Liebe Geschwister, ich möchte gerne drei Stellen vorlesen, in denen Menschen heilsam geschockt wurden. Zuerst aus Markus 5.
Aus Gründen des Zusammenhangs lese ich ab Vers 21.
Und als Jesus mit dem Schiff wieder ans andere Ufer gefahren war, versammelte sich eine große Volksmenge um ihn, und er war am See.
Es kam ein Mann aus den Synagogen, dessen Name Jairus war. Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und bat ihn dringend: „Mein Töchterchen liegt im Sterben. Komm doch und lege ihr die Hände auf, damit sie gerettet wird und lebt.“ Jesus ging mit ihm.
Eine große Volksmenge folgte ihm und drängte ihn. Unter ihnen war eine Frau, die seit zwölf Jahren an Blutfluss litt. Sie hatte von vielen Ärzten vieles ertragen und ihre ganze Habe ausgegeben, ohne dass es ihr geholfen hätte. Stattdessen war es schlimmer geworden.
Als sie von Jesus gehört hatte, kam sie von hinten in der Volksmenge und berührte sein Gewand. Denn sie dachte: „Wenn ich auch nur seine Kleider anrühre, werde ich geheilt werden.“
Sogleich versiegte die Quelle ihres Blutes, und sie merkte an ihrem Leib, dass sie von der Krankheit geheilt war.
Jesus spürte sofort, dass Kraft von ihm ausgegangen war. Er wandte sich um in der Volksmenge und fragte: „Wer hat meine Kleider angerührt?“
Seine Jünger antworteten ihm: „Du siehst doch, dass die Volksmenge dich umdrängt, und du fragst, wer dich berührt hat?“
Jesus blickte sich um, um die Person zu sehen, die dies getan hatte.
Die Frau aber war voller Furcht und Zittern, denn sie wusste, was mit ihr geschehen war. Sie kam und fiel vor ihm nieder und erzählte ihm die ganze Wahrheit.
Er aber sprach zu ihr: „Tochter, dein Glaube hat dich geheilt. Geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Krankheit.“
Wenn man sich das so genau vorstellt, war das schon ein großer Schock. Diese Frau war sehr diskret und suchte nicht die Öffentlichkeit. Sie suchte einfach ihre letzte Hoffnung – und das war Jesus.
Darum hat sie ihn in der Volksmenge berührt. Natürlich dachte sie dabei, dass das nicht bekannt werden würde. In der Volksmenge könne das niemand unterscheiden. Doch es kam ganz anders.
Der Herr stellte in der Öffentlichkeit die Frage: Wer hat mich berührt? Nun musste sie sich outen, und das war für sie sehr schlimm – in der Öffentlichkeit ein Bekenntnis abzulegen.
Man muss sich vorstellen, dass es in der Synagoge nicht erlaubt war, dass Frauen predigten oder einen Beitrag gaben. Frauen mussten in der Synagoge schweigen. Aber Jesus drängte diese Frau hier in der Öffentlichkeit, sich zu äußern.
Man muss also sagen, dass das Verbot, in der Synagoge nicht zu sprechen, auf die Synagoge beschränkt war. Es galt nicht für solche Gelegenheiten, bei denen eine Frau in der Öffentlichkeit Zeugnis gab.
Das sehen wir auch sehr schön zum Beispiel in Johannes 4. Jesus sprach mit der samaritanischen Frau. In diesem wunderbaren Gespräch, wenn man den Verlauf betrachtet, hat er das Herz dieser Frau erreicht und sie zur Buße geführt.
Diese Frau, überführt von ihrer Sünde, ging zurück nach Sichar am Fuß des Berges Ebal, dem Berg des Fluches, und sagte den Leuten: Kommt her, da ist einer, der hat mir gesagt, alles, was ich getan habe.
Der Herr hatte ihre Sünde aufgedeckt, und sie sah sich völlig im Licht Gottes. Trotzdem ging sie in die Stadt und verbreitete diese Botschaft – und das war auch richtig so.
Man darf das nicht mit dem Schweigegebot in der Synagoge verwechseln, und auch nicht mit dem Schweigegebot in der Gemeinde.
Ich war in 1. Korinther 14,34, wenn wir kurz aufschlagen...
Im ganzen Kapitel geht es um die Zusammenkunft als Gemeinde. Es lohnt sich, in der Bibel überall nachzuschlagen, wo „Gemeinde“ oder „Versammlung“ steht – je nach Übersetzung auch „Versammlung“. Dieses Thema zieht sich durch das ganze Kapitel.
Es geht um die Zusammenkunft als Gemeinde, um das Beten in der Gemeinde und um das Weissagen, also das Reden zur Auferbauung, Tröstung und Ermahnung. Es wird vorgeschlagen, einen Psalm oder ein Lied vorzuschlagen und Ähnliches.
Zusammenfassend heißt es in Kapitel 14, Vers 33b – das gehört eigentlich schon zum nächsten Satz: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen in den Gemeinden oder in den Gemeindezusammenkünften schweigen.“ Denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, „wie auch das Gesetz sagt“. Wenn sie aber etwas lernen wollen, sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen. Denn es sei schändlich für eine Frau, in der Gemeinde zu reden.
Dabei wird nicht grundsätzlich von der Öffentlichkeit gesprochen, sondern ausdrücklich von der Gemeinde. Paulus erklärt weiter: „Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen?“ Er fragt die Korinther: „Habt ihr eine spezielle Offenbarung Gottes bekommen, die leider alle anderen Gemeinden noch nie erfahren haben?“ Die Frage lautet also: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen in der Gemeinde schweigen, aber bei euch ist es anders. Warum?“ Deshalb fragt er: „Ist das Wort Gottes von euch ausgegangen?“
Eine zweite Frage lautet: „Oder ist es nur zu euch allein gelangt?“ Es könnte ja sein, dass irgendwo eine Offenbarung Gottes ergangen ist, dass Frauen in der Gemeinde sprechen sollen, aber diese Offenbarung sei nur nach Korinth gelangt und keine andere Gemeinde habe davon erfahren. Man merkt, wie ironisch das gemeint ist.
Wenn heute jemand sagt, das sei kulturell zu verstehen und in einem anderen Kontext entstanden, deshalb könne man das heute nicht mehr anwenden, muss man sagen: „Hihihi.“
In Vers 37 heißt es: „Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe, Gebote des Herrn sind.“ Das ist also ein Test für Propheten.
Kann man heute alle falschen Propheten entlarven? Und gilt 1. Korinther 14 heute noch? Manche sagen, das sei kulturell bedingt.
Paulus sagt: „Weil ein Prophet wüsste, dass das Gebot des Herrn ist.“ Noch wichtiger ist: Man kann auch testen, ob jemand geistlich ist – das heißt, ob ein Gläubiger gewohnheitsmäßig durch den Heiligen Geist geleitet wird. Paulus sagt, wenn jemand geistlich ist, so erkenne er, dass das, was ich euch schreibe – gerade in diesem Zusammenhang – Gebote des Herrn sind, also nicht kulturell bedingt.
Schließlich sagt er noch: „Wenn aber jemand unwissend ist, so sei er unwissend.“ Wenn sich jemand dem Licht Gottes in dieser Frage entzieht, soll er in dieser Dunkelheit bleiben. Dann soll er einfach sagen: „Ich verstehe das nicht.“
Aber genau so ist es, und hier in Markus 5 wird es deutlich. Diese Frau hatte nicht die Motivation, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren oder zu zeigen, was eine Powerfrau ist. Doch der Herr drängte sie wirklich dazu, dieses Zeugnis abzulegen. Sie tat es mit furchtsamem Zittern, fiel vor dem Herrn nieder, wie wir in Markus 5,33 lesen, und legte die ganze Wahrheit offen.
Die Wahrheit war, dass sie einen Blutschluss hatte, der nicht nur ein paar Tage im Monat auftrat, sondern ständig andauerte. Alle, die sich mit dem Thema auskennen, wissen, dass das für Frauen nicht ohne ist. Man hat einmal im Monat diese Schwankungen, manche leiden unter Schmerzen und Mühen, während Männer davon nichts spüren. Doch in ihrem Fall hörte der Blutfluss nie ganz auf. Das war sehr schlimm, denn nach dem Gesetz in 3. Mose 15 wird klargemacht, dass Frauen während der Monatsblutung rituell unrein sind.
Ich betone rituell, denn das ist nicht dasselbe wie Unreinheit durch Sünde. Wenn man durch Sünde unrein ist, dann ist man wirklich vor Gott verunreinigt. Rituelle Unreinheit bedeutet symbolische Unreinheit. Warum macht die Monatsblutung unrein? Wenn man sich in den Finger schnitt, durfte man trotzdem in den Tempel gehen. Es geht also nicht einfach darum, dass Blut fließt. Es ist Blut aus der Quelle des Lebens.
Genauso wie in 3. Mose 15, in dem Kapitel über das Ritualbad, wird auch gesagt, dass ein Mann unrein ist, wenn er einen Erguss hat. Er muss ein Ritualbad nehmen, bevor er wieder in den Tempel darf. Warum gilt das als unrein? Es ist doch alles wunderbar vom Schöpfer eingerichtet, damit das Leben durch die Generationen weitergegeben wird. Natürlich ist auch das symbolisch gemeint.
Gott wollte Israel lehren, dass die Quelle des Lebens durch die Sünde verunreinigt ist. Ein Mann kann nur einen Sünder zeugen. Das Kind wird niemals ein Engel sein. Man kann es Angelina oder Angela nennen, wie man will, aber das bedeutet einfach "Bote". Wir sollen ja alle Boten des Herrn sein. Also nichts gegen Angelina, aber es ist eben so: Man zeugt keinen Engel. Jede Mutter darf wissen, dass sie trotz der Kämpfe und des Leidens, die sie durchmacht, wenn ein Mensch in diese Welt kommt, kein Engel geboren wird.
Man merkt es sehr bald. Wenn Kinder sprechen lernen, geben sie nicht einfach nur alles wieder, was wir versucht haben, schön zu sagen. Schon vorher zeigen sie es durch ihr Verhalten. Das Problem ist, dass wir gefallene Geschöpfe sind. Das wird in Römer 5,12 illustriert: Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen.
Jede Generation seit Adam und Eva besteht aus gefallenen Menschen, die sich bekehren müssen. Das sollte Israel durch die Erinnerung an 3. Mose 15 lernen: Unreinheit, Reinigung und erst dann ist die Gemeinschaft mit dem Herrn im Tempel wieder möglich.
Diese Frau hatte also diese große Belastung. Sie durfte nie in den Tempel gehen und war dadurch irgendwie ausgeschlossen. Das war eine hohe Belastung. Sie suchte Ärzte auf, wie Markus 5,26 berichtet: „Und von vielen Ärzten vieles erlitten.“ Wir sind dankbar, dass es Ärzte und Ärztinnen gibt, doch es gibt auch Leidensgeschichten von Menschen, die durch Ärzte gelitten haben.
Außerdem kosten Ärzte Geld. Unsere älteste Tochter Tirza war vor kurzem in Kambodscha bei einem Arzt, der 250 Dollar für eine Konsultation verlangte. Das ist in einem armen Land viel günstiger als hier, aber dennoch teuer. Ärzte scheinen oft nur für die Reichen erschwinglich zu sein. Dann ging sie zu einem anderen Arzt, der nur acht Dollar verlangte, aber offensichtlich weniger kompetent war.
Man kann von Ärzten also vieles erleiden. Die Frau hoffte, dass sie ihr helfen könnten, das Problem des ständigen Blutflusses zu lösen. Sie setzte ihr ganzes Vermögen ein, aber es brachte keinen Nutzen. Es wurde sogar schlimmer statt besser. Der ständige Blutverlust führte zu einer allgemeinen Schwächung.
Schließlich erkannte die Frau, dass Jesus der Messias ist. Sie dachte, wenn sie ihn berührt und bei ihm Hilfe sucht, wird sie geheilt. Und so war es auch. Sie war mitten in der Volksmenge, und sofort spürte sie, dass ihre Plage, wie es in Vers 29 genannt wird, geheilt war.
Das ist ein wunderbares Bild von jemandem, der erkennt, dass der Herr ihn von der Unreinheit der Sünde befreit hat. Davon sollte sie öffentlich Zeugnis ablegen. Jesus wusste sofort, wer sie war, aber er sagte nicht einfach: „Das war diese Frau.“ Stattdessen fragte er: „Wer hat mich berührt?“
Die Jünger reagierten eigentlich unerhört: Wie können sie dem Sohn Gottes sagen, was er fragen soll, wenn eine Volksmenge ihn umdrängt? Es hätte so sein können wie damals bei Petrus vor dem großen Fischfang (Lukas 5). Die ganze Nacht hatten sie nichts gefangen, und tagsüber war es schwierig, weil die Fische die Netze sahen. Jesus sagte zu Petrus, er solle hinausfahren und es noch einmal versuchen. Petrus antwortete: „Auf dein Wort hin werde ich hinausfahren.“
Petrus wusste natürlich, dass Jesus kein Fischer, sondern Zimmermann war. Aber er war der Messias, und wenn er etwas sagte, war es garantiert richtig. Diese Hochachtung vor dem Sohn Gottes und seinem Wort ist wichtig. Ob uns das passt oder nicht – es ist immer richtig. So können wir zu allem im Wort Gottes Ja sagen.
Dieses Ja zu allem, was der Herr sagt, ist befreiend. Jesus wollte, dass diese Frau zuerst diesen Prozess durchmacht. Er sagte: „Ich muss sprechen.“ Und sie tat es, legte ihr Bekenntnis ab. Denken wir daran, wie viele Millionen Menschen von dieser Geschichte profitiert haben.
Hätte sie gedacht, dass ihre Geschichte auf alle fünf Kontinente geht, in Tausende von Sprachen übersetzt wird? Das war eine Aufgabe für diese Frau, als Jesus fragte: „Wer hat mich berührt?“ Sie wusste: Jetzt muss ich sprechen. Zeugnis geben ist nicht immer einfach, es braucht Überwindung und kann mit Furcht und Zittern verbunden sein. Aber wenn man die ganze Wahrheit sagen darf, wie sie in Vers 33 sagt: „Ich habe ihm die ganze Wahrheit gesagt“, ist das wunderbar.
Der Herr erkannte sie als Zeugin an. In Vers 34 spricht er zu ihr: „Tochter, dein Glaube hat dich geheilt. Geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage.“ Alle wussten, dass der Messias sie gerechtgesprochen hatte, dass ihr Glaube sie heilte, und er gab ihr seinen Frieden mit auf den Weg.
Schauen wir uns noch einen anderen Schock an, ganz woanders, in Kolosser 4. Ich muss mir vorstellen, dass der Apostel Paulus den Kolosserbrief zusammen mit dem Epheser-, Philipper-, Philemon- und übrigens auch dem Hebräerbrief Ende 62 nach Christus in Rom geschrieben hat, als er in Gefangenschaft war. Diese Briefe wurden dann per Boten zu den Gemeinden gebracht.
Das war natürlich etwas ganz Besonderes, als der Kolosserbrief in Kolosse, dem heutigen Westtürkei, zum ersten Mal verlesen wurde. In Kapitel 1 wird die überwältigende Herrlichkeit und Größe des Herrn Jesus vorgestellt, in Kapitel 2 das Geheimnis Gottes und so weiter. Alle in der Gemeinde hörten aufmerksam zu, als der Brief vorgelesen wurde.
Schließlich kommen wir zu Kapitel 4. Dort heißt es in Vers 15: Grüßt die Brüder in Laodizea, das ist eine Nachbargemeinde von Kolosse. Grüßt die Brüder in Laodizea und Nymphas und die Gemeinde, die in seinem Haus ist. Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, sorgt dafür, dass er auch in der Versammlung von Laodizea gelesen wird.
Aha, der Kolosserbrief war nicht nur für Kolosse bestimmt, nicht nur für die jeweilige Situation. Alle Gemeinden sollten ihn lesen. Und wir wissen, dass Gottes Wille es war, dass dieser Brief durch alle Generationen bis heute weitergegeben wird und dass auch ihr den aus Laodizea lest.
Oh, der Laodizeabrief! Nein, nicht der Laodizeabrief, den gibt es ja gar nicht. Aber da steht doch, dass auch ihr den aus Laodizea lest. Ja, nicht den an Laodizea, sondern den aus Laodizea.
Wie gesagt, der Epheserbrief wurde auch zur gleichen Zeit versandt und durch Tychikus nach Ephesus gebracht, ebenfalls in der Westtürkei. Die Gemeinden mussten diese Briefe dann auch an andere Gemeinden weitergeben. So sollten sie eben auch den Brief, der in Laodizea gelesen wurde, erhalten. Die Kolosser sollten auch den Epheserbrief lesen.
Und jetzt kommt’s: Es wird Archippus erwähnt, ein Bruder aus dieser Gemeinde. Im ganzen Brief wurde vorher nie von Archippus gesprochen, und plötzlich am Schluss steht sein Name. Wir müssen uns vorstellen, dass der erste Leser den Brief vorliest, und dann heißt es: „Und sage Archippus...“ Ein echter Schock! Er wird vor allen erwähnt. Was kommt jetzt?
So schnell gehen die Gedanken, nicht wahr? Manchmal ist es unglaublich – man muss nur den ersten Teil eines Wortes oder Namens hören, und man weiß schon, was als Nächstes kommt. Die Gedanken rasen schneller, als man sprechen kann.
Und da heißt es: „Sage Archippus, sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst.“
Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Gedenkt meiner Fesseln. Die Gnade sei mit euch! Amen.
Ganz am Schluss noch dieser Schock, diese Überraschung: Was war mit diesem Archippus? Es ist klar, er hatte irgendwie Mühe mit seinem Dienst. Vielleicht hat er sich gesagt: „Jetzt reicht’s mir.“ Wenn die Leute ein bisschen dankbar wären, wäre es auch toller. Oder er hat im Dienst Enttäuschung erlebt.
Der Herr Jesus hat das auch erlebt. Gerade gestern in der Jugendgruppe haben wir uns mit den fünf Gottesknecht-Liedern in Jesaja über den Herrn Jesus beschäftigt. In Jesaja 49 finden wir eines dieser Gottesknecht-Gedichte. Dort sagt der Herr Jesus – darf ich das kurz aufschlagen? Die, die gestern dabei waren, sollen sich das einfach bedenken. Die Römer haben schon gesagt: Repetitio mater studiorum est – die Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Dann sitzt es eben.
Jesaja 49, Vers 4: „Ich aber sprach, der Messias, der wahre Israel: ‚Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt; doch mein Recht ist beim Herrn, mein Lohn bei meinem Gott.‘“
Jesus hat drei Jahre lang im ganzen Land Israel und darüber hinaus bis nach Libanon und bis zum Jordan gewirkt und gepredigt – mit vollem Einsatz. Er hat sein ganzes Leben eingesetzt. Tausende von Leuten kamen zu seinen Predigten, und im Lukas-Evangelium sehen wir sogar Zehntausende, Myriaden. Und er hat gepredigt.
Doch wie viele hielten ihm am Schluss die Treue, als er nach Golgatha ging? Es war so enttäuschend für den Herrn. Wir haben dann auch Matthäus 11 kurz angeschaut. Dort spricht der Herr die drei „Weh“-Worte über die Städte, in denen er am meisten gewirkt hat. Diese Städte bilden ein Dreieck am Nordende des Sees Genezareth: Kapernaum, Chorazin und Bethsaida. Der Herr sagt: „Weh, weh“, weil sie nicht geglaubt haben, weil sie sein Wort nicht angenommen haben. Was für eine Enttäuschung, was für eine Frustration!
Das Wort „Frustration“ kommt vom Lateinischen „frustra“ und bedeutet „vergeblich“. Es beschreibt, wenn man Dinge tut, die immer wieder vergeblich sind. Dann läuft man sogar Gefahr, auf Dauer in ein Burnout zu geraten. Es ist vielleicht bekannt, dass viele Pastoren unter Burnout leiden. Sie sind oft nur an einem Ort im Dienst, meistens nicht überörtlich, und werden immer wieder mit den gleichen Problemen konfrontiert. Das kann zur Frustration führen – und in den Burnout.
In Matthäus 11, Vers 25, lesen wir nach diesen drei Warnungen an Bethsaida, Chorazin und Kapernaum (Matthäus 11,20-24): „Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: ‚Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir.‘“
Ist das nicht wunderbar? Jesus war wirklich zutiefst enttäuscht: „Umsonst habe ich mich abgemüht, für nichts meine Kraft verzehrt.“ Er hat das Menschsein empfunden wie wir – und übrigens noch tiefer, weil er die Verhärtung erlebt hat, die geschieht, wenn man Sünde erlebt. Das verhärtet unsere Gefühle, und der Herr hat das noch tiefer empfunden.
Matthäus schreibt ausdrücklich: „Zu jener Zeit“ – das war nicht irgendwann. Jesus preist den Vater, den Herrn des Himmels und der Erde. Diejenigen, die meinen, sie seien gescheit, sollen es nicht erkennen. Aber die, die merken, dass sie eigentlich wie Kinder sind und den Vater im Himmel brauchen, die Unmündigen, denen hast du es offenbart.
Es gab schon Leute, die glaubten, wir kommen aus Kapernaum – aber es waren wenige, zum Beispiel der Hauptmann von Kapernaum, sogar ein Römer. Und der Herr Jesus sagt: „Ja, Vater.“ Das ist so befreiend. Darum hat der Herr auch weitergedient.
Schauen wir noch auf Lukas 10, eine Parallelstelle, die ich gestern nicht erwähnt habe. Lukas 10, Vers 21: „In derselben Stunde frohlockte er im Geist und sprach: ‚Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und den Unmündigen geoffenbart hast. Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir.‘“
Man kann preisen und ganz am Boden sein. Abraham ist das erste Mal, wo „anbeten“ (hebräisch „hi Stachaweh“) in der Bibel vorkommt, in 1. Mose 22. Er war am Boden zerstört. Er war glücklich verheiratet, aber kinderlos. Der Wunsch nach einem Sohn war groß. Nach 25 Jahren Warten gab Gott ihm schließlich Isaak. Noch später kam der Aufruf, Isaak wieder herzugeben. Dieser Verlust war für Abraham unvorstellbar schwer. Er ging ins Land Moria und war bereit, seinen Sohn herzugeben. Dort sagte er: „Wir gehen dorthin, um anzubeten.“
Man kann also anbeten und ganz unten sein. Aber wir wissen: Der Herr Jesus hat angebetet und war glücklich.
Vers 21: „In derselben Stunde frohlockte er im Geist und sprach…“ Wie ist das möglich? Jesus hat den Blick auf den Vater gerichtet. In dieser Enttäuschung lebte er die volle Freude. Er lebte innerlich.
Wir müssen auch daran denken, wenn Jesus sagt in Johannes 14: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch.“ Jesus ging am nächsten Tag ans Kreuz und machte Frieden mit Gott. Jeder, der sich bekehrt, hat Frieden mit Gott. Das heißt: Er darf wissen, Gott hat in Ewigkeit nichts mehr gegen ihn. Gott wird ihn nie mehr ins Gericht bringen oder in die Hölle schicken. Wir haben Frieden mit Gott.
Aber wir wissen auch, wie oft wir unruhig sind. Wir könnten Geschichten erzählen, aber besser nicht, denn man muss sich nicht überall outen. Heute ist es modern, alles zu offenbaren, was tief in der Seele ist. Das müssen wir nicht jedem erzählen. Es reicht, wenn ich das Miriam erzähle, oder?
Ich sage: Jesus hatte in der Tiefe seiner Seele all diesen Frieden, den er auch in dieser Situation wieder hatte. Nach dieser Enttäuschung frohlockte er. Diesen Frieden will er uns immer wieder geben. Er sagt: „Ich gebe euch“ – das ist ein Durativ, er gibt uns den Frieden immer wieder. Denn der Friede hat so schnelle Beine, er entwischt uns oft, und wir geraten wieder in Unruhe und Unrast.
Dann dürfen wir wieder zu Jesus gehen. Er kann uns diesen Frieden geben. Das ist wunderbar.
Jetzt gehen wir zurück zu Kolosser 4 und sagen: Archippus, die Geschwister müssen ihm das sagen: „Archippus, hast du gehört, was im Kolosserbrief steht? Sieh auf den Dienst, den du empfangen hast, dass du ihn vollendest.“ Also sag nicht: „Jetzt ist Schluss, es wacht nichts mehr.“ Der Herr hat dir einen Dienst gegeben, und du sollst ihn auch zu Ende führen.
Dann sind wir echte Boas. Boas hat einen Dienst getan an Ruth. Als sie auf sein Feld kam, hat er sofort ihr Potenzial erkannt. Er sagte: „Die Frau muss gefördert werden.“ Novi sagt zu Ruth: „Dieser Mann fängt nichts an, das er nicht zu Ende führt.“ So haben wir alle einen Dienst vom Herrn bekommen. Den sollen wir bis zum Schluss erfüllen – bis der Herr kommt, vielleicht heute Nachmittag, ja, es kann auch zwei Jahre dauern, bis der Herr kommt oder uns zu sich nimmt. Aber dann ist der Dienst vollendet.
Dann können wir sagen wie Paulus in 2. Timotheus 4: „Ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt.“ Paulus war am Ende angekommen. Er wusste, jetzt werde ich vom Kaiser Nero geköpft. Sein Dienst war vollendet.
Wir sollen unseren Dienst bis zum Schluss tun. Natürlich werden wir immer wieder enttäuscht werden. Aber dann sollen die Geschwister uns sagen: „Bitte hör nicht auf!“
Wirklich, jetzt oute ich mich ein bisschen. In den letzten Monaten hatte ich schon manchmal den Gedanken: Soll ich aufhören? Und genau dann kamen Nachrichten von Leuten, die gar nichts wissen konnten. „Mach weiter, mach weiter, mach weiter!“ Das war wunderbar, nicht wahr? Der Herr braucht uns Geschwister, um uns so Mut zu machen: Mach weiter, vollende den Dienst. Und noch ein letzter Schub, und dann haben wir es.
Der Philipperbrief, ich möchte sagen, ist ein so lyrischer Brief, um nicht zu sagen romantisch. Ein Brief voller Freude, geschrieben aus der Gefangenschaft in Rom. Apostel Paulus hat eben diese Freude, diesen Frieden des Herrn Jesus, den er uns nur geben kann, im Herzen.
Und da in Philipper 4 kommt die Überraschung. Kapitel 4, Vers 1: „Daher, meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und Krone, so steht fest dem Herrn.“ Geliebter Ermutigung, Freude, Feststehen im Herrn. Wer würde das erwarten? Alle in Philippi, da versammelt in der Gemeinde? Außer die, die die Zusammenkunft versäumt haben. Gibt es auch, siehe Hebräer 10, wo es bei manchen Sitte ist, die Zusammenkünfte zu versäumen. Das war das Wort.
Und jetzt das: „Evodia ermahne ich.“ Die Evodia ist zusammengezuckt. Und ich meine, ich habe gesagt, die Gedanken gehen so schnell, schnell der Satz auf. Die sind Tische, die hat gedacht, aha, die Evodia. Und es sind Tische, ermahne ich. Ja, das hat schon einen Grund, warum er sagt: Evodia und Sintyche. Nein, er sagt: Evodia ermahne ich. Natürlich. Und Sintyche ermahne ich. Jede Person ist eine Person für sich, und persönlich verantworte ich vor dem Herrn, gleichgesinnt zu sein dem Herrn.
Oh, die hatten ein Problem miteinander. Die saßen in deiner Gemeinde, wahrscheinlich nicht beieinander. Ja, ich bitte dich, mein treuer Mitknecht, steh ihnen bei. Oh, es wird auch ein Bruder beauftragt, diesen Schwestern Unterstützung zu geben: Steht bei, die in dem Evangelium mit mir gekämpft haben, auch wie Clemens und meine übrigen Mitarbeiter, deren Namen im Buch des Lebens sind.
Das waren nicht einfach Schwestern, die so ziemlich nichts gemacht haben, sondern Paulus sagt, sie haben mit mir im Missionsdienst mitgearbeitet. Aber sie haben ein Problem miteinander, und bitte löst das.
Das war ein heilsamer Schock. Der Herr schockt uns nicht einfach so. Das ist immer heilsam und zu unserem Guten. Aber ein Schock wirkt eben so, dass er auch tiefer in der Seele verankert bleibt. Darum haben wir so viele Dinge erlebt, bei denen wir Schmerzen hatten im Leben und Schocks erlebt haben. Es ist dann auch tiefer drin, und die Dankbarkeit dem Herrn ist so auch tiefer in unserer Seele verankert.
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