Versagen als roter Faden in der Bibelgeschichte
Die Bibel zeigt uns an vielen Stellen, wie Menschen versagt haben. Dieses Versagen zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Schrift. Schon ganz am Anfang sehen wir es bei Adam und Eva im Garten Eden. Auch beim Volk Israel haben wir uns in den letzten Wochen damit beschäftigt, wie es zwar befreit wurde, aber immer wieder versagte.
Große Glaubensmänner wie König David und Mose waren berufen und auserwählt von Gott. Dennoch sehen wir auch ihre Schuld, die sie auf sich geladen haben. Ebenso erkennen wir immer wieder bei den Jüngern Jesu im Neuen Testament, dass sie versagt haben und keine großen Helden waren.
Die Gefahr besteht darin, dass wir beim Lesen solcher Berichte den Kopf schütteln und die Jünger ein wenig belächeln. Sie wirken oft geistlich unreif. Wie konnten sie nur nach all dem, was sie mit Jesus erlebt hatten, so handeln? Dabei übersehen wir leicht, dass ihre Geschichte in gewisser Weise auch unsere eigene Geschichte ist. Wir sollen uns in diesen Jüngern erkennen, uns selbst erkennen.
Gott gibt uns diese Berichte nicht, um die Jünger lächerlich zu machen oder damit wir uns über sie erheben. Vielmehr will er uns den Spiegel vorhalten. Und das brauchen wir dringend. Der Pastor Paul Tripp schreibt in seinem Buch „Werkzeuge in Gottes Hand“: Meine Selbstwahrnehmung ist so präzise wie ein zersprungener Spiegel in einem Vergnügungspark. Wenn ich mich selbst deutlich sehen will, brauche ich den anderen, damit er mir den Spiegel des Wortes Gottes vorhält.
Unser Blick auf uns selbst ist oft eine Karikatur. Wir halten uns für viel besser, als wir sind, manchmal auch für schlechter, als wir sind. Auf jeden Fall haben wir oft eine sehr verzerrte Wahrnehmung von uns selbst – wie in einem Spiegelkabinett auf dem Jahrmarkt. Wir alle brauchen es, mich eingeschlossen, dass uns das Wort Gottes vorgehalten wird und wir uns darin selbst erkennen.
Dabei passiert mehr, als dass wir uns selbst erkennen. Wenn wir verstehen, wie wir wirklich sind, erkennen wir auch viel besser, wie Jesus wirklich ist: durch und durch gut, liebevoll, barmherzig und gnädig. Wir sehen, wie er mit Menschen umgeht – so wie mit mir und dir, wie er uns begegnet.
Diese Einstellung soll uns begleiten, wenn wir jetzt hören, was Jesus seinen Jüngern sagt. Wir sollen es auch für uns hören. Ich möchte dafür beten, dass wir uns das wirklich zu Herzen nehmen können.
Vater, wir danken dir für dein Wort, dass es lebendig ist und ein Spiegel für uns. Du zeigst uns darin, wie wir wirklich sind, und hältst uns unsere Defizite vor Augen. Du zeigst uns unsere Sünden. Aber Vater, danke, dass du viel mehr tust als das. Du stellst uns auch deinen Sohn Jesus Christus so deutlich vor Augen – auch in dem heutigen Text. Du zeigst uns, wie sehr du uns liebst, uns verlorene Menschen, uns gefallene Sünder.
Wir beten, dass uns das zu Herzen geht, dass es uns bewegt, wie Jesus damals mit seinen Jüngern umgegangen ist und wie er heute mit uns umgeht. Wir bitten, dass es uns verändert und uns bereit macht, dich mehr zu lieben und dir mehr zu dienen – mit Worten, aber auch mit Taten.
Herr, verändere du uns durch dein gutes Wort. In Jesu Namen, Amen.
Die Lektion Jesu über wahre Größe und Dienstbereitschaft
Ich lese uns diese Worte aus Lukas 22, den ganzen Abschnitt, Verse 24 bis 38.
Wer von ihnen als der Größte gelten solle. Er aber sprach zu ihnen: So sprach Jesus zu ihnen: Die Könige herrschen über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter nennen. Ihr aber nicht so, sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste und der Vornehmste wie ein Diener.
Denn wer ist größer, der zu Tisch sitzt, oder der dient? Ist nicht der, der zu Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie ein Diener.
Ihr aber seid die, die ihr ausgeharrt habt bei mir in meinen Anfechtungen, und ich will euch das Reich zueignen, wie mir es mein Vater zugeeignet hat, dass ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch, in meinem Reich, und sitzen auf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels.
Siehe, Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.
Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.
Er aber sprach: Petrus, ich sage dir, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst.
Und er sprach zu ihnen: Als ich euch ausgesandt habe, ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel gehabt? Sie sprachen: Niemals.
Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer seinen Geldbeutel hat, der nehme ihn, desgleichen auch die Tasche, und wer es nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert.
Denn ich sage euch, es muss das an mir vollendet werden, was geschrieben steht: Er ist zu den Übeltätern gerechnet worden. Denn was von mir geschrieben ist, das wird vollendet.
Sie sprachen aber: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter.
Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug.
Zwei zentrale Lektionen in Demut
In diesem Text stecken zwei Lektionen in Demut, die Jesus seinen Jüngern vermittelt. Diese lassen sich leicht zusammenfassen: Größe zeigt sich im Dienen, und Sicherheit finden wir nur bei Christus. Es sind zwei einfache Lektionen, die wir jedoch unser ganzes Leben lang immer wieder neu durchdenken und lernen können.
Der Abschnitt beginnt mit einem Konflikt, der sich in Vers 24 zeigt: „Es erhob sich auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte gelten sollte.“ Dieser Streit war nicht neu. Lukas berichtet schon einmal von einem ähnlichen Streit, und auch Markus und Matthäus erwähnen, dass die Jünger mehrfach darüber gestritten haben, wer der Größte unter ihnen sei. Aber so unpassend wie in diesem Moment war der Streit noch nie.
Zum einen, weil Jesus ihnen schon mehrfach auf dieses Thema geantwortet hat und immer wieder gesagt hat: „Das entscheide ich nicht, das entscheidet allein der Vater. Es ist jetzt nicht dran, dass ihr darüber diskutiert.“ Zum anderen war dieser Streit unpassend – und noch wichtiger – weil Jesus ihnen erklärt hatte, dass die Dynamik in Gottes Reich ganz anders ist als in der Welt. Nicht wer sich groß macht, sich wichtig nimmt oder denkt, „ich bin der Tollste“, ist groß in Gottes Reich. Sondern diejenigen, die sich selbst klein halten, die wirklich demütig sind und erkennen, wie unwürdig sie vor Gott sind.
Drittens war der Streit auch unangebracht, wenn wir uns bewusst machen, worum es gerade geht. Jesus hat den Jüngern gerade gesagt, dass er verraten wird, dass er nun den Weg in den Tod ans Kreuz geht. Doch die Jünger drehen sich nur um sich selbst. Sie denken nur an sich und fragen sich: „Wo lande ich in Gottes Reich? Welche Position gibt es da für mich?“ Sie sind ganz bei sich selbst und kaum auf Jesus bedacht, der jetzt ins Leid geht.
Darum geht es in diesem Streit nicht. Es geht nicht darum, dass sie sagen: „Mir ist es so wichtig, ganz nah an Gottes Herz zu sein. Ich möchte wirklich ganz nah bei ihm sein.“ Sondern es geht einzig und allein um das Vergleichen: Wer ist der Tollste? Wer ist der Wichtigste? Das ist völlig unangebracht.
Wir sehen das und denken zu Recht: „Das gibt es doch gar nicht.“ Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir in den Spiegel schauen, auch wenn es wehtut. Du und ich, wir sind auch fähig, uns so zu vergleichen und in Konkurrenz zu treten – selbst mit Glaubensgeschwistern.
Die Frage, die die Jünger stellen, ist wahrscheinlich nicht die Frage, die wir uns im Alltag stellen. Für viele von uns ist es ganz weit weg, uns zu fragen: „Wo sitze ich an Gottes Tafel?“ Das ist nicht unser alltägliches Vergleichen. Aber das Vergleichen kennen wir sehr wohl.
Das kennen Pastoren, das kennen Ärzte. Ich bin mir sicher, das kennen auch Mitarbeiter bei BMW, das kennen Familienmanagerinnen. Wir alle kennen das auf eine Weise.
Nehmen wir ein Beispiel aus der Berufswelt: Es gibt Studien darüber, wann sich Menschen über einen Bonus freuen, der ihnen ausgezahlt wird. Die meisten freuen sich dann, wenn sie mehr bekommen als andere. Es ist sogar so, dass Menschen glücklicher sind, wenn sie 500 Euro bekommen und der Kollege nichts, als wenn sie 1 Euro bekommen und der Kollege 2 Euro. Es ist gut erforscht, wann ein Bonus glücklich macht.
Und wenn du sagst: „Bonus, das ist gar nicht meine Lebenswelt, das steht nicht zur Debatte, um Geld mache ich mir keine großen Sorgen,“ dann kennst du das vielleicht aus einem anderen Bereich. Du fragst dich vielleicht: „Kümmert sich mein Leiter mehr um mich als um andere? Sind meine Kinder klüger, gebildeter oder braver als die Kinder anderer? Bin ich sportlicher und fitter als meine Altersgenossen?“
Dieses Vergleichen steckt tief in uns drin. Wir vergleichen uns so oft mit anderen.
Es gibt sogar eine scheinbar fromme Variante des Vergleichens: „Bin ich aufopferungsvoller, hingegebener als die anderen?“ Mein Vater hat manchmal spaßeshalber gesagt: „Meine Demut ist mein größter Stolz.“ Ja, auch das gibt es – dass wir unsere Demut wie auf einem Tablett vor uns hertragen. Wir sind so aufopfernd, dass wir gar nicht merken, wie unangebracht dieses Vergleichen ist.
Jesu Antwort: Der Weg zur wahren Größe führt über Demut und Dienst
Was macht Jesus jetzt mit diesem Streit um Anerkennung, um den besten Platz an Gottes Tafel? Jesus erteilt seinen Jüngern eine Lektion in Demut. Dabei geht er sehr demütig und liebevoll vor. Er weist sie nicht zurecht. Er verbietet ihnen auch nicht das Vergleichen, aber er sagt, dass sie einen anderen Maßstab wählen müssen. Es geht um etwas anderes.
Wer groß sein will in Gottes Reich, muss ganz anders sein, als sie es gerade leben. Das Vergleichen in der Form, wie sie es tun, muss aufhören. Jesus sagt: Die Könige, die über ihre Völker herrschen, und die Machthaber lassen sich als Wohltäter feiern. Mit anderen Worten: In der Welt ist es ganz normal, nach Größe und Anerkennung zu streben. Die Machthaber setzen sich auf den Thron, lassen sich feiern und nennen sich Wohltäter, weil sie durch ihre Position anderen Gutes tun. Das ist die Dynamik der Welt: Wir wollen groß sein und uns dafür feiern lassen.
Ihr aber nicht so, sagt Jesus. Der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Vornehmste wie ein Diener. Jesus lehrt den Weg nach oben. Der Weg zu wahrer Größe, zu Größe bei Gott, ist der Weg nach unten, ein Weg der Demut. Ihr müsst werden wie die Jüngsten, wie Kinder. An anderer Stelle hat er das auch schon gesagt: Kinder, die wir vielleicht süß finden, auf die wir aber doch herabschauen, weil sie sich noch nicht im Leben bewährt haben. Kinder, die in der Gesellschaft verachtet werden und keinen Status haben. Ihr müsst demütig werden.
Der Vornehmste in Gottes Reich soll sein wie ein Diener. Ein guter Diener erwartet nicht, dass ihm andere zujubeln oder ihn aufs Podest heben für das, was er tut. Nein, es ist seine Berufung, für andere da zu sein und ihnen Gutes zu tun. Ein guter Diener führt alles so aus, wie es sein Herr von ihm verlangt. Das ist eine ganz andere Definition von Größe, als wir sie kennen. Ganz anders, als wir normalerweise über Status nachdenken.
Jesus sagt seinen Jüngern nicht nur: Macht das so, lebt so. Er sagt auch: Nehmt euch ein Vorbild an mir. Jesus selbst lebt genau diese Art von Größe. In Vers 27 heißt es: „Denn wer ist größer, der zu Tisch sitzt oder der dient?“ Natürlich würden wir laut rufen: „Der, der sich am Kopf der Tafel bedienen lässt, ist der Größte!“ Doch Jesus sagt über sich: „Ich aber bin unter euch wie ein Diener.“
Ich weiß nicht, ob wir ermessen können, wie groß das ist, was Jesus hier sagt. Der ewige Sohn Gottes, der Herr des ganzen Universums, der Herr von Himmel und Erde, der allmächtige Gott – über seine Größe gibt es keinen Zweifel – sagt: „Ich bin unter euch wie ein Diener.“ Er gibt seine Größe auf und zeigt sie auf eine ganz andere Weise, indem er euch dient.
Wir sehen das in den Paralleltexten, wie Jesus nicht nur große Worte spricht, sondern es ganz praktisch wird. Beim letzten Abendmahl kniet er sich wörtlich vor seinen Jüngern nieder und wäscht ihnen die schmutzigen Füße. Eine Arbeit, die sonst der geringste Diener verrichtet hat – meistens der jüngste Sklave im Haus. Jesus übernimmt diese Sklavenarbeit und kniet sich vor die Jünger.
In diesem Moment kreisen seine Gedanken nicht um sich selbst und das, was ihm bevorsteht. Er ist ganz bei seinen Jüngern. Er lehrt sie diese Lektion nicht nur mit Worten, sondern auch ganz praktisch: Was es heißt, der Größte zu sein.
So sind diese letzten Stunden vor der Kreuzigung eine Lehrstunde für die Jünger in Demut. Jesus tut, was sie brauchen, er denkt an sie. Er lehrt sie: Ihr wollt groß sein, ihr strebt nach dem Ehrenplatz an Gottes Festtafel. Das ist ein guter Wunsch. Folgt mir nach, folgt meinem Beispiel. Hört auf, euch selbst zu drehen. Denkt nicht ständig an euch, sondern denkt an andere.
Die Verheißung der Belohnung für treue Nachfolge
Es war nicht so, dass die Jünger davon noch gar nichts verstanden hätten. Wir haben das gerade ab Vers 28 gelesen. Jesus sagt: „Ihr seid die, die mit mir ausgeharrt haben.“ Andere waren schon längst weggerannt, andere haben sich Jesus nie angeschlossen. Diese Jünger aber waren geblieben, und Jesus erkennt das an.
Er richtet ihren Blick neu aus und sagt: Geht diesen Weg weiter in meiner Nachfolge. Kämpft nicht darum, wer der Wichtigste oder der Tollste ist. Folgt mir nach, und es wird sich lohnen. Euer Weg ist schon vorherbestimmt. Ihr werdet an Gottes Festtafel sitzen, ihr werdet in Gottes Reich ankommen, ihr werdet mit mir regieren.
Ich will nicht im Detail darauf eingehen, denn es gibt große Diskussionen darüber, was es bedeutet, dass sie die zwölf Stämme richten und so weiter. Aber die große Aussage ist klar: Euer Weg führt an das beste Ziel, das ihr euch vorstellen könnt. Schaut auf den Gewinn, den diese Nachfolge hat, und macht euch nicht selbst groß. Werdet klein und dient!
Wir können etwas davon lernen, dass Jesus ihnen den Lohn noch einmal so vor Augen stellt. Wie oft schauen wir, wenn wir dienen sollen, auf das, was wir verlieren, auf das, was wir aufgeben müssen, um anderen zu dienen.
Es hat mich diese Woche selbst beschämt, als ich so in mich hineingehört habe. Wir alle haben auf irgendeine Weise über das Thema Flüchtlinge nachgedacht, die aus der Ukraine jetzt auch nach Deutschland kommen. Ruth und ich haben überlegt: Sollen wir jemanden bei uns aufnehmen? Uns war klar: Ja, das wollen wir tun. Aber bei mir gingen sofort die Gedanken los: Was heißt das für den Alltag? Bequemlichkeiten aufgeben, Sicherheiten aufgeben, kann man denn da überhaupt vertrauen, dass das gut geht? All diese Themen gehen einem so durch den Kopf.
Es hat mich beschämt, denn ich war mit den Gedanken mehr bei mir als bei denen, die da kommen und Not leiden. Damit will ich nicht sagen, dass jeder von uns jemanden aufnehmen muss. Es kann Gründe geben, das nicht zu tun. Das möchte ich nicht behaupten. Aber es hat mir etwas von meinem Herzen gezeigt, das wenig dienstbereit ist.
Noch mehr beschämt war ich, als ich dann Berichte gelesen habe von Christen in der Ukraine, die sagen: „Wir gehen nicht aus diesem Land, wir bleiben in der Gemeinde und kümmern uns um Menschen, die hierher fliehen. Wir bereiten Essen für sie vor, wir bereiten uns darauf vor, die Verletzten zu verarzten. Wir werden nicht gehen. Wenn die Kirche jetzt keine Relevanz hat, wann dann? Wir bleiben hier und wollen dienen.“
Die Kraft, so zu dienen, kommt nicht aus einem schlechten Gewissen. Ein schlechtes Gewissen kann uns aufrütteln und uns bewusst machen, wie wenig dienstbereit wir sind. Aber die eigentliche Kraft, so zu dienen, kommt aus dem Blick auf Jesus, der uns zuerst gedient hat und sein Leben hingegeben hat.
Diejenigen, die am besten dienen können, die Christen mit dem treuesten und dienendsten Herzen, haben am besten verstanden, was Jesus für sie getan hat. Und ihr seht an dem, was ich euch erzähle: Ich bin das nicht. Es sind andere, die das noch viel besser erkannt haben.
So wie Jesus hier über das Dienen spricht, wird uns auch bewusst, dass er sich unendlich freut, wenn wir so mit dem Herzen bei anderen sind, wenn wir die extra Meile mit jemandem gehen, wenn wir Sicherheiten und Bequemlichkeiten aufgeben und aus Liebe zu ihm aus der Komfortzone herausgehen. Das ist etwas, worüber er sich von Herzen freut.
Er freut sich, wenn du mehr an andere und weniger an dich selbst denkst. Das ist wahre Demut. Wir denken manchmal, Demut bedeutet, ständig schlecht von sich selbst zu reden, sich als den schlimmsten Menschen auf diesem Planeten zu sehen. Darum geht es aber gar nicht.
Es geht darum, dass wir überhaupt weniger über uns selbst nachdenken und mehr über andere. Das ist wahre Demut. Das sehen wir bei Jesus hier, der nicht über sein Elend nachdenkt, das vor ihm liegt, sondern ganz bei seinen Jüngern ist.
Echte Größe zeigt sich im Dienst für andere, sagt Jesus, und sie kommt aus der Beziehung zu ihm, der uns zuerst gedient hat.
Die Herausforderung der Sicherheit in Christus
Aber genau diese Beziehung wird immer wieder angefochten. Der zweite Teil unseres Textes macht das deutlich: Jesus lehrt seine Jünger dort noch eine weitere Lektion in Demut – zuerst Petrus und dann die ganze Gruppe. Es wird klar, dass Sicherheit in der Beziehung zu Jesus nicht in uns selbst zu finden ist, auch nicht in den selbstlosen Taten, die wir für andere tun. Darin liegt keine Sicherheit, sondern allein bei Jesus.
Deshalb lautet der zweite Punkt: Sicherheit finden wir nur in Christus.
Jesus wusste, dass nicht nur ihm eine ganz schwere Zeit bevorsteht. Er wusste auch, dass seine Jünger nun durch richtig schwierige Zeiten gehen würden. Er sagt es Simon Petrus in Vers 31: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ Dieses Bild haben die Menschen damals besser verstanden als wir heute. Man nahm den ausgedroschenen Weizen und siebte ihn, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Jesus sagt, dass der Satan es mit ihnen genauso machen wird. Er wird sie sieben, durchschütteln und versuchen, sie von Jesus zu trennen. Das kommt auf Simon zu, auf die Jünger, auf alle. Der Satan wird sie sieben wie den Weizen.
Jesus kündigt Petrus an, dass der Satan es bei ihm versuchen wird. Wir sehen, dass Petrus seine eigene Kraft und Stärke maßlos überschätzt – wirklich maßlos. In Vers 33 antwortet Petrus Jesus: „Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“ Doch Jesus antwortet ihm: „Ich sage dir, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst.“
Dieses vollmundige Versprechen von Petrus hält keine 24 Stunden. Noch am selben Tag würde er dreimal sagen: „Ich kenne diesen Mann nicht, mit dem habe ich nichts zu tun.“ Nach all dem, was war – drei Jahre miteinander unterwegs, drei Jahre Jesu Liebe erfahren, drei Jahre voller mächtiger Lehren, immer wieder gute Predigten, Wunder um Wunder miterlebt – kommt Widerstand, und Petrus ist sofort weg. Er verleugnet seinen Herrn.
Seine Antwort in Vers 33 lässt erahnen, warum er so leicht abgefallen ist: weil er noch stolz war, weil er viel zu viel von sich selbst hielt und viel zu sehr auf sich vertraute. So ließ Gott zu, dass Petrus diese demütigende Erfahrung machte und Jesus verriet.
Die Ankündigung, dass der Satan sie siebt, war aber nicht nur für Simon Petrus gedacht, sondern für alle Jünger. Das sehen wir noch in den Versen 35 bis 38. Dort kündigt Jesus auch ihnen an, dass nun eine schwierige Zeit kommt. Sie werden richtig durchgeschüttelt, die Umstände werden schwierig, sie werden verfolgt und erfahren Hass und Feindschaft.
Jesus erinnert sie daran, dass er sie schon zweimal ausgesandt hat und sie immer versorgt wurden. Die Menschen nahmen sie freundlich auf, sie kamen in Häuser, bekamen Essen und Unterschlupf. Doch die Zeitenwende, die jetzt in Jesu Leben kommt, wird auch eine Zeitenwende für die Jünger sein. Sie werden nicht mehr freundlich aufgenommen, sondern Anfeindungen erleben. Darauf müssen sie vorbereitet sein.
Was wir hier beim ersten Lesen vielleicht merkwürdig finden, ist die Aufforderung, sich einen Geldbeutel, eine Tasche zu nehmen, sogar den Mantel zu verkaufen und ein Schwert zu kaufen. Diese Bilder zeigen, dass sie auf Widerstand vorbereitet sein sollen. Feindschaft wird gegen sie beginnen.
Dass es sich um Bilder handelt, merken wir daran, dass man meinen könnte, sie sollten jetzt wirklich in den Krieg ziehen und mit Schwertern kämpfen. Doch in Vers 38 sieht man, dass die Jünger das missverstehen, als sie sagen: „Hier sind zwei Schwerter, Jesus!“ Jesus antwortet: „Es ist genug.“
Sie hatten noch nicht verstanden, was Jesus meinte. Er wollte nicht, dass sie mit Schwertern in den Krieg ziehen, sondern dass sie den geistlichen Kampf aufnehmen, der ihnen bevorstand. Den geistlichen Kampf gegen den Satan und seine Legionen, die versuchen würden, sie mit allen Mitteln auszusieben und von ihrem Herrn zu trennen. Bereit sein für diesen geistlichen Kampf – das war die Botschaft.
Wachsamkeit im geistlichen Kampf
Ist dir als Christ bewusst, dass du auch in diesem geistlichen Kampf stehst? Derselbe Petrus, der in jener Nacht Jesus verraten hat, schreibt später an alle Christen: „Seid nüchtern und wachet! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1. Petrus 5,8).
Petrus hat sich später geändert und tut genau das, was Jesus ihm in Vers 32 schon gesagt hat. Er sagt: „Wenn du dich bekehrst, so stärke deine Brüder.“ Er stärkt seine Brüder, seine Gemeinde und uns alle. Er warnt uns: Passt auf, der Satan geht um wie ein brüllender Löwe und versucht, Menschen zu finden, die er verschlingen kann. Seid wachsam und rechnet mit Angriffen.
Die größte Gefahr für uns ist, wenn wir nicht damit rechnen, dass wir genauso angegriffen werden wie Petrus, wie die Jünger oder wie jeder, der mit Jesus geht. Wenn wir denken, das kann uns nicht passieren, wenn wir anderen beim Scheitern zusehen. Zum Beispiel, wenn wir sehen, wie eine Ehe zerbricht – auch bei Christen – und sagen: „Das würde mir nicht passieren.“ Oder wenn wir beobachten, wie Menschen in die Sucht abrutschen, und denken: „Ach, das kann bei mir ja gar nicht passieren.“ Wenn wir einen Petrus sehen, der Jesus verrät, und glauben, uns könnte das nicht passieren, dann sind wir in der größten Gefahr.
Ich weiß, dass auch ich Jesus verraten kann. Ich erinnere mich an manche Mahlzeiten, bei denen ich die Hände nicht gefaltet und die Augen nicht geschlossen habe – einzig und allein, weil Menschen dabei waren, die schlecht von mir denken konnten. Ich erinnere mich an Gespräche, in denen ich von Jesus hätte reden können, ja, sogar hätte reden müssen, und es aus Angst oder Feigheit nicht getan habe. Ich weiß, ich bin nicht besser als dieser Petrus.
Das allein wäre sehr entmutigend, denn welche Garantie habe ich dann, dass ich am Ziel ankomme? Welche Garantie habe ich, dass der Satan mich nicht aussiebt und endgültig von Jesus trennt? In mir selbst gibt es keine Garantie, nichts, was mir, wenn ich in mich hineinschaue, sicher sagen könnte, dass ich sicher an der Festtafel ankomme, von der Jesus spricht, an seinem Reich teilhabe.
Die Zusicherung von Jesu Fürbitte und Wiederherstellung
Gott sei Dank sagt Jesus mehr. Schaut, was er zu Petrus sagt: „Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (Lukas 22,32).
Petrus war in seinem Kampf nicht allein, denn er hatte den Mächtigsten auf seiner Seite: Jesus selbst, der für ihn eintritt. Jesus betete dafür, dass diese Niederlage im Leben von Petrus keine totale Niederlage wird, sondern dass er wiederhergestellt wird. Er sollte zurückkommen in die Beziehung zu Gott, und sein Glaube sollte dadurch nicht aufhören, sondern neues Vertrauen zu Jesus, zu seinem Gott, bekommen.
Es ist so schön, in der Bibel zu sehen, wie Gott dieses Gebet erhört hat und wie er Petrus wiederhergestellt hat. Am Ende von Johannes 21 lesen wir davon, wie Jesus Petrus begegnet. Die beiden begegnen sich neu, und Jesus fragt ihn dreimal: „Liebst du mich?“ Er hat eine große Aufgabe für diesen Petrus, der so gedemütigt war und aus eigener Schuld am Boden lag. Jesus richtet ihn auf, stellt die Beziehung wieder her und sagt: „Und jetzt geh und stärke und ermutige die Gemeinde mit der Erfahrung, die du gemacht hast. Sei nicht stolz, aber trage das Evangelium hinaus, damit es jeder hört.“
Jesus ermutigt Petrus, er ermutigt seine Jünger und er ermutigt auch jeden von uns. Wenn du scheiterst, und auch wenn du richtig übel scheiterst, dann ist das nicht das Ende. Gott sei Dank, denn unsere Sicherheit liegt nicht in uns selbst, nicht in dem, was wir für Gott tun, auch nicht im selbstlosen Dienst, sondern allein in dem, was er für uns getan hat und immer noch tut.
Für uns kam Jesus in diese Welt, nicht um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und um das zu erfüllen, was Jesaja vorhergesagt hat – was wir vorhin gehört haben. Er ist der treue Gottesknecht, der sein Leben für Sünder gibt, der sich zerschlagen lässt für Menschen, die es nicht auf die Reihe kriegen.
Jesus zitiert diese Verheißung in Vers 37: „Er ist zu den Übeltätern gerechnet worden, das muss erfüllt werden.“ Aber er spricht über die ganze Verheißung aus Jesaja 53. All das ist in ihm erfüllt. Ein bisschen weiter vorher in Jesaja 53 lesen wir: „Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Für uns hat er das auf sich genommen und uns so gedient, wie es keiner von uns selbst konnte.
Nur er rettet, nur er schenkt Frieden mit Gott. Egal, wie gut du von dir denkst – diesen Maßstab, den er da beschreibt, können wir nicht erfüllen. Diese Größe, die er fordert, können wir nicht so bringen, wie Gott das möchte. Aber er schenkt sie uns, schenkt uns sein perfektes Leben und spricht uns gerecht – allein aus Gnade, allein aus seiner großen Barmherzigkeit.
Das ist etwas, was du ergreifen darfst, auch wenn du ihm noch nicht glaubst. Du kannst sagen: „Jesus, ich möchte das annehmen, auch für mich persönlich. Dass du mich gerecht machst, dass du mir deine Größe schenkst, dass ich mit an dieser Festtafel in Gottes Reich sitzen darf.“ Das ist ein Bild für die Herrlichkeit, die wir uns noch gar nicht richtig vorstellen können.
Wenn du das angenommen hast und auf ihn vertraust, dann sei dir sicher: Er bringt dich auch ans Ziel. Er bringt dich dahin. Du kannst es nicht selbst tun, aber du darfst vertrauen, dass er dich diesen Weg ganz sicher führt.
Was uns dabei so sicher machen darf, ist, dass er nicht nur für Petrus gebetet hat, sondern auch für uns. In Johannes 17 betet Jesus für seine Jünger und sagt in Vers 20: „Ich bitte aber nicht allein für sie, also für diese kleine Gruppe um mich, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben.“ Das sind alle Generationen von Christen – auch wir.
Jesus hat damals gebetet, dass wir glauben. Und er betet weiter in Johannes 17, Vers 24: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir sind, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast.“
Vertraue nicht auf deine eigene Stärke. Damit wirst du scheitern. Vertraue auf Christus – einmal und dann immer wieder neu. Staune über ihn, wie er gedient hat, immer wieder. Lass es dein Herz bewegen. Freue dich darüber, dass er für dich gebetet hat, als du noch nicht einmal geboren warst. Dass dein Glaube stark wird und dass du ankommst in der Herrlichkeit.
Freue dich, dass er jetzt vor Gottes Thron steht und dich vertritt, für dich eintritt, für dich kämpft und um dich ringt, damit der Satan dich nicht trennen kann. Sein Dienst für dich soll dein Herz bewegen. Er soll uns so bewegen, dass wir sagen: „Jetzt möchte ich anderen dienen, weil Gott mir so dient. Weil Jesus alles für mich gibt, möchte ich anderen dienen.“
Gib anderen, was sie brauchen. Denke weniger an dich und mehr an die anderen. Lass seinen Dienst für dich deinen Dienst für andere prägen – bis Dankbarkeit und Liebe für diese wunderbare Erlösung, die er dir schenkt, in dir wachsen.
Schlussgebet: Dankbarkeit für Jesu dienende Größe
Ich möchte beten. Lieber Herr Jesus, dafür wollen wir dir von ganzem Herzen danken, dass du selbst der größte Diener geworden bist. Du zeigst deine Größe auf eine atemberaubende Weise. Du hast nicht an der Herrlichkeit beim Vater festgehalten. Du bist nicht auf dem Thron geblieben, den du verdient gehabt hättest. Du bist ganz klein geworden, hast dich sogar verachten lassen. Du hast dich schlagen und bespucken lassen und dich ans Kreuz schlagen lassen – nicht für dich, sondern für uns.
Du hast unsere Schuld getragen, um uns zu erlösen. Du weißt, wie wenig uns das manchmal wirklich bewegt und wie selbstverständlich wir das nehmen können. Wir beten, dass du dich über uns erbarmst und dass wir ganz neu froh darüber werden. Möge es unsere oft harten Herzen weich machen – für unsere Mitmenschen. Lass es uns den Blick weglenken von uns selbst, hin zu dir und auch zu unseren Nächsten. Mach uns dienstbereit.
Ich möchte danken für das Zeugnis der Christen in der Ukraine, die in dieser schweren Zeit dort bleiben. Ich möchte für sie beten, dass du sie stärkst und beschützt. Dass du durch ihr Zeugnis viele erreichst und Menschen darüber in Staunen kommen über dich. Dass ihr Zeugnis dazu führt, dass noch viele zum Glauben an dich, Jesus, finden.
So beten wir um deinen Segen für uns und darum, dass du uns zeigst, was Dienstbereitschaft in dieser Zeit für uns ganz persönlich bedeutet. Zeige uns, wie wir in diesen Tagen für andere da sein können. Herr, segne und bewahre du uns. In Jesu Namen, Amen.