Einführung zum Tempelfest und dessen Bedeutung
Bevor wir zu Kapitel 11 kommen, möchte ich noch einige Dinge zu den letzten Versen in Kapitel 10 sagen. Letztes Mal haben wir diesen Abschnitt betrachtet, aber wir sind nicht ganz fertig geworden.
Es geht ab Vers 22 in Kapitel 10 um das Fest der Tempelweihe in Jerusalem, also um das Chanukkafest im Dezember – ein Lichterfest. Dieses Fest erinnert an die Zeit der grausamen Verfolgung der Juden im zweiten Jahrhundert vor Christus, in der Zeit der Makkabäer. Die Syrer haben furchtbare Massaker unter dem jüdischen Volk angerichtet. Antiochus Epiphanes von Syrien ließ den Tempel entweihen, und das dauerte etwa drei Jahre.
Schließlich gelang es den Makkabäern, einem Vater mit seinen fünf Söhnen, eine so große Widerstandsbewegung zu organisieren, dass die Syrer schließlich aus dem Land vertrieben werden konnten. Der Tempel wurde wieder eingeweiht, und als Erinnerung an diese dunkle Zeit wurde das Lichterfest von da an Jahr für Jahr gefeiert.
Auch der Herr hat, wie wir hier sehen, an diesem Fest teilgenommen, obwohl es ein Fest ist, das wir im Alten Testament nicht finden. Das Alte Testament endet etwa um 400 vor Christus mit dem Buch Maleachi. Das Chanukkafest ist ein zwischentestamentliches Fest, aber der Herr hat es anerkannt.
Wir haben gesehen, wie der Herr herausgefordert wurde, ob er der Messias sei. Er erklärt, dass seine Feinde nicht zu seinen Schafen gehören. Seine Schafe aber, Vers 27, kennen seine Stimme und folgen ihm. Er gibt ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren. Niemand wird sie aus seiner Hand oder aus der Hand des Vaters rauben.
Wenn man an die Zeit der Verfolgung und größten Not denkt, erinnert das Fest daran. In diesem Zusammenhang sagt der Herr, dass die, die ihm gehören, egal was geschieht, in ihm Heilssicherheit haben. Niemand wird sie aus seiner Hand rauben.
Diese Heilssicherheit ist begründet, Vers 30, in der Aussage des Herrn: „Ich und der Vater sind eins.“ Wir haben das letztes Mal schon behandelt. Es heißt nicht „Ich und der Vater sind einer“, als wären Vater und Sohn eine Person. Sondern sie sind eins im Wesen. Es gibt nur einen Gott, aber drei Personen in der Gottheit.
Die Hörer haben das verstanden. Die führenden Juden wollten ihn daraufhin in Vers 31 steinigen, weil er sich damit gottgleich gestellt hat. Vers 33 kann das noch einmal gelesen werden: „Die Juden antworteten ihm: Wegen eines guten Werkes steinigen wir dich nicht, sondern wegen Lästerung; weil du, der du ein Mensch bist, dich selbst zu Gott machst.“
Nun haben wir noch nicht die ganz eigenartige Antwort des Herrn behandelt, die sehr interessant ist. Lesen Sie gleich weiter: Jesus antwortete ihnen: „Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: ‚Ich habe gesagt, ihr seid Götter‘? Wenn er jene Götter nannte, an die das Wort Gottes erging, und die Schrift kann nicht aufgelöst werden, sagt ihr dann von dem, der der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, du lästerst, weil ich gesagt habe, ich bin Gottes Sohn?“
Bis dahin.
Bezug auf Psalm 82 und die Bedeutung von „Götter“
Also er nimmt Bezug auf Psalm 82. Wir können den Psalm kurz aufschlagen. Es ist ein Psalm, der sich an die Richter Israels richtet, also gerade an die führenden Juden. Diese standen im Gespräch mit dem Herrn im Tempel.
Psalm 82, wer liest? Vers 1 und folgende:
„Gott steht in der Gottesgemeinde und ist Richter unter den Göttern. Wie lange wollt ihr Unrecht richten und die Gottlosen vorziehen? Schafft Recht dem Armen und der Weise und helft dem Elenden und Bedürftigen zum Recht. Errettet den Geringen und Armen und erlöst ihn aus der Gewalt der Gottlosen. Sie lassen sich nichts sagen und sehen nichts ein, sie tappen dahin im Finstern. Darum wanken alle Grundfesten der Erde. Wohl habe ich gesagt, ihr seid Götter und allzumal Söhne des Höchsten, aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zugrunde gehen. Gott, mache dich auf und richte die Erde, denn du bist Erbherr über alle Heiden.“
Die Richter werden Elohim genannt, das ist das übliche Wort für Gott. In der alten Elberfelder gibt es dazu eine nützliche Fußnote, die auf 2. Mose 21,6 verweist. Man könnte noch 22,8-9 ergänzen. Dort sieht man, wie die Richter tatsächlich schon im Gesetz Elohim genannt werden, weil sie als Richter Gottes Gerechtigkeit vertreten müssen.
Die Richter sollen Gott in seiner Gerechtigkeit auf Erden vertreten, darum haben sie diesen Namen Elohim.
Zweite Mose 21, Vers 6 können wir mal aufschlagen, um einen konkreten Vers vor Augen zu haben. Wer liest?
„So soll sein Herr ihn vor die Richter bringen und ihn an die Tür oder an den Pfosten stellen, und sein Herr soll ihm das Ohr mit einem Pfriem durchbohren, und er soll ihm auf ewig dienen.“
Der, der ausgedient hat, kommt jetzt vor das Gericht. Gibt es bei euch in der Bibelübersetzung eine Fußnote bei „Richter“? Bei mir steht „vor Gott bringen“. Aha. Es steht eben Elohim. Die alte Elberfelder hat korrekt übersetzt: „So soll ihn sein Herr vor die Richter bringen.“
Das Gleiche haben wir dann in Kapitel 22, Vers 8:
„Bei jedem Fall von Veruntreuung bezüglich eines Ochsen, eines Esels, eines Kleinviehs, eines Kleides ...“ Der Vers ist ziemlich lang, es geht um alles Verlorene, wovon man sagt, das sei Eigentum beider Parteien, und die Sache muss vor die Richter gebracht werden, die schon entsprechende Befugnisse haben.
Und Vers 9? Ja, das haben Sie. Auch hier steht nicht „Richter“, sondern „Gott“. Auch dort ist es wieder Elohim. Im gesamten Zusammenhang geht es um Veruntreuungen und Unrecht, das vor die Richter gebracht werden muss. Darum ist es korrekt, hier mit „vor die Richter bringen“ zu übersetzen.
In Psalm 82 sieht man also, dass Gott in der Versammlung Gottes steht und inmitten der Götter richtet. Den Richtern wird gesagt: „Schafft Recht dem Geringen und der Weise.“ Von ihnen heißt es in Psalm 82, Vers 6: „Ich habe gesagt, ihr seid Götter und Söhne des Höchsten, ihr alle.“
Jesus nimmt Bezug auf diesen Psalm und sagt: „Ihr sagt, ich lästere. Aber selbst die Richter, also ihr führenden Juden, werden in der Bibel Elohim genannt, Götter, weil ihr kraft eures Amtes Gott vertreten müsst.“
Er ist jedoch nicht einfach ein führender Jude, sondern der Sohn Gottes, den der Vater in die Welt gesandt hat. Darum hat er das Recht zu sagen: „Ich und der Vater sind eins.“
Die Reaktion in Vers 39: „Da suchten sie wiederum, ihn zu greifen.“ Die führenden Juden verfolgen den Messias, und das an dem Fest, das daran erinnert, wie die Juden ursprünglich von ihren Feinden verfolgt worden sind.
Es ist eine tragische Umkehrung, dass die einst Verfolgten nun zum Verfolger des Messias werden.
Überblick über die Wunder im Johannesevangelium und Einführung zur Auferweckung Lazarus
Gut, dann gehen wir weiter zu Kapitel elf, der Auferweckung von Lazarus. Es ist uns bewusst, dass im Johannesevangelium nur sehr wenige Zeichen und Wunder des Herrn aufgeführt werden. Was haben wir bisher an Zeichen und Wundern gehabt?
Erstens: Wasser zu Wein, Johannes 2. Dann, noch vorher, die Heilung des Sohnes des königlichen Beamten, Kapitel 4, am Schluss. Drittens: der Gelähmte, der Paraplegiker in Bethesda, Johannes 5. Danach kommt, wie gesagt wurde, die Speisung der Fünftausend, Kapitel 6. Weiterhin, ebenfalls in Kapitel 6, Vers 16.
Hat die Ehegeschichte mit der Ehe zu tun? Nein, das war kein Wunder. Die Heilung des Blindgeborenen, das ganze Kapitel 9, hat den Fokus auf dieses eine Wunder, dieses ganz spezielle Wunder. Und jetzt Lazarus, die Auferweckung des Lazarus. Schließlich in Johannes 21 das Wunder des Fischzugs nach der Auferweckung des Herrn.
So sind es also acht Zeichen. Johannes wählt ganz wenige aus, obwohl der Herr viele Zeichen und Wunder getan hat. Dafür haben diese einzelnen Wunder in ihrer Bedeutung eine ganz besondere Aussage.
Die Aussage bei der Erweckung des Lazarus wird zusammengefasst, wo? Jesus sprach zu ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Genauso wie die Brotvermehrung in Johannes 6 zur Erklärung führt: „Ich bin das Brot aus dem Himmel.“ Die Heilung des Blindgeborenen steht in Verbindung mit der Erklärung: „Ich bin das Licht der Welt.“ Und die Auferweckung von Lazarus mit: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Die Bedeutung dieses Wunders wird noch dadurch hervorgehoben, dass in Vers 45 und folgende dieses Wunder zu einer Sanhedrin-Sitzung führt, also einer Sitzung des Obersten Gerichtshofs. Dort sagen sie, dass sie etwas unternehmen müssen, um Jesus wegzuschaffen. Das heißt, dieses Wunder führt zur Tötung Jesu.
Können wir das noch einmal lesen, damit der Zusammenhang klar ist? In Vers 47 heißt es: „Da versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer den Hohen Rat und sprachen: Was tun wir? Denn dieser Mensch tut viele Zeichen. Wenn wir ihn so lassen, werden alle an ihn glauben, und wir werden keine Macht mehr haben.“ Und sie sagen weiter: „Es ist besser, ein Mensch stirbt für das Volk, als dass die ganze Nation umkomme.“
So führt also das Zeichen von Lazarus zur Ermordung des Herrn Jesus. Das ist schon erstaunlich. Der, der gerade den Tod besiegt hat, wird getötet. Aber am dritten Tag erweckt er sich selbst wieder zum Leben. So wie wir das in Johannes 10 schon hatten, wo der Herr sagt: „Ich habe Gewalt, Leben zu lassen, und ich habe Gewalt, es wiederzunehmen“ (Johannes 10,18).
Eine zweite Bedeutung dieses Zeichens steht direkt in Verbindung mit dem Palmsonntag. Die Bedeutung des triumphalen Einzugs des Herrn nach Jerusalem am Palmsonntag, also am Sonntag vor Karfreitag, werden wir in Johannes 12 noch genauer untersuchen. Diesen Zusammenhang finden wir nur im Johannesevangelium, obwohl alle Evangelisten vom Palmsonntag berichten.
Schauen wir in Johannes 12, Vers 17: „Es bezeugte nun die Volksmenge, die bei ihm war, dass er Lazarus aus dem Grabe gerufen und ihn aus dem Tod auferweckt habe.“ Darum ging ihm auch die Volksmenge entgegen, weil sie hörten, dass er dieses Zeichen getan habe.
Da sprachen die Pharisäer zueinander: „Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet. Siehe, die Welt ist ihm nachgegangen.“ Dieses eine Zeichen hat einen derart gewaltigen Stein ins Rollen gebracht, dass für die Massen völlig klar wurde: Das muss der Messias sein. Er kann nicht nur Krankheiten heilen, sondern auch Tote auferwecken.
Bedeutung des Ortes Bethanien und des Ölbergs
Wir müssen zunächst klären, wo das Geschehen stattfindet. Nicht irgendwo in Israel, sondern in Bethanien. Wo liegt Bethanien genau? Östlich von Jerusalem, noch genauer: auf dem Ölberg, und zwar auf dem Ostabhang.
Der Ölberg ist im Judentum der Inbegriff der Auferstehung. Deshalb ist es für einen Juden der größte Wunsch, auf dem Ölberg in Jerusalem begraben zu werden. Das erklärt, warum es dort Zehntausende von Gräbern gibt, die bis in vorchristliche Zeit zurückreichen.
Am Fuß des Ölbergs, im Kidron-Tal, finden sich große Grabmonumente wie die Absalomssäule. Diese stammen aus der vorchristlichen Zeit. Der Ölberg symbolisiert die Auferstehung, weil nach Sacharja 14 der Messias auf dem Ölberg erscheinen wird, um sein Reich aufzurichten.
Deshalb wollten alle in der Hoffnung, die Ersten bei der Auferstehung zu sein, möglichst am Ölberg begraben werden. Heute ist das so exklusiv geworden, dass sich nur noch sehr reiche Juden, zum Beispiel aus Amerika, dort ein Grab leisten können.
In Sacharja 14, Verse 3 und 4 heißt es: „Aber der Herr wird ausziehen und streiten wider jene Nationen, wie der einst am Tage seines Kampfes, am Tage der Schlacht. Und seine Füße werden an jenem Tage auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem gegen Norden liegt. Da wird sich der Ölberg in der Mitte spalten, sodass von Sonnenaufgang bis zum Meer ein sehr großes Tal entsteht. Die eine Hälfte des Berges wird nach Norden, die andere nach Süden zurückweichen.“
Diese besondere Bedeutung des Ölbergs und die Erwartung der Auferstehung, wenn der Messias kommt, sind also sehr wichtig. Deshalb hat Jesus Lazarus genau dort auferweckt. Die Erwartung war, dass mit dem Kommen des Messias die Auferstehung am Ölberg beginnt. Genau dort hat Jesus Lazarus aus dem Tod geholt.
Jesus hätte früher kommen können, um Lazarus einfach von der Krankheit zu heilen. Das wäre aber nicht überzeugend gewesen. Deshalb hat er gewartet, bis der Tod eingetreten war. Das sollte die Herrlichkeit Gottes offenbaren.
In Johannes 11,4 steht: „Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes dadurch verherrlicht wird.“
Durch diese Tat wurde die Herrlichkeit des Sohnes Gottes deutlich als der, der die Auferstehung und das Leben ist.
Die doppelte Bedeutung von Leben und Auferstehung
In dieser Kernaussage müssen wir zwei Dinge unterscheiden: den Vers 25, in dem das Wunder gedeutet wird. Der Herr sagt zuerst: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Und eine zweite Aussage lautet: „Und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“
Was sollen diese beiden Aussagen bedeuten? Hat jemand eine Erklärung? Vielleicht bezieht sich die erste auf den materiellen Tod und die zweite ebenso auf geistliche Verweckung. Ja gut, jeder Erlöste darf wissen: Wenn ich sterbe, dann werde ich einmal auferweckt werden. Aber wir haben auch die Erwartung, dass, wenn der Herr Jesus kommt, bei der Entrückung der Gemeinde, die Generation von Gläubigen, die dann noch lebt, den Tod nicht sehen wird. Sie wird direkt verwandelt werden, das heißt, ihr Körper wird direkt in einen unsterblichen Körper umgewandelt und den Tod nie sehen.
Genau diese zwei Aspekte haben wir hier. Die eine Gruppe, die sterben, weiß: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Und die letzte Generation darf wissen: „Und jeder, der da lebt“ – im Griechischen ein Durativ, der fortdauernd lebt – „und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ Diese beiden Aussagen stehen parallel zu den zwei Namen „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Für die Gestorbenen ist der Herr die Auferstehung, und für die, die nie sterben werden, ist er das Leben.
Da ist eine gewaltige Dimension enthalten. Die Entrückung der Gemeinde war ja damals noch ein Geheimnis. Geheimnisse im Neuen Testament sind Dinge, die Gott im Alten Testament nicht enthüllt hatte, die aber erst im Neuen Testament seit dem Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten seinen Aposteln und neutestamentlichen Propheten mitgeteilt wurden.
Nun schauen wir in 1. Korinther 15. Dort spricht Paulus über dieses Geheimnis der Verwandlung, 1. Korinther 15,51: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden. Plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune, denn die Posaune wird erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Wenn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche muss Unsterblichkeit anziehen.“
Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anzieht und dieses Sterbliche Unsterblichkeit, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: „Der Tod ist verschlungen im Sieg, Tod, wo ist dein Stachel? Totenreich, wo ist dein Sieg?“ (1. Korinther 15,54-55).
Bis dahin! Also sehen wir: Das ist ein Geheimnis, etwas, was im Alten Testament so nicht geoffenbart war. Nicht alle Gläubigen werden entschlafen, sterben, aber alle werden – und zwar alle zum gleichen Zeitpunkt – verwandelt werden. In einem Nu, in einem Augenblick. Das wird geschehen bei der letzten Posaune.
Das war ein bekannter Ausdruck damals im römischen Heerwesen. Die letzte Posaune war die Posaune zum Aufbruch. Man kannte im Heerwesen drei Posaunen: Die erste Posaune bedeutete, die Zelte, die Lager abzubrechen; die zweite Posaune, in Reih' und Glied aufzustellen; die dritte Posaune, aufzubrechen.
Das ist kein Hinweis auf die siebte Posaune in der Offenbarung bei den Gerichten der Großen Drangsal. Die Offenbarung war ja damals noch nicht offenbart. Sie wurde erst im Jahr etwa 95 n. Chr. offenbart, während der erste Korintherbrief etwa im Jahr 54 geschrieben wurde. Aber hier wird auf etwas Bekanntes hingewiesen: Bei der letzten Posaune – nicht bei einer letzten Posaune, sondern bei der letzten Posaune – werden die Toten auferweckt, unverweslich.
So haben wir diese beiden Gruppen: die Gestorbenen, deren Körper im Grab wieder auferweckt wird, und zwar als unsterblicher Leib, und diejenigen, die dann noch leben, deren Körper umgewandelt wird. Aus einem sterblichen wird ein unsterblicher Körper gemacht.
Dann wird verwiesen auf alttestamentliche Worte: „Verschlungen ist der Tod im Sieg“ aus Jesaja 25,8 und „Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg?“ aus Hosea 13,14.
Die eine Gruppe kann dann besonders das rufen: „Wo ist, o Tod, dein Sieg?“, nämlich die Gestorbenen, die schließlich doch auferstehen. Und diejenigen, die nie sterben, werden sagen können: „Wo ist, o Tod, dein Stachel?“, denn er konnte sie nie töten.
Das sind also diese beiden Gruppen, und es ist natürlich ein gewaltiges Vorrecht, wenn wir vielleicht zu dieser letzten Generation gehören dürften: „Jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“
Also geballte Information, sagte der Herr Jesus da, und zwar Information, die Unerhörtes, im wirklichen Sinne des Wortes Unerhörtes, das heißt, etwas, das man noch nie gehört hatte, beinhaltete.
Und dann sagt der Herr in Vers 27 zu Martha: „Glaubst du dies?“ Sie spricht zu ihm: „Ja, Herr. Ich glaube, dass du der Messias, der Christus – das bedeutet der Messias – bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“
Sie sagt also Ja. Aber sie kann es ja gar nicht verstehen, was er gesagt hat. Das zeigt uns die Herzenshaltung des Vertrauens gegenüber dem Herrn. Da kann man mehr glauben, als man unbedingt intellektuell versteht.
Ja, das ist sehr eindrücklich. Sie hat das Wort einfach genommen, es ist die Wahrheit. Aber sie konnte es in ihrer ganzen Tragweite unmöglich damals fassen. Das war erst möglich mit dem späteren Licht, das dann die Apostel noch gebracht haben.
Ganz entsprechend dem, was der Herr seinen Jüngern am Vorabend der Kreuzigung sagte: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr mögt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen sein wird, so wird er euch in die ganze Wahrheit leiten.“ (Johannes 16,12-13)
Das Wortspiel um das „Einschlafen“ Lazarus’ und die Bedeutung der Auferweckung
Gut, jetzt wartet der Herr also bewusst zwei Tage, und in dieser Zeit stirbt Lazarus. Schließlich geht er dann hin, um eben dieses größte Wunder zu vollbringen.
Der Herr sagt seinen Jüngern in Vers elf – wer liest nochmals? –: „Dies sprach er, und danach sagt er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, ist eingeschlafen, aber ich gehe hin, damit ich ihn aufwecke.“
Hier muss ich erklären: Im Griechischen gibt es einen Ausdruck, der sowohl „aufwecken“ als auch „auferwecken“ bedeuten kann. Darin liegt ein Wortspiel. Der Herr sagt, Lazarus sei eingeschlafen – man könnte auch übersetzen „Lazarus ist entschlafen“. Durch diese Doppelbedeutung war nicht klar, was der Herr meint. Auch „aufwecken“ ist dasselbe Wort wie „auferwecken“. Im Deutschen können wir das schön trennen, aber im Griechischen ist es doppeldeutig. Darum ist es auch gut übersetzt: „Lazarus, unser Freund, ist eingeschlafen, aber ich gehe hin, auf dass ich ihn aufwecke.“
Man hätte es aber auch so verstehen können: „Lazarus, unser Freund, ist entschlafen, aber ich gehe hin, auf dass ich ihn auferwecke.“
Nun, in Vers zwölf sprach der Jünger zu ihm: „Herr, wenn er eingeschlafen ist, so wird er geheilt werden.“ Sie haben es also falsch verstanden. Johannes erklärt: Jesus redete aber von seinem Tod, sie aber meinten, er rede von der Ruhe des Schlafes.
Dann sagt der Herr ihnen ganz klar heraus: Lazarus ist wirklich gestorben. Und der Herr ist froh, dass es so ist, damit ihr glaubt – eben als letzte deutliche Bestätigung, dass er der verheißene Erlöser ist.
Dieses Missverständnis ist auch etwas, das wir immer wieder im Johannesevangelium finden. Erinnern wir uns an solche Missverständnisse um Wörter?
Zum Beispiel Johannes 4: Der Herr sagt, er würde ihr lebendiges Wasser geben, und sie meint, ja, aber du hast ja kein Schöpfgefäß. Denn „mayim chayim“ bedeutet auf Hebräisch oder in semitischen Sprachen einfach „frisches Quellwasser“. Aber der Herr meinte „lebendiges Wasser“ im übertragenen Sinn, und sie meinte es wörtlich. Nachher wird das im Gespräch immer klar.
Weiter zum Brot und dem Andern: Dort sagt der Herr: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben“ (Johannes 6,54). Er sagt in Vers 55: „Denn mein Fleisch ist wahrhaftig Speise, mein Blut ist wahrhaftig Trank.“ Das ist eine schockierende Sprache. Die Reaktion darauf lesen wir in Johannes 6,60: „Viele nun von seinen Jüngern, die es gehört hatten, sprachen: Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?“
Da aber wusste Jesus bei sich selbst, dass seine Jünger hier missverstanden, und er sagte zu ihnen: „Ärgert euch dieses, wenn ihr nun dem Sohn des Menschen...“ Ja, das reicht. Am Schluss erklärt er in Vers 63: „Die Worte, welche ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ Das sind geistliche Worte, und sie müssen geistlich verstanden werden. Auch hier gab es also ein Missverständnis.
Weiter: Was hatten wir auch schon? In Johannes 2 sagt der Herr zu den Juden im Tempel: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten.“ Sie meinten, er spreche vom Tempel. Sie sagten: „Er ist 46 Jahre gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten?“ Aber er sprach, erklärt Johannes, vom Tempel seines Körpers, seines Leibes. Und dann ist die Diskussion am Ende.
Missverständnisse mit Wörtern gibt es also immer wieder. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Wörter oft ein Bedeutungsfeld haben, also eine Bedeutungsbreite. Glücklicherweise ist das so, denn wäre es nicht so, bräuchten wir für jede Bedeutungsnuance ein anderes Wort. Dann müssten wir, um uns verständigen zu können, etwa sechzigtausend Wörter kennen. Aber das kann kein Erwachsener aktiv beherrschen.
Normal gebildete Erwachsene haben etwa einen aktiven Wortschatz von vielleicht 18.000 Wörtern. Es gibt Akademiker, die kommen weit darüber hinaus, aber im aktiven Wortschatz sind sechzigtausend kaum machbar. In der normalen Umgangssprache reichen etwa 2.000 Wörter, um neunzig Prozent von allem, was gesagt wird, zu verstehen. Das ist schon toll. Mit 3.000 Wörtern kann man dann etwa 95 Prozent verstehen.
Das heißt also: Für fünf Prozent weiteres Verstehen braucht man 15.000 zusätzliche Wörter. Wenn man sagt, mit 3.000 Wörtern versteht man 95 Prozent des Sprachgebrauchs, dann ist es eine unendliche Spanne, um den Rest zu verstehen. Man kann nicht von hundert Prozent sprechen, denn das kann ja niemand. Im Deutschen gibt es immer wieder Lücken, bei denen wir gewisse Wörter gar nicht verstehen. Darum brauchen wir dann einen Fremdwörterduden oder überhaupt einen Duden.
Ich wollte damit einfach sagen: Ein relativ begrenzter Wortschatz reicht schon praktisch für alles. Glücklicherweise beinhalten die Wörter eine Bandbreite, und meistens wird diese Vieldeutigkeit durch den Kontext neutralisiert. Darum verstehen wir uns normalerweise trotzdem, aber nicht hundertprozentig. Es gibt immer wieder Missverständnisse.
Wenn Missverständnisse entstehen, muss man nachfragen und den Kontakt im Dialog nicht abbrechen. So kommen die Jünger später zur Klarheit. Zum Beispiel in Johannes 2 wegen dem Tempel: Johannes sagt, erst nach der Auferstehung des Herrn haben sie dieses Wort verstanden. Es gingen noch drei Jahre, aber sie blieben in Kontakt. Das Verständnis nahm so zu.
Was also im Johannesevangelium durchgeht wie ein roter Faden, liegt ganz auf der Linie des ersten Verses. Wer liest Johannes 1,1? „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Vers 14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“
Gott der Sohn ist das Wort, und er ist in die Welt gekommen, um als Mensch zu uns Menschen zu sprechen und uns zu zeigen, wer Gott ist. Johannes 1,18 sagt noch dazu: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“
So hat er also zu uns gesprochen, um uns zu zeigen, wer Gott ist. Natürlich gab es im Wesen der Sprache Missverständnisse, wenn der Sohn Gottes zu den Menschen sprach.
Bei denen, die ihn ablehnten, kamen dadurch noch mehr in die Finsternis, und sie verstanden nicht. Bei denen aber, die ihn aufnahmen, gab er nach und nach Verständnis, um Gottes Wort zu verstehen.
Die göttliche Herkunft der menschlichen Sprache und ihre Bedeutung für das Bibelverständnis
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, daran zu denken, dass die menschlichen Sprachen nicht von uns Menschen erfunden wurden. Die menschliche Sprache konnte nicht vom Menschen geschaffen werden. Sehr interessant ist das sogenannte Süssmilchsche Paradoxon. Süssmilch hat schon vor Jahrhunderten gesagt: Das höhere Denken des Menschen setzt die Sprache voraus. Denn ohne Sprache könnten wir kein höheres Denken erreichen.
Das Denken des Menschen entwickelt sich gewissermaßen an der Struktur seiner Sprache. Man kann das gut zeigen, indem man die verschiedenen Sprachen vergleicht. Je nach Sprache und deren Struktur denken Menschen ein wenig unterschiedlich. Doch in allen Sprachen gibt es eine logische Struktur, und das Denken baut darauf auf. Höheres Denken ist nur möglich, weil wir Sprache haben.
Um Sprache aber zu erfinden, müsste der Mensch bereits Sprache besitzen. Das ist das Paradox. Der Mensch kann Sprache nicht schaffen, wenn er keine Sprache hat. Er könnte es nur, wenn er schon eine Sprache besitzt.
Herr Präsident! Was bedeutet das Wort „eingeborener Sohn“? Wie kann man das genau erklären? Das griechische Wort „Monogenes“ bedeutet „der einzige Sohn“, zum Beispiel in einer Familie. Es hat aber auch eine weitere Bedeutung: „der Einzige seiner Art“. Es hat nichts mit Geburt im üblichen Sinn zu tun.
Wenn es im Bezug auf den Sohn Gottes gebraucht wird, meint es den ewigen Sohn, der einzig seiner Art ist. Das Wort „Monogenes“ setzt sich zusammen aus „Genes“ (Art oder Geburt) und „Mono“ (einzig). In Bezug auf den Herrn Jesus bedeutet das, dass er der Einzige seiner Art ist, aber nie entstanden ist. Er ist von Ewigkeit her der Sohn.
Das hat auch nichts mit seiner Menschwerdung zu tun. Der Herr ist ja auch als Mensch Sohn Gottes, wie es in Psalm 2,7 heißt: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ Aber der Begriff „Eingeborener“ im Johannes-Evangelium bezieht sich auf den ewigen Sohn, der einzig seiner Art ist.
Ich habe noch eine Frage: Was ist schneller als Lichtgeschwindigkeit? Lichtgeschwindigkeit ist natürlich Teil dieser Schöpfung, aber alles, was in Gott ist, ist natürlich schneller. Ich dachte gerade an 1. Korinther 15, in einem Augenblick werden wir verwandelt. Das ist schneller als Lichtgeschwindigkeit.
Ja, das Wort „ein Augenblick“ heißt auf Griechisch „atomos“, das Unteilbare. Man muss das nicht unbedingt mathematisch auffassen. Es ist jedenfalls für uns ein unteilbarer Augenblick, in dem Gott das vollzieht. Ja, natürlich.
Noch etwas zur Sprache: Wenn wir bedenken, dass Gott der Schöpfer der Sprachen ist, hat Adam die Sprache aus der Hand Gottes bekommen. Er musste sie nicht lernen. Auch die Menschen in Babylon haben die Sprache aus Gottes Hand erhalten. Das bedeutet, die menschlichen Sprachen sind eigentlich Gottes Sprachen.
Das ist sehr wichtig, wenn man es bedenkt. Man hört manchmal die liberale Theologie sagen, wie Karl Barth es betont hat, dass die Bibel in menschlichen Sprachen geschrieben ist. Und was menschlich ist, ist begrenzt. Deshalb könne die Bibel nicht Gottes Wort sein, sondern nur Gottes Wort enthalten.
Das heißt: Wenn der moderne Mensch liest, kann im Lese- oder Hörvollzug das Wort plötzlich für ihn zu Gottes Wort werden. Genau das wird von manchen angegriffen. Nein, die Bibel ist in menschlichen Sprachen geschrieben – Hebräisch, Griechisch, Aramäisch. Aber diese Sprachen hat nicht der Mensch erfunden, sondern Gott.
Mit all den logischen Strukturen und der Funktion der Wörter muss man sagen: Die Bibel ist in Gottessprachen geschrieben. Gott wusste, wie man kommunizieren kann, damit seine göttlichen Gedanken zu uns Menschen kommen.
Deshalb können wir sagen: Die Bibel ist Gottes Wort, vermittelt in göttlichen Sprachen. Der Herr Jesus, der Gott selbst ist, ist das Wort, das zu uns gekommen ist, um zu zeigen, wer Gott ist. Aber wir können ihn nur verstehen, wenn wir ihn lieben. Wenn wir ihn ablehnen, können wir nicht verstehen.
Darum ist 1. Korinther 2,14 so wichtig, besonders im Blick auf die Kritik an der Bibel: „Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich beurteilt werden.“
Der natürliche Mensch ist der nicht wiedergeborene Mensch, im Gegensatz zum geistlichen Menschen. Er kann das, was vom Geist Gottes kommt, nicht wirklich aufnehmen. Es ist für ihn Torheit, er kann es nicht erkennen. Man muss den Geist Gottes haben, um es geistlich beurteilen zu können.
Hier liegt der Schlüssel zum wahren Bibelverständnis.
Jesus als Sieger über den Tod und die Bedeutung von Lazarus’ Namen
Gut, jetzt sollten wir eine Pause machen bis zwanzig nach.
Johannes 11 zeigt uns den Herrn Jesus als Sieger über den Tod. Der Tod wird genannt in Hiob 18,14 als „der König der Schrecken“. Jesus ist hier der Sieger über diesen König der Schrecken – als eben der Messias, als der von Gott gesandte König. In Vers 27 heißt es: „Ich glaube, dass du der Christus, also der Messias bist.“ Er ist der König über dem König der Schrecken.
Der auferweckte Lazarus – weiß jemand die Bedeutung des Namens? Das ist ein hebräischer Name, aber mit einer ausländischen Endung. Ja, „-us“ ist hier lateinisch. „Lazar“ ist die Kurzform von „El-Azhar“, was bedeutet: „Gott hilft“, „Gott hilft auch über das Verhängnis des Todes hinweg“. Der Name hat also auch eine Bedeutung in unserem Kontext.
War dann doch alles vorherbestimmt, denn der Name wurde ihm ja schon vorhergegeben? Ja, natürlich. Wir sehen immer wieder in der Bibel, dass Namen in bestimmten Zusammenhängen eine ganz erstaunliche Bedeutung bekommen. Das heißt, dass Gott in seiner Vorsehung eben alles in der Hand hat – auch solche Namensgebungen, die oft die Eltern vermittelt oder gegeben haben, ohne es genau zu wissen. Das zeigt die Souveränität Gottes in seiner Vorsehung.
Aber es ist wichtig zu betonen, dass die Vorsehung Gottes nicht die Handlungs- oder Willensfreiheit des Menschen auf null einschränkt. Gott steht über allem, aber der Mensch hat dennoch Freiheit.
Wir haben jetzt gesehen, dass das Wunder der Auferweckung nicht die Hauptbedeutung in sich trägt, sondern die Hauptaussage liegt darin: Die Auferweckung des Lazarus weist darauf hin, dass der Herr Jesus die Auferstehung und das Leben ist. Sie weist hin auf die Auferstehung bei seiner Wiederkunft, bei der Entrückung, wie in 1. Korinther 15,51 beschrieben.
Jetzt verstehen wir auch besser, warum die Wunder des Herrn im Neuen Testament als „Zeichen und Wunder“ bezeichnet werden. Zeichen weisen auf etwas anderes, auf etwas Höheres hin. So ist es auch im Straßenverkehr: Die Zeichen selbst sind nicht in sich wertvoll, sondern sie sind wertvoll, weil sie auf eine andere Realität hinweisen. So ist es mit den Wundern des Herrn. Er ist nicht gekommen, damit mit seinem Kommen das Verhängnis des Todes vorbei wäre. Zweitausend Jahre lang sind die Gläubigen gestorben, eine Generation nach der anderen.
Aber dieses Zeichen machte deutlich, dass die Zeit noch kommen wird, in der der König der Schrecken endgültig besiegt wird. So ist es auch mit den anderen Zeichen. Wir haben gesehen, die Brotvermehrung weist darauf hin: „Ich bin das Brot des Lebens.“ Die Brotvermehrung an sich war nicht die Hauptsache, sondern die Botschaft, die darin lag. So war es eben ein Zeichen mit Hinweischarakter. Es war auch ein Wunder, weil es etwas Ungewöhnliches, Außergewöhnliches, Übernatürliches war. Darum wird von Zeichen und Wundern gesprochen.
Wenn wir den Zeichencharakter der Wunder verstehen, begreifen wir auch, warum das nicht das Normale werden sollte. Es sollte nicht das Normale werden, dass Gläubige nicht mehr sterben, nicht mehr krank werden oder es keinen Hunger mehr gibt. Nein, das war nicht die Absicht. Es waren Zeichen und Wunder, die auf eine andere Zeit hinweisen, in der dies plötzlich Realität werden soll – nämlich bei der Wiederkunft Christi.
Wunder sind Zeichen des zukünftigen Zeitalters. Ich gebe die Stelle kurz an für diejenigen, die Notizen machen: Hebräer 6,5. Dort wird von den Wundern des zukünftigen Zeitalters gesprochen, die Menschen damals geschmeckt haben. Das zukünftige Zeitalter ist ein rabbinischer Ausdruck und meint das Zeitalter, wenn der Messias kommt, um zu herrschen.
Die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters sind also Wunder, die zeichenhaft auf das hinweisen, was im tausendjährigen Reich normal sein wird. Im tausendjährigen Reich sind Tod, Krankheit und Hunger besiegt. Aber das ist noch nicht jetzt der Normalzustand. Es wird erst später so sein.
Es ist also ganz wichtig, das so zu verstehen. Dann fällt man auch nicht darauf herein, wenn heute plötzlich Leute sagen, Christen sollten eigentlich nicht krank sein oder müssten alle geheilt werden. Das stimmt schlicht nicht. Das ist eine Verdrehung der Heilszeiten. Das kommt noch, aber nicht jetzt. Und wir wissen, dass Gott Krankheiten heilen kann, jede Krankheit. Aber es ist heute nicht das Normale, sondern es kommt erst im zukünftigen Zeitalter.
Gibt es bis dahin noch eine Frage zu Johannes 11?
Ja, was mich aufschreckt oder mir auffällt, ist, dass Jesus weint, als er kommt. Das zeigt das innige Mitgefühl des Sohnes Gottes für uns Menschen. Es zeigt uns, wie wirklich er Mensch geworden ist. Im kürzesten Vers des Neuen Testaments, Johannes 11,35, heißt es: „Jesus vergoss Tränen.“ Tränen als Zeichen der Traurigkeit sind etwas durch und durch Menschliches.
Es gibt kein Lebewesen auf der Erde, das Tränen aus Traurigkeit vergießt – außer die Menschen. Affen weinen nicht mit Tränen. Man spricht von Krokodilstränen, aber das hat nichts mit Traurigkeit zu tun. Krokodile weinen aus einem physiologischen Vorgang des Wasseraustausches, nicht aus Gefühlsregungen.
Darum sagt man „Krokodilstränen“, wenn jemand Theater macht. Aber Tränen sind etwas durch und durch Menschliches. Gerade das Johannesevangelium, das so die Gottheit Christi betont – „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“ (Johannes 1,1) – betont gleichzeitig sehr deutlich, dass der Herr Jesus wirklich Mensch geworden ist (Johannes 1,14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“).
So finden wir zum Beispiel in Johannes 9, dass der Herr Jesus eine Salbe aus Speichel für den Blindgeborenen macht – Speichel ist etwas ganz Menschliches. Hier vergoss Jesus Tränen. Das sind alles Schläge gegen die damals verbreitete Irrlehre der Gnostiker, die sagten, die Materie sei schlecht und komme von einem Gegengott. Deshalb könne Jesus nicht wirklich Mensch geworden sein, sondern sei nur als Scheinmensch erschienen.
Darum schreibt Johannes auch in 1. Johannes 4,1: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn viele falsche Propheten sind ausgegangen in die Welt. Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, ist von Gott.“
Das Johannesevangelium ist eine Kampfschrift, um zu zeigen, dass Jesus sowohl wahrer Gott ist – was die Gnostiker leugneten – als auch wahrer Mensch. Darum finden wir im Johannesevangelium ausgesprochen deutliche Hinweise auf seine Menschheit.
Später in der Kirchengeschichte wurden diese Wahrheiten immer wieder angegriffen – die wahre Gottheit und die wahre Menschheit Christi. Das Johannesevangelium betont beides klar.
Darum vergoss Jesus Tränen. Das ist wirklich der Mensch Jesus.
Übrigens noch eine interessante Sache: Chemisch analysiert bestehen Tränen aus Wasser, Salz und diversen Giftstoffen aus dem Körper, die beim Weinen ausgeschieden werden. Das erklärt den eigenartigen Vorgang, dass sich jemand nach langem Heulen und Weinen innerlich besser fühlt. Gott hat also das Weinen so eingerichtet, dass es gleichzeitig entgiftet.
Wir können noch daran denken, dass Weinen so typisch menschlich ist und dass der Sohn Gottes es selbst getan hat.
In Offenbarung 7,17 heißt es: „Denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie weiden und leiten zu den Quellen des lebendigen Wassers, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen.“
Als Parallelstelle lesen wir in Offenbarung 21,4: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein.“
Da braucht man dann keine Entgiftung mehr.
Mir geht es darum, dass man diesen Abschnitt in seiner Tiefe wertschätzt: Jesus vergoss Tränen. Er zeigt uns, wie der Herr Jesus als Mensch wirklich voll mitfühlt mit unseren Nöten. Er kann es auch als Gott, denn er weiß ganz genau, wie wir empfinden, als allwissender Gott.
In Jesaja 63,9 wird von Gottes Mitgefühl mit Israel gesprochen: „Nicht Bote noch Engel, er selbst hat sie gerettet; in seiner Liebe und in seinem Erbarmen hatte er sie erlöst, und erhob sie auf und trug sie alle Tage der Vorzeit.“
Noch ein bisschen vorher heißt es: „In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt.“ Steht das auch so bei Ihnen? „Und er wurde ihnen zum Retter in aller ihrer Not.“
Ja, er wurde ihnen zum Heiland. In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt. Das ist ganz wörtlich übersetzt.
Wie? Ja, die alte Elberfelder hat es auch so übersetzt: „Und er wurde ihnen zum Heiland; in all ihrer Bedrängnis war er bedrängt.“ Heiland und Retter sind das Gleiche, aber hier steht: In all ihrer Bedrängnis war er selbst bedrängt.
In der revidierten Elberfelder steht: „In all ihrer Angst war ihm Angst.“ Sie lesen die revidierte Elberfelder? Ja. Das hebräische Wort „zara“ bedeutet das, was einem eng macht, also Bedrängnis im Sinne von „das, was in die Enge führt“. Also: In all ihrer Enge war er in der Enge, in all ihrer Bedrängnis war er bedrängt – das ist die wörtlichste Übersetzung.
Ich finde, das ist etwas ganz anderes. Wenn da steht, er wurde zum Retter, dann steht er über der Bedrängnis. Hier aber wird gesagt, er selbst wurde dadurch bedrängt.
Es steht ja beides in der Elberfelder. Am Ende heißt es: „Und er wurde ihnen zum Retter“ (Vers 8), und dann „In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt“ (Vers 9).
Hebräer 4,15: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht mit unseren Schwachheiten mitfühlen kann.“ Genau.
Schon alttestamentlich wird gesagt, dass Gott so mit Israel mitgelitten hat.
Diese Gedanken kennt man im Islam überhaupt nicht. Allah ist überhaupt nicht in Verbindung mit inneren Gefühlen oder Mitgefühl gegenüber dem Menschen. Im Islam gibt es eine totale Distanz zwischen Allah und dem Menschen. Dort kennt man nicht den Gedanken, dass der Mensch im Paradies Allah je begegnen würde. Das gibt es nicht.
Aber so anders ist der Gott der Bibel: „In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt.“
Der Herr Jesus ist Mensch geworden und hat auch als Mensch mitgefühlt. Er hat den Tod wirklich empfunden – als Katastrophe, nicht als etwas Natürliches, sondern als Folge des Sündenfalls (1. Mose 3).
Wir sind durch die Sünde so verhärtet worden, dass wir das Gefühl bekommen haben, der Tod gehöre irgendwie dazu.
In der Evolutionslehre wird der Tod sogar als normal angesehen. Ohne Tod gäbe es kein Leben, denn durch das Ausmerzen des Schwächeren konnte Evolution stattfinden. Der Tod wird in dieser heidnischen Sichtweise sogar zum Inbegriff des Normalen und quasi zum Träger des Guten.
Die Bibel bezeichnet ihn jedoch als Feind.
Roger, ich hätte gerne die Hiob-Stelle genau gehört. Weißt du, wo sie steht? Hiob 18,14.
Ja, bei der Geschichte mit dem Samen, dem Weizenkorn, das in die Erde fällt, heißt es doch: „Wenn du nicht stirbst, bringst du keine neue Frucht hervor.“
Wir werden ja gleich im nächsten Kapitel sehen, dass die Erlösung nur möglich war, weil der Herr Jesus als Stellvertreter starb. Das heißt, er musste in den Tod gehen, um uns vom Verhängnis des Todes zu erlösen.
Im Evolutionsdenken ist der Tod das Normale, er gehört zur Natur. Die Bibel bezeichnet ihn als unnatürlich, als Fluch, der erst durch die Rebellion des Menschen gegen Gott und sein Wort gekommen ist.
Ist das die Erklärung für das Seufzen von Jesus? Ja, ganz genau.
Lesen wir noch mal Johannes 11,33: „Als Jesus sie weinen sah und die Juden weinen sah, die mit ihr gekommen waren, seufzte er tief im Geist und erschütterte sich.“
In Vers 38 wohnt Jesus wiederum tief in sich selbst, seufzt und kommt zur Kraft.
Warum steht bei mir „erzürnt“? Ist das nicht doppeldeutig? Ja, ganz genau.
Es bringt zum Ausdruck, dass der Tod nicht das Natürliche ist, sondern ein Schmerz, der bis zum Zorn geht.
Im Judentum legt man großen Wert auf Trauer, wenn jemand stirbt. Es gibt eine Regel oder ein rabbinisches Gesetz, dass man sieben Tage im Haus sitzt, am Boden, barfuß oder auf einem kleinen Hocker.
Wenn man das im jüdischen Hintergrund liest, versteht man Johannes 11,20, wo steht: „Maria aber saß im Haus.“ Das ist nicht einfach nur, dass Maria saß, sondern das ist das Trauersitzen von sieben Tagen. Hier war bereits der dritte Tag.
Wir sehen, wie führende Juden aus Jerusalem gekommen sind. Immer wenn im Johannesevangelium „die Juden“ erwähnt werden, sind das die führenden Juden, und sie trauern mit. Das zeigt, dass Lazarus ein Prominenter gewesen sein muss.
Auf jeden Fall ist hier eine interessante Beziehung zu sehen. Sie kommen, um zu trösten. Auch das Trösten spielt im Judentum eine sehr wichtige Rolle.
Die Trauer selbst dauert sieben Tage, in denen man in tiefer Trauer verharrt.
Der Herr Jesus kommt, und bei ihm ist es nicht nur eine Pflicht. Es gab nämlich eine rabbinische Lehre, die sagte, dass Mittrauer Lohn zur Folge hat. Wenn man also mit Blick auf Lohn trauert, ist das etwas anderes, als wenn der Herr Jesus wirklich in ihr Bedrängnis mit einbezogen ist.
Ja.
Johannes 7,17 ist am Beginn des tausendjährigen Reiches, und 21,4 zu Beginn der Neuerschaffung, also tausend Jahre später. Dort werden die Tränen abgewischt.
Das ist interessant. Da fragt man sich: Gibt es denn dann immer noch Tränen?
Aber es gibt so viele Tränen, die Menschen nie geweint haben, weil sie tapfer und stark darüber hinweggehen wollten.
Gott wird selbst das, worüber man früher noch nicht weinen konnte, vielleicht lösen, und er wird die Tränen abwischen. Das ist ein sehr tiefer Gedanke.
Man sieht das manchmal bei kleinen Kindern, die sich wehtun und ganz tapfer sind. Sobald sie merken, dass jemand Mitgefühl hat, beginnen sie zu weinen.
In ähnlicher Weise kann das bei uns sein. All das noch nicht wirklich Verarbeitete wird noch verarbeitet werden, und Gott wird die Tränen abwischen. Das ist gewaltig.
Im Normalfall, oder? Ja, gut. Im tausendjährigen Reich gibt es keinen Tod mehr im Normalfall, aber es gibt Hinrichtungen, und am Ende gibt es den Aufstand von Gog und Magog – auch mit Tod. Aber wirklich vollends sind Tod und Trauer erst mit der Neuerschaffung weg.
Darum wird das noch einmal wiederholt.
Jetzt noch etwas Wichtiges zur damaligen Bestattung. Der Herr Jesus kommt zu dieser Gruft. Es war eine Höhle im Felsen, mit einem Stein davor. Er sagt, den Stein wegzunehmen.
Die Reaktion von Martha: „Herr, er riecht schon, denn er ist vier Tage hier.“ Ich muss erklären, wie man damals bestattet hat.
Wenn man genügend Geld hatte, konnte man sich ein Felsengrab leisten. Diese Gräber waren so eingerichtet, dass es einen Vorraum mit einem Steintisch gab. Dort legte man die Toten ab, balsamierte sie mit Aloe oder anderen wohlriechenden Mitteln und band sie ein.
Dann ließ man sie dort, bis sie verwest waren. Nach etwa einem Jahr ging man wieder in die Grabeshöhle, sammelte die verbliebenen Knochen ein und legte sie in ein Ossuar, eine kleine Knochenbox aus Stein mit Deckel.
In der Grabhöhle gab es kleine Nischen, in die die Ossuarien gestellt wurden. So konnten ganze Familien oder Dynastien in einer Höhle beerdigt werden.
Das Einbinden mit Grabtüchern hatte nichts mit der ägyptischen Mumifizierung zu tun, die die Verwesung verhindern sollte.
Die Ägypter glaubten, dass Haut und Körper auch nach dem Tod erhalten bleiben müssen, damit die Seele im Jenseits existieren kann. Sobald der Körper verwest, hört seine Existenz auf. Deshalb legten die Pharaonen großen Wert auf Mumifizierung und Pyramiden.
Im Judentum war das anders. Warum wurden trotzdem diese Mittel eingerieben? Vielleicht, um die Verwesung zu übertönen. Man musste immer wieder in die Höhlen gehen, und der Gestank wurde so gemildert.
Unter diesem Gesichtspunkt muss man neben Vers 39 lesen: Martha sagt: „Herr, er riecht schon, denn er ist vier Tage hier.“ Das wurde auch kontrolliert.
Im Judentum gab es die Überzeugung, um Scheintod zu vermeiden: Menschen wurden drei Tage überwacht, um sicherzugehen, dass sie wirklich tot sind. Das geht wohl auf ältere Zeiten zurück und ist auch schriftlich aus dem Mittelalter belegt.
Nach drei Tagen war der Tod sicher. Wenn jemand nach einem Tag noch aufgestanden wäre, wäre es Scheintod gewesen.
Hier ist Lazarus vier Tage tot. Für jeden Juden ist klar: Er ist wirklich tot.
Dadurch, dass man drei Tage lang in die Grabkammer ging, um zu prüfen, ob jemand wirklich tot ist, konnte man auch feststellen, dass er schon riecht. Verwesungsgeruch ist ein sicheres Zeichen für den Tod.
Herr Moschet, war das ein tragischer Hinweis auf die Auferstehung Jesu nach drei Tagen? Ja, natürlich hängt das damit zusammen, dass am dritten Tag die letzte Kontrolle war, und da ist der Herr auferstanden. Um deutlich zu machen: Er war tot, und das war für jeden klar.
Darum reagiert der Sanhedrin in Vers 47 so: „Da versammelten sie die führenden Priester und Pharisäer, das Synedrium, und sprachen: Was tun wir? Denn dieser Mensch tut viele Zeichen.“
Sie leugnen nicht, was geschehen ist, sie müssen es anerkennen.
Das war besonders tragisch für die Sadduzäer, und Caiaphas war ein Sadduzäer. Sie glaubten nicht an ein Weiterleben nach dem Tod. Sie leugneten nicht nur die Auferstehung, sondern auch ein Weiterleben.
Jetzt müssen sie anerkennen, dass Jesus wirklich auferstanden ist. Das macht die Situation noch dramatischer.
Wie weckt der Herr Jesus Lazarus auf? Durch sein Wort. „Lazarus, komm heraus!“ (Vers 43).
Augustinus schrieb in einem Kommentar, dass, wenn der Herr den Namen nicht gesagt hätte, Lazarus, alle Toten herausgekommen wären.
Der Herr sagt „Lazarus, komm heraus!“ Das zeigt sein mächtiges Wort, das er schon in der Schöpfung bewiesen hat, als er das Nichtseiende rief, als ob es da wäre.
So lesen wir in Römer 4,17 über die Creatio ex nihilo – Erschaffung aus dem Nichts.
Hier ruft er den Toten aus dem Tod heraus.
So wird es auch bei der Entrückung sein. In 1. Thessalonicher 4 lesen wir, dass die Entrückung und die Auferstehung der Erlösten geschehen wird.
Wer liest 1. Thessalonicher 4,15-16?
„Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn: Wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, werden denen nicht zuvorkommen, die entschlafen sind. Denn der Herr selbst wird beim Befehl, bei der Stimme des Erzengels und bei der Posaune Gottes herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten in Christus auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen, und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.“
In Vers 16 wird die Auferstehung mit dem gebietenden Zuruf verbunden. Das bezieht sich auf den Herrn, der rufen wird: „Komm heraus!“
Mit einem Wort wird er auferwecken. So war dieses Wort ein Zeichen dessen, was er am Tag der Entrückung tun wird.
Lazarus kommt heraus aus dem Tod, aus dem Grab, aber ist noch immer mit Grabtüchern gebunden. Der Herr sagt: „Löst ihn auf und lasst ihn gehen.“
Die Auferstehung wird im Johannesevangelium wörtlich als Auferstehung des Körpers verstanden. Es wird nie von der Auferstehung der Seele gesprochen.
Es gibt keine Auferstehung der Seele, denn die Seele ist bereits im Paradies. Der Körper muss auferweckt werden, nicht die Seele.
Das ist auch ein wichtiges Argument gegen die Irrlehre des Seelenschlafes.
Es gibt solche, die sagen, der Mensch stirbt und ist dann quasi nicht mehr existent oder schläft in einem unbewussten Zustand.
Der Herr sagte dem Mitgekreuzigten: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Lazarus in Lukas 16 ist im Schoß Abrahams. Abraham selbst spricht im Jenseits.
Auch in Offenbarung 6 sieht man die Seelen der Märtyrer im Himmel, und sie können beten und sind voll bei Bewusstsein.
Es gibt keinen Seelenschlaf.
Der Körper schläft gewissermaßen, denn er liegt da. Darum wird vom Körper gesagt, er wird aufstehen oder auferstehen, aber nie von der Seele.
Die Seele ist bereits auf dem Wartesitz im Paradies bei Christus.
Paulus sagt in Philipper 1,21: „Für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn.“
Er sagt, er habe Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein.
Im Judentum nennt man das Paradies den Schoß Abrahams, also am gleichen Ort zu sein wie der Erzvater.
Dort war Lazarus, und er kam aus dem Tod wieder heraus.
Der Herr sagt: „Löst ihn auf und lasst ihn gehen.“
Nun können wir das auch geistlich übertragen.
Eine Vorfrage: Wir sprachen gerade darüber, dass die höhergestellten Juden zu Maria kamen, um zu trösten. Ich fragte, ob Lazarus eventuell vornehm gewesen sei.
Hier in Lukas 16 steht, Lazarus war arm. Ist das derselbe Lazarus? Nein, das ist ein anderer Lazarus. Er hat mit dem auferweckten Lazarus nichts zu tun.
Das ist keine Gleichnisgeschichte. Es wird nicht gesagt, dass Jesus ein Gleichnis erzählt, sondern es ist eine Geschichte.
In Johannes 5,24 spricht Jesus über geistlich Tote. Jeder Mensch ist geistlich tot von Natur.
Wer liest?
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.“
Es geht um geistliches Leben.
Weiter heißt es:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die, die sie gehört haben, werden leben.“
Die Stunde ist jetzt schon da. Die Zeit der geistlichen Auferweckung.
Die geistlich Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören, und wenn sie an sein Wort glauben, haben sie ewiges Leben.
Dann spricht Jesus über die wörtliche Auferstehung:
„Wundert euch nicht darüber! Es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden, die Gutes getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben zur Auferstehung des Gerichts.“
Die Auferstehung aus den Gräbern ist eine zukünftige Realität.
Die Auferstehung von Lazarus aus dem Grab ist auch ein geistlicher Hinweis auf jemanden, der zur Bekehrung kommt.
Er ist geistlich tot. Alles, was wir im unbekehrten Zustand tun, gilt vor Gott nichts. Unsere Werke werden als tote Werke bezeichnet (Hebräer 9).
Für Gott sind wir wandelnde Leichen.
Mit der Bekehrung geht der Mensch vom Tod zum Leben über.
Aber wenn jemand bekehrt wird, ist er so unbeholfen wie Lazarus beim ersten Gehen.
Der Verstorbene kommt heraus, an Füßen und Händen mit Grabtüchern gebunden.
Der Herr löst die Tücher nicht selbst auf, sondern sagt den Umstehenden: „Löst ihn auf und lasst ihn gehen.“
Das ist eine schöne Illustration, wie Frischbekehrte von erfahreneren Christen begleitet werden, damit sie das Gehen im neuen Leben lernen und Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.
Noch etwas Kurzes, dann müssen wir zum Schluss kommen.
Beim Missverständnis wegen „Einschlafen“ und „Entschlafen“ haben wir gelesen, dass der Herr deutlich gesagt hat: „Er ist gestorben. Und jetzt wollen wir zu ihm hingehen, damit ihr glaubt.“
Die Reaktion von Thomas ist eigenartig. Wer liest Johannes 11,16?
„Thomas, der auch Zwilling genannt wird, sprach zu den Mitjüngern: Lasst uns auch gehen, damit wir mit ihm sterben.“
Das ist eigenartig.
Thomas hatte früher schon versucht, gesteinigt zu werden.
In Judäa drohte Gefahr. Jetzt wollte der Herr wieder nach Judäa gehen, wo er bedroht war (Vers 7).
Die Jünger sagen zu ihm: „Rabbi, eben suchten die Juden dich zu steinigen, und du gehst wieder dorthin?“
Das war eine Gefährdung der Sicherheit für die Jünger.
Es zeigt etwas über den Gemütszustand von Thomas. Er hatte Angst.
Ja, und ich denke, das hat etwas Schwermütiges an sich.
Er hatte auch Mut, jemandem zu folgen, von dem er vermutete, dass er gesteinigt werden würde. Das ist eine besondere Unterstützung.
Aber es wirkt auf mich wie eine depressive Haltung. Er sagt: „Ja gut, gehen wir auch und sterben zusammen mit Lazarus.“
Von den zwölf Jüngern wissen wir von einigen viel, wie von Petrus und Johannes.
Von anderen wissen wir sehr wenig.
Thomas gehört zu denen, von denen wir wenig wissen, aber das gibt einen Hinweis auf das Wesen der Jünger.
Er ist derselbe Thomas, der später als „ungläubiger Thomas“ bekannt wurde.
Das zeigt uns, dass er eine etwas schwermütige Seele hatte.
Der Herr machte ihn zu einem der zwölf Apostel.
Die Jünger waren sehr verschieden im Charakter und in der Herkunft.
Einer hieß Simon der Zelot und gehörte offenbar zu einer politischen, terroristischen Bewegung.
Der Herr hat seine Jünger aus allen möglichen Hintergründen herausgeführt und konnte aus jedem ein Werkzeug für Gott machen.
Das macht Mut, egal wie man seelisch veranlagt ist.
Gibt es in den Apokryphen auch eine Schrift, die Thomas zugeschrieben wird?
Ja, das Thomas-Evangelium, das etwa aus dem Jahr 140 nach Christus stammt und garantiert nicht von ihm ist.
Es ist ein gnostisches Evangelium, also von den schlimmen Irrlehren.
Dort steht zum Beispiel, Christus hätte gesagt: „Wenn eine Frau sich männlich macht, wird sie das Reich Gottes erben.“
Im gnostischen Denken spielt die Geschlechtervermischung eine große Rolle.
Der androgyne Mensch, der „mannweibische“ Mensch, spielt eine große Rolle.
Diese Gedanken tauchen heute wieder auf.
In der New-Age-Bewegung strebt man den androgynen Menschen an.
Gerade im Blick darauf fördert die New-Age-Bewegung auch Homosexualität.
Die Auflösung der Geschlechterunterschiede und damit auch die Zerstörung des Unterschieds von Mann und Frau in der Ehe werden ideologisch vorangetrieben.
Das sind alte gnostische Gedanken, die in der New-Age-Bewegung wiederbelebt werden.
Hängt das auch damit zusammen, dass es Bereiche gibt, die sich als christlich bezeichnen, aber Gott auch als Frau sehen?
Ja, in der feministischen Theologie wird das bekämpft.
Die Bibel nennt Gott Vater, und das wird vehement bekämpft.
Das ist genau gnostischen Ursprungs.
Aus der gnostischen Bewegung kommt auch die Idee, der Heilige Geist sei eine weibliche Person.
Das sind sehr problematische Ideen, die dann so begründet werden, dass das hebräische Wort „Ruach“ für Geist weiblich ist.
So wird die Idee einer weiblichen Göttin und ähnliches in der liberalen feministischen Theologie wiederbelebt.
Mondverehrung und ähnliches, „Luna“ ist ja weiblich – abscheulich.
Aber nur um zu sagen: Das Thomas-Evangelium hat überhaupt nichts mit der Bibel zu tun.
Zum Schluss: Wir fahren nächstes Mal mit dem Schluss von Johannes 11 weiter, dann gehen wir zu Kapitel 12, und beten zum Schluss.
Charakter von Thomas und die Vielfalt der Jünger
Noch etwas Kurzes, dann müssen wir zum Schluss kommen. Beim Missverständnis wegen „Einschlafen“ und „Entschlafen“ haben wir ja noch gelesen, dass der Herr deutlich gesprochen hat: Er ist gestorben. Und jetzt wollen wir zu ihm hingehen, damit ihr glaubt.
Die Reaktion von Thomas ist dabei sehr eigenartig. Wer liest nochmals Vers 16? Da sprach Thomas, der auch Zwilling genannt wird, zu den Mitjüngern: „Lasst auch uns gehen, dass wir mit ihm sterben.“ Das ist schon ungewöhnlich.
Das hängt natürlich damit zusammen, dass Thomas früher schon einmal gesteinigt werden sollte. In Judäa drohte damals große Gefahr. Jetzt wollte der Herr wieder nach Judäa, in den Süden gehen, wo er bedroht war. In Vers 7 heißt es: „Danach spricht er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa gehen.“ Die Jünger sagen zu ihm: „Rabbi, eben suchten die Juden dich zu steinigen, und wiederum gehst du dorthin?“
Also war das auch für die Jünger eine Gefährdung der Sicherheit. Aber es zeigt schon etwas über den Gemütszustand von Thomas. Angst hatte er. Näherte sich diese Angst an? Ja, und ich denke, das hat fast etwas Schwermütiges an sich.
Er hatte auch Mut, irgendwie. Wie? Mit jemandem mitzugehen, von dem er vermutete, dass er gesteinigt würde, ist schon eine besondere Unterstützung. Aber es drückt doch eine sehr depressive Haltung aus. Er sagt gewissermaßen: „Ja gut, gehen wir auch, und dann sterben wir zusammen mit Lazarus.“
Wir haben ja einige Jünger in der Bibel, von denen wir viel wissen, wie zum Beispiel Petrus und Johannes. Von anderen der Zwölf wissen wir sehr wenig. Aber es gibt doch ein paar kleine Blitzlichter. Thomas gehört auch zu denen, von denen wir nicht viel wissen. Aber das ist so ein Hinweis, und daraus können wir das Wesen der Jünger ableiten.
Es ist derselbe Thomas, der später der ungläubige Thomas genannt wird. Das zeigt uns, dass er doch eine etwas schwermütige Seele hatte. Und der Herr hat ihn trotzdem zu einem der zwölf Jünger gemacht, zu einem der zwölf Apostel.
Die Jünger waren sehr verschieden im Charakter und in der Herkunft. Einer hieß Simon der Zelot. Er gehörte offensichtlich ursprünglich zu dieser politischen, terroristischen Bewegung, den Zeloten. Das war also ein terroristischer Hintergrund, zumindest gehörte er zu einer terroristischen Bewegung.
Der Herr hat seine Jünger aus allen möglichen Hintergründen herausgeführt. Aus allem konnte er Werkzeuge für Gott machen. Das macht Mut. Ob man nun seelisch so veranlagt ist oder nicht – das ist nicht die Frage. Der Herr kann aus jedem ein Werkzeug machen zur Ehre Gottes.
Gibt es nicht in den Apokryphen auch eine Schrift, die angeblich Thomas zugeschrieben wird? Ja, das Thomas-Evangelium. Es datiert aber etwa aus dem Jahr 140 nach Christus. Es ist also garantiert nicht von ihm.
Es ist übrigens ein gnostisches Evangelium, also von diesen schlimmen Irrlehren. Dort steht zum Beispiel, Christus hätte gesagt: „Wenn eine Frau sich männlich macht, dann wird sie das Reich Gottes ererben.“ Im gnostischen Denken spielt die Geschlechtervermischung eine große Rolle. Der androgyne Mensch, der mannweibische Mensch, ist dort ein zentrales Thema.
Diese Gedanken kommen heute alle wieder hervor. In der New-Age-Bewegung strebt man ja den androgynen Menschen an. Gerade im Blick darauf fördert man auch in der New-Age-Bewegung die Homosexualität, also die Auflösung der Geschlechterunterschiede. Damit wird auch die Zerstörung des Unterschieds von Mann und Frau in der Ehe ideologisch vorangetrieben.
Das sind alte gnostische Gedanken, die in der New-Age-Bewegung neu belebt werden. Hängt es damit auch zusammen, dass es gewisse Bereiche gibt, die sich als christlich bezeichnen, aber dann für Gott auch eine Frau sehen? In der feministischen Theologie wird das bekämpft. Die Bibel nennt Gott Vater, und das wird vehement bestritten.
Das ist genau auch gnostischen Ursprungs. Und aus der gnostischen Bewegung stammt auch die Idee, den Heiligen Geist als weibliche Person zu sehen. Das sind ganz, ganz üble Ideen. Das wird dann so begründet, dass das hebräische Wort „Ruach“ für Geist weiblich ist.
Dann wird quasi die ganze Idee einer weiblichen Göttin und so weiter in der liberalen, feministischen Theologie wiederbelebt. Mondverehrung und so weiter – Luna ist ja weiblich – wird ebenfalls gefördert. Das ist abscheulich.
Aber eben nur um zu sagen: Dieses Thomas-Evangelium hat überhaupt nichts mit der Bibel zu tun.
Dann wollen wir zum Schluss kommen. Nächstes Mal fahren wir mit dem Schluss von Johannes 11 weiter, und danach gehen wir zu Kapitel 12. Zum Schluss wollen wir noch beten.
