
Das Thema sind die vier Feinde des Herzens, die ich Schuld, Zorn, Gier und Eifersucht genannt habe.
Übrigens war es nach der Premiere so, dass ich erst mal Brühen aufsetzen musste. Aber es ist halt so: Es hilft nicht immer. Marc Hans, jetzt wirst du alt, aber du übrigens auch. Wenn du so einen Job hast wie ich – ich bin ja Prediger – dann ist das eine besondere Herausforderung. In den letzten zwei Wochen war ich in der Schweiz und in Deutschland unterwegs. In dieser Zeit habe ich an ganz verschiedenen Orten insgesamt 48 Mal gepredigt. Das ist das, was ich in erster Linie tue. Irgendwie hat sich das so ergeben, ich habe es nie gesucht.
Als Prediger musst du unbedingt eine Regel einhalten: Du musst nett sein. Denn wenn du nicht nett bist, lässt dich keiner zu. Im Prinzip gilt das für uns alle, die wir im Gastgewerbe tätig sind. Wir müssen alle nett sein, denn wenn wir nicht nett sind, kommen keine Gäste mehr. Und von diesen Gästen leben wir ja schließlich.
Speziell für einen Prediger, der Christ ist und das Wort Gottes verkündet, erwartet man, dass er besonders nett ist. Als Prediger muss ich also auch nett sein, sonst kommen keine Gäste. Das wäre auch blöd für uns.
Als Buchautor muss ich ebenfalls nett sein, denn sonst kauft niemand meine Bücher. Das erwarten die Leute. Das heißt: Wenn ich weiterhin in einem warmen Haus wohnen und gut essen will, muss ich nett sein. Dafür lebe ich.
Je größer die Konferenz ist, desto netter bin ich. Denn wenn ich es nicht bin, enttäusche ich die Leute, stoße sie vor den Kopf und sie verstehen nicht, warum ich nicht nett bin. Das lernt man über die Jahre.
Aber ich habe im Laufe der Jahre etwas bemerkt: Da ist eine große Gefahr. Die Gefahr besteht darin, dass ich nett bin, wenn es von mir erwartet wird und ich weiß, dass ich damit gut ankomme. Außerdem habe ich etwas davon, das ist einträglich.
Man grüßt sich freundlich, schüttelt Hände, und wenn du in Amerika bist, dann umarmt man sich. Das muss man so machen. Bei uns ist es ein bisschen steif, mit etwas Abstand.
Man ist ja geliebter, na ja, es kommt darauf an, wie es ist. Wenn man zum Beispiel ein Baby nimmt und hält, kommt das immer gut an. Wenn ein Geist im Winter im Dauernhof seine Ski umfallen lässt und mal anfasst, was ihn kratzt, sagt man: „Ja, mein Gott, ich bin ja Christ, das ist nicht so tragisch. Ich habe dich trotzdem gern, kann dich noch mehr gern haben“ und so weiter.
Wenn man als Christ immer vorne steht und als Vorbild angesehen wird, dann besteht eine große Gefahr. Nämlich die Gefahr, dass man sich zwei verschiedene Verhaltensweisen angewöhnt.
Das ist die öffentliche Seite, auf der man tut, was die Menschen von einem erwarten. Und dann gibt es die private Seite, auf der niemand einen sieht. Die Gefahr besteht darin, dass das, was man wirklich ist, und das, wie man sich zeigt, zwei verschiedene Dinge werden.
Die Bibel hat für so einen Lebensstil ein Wort: Sie nennt ihn Heuchelei. Wer so lebt, ist ein Heuchler. Wenn du das Neue Testament liest, stellst du fest, dass nichts Jesus mehr auf die Palme gebracht hat als Menschen, die etwas vorspielen, was sie gar nicht sind.
Wenn Jesus religiösen Menschen begegnet ist – das waren damals die Pharisäer, die die meisten von uns heute als Gläubige oder religiöse Menschen bezeichnen würden – dann hat er sie besonders scharf kritisiert. Diese Menschen haben nach außen hin heilig gehandelt, wir sagen auch scheinheilig, aber innerlich waren sie anders. Das hat Jesus am stärksten verurteilt.
Jesus konnte mit vielem leben, aber nicht mit Heuchelei. Die Menschen damals, vor zweitausend Jahren zur Zeit Jesu, waren genau wie du und ich. Es fiel ihnen leichter, sich nach außen richtig zu verhalten, als ihr Herz zu trainieren oder zu kontrollieren.
Wir alle stehen in Gefahr, besonders diejenigen, die an die Bibel glauben, Pharisäer zu werden. Das bedeutet, nach außen scheinheilig zu sein, während es im Inneren anders aussieht. Weil wir alle dieser Gefahr ausgesetzt sind, ist es so wichtig, unser Herz zu prüfen und zu bewahren.
Deshalb steht als Überschrift für unsere sechs Stunden, die wir an drei Abenden miteinander verbringen, der Vers aus Sprüche 4,23 im Alten Testament: „Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz, denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“
Am Dauernhof, der nun seit 50 Jahren besteht, ist mein größtes Anliegen, dass wir als Mitarbeiter unser Herz bewahren. Wir haben öfter Mitarbeitertreffen, bei denen wir versuchen, so gut es geht, über die Zukunft und Visionen zu sprechen.
Dabei ist einmal die Frage aufgekommen: Der Dauernhof ist ja ziemlich gewachsen, es sind mehr Menschen geworden. Wird der Dauernhof dadurch nicht ungeistlicher? Früher, als ich gekommen bin, waren es 35 bis 40 Leute, jetzt sind es über 80. Die Frage ist: Können wir alle noch so geistlich von Gott her leben oder ihm näher sein?
Die Antwort ist eigentlich einfach: Der Dauernhof wird so geistlich bleiben, wie die Herzen der Mitarbeiter geistlich bleiben. Ganz egal, ob er klein oder groß ist. Und der Dauernhof wird so ungeistlich werden, wie die Herzen der Mitarbeiter ungeistlich werden – auch mein eigenes Herz.
Ich war schon in christlichen Werken, die sehr klein, aber sehr ungeistlich waren. Dort hat man von der Liebe Jesu nicht viel gespürt. Und ich war in Gemeinden, die riesig groß sind, und dort spürt man die Liebe Jesu Christi.
Darum ist die wichtigste Frage: Stimmt das, was ich äußerlich bin, mit dem überein, was ich innerlich bin, mit meinem Herzen? Denn, schau, Menschen können wir täuschen – zumindest eine Zeit lang. Wir können ihnen etwas vortäuschen. Wenn Menschen dann die Wahrheit über dich herausfinden, sind sie enttäuscht, weil du sie getäuscht hast.
Übrigens, nur nebenbei, das ist faszinierend: Du kannst Gott nie enttäuschen. Ist dir das bewusst? Gott ist nie enttäuscht von dir. Der Grund ist einfach: Damit Gott von dir enttäuscht wäre, müsste er sich zuerst in dir enttäuscht haben. Aber Gott täuscht nie, er kennt dich genau.
Darum kann Gott nie enttäuscht sein, das kann nur bei Menschen passieren. Bei Menschen kannst du dir etwas vorspielen, und dann sind sie enttäuscht, wenn sie merken, dass du nicht so bist. Gott nicht. Darum kannst du Gott immer ehrlich begegnen, denn er ist nie enttäuscht von dir – er weiß sowieso, wie du bist.
Im 1. Samuel 16,7 steht: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.“
Wir wollen uns in den nächsten Stunden mit unserem Herzen beschäftigen. Wenn unser Verhalten nicht mit unserem Herzen übereinstimmt – ich nenne das einmal „synchronisieren“ – besteht die große Gefahr, dass wir Heuchler werden.
Wenn wir nur unser äußeres Benehmen kontrollieren, innerlich aber anders sind, kommt der Tag, an dem wir unser Benehmen nicht mehr kontrollieren können. Dann wird es für jeden sichtbar. Früh oder spät kommt die Wahrheit ans Licht.
Ich beginne mit einem Bibelvers aus Matthäus 15. Wenn ihr eure Bibel dabei habt, könnt ihr gerne aufschlagen. Dort spricht Jesus über das religiöse Doppelleben der Pharisäer.
Die Pharisäer waren gute Menschen, Kirchenmenschen, also religiöse Menschen, die Gutes taten. Doch sie hatten ein Problem: Sie waren unehrlich. Was sie nach außen zeigten, entsprach nicht der inneren Realität.
Ich lese ein paar Verse vor. Da steht Matthäus 15, Vers 1: Dann kommen die Pharisäer und Schriftgelehrten von Jerusalem zu Jesus und fragen: „Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.“
Was war ihr Problem? Äußerlichkeiten. Die Jünger waschen sich die Hände nicht, bevor sie essen. Das erscheint in unserer Kultur ungeistlich, fast ein Wahnsinn. Die Kinder könnten nicht richtig gläubig sein, wenn sie das nicht lernen. Jede Kultur hat ihre eigenen Regeln, und das ist die jüdische Kultur. Dort musste man sich vor dem Essen die Hände waschen.
Das war ihr Problem: Die Jünger Jesu haben sich die Hände nicht gewaschen, und deshalb wurden sie als ungeistlich angesehen.
Dann sagt Jesus ein paar andere Dinge, und ich lese weiter in Vers 7: Jesus spricht zu den Pharisäern, zu den religiösen Menschen: „Ihr Heuchler, treffend hat der Prophet Jesaja über euch geweissagt, indem er sagt: ‚Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich beten sie mich an, indem sie Menschengebote lehren.‘“
Jesus sagt: „Wisst ihr, was euer Problem ist? Das, was ihr mit euren Lippen bekennt – ihr sagt, ich glaube an Gott und will für Gott leben – und was wirklich im Herzen ist, das ist weit voneinander entfernt. Und deshalb verehrt ihr mich vergeblich“, sagt er im Vers 9.
Dann erklärt er noch ein bisschen weiter im Vers 10: „Er rief die Volksmenge herbei und sprach zu ihnen: Hört und versteht!“
Was Jesus sagt, ist sehr speziell. Ich finde es einfach beeindruckend, wie Jesus Menschen durchschaut – aber liebevoll durchschaut.
Er sagt im Vers 11: „Nicht das, was in den Mund hineingeht, verunreinigt den Menschen, sondern das, was aus dem Mund herauskommt, das verunreinigt den Menschen.“
Im Vers 10 ist das noch nicht ganz klar. Man fragt sich: Was meint Jesus mit dem, was in den Mund hineingeht oder aus dem Mund herauskommt? Das ist jetzt kompliziert.
Dann sagt Petrus im Vers 15: „Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Deute uns dieses Gleichnis, Herr! Erkläre uns das mit dem ‚Hineingehen‘ und ‚Herauskommen‘, ich verstehe das nicht ganz.“
Jesus antwortet: „Seid ihr noch so unverständlich? Versteht ihr denn gar nichts?“
Und dann, im Vers 17, greift er zurück auf eine ganz einfache Regel, die jeder Lehrer kennt, jeder Pädagoge und Skilehrer: Man muss an etwas anknüpfen, was der Schüler bereits kennt, und dann den Verstand weiterführen.
Jesus geht zurück zu den ganz einfachen Sachen. Vers 17: „Begreift ihr nicht, dass alles, was in den Mund hineingeht, in den Bauch geht und dann ausgeschieden wird?“
Er sagt: „Verstehst du das? Kannst du mir bis hierher folgen?“ Petrus hätte gesagt: „So blöd bin ich auch nicht.“
Dann sagt Jesus im Vers 18: „Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen hervor und verunreinigt den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerungen.“
Diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen. Aber mit ungewaschenen Händen zu essen, verunreinigt den Menschen nicht.
Jesus sagt also: Das Problem des Menschen ist nicht, dass er dreckige Hände hat. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass aus dem Herzen heraus all diese bösen Dinge kommen, mit denen wir andere verletzen und von denen wir selbst verletzt werden.
Wir können unser Herz nicht für immer verstecken. Früher oder später kommt es an die Oberfläche, und jeder merkt es.
Zum Beispiel kennt jeder von uns Menschen, für die wir großen Respekt haben. Ich kenne Prediger und Pfarrer, die wirklich ein Vorbild sind, bei denen man denkt: Wow, wie der lebt, das ist echt beeindruckend.
Und dann hört man plötzlich, dass diese Person die Ehe gebrochen hat, fremdgegangen ist. Oder es gibt ein christliches Werk, das über Jahrzehnte gesegnet war und viele Menschen gesegnet hat. Und dann hört man plötzlich, dass dieses Werk in finanzielle Untreue verwickelt ist und unehrlich war.
Meistens sind wir schockiert, weil das doch so liebe Menschen waren. „Das gibt es doch nicht, dass der so etwas tut.“ Das war doch so ein guter Vater, so ein guter Mitarbeiter.
Und wisst ihr, warum das passiert? Aus einem ganz einfachen Grund: Sie haben gelernt, ihr Verhalten nach außen zu kontrollieren. Über Jahre haben sie das gemacht – aber ihr Herz war ganz woanders.
Früher oder später kommt das Herz durch. Weil wir alles innerlich sind, sieht man das auch nach außen.
Und da sitzen wir alle im selben Boot. Wir brauchen nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wir sind alle im selben Boot.
Wir müssen nur auf uns selbst schauen: Wo ist mein Herz? Und wie lebe ich eigentlich?
Jetzt möchte ich ganz konkret auf vier Feinde eingehen, die unser Herz kaputtmachen und entstellen. Diese vier Feinde sind, wie ich bereits genannt habe, Schuld, Zorn, Gier und Neid oder Eifersucht. Die Bibel – Jesus warnt uns vor diesen vier Feinden, die unser Herz zerstören.
Interessanterweise haben alle vier Dinge etwas mit Schuld zu tun. Jemand schuldet einem anderen etwas. Deshalb fange ich gleich mit dem ersten Feind an, der unser Herz kaputtmacht: Schuld.
Schuld sagt: „Ich schulde dir etwas.“ Ein Mensch, der schuldig ist, sagt: „Ich habe in der Vergangenheit etwas gesagt oder getan, und ich weiß, ich bin schuldig, dass ich das getan oder gesagt habe oder nicht getan habe.“ Ein schuldiger Mensch weiß: „Ich schulde dir eine Entschuldigung oder eine Erklärung oder eine Wiedergutmachung, aber ich habe Angst, das zuzugeben.“ Er hat Angst vor deiner Reaktion, er fürchtet, wenn er zugibt, was er getan hat, dass du ihn abstößt und er die Beziehung verliert. Darum hält er die Schuld, die er begangen hat, für sich.
Die Schuld, die jemand hat, wird zum „kleinen Geheimnis“. Schuldige Menschen tragen ein Geheimnis mit sich herum, das sie niemandem sagen. Wenn sie in die Enge getrieben werden, zum Beispiel wenn sie merken, dass es eng wird und jemand ihnen auf die Spur kommen könnte, dann fangen sie sogar an zu lügen, obwohl sie das sonst nicht tun, um ihr Geheimnis zu bewahren.
Schuld sagt also: „Ich schulde dir etwas – eine Erklärung, Entschuldigung oder Wiedergutmachung –, aber ich kann es nicht geben, weil ich Angst vor den Konsequenzen habe.“ Darum wird es ein Geheimnis.
Wenn du in einer Firma arbeitest und dort Menschen hast, die Schuld mit sich tragen, schaffen sie in der Regel eine Atmosphäre des Misstrauens. Wenn es zu bestimmten Themen kommt, dann kann man nicht darüber reden. Das hat meistens mit Schuld zu tun. Dort liegt eine unaufgearbeitete Schuld. Das ist der erste Feind unseres Herzens: Schuld.
Der zweite Feind unseres Herzens ist Zorn. Während Schuld sagt: „Ich schulde dir etwas“, sagt der zornige Mensch: „Du schuldest mir etwas.“ Zorn hat einen ganz einfachen Ursprung: Ich weiß genau, dass du zornig bist, wenn du nicht bekommst, was du willst. Ganz einfach. Wenn ich zornig bin, dann, weil ich nicht kriege, was ich will.
Du kannst zornig sein auf Gott oder auf Menschen, oder auf beides zugleich. Zum Beispiel: Wenn ich ein paar Wochen viel unterwegs bin, um Leuten von Jesus zu erzählen, und dann endlich eine Woche Urlaub habe, freue ich mich darauf. Aber am nächsten Tag liege ich krank im Bett. Ich will klettern gehen, ich will das tun, und jetzt bin ich krank. Dann bin ich zornig auf Gott, weil er mir etwas schuldet: meine Gesundheit. Ich kriege nicht, was ich will. Es ist ganz einfach.
Viele Menschen sagen heute nicht, dass sie zornig sind, sondern dass sie „aufgeregt“ sind. Das klingt besser, aber im Prinzip ist es das Gleiche. Zornige Menschen sind auch verletzte Menschen. Irgendwo haben sie eine Verletzung erfahren. Jemand hat sie verletzt, und dadurch hat sich Zorn festgesetzt, weil jemand ihnen etwas genommen hat.
Nur ein Beispiel, damit ihr versteht, was ich meine: Ein Mann sagt, sein Vater habe seine Familie – die Mutter und ihn – verlassen, als er zwölf Jahre alt war. Er hat ihm etwas genommen: seine Kindheit, Weihnachtsfeste, Geburtstagsfeste als Familie. Darum hat er das Recht, zornig zu sein auf seinen Vater, der ihn mit zwölf verlassen hat. Er schuldet ihm seine Kindheit. Und dieser Mensch trägt den Zorn eventuell sein ganzes Leben mit sich.
Oder eine Frau sagt: Die Frau, mit der ich zehn Jahre zusammengelebt habe, hat mich benutzt und ausgenutzt. Ich habe zehn Jahre für sie hingegeben, und jetzt ist sie abgehauen. Sie schuldet mir diese zehn Jahre. Darum bin ich zornig auf sie.
Zorn hat immer mit Schuld zu tun: Der andere schuldet mir etwas. Oder mein Freund hat mich im Stich gelassen. Er hat mich vergessen, obwohl ich ihm mein Vertrauen geschenkt habe. Darum bin ich zornig auf ihn. Er schuldet mir das Vertrauen, das ich ihm gegeben habe.
Zornige Menschen sagen: „Jemand hat mir etwas genommen, und dieser jemand ist mir deshalb etwas schuldig.“ Es geht um eine Schuld, die zurückbezahlt werden muss. Das ist Zorn.
Wenn du Mitarbeiter in einer Firma hast, die Zorn in sich tragen, dann entsteht ein schlechtes Klima. Sie versuchen, andere auf ihre Seite zu ziehen, und wenn sie Gelegenheit haben, lassen sie ihren Zorn spüren. Das ist der zornige Mensch. Es geht um eine Schuld, die beglichen werden muss.
Der dritte Feind ist die Gier. Übrigens, das habt ihr alles auf einem kleinen Blatt, das ihr bekommen habt. Ich habe es etwas aufgeteilt, weil ihr auch gerne mitschreiben wollt. Das ist also kein Fehler, sondern Absicht. Das, was auf dem Blatt steht, ist genau das Gleiche, was auch auf der Leinwand steht.
Der dritte Feind des Herzens ist die Gier. Während die Schuld sagt: „Ich schulde dir etwas, eine Entschuldigung oder Erklärung“, und der Zorn sagt: „Du schuldest mir etwas“, sagt der gierige Mensch: „Ich schulde mir etwas.“ Er meint: „Ich habe das und das verdient, und mir steht das zu, weil ich es mir einfach verdient habe.“
Gier ist übrigens der am besten getarnte Feind im Herzen, weil kein Mensch zugibt, dass er gierig ist. Einige Feinde geben zu, dass sie zornig sind, wenn sie ehrlich sind. Das ist offensichtlich, und dann sagen sie: „Ja, das stimmt.“ Oder jemand gibt zu: „Ja, ich habe Schuld, und das belastet mich.“ Aber keiner sagt: „Ich bin gierig.“ Denn wir alle wissen, dass gierige Menschen als hässlich gelten, und darum sagen wir es nicht.
Weißt du, was wir lieber sagen? Statt „Ich bin gierig“ sagen wir: „Ich bin vorsichtig, wie ich mein Geld ausgebe.“ Das klingt viel besser. „Ich will mich ja nicht ausnutzen lassen.“ Das klingt viel besser. Dahinter steckt meistens Gier. Das muss man erkennen.
Ich habe Gier. Ich komme später noch darauf, wie ich das vorbereitet habe. Für mich war das gar nicht so leicht, weil ich denke: „Das bin ja ich!“ Ich rede nicht dauernd über mich.
Gierige Menschen sagen dir nie, wie viel sie haben, weil sie Angst haben, dass du mehr hast als sie. Darum sagen sie es nicht. Man kann gierig sein auf Geld, auf Zeit für Hobbys, auf Anerkennung, auf Einladungen – immer hat der gierige Mensch Angst, zu wenig zu bekommen. Darum ist er gierig.
Ein gieriger Mensch glaubt, sich selbst alles zu schulden, sich selbst alles geben zu müssen.
Wenn du Menschen in deiner Firma hast, die ein Problem mit Gier haben, dann schaffen sie eine Atmosphäre der Geheimnistuerei. Sie fragen sich: Arbeitet der andere weniger als ich? Verdient der andere mehr, obwohl er weniger tut? Sie haben Angst, dass sie zu wenig bekommen und der andere zu viel. Wenn du das findest, Gratulation, du hast es mit Gier zu tun.
Es ist gesund, wenn man ehrlich darüber redet. Wir haben ja gelernt, nette Worte zu finden, aber dann haben wir auch keine Hilfe. Ihr müsst in der zweiten Stunde bleiben, sonst sieht das nicht gut aus. Ich habe es nicht gesagt. Die zweite Stunde wird besser.
Dann kommen wir zum vierten Feind: Neid oder Eifersucht.
Wenn die Schuld sagt: „Ich schulde dir etwas“, der zornige Mensch sagt: „Du schuldest mir etwas“, die Gier sagt: „Ich schulde mir alles“, dann sagt der Neid oder die Eifersucht: „Gott schuldet mir etwas.“
Der neidische oder eifersüchtige Mensch sagt: „Gott schuldet mir so einen Körper wie sie, aber nicht diesen hier. Gott schuldet mir so einen Ehemann, wie er ihn hat, aber nicht meinen. Gott schuldet mir die Gaben, die er dem anderen gegeben hat, aber nicht die, die ich habe.“
„Warum schenkt Gott dem anderen so viel Gelingen und mir überhaupt nichts? Gott, ich bin zu kurz gekommen bei dem Ganzen. Du behandelst mich schlechter als alle anderen. Gott, du schuldest mir etwas.“ Das ist Neid.
Neid entsteht durch ungesundes Vergleichen. Vergleichen im positiven Sinn kann sogar förderlich sein, indem es einen anspornt. Aber in der Regel ist Vergleichen negativ und nicht hilfreich.
Kierkegaard, ein Religionsphilosoph, hat gesagt: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
Und wisst ihr, was auch witzig ist? Wir vergleichen uns immer mit denen, die etwas Besseres haben – kaum mit denen, denen es schlechter geht. Das ist interessant.
Wir könnten ja jeden Tag sagen: „Du Trottel, schau mal nach Afrika, da hungern die Leute.“ Dann bin ich reich. Nein, wie es uns gut geht. Nein, es ist brutal. Wenn ich da rumgehe und die Leute sehe, jammert jeder. Warum? Weil sie sich mit denen vergleichen, von denen sie glauben, die haben mehr. Das ist das Problem.
Und wisst ihr, was die erste Sünde in der Bibel war? Das ist auch interessant. Die Schlange, Satan genannt, ist eine rätselhafte Figur in der Bibel. Er ist einfach tot und über den Weg, aber auch die Sünde.
Satan war der erste Versucher. Er sagte zu Adam und Eva: „Wenn ihr von dieser Frucht esst, dann werdet ihr sein wie Gott.“ Adam und Eva dachten, das sei cool. So hat die erste Sünde angefangen – weil sie sich mit Gott verglichen haben.
Im nächsten Kapitel, ganz vorne in der Bibel, haben wir das erste Kapitel nach dem Sündenfall, wo zwei Brüder, Kain und Abel, sind. Einer schlägt den anderen. Warum? Wegen Neid. Kain war neidisch.
Gott fragt Kain: „Warum ist dein Gesicht gesenkt? Warum schaust du so zornig?“ Er hat seinen Bruder beneidet. Es war der erste Brudermord.
Daran sieht man, dass Neid etwas Teuflisches ist. Neid ist keine harmlose Sache, sondern etwas Ungutes.
Woran erkennt man, ob man neidisch ist? Eine einfache Prüfung: Ein klares Zeichen für Neid im Herzen ist, wenn du dich heimlich freust, wenn ein anderer, der besser ist als du, versagt.
Da ist jemand, der schöner, besser, schneller ist als du, aber dann „haut es ihm total aus der Bahn“ und innerlich freust du dich: „Endlich hat es ihn erwischt.“ Das nennt man Schadenfreude.
Ein Mensch, der Schadenfreude hat, hat Neid und Eifersucht im Herzen.
Wenn man darüber nachdenkt, ist das völlig unlogisch. Warum sollte ich mich freuen, wenn es anderen schlechter geht? Es gibt keine logische Erklärung dafür. Es ist nur Neid und Eifersucht.
Neid hat eine wahnsinnig zerstörerische Kraft.
Darum habe ich ein Buch von einem gewissen Professor Helmut Schöck. Er ist Professor in Mainz, katholisch. Er hat ein Buch geschrieben: „Der Neid und die Gesellschaft.“
Er schreibt, dass es sehr wenige Bücher über Neid gibt. Das ist eigentlich aufgefallen. Über Sex zum Beispiel gibt es keine Tabus, es gibt tausend Bücher über Sex und alles, was man lesen kann. Aber über Neid gibt es kaum Bücher.
Er glaubt zu wissen, warum: Sobald du ein Buch über Neid schreibst, schreibst du ein Buch über dich selbst. Darum gibt es so wenige Bücher über Neid.
Neid wird übrigens in allen Kulturen verurteilt. Mord nicht. Nicht in jeder Kultur ist Mord schlecht. Es gibt Kulturen, in denen Mord erlaubt ist, zum Beispiel als Blutrache. In Nordalbanien gibt es immer noch die Blutrache. Also nicht überall ist Mord schlecht.
Aber Neid ist in jeder uns bekannten Kultur negativ.
Die einzigen, die so blöd sind und sagen, Neid sei okay, sind wir. Da meint der Feind: „Siehst du, wie weit der Spint schon geht?“ Es gibt keine Kultur, in der Neid positiv ist. Aber jetzt haben sie ja aufgehört, weil das ganz einfach nicht funktioniert.
Der Neider will auf keinen Fall als Neider erkannt werden. Wer sagt schon: „Ich bin neidisch“, wenn es wirklich so ist?
Wenn jemand zu dir kommt und sagt: „Ich beneide dich so um das schöne Kleid“, ist das kein Neid. Dann bist du okay. Der Neider würde das nie sagen. Er schaut dich an und denkt: „Die blöde Dussi.“ Das ist der Neid.
Der Professor Schöck schreibt, es gibt 136 Sprichwörter über Neid in der deutschen Sprache, und jedes ist negativ. Es gibt kein einziges positives Sprichwort über Neid.
„Der Neid sieht das Schiff, aber nicht das Leck.“
„Der Neid frisst dich auf.“
„Der Neid schaut schon den Kindern aus den Augen.“
„Der Neidige ist sein eigener Henker.“
„Wer neidet, der leidet.“
Neid ist ausschließlich negativ.
Wenn du zum Beispiel in einer Firma Leute hast, die Neid tragen, dann wird es wenig Ermutigung geben. Es wird schnell kritisiert, aber kaum gelobt. Das ist die Kultur, die der Neid prägt.
Die einzige Freude, die es gibt, ist, wenn es anderen schlechter geht als dir – die Schadenfreude.
Es gibt einen guten Vers in Matthäus 6,22-23. Simon, kannst du uns das vorlesen? Matthäus 6,22-23:
Jesus sagt dort:
„Die Lampe des Leibes ist das Auge. Wenn nun das Auge klar oder hell ist, so wird dein ganzer Leib klar oder licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, dann wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß ist dann diese Finsternis!“
Theologen haben gefragt: Wovon redet Jesus hier? Jesus redet hier über Neid.
Es gibt einen anderen Vers im Alten Testament, ein jüdisches Sprichwort, das wir auch in unserer Sprache kennen. In Sprüche 22,9 steht:
„Wer gütigen Auges ist, wird gesegnet werden, denn er gibt von seinem Brot den Geringen.“
Wer ein helles, ein lichtes Auge hat, der gibt dem Nächsten, der weniger hat.
Wenn Jesus vom Auge spricht, das Licht ist, meint er einen großzügigen Menschen. Das Auge, das finster ist, ist ein neidischer Mensch, der meint, er sei zu kurz gekommen.
Ich habe das auch auf das Blatt geschrieben.
Der Rabbi Eliezer hat gesagt: „Ein böses Auge ist demnach immer unzufrieden und missgünstig. Ein gutes Auge ist mildtätig und gibt gern.“
Darum hier eine Zusammenfassung für die erste Stunde:
Wir lernen von Jesus Christus und aus der Bibel, dass Schuld, Zorn, Gier und Neid unser Auge finster machen und unser ganzes Leben beeinflussen. Wenn wir nicht lernen, diese vier Dinge – Schuld, Zorn, Gier und Neid – zu kontrollieren, dann werden wir zunehmend schuldige, zornige, gierige und neidische Menschen.
Wir merken es oft gar nicht, wenn wir nichts dagegen tun und es einfach geschehen lassen. Jesus hat einmal gesagt, dass das, was im Geheimen geschieht, eines Tages von den Dächern gerufen wird. Es wird jeder erfahren, es wird offenbar. Wenn Jesus Recht hat – und ich glaube, dass er Recht hat, sonst hätte ich keinen Job mehr – dann stimmt es: Unser bisschen Schuld, unser bisschen Zorn, unsere kleine Gier und unser bisschen Neid bestimmen zunehmend, wie wir uns verhalten.
Die Frage ist: Wollen wir das? Ist das unser Ziel?
Wenn ich mit Menschen ein persönliches Gespräch führe – man kann es Seelsorge nennen oder Schatten – und ich lasse mir ein bisschen Zeit, dann habe ich oft das Gefühl, da ist Bitterkeit, da ist Zorn in dem Menschen. Dann frage ich manchmal: Ist es dein Ziel, ein bitterer und zorniger Mensch zu werden? Bis jetzt habe ich meistens gehört: Nein, eigentlich nicht.
Dann sage ich: Dann musst du jetzt herkommen, denn in der nächsten Stunde geht es um Vergeben und Bekenntnis. Denn wenn du das nicht tust, wirst du zunehmend bitter und zornig.
Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Den Weg kannst du dir wählen, aber das Ziel nicht. Wenn du den Weg einschlägst und sagst: „Ich will zornig sein, ich will gierig sein, ich will ein bisschen Gier behalten, ich will ein bisschen Schuld nicht bekennen“, dann hast du den Weg gewählt und das Ziel ist vorherbestimmt.
Deshalb werden alte Menschen oft ganz ungute Menschen. Ich meine, wer im Leben nie gelernt hat, damit umzugehen, wird im Alter zunehmend zornig, gierig und so weiter. Und sie können es nicht mehr verbergen. Eine Zeit lang kann man es vielleicht noch verbergen, man kann so ein bisschen drumherum reden, aber nicht für immer.
Jetzt kommt die gute Botschaft – und darum sollte die zweite Stunde bleiben: Wir müssen uns von den vier Feinden nicht beherrschen lassen. Es ist die beste Botschaft, die es gibt. Die haben wir in der Bibel. Jesus Christus hat uns gesagt: Wer Herrschaft über die vier Dinge hat, der wird auch sein Herz bestimmen.
Und wisst ihr, was überraschend ist? Alle vier Feinde sind extrem einfach zu besiegen – aber nicht leicht. Ich weiß wirklich, wie ich es sage: Es ist extrem einfach. Ein zehnjähriges Kind versteht es und sagt: „Ja, genau so geht’s.“ Aber wisst ihr, warum es nicht leicht ist? Weil unser eigenes Herz im Weg steht.
Unser eigenes Herz steht im Weg. Zum Beispiel weißt du, dass du vergeben solltest, aber du kannst nicht. „Das ist so ein Trottel, das geht nicht.“ Das heißt: Es ist extrem einfach, aber um es tatsächlich zu tun, brauchst du die Hilfe des Heiligen Geistes. Du brauchst Jesus dazu.
Und das ist der Grund, warum ich so gern Christ bin: Jesus zeigt mir nicht nur, was in meinem Herzen das Problem ist, sondern er ist derjenige, der mir hilft, damit umzugehen. Du kannst es nicht, und ich kann es nicht.
Was ich zum Beispiel jetzt gesagt habe – die vier Dinge und auch die nächsten vier Dinge, die Lösungen – wenn du ein bisschen Psychologie studiert hast, wirst du mir fast hundertprozentig zustimmen. In psychologischen Büchern liest du genau das Gleiche. Nur ein Problem hat die Psychologie: Sie gibt dir nicht die Kraft, es zu tun.
Und das ist der Unterschied, wenn du Jesus kennst und die Kraft des Heiligen Geistes in dir hast – Vater, Sohn und Heiliger Geist, der dreieinige Gott, der auf unserer Seite ist und uns hilft, damit umzugehen. Ohne ihn geht es nicht.
Ihr werdet sagen, wenn ich euch die Lösungen aus der Bibel zeige – das sind ja nicht meine Ideen, es steht alles in der Bibel drin – werdet ihr sagen: „Trottel, ist das einfach.“ Und dann denkst du nach und nach: „Aha, jetzt wird es konkret, das hält mich zurück.“ „Ah, ich tue es lieber nicht, weil mein eigenes Herz im Weg steht.“
Aber Jesus ist größer als unser Herz. Darum haben wir eine gute Botschaft. Evangelium heißt Gute Botschaft!
Und wisst ihr, was das Schöne am Evangelium ist? Jesus verlangt von dir nie etwas, wozu er dir nicht auch die Fähigkeit gibt, es zu tun.
Zum Beispiel hat Jesus zum Gelähmten gesagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“ Wenn er das einfach so gesagt hätte, ohne dass er auch die Kraft dazu gäbe, wäre das nur ein Befehl ohne Befähigung. Das wäre keine gute Botschaft.
Aber wenn Jesus sagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“, dann gibt er dir nicht nur einen Befehl, sondern er befähigt dich auch, es zu tun. Er stellt dich auf, du nimmst dein Bett und gehst. Das ist die gute Botschaft.
Und wisst ihr, was wir heute viel zu oft hören? Wir geben dauernd Imperative. Wenn jemand depressiv ist, sagen wir zum Beispiel: „Weißt du was, reis dich jetzt zusammen, halt durch, dann wird es schon wieder.“ Und der steht da völlig überfordert, weiß gar nicht, was er damit anfangen soll, und fühlt sich hilflos.
Das ist keine gute Botschaft, das ist eine schlechte Botschaft.
Darum bin ich gerne Christ, darum gehöre ich gern zu Jesus, weil er mich auch befähigt, das zu tun, was er mir sagt. Und das immer nur zu meinem Besten, immer nur.
Jedes Gebot, das Jesus uns gibt, ist nur zu unserem Besten, niemals anders, weil er ein guter Gott ist.