einfach auf den römischen Gesetzen ohne Revision aufgebaut sind, auch dafür danke.
Er konnte zwar die Ehefrau nicht aus beliebigen Gründen töten, nur bei Ehebruch war das möglich. In diesem Fall musste er nicht vor Gericht erscheinen. Für andere Fälle musste er einen Familienrat einberufen, der dann auch die Tötung genehmigen konnte. Die Frau hatte in dieser Rechtsordnung wenig bis keine Eigentumsrechte und nur ein begrenztes Erbrecht. Ein fehlender Schleier in der Öffentlichkeit konnte beispielsweise ein Scheidungsgrund sein.
Das Evangelium stellt das vollkommen anders dar. Der einzige von Gott anerkannte Grund für eine Scheidung ist nach Matthäus 5 und Matthäus 19 vollzogener Ehebruch – und nur dieser Grund. Im Römischen Reich gab es kein Scheidungsrecht für Frauen. Wenn der Mann untreu wurde, hatte die Frau keine Möglichkeit zur Scheidung, nur der Mann konnte sich scheiden lassen.
In Markus 10 spricht Jesus tatsächlich über den Fall, wenn die Frau den Mann entlässt. Doch auch hier lässt der Herr nur den Grund der vollzogenen Unzucht gelten.
Der römische Schriftsteller Seneca schreibt in seinem Buch De Ira über den Zorn (1,90), dass Zorn typisch weiblich und kindisch sei. Schon bei den alten Griechen gab es diese negative Sicht auf Frauen, die grundsätzlich als schlecht charakterisiert wurden. Bei den Römern finden wir das im Prinzip ebenfalls. Der römische Schriftsteller Juvenal sagt in seinen Satiren (6,457): „Frauen sind zu allem fähig.“ Hätte er gesagt, Frauen und Männer seien zu allem fähig, würde das der Bibel entsprechen, denn die Bibel sagt, dass der Mensch eine verdorbene, sündige Natur hat und grundsätzlich zu allem fähig ist.
Doch hier zeigt sich Doppelmoral: „Frauen sind zu allem fähig.“ Jesus wandte sich klar gegen solche Doppelmoral. Als die Ehebrecherin in Johannes 8 vorgeführt wurde, um gesteinigt zu werden, stieg er nicht darauf ein, obwohl sie auf der Tat erwischt wurde. Er stellte die grundsätzliche Frage: „Wo war der Mann?“ Diese Doppelmoral akzeptiert der Herr nicht. Es gibt keine unterschiedlichen Beurteilungen für Mann und Frau.
Bei den Römern gab es kein Wahlrecht bei der Verheiratung. Die Frauen, meist Kinder, wurden von den Eltern mit jemandem zusammengestellt. Kinderbräute waren sehr verbreitet. Der Mann war oft zehn Jahre oder älter als die Ehefrau. Das ist nicht grundsätzlich biblisch ausgeschlossen – Abraham war auch zehn Jahre älter als Sarah – aber es war nicht die Regel.
In der römischen Kultur wurde die Frau nicht als Gegenüber gesehen, wie im Schöpfungsbericht, wo Gott für Adam eine Hilfe schuf, die ihm gleichwertig gegenübersteht (hebräisch: kenegdo). In der Bibel ist das ganz anders: Der Ehemann soll sich der Frau hingeben und sie lieben wie Christus die Gemeinde bis in den Tod (Epheser 5,22-33).
Diese Sicht der Ehe, die mit dem Verhältnis von Christus zu seiner Gemeinde verglichen wird, für die er sein Leben am Kreuz hingegeben hat, ist ein helles Licht auf dunklem Hintergrund. Denken wir an das Lob der tugendhaften, gottesfürchtigen Frau in Sprüche 31,10-31. Dieser Abschnitt ist die Krönung des Weisheitsbuches der Sprüche. Er ist sogar ein Akrostichon mit 22 Versen, die den Anfangsbuchstaben des hebräischen Alphabets folgen. So wird die Würde und der Wert der Frau schon im Alten Testament beschrieben.
Denken wir an Jesus, wie er mit der Samariterin umging (Johannes 4). Die ersten Zeugen der Auferstehung waren Frauen. Petrus mahnt in 1. Petrus 3,7 die Ehemänner, ihren Frauen Ehre zu erweisen. Das ist ein göttliches Gebot.
Christliche Nächstenliebe und soziale Fürsorge
Wir machen jetzt eine Viertelstunde Pause. Danach kommen wir zum sechsten Thema: Nächstenliebe und Barmherzigkeit.
Zu Beginn muss ich zwei lateinische Begriffe erklären und gegenüberstellen: Liberalitas und Caritas. Die alten Römer kannten den Begriff Liberalitas, das heißt Freigebigkeit. Allerdings bezeichnete dieser Begriff eine Freigebigkeit, die auf eine Gegenleistung wartete – ähnlich wie man es aus Ägypten kennt. Man muss sehr genau aufpassen, wenn man Dinge, die andere Leute haben, lobt und schön findet. Denn man muss damit rechnen, dass diese Dinge irgendwann zurückgegeben werden sollen. Das kann sogar bedeuten, dass ein Möbelstück tatsächlich vorbeigebracht wird. Das ist das Prinzip von Liberalitas: Man erwartet eine Gegenleistung.
Der freigebige Römer konnte Geld für den Tempel spenden, das wiederum für Opfer und für die Götter verwendet wurde. Er konnte auch anderen Menschen gegenüber freigebig sein, aber grundsätzlich mit der Erwartung, dass man etwas zurückbekommt.
Der christlich-lateinische Ausdruck Caritas bedeutet etwas ganz anderes. Er steht für Liebe oder Nächstenliebe. In der lateinischen Bibelübersetzung steht Caritas speziell für Agape. Es ist bekannt, dass es im Griechischen mehrere Ausdrücke für Liebe gibt. Im griechischen Neuen Testament wird für die Liebe Gottes ganz speziell das Wort Agape verwendet. Schon die alten Griechen kannten dieses Wort, aber in ihrer Literatur kam es sehr selten vor.
Der Heilige Geist hat bei der Inspiration des Neuen Testaments diesen Ausdruck für Liebe verwendet, der kaum durch die griechische Kultur vorbelastet war. So konnte er mit dem Gedanken der Liebe Gottes gefüllt werden – einer Liebe, die Gottes Wesen ausmacht. Es geht um eine Liebe, die bereit war, uns zu lieben, obwohl nichts Liebenswertes in uns war.
In 1. Johannes 4,8 heißt es: „Gott ist Liebe.“ Das ist auf Griechisch Agape und in der lateinischen Übersetzung Deus caritas est. So wurde der Begriff Caritas zum Ausdruck für Nächstenliebe und Barmherzigkeit, die nichts zurückerwartet, sondern als Ausdruck des Dankes und der Hingabe an Gott verstanden wird, der uns zuerst geliebt hat.
Die frühen Christen hatten ein ganz anderes Verhältnis zu den Schwachen, den Armen und zu den Menschen am Rand der Gesellschaft. Sie dachten an die Worte des Herrn Jesus in Matthäus 25, wo er berichtet, dass er wiederkommen wird in Macht und Herrlichkeit und die Menschen vor ihm erscheinen müssen. Dort sagt er zu einer Gruppe in Vers 35: „Denn mich hungerte, und ihr gabt mir zu essen; mich dürstete, und ihr tränktet mich; ich war Fremdling, und ihr nahmt mich auf; nackt, und ihr bekleidetet mich; ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu mir.“
Die Angesprochenen fragen dann: „Wir haben dich doch nie gesehen. Wir haben dir nie zu essen gegeben, wir haben dich nie getränkt.“ Und der Herr antwortet: „Alles, was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
In Hebräer 13,16 finden wir das Gebot des Wohltuens und Mitteilens: „Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen; denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.“ Der griechische Begriff für Wohltun wird im Neuen Testament speziell für Wohltun gegenüber Armen verwendet. Der Begriff Mitteilen weist besonders auf die Unterstützung des Evangeliums und der Mission hin. Das sind zwei verschiedene Begriffe, die aber in einem Satz als Befehl zusammengefasst werden (Hebräer 13,16).
Übrigens geht es im Vers davor um die Anbetung Gottes: Opfer des Lobes, die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen, und dann folgt der Hinweis auf das Wohltun und Mitteilen. Das Wohltun gegenüber Armen wird also gerade in Verbindung mit der Anbetung Gottes erwähnt.
Tertullian, den ich schon einmal erwähnt habe – dieser bekehrte Rechtsanwalt um 200 nach Christus – schreibt in seinem Buch Apologetikum 39,5-7, dass die frühen Gemeinden oder Kirchen eine Kasse hatten für Witwen, Waisen, Kranke, Arme, Gefangene, Bedürftige und Alte. Dieses Geld konnte auch eingesetzt werden zum Freikauf von Sklaven und zum Beispiel für die Finanzierung von Begräbnissen, die sehr teuer sein konnten.
Plautus, ein berühmter römischer Komödiendichter (254–184 v. Chr.), schreibt in seinem Werk Trinummus II, 338-339: „Du erweist einem Bettler einen schlechten Dienst, wenn du ihm zu essen und zu trinken gibst; du verlierst, was du hast, und verlängerst nur sein Elend.“ Diese Sätze sind eine treffende Umschreibung der Sicht der Armen in der römischen Kultur. Es war eine Kultur der Unbarmherzigkeit.
Darum fielen die Christen so auf, denn sie waren ganz anders. Sie kümmerten sich um Schwache, Kranke, Elende und Sterbende – selbst um solche Opfer, wenn es zum Beispiel um die Pest ging. Während bekannt war, dass die Leute einfach davonrannten, standen Christen unter Einsatz ihres eigenen Lebens den Menschen in der Not bei.
Das geschah schon in der Zeit, als sie selbst vom römischen Reich verfolgt wurden – im zweiten und dritten Jahrhundert und natürlich auch im ersten Jahrhundert. Bereits im zweiten und dritten Jahrhundert wurden Vereinigungen für Notleidende gegründet.
Mit der großen politischen Wende ab dem vierten Jahrhundert, der sogenannten konstantinischen Wende, als das Christentum zuerst erlaubte Religion und dann Staatsreligion wurde, änderte sich vieles. Es wäre besser gewesen, es wäre bei der erlaubten Religion geblieben – das nur so nebenbei.
Diese Wende brachte große Veränderungen mit sich. Nun konnte man viel mehr organisieren, was unter der Verfolgung noch nicht in diesem großen Maß möglich war. Es wurden Waisenhäuser gegründet, Häuser für Findelkinder, also für Ausgesetzte, Armenhäuser, Heime für Geisteskranke – all das schon ab dem vierten Jahrhundert.
Ebenso entstanden Krankenhäuser. Das waren ganz spezielle Spitäler, wie es sie in der alten Welt nicht gab. Diese Einrichtungen waren christliche Innovationen. Natürlich gab es Krankenpflege für verwundete Soldaten in der Armee, und es gab Ärzte in der Antike. Aber die fortgesetzte Krankenpflege war nicht die Aufgabe der Ärzte.
Die Christen führten die fortgesetzte Krankenpflege ein. Auch Altenheime waren eine Innovation der Christen. Ab Kaiser Justinian I. (483–565) wurden diese Altenheime eingeführt. Ab 630 kam eine weitere Innovation hinzu: Blindenheime. Das war neu und kannte die alte Welt nicht.
Stellen wir uns vor, das wäre ein Kulturloch gewesen, wenn diese Einrichtungen nicht entstanden wären. Man muss sich im Klaren sein, dass die heutigen Gesundheitseinrichtungen ein Erbe des Christentums sind.
Christliche Bildung und Wissenschaft
Unter siebtens möchte ich etwas zum Thema Bildung sagen. Der Herr Jesus gab in Matthäus 28,19 den Missionsauftrag an seine Jünger weiter: "Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern. Und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe." Alle Nationen sollen Jünger werden.
Der Ausdruck "Jünger" bezeichnet einen Studenten, einen Schüler. Das griechische Wort ist dieses Wort, und das entsprechende hebräische Wort Talmid ist auch heute noch das Wort für Studenten. Also waren die Jünger Jesu Studenten, die von ihrem Herrn lernten. Was lernten sie? Tora und die biblische Lehre des Messias, das Alte Testament und die neue Lehre, die vom Messias kam.
So sagte Herr Jesus: "Machet alle Nationen zu Jüngern", also zu Menschen, die jetzt lernen sollen. Und er sagt: "Und lehret sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe." Biblischer Unterricht war also von Anfang an geboten.
Die ersten Christen nach Pfingsten waren gekennzeichnet, wie in Apostelgeschichte 2,42 beschrieben, durch den ersten Punkt schon: Sie verharrten in der Lehre der Apostel. Sie wurden systematisch unterwiesen und gebildet. Das weckte natürlich bei den Menschen auch das Interesse, lesen zu lernen, falls sie es noch nicht konnten.
Darum war im jüdischen Volk das Lesen und Schreiben bereits sehr weit verbreitet, während man bei uns unter den Helvetiern und Germanen noch gar keine Literatur hatte, wenn man das bedenkt.
Schon sehr früh entstanden Katechetenschulen ab 150 nach Christus. Ab dem vierten Jahrhundert gab es Dom- und Bischofsschulen. Während der gesamten Zeit des Mittelalters wurden Bibliotheken in den Klöstern gepflegt. Dort ging es um die Pflege der Bibelhandschriften, die präzise und mit Hingabe abgeschrieben wurden. Dabei wurden biblische Handschriften, aber auch Literatur aus der antiken Welt überliefert.
Ab dem fünften Jahrhundert gab es auch Klosterschulen. Die erste Universität der Welt war wohl die Universität von Bologna im Jahr 1158. Daraus sehen wir, dass die Universitäten ein christliches Erbe aus dem Mittelalter sind.
Die Rede vom dunklen Mittelalter – woher kommt sie eigentlich? Sie stammt von den Aufklärungsphilosophen, die sich gegenüber der Vergangenheit und ganz speziell gegenüber allem Christlichen absetzen wollten. Auf Französisch nennt man die Aufklärung "Le siècle des Lumières", das Zeitalter der Lichter. So betrachteten sie sich als im Licht, während alles, was früher war, in der Dunkelheit lag. Daher stammt die Rede vom dunklen Mittelalter.
Ich will damit nicht sagen, dass im Mittelalter alles gut gewesen sei – überhaupt nicht. Aber es ist falsch zu behaupten, dass das Mittelalter eine kulturlose Zeit war. Ganz im Gegenteil. Im Mittelalter kann man sehr viel Licht finden, auch biblisches Licht. Man muss nur am richtigen Ort schauen.
Ebenso haben die Universitäten ganz klar ihren Ursprung im Mittelalter. Mit der Reformation kam nochmals ein deutlicher Schub. Martin Luther forderte öffentliche Schulen für alle und bestand sogar auf Schulzwang. Wer also ein Problem mit Schulen hat, kann auch ein Problem mit Martin Luther haben.
Für Martin Luther war natürlich klar, was im Zentrum der Bildung stehen muss: Gott und sein Wort.
Die Erfindung der Kindergärten geht auf Friedrich Fröbel um 1840 zurück. Er war ebenfalls ein gläubiger Mann. Die Kindergärten haben also auch eine ganz eindeutige christliche Herkunft.
Ebenso die Sonntagsschulen, die auf Robert Raikes im Jahr 1780 zurückgehen. Er kümmerte sich um die Jungen und Mädchen auf der Straße, die wirklich gar nichts hatten. Er lud sie in Sonntagsschulen ein und wollte ihnen biblische Lehre vermitteln, aber auch ein grundlegendes Maß an Bildung.
Die Sonntagsschulen waren also tatsächlich eine Art Grundschule für Kinder auf der Straße. In der englischsprachigen Welt hat das Wort "Sunday School" einen ganz anderen Klang. In Amerika ist es ziemlich üblich, dass in Gemeinden am Sonntagmorgen zunächst keine Predigt gehalten wird, auch keine Anbetung mit Abendmahl, sondern zuerst die Sunday School stattfindet. Dort gibt es die Sunday School nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene – eine Art Bibelklasse, in der die Erwachsenen systematisch in der Bibel unterrichtet werden.
Gehörlosenunterricht ist ebenfalls eine christliche Erfindung aus der Zeit um 1775. Blindenunterricht geht sogar schon auf das sechzehnte Jahrhundert zurück.
Besonders erwähnenswert ist Louis Braille, der 1829 die Braille-Methode einführte. Das war eine gewaltige, sensationelle Erfindung, wie man mit den Fingern lesen kann. Er selbst war ein tiefgläubiger Mann, der früh erblindete. So kam er auf die Idee mit der Blindenschrift, die ein großer Segen für unzählige Menschen geworden ist.
Wenn man bedenkt: Auch heute gibt es in Deutschland etwa fünf Millionen Sehbehinderte, die 30 Prozent oder weniger sehen. Dabei wurden natürlich auch große Fortschritte im Zusammenhang mit der Computernutzung gemacht.
Leider gibt es manche, die Homepages erstellen, ohne daran zu denken, was man tun muss, damit Blinde diese Seiten auch lesen können. Viele christliche Homepages sind für Blinde nicht lesbar.
Man braucht dafür eine kleine zusätzliche Einrichtung, und dann können Blinde all das, was geschrieben steht, akustisch wiedergeben lassen, und zwar normalerweise in einem unglaublichen Tempo. Sie können sehr gut damit umgehen.
Das Schlimme ist, dass gerade heute esoterische Seiten sehr gut für Blinde eingerichtet sind, ebenso terroristische Seiten. Das ist ein weiterer Punkt.
Vor kurzem hat mich ein Blinder angeschrieben und sich beschwert, meine Seite sei für ihn nicht günstig eingerichtet. Er fand das sehr schlimm. Ich muss sagen, das war keine böse Absicht, sondern eine Information, die man weitergeben muss.
Ich war gerade vor kurzem auf einer Informatiktagung, und dort berichtete ein Blinder sehr ausführlich über die Möglichkeiten des Internets für Blinde.
Das muss man jetzt auch neu nutzen, um so das Evangelium gerade unter dieser großen Gruppe von Menschen in der Gesellschaft zu verbreiten.
Das nur zur Braille-Methode.
Wissenschaftliche Entwicklung im christlichen Kontext
Nun unter Achtens: Es ist damit verwandt. Ich möchte etwas zum Thema Wissenschaft sagen.
Die Bibel ruft uns grundsätzlich zum Studium der Natur auf. Psalm 111,2 sagt: „Groß sind die Taten des Herrn, sie werden erforscht von allen, die Freude an ihnen haben.“ In Römer 1,20 steht, dass der Mensch mit Hilfe seines Verstandes an der Schöpfung erkennen kann, dass es einen Schöpfer gibt. So stellt uns die Bibel die Natur als Gottesoffenbarung dar, die es gilt, zu erforschen und kennenzulernen. Psalm 19,1 lautet: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes.“
Von der Bibel her ist ein Interesse an der Natur also etwas ganz Natürliches. Im Johannes 1,1 beginnt das Evangelium mit: „Im Anfang war der Logos.“ Vers 3 ergänzt: „Alles wurde durch denselben.“ Jesus Christus wird hier der Logos genannt, das Wort. Von dem Wort Logos leitet sich unser Wort Logik her. Hier wird gesagt, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Ausführende in der Schöpfung war. Alles wurde vom Vater geplant. 1. Korinther 8 sagt, dass alle Dinge von Gott, dem Vater, durch den Herrn Jesus Christus kommen.
Das heißt, der Sohn war der Logos, der alles ausführte. Daraus folgt, dass der Christ erwarten darf, dass in der Natur alles logisch aufgebaut ist. Weshalb werden in der Wissenschaft Gesetzmäßigkeiten erforscht? Weil man grundsätzlich davon ausgeht, dass alles nach Gesetzmäßigkeiten abläuft.
Aber das war bei den Hindus nicht so. Die Hindus sahen ihre Götter, die ganz mutwillig handeln konnten, überall irgendwo in der Natur. Dort war nicht zu erwarten, dass alles nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten abläuft, sondern mutwillig, wie die unzähligen Götter eben handeln. So war es auch bei den alten Römern und Griechen. Die Vielgötterei war ein wichtiges Hindernis für die Entwicklung von Wissenschaft.
Von der Bibel aus müssen wir jedoch ganz klar davon ausgehen, dass überall Logik herrscht und alles von Logos geprägt ist. Die moderne Wissenschaft begann sich im Mittelalter zu entwickeln, in der Zeit, als die Universitäten gegründet wurden. Einer der frühen großen Wissenschaftler war Robert Grosseteste (circa 1170 bis 1253). Er war Theologe und Forscher und gilt als Vater der experimentellen Methode.
Er sagte, man müsse sich nicht mehr so sehr von Platon und Aristoteles leiten lassen. Denn die Philosophie von Platon und Aristoteles, die in vergangenen Jahrhunderten die Kirche stark beeinflusst hatte, gehörte zum Geheimnis der Gesetzlosigkeit. Diese Art des Denkens war dem experimentellen Forschen entgegengesetzt. Das war ein entscheidender Bruch, den Robert Grosseteste forderte: Man muss Experimente durchführen und aus den Ergebnissen Grundsätze und Gesetzmäßigkeiten ableiten.
Sein Schüler Roger Bacon (1214–1294) sagte: „Alle Dinge müssen durch die Erfahrung verifiziert werden.“ Das bedeutete eine Befreiung von Platon und Aristoteles. Damit kam ein Aufschwung der Naturwissenschaft, besonders in der Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert, zuerst in den Bereichen Astronomie und Physik.
Wenn wir von Astronomie sprechen, sind folgende vier Namen besonders wichtig, denn sie gehören zu den Begründern der modernen Astronomie: Niklaus Kopernikus (1473–1543), Theologe und Astronom, entdeckte, dass nicht die Erde im Mittelpunkt steht, in dem Sinne, dass die Sonne um die Erde kreist, sondern dass die Sonne im Mittelpunkt steht und die Erde um die Sonne kreist.
Tycho Brahe (1546–1601) war ein wichtiger Astronom, der eine Supernova entdeckte, einen neuen Stern, der plötzlich am Himmel erschien. Wenn ein Stern in unserer Galaxie explodiert, wird er für kurze Zeit etwa eine Milliarde Mal heller, also etwa so hell wie eine ganze Galaxie. Dann kann man ihn plötzlich mit bloßem Auge sehen. Hier sieht man ein NASA-Bild von der Supernova 1572, das ist noch die Leiche, die davon übrig geblieben ist. Diese hatte Tycho Brahe entdeckt.
Johannes Kepler (1571–1630) berechnete als Erster die Planetenbahnen mathematisch. Galileo Galilei (1564–1642) war der erste Mann, der ein Teleskop auf den Himmel richtete. Er kam zur Erkenntnis, dass es nicht nur dreitausend Sterne gibt, die man sehen kann, sondern etwa dreißigtausend.
Ich muss betonen: Alle diese Männer waren gläubig. Für sie hatte die Bibel Autorität als Gottes Wort. Das gilt besonders für Galileo Galilei. In der Schule wird oft die Legende erzählt, als sei er gegen die Bibel gewesen. Das stimmt nicht. Er hatte einen Konflikt mit der herrschenden Philosophie der Kirche, aber er selbst hatte kein Problem mit der Bibel. Das muss man den Schülern sagen. Noch heute wird Galileo Galilei oft fälschlich im Kontrast zur Bibel dargestellt. Das ist historisch falsch.
Isaac Newton (1642–1727) entdeckte das Gravitationsgesetz. Er war ein tiefgläubiger Mann und schrieb auch theologische Werke, zum Beispiel einen Kommentar zum Buch Daniel. Er legte die Grundlage für die klassische Mechanik, also für die klassische Physik, und war ein wichtiger Begründer der Infinitesimalrechnung. Schon Leibniz entwickelte die Differentialrechnung, Newton wirkte auch mit an dem, was wir heute als Analysis bezeichnen, also Integration und Differentialrechnung.
Newton entwarf die Teilchentheorie des Lichtes. Bis dahin glaubte man, Licht sei einfach ein Zustand, das Licht sei einfach da. Er stellte fest: Nein, Licht bewegt sich, und zwar so, wie es in Hiob 38 steht. Dort fragt Gott: „Kennst du den Weg, auf dem sich das Licht ausbreitet?“ Newton konnte das mit der Teilchentheorie veranschaulichen. Er gilt als einer der größten Wissenschaftler aller Zeiten.
Es ist unglaublich, wenn ein Artikel in der Weltwoche das völlig übersieht und nicht erkennt, dass die Naturwissenschaft ganz direkt im christlichen Glauben begründet wurde.
Ein weiteres Beispiel ist Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), den ich schon erwähnt habe. Er ist der Vater der Differentialrechnung, die die Basis für die gesamte höhere Mathematik bildet. Ohne sie wäre die moderne Naturwissenschaft heute gar nicht möglich. Leibniz sagte, die Bibel sei Gottes Wort.
Dann Pascal, hier sieht man das Pascal-Dreieck, das berühmte, 1623 bis 1662. Er begründete das Pascalsche Gesetz, das Druckgesetz in der Physik, und beschrieb es. Daneben geht das mathematische Pascal-Dreieck auf ihn zurück. Er war auch Erfinder einer der ersten Rechenmaschinen und schrieb das berühmte Buch „Pensées“. Er lebte in der Aufklärungszeit und wandte sich als Denker und Wissenschaftler gegen die Aufklärungsphilosophie. Er verteidigte die Glaubwürdigkeit der Bibel.
Ein Kapitel in seinem Buch „Pensées“ handelt von messianischen Prophetien. Dort zeigt er, wie sich die Voraussagen über Jesus Christus aus dem Alten Testament in Jesus Christus erfüllt haben. Er erklärt zum Beispiel die Prophetie der Jahrwochen in Daniel 9, in der sogar der genaue Zeitpunkt des Kommens von Jesus Christus vorausgesagt wurde. Ich hatte diesen Text ausgerechnet als Maturitätstext in Französisch – das war toll, da konnte man aus dem Vollen schöpfen.
Alessandro Volta (1745–1827), ebenfalls ein gläubiger Mann, ist der Entdecker des elektrischen Stroms. Wenn wir von Volt-Zahlen sprechen, 22 Volt, erinnern wir uns immer wieder an diesen gläubigen Mann Alessandro.
Georg Simon Ohm (1789–1854) ist der Begründer des Ohmschen Gesetzes in der Elektrizitätslehre. Es geht um den Zusammenhang zwischen Spannung und Strom. Er entwickelte auch den Ohmmeter, und die Einheit Ohm ist in der Elektrizitätslehre als Widerstand vielen bekannt.
André-Marie Ampère, ebenfalls gläubig, 1775–1836, beschäftigte sich mit der fließenden Elektrizität und dem Magnetismus und machte dort große bahnbrechende Entdeckungen.
Michael Faraday (1791–1867) legte die Grundlage für die Elektroindustrie von heute. Er entdeckte verschiedene Kohlenwasserstoffverbindungen. Man spricht vom berühmten Faradayschen Käfig, der erklärt, warum ein Blitz nicht durchs Fenster in ein Haus einschlagen soll. Der Faradaysche Käfig bildet einen Schutz. Auch im Auto ist man in einem Faradayschen Käfig. Das ist gut zu wissen, wenn man durch einen Sturm fährt, umgeben von Blitzen.
Robert Boyle (1627–1691) war der Vater der modernen Chemie. Auch er war ein gläubiger Mann, Verfasser theologischer Artikel, spendete Geld für Bibelübersetzungen und förderte die Mission in Neuengland.
Leider wird all das in der Schule nie erzählt. Das ist eigenartig, es wird ausgeblendet.
Antoine Lavoisier (1743–1794) formulierte den ersten thermodynamischen Hauptsatz, den Energieerhaltungssatz. Er entdeckte diese Gesetzmäßigkeit: Die Energie in einem bestimmten Bereich bleibt immer gleich. Energie entsteht nicht aus dem Nichts. Dieser Satz gehört zu den wichtigsten Naturgesetzen der modernen Naturwissenschaft. Ohne Thermodynamik geht es nicht.
Übrigens besagt dieser Satz auch, dass aus dem Nichts unmöglich plötzlich Energie entstehen kann. In der modernen Urknalltheorie wird jedoch behauptet, dass ganz am Anfang, bevor die ganze Energie in einem Punkt konzentriert war, „nichts“ war, und plötzlich sei aus dem Nichts die ganze Energie entstanden, dann habe sich das Weltall ausgedehnt. So seien Sonnen und Galaxien entstanden.
Aber der erste thermodynamische Hauptsatz sagt ganz klar: Das geht nicht. Das Naturgesetz lautet: Aus Nichts entsteht Nichts.
John Dalton (1766–1844), überzeugter Christ, war der Vater der chemischen Atomtheorie. Joseph Priestley (1733–1804) entdeckte Sauerstoff, Lachgas, Salzsäure und Schwefeldioxid.
In Amerika weniger bekannt, aber dort sehr bekannt ist George Washington Carver (circa 1860–1943). Er war ein schwarzer Junge ohne Bildungschancen, der eine eigenartige Lebensführung hatte und schließlich ein großer Wissenschaftler wurde. Er erfand mehr als 300 Produkte aus Erdnüssen, in allen möglichen Bereichen. Von Tinte über Schuhcreme – aus Erdnüssen und Süßkartoffeln stellte er viele Produkte her. Damit wollte er die Landwirtschaft in den südlichen US-Staaten diversifizieren. Dort war die Landwirtschaft eintönig, weil nur Plantagen betrieben wurden. Er wollte Vielfalt bringen, indem man Erdnüsse und Kartoffeln anbaute.
Ambroise Paré, zurück in den Bereich der Medizin, lebte von 1510 bis 1590 und gilt als Vater der modernen Chirurgie. Interessant, nicht wahr? Er soll inspiriert gewesen sein durch 1. Mose 2,15. Nein, das kommt noch, ich mache eine Verwechslung.
James Simpson (1811–1870) wurde Vater der modernen Anästhesie. Er entdeckte Chloroform als Mittel zur Anästhesierung. Er soll bei seiner Entdeckung von 1. Mose 2,21 inspiriert gewesen sein, wo Gott Adam einen Tiefschlaf fallen lässt, um dann die Rippe operativ zu entfernen.
1578 wurde der Blutkreislauf entdeckt, das ist also nicht so lange bekannt.
Ein weiterer wichtiger Mann ist Louis Pasteur (1822–1895). Er entdeckte die Bakterien und entwickelte verschiedene Impfstoffe, zum Beispiel gegen Tollwut. Ihm gelang die Widerlegung der Abiogenese.
Bis dahin glaubten viele, dass Leben spontan aus toter Materie entstehen könne. Man dachte, aus alten Lumpen im Keller könnten plötzlich Mäuse entstehen. Oder in Teichen könne Leben aus dem Nichts entstehen. Auch auf Nahrungsmitteln würde plötzlich Leben auftauchen. Die Menschen waren überzeugt, dass das so sei.
Louis Pasteur zeigte in einem öffentlichen Experiment, dass das nicht stimmt. Wenn man Flüssigkeiten pasteurisiert, also erhitzt, sterben die Bakterien ab, und es kommt keine Gärung mehr zustande. So konnte er zeigen: Abiogenese, also Leben aus toter Materie, ist wissenschaftlich falsch. Wir kennen kein einziges Beispiel, wo Leben aus toter Materie entstanden ist.
Er formulierte als Naturgesetz: Leben kommt nur aus Leben. Das ist das Einzige, was je beobachtet wurde.
Trotzdem baut die Evolutionstheorie auf der Behauptung auf, dass Leben aus toter Materie entstanden sein könnte, obwohl das wissenschaftlich nie durch ein Experiment belegt wurde. Es widerspricht dem Massenwirkungsgesetz der Chemie und den Gesetzen der statistischen Polykondensation. Es geht gar nicht. Nicht nur wurde es nie beobachtet, es widerspricht den Naturgesetzen und dem Naturgesetz von Louis Pasteur: Leben kommt aus Leben.
Interessant ist, dass er in der Zeit von Darwin lebte. Darwin (1809–1882), Louis Pasteur (1822–1895), James Simpson (1811–1870), Vater der modernen Anästhesie, habe ich schon erklärt, und Joseph Lister (1827–1912), der Begründer der Antisepsis in der Medizin.
Lister führte Vorsichtsmaßnahmen ein, um die Verbreitung krankmachender Keime zu verhindern. Er konnte auf den armen Semmelweis zurückgreifen. Semmelweis forderte als Erster, dass Ärzte ihre Hände waschen müssen, bevor sie Entbindungen vornehmen.
Im 19. Jahrhundert starb ein großer Teil der Frauen, die in Krankenhäusern zur Entbindung kamen. Am schlimmsten war es in den wissenschaftlichsten Einrichtungen, den Universitätsspitälern. Dort wurden am meisten Leichen seziert. Ärzte kamen aus dem Leichenzimmer und führten mit ungewaschenen Händen Entbindungen durch. Viele Frauen starben.
Semmelweis setzte sich dafür ein: „Meine Studenten, wascht die Hände!“ Er wurde ausgelacht und von seinen Kollegen ausgegrenzt. Semmelweis war Jude und kannte das Alte Testament, etwa 4. Mose 19 und 3. Mose 16, nur andeutungsweise.
Er starb in einer psychiatrischen Anstalt.
Joseph Lister führte später mit Erfolg antiseptische Maßnahmen ein. Er verwendete Desinfektionsmittel, um Bakterien abzutöten und das Risiko von Infektionen bei Operationen zu reduzieren.
Im 20. Jahrhundert könnte man viele Wissenschaftler vorstellen, die klar an Gott glaubten, auch solche, die bibeltreue Wissenschaftler von Weltrang waren.
Ein Beispiel ist Werner Heisenberg (1901–1976), Physiker, Mitbegründer der Quantenphysik und Nobelpreisträger. Er sagte: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott.“ Eindrücklich, nicht wahr? Das entspricht ganz dem, was Sir Isaac Newton schon sagte: „Wer ein bisschen Physik betreibt, kann an Gott glauben. Wer bis zum Ende denkt, der muss an Gott glauben.“
Christliche Arbeitsethik und wirtschaftliche Entwicklung
Nun kommen wir unter Punkt neun zum Thema Arbeitsethik. Im Römischen Reich galt geistige Arbeit als edel, körperliche Arbeit hingegen nicht. Sie wurde den Sklaven und den unteren Schichten zugeordnet. So wurden im Römischen Reich oft Heere von Sklaven gehalten, die die körperliche Arbeit verrichteten. Für die Römer galt: Freie Menschen arbeiteten nicht körperlich, denn körperliche Arbeit erniedrigt.
Die Christen kamen also in eine Welt mit einem Arbeitsethos, das völlig im Gegensatz zur Bibel stand. Paulus schreibt in 2. Thessalonicher 3,10: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“ Und wichtig: Jesus sagt in Lukas 10,4: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.“ Gott will also bezahlte Arbeit.
In Jakobus 5 heißt es außerdem, dass der vorenthaltene Lohn der Schnitter auf den Feldern zu dem Herrn Zebaoth schreit. Gott hasst vorenthaltene Löhne. Paulus selbst war Zeltmacher von Beruf (Apostelgeschichte 18,3) und hatte somit ein Handwerk gelernt, wie es im Judentum damals üblich war. Alle Rabbiner hatten zuerst als Kind, normalerweise beim eigenen Vater, ein Handwerk gelernt. Diese Spaltung in intellektuelle und körperliche Arbeit gab es im Judentum nicht, beides gehörte ganz normal zusammen.
Darum bin ich Pianist geworden, damit ich eben auch körperlich arbeite. Ja, Spaß beiseite. In 1. Mose 2,15 sehen wir, wie Gott Adam von Anfang an berufen hat, den Acker zu bebauen und zu bewahren. Daraus lernen wir, dass körperliche Arbeit bereits im Paradies Teil der Arbeit war. Sie ist nicht die Arbeit der gefallenen Welt, ganz im Gegenteil. Arbeit ist ein Rest aus dem Paradies.
Nur die mühsamen Seiten, die Kehrseiten der Medaille – wie Dornen und Disteln und der Schweiß, der damit verbunden ist – hängen mit dem Sündenfall zusammen. Aber grundsätzlich ist Arbeit eine Gabe Gottes. Das wissen alle, die einmal arbeitslos gewesen sind.
In Epheser 6,5 schreibt der Apostel Paulus: „Ihr Sklaven, denn es kamen ja in der frühen Zeit viele Sklaven zum Glauben: Ihr Sklaven, gehorcht euren Herren nach dem Fleisch mit Furcht und Zittern, in Einfalt eures Herzens als dem Christus, nicht mit Augendienerei als Menschengefällige, sondern als Sklaven Christi, indem ihr den Willen Gottes von Herzen tut und mit Gutwilligkeit dient, als dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass, was irgendein jeder Gutes tun wird, er dies vom Herrn empfangen wird, er sei Sklave oder Freier.“
Hier wird klargemacht, dass jede Arbeit, selbst Sklavenarbeit, eine würdige Arbeit ist, mit der man Gott dienen kann. Gottesdienst darzubringen heißt, Gott zu dienen.
Basilius von Caesarea sagte schon im vierten Jahrhundert: „Müßiggang ist ein großes Übel, Arbeiten bewahrt uns vor bösen Gedanken.“ Das ist so. Warum haben Jugendliche auf Bauernhöfen viel weniger Teenagerprobleme als andere? Das hat seinen Grund. Arbeit bewahrt uns vor bösen Gedanken.
Martin Luther im sechzehnten Jahrhundert sagte: „Arbeit ist eine vocatio.“ Vocatio heißt Berufung. Jeder soll in seinem Beruf, in seiner Arbeit sich als von Gott berufen sehen, diese Arbeit zu tun. Von daher kommt ja auch unser Begriff Beruf.
Leider ist dieser Begriff heute bei den meisten durch „Job“ ersetzt worden. Job ist oft eine zeitlich begrenzte Gelegenheitsarbeit mit dem Ziel, Geld zu verdienen. Man sieht aber nicht mehr den Sinn der Arbeit als Dienst für Gott. Und darum dürfen wir den Begriff Beruf nicht verlieren.
Martin Luther lehrte aufgrund der Bibel: Alle Arbeit ist Dienst für Gott. Das hatte Folgen ab der Reformation. Dadurch entstand schließlich die Mittelschicht. Eine Mittelschicht kannte man in der alten römisch-griechischen Welt nicht. Es gab nur Arme und Reiche. Eine Mittelschicht gab es nicht.
Die Christen, die in der Reformation wieder zum Evangelium zurückfanden, erhielten eine ganz neue Haltung gegenüber der Arbeit. Das hatte Auswirkungen. Wenn man das erworbene Geld nicht am Wochenende wieder ausgibt, entsteht eine Entwicklung in der Arbeit. Es geht weiter, und plötzlich entsteht dadurch ein gewisser Wohlstand.
Dieser Wohlstand dient jedoch nicht dem bloßen Genuss, sondern ist verbunden mit einem innerlichen Abstand vor weltlichem Vergnügen. So entstand die protestantische Arbeitsethik. Sie war eine wesentliche Säule der westlichen Wirtschaft, die einen Aufschwung erlebte, wie man ihn in der Weltgeschichte kaum gesehen hat – in Westeuropa und Nordamerika.
Man sieht, welche Länder reich geworden sind: In Amerika sind es die protestantischen, die evangelischen und freikirchlichen Regionen. Dort, wo es katholisch ist, wie in Mexiko oder Südamerika, ist das anders. Das hängt ganz direkt mit der Haltung zur Arbeit zusammen.
Es wurde auch betont, dass das Recht auf Eigentum biblisch ist. Sozialisten sagen, Eigentum sei Diebstahl. Das ist Rebellion gegen Gott, denn Gott schützt das Eigentum (2. Mose 20,15: „Du sollst nicht stehlen“). Damit wird das Privateigentum geschützt, und das ist die Basis für eine freie Marktwirtschaft.
Wird diese Marktwirtschaft jedoch nicht christlich gelebt, wird sie böse und zerstörerisch. Das ist klar – die andere Seite. Ich habe jetzt nicht einfach das Wort Kapitalismus im Kontrast zum Sozialismus genannt. Aber Sozialismus ist auf jeden Fall falsch, und der böse Kapitalismus ist es auch.
Ein biblisch begründeter Kapitalismus, der mit Barmherzigkeit und Nächstenliebe verbunden ist, ist etwas ganz anderes.
Man könnte nun weiter über Themen wie Freiheit und Gerechtigkeit für alle sprechen. Wenn man an die Magna Carta von 1215 denkt, sieht man, dass diese Freiheitsrechte für den Einzelnen tief im Mittelalter biblisch begründet wurden. Auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 ist so zu verstehen.
Vergessen wir nicht: Ein großer Teil der Gründungsväter Amerikas waren überzeugte, bibeltreue Christen. Sie stellten diese Grundsätze auf. Das ist nicht einfach das Erbe der Aufklärung.
Religionsfreiheit kam mit der Reformation. Martin Luther hat ganz klar die Religionsfreiheit begründet.
Die Abschaffung der Sklaverei ist nicht ein Ergebnis der Aufklärung, sondern ist historisch eindeutig als Folge des biblischen Christentums nachzuweisen. Es waren gläubige Männer und Frauen, die sich ganz klar gegen die Sklaverei einsetzten, bis das Ziel erreicht wurde.
Jetzt könnte ich über die Malerei sprechen. Im Mittelalter bis zur Renaissance wurden Höhepunkte der Kunst erreicht, die man in keiner anderen Kultur der Welt sieht. Oder die Architektur: Man sehe nur die Entwicklung bis zum Bau der Kathedralen. Und das soll ein Kulturloch sein?
Entwicklung der christlichen Musik in Europa
Ich möchte mit einem zehnten Punkt schließen, der von der Tempelmusik zur Musik des Christentums führt. Die jüdische Musik des Tempels und der Synagoge bildet die Grundlage der christlichen Musik in Europa.
Diese Musik verdrängte in den ersten Jahrhunderten die heidnische Musik der Römer und Griechen. Letztere war zum Teil auch ekstatisch, wenn man an den Dionysiuskult denkt. Dabei handelte es sich um stark rhythmusbetonte Musik, die zum „Abheben“ führte. Demgegenüber stand die christliche Musik.
Im Römerbrief 15,9 schreibt der Apostel Paulus im Blick auf die heidnischen, nichtjüdischen Völker: „Damit die Nationen Gott verherrlichen möchten, um der Begnadigung willen, wie geschrieben steht: Darum werde ich dich bekennen unter den Nationen und deinem Namen Psalmen singen.“
Der Ausdruck „psallo“ – Psalmen singen – bezeichnet also die biblischen Gesänge, die unter den Nationen, also den heidnischen Völkern, verbreitet werden sollten. So gelangte die biblische alttestamentliche Musik nach Europa und wurde zur Musik der frühen Christen.
Ich habe hier verschiedene Stellen aus dem Neuen Testament aufgeführt, die alle mit Gesang und Musik zu tun haben. Der Gesang der Synagoge und des Tempels wurde zum Gesang der frühen Christen. Diese Gesänge waren einstimmig, so wie dies in aller Welt üblich war. Man nennt das Monophonie.
Diese einstimmige Musik blieb bis ins Mittelalter vorherrschend. Im Mittelalter wollte man das Lob Gottes noch mehr erhöhen und begann mit Versuchen, eine zweite Stimme zu bilden. Zuerst nur als Liegeton, über dem die Melodie lag – das war bereits eine einfache Zweistimmigkeit.
Dann folgten Parallelen, bei denen die gleiche Melodie immer im Abstand von fünf Tönen oder vier Tönen parallel gesungen wurde. So entwickelte sich die mehrstimmige Musik weiter, bis hin zur vierstimmigen Musik.
Johann Sebastian Bach brachte den vierstimmigen Choral zum Höhepunkt. Der vierstimmige Choral ist in der Kompositionslehre der Ausgangspunkt für die gesamte konzertante und sinfonische Musik.
Wer das Handwerk des Schreibens von vierstimmigen Chorälen wirklich beherrscht, kann Konzerte schreiben oder Sonaten am Klavier improvisieren. Diese mehrstimmige Musik ist somit eine ganz typische und eindeutige christliche Errungenschaft.
Eine solche Entwicklung hat sich in keiner anderen Kultur der Welt parallel gebildet – weder bei den Indianern, noch in China, Afrika oder Indien. Nirgends, nur im Christentum. Deshalb spricht man von einem „Kulturloch“ in diesen anderen Kulturen.
Bach verkörpert den Höhepunkt dieser Entwicklung bis ins siebzehnte Jahrhundert. Von ihm aus gingen andere Komponisten weiter. Darum hatten spätere Komponisten wie Beethoven oder Mendelssohn große Hochachtung vor Bach.
Mit dem zwanzigsten Jahrhundert kam dann die Auflösung der Tonalität. Man wollte nichts mehr mit dem Dreiklang zu tun haben und führte eigene Gesetze ein. So entstand die atonale Musik – genau in der Zeit der Apostasie, des Abfalls in der Endzeit.
Schlusswort und Gebet
Zum Schluss möchte ich noch auf die wichtigste Quelle für all diese Beschreibungen kultureller Errungenschaften hinweisen. Es handelt sich um das Buch von Alwin Schmidt: „Wie das Christentum die Welt veränderte – Menschen, Gesellschaft, Politik, Kunst“.
Dieses Buch ist im Resch Verlag in Gräfelfing im Jahr 2009 erschienen. Es umfasst 494 Seiten und enthält zahlreiche Quellenangaben. Schmidt hat über viele Jahre hinweg eine umfangreiche Sammlung von Literatur zu diesem Thema zusammengetragen.
Alwin Schmidt ist emeritierter Professor für Soziologie in den USA und dort sehr bekannt, während er bei uns weniger bekannt ist. Er war am Illinois College in Jacksonville, Illinois, tätig.
Sollen wir zum Schluss noch zusammen beten?
Herr Jesus, wir danken dir, dass du uns diesen Morgen geschenkt hast. Wir möchten dir danken für den Reichtum des Evangeliums. Du, der Sohn Gottes, bist in diese Welt gekommen. Du wurdest in Bethlehem geboren, an dem Knotenpunkt der drei Kontinente.
Diese Botschaft von dir ist auf besondere Weise nach Europa gekommen. Wir dürfen von Gnade sprechen, dass wir diese Botschaft so klar und deutlich hören durften. Du siehst all die Menschen, die diese Botschaft über Jahrhunderte hinweg in anderen Kulturen nie gehört haben.
Du hast uns ein großes Vorrecht gegeben, aber auch eine gewaltige Verantwortung. Wir sollen diesen Reichtum des Evangeliums in unserem Leben umsetzen und ihn auch anderen weitergeben.
Gepriesen seist du dafür. Amen.