Guten Morgen, ich möchte alle ganz herzlich begrüßen. Wir wollen uns heute Morgen mit dem sogenannten verbotenen Kapitel beschäftigen. Es geht um Jesaja 53, diese wunderbare Prophetie auf den Messias, die sich auf einzigartige Weise in Jesus Christus erfüllt hat.
Zunächst lesen wir aus Jesaja 52, Vers 13. Die Kapiteleinteilung gab es in der Antike noch nicht. Sie wurde erst im Mittelalter eingeführt, um die Orientierung in der Bibel zu erleichtern. Die Vers-Einteilung kam etwas später hinzu.
Oft sind die Kapiteleinteilungen gut gelungen, manchmal jedoch nicht ganz. Eigentlich hätte man zwei Verse früher mit Jesaja 53 beginnen sollen. Deshalb lesen wir Jesaja 52, Vers 13.
Die Bedeutung der Kapiteleinteilung und Einführung in Jesaja 52,13-15
Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln. Er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein, ebenso wie sich viele über dich entsetzt haben.
Sein Aussehen war entstellter als das eines jeden Mannes, und seine Gestalt war mehr entstellt als die der Menschenkinder. Dennoch wird er viele Nationen in Staunen versetzen. Über ihn werden Könige ihren Mund verschließen, denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war und was sie nicht gehört hatten. Sie werden es wahrnehmen.
Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden? Er ist wie ein Reis, der vor ihm aufgeschossen ist, und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht. Als wir ihn sahen, hatte er kein Ansehen, das wir begehrt hätten.
Die Leiden und das Opfer des Knechtes
Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut. Wie jemand, vor dem man das Angesicht verbirgt, war er verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet.
Wahrhaftig, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Doch wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt.
Um unserer Übertretungen willen wurde er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe, die zu unserem Frieden führte, lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.
Wir irrten umher wie Schafe und wandten uns jeder auf seinen eigenen Weg. Aber der Herr ließ die Ungerechtigkeit von uns allen auf ihn treffen.
Er wurde misshandelt, doch er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf. Er war wie ein Lamm, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern. Und er tat seinen Mund nicht auf.
Der Tod und die Bedeutung des Leidens
Er ist aus Angst und wegen des Gerichts hinweggerissen worden. Wer aber wird sein Geschlecht beschreiben? Denn er wurde abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen.
Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn die Strafe getroffen. Sein Grab wurde bei Gesetzlosen bestimmt. Doch in einem Reich war er, obwohl er gestorben ist, denn er hatte kein Unrecht begangen und kein Trug war in seinem Mund.
Dem Herrn aber gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er ließ ihn leiden, wenn seine Seele das Schuldopfer dargebracht haben wird. So wird er Nachkommen sehen und seine Tage verlängern. Das Wohlgefallen des Herrn wird durch seine Hand gedeihen.
Aus der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen. Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht viele zur Gerechtigkeit führen. Ihre Missetaten wird er auf sich laden.
Darum werde ich ihm die Großen zuteilgeben, und mit Gewaltigen wird er die Beute teilen. Das, weil er seine Seele ausgeschüttet hat, in den Tod gegangen ist und zu den Übertretern gerechnet wurde.
Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Übertreter Fürbitte getan.
Die Frage nach dem jüdischen Glauben an Jesus als Messias
Bis dahin! Manche Leute stellen mir immer wieder die Frage: Warum glauben die Juden nicht, dass Jesus der Messias ist? Meine Antwort darauf lautet: Die Frage ist falsch gestellt.
Es gibt Juden, die glauben, dass Jesus der Messias ist, und es gibt Juden, die das nicht glauben. Genauso ist es auch hier in Deutschland. Es gibt Deutsche, die glauben, dass Jesus Christus der Erlöser ist, und es gibt Deutsche, die das nicht glauben.
Allerdings gibt es viel, viel mehr Deutsche, die nicht daran glauben, als solche, die daran glauben. Auch im Judentum verhält es sich ähnlich. Unter dem jüdischen Volk nimmt man an, dass es weltweit etwa 150 bekehrte Juden gibt, die glauben, dass Jesus Christus der Messias ist.
Weltweit rechnet man mit etwa 14 Millionen Juden. Das prozentuale Verhältnis von gläubigen und ungläubigen Deutschen ist dabei nicht viel anders als das Verhältnis unter den Juden.
Man kann das auch auf die Schweiz übertragen. Man kann nicht fragen: Warum glauben die Schweizer nicht, dass Jesus der Retter ist? Vielmehr muss man sagen: Es gibt solche, die daran glauben, und solche, die es nicht tun. So ist es in Deutschland, so ist es in aller Welt und eben auch unter dem jüdischen Volk.
Die wachsende Zahl der gläubigen Juden und die Rolle von Jesaja 53
Aber es ist doch so, dass der prozentuale Anteil von Juden, die glauben, dass Jesus Christus der Messias ist, seit Jahrhunderten nie so hoch war wie heute. Es gibt auch Leute, die sagen, es gebe etwa eine halbe Million bekehrte Juden. Das ist jedoch wohl eine etwas amerikanische Übertreibung.
Nun ist es so, dass für die meisten, die bezeugen können, dass Jesus Christus der Erlöser ist, Jesaja 53 eine Schlüsselrolle spielt. Im Alten Testament gibt es über 300 Prophezeiungen, die sich in Jesus Christus erfüllt haben. Doch die Prophezeiungen in Jesaja 53 haben eine ganz besondere Wirkung gehabt, sodass viele zum Glauben gekommen sind.
Es ist jedoch zu sagen, dass es für einen Juden gar nicht so einfach ist, an dieses Kapitel heranzukommen. Darum habe ich am Anfang von dem verbotenen Kapitel gesprochen.
Die Leseordnung in der Synagoge und das Auslassen von Jesaja 53
Es ist so: Wer religiös ist, geht zur Synagoge. Dort wird in einem Jahr die gesamte Tora vorgelesen, also vom Ersten Mose bis zum Fünften Mose. Diese Einteilung ist weltweit in den Synagogen üblich. Für jeden Sabbat gibt es genau den vorgeschriebenen Abschnitt.
Vor zweitausend Jahren, zur Zeit des Herrn Jesus, erstreckte sich der Zyklus noch über drei Jahre. Später wurde dieser jedoch gekürzt, sodass die Leseabschnitte heute viel länger sind als früher.
Nach der Toralesung folgen dann noch Prophetenabschnitte. Genau so wird es auch in der Apostelgeschichte 13 beschrieben: Als der Apostel Paulus in einer Synagoge war, las man zuerst das Gesetz und danach die Propheten vor.
Die Propheten sind sehr umfangreich: Jesaja, Jeremia, Ezechiel und die zwölf kleinen Propheten. Deshalb werden nicht alle Kapitel aus den Propheten in einem Jahr vorgelesen, sondern nur eine Auswahl. Diese Auswahl ist in der Haftarah verzeichnet, einem Verzeichnis der Leseabschnitte, das weltweit in den Synagogen benutzt wird.
Dabei ist es so, dass man beim Fünften Mose zu einem Abschnitt kommt, zu dem in der Haftarah Jesaja 52 gelesen wird. Am nächsten Sabbat fährt man dann mit dem Abschnitt im Fünften Mose fort, und in der Haftarah folgt Jesaja 54. Ausgerechnet der Abschnitt dazwischen ist im Haftarah-Verzeichnis nicht enthalten.
Das bedeutet: Ein Jude, der ein wenig religiös ist und regelmäßig in die Synagoge geht, wird Jesaja 53 nie hören. Dafür braucht es mehr Motivation. Man muss zuhause die Bibel selbst lesen und das gesamte Alte Testament durchgehen, um auf dieses Kapitel zu stoßen.
Die Herausforderung des Bibelstudiums im Judentum
Und das ist auch der Grund, warum man, wenn man mit Juden spricht – besonders mit den Liberalen – feststellt, dass sie die Bibel entweder gar nicht oder nur sehr schlecht kennen.
Auch bei den Orthodoxen ist man erstaunt, wenn man wirklich in die Tiefe gehen will. Dort zeigt sich ebenfalls, wie schlecht sie die Bibel kennen.
Das hängt damit zusammen, dass sie ständig den Talmud lesen. Dieser ist der wichtigste Kommentar im Judentum, aber sehr umfangreich. Allein die deutsche Ausgabe von Viktor Goldschmidt umfasst etwa zwölf dicke Bände. In dieser Masse kann man sich regelrecht verlieren.
Man kann sich darin „ersäufen“, sozusagen. Die meisten verlieren sich in den Kommentaren, anstatt die Bibel selbst zu lesen.
Deshalb wird man nur selten Menschen begegnen, die Jesaja 53 kennen.
Ein praktischer Tipp für Gespräche mit orthodoxen Juden
Und darum nur ein Tipp: Wenn man schon einmal die Gelegenheit hat, mit einem orthodoxen Juden zu sprechen und ihm vielleicht ein gutes Buch empfehlen möchte – zum Beispiel das Buch von Arnold Fruchtenbaum „Jesus war ein Jude“ –, durch das sich viele Juden bekehrt haben, dann sagt er oft nein.
Dann kann man wenigstens sagen: „Lesen Sie bitte mal zu Hause Jesaja 53.“ Das heißt auf Hebräisch Jeschajahu 53, oder Jeschajahu 53,5.
Wenn ein Jude das macht, kann das einschlagen wie ein Blitz. Nur ein Beispiel: Ich habe Michael kennengelernt, einen orthodoxen Juden im jüdischen Viertel von Zürich. Als wir noch auf dem Gymnasium waren, haben wir abgemacht, miteinander über den Messias zu sprechen. Er war einverstanden, und ich ging zu ihm nach Hause.
Dort habe ich mit ihm Jesaja 53 gelesen. Später haben wir uns wieder getroffen, und er sagte mir, dass er zugeben müsse, es sei unglaublich gewesen, als er dieses Kapitel gelesen hatte. Es war das erste Mal, dass dieser orthodoxe junge Mann das Kapitel gelesen hatte, und es hatte ihn tief getroffen.
Aber dann erzählte er mir, dass er zum Rabbi gegangen sei und ihn gefragt habe, was dieses Kapitel bedeute. Der Rabbi habe gesagt, dass der Knecht, der hier so leidet, das Volk Israel sei.
Ich fragte: „Nein, was hat er gesagt?“ Er antwortete: „Er sagte, das war ein Freiheitskämpfer in der babylonischen Gefangenschaft.“
Die prophetische Vergangenheitsform und die rabbinische Interpretation
Das hängt auch damit zusammen, dass das Kapitel in der Vergangenheitsform beschrieben ist. Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann, der Schmerzen kennt und mit Leiden vertraut ist, nicht wahr?
Oder Vers 4: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen“ – das ist ja ebenfalls in der Vergangenheitsform. So erklärt er mir, mein Rabbi hat gesagt, dass das alles schon geschehen ist. Das war eben ein Freiheitskämpfer in der babylonischen Gefangenschaft, der dann umgekommen ist.
Ich habe ihn gefragt, wann die babylonische Gefangenschaft war. „Ja, ich müsste nachschauen“, habe ich ihm gesagt. Es war von 606 bis 539 v. Chr. Dann habe ich ihn gefragt, wann Jesaja geschrieben wurde. Er sagte: „Ja, ich müsste nachschauen.“
Da habe ich gesagt: Jesaja wurde um 700 v. Chr. geschrieben, also vor der babylonischen Gefangenschaft. Das geht gar nicht. Es ist Prophetie, aber dass das in der Vergangenheitsform geschrieben ist, ist nichts Besonderes.
Wenn man Hebräisch lernt, lernt man in der Grammatik den Begriff „prophetische Vergangenheitsform“. Das heißt, es ist ganz typisch im Alten Testament, dass zukünftige Dinge in der Vergangenheitsform beschrieben werden. Der Prophet sieht in der Vision oft die Zukunft wie einen Film, der bereits abgelaufen ist, und beschreibt das, als ob es schon geschehen wäre.
Noch etwas: Das prophetische Perfekt wird auch benutzt, um zu betonen, wie sicher die Voraussagen Gottes in Erfüllung gehen. So sicher, wie Dinge in der Vergangenheit geschehen sind, so sicher wird auch das, was in der Zukunft kommt, eintreten.
Die Unterscheidung von Knecht und Volk Israel
Ja, und damit sind wir auch schon beim zweiten Einwand angekommen. Oft wird als Ausrede gesagt: „Ja, dieser Knecht – es beginnt ja in Vers 53: Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln – dieser Knecht sei das Volk Israel.“ Diese Ansicht hört man sehr oft. Es wird gesagt, dieser Knecht sei verachtet und leide, und so sei Israel, das jüdische Volk, verachtet gewesen durch die Jahrhunderte hindurch und gehasst. Es musste schwer unter den Völkern leiden.
Aber dann muss man die Frage stellen: Was steht da in Vers 8? Am Schluss heißt es: „Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen.“ Hier spricht Gott über sein Volk Israel und sagt, der Knecht ist gestorben für mein Volk. Also kann der Knecht nicht das Volk selbst sein. Der Knecht und das Volk werden unterschieden.
Weiter muss man persönlich werden. Hast du wirklich noch nie gelogen in deinem Leben? In Vers 9 steht: „Man hat sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt, aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tod, weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Mund gewesen ist.“ Das würde kein ehrlicher Jude behaupten. Jeder würde sagen: Ich bin schuldig geworden an der Tora, an den Geboten Gottes.
Denn hier wird jemand beschrieben, der vollkommen und sündlos ist – das ist der Messias.
Die rabbinischen Kommentare und die messianische Deutung von Jesaja 53
Und dann muss man einen Schritt weitergehen. In jeder Rabbinerbibel, die man Mikra'ot Gedolot nennt, handelt es sich um ein vielbändiges Werk, das das gesamte Alte Testament enthält. Doch es ist mehr als nur der biblische Text.
Wenn man es aufschlägt, sieht man oben links den Bibeltext in großen hebräischen Buchstaben. Daneben stehen in etwas kleineren Buchstaben die aramäischen Übersetzungen, die Targumim. Darunter oder daneben finden sich die wichtigen Kommentare aus dem Mittelalter von Raschi, Abrabanel und anderen. Außerdem gibt es noch weniger bedeutende Kommentare in noch kleineren Buchstaben. Diese sind manchmal so winzig, dass man fast eine Lupe braucht, um sie lesen zu können. So ist das Werk ein sehr umfassendes Kompendium mit vielen Kommentaren.
In jeder solchen Rabbinerbibel muss man Jesaja 53 beziehungsweise 52 aufschlagen. Dort schaut man im Targum, also in der zweiten größten Schriftgröße, nach der aramäischen Übersetzung. Diese ist keine wörtliche Übersetzung, sondern enthält kommentierende Zusätze. Dort steht nicht auf Aramäisch „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln“, sondern „Siehe, mein Knecht, der Messias, wird einsichtig handeln“. Jede Rabbinerbibel bezeugt, dass hier der Messias, Meschiha, eingefügt wird.
Auch im Talmud, im Traktat Sanhedrin 98b, wird die Frage gestellt: Wie heißt der Messias? Es werden verschiedene Namen aus dem Alten Testament genannt, denn der Messias hat viele Namen. Einer dieser Namen lautet Nagur, der Geschlagene. Dieser Name stammt aus Jesaja 53, Vers 4 am Schluss: „Wir hielten ihn für bestraft, Nagua, von Gott geschlagen und niedergebeugt.“ Das Wort „bestraft“, Nagua, ist ein typisches Wort für jemanden, der mit Lepra geschlagen ist. Deshalb wird gesagt, der Messias heiße Nagua, der mit Lepra Geschlagene. Dieser Name kommt also aus Jesaja 53.
Somit sagt der wichtigste und mit größter Autorität sprechende jüdische Kommentar, dass Jesaja 53 vom Messias spricht. Die rabbinischen Kommentare bestätigen dies an vielen Stellen. Ein Beispiel ist der Midrasch Tanchuma aus dem neunten Jahrhundert. Dort wird zu dem Satz „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln“ erklärt: „Dies ist der König Messias, welcher hoch und erhöht und sehr erhaben ist, erhabener als Abraham, erhöht über Moses, höher als die dienenden Engel.“ Man könnte meinen, der Kommentator aus dem Mittelalter hätte den Hebräerbrief gelesen, denn das erinnert gerade an Hebräer 1 und folgende Verse.
Weiter schreibt der berühmte Rabbi Moses Hatarschan zu 1. Mose 1, Vers 3, und erklärt ebenfalls, dass Jesaja 53 vom Messias spricht. Rabbi Al-Shaish aus dem sechzehnten Jahrhundert sagt über Jesaja 53: „Unsere alten Rabbinen haben auf das Zeugnis der Tradition hin angenommen, dass hier die Rede vom König Messias sei. Daraus nehmen auch wir ihnen folgend an, dass für das Subjekt dieser Weissagung David, das ist der Messias, gehalten werden müsse, wie dies offenbar ist.“ Er betont also, dass es eine alte und durchgängige Tradition ist, Jesaja 53 als Messias-Weissagung zu verstehen.
Die Abweichung von Raschi und die traditionelle Auslegung
Aber woher kommt eigentlich die Idee, dass das Volk Israel dieses Leiden erfahren hat? Diese Vorstellung stammt aus dem Mittelalter und geht auf Raschi zurück. Raschi war ein Rabbiner im Mittelalter, der bis heute sehr bedeutend ist. Er verfasste Kommentare zum gesamten Alten Testament.
Raschi stellte fest, dass es sich bei der im Kapitel Jesaja 53 beschriebenen Person nicht um den Messias handelt, sondern um das Volk Israel. Dabei änderte er seine Interpretation im Vergleich zu früheren Rabbinern und brach somit mit der Tradition.
Der Grund für diese Änderung war, dass Raschi erkannte, wie stark Jesaja 53 ein Argument dafür ist, dass Jesus von Nazareth der verheißene Erlöser ist. Mit seiner neuen Deutung wollte er diesem Gedanken entgegenwirken und drehte die Interpretation um.
Allerdings steht diese Deutung im totalen Widerspruch zum Kapitel selbst. Denn in Jesaja 53 heißt es ausdrücklich, dass der Knecht für das Volk Israel leidet.
Die prophetische Anrede und die Bedeutung von „Siehe“
Nun gehen wir der Reihe nach durch Jesaja 52, Vers 13. Gott spricht über den Messias, der Gottvater spricht über den Messias: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln.“
Übrigens, im Hebräischen ist der gesamte Text ein Gedicht. Wie das meiste in Jesaja, ist auch dieser Abschnitt in Verszeilen geschrieben. Das ist die erste Verszeile, und das Wort „Siehe“ ist dabei ganz wichtig.
An vielen Stellen im Alten Testament kommt dieses Wort vor. Es ist nicht deutscher Stil. Keiner von uns würde beim Schreiben eines Essays oder Aufsatzes immer wieder „Siehe“ an bestimmten Punkten verwenden. Das ist nicht die deutsche Art zu sprechen.
Wenn man zum Beispiel auf Spanisch in einem Vortrag immer wieder „¡Eh aquí!“ sagt, haben mir Spanischsprachige erklärt, dass das eigentlich nicht die übliche Art ist, wie man spricht. Ich sollte das nicht so verwenden. Natürlich gehe ich von der Bibel aus. In der spanischen Bibel steht immer wieder „¡Eh aquí!“. Aber so spricht man eigentlich nicht Spanisch, das muss ich lernen.
Auch im Französischen ist das ähnlich. Dort sagt man ständig „Voilà“, was „siehe da“ bedeutet. Dort ist das normal. Im Hebräischen heißt es „hine“, und dieses Wort ist sehr wichtig, weil es unsere Aufmerksamkeit auf einen besonders wichtigen Punkt lenkt.
In der Bibel ist alles wichtig, aber wenn zusätzlich „hine“ steht, wird unsere Aufmerksamkeit noch stärker darauf gerichtet. Jetzt müssen wir ganz genau aufpassen. Wir müssen auf den Messias schauen.
Das nimmt schon vorweg, was in Hebräer 12 steht: „Hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.“ Dort wird beschrieben, dass er das Kreuz erduldet hat und die Schande des Kreuzes nicht beachtet hat, sondern wegen der vor ihm liegenden Freude alles auf sich genommen hat.
Die Weisheit und das Handeln des Knechtes
Siehe, mein Knecht, und dann wird gesagt, er wird einsichtig handeln. Damit wird das ganze Leben des Herrn Jesus Christus beschrieben.
Das hebräische Wort „einsichtig handeln“ hat mehrere Bedeutungen. Es bedeutet „einsichtig sein“, dann auch „einsichtig handeln“ und es bedeutet auch „einsichtig machen“. Alle Bedeutungen sind korrekt. So bedeutet es, dass Jesus in seinem ganzen Leben von Weisheit erfüllt war.
Zweitens hat er in allem in Weisheit gehandelt. Außerdem hat er andere weise und einsichtig gemacht durch seine Lehre. Das können wir in den Evangelien nachvollziehen, wenn wir sehen, wie der Herr Jesus mit verschiedenen Menschen umgegangen ist. Er hat nicht mit allen gleich gehandelt, sondern er sprach und verhielt sich so, dass es den Menschen oder den verschiedenen Menschengruppen genau angemessen war.
Es ist wunderbar, wenn man die Evangelien liest, wie der Herr Jesus einerseits mit der samaritanischen Frau am Brunnen umgegangen ist, in Johannes 4. Diese Frau war viele Male verheiratet und geschieden, und schließlich hat sie zum sechsten Mal nicht mehr geheiratet. Der Herr sagt: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“
Doch wie er mit dieser Frau gesprochen hat, begann er nicht gleich mit diesem Thema. Er bat zunächst um etwas Wasser. Auf eine einfühlsame und taktvolle Art erreichte er schließlich das Zentrum ihres Lebens, und sie kam zur Umkehr.
Es ist ebenso beeindruckend zu sehen, wie er mit den Pharisäern sprach, genau angemessen. Zum Beispiel, als er bei Simon, dem Pharisäer, eingeladen war, im Lukas-Evangelium. Dort spricht er diesen Mann an und zeigt ihm den wunden Punkt in seinem Leben auf.
Es ist einfach wunderbar zu sehen, wie der Herr Jesus in allem einsichtig gehandelt hat. Durch dieses Beispiel will er auch uns einsichtig und weise machen.
Die Erhöhung des Knechtes in drei Stufen
Und dann steht dort: „Siehe, mein Knecht, er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein.“ Merken wir uns diese drei Stufen.
Bevor die schrecklichen Leiden des Erlösers beschrieben werden, wird der Sieg vor Augen gestellt. Diese drei Stufen sind: Er soll erhoben werden aus dem Grab am dritten Tag, erhöht werden vierzig Tage später bei der Himmelfahrt und schließlich sehr hoch sein. Nach Psalm 110 soll er sich auf die rechte Seite Gottes setzen, im Himmel auf dem Thron, als Mensch.
In den vier Evangelien wird der Herr Jesus, der Messias, von vier verschiedenen Seiten beschrieben. Diese entsprechen den vier verschiedenen blutigen Opfern, die es im Alten Testament gab. So besteht ein Zusammenhang zwischen dem Opferdienst im Alten Testament, im Judentum, und den vier Evangelien.
Im Matthäusevangelium wird der Herr Jesus besonders als der König vorgestellt. Als Titel könnte man Zacharja 9,9 wählen: „Siehe, dein König, siehe, ein König!“
Das Markus-Evangelium beschreibt ihn als den vollkommenen Knecht. Hier passt Jesaja 52,13 als Überschrift: „Siehe, mein Knecht!“
Im Lukasevangelium liegt die Betonung darauf, dass er ein wirklicher, aber vollkommener Mensch war. Dieses Evangelium wurde von einem Menschenspezialisten, dem Arzt Lukas, geschrieben. Passend dazu kann man Sacharja 6 als Titel nehmen, wo der Messias vorgestellt wird: „Siehe, ein Mann!“
Im Johannesevangelium wird hervorgehoben, dass der Herr Jesus der ewige Gott ist. Als Titel eignet sich Jesaja 40: „Siehe, euer Gott kommt!“
Im Markus-Evangelium wird besonders betont, dass der Herr Jesus Knecht geworden ist, um zu dienen. Nur im Markus-Evangelium finden wir im Schlusskapitel genau die Erfüllung dieser drei Punkte. Dort wird die Auferstehung beschrieben, wie in allen Evangelien, aber die Verbindung mit der Himmelfahrt findet sich nur im Markus- und im Lukasevangelium, sonst nirgends.
Das, was nur im Markus-Evangelium vorkommt, ist der Satz: „Und er setzte sich zur Rechten Gottes auf den Thron.“ Nur dort wird beschrieben, wie der Knecht, der sich selbst erniedrigt hat, in diesen drei Stufen über alle Maße erhöht wird: erhoben, erhöht und sehr hoch.
Die Entstellung und das Leiden des Messias
Der Blick ist immer noch abhängig von der Aussage: „Siehe, mein Knecht, der Bogen wird weitergeführt.“ Jetzt werden die Leiden dargestellt, ebenso wie viele sich über ihn entsetzt haben.
Wenn wir uns vorstellen, wie Jesus vor Pilatus stand, wurde er zuerst gegeißelt. Die Geißelung bei den Römern war nicht einfach ein Auspeitschen. Es war üblich, an den Lederriemen Widerhaken oder spitze Gegenstände anzubringen. Dadurch wurde beim Auspeitschen das Fleisch aufgerissen und in eine blutige Masse verwandelt. So steht es auch in den Psalmen: „Pflüger haben auf meinem Rücken gepflügt und langgezogen ihre Furchen.“
Dann kam die Dornenkrone. Ich muss nicht im Detail beschreiben, was das alles auslöste und wie es schließlich ein Aussehen gab, das nicht mehr menschlich war. Das ist übrigens die genaue Bedeutung, wenn es heißt: „Hier, gleich wie sich viele über dich entsetzt haben.“ Sein Aussehen war entstellt, mehr als das eines Menschen.
Seine Gestalt war „mehr als der Menschen Kinder“. Auf Hebräisch steht hier „mehr als irgendeines Mannes“ als „me-isch“. „Me“ kann „mehr als“ oder auch „weg von“ bedeuten, was grammatikalisch korrekt ist. Doch hier geht es nicht darum, dass er mehr entstellt war als andere Menschen. Die Betonung liegt darauf, dass er „weg von dem“ war, wie ein Mensch oder ein Mann aussieht. Er war so entstellt, dass er nicht mehr menschlich wirkte.
Die Menschen, die das sahen, als er sein Kreuz tragend verunstaltet hinausging durch das Stadttor von Jerusalem nach Golgatha, waren entsetzt. In Lukas 23 lesen wir von all diesen Frauen aus Jerusalem, die der Herr anspricht: „Ihr Töchter Jerusalems, weint nicht über mich, sondern weint über euch und eure Kinder.“ Er weist auf das Jahr 70 hin, als Jerusalem verwüstet wurde. Mehr als eine Million Menschen kamen dort um, und unzählige wurden gekreuzigt.
Er sagte also, weint nicht über mich. Doch die Menschen waren entsetzt, als sie ihn sahen. Diesen Mann, der nur Gutes getan hatte, im Land umhergereist war, geheilt und eine Botschaft des Friedens und Trostes verkündet hatte. Jetzt war er so entstellt, dass er nicht mehr menschenähnlich war.
Die Reaktion der Nationen und Könige
In Vers 15 wird gesagt, dass er viele Nationen in Staunen versetzen wird. Hier wird beschrieben, dass die Nachricht von dem Messias, der so geschändet werden wird, dazu führen wird, dass wir unter den nichtjüdischen Völkern bekannt werden. Die Botschaft wird zu den anderen Nationen ausgehen.
Weiter heißt es: Über ihn werden Könige ihren Mund verschließen, denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden war. Was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen. Diese Menschen werden nur noch in Bewunderung schweigen über die Botschaft vom Kreuz.
So ist das Evangelium seit dem ersten Jahrhundert verbreitet worden und hat sich über die Jahrhunderte weiter ausgebreitet. Besonders Europa hatte das Privileg, diese Botschaft zu hören. Dort wurden Fürsten und Könige davon überzeugt, dass er der Retter ist.
In diesem Zusammenhang denke ich gerne an die erste Aufführung des Messias von Händel. Dieses Werk hat viele messianische Prophezeiungen musikalisch umgesetzt, unter anderem Jesaja 53 in einer komplizierten Fuge für den Chor – ein grandioses Stück.
Im Messias kommt überraschend nicht erst am Ende, sondern mitten im Werk das Halleluja, das große Halleluja. Dieses Stück kennen die meisten Menschen, sogar jene, die keine klassische Musik hören. Es ist wie ein Vorgeschmack auf den Himmel.
Ganz spontan stand der König von England bei dieser Aufführung auf, und alle Konzertbesucher folgten seinem Beispiel. Deshalb ist es in England bis heute so, dass immer, wenn der Messias aufgeführt wird und das Halleluja erklingt, alle aufstehen. Da kann man nur noch schweigen.
So ist diese Botschaft nach Europa und in die ganze Welt gekommen. Überall haben auch hochgestellte Menschen ihren Mund geschlossen und mussten zustimmen: Das ist der Retter, von Gott für uns gesandt.
Die geringe Zahl der jüdischen Gläubigen im Verlauf der Geschichte
Das Grandiose daran ist, dass in den letzten zweitausend Jahren so viele Menschen aus den nichtjüdischen Nationen weltweit auf allen fünf Kontinenten zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind. Gleichzeitig sind in diesen zweitausend Jahren nur sehr wenige Juden zum Glauben gekommen.
Noch im ersten Jahrhundert wissen wir von Pfingsten, als dreitausend Menschen zum Glauben kamen (Apostelgeschichte 2). In den folgenden Wochen und Monaten ging es weiter. Schon bald waren es fünftausend Männer, und wenn man die Frauen dazu zählt, etwa zehntausend. In Apostelgeschichte 21 berichtet der Apostel Paulus, der zu Besuch in Jerusalem war, von den Brüdern dort: „Siehe, wie viele Myriaden von Juden es gibt, die glauben, und alle sind Eiferer für das Gesetz.“ Myriaden bedeutet Zehntausende.
Im zweiten Jahrhundert jedoch ebbte diese Entwicklung ab. Im dritten und vierten Jahrhundert kamen nur noch sehr wenige Juden zum Glauben. Die Wende kam erst im neunzehnten Jahrhundert. Dabei änderte sich auch die Art und Weise, wie man Juden evangelisierte. Einige Männer erkannten, dass man Talmud und rabbinische Literatur studieren muss. Dadurch entstand eine wunderbare Brücke, denn man konnte aufzeigen: „Schaut mal, Jesaja 53 ist nicht einfach eine spätere christliche Interpretation. Das ist der Messias.“ Es ist nicht so, als hätten wir das hineingelesen. Die Rabbiner erkannten völlig unabhängig von der Erfüllung, dass es sich um den Messias handelt.
In all diesen Kommentaren wird ganz klar gesagt, dass es der König Messias ist. Das führte dazu, dass viele Juden zum Glauben kamen. Das war natürlich auch ganz offensichtlich. Unsere großen Lehrer früher haben das ebenfalls anerkannt. Besonders viele Menschen sind aus dem Judentum zum Glauben gekommen, und dieser Prozess setzte sich bis ins zwanzigste Jahrhundert fort.
Besonders in den sechziger Jahren gab es in Amerika einen großen Aufbruch. Das war auch die Zeit der Hippies und ähnlicher Bewegungen. Gerade unter den Juden in den USA und Kanada kamen in dieser Zeit viele zum Glauben. Das war unglaublich! Heute ist diese Bewegung jedoch wieder abgeebbt. Es ist nicht mehr so einfach wie damals in den sechziger und siebziger Jahren. Dennoch war es ein beeindruckender Aufbruch.
Grundsätzlich aber, bezogen auf die letzten zweitausend Jahre, sind über Jahrhunderte hinweg nur wenige Juden zum Glauben gekommen. Gleichzeitig haben so viele Nichtjuden erkannt: „Ja, das ist der Erlöser.“
Die Verbreitung der Botschaft und das Beispiel des äthiopischen Kämmerers
Dieses Kapitel ist nicht nur für Juden geschrieben, sondern wir lernen das im Neuen Testament schon ganz von Anfang an, etwa in der Evangelisationsgeschichte in Apostelgeschichte 8. Dort trifft der Evangelist Philippus den Kämmerer aus Äthiopien.
Der Kämmerer hatte offenbar Kontakte zum Judentum im Sudan. Äthiopien entsprach damals dem Gebiet des heutigen Sudan, das südlich von Ägypten liegt. In Ägypten lebten viele griechischsprachige Juden. Durch diese Kontakte wurde der Kämmerer dazu bewegt, nach Jerusalem zu gehen, um den Gott der Bibel kennenzulernen.
In Jerusalem erhielt er jedoch nicht viele Antworten. Auf dem Heimweg las er in einer Jesajarolle. Genau in dem Moment, als er bei Jesaja 53 ankommt, trifft ihn der Evangelist Philippus auf der Rückreise in den Sudan. Philippus fragt ihn: „Verstehst du auch, was du liest?“ Der Kämmerer antwortet: „Wie sollte ich auch, wenn mich niemand anleitet?“
Daraufhin steigt Philippus auf den Wagen und erklärt ihm ausgehend von Jesaja 53 das Evangelium. Der Mann kommt zum Glauben und möchte sich unbedingt taufen lassen. Danach kehrt er mit Freude nach Afrika zurück.
Jesaja 53 ist also auch für einen Schwarzafrikaner von großer Bedeutung. Das soll uns ermutigen, dieses Kapitel zu verwenden, wenn wir mit Menschen sprechen. Es wirkt nicht nur bei Juden, sondern auch bei anderen Menschen.
Deshalb lohnt es sich, das Kapitel auswendig zu lernen. Wenn man auf der Straße oder beim Gehen ins Gespräch kommt, kann man direkt darauf zurückgreifen und es als „Munition“ nutzen. So wird das Kapitel zu einer wichtigen strategischen Hilfe.
Die Kraft des prophetischen Wortes und die Wirkung von Jesaja 53
Das prophetische Wort hat eine große Kraft. Ich habe gerade beschrieben, wie Menschen, die es zum ersten Mal lesen, diese Kraft erleben können. Besonders dadurch, dass es so lebendig in der Vergangenheitsform geschrieben ist.
Wäre das alles nur als zukünftige Wahrheit dargestellt – etwa: Er wird unsere Leiden tragen und unsere Schmerzen auf sich laden, oder wir werden ihn für bestraft halten, von Gott geschlagen und niedergebeugt –, dann ginge das nicht sofort ins Herz. Doch Gott hat es so aufgeschrieben, dass es tief eindringt.
Denn um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.
Wenn wir aber Vers 15 betrachten, sehen wir, wie die Nationen, also die Nichtjuden, auf dieses Kapitel reagieren werden. Sie werden überwältigt sein von einer Botschaft, die sie noch nie zuvor gehört haben. Sogar Könige werden ihren Mund verschließen.
Dann geht Jesaja weiter und fragt: Wer hat unserer Verkündigung geglaubt? Wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden? Hier klagt er über den Unglauben gegenüber dieser Botschaft.
Dieses Wort wird auch in Johannes 12,37 aufgenommen. Dort wird erklärt, dass es sich erfüllt hat, als die Mehrheit des jüdischen Volkes den Herrn Jesus nicht als Messias erkannte.
So sehen wir in Vers 15 vorher, dass es von der Offenheit unter den Nichtjuden für die Botschaft vom Kreuz spricht. Doch dann folgt die traurige Frage: Wer hat unserer Verkündigung geglaubt? Wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden?
Das ist das Klagen des Propheten über sein eigenes Volk, über die Mehrheit seines Volkes.
Das Paradox des Wachsens unter widrigen Umständen
Es wird erklärt, dass er wie ein Reis vor ihm aufgeschossen ist und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich. Das ist eigentlich ein Paradox, ein Widerspruch in sich. Etwas wächst so wunderbar hervor, obwohl der Boden alles andere als ideal für Wachstum ist – ausgetrockneter Boden.
Genau so war es: Jesus kam in diese Welt, wurde als Jude geboren und wuchs in einer Zeit auf, in der das Judentum weitgehend von toter Religiosität geprägt war. Pharisäertum und Sadduzeertum dominierten, und es war wirklich ein dürres Erdreich. Auch dort ist er aufgewachsen, geboren in Bethlehem und aufgewachsen in Nazareth. Er ist wie ein Reis aufgeschossen, wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich.
In meiner Bibel habe ich besonders vermerkt: „vor ihm aufgeschossen“. Das heißt, er wuchs in völliger Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, auf. So sehen wir auch den zwölfjährigen Jesus im Tempel. Seine Eltern waren am Passafest und besuchten die zwei obligatorischen Tage. Danach gingen sie schon nach Hause. Doch dann merkten sie, dass der Zwölfjährige fehlte. Sie suchten ihn unter der Reisegesellschaft und bei den Verwandten, doch niemand wusste, wo er war.
Sie mussten nochmals nach Jerusalem zurückkehren. Wo fanden sie ihn? Im Tempel! Dort saß er unter den Gelehrten und sprach mit ihnen über die Bibel. Dann sagte er ihnen: „Ich muss doch sein in den Dingen meines Vaters.“ Er wollte die ganze Passawoche in Jerusalem verbringen. Ihm war es wichtig, im Haus des Vaters, im Tempel, zu sein.
So sehen wir, wie er in völliger Gemeinschaft mit dem Vater aufwuchs. Er musste sich nie bekehren. Im Psalm 22, einem anderen messianischen Text, sagt der Messias: „Von Mutterleibe an bist du mein Gott.“ Das kann keiner von uns sagen. Wenn wir sagen können, Gott ist mein Gott, dann nur seit unserer Bekehrung. Davor war er nicht unser Gott.
Jesus hingegen kann sagen: „Von Mutterleib an, von Mutterschoss an bist du mein Gott.“ Er lebte von Anfang an in völliger Gemeinschaft. Wie ein Reis vor ihm aufgeschossen.
Noch ein schönes Wortspiel: „Jonec Reis“ ist ein Wort, das gleichzeitig auch „Säugling“ bedeutet. Das hängt damit zusammen, dass so ein Schössling das Wasser aus der Erde zieht. Darum heißt es eigentlich „ein Sauger“. Und das ist das gleiche Wort wie für „Säugling“. Das zeigt, dass der Messias als wirklicher Mensch in diese Welt kommen musste, als Kind geboren – wie es in Jesaja 9,6 heißt: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“
Es ist nicht dasselbe, dass der ewige Sohn, den Gott uns geschenkt hat, als Mensch geboren wurde. Man nennt seinen Namen, heißt es dort, „Wunderbarer Berater“. Im Messias von Händel muss man die Aufnahme mit Pauken hören! Man wird diesen Namen des Messias so unterstrichen: Wunderbar, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst.
Dafür bereite ich immer zwei Wörter vor, Doppelnamen. Darum „Friedefürst“ besser „Fürst des Friedens“. Und eben der zweite Name, „El-Gibbor“, das bedeutet, der Messias wird Gott sein.
An einem Bahnhof habe ich jemanden angesprochen, weltfremd im Glauben. Dann stellte sich heraus, es war ein Jude. Er sagte zu mir: „Ihr seid Götzendiener.“ Warum? „Ihr betet einen Menschen an.“ Da habe ich gesagt: „Ja, aber dieser Mensch ist eben gleichzeitig, und zwar in einer Person, Gott. Und das steht in eurer Bibel.“
Wo? Jesaja 9,6: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Dann ist er ein Mensch, wenn er geboren wird als Kind. Aber sein Name heißt „El Gibor“, starker Gott, dann ist er Gott.
Ich habe ihm noch einige weitere Stellen angegeben. Dann sagte er: „Sie können gut reden.“ Dabei war es einfach Gottes Wort, nicht wahr?
Die Ablehnung und das Leiden des Messias
Wir gehen weiter: Er hatte keine Gestalt und keine Pracht, und als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, das wir begehrt hätten. Er war verachtet und von den Menschen verlassen, ein Mann, der Schmerzen kannte und mit Leiden vertraut war. Wie jemand, vor dem man das Angesicht verbirgt. Er war verachtet, und wir schätzten ihn nicht.
Viele wussten damals zwar, dass im Alten Testament der Messias als Leidender beschrieben wird. An anderen Stellen wird er jedoch als Herrscher dargestellt, der auf den Wolken des Himmels kommt, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Welche Vorstellung gefiel ihnen besser? Natürlich die Prophezeiungen wie in Daniel 7, wo der Menschensohn, der Messias, auf den Wolken kommt und die Herrschaft übernimmt. Deshalb haben viele diese Prophezeiungen über den leidenden Messias in den Hintergrund gerückt. Das war ihnen unangenehm.
Der Herr Jesus kam beim ersten Mal nicht in Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels, sondern in Niedrigkeit. Das war ohnehin ein Problem im Judentum: Wie passt das zusammen? In Sacharja 9 steht: „Siehe, dein König kommt, reitend auf einem Esel.“ Aber in Daniel 7 heißt es, er kommt auf den Wolken des Himmels. Im Talmud wurde dazu gesagt, das seien zwei Möglichkeiten: Wenn wir die Tora einhalten, kommt er auf den Wolken des Himmels. Wenn wir unwürdig sind, kommt er auf dem Esel.
Man muss sagen: Das ist nur fast richtig. Es sind nicht zwei Möglichkeiten, sondern zwei Prophezeiungen. Das erste Mal sollte er auf dem Esel kommen, das zweite Mal wird er auf den Wolken des Himmels erscheinen. Tatsächlich waren sie beim ersten Mal unwürdig, die Masse. Beim zweiten Mal wird ein Überrest, ein Drittel des Volkes Israel, zum Glauben gekommen sein. Sie werden ihn willkommen heißen und würdig sein, ihn zu empfangen.
Aber sie wollten lieber jemanden, der das Joch der Römer abwirft. Das entsprach nicht ihrer Vorstellung. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht, er kam nicht als majestätischer König. Er kam, um das Grundproblem zu lösen: das Problem der Schuld.
In Vers 4 wird gesagt: „Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen.“ Im Hebräischen wird das Wort „hu“ verwendet, das man nicht hinzufügen müsste, hier aber eingesetzt ist, um zu betonen, dass er unsere Leiden getragen hat. Und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen.
In Matthäus 8,17 wird diese Stelle zitiert. Dort heißt es, der Herr Jesus sah all die kranken und leidenden Menschen, und so wurde erfüllt, was hier steht. Das geschah also nicht erst am Kreuz mit diesen Leiden oder Krankheiten, sondern während seines Lebens. Er sah, wie die Menschen litten, und trug innerlich mit und fühlte mit ihnen. Das hat sich während seines Lebens erfüllt.
Danach geht es weiter: Wir hielten ihn für einen Nagua, einen Aussätzigen, den man aus der Gesellschaft ausschließen muss, damit er die anderen nicht ansteckt. Für einen, mit dem man keinen Kontakt haben will, von Gott geschlagen und niedergebeugt.
Doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe lag auf ihm zu unserem Frieden, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.
Die zukünftige Anerkennung des Messias durch Israel
Ich muss mir vorstellen, dass der Herr Jesus in der Zukunft zurückkehren wird, auf dem Ölberg, zuerst kommend auf den Wolken des Himmels. Ein Drittel des jüdischen Volkes wird in der größten Bedrängnis sein, wenn sie durch den Todfeind von Norden überrannt werden sollen.
In dieser größten Not, in der sie nicht einmal mehr auf die IDF, die Armee, vertrauen können, werden sie den Herrn Jesus suchen. Wenn er kommt, werden sie weinen und heulen. So steht es auch in Sacharja 13: Das ganze Land wird heulen und klagen. Dann werden sie Jesaja 53 so beten können, wie es dort geschrieben steht:
„Doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“
Man sieht, wie wichtig es ist, dass das in der Vergangenheitsform geschrieben ist. Dann können sie es genau so beten, wenn er kommt.
In Sacharja 12,10 steht: „Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben.“ Ich war einmal in Jerusalem und habe mit einem Taxischaffeur gesprochen. Er sagte mir: „Das geht so in Israel. Glauben Sie, dass der Messias kommt?“ Da habe ich gesagt: „Ja, natürlich glaube ich das.“ Und das war gerade angesichts des Ölbergs. Dort wird er kommen.
Aber ich glaube, dass er schon einmal gekommen ist. Ich habe dann Sacharja 12,10 aus der hebräischen Bibel zitiert: „Vehibitu Elay et Asher Dakaru“ – „Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben.“ Ich erklärte, dass er beim ersten Mal, als er kam, durchbohrt wurde. Beim zweiten Mal aber werden sie auf ihn blicken, und dann werden sie eben so lesen und beten.
Das Schweigen des Messias vor Gericht
Und dann wird weiter erklärt: Er wurde misshandelt, doch er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf. Gleich dem Lamm, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scheren, so tat er seinen Mund nicht auf.
Als Jesus vor dem Sanhedrin stand, vor dem Hohenpriester Kajafas, und all diese falschen Anschuldigungen und Lügereien vorgebracht wurden, sprach er nicht mehr. Er schwieg wie ein Lamm, das stumm ist vor seinen Scheren, und ließ alles mit sich geschehen.
Früher hatte der Herr schon Dinge klargestellt, doch in diesem Moment nicht mehr. Es war bereits Nacht, und in einer illegalen Sitzung bei Anas und später bei Kajafas wurde beschlossen, dass er sterben müsse.
Dann begann die offizielle Sitzung im Sanhedrin nach Sonnenaufgang. Es war schon klar, dass er sterben musste, obwohl nach rabbinischem Gesetz nichts im Voraus beschlossen werden darf. Der Prozess muss ergebnisoffen sein. Doch der Herr sprach kein Wort mehr und schwieg.
In Vers 8 heißt es: „Er ist hinweggenommen worden aus der Angst und aus dem Gericht.“ Das Wort „lakach“ bedeutet wegnehmen oder wegreißen. Es zeigt, dass ihm nicht einmal ein ordentlicher Prozess gewährt wurde. Man schleuste ihn schnell durch die Angst vor dem Prozess und das Gericht hindurch.
Alles war bereits abgesprochen, nachts zuvor in zwei Sitzungen. Ein fairer Prozess wurde ihm nicht gewährt. Nach rabbinischem Gesetz müssen immer Zeugen auftreten, die für den Angeklagten aussagen. Doch es kamen nur solche, die gegen ihn sprachen. Der Prozess war in vielen Punkten völlig illegal.
Dann heißt es weiter: „Und wer wird sein Geschlecht, seine Generation beschreiben?“ Wer kann diese Generation beschreiben, die so gesetzlos gegen den Messias aufgetreten ist? Er musste einfach sterben!
Die Begründung folgt: Er wurde abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen, so wurde er getötet. Doch Gott erklärt, dass dieser Tod eine Bedeutung hat. Wegen der Übertretung meines Volkes traf ihn die Strafe. Er starb gleichzeitig für das Volk Israel und für alle, die an ihn glauben.
Das Grab des Messias und Joseph von Arimathia
Und dann wird gesagt, in Vers 9, man habe sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt. Gekreuzigte wurden nach der Kreuzigung im Tal Hinnom verbrannt. Aber Gott hat keine weitere Schändung mehr zugelassen. Das Letzte war dieser Speerstich des Soldaten in die Seite des Herrn.
Dann kam plötzlich dieser Ratsherr Joseph von Arimathia, ein verborgener Nachfolger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat darum, den Leib Jesu in seinem aus dem Felsen gehauenen Grab, gerade außerhalb der Stadtmauer von Jerusalem, beizusetzen. So bekam er dieses Grab, in dem noch nie ein verwester Körper gelegen hatte.
Bei einem Reichen war Jesus in seinem Tod, weil er kein Unrecht begangen hatte und kein Trug in seinem Mund gewesen ist. Übrigens war Joseph ein Ratsherr. Das war nicht ein Mitglied des Sanhedrins, sondern die Bezeichnung für die etwa vierzehn höchsten Priester, gerade unterhalb des Hohenpriesters. Im Tempel, beim Innenvorhof auf der Südseite, gab es ein Gebäude, das war das Gebäude der Ratsleute. Dort hielten sie ihre Sitzungen ab.
Joseph gehörte zu den höchsten Priestern Israels, gerade unterhalb des Hohenpriesters. Aber er kam zum Glauben und erkannte, dass all diese Opfer sich jetzt im Opfer des Messias erfüllt hatten. Darum stellte er sein Grab zur Verfügung. Das ist schon interessant: Er hat also zu Lebzeiten sein Grab nicht geschaufelt, sondern aushauen lassen.
In unserer Gesellschaft wird der Tod oft verdrängt – verdrängt, verdrängt, bis zum Schluss. Doch es ist so wichtig, sich zu Lebzeiten mit der Frage des Todes auseinanderzusetzen und sich ganz klar zu machen: Wenn ich heute gehen müsste, wo komme ich hin? Bin ich errettet oder nicht? Das können wir von Joseph lernen. Er hat die Frage des Todes und was danach kommt rechtzeitig geklärt. So kann man schon zu Lebzeiten ein Grab machen. Aber das hat er dem Herrn geschenkt.
In Vers 10 heißt es: „Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen.“ Und das ist ganz wichtig: Hier steht nicht, dass Menschen ihn geschlagen haben, sondern dass Gott ihn geschlagen hat. Die Menschen haben den Herrn zwar schrecklich verunstaltet, wie wir gesehen haben, doch das hat keine einzige Sünde weggenommen.
Die Leiden durch die Bosheit der Menschen müssen wir unterscheiden von den Leiden durch Gott. Erst in den drei Stunden der Finsternis hat Gott seinen Sohn mit unserer Schuld beladen, und der Zorn Gottes hat ihn getroffen. Im Psalm 88 heißt es: „Deine Zornglut hat mich vernichtet.“ Und hier steht: „Es gefiel dem Herrn, ihn zu zerschlagen.“
Das Gericht, das wir in Ewigkeit im Feuersee verdient haben, hat der Herr Jesus in den drei Stunden der Finsternis auf sich genommen. Gott hat ihn geschlagen, und das waren die sühnenden Leiden. Diese kamen zu all dem hinzu, was der Herr von den Menschen gelitten hat. Darum kann man wirklich sagen: Nie hat jemand so gelitten wie er.
Andere wurden gekreuzigt, ja, das ist schrecklich und furchtbar, aber er wurde gekreuzigt und von Gott geschlagen – das kann niemand erfassen. Doch wie kann es hier heißen, es gefiel Gott? Nicht, dass Gott irgendeinen Gefallen daran gehabt hätte, seinen Sohn zu schlagen, denn es war furchtbar für Gott, ihn leiden zu lassen. Aber im Blick auf unsere Rettung war es Gottes Plan.
Menschen, verlorene Menschen, die an seinen Sohn glauben, will Gott retten. Darum war es Gottes Wohlgefallen, diesen Weg der Erlösung zu gehen. Dann heißt es weiter: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen.“ Hier sehen wir, dass er das Opfer sein wird, das Schuldopfer, Ascham, das im 3. Mose 5 verwendet wird.
Das Opfersystem in Israel war ein Hinweis auf das eine Opfer des Messias. Er wird das wahre Opfer stellen, und das hat der Herr Jesus so erfüllt. Dann heißt es: „Er wird seine Tage verlängern.“ Das ist ein Ausdruck, den man im Alten Testament oft findet: Wenn man die Gebote einhält, wird man die Tage verlängern können.
Wenn man alle Gebote einhalten würde, sagt die Bibel, könnte man die Tage ewig verlängern. Aber alle sind Sünder. Darum sind alle Pharisäer gestorben, ebenso alle anderen. Niemand konnte die Gebote halten. „Die Tage verlängern“ heißt also leben, leben, leben.
Das ist eigenartig und ein Paradox. Jetzt wird doch beschrieben, wie er stirbt, und dann heißt es, er wird seine Tage verlängern. Das ist eine Prophetie auf die Auferstehung. Er wird sterben und dann wieder leben, und zwar ewig leben. Im Römerbrief 6 heißt es, er wird nie mehr sterben.
„Und das Wohlgefallene des Herrn wird in seiner Hand gedeihen, von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen.“ Das heißt, es gibt Resultate: Menschen, die an ihn glauben, werden gerettet. Das freut ihn, und diese Freude an den Erlösten ist seine Sättigung.
Weiter heißt es: „Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die Vielen zur Gerechtigkeit weisen oder verhelfen.“ Das ist bereits ein Hinweis auf den Römerbrief. Dort wird beantwortet, wie ein gesetzloser, sündiger Mensch vor Gott gerecht sein kann.
Es wird erklärt: Indem er an den Sohn Gottes glaubt und an die Wirkung seines Blutes, kann Gott ihn rechtfertigen und als gerecht hinstellen. So heißt es hier: Der Messias wird den Vielen zur Gerechtigkeit verhelfen. Die Antwort und Ausführung dazu finden wir im Römerbrief.
Dann heißt es: „Und ihre Missetaten wird er auf sich laden“ – plötzlich in der Zukunftsform. Das ist wieder ein Hinweis, dass es sich um eine Prophetie handelt. Er wird die Sünden auf sich laden.
Schließlich sagt Gott: „Darum werde ich ihm die Großen zuteilgeben, und mit Gewaltigen wird er die Beute teilen.“ Ja, das erste Mal kam er nicht, um zu herrschen, sondern um zu leiden und das Problem der Sünde zu lösen.
Aber das zweite Mal wird er kommen. Wer sind die Großen heute? Nicht mehr Mr. Obama, sondern Mr. Trump, Herr Putin und viele andere. Das sind die Großen dieser Welt. Wenn der Herr Jesus aber auf den Wolken des Himmels kommt, wird er das übernehmen, was diese letzten Großen innehaben: die ganze Weltherrschaft.
So macht Jesaja 53 klar: Der Messias wird zuerst leiden und dann herrschen – als Lohn für seine Hingabe am Kreuz. Darum heißt es: „Darum werde ich ihm ...“ Und schließlich endet es damit, dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod.
„Ausschütten“ (Schaffach) meint das Ausleeren von einer Flüssigkeit. Das bedeutet wirklich, der Herr Jesus hat am Kreuz sein Blut gegeben. „Seele“ ist auch ein Begriff, der für das Blut verwendet wird. Die Seele alles Fleisches ist im Blut (3. Mose 17).
So ist gewissermaßen das Blut der Inbegriff des Lebens. „Seele“, neffisch, heißt Seele oder auch Leben. Das ist der Inbegriff des Lebens. Wenn man mir das Blut wegnimmt, bin ich tot. Dann merkt man, dass das Leben im Blut ist.
Der Herr Jesus hat sein Leben gegeben. Er hat gesagt in Johannes 10: Niemand kann mein Leben von mir nehmen, ich lasse es von mir selbst. Er hat seine Seele, sein Leben, ausgeschüttet in den Tod.
Den Übertretern ist das dabei gezählt worden. Zwei schlimme Kriminelle wurden gleichzeitig mit ihm gekreuzigt, und er war in der Mitte. Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Übertreter Fürbitte getan. Er hat gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
So wurde auch dieser letzte Satz in Jesaja 53 erfüllt. Das Schöne ist: Man hat in Qumran 1947 in der ersten Höhle eine vollständige Jesajarolle gefunden, und man kann sie datieren. Mit zwei verschiedenen Methoden kam man auf dasselbe Ergebnis: Zweites Jahrhundert vor Christus.
Alle Kapitel von Jesaja sind darin enthalten, allerdings ohne Kapiteleinteilung – die kam erst später. Jesaja 53 ist vollständig enthalten. Ich habe es durchgelesen, jeder Vers ist drin.
So ist klar, diese Prophetie wurde wirklich gegeben, denn wir haben sogar eine Abschrift aus vorchristlicher Zeit. Und sie hat sich in Jesus Christus erfüllt. Mit Jesaja 53 können wir wirklich beweisen, dass Jesus Christus der Messias ist.
Noch etwas Schönes: In Jesaja 39 hört die Rolle bei der zweitletzten Zeile einer Kolumne auf. Dann beginnt Jesaja 40, Vers 1, in der letzten Zeile der Kolumne: „Nachamu, Nachamu, Ami, Yomar, Elohechem.“ – „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“
Die liberalen Theologen haben gesagt, wir haben herausgefunden, dass Jesaja gar nicht von Jesaja geschrieben sei. Das heißt, der erste Teil bis Kapitel 39, aber ab Kapitel 40 habe ein anderer geschrieben, und bei Kapitel 53 noch ein dritter Jesaja.
So ist das eine große Weisheit: Zweitausend Jahre später kommen Leute und wollen es besser wissen. Aber im zweiten Jahrhundert vor Christus haben sie mit Jesaja 40 auf der letzten Zeile der Kolumne weitergeschrieben. Sie wussten nichts von einem zweiten Jesaja. Das war alles von dem einen Jesaja geschrieben, nicht wahr?
Es ist aber schön: Eine neue Kolumne beginnt weiter hinten mit „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln zu Oberst.“ Auf der vorherigen Kolumne war noch Platz, aber der Schreiber hat diesen Raum freigelassen und dann wirklich dort begonnen mit „Siehe, mein Knecht“ ganz oben in einer neuen Kolumne – die Prophetie auf den Messias, die sich so wunderbar erfüllt hat.
Das letzte Wort: Es lohnt sich, Jesaja 53 wirklich langsam und genau zu lesen. Dann, bei dieser Stelle: „Doch um unserer Übertretung willen war er verwundet“ – wenn man das mal für sich macht und statt „unserer Übertretung“ seinen eigenen Namen einsetzt, ganz persönlich, dann nimmt man Jesaja 53 für sich persönlich.
Das ist so wichtig. Dann wird man errettet. Man wird nicht errettet, wenn man sagt: „Ja, ja, ich glaube, dass Jesus für alle gestorben ist.“ Ein Mann hat mich mal gefragt: „Glauben Sie, dass Jesus für Sie gestorben ist?“ Ich antwortete: „Ja, er ist für alle gestorben.“ Er fragte weiter: „Aber glauben Sie, er ist für Sie gestorben?“ „Er ist für alle gestorben.“ „Glauben Sie, er ist für Sie gestorben?“ „Er ist für alle gestorben.“
Warum konnte er das nicht sagen? Weil er nicht bekehrt und nicht errettet war. Er war schon etwas gläubig, ja, aber nicht errettet. Er hätte nie Jesaja 53 lesen und dann seinen Namen einsetzen können: „Um meiner Übertretung willen war er verwundet, die Strafe lag auf ihm, und durch sein Streben ist [Name einsetzen] Heilung geworden.“
Aber dann ist man gerettet, wenn man das Opfer wirklich für sich in Anspruch nimmt.
Die historische Bestätigung der Prophetie durch die Schriftrolle von Qumran
Und das Schöne ist: In Qumran wurde 1947 in der ersten Höhle eine vollständige Jesaja-Rolle gefunden. Diese kann man datieren. Mit zwei verschiedenen Methoden kam man auf dasselbe Ergebnis: das zweite Jahrhundert vor Christus.
Alle Kapitel von Jesaja sind enthalten, allerdings ohne Kapiteleinteilung, da diese erst später eingeführt wurde. Jesaja 53 ist vollständig vorhanden. Ich habe es durchgelesen – jeder Vers ist enthalten.
So ist klar, dass diese Prophetie wirklich gegeben wurde. Wir haben heute sogar eine Abschrift aus vorchristlicher Zeit. Und sie hat sich in Jesus Christus erfüllt.
Damit können wir wirklich mit Jesaja 53 beweisen, dass Jesus Christus der Messias ist.
Die Einheit des Jesajabuches und die Bedeutung von Jesaja 53
Und noch etwas Schönes: In Jesaja 39 endet die Rolle in der zweitletzten Zeile einer Kolumne. Danach beginnt Jesaja 40, Vers 1, in der letzten Zeile der Kolumne mit den Worten „Nachamu, Nachamu, Ami, Yomar, Elohechem.“ Das bedeutet: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott!“
Die liberalen Theologen haben behauptet, dass Jesaja nicht von Jesaja selbst geschrieben wurde. Sie sagen, der erste Teil bis Kapitel 39 stamme von Jesaja, aber ab Kapitel 40 habe ein anderer Autor geschrieben. Und ab Kapitel 55 soll es sogar noch einen dritten Jesaja geben. Das sei eine große Erkenntnis.
Zweitausend Jahre später kommen Leute und meinen, das besser zu wissen. Aber schon im zweiten Jahrhundert vor Christus wurde mit Jesaja 40 genau an der letzten Zeile der Kolumne weitergeschrieben. Die Menschen damals wussten nichts von einem zweiten Jesaja. Für sie war alles von demselben Jesaja geschrieben, nicht wahr?
Es ist aber schön zu sehen, dass eine neue Kolumne weiter hinten mit den Worten beginnt: „Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln.“ Auf der vorherigen Kolumne war noch Platz, doch der Schreiber hat diesen Raum freigelassen. Dann begann er wirklich mit „Siehe, mein Knecht“ ganz oben in einer neuen Kolumne. Diese Prophetie weist auf den Messias hin und hat sich so wunderbar erfüllt.
Die persönliche Anwendung von Jesaja 53
Es lohnt sich, Jesaja 53 wirklich langsam und genau zu lesen. Besonders wichtig ist die Stelle: "Um unserer Übertretung willen war er verwundet." Wenn man diese Worte für sich persönlich nimmt und statt "unserer Übertretung" den eigenen Namen einsetzt, wird Jesaja 53 zu einer sehr persönlichen Botschaft.
Dann nimmt man Jesaja 53 für sich selbst in Anspruch, und das ist entscheidend. Nur so wird man errettet. Man wird nicht errettet, wenn man nur sagt: "Ja, ich glaube, dass Jesus für alle gestorben ist."
Ein Mann hat mir einmal gesagt: "Glauben Sie, dass Jesus für Sie gestorben ist?" Ich antwortete: "Ja, er ist für alle gestorben." Doch er fragte weiter: "Aber glauben Sie wirklich, dass er für Sie gestorben ist?" Er konnte das nicht sagen. Warum? Weil er nicht bekehrt und nicht errettet war. Er war zwar etwas gläubig, aber nicht wirklich errettet.
Er hätte niemals Jesaja 53 lesen und seinen eigenen Namen an die Stelle von "unserer Übertretung" setzen können: "Um deiner Übertretung willen war er verwundet." Die Strafe lag auf ihm, und durch seine Wunden ist Heilung geworden.
Erst wenn man dieses Opfer wirklich für sich persönlich in Anspruch nimmt, ist man gerettet.