Einführung und Überblick zum Buch Micha
Das Buch des Propheten Micha entstand gemäß Kapitel 1, Vers 1 in der Zeit der Könige Jotham, Ahas und Hiskia. Das bedeutet, es wurde zwischen 740 und 686 v. Chr. verfasst.
Das Thema des Buches lautet „Der gerechte Richter und der treue Hirte Israels“. Kurz zusammengefasst zeigt es, dass Gott Sünde, Gesetzlosigkeit und religiösen Formalismus hasst. Wegen dieser Ungerechtigkeiten muss Gott sein Volk durch Gerichte hindurchführen.
Gleichzeitig wird in Micha deutlich, dass Gott unvergleichlich ist. Kapitel 7, Vers 18 macht dies besonders klar: Gott ist ein Gott der Vergebung. Er ist bereit, seinem Volk eine herrliche Zukunft des Friedens unter der Herrschaft des Messias zu schaffen. Dort heißt es: „Wer ist ein Gott wie du, der die Ungerechtigkeit vergibt?“
Diese Aussage ist eine Anspielung auf den Namen Micha. Micha ist die hebräische Kurzform von Michaja, was „Wer ist wie Yahweh?“ bedeutet. Die Frage „Wer ist ein Gott wie du?“ ist somit eng mit dem Prophetennamen verbunden.
Man merkt, wie oft die Prophetennamen symbolische Bedeutungen haben. Ein weiteres Beispiel ist Jona. Sein Name bedeutet „Taube“, ein Bild für den Heiligen Geist. Dieser Geist wird Israel befähigen, durch die neue Ausgießung des Geistes zu Beginn des tausendjährigen Reiches zum Segen für die Welt zu werden.
Aufbau und erste Prophetie des Buches Micha
Nun gehen wir zum Aufbau des Buches. Im ersten Teil, Römisch I, behandeln wir das Thema Gottesgericht und Gnade, also Kapitel 1 bis Kapitel 2, Vers 13.
Zunächst geht es um das Gericht über das Nord- und das Südreich in Kapitel 1. Danach folgt das Gericht über die unrechtmäßig Reichen in 2,1-11. Schließlich wird die Gnade am Ende der Zeit beschrieben, nämlich die Sammlung Israels.
Schauen wir uns nun an, was in Kapitel 1, Vers 2 steht:
"Hört, ihr Völker alle, merke auf, du Erde und ihre Fülle! Und der Herr der Ewige sei zum Zeugen gegen euch, der Herr aus seinem heiligen Palast. Denn siehe, der Herr geht aus von seiner Stätte aus und kommt herab und schreitet ein Heer auf den Höhen der Erde. Die Berge zerschmelzen unter ihm, und die Täler spalten sich wie das Wachs vor dem Feuer, wie Wasser ausgegossen am Abhang."
Micha beginnt also mit der Wiederkunft Christi. Der Herr kommt herab und schreitet auf den Höhen der Berge. Unter anderem kommt er auf den Ölberg, der sich spalten wird (Sacharja 14). Doch nicht nur der Ölberg ist gemeint, sondern es wird hier viel weiträumiger gesagt: Die Berge zerschmelzen unter ihm und die Täler spalten sich.
Die Prophetie beginnt mit einem Weitblick auf die Wiederkunft Christi in Macht und Herrlichkeit. Dann heißt es: "Das alles wegen der Übertretung Jakobs und wegen der Sünden des Hauses Israel."
Von wem geht die Übertretung Jakobs aus? Ist es nicht Samaria? Und von wem die Höhen Judas? Ist es nicht Jerusalem? Samaria war die Hauptstadt der zehn Stämme, Jerusalem die Hauptstadt der zwei Stämme im Süden. Beide Hauptstädte waren Brutstätten der Sünde.
Nun wird gezeigt, wie Gott deswegen ein Gericht bringt über die zehn Stämme und auch über Juda. Was hier beschrieben wird, ist nahe Prophetie, die sich erfüllt hat in der Verwüstung des Nordreiches 722 vor Christus. Einige Jahre später ereignete sich dann die Eroberung Judas durch die Assyrer in der Zeit von Hiskia.
Vers 6 lautet:
"So werde ich Samaria zu einem Steinhaufen des Feldes, zu Weinbergpflanzungen machen und werde ihre Steine ins Tal hinabstürzen."
Hier kommt ein völliges Gericht. Schließlich heißt es in Vers 9:
"Denn ihre Schläge sind tödlich, denn es kommt bis Juda."
Später sind die Assyrer auch noch nach Süden vorgedrungen. Es reicht bis an das Tor meines Volkes, bis an Jerusalem. Aber man lese genau: Es heißt nicht, dass sie bis ins Tor Jerusalems kamen. So weit kamen die Assyrer bis vor das Tor Jerusalems, und dann war es vorbei. Das habe ich bereits erklärt.
Dann werden verschiedene Städte erwähnt, zum Beispiel Bethel. Es heißt:
"Weinet nur nicht, zu Bethel wälze ich mich im Staube, siehe hin, Bewohnerin von Schafir in schimpflicher Blöße, die Bewohnerin von Zanan ist nicht ausgezogen" usw.
Hier werden verschiedene Städte Judas genannt, die durch die Assyrer erobert wurden.
Vers 12 macht dann eine Einschränkung:
"Denn von Seiten des Herrn ist Unglück zum Tor Jerusalems herabgekommen bis zum Tor, ja, aber nicht bis hinein."
Das hat sich wunderbar in der Zeit von Hiskia erfüllt, der schließlich Bewahrung erlebt hat.
Auffällig ist, dass all diese Namen hier Anspielungen oder Wortspiele sind. Zum Beispiel bedeutet Beetleafra im Vers 10 so viel wie "Staubheim". "Beet" heißt Haus, "Leafra" Staub. Also: "Zu Staub heim wälze ich mich im Staub."
Schafir bedeutet "Schönstadt". Es heißt: "Siehe hin, Bewohnerin von Schönstadt in schimpflicher Blöße." Zanan bedeutet "Auszug". "Die Bewohnerin von Zanan ist nicht ausgezogen" und so weiter.
Das sind im Hebräischen wunderbare Wortspiele, die man mit einer Hilfsübersetzung nachvollziehen kann. Das zeigt die Schönheit der Sprache.
Ich habe bereits erklärt, dass Micha "Wer ist wie Jahwe?" bedeutet. Er wird in Vers 1 genannt "Moraschtiter". Das bedeutet, er kommt von Moreshet, einem Ort bei Gad, also in der Nähe des Gazastreifens.
Man sieht, dass Micha aus dem Südreich stammt. Es wird immer abwechselnd unter den zwölf Propheten zwischen Nord- und Südreich gewechselt.
Gottes Handeln mit Zion und das Gericht über Jerusalem
Nun haben wir beim Aufbau Römisch I gesehen. Römisch II heißt: Hier betitelt Gottes Handeln mit Zion in Gericht und Gnade. Das sind die Kapitel drei bis fünf. Besonders das Südreich, Zion und Jerusalem stehen hier im Mittelpunkt.
Drittens folgt Römisch III: Gottes Gerichtsverhandlung mit seinem Volk – Gottes Wege in Gericht und Gnade von Ägypten bis zum Messianischen Reich. Gott sagt, er will jetzt mit Israel rechten und spricht mit ihm darüber, wie er mit ihm gehandelt hat, schon damals nach dem Auszug aus Ägypten. Die Heilsgeschichte wird hier aufgerollt und es wird gezeigt: Seht ihr, wie ich damals mit euch gehandelt habe? Dies dient dazu, für die Gegenwart eine Erklärung zu geben.
Das zeigt uns übrigens, wie wichtig es ist, die ganze Heilsgeschichte mit einzubeziehen. Letztlich ist das ganz entscheidend für praktische Fragen: Wo stehe ich? Wie steht es um mein Verhältnis mit Gott?
Micha war ein Zeitgenosse Jesajas, was ebenfalls sehr bemerkenswert ist. Bei der Einteilung der Bücher hilft wieder eine literarische Markierung. Diese Dreiteilung, die ich erwähnt habe, ist deutlich erkennbar.
Der erste Teil beginnt in Vers 2 mit: „Hört, ihr Völker alle, hört!“ Der zweite Teil beginnt in Kapitel 3, Vers 1: „Und ich sprach, hört doch, ihr Häupter Jakobs!“ Der letzte Teil beginnt in Kapitel 6 mit: „Hört, was der Herr sagt.“ Man muss wirklich immer wieder auf solche Markierungen achten, die der Heilige Geist in die Bibel gesetzt hat.
Die Geburt und Herrschaft des Messias in Micha
Ich habe bereits erwähnt, wie das Buch Micha mit dem Kommen Christi als Richter der Welt beginnt, so wie das Buch eröffnet wird.
In diesem selben Buch finden wir auch eine wunderbare Prophetie über die Geburt des Erlösers, in Kapitel 5, Vers 1: „Und du, Bethlehem Ephratha, die du klein bist unter den Tausenden von Juda, aus dir wird mir hervorgehen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.“
Als Teenager haben wir einmal am Zürcher Bahnhof Daktate verteilt. Dabei kam ich mit einem Juden ins Gespräch, den man ihm nicht angesehen hatte. Er sagte zu mir: „Ihr seid Götzendiener.“
Ich fragte: „Wieso?“ Er antwortete: „Ihr betet einen Menschen an.“
Darauf entgegnete ich: „Aber dieser Mensch ist zugleich Gott, und das steht in eurer Bibel.“
„Wo?“ fragte er.
Ich nannte ihm Micha 5,1: „Und du, Bethlehem Ephratha, aus dir soll mir hervorgehen...“
Der Messias kommt also aus Bethlehem. Er ist ein Mensch, aber es heißt weiter: „Und seine Ausgänge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.“ Das bedeutet, er ist Gott.
Auch Jesaja 9,6 sagt: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott.“
Das Kind, das geboren wird, ist ein Mensch. Wenn sein Name „El Gibbor“ (Starker Gott) heißt, dann ist er Gott.
Ich brachte ihm noch weitere Bibelstellen. Er sagte darauf: „Sie können gut reden.“ Dabei war es einfach Gottes Wort.
Das ist doch schön. Hier haben wir die Gottheit und Menschheit Christi in einem Vers zusammengefasst. Dieser Vers ist gut bekannt und wird auch im Matthäusevangelium Kapitel 2 zitiert.
Die Belagerung Jerusalems und der Richter Israels
Der Zusammenhang macht das Ganze noch viel dramatischer. Es geht um die letzte Belagerung Jerusalems durch den Asyr, den König des Nordens. Jerusalem gerät in Not.
In Kapitel 4, Vers 14 heißt es: „Nun dränge dich zusammen, Tochter des Gedränges! Man hat eine Belagerung gegen uns gerichtet.“ So hört man die Erschrockenen in Jerusalem klagen. Dann heißt es weiter: „Mit dem Stab schlagen sie den Richter Israels auf den Backen.“ Und es wird gesagt: „Und du, Bethlehem Ephrata, zu klein unter den Tausenden von Juda zu sein!“
Wie passt das zusammen? Sehr typisch für mich, ja? Ständig wechseln die Sprecher. Man muss also ganz sorgfältig auseinanderhalten, wer hier spricht.
Zuerst werden die Armeen angesprochen: „Nun dränge dich zusammen, Tochter des Gedränges!“ Diese Armeen kommen gegen Jerusalem als Gericht Gottes in der Zukunft. Danach hört man die Leute in Jerusalem sagen: „Man hat eine Belagerung gegen uns gerichtet.“
Da stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Die Antwort folgt: „Mit dem Stab schlagen sie den Richter Israels auf den Backen.“ Dies ist nachzulesen in Matthäus 27,30. Dort wird beschrieben, wie die Soldaten, die das Urteil des Sanhedrins ausführten, mit einem Stab, mit einem Rohr, dem Erlöser auf den Kopf schlugen.
Dann stellt sich die Frage: Wer ist dieser Richter Israels? Es ist der Mann aus Bethlehem. „Und du, Bethlehem Ephrata, zu klein unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll.“ Das ist der Richter Israels, dessen Herkunft „von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit“ ist. Hier ist von einem Menschen und Gott in einer Person die Rede.
Wir befinden uns wieder in der Endzeit. Es geht um Assyrien, also den König des Nordens, der gegen Israel vorgeht. In Vers 4 heißt es: „Wenn Assyrien in unser Land kommt und in unsere Paläste eintritt, werden wir sieben Hirten und acht Menschenfürsten dagegen aufstellen, und sie werden das Land Assyrien mit dem Schwert weiden.“
Es geht um das Retten aus dieser Not, wenn Asyr in unser Land kommt, der König des Nordens. Schließlich wird der Überrest, der überleben und umkehren wird, gesegnet werden. In Vers 6 heißt es: „Der Überrest Jakobs wird inmitten vieler Völker sein wie Tau von dem Herrn.“
Im inneren kontextuellen Zusammenhang eröffnen sich dadurch ganz neue Dimensionen.
Die Zerstörung Jerusalems und der Tempelberg
Ich möchte nur noch ein paar Perlen herauspflücken. In Kapitel 3, Vers 12 heißt es: „Darum wird euer Land Zion als Acker gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen, und der Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden.“
„Berg des Hauses“, hebräisch Har Habayit, ist noch heute der gebräuchliche Ausdruck für den Tempelberg. Der Berg des Hauses ist also einfach der Tempelberg. Zion wird als Acker gepflügt werden.
Im Jahr 586 v. Chr. haben die Babylonier Jerusalem zerstört, doch der Tempelberg wurde nicht gepflügt. Im Jahr 70 nach Christus zerstörten die Römer Jerusalem, aber auch damals wurde der Tempelberg nicht gepflügt.
Schauen wir uns diese Prophetie genauer an. Im zweiten Jahrhundert nach Christus, genauer im Jahr 132, haben die Juden nochmals einen Aufstand gegen die Römer gemacht. Dieser Aufstand wurde brutal und blutig von Kaiser Hadrian niedergeschlagen. In diesem Krieg kamen über eine Million Juden ums Leben.
Hadrian war so wütend auf die Juden, dass er den ganzen Tempelberg pflügen ließ. So wurde die Prophetie erfüllt – beeindruckend.
Frühere Bibelleser hätten möglicherweise Probleme gehabt, wenn sie nach Widersprüchen und Fehlern gesucht hätten. Jerusalem wurde zwar schon zweimal erobert, doch dieser Vers hatte sich nie erfüllt. Man konnte nur abwarten.
Später bezieht sich die Verwüstung weiter darauf: „Und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen, und der Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden.“ Hadrian machte zwar keinen Trümmerhaufen daraus, sondern ließ einen Jupiter-Tempel auf dem Felsen errichten.
Aber später, als die Römer christlich wurden, also im vierten Jahrhundert nach Christus, ließen die Byzantiner den Tempelplatz zu einem Trümmerhaufen werden. Man brachte Abfall, Dreck und Mist auf den Tempelberg. So konnte der Tempelberg verwildern, und die Prophetie erfüllte sich.
Jedes Wort erfüllt sich eben zu seiner Zeit.
Praktische Glaubenslehren aus Micha
Eine wunderbare Perle findet sich in Micha 6,8, weil hier die echte Glaubensfrömmigkeit in einem einzigen Vers zusammengefasst wird: „Er hat dir, Mensch, kundgetan, was gut ist. Und was fordert der Herr von dir, als Recht zu üben, Güte zu lieben und demütig mit deinem Gott zu wandeln?“
Ein Vers mit politischem Sprengstoff ist Micha 7,14, in dem Gottes Verheißung für die Zukunft ausgesprochen wird:
„Weide dein Volk mit deinem Stab, die Herde eines Erbteils, die abgesondert wohnt im Walde, inmitten der Kameln. Lass sie weiden in Basan und Gilead wie in den Tagen der Vorzeit.“
Gilead steht hier für Israel, und zu diesem größeren Gebiet gehören unter anderem auch die Golanhöhen. Diese Regionen sind also ganz klar ausdrücklich in den Verheißungen Gottes für sein Volk enthalten.
Besonders eindrücklich ist der Schluss dieses Buches, der Gottes vergebende Gnade zeigt, in Micha 7,18:
„Wer ist ein Gott wie du, der die Ungerechtigkeit vergibt und die Übertretung des Überrestes seines Erbteils übersieht? Er behält seinen Zorn nicht ewig, denn er hat Gefallen an Güte. Er wird sich unser wieder erwärmen, wird unsere Ungerechtigkeiten niedertreten, und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen. Du wirst Jakob Wahrheit erweisen, Abraham Güte, wie du es von den Tagen der Vorzeit an unseren Vätern geschworen hast.“
Die Sünden in die Tiefen des Meeres zu werfen, kann man sich bildlich vorstellen: Die tiefste Stelle der Weltmeere ist der Marianengraben mit einer Tiefe von 11.814 Metern. Dort holt niemand schnell etwas wieder heraus. So möchte Gott bildlich darstellen, wie endgültig und vollständig seine Vergebung ist.
Zu Beginn wird der Herr Jesus als Richter vorgestellt, der in Macht und Herrlichkeit kommt. Später wird er jedoch auch als Hirte beschrieben. In Micha 5,1 wird der Herrscher über Israel angekündigt, und in Vers 3 heißt es über ihn:
„Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des Herrn, in der Hoheit des Namens des Herrn, seines Gottes.“
Jesus ist also ein Herrscher, der zugleich Hirte ist. Das steht im Gegensatz zu Assyrien, dem Land Nimrods. Nimrod war ebenfalls ein Herrscher, aber bekannt als berühmter Jäger. Viele Herrscher der Vergangenheit waren Hobbyjäger. Für sie war es ein Spaß, mit Tieren umzugehen, und ähnlich behandelten sie auch Menschen.
Dieser Gegensatz wird deutlich: Nimrod, der Jäger, und Jesus, der gute Hirte. Dieses Bild ist auch ein Beispiel für Führung und Leitung in der Gemeinde. Ältere Gemeindeglieder sind keine Jäger, sondern sollten einen Hirten-Dienst ausüben.
Im Text ist diese Spannung enthalten: Der Hirte Israels wird vorgestellt, und gleichzeitig wird Assyrien, das Land Nimrods, erwähnt, das in der Zukunft gegen Israel kommen wird.
Praktische Lehren ergeben sich daraus.
Praktische Lehren aus Micha
Gott legt Wert auf ein praktisches Glaubensleben (Sprüche 6,6-8).
Zweitens darf der wahrhaftig Reumütige mit einem wunderbaren Gott der Vergebung rechnen.
Einführung und Datierung des Buches Nahum
Nun wenden wir uns dem Buch Nahum zu. Es beschreibt den Untergang Ninives und lässt sich folgendermaßen zeitlich einordnen: Es muss vor 612 v. Chr. geschrieben worden sein, da dies das Jahr der Zerstörung Ninives ist. Gleichzeitig liegt die Abfassung nach 663 v. Chr., denn in diesem Jahr wurde Noamon durch die Assyrer zerstört.
Noamon, besser bekannt als die ägyptische Stadt Theben, wird in Nahum Kapitel 3, Vers 8 erwähnt. Diese Stadt war durch Wasser geschützt, weshalb man annahm, sie sei uneinnehmbar. Dennoch gelang es den Assyrern, das ägyptische Theben zu erobern.
Gott richtet an die Bewohner Ninives die Botschaft: Ihr von Ninive solltet nicht glauben, dass ihr uneinnehmbar seid. So wie ihr Theben eingenommen habt, wird auch euer Ninive fallen. Diese Aussage gibt den zeitlichen Rahmen der Prophetie vor.
Nahum beschreibt ausschließlich die Prophetie, nicht die Erfüllung. Daher wurde das Buch vor 612 v. Chr. verfasst.
Zusammenfassung und Hauptthemen des Buches Nahum
Gott lässt den Schuldigen nicht ungestraft entkommen. Bei seinem Kommen als Richter wird die ganze Welt gestraft werden. Dies wird beschrieben in Kapitel 1, Verse 2 bis 7.
Die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit zum Gericht wird thematisiert. Das Gericht über Ninive soll ein Vorgeschmack auf dieses Endgericht sein. Durch eine Überschwemmung sollen die Stadtmauern zerstört werden, sodass feindliche Armeen die einst als uneinnehmbar angesehene Stadt Ninive einnehmen können.
Ninive wird es ähnlich ergehen wie Noammon und Theben, die um 663 v. Chr. von den Assyrern zerstört wurden. Die Verhöhnung des wahren Gottes, Brutalität und Okkultismus fordern Gottes Gericht heraus.
Für Israel gibt es hingegen Trostworte.
Die eindrückliche Beschreibung des Gerichts über Ninive
Schauen wir uns die eindrückliche Beschreibung am Anfang des Buches Nahum an, das auch als das Buch des Gesichtes des Elkoschithers bezeichnet wird.
Ein eifernder und rächender Gott ist der Herr, ein Rächer ist der Herr und voll von Grimm. Der Herr übt Rache an seinen Widersachern und trägt seinen Feinden nach. Der Herr ist langsam zum Zorn und groß an Kraft und hält den Schuldigen keineswegs für schuldlos.
Dies ist eine Anspielung auf den Schluss des Buches Jona. Am Ende von Jona 4 wird Gott als der vorgestellt, der langsam zum Zorn ist. Damals hat Gott Ninive vergeben.
Jetzt folgt eine Prophetie über Nahum und Ninive. Gott sagt hier, dass er ein Rächer ist. Doch er bleibt derselbe Gott: langsam zum Zorn, aber er hält den Schuldigen nicht für schuldlos.
Interessant ist Folgendes: Das Buch Nahum beschreibt das Gericht über Ninive. Etwa hundert Jahre vor Nahum hat Jona gepredigt, sagen wir um 780 v. Chr. Damals gab es eine kollektive Umkehr, und Gott konnte Gnade erweisen.
Doch Ninive hat sich später wieder von der Gnade Gottes abgewandt. Deshalb wurde das Gericht Gottes unausweichlich.
Man muss diese beiden Bücher zusammen betrachten: Im Buch Jona bietet Gott die Gnade an, aber diese Gnade hat auch ein Ende. Das zeigt das Buch Nahum.
Die Wiederkunft Christi und das Gericht über Ninive
Jona Nahum 1, Vers 3 in der Mitte:
Der Herr, im Sturmwind und im Gewitter ist sein Weg, und gewölbt ist der Staub seiner Füße. Das ist die Wiederkunft Christi, ähnlich wie in Micha 1.
Er spaltet das Meer und legt es trocken. Man muss sich einmal vorstellen, was da geologisch geschieht. Welche Sturzfluten gibt es?
Er spaltet das Meer und legt es trocken, und alle Flüsse macht er versiegen. Basan und Kamel verwelken, und die Blüte des Libanon verwelkt ebenfalls. Vor ihm erbeben die Berge und zerfließen die Hügel. Vor seinem Angesicht erhebt sich die Erde und der Erdkreis sowie alle, die darauf wohnen.
Wer kann vor seinem Grimm bestehen, und wer hält stand bei der Glut seines Zornes? Sein Grimm ergießt sich wie Feuer, und die Felsen werden vor ihm zerrissen.
Komm Vers sieben:
Der Herr ist gütig, er ist eine Feste am Tag der Drangsal und erkennt die, welche auf ihn vertrauen.
Das sind nun Trostworte für Israel, das so viel unter den Assyrern leiden musste.
Die Belagerung und Zerstörung Ninives
In Vers 8 wird erklärt, wie Ninive untergehen wird. Es war nämlich so: Es gab ein Bündnis der Meder und der Babylonier unter Kyaxares und Nabopolassar. Nabopolassar war der Vater von Nebukadnezar.
Sie belagerten Ninive zwei Jahre lang, konnten die Stadt aber nicht erobern. Dann kam es zu einer Überschwemmung des Tigris. Diese Überschwemmung beschädigte die Stadtmauern teilweise, sodass sie eindringen konnten.
Was steht jetzt hier? „Und mit einer überschwemmenden Flut wird er ihre Städte gänzlich zerstören.“ Genau das ist eingetreten – und noch mehr.
In Kapitel 3 heißt es in den Versen 13 und 14: „Schöpfe dir Wasser für die Belagerung. Bessere deine Festungswerke aus, tritt den Ton und stampfe den Lehm, stelle den Ziegelofen wieder her.“ Ganz ironisch wird hinzugefügt: „Baue schnell die Löcher wieder zu, damit du dich schützen kannst.“
Doch genau dieses Ereignis war entscheidend für den Untergang Ninives. Es wird auch vom griechischen Historiker Diodor beschrieben, zusätzlich zur biblischen Überlieferung.
Die lebendige Schilderung des Krieges um Ninive
Eindrücklich ist die lebendige Schilderung des Krieges um Ninive in Kapitel 2, Vers 3. Dort werden rot gefärbte Anzüge oder Waffen beschrieben, die die Kämpfer richtig zur Aggression im Kampf anregen.
Die Schilde seiner Helden sind gerötet. Die tapferen Männer sind in Karmesin gekleidet, das ebenfalls rot ist. Die Wagen glänzen aus Stahl. Am Tag wird ihre Rüstung getragen, und die Lanzen werden geschwungen. Die Wagen rasen auf den Straßen und stürmen über die Plätze. Ihr Aussehen ist wie Fackeln, wie Blitze fahren sie daher.
Ihr Gedenken gilt ihren Edlen. Sie straucheln auf ihren Wagen, eilen zu ihrer Mauer, und das Schutzdach wird aufgerichtet. „Die Tore an den Strömen sind geöffnet, und der Palast verzagt, denn es ist beschlossen, dass er entblößt und weggeführt wird.“
So wird dieser Kampf sehr lebendig und prophetisch beschrieben. Dann finden wir ein sehr eindrückliches Wortspiel in Kapitel 2, Vers 9. Dort heißt es am Schluss: „Raubet Silber, raubet Gold, denn unendlich ist der Vorrat, der Reichtum an allerlei kostbaren Geräten, Lehre und Entlehrung und Verödung.“
Der Ausdruck „Lehre“ und die Begriffe „Entlehrung“ beziehungsweise „Auslehrung“ werden auf Hebräisch mit den Worten bukka und bullaka wiedergegeben. Diese Wörter sind nicht verwandt, haben aber einen ähnlichen Klang. Deshalb sind sie in der Poesie von Nahum zusammengefügt.
Das Ganze ist noch interessanter, weil es im Klang an das hebräische Wort für Flasche anspielt: bakbuk. Warum? Weil man, wenn man eine Flasche kippt, ein Geräusch macht, das nicht wie bei einer Schale ist. Eine Flasche kippt man so, und dann klingt es bakbuk, bakbuk, bakbuk.
Darum heißt es hier bukka, bukka, bullaka. So wird Ninive völlig „ausgelehrt“, wie eine Flasche, die man leert.
Der Spott Rabschakes und Gottes Gericht
Und warum? Es gibt verschiedene Gründe.
In Kapitel 1, Vers 11 heißt es: „Von dir ist ausgegangen der böse Same gegen den Herrn, ein nichtswürdiger Ratgeber.“ Wer ist das? Das ist der Rapschake, der vom assyrischen König nach Jerusalem geschickt wurde. Er spottete vor den Toren Jerusalems.
Dabei sprach er extra auf Hebräisch. Die Regierungsleute forderten ihn auf, in Aramäisch zu sprechen, doch er wollte Hebräisch benutzen, damit alle Juden in Jerusalem Angst bekommen. Er verspottete sie mit den Worten, dass der König von Assyrien alle Länder erobert habe und dass all die Götter die Völker nicht retten konnten. Wie sollte dann dieser Gott von Hiskia sie retten?
Er sagte außerdem: „Wenn ihr euch nicht ergibt, werdet ihr euren Kot fressen und euren Urin trinken.“ Ja, das steht in der Bibel, man kann es nachlesen.
Dabei hatte Herr Hiskia schon längst die Gihon-Quelle, eine ganzjährige Quelle außerhalb Jerusalems, durch einen langen Tunnel – mehr als einen halben Kilometer – durch das Felsgebirge in die Stadt hineingeleitet. So hatten sie wunderbares Gihonwasser.
Doch der Spott über Gott blieb. Und Gott hat das nicht vergessen. Das Gericht kommt über Nive. „Von dir ist ausgegangen dieser Spötter.“
Wenn man heute bedenkt, wie Gotteslästerung und Spott in Literatur, Theater und Film immer präsent und gegenwärtig sind, dann hat das eine ernste Botschaft: Gott vergisst es nicht, wenn er so gehöhnt wird.
Nive wurde völlig verwüstet und ging dann im Wüstensand des Iraks unter.
Ninives Vergessenheit und Wiederentdeckung
Dann schauen wir mal, Kapitel 3, Vers 11: "Auch du sollst trunken werden, sollst verborgen sein, du sollst verborgen sein."
Ninive war so verborgen, dass die Spötter in der Aufklärung behaupteten, Ninive habe es doch gar nie gegeben. Sie sagten, es sei eine Erfindung, und diese große Stadt, wie sie im Buch Jona beschrieben wird – so groß, dass man drei Tagereisen braucht – sei doch alles ein Märchen. Das war Voltaire, der französische Aufklärungsphilosoph.
Im 19. Jahrhundert setzte dann Pierre Botta den Spaten an, und Ninive kam ans Licht – mit all seinen Vororten. Damit wurde klar: Ja, stimmt, du sollst verborgen sein. Ninive war verborgen, und zwar so sehr, dass die Spötter meinten, Ninive hätte es gar nie gegeben.
Der Untergang Ninives ist hier prophetisch gegeben, gewissermaßen als Unterpfand für Israel. Er zeigt, dass Gott auch seine Verheißung für das Gericht über den König des Nordens, Assyrien, in der Zukunft wahrmachen wird. Darum hat das Buch eine Bedeutung, obwohl praktisch alle Verse erfüllt sind. Es weist weiter auf die Zeit der Wiederkunft Christi hin, und deshalb beginnt das Buch auch mit der Wiederkunft Christi.
Ein weiterer Grund für Gottes Gericht wird in Kapitel 3, Vers 1 beschrieben: Brutalität, Okkultismus und Ähnliches.
Praktische Lehren:
Praktische Lehren aus Nahum
Wer Gottes Gnade versäumt, muss mit dem Gericht Gottes rechnen. Gott lässt das Böse nicht ungestraft.
Einführung und Datierung des Buches Habakuk
Ich gehe noch fünf Minuten weiter, dann mache ich eine musikalische Pause, damit wir nicht einschlafen.
Das Buch des Propheten Habakuk beginnt mit dem Ausspruch, den Habakuk, der Prophet, geschaut hat. Es wird nicht genau gesagt, wann Habakuk gelebt hat. In seinem Buch wird jedoch beschrieben, dass die Babylonier gegen Israel kommen werden, und zwar noch in dieser Generation. Das ist klar, also muss Habakuk in der Generation gewirkt haben, die direkt vor Beginn der babylonischen Kriege gegen Juda lag. Das heißt, in den Jahren vor 605 bis 586 v. Chr.
Die Assyrer wurden durch die Babylonier geschlagen. 612 v. Chr. ging Ninive unter. Danach gab es noch einige Kriege bis 608 v. Chr., und dann war Babylon endgültig die Nummer eins. Danach eroberten die Babylonier ein Land nach dem anderen, auch das Land Israel, das Land der Juden.
Das Thema des Buches heißt „Durch Glauben leben“. Ich fasse das Buch so zusammen: Habakuk versteht nicht, weshalb Gott so viel Ungerechtigkeit unter dem Volk Gottes zulässt. Gott erklärt ihm, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Er wird sein Volk durch die Babylonier bestrafen. Das findet sich in Kapitel 1, Verse 5 bis 11.
Jetzt hat Habakuk aber wieder neue Fragen. Er versteht nicht, weshalb Gott sein Volk durch eine Nation bestraft, die selbst noch ungerechter ist als Israel. Das sieht man in Kapitel 1, Vers 12 bis Kapitel 2, Vers 1.
Dann erklärt Gott Habakuk in seiner Antwort, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Er wird die ungerechten Nationen, die er als Werkzeug und als Zuchtrute gebraucht, jeweils auch wieder strafen. Habakuk soll im glaubenden Blick auf die Vollendung ausharren.
Beim Kommen des Messias in Herrlichkeit wird alle Ungerechtigkeit bestraft werden. Gottes Gerechtigkeit wird dann triumphieren. Dies bringt Habakuk innere Freude und Ruhe, was im letzten Teil des Buches beschrieben wird.
Charakter und Dialog im Buch Habakuk
Das Buch ist also sehr speziell. Es handelt sich um einen Dialog zwischen dem Propheten und Gott. Habakuk, im Hebräischen Chawakkuk, bedeutet „der Arme“ oder, wie Luther es schön übersetzt hat, „Herzer“. Dieser Name passt gut zu einem Gläubigen, der sich in all seinen Fragen und inneren Zweifeln an den Herrn klammert.
Habakuk stellt Fragen, und wir dürfen ebenfalls Fragen stellen. Seine Fragen sind stets mit Ehrfurcht vor Gott verbunden, also nie böse Vorwürfe, sondern aufrichtige Fragen. Er fragt beispielsweise in 1,2: „Wie lange, Herr, rufe ich, und du hörst nicht? Ich schreie zu dir wegen Gewalttat, doch du rettest nicht. Warum lässt du mich Unheil sehen und schaust Mühsal an?“
Wir dürfen solche Fragen stellen wie Habakuk und uns dabei wirklich an den Herrn klammern, im Bewusstsein, dass nur er antworten und die richtige Antwort geben kann. Hier sehen wir also den Dialog des Propheten mit Gott. Das zeigt eine funktionierende Kommunikation in einer tiefen Vertrauensbeziehung zu dem Ewigen.
Ein dritter charakteristischer Punkt sind die Ausdrücke, die Habakuk für Gott verwendet. Diese zeigen seine persönliche Beziehung zu Gott. So sagt er in 1,12: „Mein Gott, mein Heiliger.“ Oder in 3,18 nennt er Gott „den Gott meines Heils“. Er nennt ihn auch „Adonai“, was wörtlich „mein Herr und meine Kraft“ bedeutet.
Das ist ganz anders als bei König Saul. Saul sagte immer zu Samuel: „Dein Gott, dein Gott.“ Doch Habakuk kann sagen: „Mein Gott!“
Musikalische Pause und Reflexion
Ja, jetzt machen wir die versprochene Pause von fünf Minuten. Ich werde etwas auf der Violine spielen, wenn das in Ordnung ist. In München habe ich Klavier gespielt, jetzt spiele ich Violine.
Ich spiele etwas aus dem Violinkonzert von Rieding, Op. 35 in H-Moll. Zuerst den zweiten Satz und dann den ersten. Vielleicht hat es auch einen Sinn, dass ich etwas spiele. Man wird sehen: Dieser zweite Satz strahlt eine unglaubliche Ruhe aus.
Woran liegt das? Heute hören wir Musik, die sehr viel Unruhe ausstrahlt. Bei der modernen Musik ist es typisch, dass sie einen motorischen Rhythmus hat. Motorisch bedeutet, jeder Schlag ist genau gleich. Es gibt keine Führung oder Verschiebung im Tempo, alles läuft wie ein Motor, wie ein Metronom.
Das ist völlig gegen den Menschen gerichtet, denn unser Herzschlag, unsere Atmung und auch unsere Gehirnströme verlaufen nicht so gleichmäßig. Aber diese Musik, die eigentlich als europäische Musik auf die Tempelmusik Israels zurückgeht, ist von der Sprache her gedacht.
Sprache artikulieren wir, indem wir atmen, dort, wo wir einen Punkt oder ein Komma setzen würden. Alles ist also, so sagt man, atemrhythmisch gedacht. Daraus entsteht auch diese Ruhe in der Musik.
Ich muss noch erklären: Begleitet werde ich vom Russischen Philharmonieorchester auf einer Zede von Dovani.