Wir kommen heute Morgen bereits zu Josua Kapitel 20, und zwar zu einem wunderbaren Thema: die Zufluchtsstätte in Israel. Ich lese ab Vers 1.
Einführung in das Thema der Zufluchtsstätten
Und der Herr redete zu Joshua und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich: Bestimmt euch die Zufluchtsstätten, von denen ich durch Mose zu euch geredet habe. Dort soll ein Totschläger Zuflucht finden, der jemanden aus Versehen, unabsichtlich erschlagen hat.
Diese Städte sollen euch zur Zuflucht vor dem Bluträcher sein. Der Totschläger soll in eine von diesen Städten fliehen. Er soll an dem Eingang des Stadttores stehen und vor den Ohren der Ältesten jener Stadt seine Sache vorbringen.
Dann sollen sie ihn in die Stadt aufnehmen und ihm einen Ort geben, damit er bei ihnen wohnen kann. Wenn der Bluträcher ihm nachjagt, dürfen sie den Totschläger nicht in seine Hand ausliefern. Denn er hat seinen Nächsten unabsichtlich erschlagen und ihn zuvor nicht gehasst.
Der Totschläger soll in jener Stadt wohnen, bis er vor der Gemeinde zu Gericht gestanden hat, und zwar bis zum Tod des Hohen Priesters, der in jenen Tagen sein wird. Danach darf der Totschläger zurückkehren und in seine Stadt und in sein Haus kommen, also in die Stadt, aus der er geflohen ist.
Sie bestimmten die folgenden Städte: Kedesh in Galiläa im Gebirge Naphtali, Sichem im Gebirge Ephraim und Kirjat Arba, das ist Hebron im Gebirge Juda. Jenseits des Jordan, östlich von Jericho, bestimmten sie Bezer in der Wüste in der Ebene vom Stamm Ruben, Ramoth in Gilead vom Stamm Gad und Golan in Baschan vom Stamm Manasse.
Das waren die bestimmten Städte für alle Kinder Israel und auch für den Fremdling, der in ihrer Mitte weilte. Damit soll jeder, der jemanden aus Versehen erschlagen hat, dorthin fliehen, damit er nicht durch die Hand des Bluträchers sterbe, bevor er vor der Gemeinde gestanden hat.
Ursprung und biblischer Hintergrund der Zufluchtsstädte
In den ersten Versen wird deutlich, dass diese Bestimmung bereits durch Mose gegeben wurde. Sie ist in 4. Mose 35 zu finden. Bevor Israel in das Land ziehen konnte, war die Regelung mit den Zufluchtsstädten bereits festgelegt.
Dabei geht es um ein Haftpflichtproblem: Wenn jemand aus Versehen eine andere Person tötet, handelt es sich nicht um Mord, sondern beispielsweise um einen Unfall. Lesen wir dazu in 4. Mose 35, Vers 9:
„Und der Herr redete zu Mose und sprach: Redet zu den Kindern Israel und sagt zu ihnen: Wenn ihr über den Jordan in das Land Kanaan zieht, sollt ihr euch Städte bestimmen. Zufluchtsstädte sollen sie für euch sein, dass dahin fliehe ein Totschläger, also nicht ein Mörder.“
Es ist wichtig zu unterscheiden: Ein Mörder ist jemand, der illegal tötet. Ein Totschläger hingegen ist jemand, der einen Menschen tötet, aber zum Beispiel nur aus Versehen. Ein Totschläger hat also einen Menschen unabsichtlich erschlagen.
Die Städte sollen Zuflucht bieten vor dem Rächer, damit der Totschläger nicht stirbt, bevor er vor der Gemeinde zu Gericht gestanden hat. Die Städte, die ihr bestimmen sollt, sollen sechs Zufluchtsstädte für euch sein: Drei Städte diesseits des Jordans und drei Städte im Land Kanaan.
Diese Zufluchtsstädte sollen den Kindern Israel, dem Fremdling und dem Beisassen in ihrer Mitte als Zuflucht dienen. Jeder, der einen Menschen aus Versehen erschlagen hat, soll dahin fliehen können.
Unterschied zwischen Mord und Totschlag und die Todesstrafe
Wenn er ihn aber mit einem eisernen Werkzeug geschlagen hat, sodass er gestorben ist, so ist er ein Mörder, also jemand, der illegal getötet hat. Der Mörder soll gewisslich getötet werden.
Und wenn er ihn mit einem Stein geschlagen hat, den er in der Hand führte und wodurch man sterben kann, sodass er gestorben ist, so ist er ein Mörder. Der Mörder soll gewisslich getötet werden.
Oder wenn er ihn mit einem hölzernen Werkzeug geschlagen hat, das er in der Hand führte und wodurch man sterben kann, sodass er gestorben ist, so ist er ein Mörder. Der Mörder soll gewisslich getötet werden.
Der Bluträcher soll den Mörder töten. Wenn er auf ihn trifft, soll er ihn töten.
Hier zwischendurch noch eine kurze Erklärung: Die Todesstrafe für Mord hat Gott in 1. Mose 9 eingesetzt, und zwar nach der Sintflut.
Wir wissen, dass vor der Sintflut Kain ein Mörder war. Gott hatte ihm ein Zeichen gegeben, das darauf hinweist, dass niemand Kain für seinen Mord töten darf.
Später, ganz nach seinem Vorbild, wurde Lamech in der siebten Generation nach Adam ebenfalls ein Mörder. Ein junger Mann hatte ihn geschlagen und ihm eine Wunde zugefügt, und Lamech hatte ihn daraufhin gleich totgeschlagen.
Das hat er sogar noch verherrlicht – mit einem Gedicht. In 1. Mose 4 hat er ein schönes Gedicht gemacht. Ja, das ist das erste Gedicht nach dem Sündenfall (1. Mose 4,23).
Lamech sprach zu seinen Frauen – er war dieser freche Mann, der die Schöpfungsordnung durchbrochen hatte, die festlegt, dass ein Mann und eine Frau zusammen eine Ehe bilden. Er hatte jedoch zwei Frauen genommen.
In 1. Mose 4 heißt es: Lamech sprach zu seinen Frauen Ada und Zilla: „Hört meine Stimme! Frauen Lamechs, horcht auf meine Rede!“ Das ist typische hebräische Poesie mit zwei Verszeilen. Jede Zeile drückt denselben Gedanken als synonymer Parallelismus aus.
„Ada und Zilla, hört meine Stimme, Frauen Lamechs, horcht auf meine Rede“ – das ist im Prinzip das Gleiche wie „Hört meine Stimme“.
„Einen Mann erschlug ich für meine Wunde, ja einen Jüngling für meine Strieme.“ Das Gleiche wird mit anderen Worten nochmals ausgedrückt.
Also: Ein junger Mann hatte ihn verletzt, und dafür wurde er umgebracht.
Dann fügt er hinzu: „Wenn kein Siebenfältiger gerecht wird, so Lamech siebenundsiebzigfältig.“ Er sagt frech: Das hat schon unser Vorfahre erlebt – man darf ihn nicht töten für den Mord, und erst recht mich nicht.
Das erste Gedicht, kunstvoll gefasst, verherrlicht die Gewalt.
Wenn man bedenkt, wie sich das seither in der Geschichte ausgeweitet hat, wie viel in der Kunst, in der Musik und gerade auch im Film – der ebenfalls ein Kunstbereich ist – eingesetzt wurde, um Gewalt zu verherrlichen, zu idealisieren und zu romantisieren, erkennt man das Problem.
Es begann damit, dass Gewalt künstlerisch verherrlicht wurde – und zwar illegale Gewalt.
Die staatliche Gewalt und das Gewaltmonopol Gottes
Nach der Sintflut, wie im 1. Mose 9 beschrieben, erlaubt Gott den Menschen erstmals, Tiere zu essen. Vor der Sintflut war das nicht erlaubt.
In Vers 6 lesen wir, dass, wenn ein Mensch das Blut eines anderen vergießt, dessen Leben durch einen Menschen vergolten werden soll, da der Mensch im Bild Gottes geschaffen wurde. Das bedeutet: Wenn ein Mensch einen anderen tötet, greift Gott nicht direkt vom Himmel ein, um zu bestrafen. Stattdessen hat der Mensch die Aufgabe, den Täter zu bestrafen.
In diesem Moment setzte Gott die Regierungen ein. Deshalb wird im Neuen Testament, in Römer 13, erklärt, dass die Obrigkeit das Schwert nicht umsonst trägt. Ein Schwert benutzt man nicht, um jemanden zu kitzeln, sondern um Gewalt auszuüben. Gott hat der Obrigkeit die Schwertgewalt gegeben, was bedeutet, dass der Staat ein Gewaltmonopol besitzt.
Wir dürfen uns nicht rächen, aber der Staat hat die Möglichkeit, dort, wo Unrecht geschieht, mit Gewalt dagegen vorzugehen, um das Unrecht zu stoppen oder zu bremsen. Das ist die biblische Grundlage für unsere Polizei und auch für die Armee einer Nation. Diese Institutionen sind nicht da, um mutwillig Gewalt auszuüben, sondern um Gewalt zu verhindern. Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen.
Stellen wir uns vor, der IS würde versuchen, in Deutschland Anschläge zu verüben. Es gibt tatsächlich Menschen, die sagen, der Staat solle kein Gewaltmonopol haben, das sei nicht recht. Würde das so sein, könnten solche Terroristen ungehindert zuschlagen. Aber der Staat hat die Aufgabe, die Bürger vor solchen Unrecht zu schützen – allerdings nicht mutwillig.
Wir selbst können keine Gewalt anwenden. Deshalb heißt es auch in Epheser 6, Vers 10: Unser Kampf als Gemeinde ist nicht gegen Fleisch und Blut gerichtet. Wir haben in dieser Hinsicht keine Aufgabe, aber der Staat hat sie.
Dabei ist zu beachten, dass die Polizei in Deutschland nicht den Auftrag hat, zu töten. Wenn Polizisten eine Pistole tragen, dient das der Selbstverteidigung. Es gibt jedoch Situationen, in denen Spezialtruppen zum Einsatz kommen. Diese sind nicht die normalen Kantonspolizisten, sondern speziell ausgebildete Einheiten, die den Befehl erhalten können, einen Täter zu töten.
Ein Beispiel dafür gab es vor einigen Jahren in Chur. Ein Mann schoss mit einem Maschinengewehr vom Dach aus auf Menschen. In dieser Situation wurde der Befehl zum Töten gegeben. Es ging nicht darum, ihn einfach auszuschalten, sondern ihn gezielt zu töten.
Der Staat besitzt also das Gewaltmonopol, das Gott bereits bei Noah eingesetzt hat. Doch der Staat darf seine Gewalt niemals mutwillig anwenden. Wird dies dennoch getan, wird auch der Staat von Gott zur Rechenschaft gezogen.
Wir wissen, wie das Dritte Reich die Gewalt in schrecklichster Weise missbraucht hat und mutwillig Millionen von Menschen umgebracht hat. In Jeremia lesen wir, dass Gott solche Nationen, die sich am jüdischen Volk vergangen haben, siebenfach bestrafen wird. Man kann sich nicht darauf berufen, dass es Staatsgewalt war und der Staat ein Gewaltmonopol hat. Nein, dieses Monopol darf nur gezielt und gerecht eingesetzt werden.
Daher lesen wir in 4. Mose 35, dass der Mörder sterben soll, aber nicht der Totschläger. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Rechtliche Regelungen zwischen Mörder und Totschläger
Ich lese nochmals in Vers 19: Der Bluträcher soll den Mörder töten, wenn er ihn antrifft. Er soll ihn töten. Wenn er ihn aus Hass gestoßen oder mit Absicht auf ihn geworfen hat, sodass dieser gestorben ist, oder ihn aus Feindschaft mit seiner Hand geschlagen hat, sodass er gestorben ist, so soll der Schläger gewisslich getötet werden. Er ist ein Mörder. Der Bluträcher soll den Mörder töten, wenn er ihn antrifft.
Der Mörder ist also derjenige, der das Gebot „Du sollst nicht töten“ übertreten hat. Dieses Gebot bedeutet eigentlich „Du sollst nicht morden“, wie ich bereits erklärt habe.
In Vers 22 heißt es: Wenn er aber von ungefähr, nicht aus Feindschaft, ihn gestoßen hat oder unabsichtlich irgendein Werkzeug auf ihn geworfen hat oder ohne es zu sehen irgendeinen Stein, der tödlich sein kann, auf ihn fallen ließ, sodass er gestorben ist, und er ihm nicht feind war und seinen Schaden nicht suchte, so soll die Gemeinde zwischen dem Schläger und dem Bluträcher nach diesen Rechten richten.
Die Gemeinde soll den Totschläger aus der Hand des Bluträchers retten und ihn in seine Zufluchtsstadt zurückbringen, wohin er geflohen ist.
Der Bluträcher hat gewissermaßen vom Staat das Gewaltmonopol. Er ist der Ausführende, um einen Mord zu ahnden. Wenn es sich jedoch nicht um einen Mörder handelt, muss dieser Totschläger geschützt werden.
Nochmals in Vers 24: So soll die Gemeinde zwischen dem Schläger und dem Bluträcher nach dessen Rechten richten. Die Gemeinde soll den Totschläger aus der Hand des Bluträchers erretten und ihn in seine Zufluchtsstadt zurückbringen, wohin er geflohen ist. Er soll darin bleiben bis zum Tod des Hohen Priesters, der mit dem heiligen Öl gesalbt wurde.
Wenn aber der Totschläger die Grenze seiner Zufluchtsstadt, wohin er geflohen ist, überschreitet und der Bluträcher ihn außerhalb der Grenze findet, so darf der Bluträcher den Totschläger töten, ohne Blutschuld auf sich zu laden.
Denn der Totschläger soll in seiner Zufluchtsstadt bleiben bis zum Tod des Hohen Priesters. Nach dessen Tod darf er in das Land seines Eigentums zurückkehren.
Dies soll euch als Rechtssatzung dienen bei euren Nachkommen in allen euren Wohnsitzen. Das ist die Grundlage dieser Zufluchtsstädte.
Geographische Verteilung der Zufluchtsstädte
Jetzt schlage ich nochmals vor: Hier ist die korrekte Folie.
Wir finden darauf die sechs Zufluchtsstädte. Leider habe ich keine freie Karte auf Deutsch gefunden, sondern nur eine auf Hebräisch. So lernt man wenigstens ein bisschen Hebräisch.
Wir sehen, dass sich drei Zufluchtsstädte im Ostjordanland befinden: Golan, Ramot und Bezer.
Die Stadt Golan liegt auf den Golanhöhen oberhalb des Sees Genezareth auf der jordanischen Seite. Ramoth befindet sich in Gilead, das sind die Berge von Gilead. Bezer liegt im Stammesgebiet von Ruben, ganz nahe dort, wo der Jordan in das Tote Meer mündet.
Auf der anderen Seite, im Norden im heutigen Galiläa, finden wir Kedesch. Im Bergland bei Sichem steht die Stadt Sichem. Diese Orte liegen im heutigen sogenannten besetzten Westjordanland. Im Süden liegt Hebron (Hevron).
Diese sechs Städte sind wunderbar im Land verteilt. So gibt es, wo auch immer ein Unglück mit Haftpflicht geschehen könnte, sofort die Möglichkeit, einen Zufluchtsort zu finden.
Zwischen den Städten besteht immer eine Entfernung von höchstens 110 Kilometern. Das bedeutet, ein Totschläger müsste nie mehr als 55 Kilometer zurücklegen, um eine Zufluchtsstadt zu erreichen. Das ist relativ wenig und schafft man an einem Tag, um dann in Sicherheit zu sein.
Die geistliche Bedeutung der Zufluchtsstätten
Und jetzt, was ist die Bedeutung dieser Zufluchtsstätte ganz grundsätzlich? Stellen wir uns vor, uns würde genau das passieren: Man geht mit jemandem zusammen in den Wald, hat eine Axt dabei und schlägt einen Baum. Plötzlich löst sich das Eisen, fliegt durch die Luft genau am Kopf der Begleitperson vorbei, und sie stirbt.
Die Verwandten sagen nun, das war Mord. Doch es war kein Mord, sondern ein Unfall. Man ist ein Totschläger. Man sieht, das Leben war am Morgen noch ganz normal. Man hat gefrühstückt, es war alles in Ordnung. Niemand hätte gedacht, dass so etwas passieren würde. Und plötzlich gerät man aus dem Nichts in eine Situation großer Drangsal.
Nun schlagen wir in den Psalmen auf, um zu verstehen, was die Bedeutung dieser Zufluchtsstätte ist. Psalm 46 sagt: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe, reichlich gefunden in Drangsalen.“ Wörtlich steht im Hebräischen „sich finden lassend“. Das haben wir dann übersetzt mit „reichlich gefunden in Drangsalen“.
Also ist es eine Zuflucht, die sich leicht finden lässt. So wie die Zufluchtsstädte, in denen man in höchstens 45 Kilometern Entfernung in Sicherheit ist. Wir sehen, dass diese Zufluchtsstädte ein Bild von Gott sind, der uns Zuflucht und Stärke ist. Er ist Hilfe, gerade in Zeiten größter Not, die plötzlich und unversehens über uns kommen kann.
Es ist übrigens interessant: Im Titel des Psalms, der zum Urtext gehört, steht etwas über den Vorsänger, das heißt den Dirigenten. Der Vorsänger, der Menazer, ist der Dirigent. Dieses Wort wird heute noch für den Orchesterdirigenten benutzt. Der Menazer ist der Vorsänger oder Dirigent der Söhne Choras auf Alamod – ein Lied.
Das ist die höhere Oktave, im Gegensatz zu Cheminit, das ebenfalls in den Psalmen vorkommt. Cheminit bedeutet die acht Töne der tieferen Oktave. Die Sänger im Tempel mussten das im Tenor singen, in hoher Stimme. Das ist genau die Stimmlage, wenn man in Not ist. In den tiefen Lagen klingt es nicht so sehr nach Not und Elend, aber in den hohen Lagen schon. Das ist sogar vorgeschrieben: Psalm 46 wird in der hohen Lage gesungen.
„Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe reichlich gefunden in Drangsalen.“ Das wird uns so durchs Land Israel illustriert.
Hier wird garantiert: Die Bürger dieser Zufluchtsstätte müssen den Totschläger, wenn er dort ankommt und sein Problem den Ältesten der Stadt mitteilt, aufnehmen. Sie müssen ihn schützen und in Sicherheit bringen. Außerdem müssen sie garantieren, dass er vor ein Gericht gestellt wird, wo die Sache in Ruhe und ohne Überstürzung geklärt und geregelt wird.
Wenn dann klar wird, dass er ein Mörder war, bekommt er seine Strafe. Aber wenn das nicht so ist, wird er geschützt. Und wenn der Hohepriester gestorben ist, darf er wieder nach Hause gehen. Dann ist die Garantie da: Das Gericht hat die Sache geklärt.
Wenn jetzt noch ein Bluträcher käme, wäre das garantiert ein Mörder. Dieser wird dann zurückgehalten. Das Gericht hat ganz klar gesagt, dass hier Unschuld vorliegt. Jeder muss diesen Entscheid des Gerichts anerkennen.
Zusätzlich wird noch gesagt: Der Totschläger soll nicht sofort nach dem Gerichtsentscheid gehen, sondern erst nach dem Tod des Hohenpriesters. Der Tod des Hohenpriesters bringt die alte Sicherheit und die alte Friedenssituation zurück.
Das ist natürlich ein wunderbarer Hinweis auf den Herrn Jesus, der als Hoherpriester für uns gestorben ist, um alles in unserem Leben gutzumachen.
Die Bedeutung der Namen der Zufluchtsstädte
Und jetzt ist es so: All diese Namen haben natürlich eine Bedeutung, so wie alle Namen im Buch Josua. Ich habe ja schon auf das schöne Buch von Abraham Meister hingewiesen, in dem alle Namen der Bibel erklärt werden. Es ist eine Fundgrube, um zu lernen, was Gott uns durch diese Namen sagen will.
Bestimmt gibt es Leute, die sagen: Ja, aber das darf man doch nicht, die Namen übersetzen und daraus eine geistliche Bedeutung ableiten. Wo lernen wir aber, wie man die Bibel auslegen muss? Von der Bibel selbst.
Es ist genau wie bei der Frage: Wie lernt man beten? Man lernt beten durch die Bibel. Die Bibel sagt uns, wie man beten soll, und wir haben viele Beispiele. Übrigens, wenn manchmal die Frage aufkommt, ob wir zum Heiligen Geist beten sollen, dann kann man sagen: Ja, schau mal, was die Bibel in all den Beispielen zeigt. Da lernen wir beten, und wir finden Gebete zum Vater und zum Sohn, aber wir finden nie Gebete zum Heiligen Geist.
Ja, aber er ist Gott, genau wie der Vater und der Sohn. Natürlich ist er der ewige Geist, allwissend, allmächtig, allgegenwärtig – genau wie der Vater und der Sohn. Aber es ist so, dass Epheser 6,20 und auch Judas 20 sagen, dass wir „im Heiligen Geist“ beten sollen. Dieser Ausdruck „im Heiligen Geist“ bedeutet im Griechischen „in der Kraft des Heiligen Geistes“. Das heißt, der Heilige Geist gibt uns die Kraft, um zum Vater und zum Sohn zu beten.
Es ist ganz wichtig, dass man nicht nur zum Vater, sondern auch zum Sohn betet. Denn wir lesen zum Beispiel in 1. Korinther 1,2: Der Brief ist gerichtet an die Versammlung Gottes, die in Korinth ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, die Berufenen Heiligen samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen – sowohl ihrer als auch unserer Herrn.
Das Anrufen des Namens des Herrn Jesus ist das Kennzeichen der Gemeinden weltweit. Der Korintherbrief ist nicht nur für Korinth und eine lokale Situation mit bestimmter Kultur geschrieben, nein, ausdrücklich weltweit für alle Gemeinden, wo an jedem Ort der Name unseres Herrn Jesus Christus angerufen wird.
So haben wir auch viele weitere Beispiele, dass der Name des Herrn angerufen wird, dass zum Herrn Jesus gebetet wird und er auch angebetet wird. In Offenbarung 5 fallen die 24 Ältesten nieder vor dem Lamm und beten das Lamm an: „Würdig ist das Lamm, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen.“
So lernen wir aus der Bibel, wie Beten geht. Und das Anrufen des Namens des Herrn Jesus ist sogar in Verbindung mit der Errettung grundlegend. Denn Römer 10,9 sagt: „Das ist das Wort des Glaubens, welches wir predigen, dass, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst. Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Mund wird bekannt zum Heil.“
Denn die Schrift sagt: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“ Es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn derselbe Herr ist reich für alle, die ihn anrufen. „Denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird errettet werden.“
Also ist das Anrufen des Namens des Messias, des Herrn Jesus, heilsnotwendig. Aber eben lehrt die Bibel nicht, dass wir zum Heiligen Geist beten. So lernen wir durch die Bibel zu beten.
Die Bibel lehrt uns auch, wie man die Bibel auslegen soll. Die Grundsätze zeigt der Heilige Geist. Und da schlagen wir auf in Verbindung mit Namensübersetzung Hebräer 7 auf. Dort geht es eigentlich um eine Auslegung von 1. Mose 14, der Begegnung von Abraham und Melchisedek.
Hebräer 7,1: „Denn dieser Melchisedek, König von Salem, Priester Gottes des Höchsten, der Abraham entgegenging, als er von der Schlacht der Könige zurückkehrte, und ihn segnete, welchem auch Abraham den Zehnten zuteilte von allem.“
Hier lernen wir sogar zu predigen. Das Wichtigste ist das Wort Gottes vorzulesen. Also liest man 1. Mose 14 vor, diese Begegnung nach der Schlacht der Könige, wie Abraham da ins Tal der Könige ging, ins Tal Chave bei Salem. Dann kommt der Priester Melchisedek heraus mit Brot und Wein usw. Das Vorlesen des Textes ist das Wichtigste.
Dann ist es nützlich, wenn man den Text kurz zusammenfasst. Das macht Hebräer 7,1, und zwar viel kürzer als im Bibeltext steht. Noch einmal die wichtigen Punkte, die jetzt behandelt werden sollen, zusammenführen: Dieser Melchisedek, König von Salem, Priester Gottes des Höchsten, der Abraham entgegenging, als er von der Schlacht der Könige zurückkehrte und ihn segnete, welchem auch Abraham den Zehnten zuteilte von allem.
Und jetzt kommt die Auslegung: Erstlich wird verdolmetscht, dass Melchisedek „König der Gerechtigkeit“ heißt. So heißt Melchisedek „König der Gerechtigkeit“. Dann auch „König von Salem“ – die Bibel sagt, er war König von Salem. Das ist der König des Friedens. Ja, Melchisedek heißt König des Friedens. Ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens hat er.
In 1. Mose 14 wird Melchisedek einfach so angeführt. Es wird kein Geschlechtsregister von ihm aufgeführt, es wird nicht gesagt, wann er geboren wurde, es wird auch nichts über seinen späteren Tod berichtet, und es wird nichts über seine Mutter oder seinen Vater gesagt. Natürlich hatte er diese, aber der Heilige Geist beschreibt Melchisedek auf diese Weise.
Darum wird dann ausgelegt: „Aber dem Sohne Gottes ähnlich gemacht.“ Das ist die genaue Bedeutung des griechischen Wortes. „Dem Sohn Gottes ähnlich gemacht“ heißt: Er bleibt Priester auf immer.
Hier wird erklärt, dass diese Geschichte ein Hinweis auf den Herrn Jesus ist. Dieser Melchisedek war ein kanaanäischer König, aber ein gläubiger Kananiter. Er wird so dargestellt, dass er dem Sohn Gottes ähnlich ist, der als ewiger Sohn keinen Anfang und kein Ende hat.
Es ist interessant, dass es nicht heißt, Jesus Christus wird verglichen oder ähnlich gemacht, sondern „dem Sohn Gottes“. Das zeigt: Jesus ist von Ewigkeit her Sohn, nicht nur als Mensch, als er durch den Heiligen Geist gezeugt wurde. Als Mensch wurde er Sohn Gottes, aber als Gott ist er von Ewigkeit her Sohn Gottes.
So lernen wir, wie man das Alte Testament und die Bildersprache auslegen muss. Es ist also nicht nur wichtig, was da steht, sondern man muss beachten, dass es seinen Sinn hat, wenn der Heilige Geist gewisse Dinge nicht sagt.
Melchisedek war nicht der Herr Jesus, er wird dem Sohn Gottes ähnlich gemacht. Es ist eben nur ein Bild. Aber hier wird gezeigt, wie wichtig es ist, die Namen zu übersetzen.
So kann man zeigen: Melchisedek, König der Gerechtigkeit, ist ein Hinweis auf den Herrn Jesus, der in der Zukunft einmal als König in Jerusalem – Jerusalem ist der lange Name von Salem – regieren wird. Jerusalem bedeutet „Frieden“, „Gründung des Friedens“. Er wird als König der Gerechtigkeit im tausendjährigen Reich regieren.
Aber nicht nur König der Gerechtigkeit, sondern auch König von Salem – er wird der König des Friedens sein, der in Frieden über die ganze Welt regieren wird.
Und das gibt uns ganz klar das Recht und noch mehr die Aufgabe, eben Namen zu übersetzen.
Die Bedeutung von Kedesch in Galiläa
Jetzt schauen wir uns das an und beginnen mit Kedesch, das sich in Galiläa befindet. Kedesch bedeutet Heiligtum, Heiligtum.
Schlagen wir Jesaja 57,15 auf, um die geistliche Bedeutung zu erfassen:
Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist:
Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.
Ist das nicht wunderbar? Gott stellt sich hier vor, dass er im Heiligtum wohnt, was sinngemäß Kedesch entspricht.
Und dieser Gott im Heiligtum ist der Gott derer, die zerbrochen am Boden liegen und bei ihm Zuflucht suchen. Natürlich.
Darum sagt er: Ich wohne in der Höhe, im Heiligtum, und bei dem, der zerschlagen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.
So ist Gott uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe, reichlich gefunden in Drangsalen. Und er richtet uns auch wieder auf.
Die Bedeutung von Sichem und die Herrschaft auf der Schulter
Der nächste Name ist Sichem, was auch „Schulter“ bedeutet. Ich habe bereits erklärt, dass dies damit zusammenhängt, dass Sichem zwischen zwei Bergabhängen liegt, in der Talsohle zwischen Ebal und Garizim. Deshalb heißt der Ort Sichem.
Dieser Ausdruck „Schulter“ hat jedoch eine tiefere Bedeutung, wenn wir Jesaja 9 aufschlagen. Jesaja 9,6 sagt: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und man nennt seinen Namen wunderbarer Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.“
Der Herr Jesus wird in der Zukunft alle Probleme der ganzen Welt lösen. Ich habe das in den letzten Tagen auch schon gesagt: Die UNO wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 gegründet, um den Völkerbund abzulösen. Der Völkerbund war nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, um zu verhindern, dass je wieder eine solche Katastrophe wie ein Weltkrieg stattfindet – eine Katastrophe, die erstmals von 1914 bis 1918 alle fünf Kontinente der Welt betroffen hatte.
Der Völkerbund sollte sicherstellen, dass so etwas nie mehr geschieht. Doch einige Jahre später, von 1939 bis 1945, geschah etwas, was es in der gesamten Menschheitsgeschichte nie gegeben hatte, erneut. Deshalb war klar, dass diese Organisation nicht ausreicht. Sie musste durch eine viel bessere Organisation ersetzt werden, die wirklich dafür sorgt, dass nie mehr ein Weltkrieg kommt, dass Frieden und Verständigung unter den Völkern durchgesetzt werden und Gerechtigkeit in die Welt gebracht wird.
Das ist die UNO, die jedoch auch eine schwarze Liste von Fehlentwicklungen aufweist – wenn wir nur an die ungerechten Verurteilungen Israels über die Jahre denken. Ja, das ist die UNO, und sie sollte die Probleme der Welt, den Hunger und die soziale Ungerechtigkeit lösen.
Aber wir dürfen nicht einfach mit dem Finger auf andere zeigen. Wir müssen anerkennen, dass wir Menschen es nicht schaffen. Wir können unsere Probleme nicht lösen. Wir müssen kapitulieren und klar sagen: Wir können es nicht.
Ich hoffe, dass wir als Gläubige diese Kapitulation bereits vollzogen haben und sagen: Ja, das schaffen wir nicht, das können wir nicht. Wir brauchen den Friedensfürsten, von dem hier die Rede ist. Von ihm heißt es: Die Herrschaft ruht auf seiner Schulter, auf seinen Schultern ruht die ganze Welt. Er kann die Probleme des Krieges lösen.
In den tausend Jahren der Friedensherrschaft des Herrn Jesus wird es keinen Krieg mehr geben. Es wird keine hungernden Menschen mehr geben. Er wird das Problem des Hungers wirklich lösen. Es wird keine soziale Ungerechtigkeit mehr geben. Jesus wird durchgreifen und alles gerecht lösen.
Er wird sogar das Problem der Naturkatastrophen, der Seuchen und Krankheiten lösen, denn er wird die Welt von Krankheit befreien in den tausend Jahren. Die Lahmen werden springen, die Blinden werden sehen, so steht es in Jesaja 35.
Alle Heilungen, die damals in den Evangelien beschrieben wurden, waren ein Vorgeschmack. Sie waren Wunder des zukünftigen Zeitalters, wie Hebräer 6 sagt, eine Vorwegnahme.
Dann werden die Charismatiker das erleben, was sie jetzt schon wollen. Nur ist es jetzt noch nicht das tausendjährige Friedensreich. Da müssen wir warten und beten: „Dein Reich komme!“ Dieses Reich des Friedens ist noch nicht da. Aber dann wird er alles lösen, denn die Herrschaft ruht auf seiner Schulter.
Übrigens heißt es in Vers 6: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Der Herr Jesus wurde als wirklicher Mensch geboren, als Kind. Doch in der zweiten Verszeile ist das nicht ganz dasselbe.
Es ist alles poetisch formuliert. In der Poesie, im synonymen Parallelismus, ist es manchmal genau gleich oder fast dasselbe. „Einen Sohn uns gegeben“ bedeutet, dass Gott uns den ewigen Sohn, der von Ewigkeit her der Sohn ist, geschenkt hat.
Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gegeben hat, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Er hat uns den Sohn gegeben, und auf seiner Schulter wird die Herrschaft ruhen.
Er trägt diese vier Doppelnamen. Im Hebräischen sind das vier zusammengesetzte Namen: „Wunderbarer Berater“ gehört zusammen, also nicht „wunderbarer“ und „Berater“ getrennt, sondern als Einheit. Händel hat das in seinem „Messias“ so schön vertont.
Am besten hört man sich diese Aufnahme mit Pauken an. Es gibt auch Aufnahmen ohne Pauken, aber die mit Pauken sind unglaublich. Wenn dann die Paukenschläge kommen – nicht ständig wie in der Popmusik, das brauchen wir nicht –, sondern gezielt, wie ein Gewürz beim Essen, dann wird es besonders eindrucksvoll.
An dieser Stelle, bei „Wunderbarer Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“, wird übrigens schön gezeigt, dass der Messias Gott und Mensch zugleich sein wird. Die Rabbiner haben früher auch gesagt, dass dies vom Messias spricht.
Doch bis heute sagen orthodoxe Juden, der Messias werde ein normaler Mensch sein. Aber hier steht: Ein Kind ist geboren – das ist ein Mensch. Man nennt seinen Namen „wunderbarer Berater, starker Gott, El-Gibbor“ – damit ist er Gott –, „Vater der Ewigkeit“, „Fürst des Friedens“, Saar-Shalom.
Wenn er einmal auf seinen Schultern alle Probleme der Welt trägt und löst, dann dürfen wir auch denken: Wenn wir in Not kommen, fliehen wir nach Sichem. Er kann auch meine Probleme heute lösen und tragen.
So erleben wir geistlich in Sichem, wie der Herr Jesus wirklich der ist, der alles auf seinen Schultern tragen kann.
„Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe reichlich gefunden in Drangsalen.“
Pause vor dem nächsten Abschnitt
Bevor wir nach Hebron gehen, also in den Süden – vom heutigen Norden aus betrachtet, ins sogenannte besetzte Westjordanland, genauer gesagt ins südliche besetzte Westjordanland, nach Hebron – machen wir jetzt eine Viertelstunde Pause.
